Kriminalroman

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Der Kriminalroman (kurz Krimi) ist ein Genre der Literatur. Auch wenn die Ursprünge des Kriminalromans weiter zurückreichen, etablierte er sich erst im 19. Jahrhundert als eine literarische Gattung. Er thematisiert in der Regel ein Verbrechen und seine Verfolgung und Aufklärung durch die Polizei, einen Detektiv oder eine Privatperson. Der Schwerpunkt, Sicht- und Erzählweise einzelner Kriminalromane können sich erheblich unterscheiden. Das Genre teilt sich heute in zahlreiche Untergattungen auf und hat im Verlagsgeschäft erhebliche kommerzielle Bedeutung.

Mittlerweile ist der Kriminalroman eine anerkannte Literaturgattung, für die zahlreiche Literaturpreise vergeben werden. Dazu zählen in Amerika der Edgar Allan Poe Award, der Shamus Award und der Anthony Award, in Großbritannien die CWA Dagger Awards, in Frankreich der Grand prix de littérature policière, in Deutschland der Deutsche Krimi-Preis und der Glauser, in Skandinavien der Glasnyckel (schwed. für Glasschlüssel) sowie in Australien der Ned Kelly Award.

In der Literaturwissenschaft galten Krimis traditionell als gering geschätzte Trivialliteratur, die für ein breites und weniger anspruchsvolles Publikum geschrieben wurden. Üblicherweise werden in Kriminalromanen die Möglichkeiten wenig genutzt, psychologische Momente zu schildern, die den Verbrecher antreiben, Milieus zu beschreiben oder den Täter oder Ermittler in Gewissensnöte zu stürzen – das seien Themen nicht des Kriminalromans, sondern der „Verbrechensdichtung“.[1] Diese aus dem Genre abgeleitet Geringschätzung gilt heute als obsolet.

Definitionen des Kriminalromans

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Die eigentliche Verbrechensgeschichte (also wie es zu dem Verbrechen kam) ist am Beginn der Handlung in der Regel abgeschlossen, während die Ermittlungsgeschichte im Detail geschildert wird. Der Detektiv dringt bei der Aufklärung des Verbrechens meist tief in die persönliche Vergangenheit der Verdächtigen und Opfer ein und untersucht zudem ihre privaten Verflechtungen. Die klassische Detektivgeschichte geht von einem zu Beginn der Geschichte berichteten Verbrechen aus, oft ein Kapitalverbrechen, etwa ein Mord, das der handelnde Detektiv im Verlauf der Handlung aufklärt.

Nach Bertolt Brecht handelt „der Kriminalroman [...] vom logischen Denken und verlangt vom Leser logisches Denken. Er steht dem Kreuzworträtsel nahe.“ Er biete dem Leser eine Spannung, die sich durch diese geforderte Logik, durch die Bedeutung von Interessen als Motive und den Genuss, Menschen handelnd zu sehen, von anderer Literatur unterscheide. Das Aufspüren der Kausalität menschlicher Handlungen sei „die hauptsächlichste intellektuelle Vergnügung, die uns der Kriminalroman bietet“, der deshalb ein bestimmtes Grundschema aus von Ereignis, Beobachtung, Hypothese und Lösung einhalten und – bei aller Variation – auch wiederholen müsse.[2]

Für Patricia Highsmith, der „Meisterin des Psychothrillers“, habe jede Geschichte mit einem Anfang, einer Mitte und einem Schluss „Spannung“, ein Thriller wegen der vorkommenden Gewalt und Gefahr besonders viel davon. Thriller lieferten Unterhaltung in meist „‘lebhaftem und oberflächlichem Sinne ... In einem Thriller erwartet man keine profunden Gedankengänge , keine langen Absätze ohne Action.‘“ Aber jede lebendige Story sei offen für „profunde Gedanken“, sofern der Autor das wolle.[3]

Für die mit dem Glauser-Krimi-Preis 2004 ausgezeichnete Autorin Gabriele Wolff ist der Gegenstand des Krimis eine „physische, potenzielle oder tatsächliche Gewalt, die sich im Rahmen einer Handlung, einer Geschichte mit Anfang, Mitte und Schluss, vollzieht, einer Geschichte, die wegen der existentiellen Bedrohung des Individuums Spannung generiert und hierdurch das Leserinteresse er- bzw. unterhält.“[4]

Hauptformen des Kriminalromans

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Beim Thriller (von englisch to thrill ‚mitreißen‘, ‚fesseln‘) steht statt des Rätsels um den gesuchten Täter die Gefährdung des verfolgenden Helden im Mittelpunkt. Im Gegensatz zur klassischen Detektivgeschichte wird der Ermittler im Thriller zum Ziel des Täters. Stellt er im Detektivroman eine unantastbare Person dar, muss er im Thriller um sein Leben fürchten und sich nicht selten handgreiflich gegen seine Widersacher durchsetzen. Es wird häufig zusätzliche Spannung dadurch erzeugt, dass der Leser mehr weiß als der Protagonist, was den Thrill erzeugt. Ein Thriller verwendet daher überwiegend einen auktorialen Erzähler. Im Gegensatz zum klassischen Detektivroman, der in der Regel um eine genaue Abbildung der Realität auch im Detail bemüht ist, verzichten Thriller überwiegend auf eine realitätsgetreue Wiedergabe. Sie leben verstärkt vom Unwahrscheinlichen und einer phantastischen Handlung, die zu einem wesentlichen Spannungsmoment wird.[5]

Neben unwahrscheinlichen Handlungsverläufen nutzen Thriller darüber hinaus charakteristischerweise Schauer- oder Horroreffekte und verwenden gehäuft eine Reihe von Motiven oder Elementen, die den Grundsätzen und Regeln der reinen Detektivromane widersprechen: beispielsweise das Auftreten von Doppelgängern oder „master-criminals“, die Verwechslung von Zwillingsbrüdern, dunkle Familiengeheimnisse, verborgene Schätze, riesige Erbschaften, Schlösser oder Keller mit Geheimgängen oder -zimmern. Beispiele hierfür finden sich in den kommerziell seinerzeit sehr erfolgreichen Romanen von Edgar Wallace. Obwohl ein glückliches Ende nicht mehr zwangsläufig ist, siegt zumeist die Gerechtigkeit, auch wenn sie unter Umständen von Mördern oder Verbrechern wiederhergestellt werden muss. Es herrscht keine grundsätzlich negative Weltsicht; Verbrechen werden weder um ihrer selbst willen begangen noch zahlen sie sich letztlich aus; das bürgerlich-moralische Stützgerüst der klassischen Detektivliteratur wird insoweit in der Regel bewahrt. Die üblen Schurken im Thriller sind oftmals Projektionen der Xenophobie der Leser, während deren Wunschträume oder Sehnsüchte in den Helden projiziert werden können. Auch Ian Fleming übernimmt in seinen späteren Spionage- und Agententhrillern mit der Roman- und Filmfigur des James Bond dieses Erfolgsmuster.[6]

Jüngste Genreerweiterungen des Krimis siedeln vor allem im Ermittlungsbereich der Pathologie (Samantha Ryan), Psychologie und anderen Begleitwissenschaften. Während bereits früh und vielfach Zusammenfassungen der kriminalistischen Techniken (etwa der von Vidocq und Bertillon in Paris, im Jahrhundert der Detektive) insbesondere als literarisch bearbeitete Fallbeispiele auffindbar sind und sich bis heute in Buchform finden, ist heute die Grenze zu den übrigen Arbeitsgebieten, bis hin zu den allgemeinen juristischen Themen fließend („Nero Wolfe“), finden sich Teile des Themas in vielen Krimis.

Als einer der wichtigsten Begründer des Thrillers gilt der Schotte John Buchan mit seinem 1915 veröffentlichten Spionageroman The Thirty-Nine Steps, der 1935 die Vorlage für die gleichnamige Verfilmung von Alfred Hitchcock lieferte. Bedeutende frühe (Spionage-)Thriller schrieb auch Eric Ambler.

Sherlock Holmes, Held einer Detektivserie von Arthur Conan Doyle, bespricht sich mit Dr. Watson. Beide sind typische Vertreter der Gattung.

Einen speziellen Typus nennt man Whodunit, d. h. verballhornt „Who’s done it?“ (dt.: „Wer hat es getan?“).Der bleibt Leser im Unklaren, wer das Verbrechen ausgeübt hat und der Reiz für den Leser liegt unter anderem darin, dass er im Wettstreit mit dem Helden mitfiebern, mitraten kann. Der Begriff ist vor allem im Gegensatz zu einem Krimi zu sehen, bei dem die Tat und die Täter bereits vor der Aufklärung dem Leser bekannt ist oder die Tat und seine folgenden Handlungen selbst darstellt. Nicht jede Detektiv- oder Polizeigeschichte ist daher ein Whodunit, manche gleichen etwa im dramaturgischen Ablauf neuerdings z. B. auch einem Roadmovie.

Einer der Protagonisten des klassischen englischen Whodunits wurde Arthur Conan Doyle mit seinen Erzählungen um den Detektiv Sherlock Holmes (ab 1887). Daneben zu nennen sind die Miss Marple-Romane, während bereits bei Hercule Poirot (beides Figuren der Autorin Agatha Christie) ein schon stärker durchzeichnender, scheinbar formal vorgegebener Handlungsfaden als Grundgerüst erkennbar scheint. Whodunits sind bis zum heutigen Tage insbesondere in der Literatur auffindbar, wobei Rätselkrimis für Erwachsene und Kinder ein besonderes Genre darstellen. In Film und Fernsehen sind sie oftmals und notwendigerweise stärker formalisiert als in der Literatur. Insbesondere bei Fernsehserien ist meist bei etwas Abstand ein vorgegebenes Handlungsmuster erkennbar, wobei dies bei guten Krimis entweder durch Beiwerk wirksam überdeckt wird oder wiederum von der starren Vorgabe abgewichen wird.

Häufig begleitet den Detektiv bei seinen Ermittlungen eine sogenannte „Watsonfigur“ (wie Dr. Watson bei Doyle), die als Vermittler zwischen dem „genialen“ Ermittler und dem Leser auftritt. Durch Dialoge mit ihm und anderen Begleitern kann der Detektiv beziehungsweise Erzähler seine Schlussfolgerungen und Gedankengänge darlegen, Spuren aufzeigen und Indizien einbringen, auch bei Bedarf für weitere Verwirrung sorgen. Der Bypart kann auf verschiedenste Arten besetzt werden, er reicht vom bekannten Freund bei der Polizei, der hinreißenden Sekretärin und dem Spitzel an der Ecke über Liebhaber, Kollegen und Freunde bis hin zum intelligenten Computer in neueren Krimis.

Hardboiled-Krimi / Schwarze Serie / Krimi Noir

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Das Genre kann als Gegenentwurf zum klassischen Whodunit-Krimi gesehen werden (siehe oben). Vom Hardboiled-Krimi abgeleitet entstand die französische Variante als Roman noir. Die Hardboiled-Krimis entstanden in den 1920er Jahren in den USA und erlebten ihren Höhepunkt in den 1930er bis 1940er Jahren. Der Hardboiled-Krimi (hardboiled detective) zeichnet sich durch eine realistische und oft düstere Darstellung von Gewalt und Kriminalität aus. Die Bezeichnung "hardboiled" (hart gekocht) steht für Protagonisten, die sich in einer oft brutalen Welt bewegen. Die Hauptfigur ist typischerweise ein zynischer, desillusionierter Polizist oder Privatdetektiv, der als Einzelgänger in einer korrupten und gefährlichen Umgebung ermittelt. Der in der Regel männliche Ermittler hat oft eine raue Schale, aber einen moralischen Kern. Die Handlung spielt meist in Großstädten und beschreibt deren Schattenseiten. Die Grenzen zwischen Gut und Böse sind oft verschwommen.

Schwarze Serie ist ein Oberbegriff für Romane (Roman noir) und oft Schwarzweißfilme (Film noir) um den einsamen Großstadtdetektiv, unabhängig, unbeugsam, zynisch inmitten einer meist korrupten Umgebung. Er steckt im Laufe der Ermittlung einige Schläge ein und verteilt andere, an der Welt kann oder will er nichts ändern. Alkohol bekämpft er auf seine Art, Waffen und Tod sind Handwerkszeug, die Lebenshaltung drückt sich auch in der Sprache aus. Auch als Lone Wolf, Lone Eye bzw. Private Eye bezeichnet. Weitere Hinweise in der Leseliste (s. o.). Ein Übergang etwa zum Polizei- und Gangsterfilm kann im Einzelfall bestehen, der fiktive Schwerpunkt liegt jedoch im und beim Lone-Eye-Motiv.

Auch das umgedrehte Vorzeichen, das wie auch immer angelegte Gaunerstück als Gegensatz zur Ermittlung, darf als Thema nicht vergessen werden. Zu nennen wären exemplarisch etwa Arsène Lupin, Fantômas und A. J. Raffles von E. W. Hornung sowie im Hörfunk die Reihe Dickie Dick Dickens.

Der Regionalkrimi (auch Lokalkrimi, Heimatkrimi und Provinzkrimi genannt) ist im Gegensatz zum Kriminalroman eher soziologisch orientiert. Die Nebenhandlung ist hier von großer Bedeutung. Was wird durch das Verbrechen vermittelt (historische Hintergründe etc.)? Der Name gibt den ersten Hinweis auf den Schwerpunkt der Nebenhandlung, also das Hauptthema des Regionalkrimis, nämlich die Region.[7] Jedoch ist nicht jedes Buch, welches in einer bestimmten Region spielt, ein Regionalkrimi. Hierbei wird in der Detailhaftigkeit unterschieden, die genannte Region muss in gewisser Weise „präsentiert“ werden (gute und schlechte Seiten). Wie detailliert dies geschieht, ist jedem Autor selbst überlassen.[8]

Die Platzierung der Handlung in einem örtlichen oder zeitlichen Woanders ist keine neue Erfindung. Immer mehr ungewohnte Handlungsorte und Hintergründe kamen hinzu – etwa das antike Ägypten (Death Comes as the End, dt. Rächende Geister von Agatha Christie), das Mittelalter (Der Name der Rose von Umberto Eco, Bruder Cadfael von Ellis Peters), das alte China (Richter Di von Robert van Gulik) oder die Zukunft (Der letzte Detektiv als Hörspiel, Die Stahlhöhlen von Isaac Asimov, Minority Report im Film und Buch, Wer stiehlt schon Unterschenkel? und Der Samenbankraub von Gert Prokop). Seit einigen Jahren gibt es Krimis, die im antiken Rom spielen. Diese historischen Kriminalromane, speziell die SPQR-Romane von John Maddox Roberts, daneben auch die von Steven Saylor, zeichnen sich durch überaus gründliche historische Kenntnisse aus.[9]

Im englischen Sprachraum hat sich das Sub-Genre des Genealogie-Krimis entwickelt, der kriminalistische und genealogische Recherchen verknüpft.[10] Nur von Nathan Dylan Goodwin und Dan Waddell sind deutsche Übersetzungen erschienen.

In den letzten Jahren gab es einen regelrechten Boom der südafrikanischen Kriminalliteratur. Autoren und Autorinnen wie Deon Meyer, Malla Nunn, Andrew Brown oder Mike Nicol haben nicht nur in ihrem Heimatland, sondern auch weltweit großen Erfolg. Diese Kriminalromane thematisieren die sozialen Probleme des Landes und gehörten zum Genre des politischen Kriminalromans. Apartheid, Post-Apartheid oder auch möglicherweise eine neue Apartheid in Südafrika ist ein Thema.

Komischer Krimi / Cosy-Krimi

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Im ausgehenden 20. Jahrhundert entstand die Genre-Bezeichnung Cosy-Krimi oder Cozy-Krimi (Wohlfühlkrimi). Damit konnten humorvolle Krimis für gemütliche Stunden von härteren und gewalttätigeren Kriminalromanen und Thrillern abgegrenzt werden. Cosy-Krimis sind in der Regel als Reihen ausgelegt.[11] Lustige oder zumindest erfreuliche Teile lockern die Handlung von manchen Kriminalromanen auf. Einzelne Krimis sind primär auf Humor aus.

Schon bei Agatha Christie oder Dorothy L. Sayers unterschätzten etwa Befragte ihre Ermittler geradezu komisch. Autoren wie Charlotte MacLeod, Donna Leon, Anne Chaplet, Christopher Stahl oder Jacques Berndorf setzen Wiedererkennungseffekte ein: ihre Protagonisten kämpfen mit ähnlichen Problemen wie die Leser. Bei Jakob Arjouni wiederum entsteht der Witz durch den Gegensatz der vom "Ich-Erzähler" vorgetragenen Gedanken und der Realität der ausgesprochenen Worte.

Mitunter wird in modernen Krimis auch ein zynischer Kommentar einer Figur eingesetzt, um die Anspannung aufzulockern, die gerade durch drastische Gewaltszenen entstanden ist. Das soll die Gewalt abmildern, und auch zeigen: der Protagonist kontrolliert die Situation trotz allem. Einigen wenigen aktuellen Autoren ist der skurrile Humor und damit das Lachen über ihre Geschichten sogar mindestens genauso wichtig wie das Erzeugen von Spannung oder das Schaudern des Lesers. Typische Beispiele dafür sind: der populäre österreichische Schriftsteller Wolf Haas oder der norddeutsche Krimiautor André Bawar.

Gerade beim Kinder- und Jugendkrimi werden zumeist komödiantische Elemente verwandt, etwa bei Astrid Lindgrens Kalle Blomquist oder – aktueller – bei Eulen von Carl Hiaasen. Häufig werden die komischen Elemente auch an bestimmte Figuren geknüpft. Dies gilt etwa für Klößchen bei TKKG. Ganz und gar skurril sind die Romane von Nils-Olof Franzén mit dem "Meisterdetektiv" Agaton Sax.

Schriftstellerische Qualität in der Kriminalliteratur und Humor schließen sich nicht aus: Mit dem Last Laugh Dagger (ursprünglich als The Punch Award geschaffen) zeichnete die britische Crime Writers’ Association (CWA) von 1988 bis 1996 den humorvollsten englischsprachigen Kriminalroman aus.

Gangsterballaden

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Häufiger Ausgangspunkt von Gangsterballaden ist bzw. war das Chicago rund um die Prohibition. Al Capone und andere reale Namen dienen hierbei im Krimi als Aufhänger. Auch der mittlere Westen und die Dust Bowl in Zeiten der Depression und des New Deal dien(t)en seit Bonnie & Clyde als beliebtes Motiv. Zugleich ist er auch Ausgangspunkt für Polizei- und FBI-Geschichten, analog etwa New York, San Francisco und anderen bekannten amerikanischen Großstädte.

Im Gegensatz zum früheren Genre kann gelten, dass heute jedes größere oder bekanntere Verbrechen eine filmische und eventuell auch literarische, zum Teil biografische Aufarbeitung aus Opfer-, Täter- oder Ermittlersicht erfährt. Im neueren Kino findet sich auch zunehmend wieder das Komödienthema, zum Teil in Richtung Galgenhumor beziehungsweise Schwarze Serie abgewandelt. Namhafte Subgenres sind weiter der Gefängnisfilm und der auch mit Topkapi bekannt gewordene Plot der Planung, Durchführung und des Scheiterns oder Erfolgs.

Bekannte Detektive und Ermittler

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Im klassischen Detektivroman:

In Polizei- und Geheimdienstromanen:

Im Genre der „hardboiled novels“ ermitteln unter anderem Lew Archer (Ross Macdonald), Vincent Calvino (Christopher G. Moore), Mike Hammer, Philip Marlowe (Raymond Chandler) und Sam Spade (Dashiell Hammett). Das Subgenre ist nicht zuletzt durch das Kino des Film noir weit verbreitet, wie diverse filmische Abwandlungen (nicht selten Verfilmungen der literarischen Vorbilder) beweisen.

Ermittler neuerer Zeit sind etwa Kommissar Jean-Baptiste Adamsberg (Fred Vargas), Simon Brenner (Wolf Haas), Commissario Guido Brunetti (Donna Leon), Markus Cheng (Heinrich Steinfest), Privatdetektiv Henry Drake (Andreas P. Pittler), Polonius Fischer (Friedrich Ani), Maresciallo Guarnaccia (Magdalen Nabb), Irene Huss (Helene Tursten), Inspector Richard Jury (Martha Grimes), Inspector Lynley (Elizabeth George), Superintendent Alan Markby (Ann Granger), Commissario Salvo Montalbano (Andrea Camilleri), die Tigerkatze Mrs. Murphy (Rita Mae Brown), John Rebus (Ian Rankin), Vic Warshawski (Sara Paretsky) und Privatdetektiv Max Winter (Felix Thijssen).

Neben den Genreerweiterungen aus Begleitwissenschaften der Kriminalistik spielen auch Journalisten bzw. Autoren als Ermittler immer wieder eine Rolle: Siggi Baumeister in den Eifel-Krimis von Jacques Berndorf, Mikael Blomkvist in der Millennium-Trilogie von Stieg Larsson oder Maria Grappa in der gleichnamigen Reihe von Gabriella Wollenhaupt.

Multimediale Ausbreitung

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Kriminalgeschichten treten heute als etabliertes Genre medienübergreifend in allen Formen auf. Lagen die Ursprünge im Roman und Groschenheft, sind Krimis mittlerweile in allen Medien zu finden, vom Fernsehen über den Film bis hin zum Manga und Comic (beispielsweise Blacksad als „Remake“ der Schwarzen Serie, Dick Tracy). Ein Beispiel ist etwa die Reihe Nestor Burma von Léo Malet, für Fernsehen und Hörfunk bearbeitet, von Jacques Tardi gekonnt im Bande Dessinée, im Comic, umgesetzt. Die Spannweite reicht vom Jugendbereich (Die drei Fragezeichen, Die Schwarze Hand, Nick Knatterton) bis hin zum Erwachsenenbereich des Rotlichtviertels und Erotikmangas.

Krimis im Hörspiel

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Krimis im Comic

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Sozial- und gesellschaftskritische Krimis (Beispiele)

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Kriminalliteratur und literarische Qualität

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Die literarische Qualität des Kriminalromans ist in Literaturwissenschaft und Feuilleton weiterhin ein Thema, obgleich der Kriminalroman in den vergangenen Jahrzehnten seine Position im literarischen Feld erheblich verbessern konnte. Die Aufheizung dieses Marktsegments führe zur Dialektik eines „Plus an Aufmerksamkeit“ bei gleichzeitigem „Minus an ästhetischem Prestige“ bis hin zu kalter Verachtung.[12] Im Allgemeinen werde den Romanen der ernsten oder höheren Literatur (E-Literatur) ein Qualitätsvorteil gegenüber der Trivial- oder Unterhaltungsliteratur (U-Literatur) zugeschrieben, als deren Teil der Kriminalroman gilt. Dieser scheitere oft schon an der Konstruktion plausibler Handlungen, der Erfindung entwickelter Charaktere oder lebensechter Dialoge.

So hat der Anglist Richard Gerber Mitte der 1960er Jahre auf der Basis der Analyse von Werken A. Conan Doyles, Autor der Sherlock-Holmes-Romane, und von Ian Fleming, Autor der James-Bond-Romane, versucht, Merkmale des Genres und eine Typologie abzuleiten. Von dieser schmalen empirischen Basis schließt Gerber auf ein implizites Handicap der Gattung. Der Kriminalroman könne verschiedene Ausprägungen haben: im einen Extrem auf die Lösung eines Rätsels (Sherlock Holmes) konzentriert oder im anderen Extrem, in einem Thriller, auf die auch für den Verfolger riskante Jagd nach dem Verbrecher mit anschließend gerechtfertigtem Kill (bei James Bond die „Lizenz zum Töten“) – und natürlich auch auf Ausprägungen zwischen diesen beiden Extremen. Während aber im Kriminalroman immer ein David gegen Goliath oder gegen riesige Verschwörungen kämpfe, ohne nach den Ursachen des Verbrechens zu fragen, und der Verfolger oft als Henker der Verbrecher glorifiziert würde, forsche die Verbrechensdichtung, Gerbers gegen die U-Literatur konstruierter Begriff für die Werke der E-Literatur, „nach dem Ursprung, der Wirkung und dem Sinn des Verbrechens und damit nach der Tragik der menschlichen Existenz.“[13] Dann verallgemeinert Gerber: „Der Kriminalroman ist also nicht einfach ein Roman, der ein Verbrechen schildert, sondern ein Roman, der das Verbrechen auf eine bestimmte Art behandelt, beschränkt behandelt. [...] Der Kriminalroman ist kastrierte Verbrechensdichtung.“ Der Kriminalroman werde daher „seinem Wesen nach“ immer minderwertig bleiben. Damit schreibt Gerber dem Kriminalroman ein aus der Form per se resultierendes Defizit an literarischer Qualität und dem Thriller sogar eine autokratische Tendenz, ein Defizit an Demokratie zu.

Dagegen sieht Gabriele Wolff im Kriminalroman ein großes aufklärerisches Potenzial und hält ihn sogar für „die ideale Form des Gesellschaftsromans“ – sofern er das „Unglück aus unserer Mitte“ darstelle, wie beispielsweise den Kreislauf von Verelendung und Kriminalität, von Misshandlungen, von überheblichen Politikern usw. und durch diese Welthaltigkeit eine neue Qualität erreiche.[14]

Dem im ­Feuilleton vorhandenen „üblichen Reflex, den Kriminalroman per se zur U-Literatur zu zählen und ihn allein aus diesem Grund zu ignorieren“, widerspricht Wolff mit dem Doppelargument, dass sowohl die E-Literatur unterhalten können müsse als auch, dass der Krimi als literarische Form für sog. ernste Themen immer offen gewesen sei. Die Zugehörigkeit eines Romans zur ernsten Literatur sei nie eine Garantie für Qualität gewesen – Marcel-Reich Ranicki habe in solchen Fällen gesagt: „Das Buch langgggweilt mich zu Tode.“ Natürlich müsse auch E-Literatur ihre Leser unterhalten: Kein Buch dürfe langweilen und „ein Autor kann aus vielen Gründen an der Großform ‘Roman‘ scheitern.“

Auch im Genre des Kriminalromans würden Werke von „welthaltigster Literatur“ bis hin zum literarischen Niveau eines bloßen Pageturners produziert, sodass es hinreichend Gründe gebe, über die Qualität der Werke beider Genres zu lamentieren: „An der gewählten Form ‘Kriminalroman‘ jedenfalls liegt es nicht, ob ein Roman gelingt oder missrät, ob er Schundliteratur ist oder Literatur“; es liege am Autor, ob das hässliche Entlein zu dem Schwan werde, der es potenziell sein könne. Die Dichotomie von E- und U-Literatur sei für Aussagen über literarische Qualität jedenfalls obsolet.

Die Einfachheit der Erzählweisen sei dagegen, so Wolfgang Brylla, für Bertolt Brecht keine Schwäche der Kriminalliteratur, sondern ihre Stärke. Diese liege in ihrer Übersichtlichkeit, ihrer „‘Schablonenmontur, in ihrer grundsätzlichen ‚Musterhaftigkeit‘, die allerdings einem ständigen Prozess der Variabilität unterliege. Krimis seien nicht gänzlich im klischeehaften Raster verfangen, sondern nutzen die möglichen Schemata aus, die variiert und modifiziert werden, um etwas Neues – im Rahmen der Erzählmöglichkeiten – zu erschaffen.“

Thomas Wörtche hält u. a. auf Gerber bezogen fest, dass „der Wertungsaspekt aufgrund wenig ausgefalteter Kriterien schon in die Positionierung auf dem Feld eingreift“ und Kriminalromane ausgegrenzt würden, „bevor überhaupt eine Wertungsdiskussion auf Grund ästhetischer Parameter zustande kommen konnte“. Generell hätten Ansichten wie die 1966 von Gerber veröffentlichten in der modernen Literaturkritik eine Außenseiterposition.[15]

Der abgekürzt „Glauser“ genannte Friedrich-Glauser-Preis ist neben dem Deutschen Krimi Preis der wohl wichtigste Krimipreis im deutschsprachigen Raum. Jedes Jahr reichen Verlage die ihrer Meinung nach aussichtsreichen Neuerscheinungen bei der Jury ein, um sie eventuell mit dem Preis besser promoten zu können. Gabriele Wolff gewann 2004 mit ihrem Krimi Das dritte Zimmer den Glauser-Krimi-Preis und wirkte zweimal als Jurorin bei seiner Vergabe mit.

Aufgrund ihrer Juryerfahrung differenziert sie die Qualitätsstruktur des Genres quantitativ: Von den eingereichten etwa 150–170 Kriminalromanen, vermutlich der aussichtsreiche Ausschnitt einer Jahresneuproduktion von 600–1000 oder auch mehr deutschsprachigen Krimis,[16] seien 30 % „unterirdisch schlecht“, 50–60 % erfüllten die Mindestanforderungen, aber nur 10–20 % „stoßen das Tor weit auf in die Welt eines Romans, der durch die Wahl der Form ‘Kriminalroman‘ gewinnt.“ Leider falle der kommerzielle Erfolg überwiegend Kriminalromanen mit Verbrechen zu, „die in der Realität des Lesers kaum oder gar nicht vorkommen“, Krimi-Märchen von Soziopathen und Weltverschwörern. Wolff gibt daher zwar Gerber mit Blick auf die literarische Qualität implizit teilweise recht, nicht aber seiner Vermutung über die Ursachen: Das an ausgefallenen Verbrechen interessierte Lesepublikum blende diese aus seiner Umgebung aus und damit auch die Frage nach „der eigenen Mitverantwortung oder nach dem eigenen Täter- oder Opferpotenzial“, wodurch es gesellschaftliche Verhältnisse zementiere. Raymond Chandler habe vermutet, das Publikum könne sich mit solcher Literatur in emotionale Spannung versetzen, ohne sich realen Gefahren auszusetzen. Außerdem spielen für Wolff auch Besonderheiten des Buchmarktes eine Rolle.

Thomas Wörtche sah 2020, in „Zeiten der Gärung“ im literarischen Feld, eine für die Kriminalliteratur problematische Situation heranreifen: „Im Moment ist beinahe jedes dritte verkaufte Buch [...] als ‘Kriminalroman‘ oder ‘Thriller‘ gelabelt.“ Auch wenn die mit avancierteren literarischen Verfahren arbeitenden Texte zeitweilig erfolgreich gewesen seien, „wandte sich das breite Lesepublikum doch lieber wieder eher schlichten, ästhetisch eher der Prämoderne verpflichteten Ausprägungen zu.“ Die „aktuelle massenhafte (Über-)Produktion von Kriminalromanen“, die nie dagewesene „Aufheizung eines Marktsegments“ führe zur Dialektik eines erheblichen „Plus an Aufmerksamkeit“ bei wachsender Gefahr, „das Prestige von ‘Kriminalliteratur‘ zu verspielen“. Unter dem Diktat des Marketings würden Kleinststrukturen oder Plot-Elemente vorgegeben – oder aus der Produktion eliminiert – und die Texte so für bestimmte Zielgruppen optimiert. Die Autorenvorgaben würden „nicht mehr von ästhetischen, poetologischen oder erkenntnistheoretischen Erwägungen geleitet [...], sondern von rein betriebswirtschaftlichen.“ Das Ergebnis seien „literaturferne Texte für ein literaturfernes Publikum, könnte man polemisch sagen.“ Die kulturpolitische Demokratisierung durch das Internet kehre sich zu einer Tetxtschwemme um, der „der letzte Rest von Literarizität fehlt.“

Die Kriminalliteratur habe auf dem Feld der Literatur nach fast zweihundert Jahren gesiegt – „ob sie sich dabei zu Tode gesiegt hat oder sich neu formieren kann, wird die Zukunft zeigen.“ Während Wolff mehr die „Nachfrageseite“, die psychologischen Faktoren für die negative Qualitätsentwicklung im Feld der Kriminalliteratur verantwortlich macht, betont Wörtche die „Angebotsseite“, die Vermarktungsstrategien der Verlage als Ursache einer das Prestige des Genres gefährdenden Entwicklung.

Geschichte des Genres

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17., 18. und frühes 19. Jahrhundert: Erste Kriminalgeschichten

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Den ersten gelungenen Versuch in der Neuzeit, einen Kriminalfall sachlich zu beschreiben, unternahm Friedrich Schiller (1759–1805) mit seiner Erzählung „Der Verbrecher aus verlorener Ehre“ (1786). Nach einer wahren Begebenheit berichtet Schiller, wie ein Mensch zum Verbrecher wird. Ausschlaggebend waren für Schiller auch die Werke des französischen Anwalts François Gayot de Pitaval (1673–1743), der zwischen 1734 und 1743 unter dem Titel „Causes célèbres et intéressantes“ eine Sammlung von insgesamt zweiundzwanzig Büchern veröffentlichte, in denen er interessante, auch aufsehenerregende Rechtsfälle für die breite Masse verständlich darstellte. Es kam ihm auf die Hintergründe der Tat und vor allem auf die Psychologie der Täter an. Derartige Sammlungen waren u. a. auch in Deutschland beliebt.

In Dänemark hat 1829 Steen Steensen Blicher seine Erzählung Der Pfarrer von Vejlby veröffentlicht, die Geschichte der Aufklärung eines Mordes, die viele Elemente der späteren Kriminalliteratur vorwegnimmt. Das Werk ist heute Teil des dänischen Kulturkanons.

Der Begründer der deutschsprachigen Kriminalerzählung war August Gottlieb Meißner. Zu den ersten deutschsprachigen „Krimis“ gehören auch die Erzählung Ein Mord in Riga von 1854 und der 1855 entstandene Kriminalroman Schwarzwaldau von Karl von Holtei.

Ein Druck von 1833 zum Prozess gegen Ephraim K. Avery zeigt, dass seine Unschuld allgemein bezweifelt und der Jury, die ihn freisprach, nicht getraut wurde.

In England verfassten in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts anonyme Autoren, darunter oft Anwälte, mit Hilfe von Lohnschreibern oft moralisierende Traktate mit Darstellungen von Kriminalfällen und Skandalgeschichten aus der High Society und vertrieben sie als billige Broschüren für die aufkommenden Mittelschichten (sog. fact crime). In den USA entstanden zur gleichen Zeit eher nüchterne Gerichtsreportagen und Berichte über Hinrichtungen. Auch die Gerichtsmedizin entwickelte sich und fand ihren literarischen Niederschlag.[17] Die Berichterstattung über einige spektakuläre Fälle war aber emotional stark aufgeladen. So entstanden zum Mordprozess gegen den Methodisten-Pfarrer Ephraim Kingsbury Avery aus Rhode Island, der eine schwangere Fabrikarbeiterin tötete, aber 1833 freigesprochen wurde, nicht weniger als 21 Bücher und Broschüren.[18] Ende des 19. Jahrhunderts trennten sich dann die Wege der Detektivgeschichte und der Kriminalreportage endgültig.

19. Jahrhundert: E. A. Poe, W. Collins, A K. Green

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Edgar Allan Poe 1848 (Daguerreotypie)

Als erster Autor regelrechter Detektivgeschichten ist Edgar Allan Poe zu nennen (Der Doppelmord in der Rue Morgue, 1841). Er schuf mit Auguste Dupin „den Stammvater aller private eyes (und) seinen ebenso unzertrennlichen wie namenlosen Begleiter“.[19] Zwei deutschsprachige Vorläufer des Detektivgenres sind die Novelle Das Fräulein von Scuderi (1820) von E. T. A. Hoffmann, die Poe beeinflusst haben soll, und der wenig bekannte Roman Der Kaliber. Aus den Papieren eines Criminalbeamten (1828) von Adolf Müllner. Als erster bedeutender deutschsprachiger Detektivromanautor jüngerer Zeit gilt Friedrich Glauser.

Eine besondere Rolle kommt Wilkie Collins zu, dessen 1860 erschienener Roman Die Frau in Weiß als Grundstein der modernen Kriminalliteratur gewertet wird. Mit seinem Roman Gesetz und Frau schuf er 15 Jahre später den ersten seiner Gattung, in dem eine Frau als Detektivin fungierte. Ein wichtiger Nachahmer Collins' war in Frankreich vor allem Émile Gaboriau, der wiederum gemeinsam mit Collins Sir Arthur Conan Doyle beeinflusste. Selbst Alfred Hitchcock war ein glühender Bewunderer des viktorianischen Schriftstellers. In den USA hatte Anna Katharine Green mit ihrer sorgfältigen Schilderung polizeilicher Ermittlungsarbeit großen Einfluss. Ihr 1878 erschienenes Erstlingswerk Der Fall Leavenworth war eine Zeitlang Pflichtlektüre für Studenten an der Yale Law School.[20]

19. Jahrhundert: Schauer- und Kriminalromane für Frauen

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In Deutschland erlangte im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts, vor allem bei der weiblichen Leserschaft, ein Typus von Romanen große Beliebtheit, in denen die weibliche Hauptfigur durch ihre äußeren Lebensumstände in eine Situation gestellt wurde, in der sie mit einem Geheimnis oder einer Bedrohung ihres Lebens konfrontiert wurde. Sie war dann gezwungen, deren Aufklärung selbst in die Hand zu nehmen, wobei diese allerdings meist eher von Zufallsentdeckungen als von methodischer kriminalistischer Detektion geprägt waren. Obwohl die Gesamtarchitektur regelmäßig die eines Liebesromans war, enthielten diese Arbeiten stets auch Elemente von Suspense und oft auch von Schauer.

Für die Popularisierung des Genres war in erster Linie E. Marlitt verantwortlich. Ihr folgte später unter anderem Eufemia von Adlersfeld-Ballestrem.

1900 bis 1939 in Europa

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Ngaio Marsh in den 1940er Jahren

1910 stand mit Mary Roberts Rineharts Roman The Man in Lower Ten (dt.: Der Mann in Nummer zehn) erstmals ein Kriminalroman auf der US-amerikanischen Jahres-Bestsellerliste. Der Erfolg dieses Romans läutete einen Zeitraum ein, in dem Krimis zunehmend auch im Feuilleton Beachtung fanden.[21] Die Jahre zwischen den beiden Weltkriegen gelten allgemein als das „goldene Zeitalter“ der Kriminalliteratur. Agatha Christie veröffentlichte 1920 ihren ersten (zu dem Zeitpunkt noch wenig beachteten) Kriminalroman, Dorothy L. Sayers arbeitete zeitgleich an ihrem Erstlingswerk. Charakteristisch für diese Zeit ist das Entstehen eines literarischen Schemas für diese Form von Literatur, die sich parallel immer größere Leserkreise erschloss.[22] Charakteristisch für die besten Werke aus diesem Zeitraum ist, dass das Verbrechensmotiv – Liebe, Rache, Gier – in der Regel von gleicher Wertigkeit ist wie die Art und Weise, wie das Verbrechen aufgedeckt und der Täter seiner gerechten Strafe zugeführt wird.[23] Parallel dazu fand eine Auseinandersetzung statt, was einen guten Kriminalroman ausmacht. Zu den unter anderem von S. S. Van Dine und Ronald Knox zusammengefassten Grundsätzen einer guten Erzählung gehörte der Verzicht auf übernatürliche Kräfte oder unwahrscheinliche Erklärungsmuster, wie das plötzliche Auftreten eines Zwillings, Geheimpassagen oder versteckte Räume in zeitgenössischen Häusern, sowie die Forderung, den Täter früh in der Handlung einzuführen. Zufälle oder unmotivierte Geständnisse, die zur Lösung des Falls führten, galten als schlechter Stil. Der Leser sollte über dieselben Informationen verfügen wie der Ermittelnde und damit die Chance haben, den Fall eigenständig zu lösen.[24] Zu den wichtigsten Autoren dieses Zeitraum gehören neben Christie und Sayers Anthony Berkeley, S. S. Van Dine, Margery Allingham, Ngaio Marsh, John Dickson Carr, Ellery Queen, der unter dem Pseudonym Nicholas Blake Krimi schreibende Lyriker Cecil Day-Lewis, Rex Stout und Josephine Tey.[25]

Auffallend viele Protagonisten der Kriminalromane aus dieser Zeit haben einen gesellschaftlichen Sonderstatus: Nach Herkunft, Bildungsstand, Einkommen und Lebensart zählen sie zu den sogenannten „Gentleman detectives“. Dabei handelt es sich letztlich um einen literarischen Kunstgriff, den Anna Katharine Green gegen Ende des 19. Jahrhunderts erstmals einführte. Polizeibeamte gehörten im 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts den unteren sozialen Schichten an. Für zeitgenössische Leser war es nicht vorstellbar, dass sie auf Augenhöhe Kriminalfälle unter Angehörigen der oberen Schichten lösen könnten. Gleichzeitig waren es jedoch gerade Kriminalfälle, die in diesen Schichten spielten, die von Lesern nachgefragt wurden. Green stellte im Roman Der Fall Leavenworth ihrem ermittelnden Polizeibeamten daher einen jungen Anwalt zur Seite, der aus diesen Kreisen kam. Spätere Autoren haben diese Idee aufgegriffen und abgewandelt. Dorothy L. Sayers Protagonist Lord Peter Wimsey kann dank seinem großen Vermögen Kriminalfälle als Freizeitbeschäftigung lösen und hat auf Grund seiner Herkunft Zugang zu den besten Kreisen. Gleichzeitig ist er mit Inspektor Parker befreundet und verfügt so über Verbindung zu Scotland Yard.[26] Ngaio Marshs Figur des Roderick Alleyn ist ebenfalls adeliger Herkunft, sein Interesse an kriminalistischer Arbeit ist jedoch so groß, dass er trotz Herkunft und Privatvermögen Polizeiinspektor geworden ist. Agatha Christies Protagonistin Miss Marple gehört der gebildeten Gentry an, ihr Protagonist Hercule Poirot unterliegt als Ausländer nicht den sozialen Schranken, wie sie die britische Gesellschaft vor dem Zweiten Weltkrieg kennzeichneten.

Neben den klassischen Whodunits entwickelte sich in der Blütezeit des englischen Detektivromans zwischen 1914 und 1939 als weitere Variante ebenfalls eine Form des psychologischen Kriminalromans. Während in den „crossword puzzle“-Romanen die Suche nach dem Täter und die Rekonstruktion des unerzählten Hintergrunds, Motivs oder Hergangs des Verbrechens die eigentliche Handlung bildet, wird dieser Handlungsaufbau in der „inverted detective story“ umgekehrt. Der Roman schildert die Vorgeschichte und Vorbereitung sowie den Hergang der Tat; der Täter ist in der Regel bekannt. Die Detektion und Auflösung der Whodunits werden ersetzt durch psychologische Studien eines Mordfalls. Der Mörder scheint einer Entdeckung und Bestrafung zu entgehen, die Tat bleibt anscheinend ungesühnt. Durch eine überraschende Wendung am Schluss, zumeist aufgrund eines Zufalls, werden das Verhältnis von Gut und Böse und die übergeordnete Gerechtigkeit jedoch wiederhergestellt. So wird beispielsweise in dem Roman Malice Aforethought.The Story of a Commonplace Crime (dt. Titel Vorsätzlich. Die Geschichte eines gewöhnlichen Verbrechens), der von A. B. Cox 1931 unter dem Pseudonym „Francis Iles“ veröffentlicht wurde, Dr. Brickleigh nicht für den Mord an seiner Frau, den er begangen hat, verurteilt, sondern wegen eines anderen Mordes gehängt, den er nicht begangen hat. Neben weiteren Romanen, die A. B. Cox unter seinem Pseudonym als „Francis Iles“ verfasste, werden zu diesem Typ des psychologischen Kriminalromans ebenso die frühen Romane Payment Deferred (1926, dt. Titel Zahlungsaufschub) und Plain Murder (1930, dt. Titel Ein glatter Mord) von C. S. Forester gerechnet. Auch Graham Greenes romanhafte Studien junger Verbrecher in A Gun For Sale. An Entertainment (1936, dt. Titel Das Attentat) und Brighton Rock (1938, dt. Titel Am Abgrund des Lebens) und Romane wie Daphne du Mauriers Jamaica Inn (1936) und Rebecca (1938) – zugleich literarische Vorlage für die erfolgreiche Verfilmung von Alfred Hitchcock mit Laurence Olivier in der Hauptrolle – können in diesem Zusammenhang als Variante des psychologischen Kriminalromans gesehen werden.[27]

1930er bis 1960er Jahre in den USA: Der Hardboiled-Krimi

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Zu den heftigsten Kritikern der vor allem von britischen Autoren geschriebenen Kriminalromane, die dem „goldene Zeitalter“ zugerechnet werden, gehörten US-Amerikaner wie Raymond Chandler und Dashiell Hammett, beides Verfasser von Kriminalromanen, die durch den archetypischen „hardboiled detective“ geprägt sind. Dieser Figurentypus zeichnet sich durch eine illusionslose bis zynische Sicht auf die Welt aus, nimmt wenig bis keine Rücksicht auf geltende Gesetzesnormen, macht skrupellos von der Schusswaffe Gebrauch und lebt in latentem oder offenem Konflikt mit der Polizei – letzteres nicht zuletzt deshalb, weil er früher selber Polizist war und den Dienst quittiert hat. Die Lösung des Falles steht häufiger weniger im Vordergrund als eine atmosphärisch dichte Erzählung und glaubwürdig agierende Protagonisten. So bleibt in dem Roman Der große Schlaf von Raymond Chandler letztlich ungeklärt, wer eigentlich den Chauffeur ermordet hat.[28]

Raymond Chandler verfasste 1944 einen Essay, in dem er die Abgrenzung zum britischen Whodunit deutlich machte und seinen Berufskollegen, die sich der Erzählweise verpflichtet fühlten, mangelnden Realismus vorwarf. Dorothy L. Sayers konfrontierte er mit dem Vorwurf, dass sie bestenfalls zweitklassige Literatur schreibe, weil sie sich literarisch nicht mit Sachverhalten auseinandersetze, die erstklassige Literatur kennzeichne.[29]

Mit ihren Gegenentwürfen zu den klassischen Whodunits zeichnen die Autoren der „hard-boiled school“ das aus ihrer Sicht realistischere Bild eines unüberschaubar gewordenen Großstadtlebens, in dem Korruption und Werteverfall alle gesellschaftlichen Ebenen durchdrungen haben. Das Verbrechen stellt keine Ausnahmeerscheinung mehr dar, sondern wird zum alltäglichen Ereignis und immanenten Bestandteil der Gesellschaft. Recht und Ordnung werden in diesem chaotischen, von Gewalt geprägten Handlungsraum nicht mehr durch die soziale Institutionen garantiert, sondern individuellen Instanzen übertragen. Dies impliziert im Vergleich zur klassischen Detektivliteratur inhaltlich zugleich eine relative Beliebigkeit der Ordnungsvorstellungen: Das Gesetz und die allgemein gültige Werteordnung werden überwiegend durch einen individuellen Moralkodex ersetzt. So erscheint neben Chandlers Privatdetektiv Philip Marlowe, der noch gewisse romantisch-ritterliche Züge zeigt und seine moralische Integrität zu bewahren versucht, ebenso Mickey Spillanes Romanfigur des brutalen, frauenfeindlichen Mike Hammer, der ohne Rücksichtnahme zur Selbstjustiz greift.[30]

Auch Hammett nimmt in seinen Romanen die Romantisierung der detektivischen Protagonisten stark zurück und verzichtet damit auf eine übergreifende Ordnungsinstanz. In seinen Kurzgeschichten und frühen Romanen verwendet Hammett einen anonymen Ich-Erzähler als Helden; erst in späteren Werken erhalten seine Detektive einen Namen, wie beispielsweise Sam Spade in The Maltese Falcon oder Nick Charles in The Thin Man. Der „tough guy“ Hammetts ist anfangs kein unabhängiger Privatdetektiv, sondern arbeitet in einer großen Detektei, die an die Pinkerton Agentur erinnert, bei der Hammett selber acht Jahre lang als Detektiv beschäftigt war. Seine Aufträge bekommt Hammetts Held von seinem Chef, der als übermenschliche Vaterfigur geschildert wird. Auf diese Weise wird Hammetts Detektiv letztlich die moralische Verantwortung des Tötens genommen: Morde scheinen so auch dem Leser gerechtfertigt.[31]

In ihrem Kern greifen die Detektivromane der „hard-boiled school“ überwiegend auf einen amerikanischen Urmythos zurück, der auch die Gattung des Western trägt: Der aufrechte, weder durch Herkunft oder Bildung privilegierte und auf sich allein gestellte Protagonist muss sich in einer Grenzsituation oder in einem Grenzbereich bewähren, in dem Recht und Gesetz nicht durch staatliche Institutionen verwirklicht werden können.[32]

Mit der Verlagerung des Handlungsraums in einen undurchschaubaren Großstadtbereich tritt bei Chandler und Hammett gleichzeitig die gattungskonstitutive Rätselspannung der klassischen Whodunits in den Hintergrund. Die Fülle der geschilderten Ereignisse und Fakten im Laufe der Ermittlung wird nicht mehr logisch oder kausal durch ein einheitliches Erklärungsmuster geordnet; die Handlung fällt in zahlreiche kleinere Einzelepisoden auseinander, in denen die Lösung des ursprünglichen Falls nicht mehr im Mittelpunkt steht oder teilweise ganz aus den Augen verloren wird.[33]

Der thematische Schwerpunkt verlagert sich verstärkt auf die Verfolgung und Überwältigung des Täters, der teilweise bereits relativ früh identifiziert wird. Spannung wird primär durch einen aktionsreichen Handlungsverlauf oder eine Häufung von gefährlichen Situationen für den Ermittler erzeugt; der Spannungsaufbau des hardboiled-Modells ist nicht mehr zwingend auf die Rekonstruktion des Tathergangs oder der Tatmotive und die Auflösung am Ende ausgerichtet. Der Leser erlebt in erster Linie die Dramatik des Handlungsverlaufs mit wechselnden Spannungskurven; durch Beenden beispielsweise von Verfolgungsszenen oder den Abbruch von Kämpfen und sonstigen Auseinandersetzungen wird die Spannung häufig unterbrochen, um anschließend neu belebt zu werden. Die Erzählweise ist vorwärtsgerichtet und chronologisch-sukzessiv; an die Stelle einer finalen Aufklärungsszene tritt in der Regel eine Abschlussszene, in der der Täter überwältigt, getötet oder auf andere Weise unschädlich gemacht wird.[34]

Nach 1945: Diversifizierung

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Eine Krimibuchhandlung in Berlin

Die Gräuel des Zweiten Weltkriegs und die Bedrohung einer atomaren Auseinandersetzung zwischen den Konfliktparteien des Kalten Krieges veränderte auch das Leserinteresse. Spionageromane wie die von Ian Fleming und John le Carré schienen zeitgemäßer als die Fälle der traditionellen Detektivgeschichte. Parallel dazu streiften Genres wie Science-Fiction und Fantasy das Odium der Trivialliteratur ab, weil literarisch anspruchsvoll schreibende Autoren sich ihnen widmeten. Fernsehen veränderte das Freizeitverhalten und führte dazu, dass insbesondere in den USA die Pulp-Magazine verschwanden, in denen Autoren Krimi-Kurzgeschichten veröffentlichen konnten. Diese Entwicklungen führten dazu, dass Kritiker wie Julian Symons das Ende des Detektivromans prognostizierten.[35]

Tatsächlich erwiesen sich die 1950er und 1960er Jahre als eine Übergangsphase für diese literarische Gattung. Eine neue Generation von Autoren berücksichtigte, dass Grundzüge der Lehren von Sigmund Freud und C. G. Jung mittlerweile Bestandteil des Allgemeinwissens geworden waren und gleichzeitig sich polizeiliche Ermittlungsarbeit grundlegend verändert hatte.[35] Der einsam und allein ermittelnde hardboiled detektive schien genauso wenig zeitgemäß wie die schrullige Alte, die im Stil einer Miss Marple den Mord in ihrem Dorf aufklärt. Moderne Polizeiarbeit ist die Arbeit eines Teams mit gut ausgebildeten Spezialisten. Als erste Kriminalromane, die diese Entwicklungen berücksichtigen, gelten der 1945 erschienene Kriminalroman V as in Victim von Lawrence Treat und der 1952 herausgegebene Roman Last Seen Wearing... von Hillary Waugh.[36] Zu den Autoren, die intensiv recherchieren, um ein realistisches Bild polizeilicher Ermittlung zu zeichnen, zählen unter anderem Ed McBain, Elizabeth Linington, Elmore Leonard, Lawrence Sanders und Gwendoline Butler. Einige Autoren wie Joseph Wambaugh, Dorothy Uhnak und Janwillem van de Wetering haben tatsächlich als polizeiliche Ermittler gearbeitet.[37] Auch der deutschsprachige Kriminalroman erlebte in den 1950er-Jahren einen Aufbruch mit drei Romanen von Friedrich Dürrenmatt, in denen dieser neue Möglichkeiten des Genres auslotete.

Kennzeichnend für die Kriminalromane seit den 1960er Jahren ist ihre hohe Diversität: Ermittler beider Geschlechter haben unterschiedlichste soziokulturelle Hintergründe und Vorlieben, sind korrupt oder von strengen moralischen Maßstäben getrieben, sind von ihrer Arbeit und ihren gesellschaftlichen Umständen ernüchtert oder gehen ihrer Arbeit mit hohem persönlichen Engagement nach. Auch der Privatermittler ist nicht vollständig verschwunden. Ihn kennzeichnet heute meist ein Spezialwissen und eine Ermittlung im Rahmen seines Berufs. Klassische Beispiele dafür sind die Kriminalromane von Emma Lathen, deren Protagonist ein Bankangestellter ist, oder die Kriminalromane von Dick Francis, die im Milieu des Pferderennsports spielen. In Harry Kemelmans Rabbi-Small-Romanen tritt an die Stelle von Chestertons Pater Brown ein Rabbi, der in einem spezifisch jüdischen Milieu ermittelt, das jedoch auch für nichtjüdische Leser verständlich bleibt. Die Fälle in Kemelmans Romanen werden mit Hilfe des Pilpul, der talmudischen Logik, gelöst. Der eigentliche Kriminalfall ist im Wesentlichen ein Mittel zur Aussöhnung zumeist sozialer Gegensätze innerhalb der jüdischen Gemeinde. Vor allem in den letzten Werken mit der Detektivfigur des Rabbiners steht dabei allerdings die Detektion nicht mehr im Vordergrund, in mehreren Erzählsträngen werden stattdessen vielfältige existenzielle Probleme angeschnitten; der Fall für den Detektiv taucht teilweise erst am Ende des Romans auf.[38]

Anfang der 1970er Jahre führte P. D. James als eine der ersten Autorinnen eine Frau als Ermittlerin ein. In dem 1972 erschienenen Roman mit dem viel sagendem Titel An Unsuitable Job for a Woman (dt. Titel Kein Job für eine Dame) löst die junge Privatdetektivin Cordelia Gray noch etwas unbeholfen ihren ersten Fall, tritt danach in dem umfangreichen Werk von James jedoch nur noch ein weiteres Mal als Ermittlerin auf. Bis Ende der achtziger Jahre blieben männliche Detektive im Kriminalroman als Ermittlerinstanz weitgehend etabliert; erst seit den neunziger Jahren treten auch Frauen zunehmend als Ermittler hervor.[39]

Museen und Archive (Auswahl)

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Krimiarchiv etc. im „Kriminalhaus“

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Das 30.000 Bände starke Deutsche Krimi-Archiv des Ehepaars Monika und Ralf Kramp,[40] das als Präsenzbibliothek betrieben wird, zog Mitte September 2007 in die „Alte Gerberei“ in Hillesheim (Eifel). Dort findet der Krimifreund auch das „Café Sherlock“, einen auf Regionalkrimis spezialisierten Verlag (KBV) und eine Buchhandlung. Seit 2013 befindet sich das Kriminalhaus in einem ebenfalls historischen Kaffeehaus in Hillesheim und wurde um eine Sherlock-Holmes-Ausstellung, eine Agatha-Christie-Sammlung und ein Krimi-Antiquariat ergänzt.

Das erste deutsche „unkonventionelle Krimimuseum“ mit Bibliophilem eröffnete 2007 im abgelegenen nordwestniedersächsischen Stollhamm der 39-jährige Verleger, Grafiker und Sammler Mirko Schädel in einem umfunktionierten Pferdestall: Rund 4500 ausschließlich deutschsprachige Ausstellungsstücke vom „Groschenheft über Reclams Automatenbücher und Ausgaben der «Illustrirten Criminal-Zeitung» bis hin zur aufwändig gebundenen Lederschwarte“.

  • Luc Boltanski: Énigmes et complots. Une enquête à propos d'enquêtes, Paris (Gallimard) 2012, ISBN 978-2-07-013629-2
  • Paul G. Buchloh, Jens P. Becker: Der Detektivroman. Studien zur Geschichte und Form der englischen und amerikanischen Detektivliteratur. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1973, ISBN 3-534-05379-6.
  • Susanne Düwell (Hrsg.): Handbuch Kriminalliteratur. Theorien - Geschichte - Medien. Metzler, Stuttgart 2018, ISBN 978-3-476-02611-8.
  • Martha Hailey Dubose: Women of Mystery – The Lives and Works of Notable Women Crime Novelists. Thomas Dunne Books, New York 2011, ISBN 978-0-312-27655-3.
  • James N. Frey: Wie man einen verdammt guten Kriminalroman schreibt. Emons Verlag 2004, ISBN 978-3-7408-0889-1.
  • Richard Gerber: Namen als Symbol. Über Sherlock Holmes und das Wesen des Kriminalromans, in: Anglistische Literaturstudien, Hrsg. von Haskell M. Block. Geleitwort von Eberhard Lämmert, New York: Peter Lang Publishing 1999, (Studies on themes and motifs in literature vol. 40.), S. 105–121, ISBN 0-8204-3984-3
  • Richard Gerber: Verbrechensdichtung und Kriminalroman, in: NZZ vom 31. Okt. 1965, Nachdruck in: Neue Deutsche Hefte 13 (1966), S. 101–117 sowie Jochen Vogt (Hg.): Der Kriminalroman, München 1971, II, S. 404–420
  • Lee Horsley: Twentieth-Century Crime Fiction. Oxford University Press, Oxford 2005, ISBN 0-19-928345-1.
  • Dorothee Kimmich, Philipp Alexander Ostrowicz, Sara Bangert (Hrsg.): Poetics of Crime. Die Poetik der Kriminalliteratur. (Tübinger Poetik Dozentur 2017) Swiridoff, Künzelsau 2018, ISBN 978-3-89929-367-8.
  • Volker Ladenthin: Aufklärung vor der Aufklärung. Literarische Detektive im deutschen Mittelalter. In: Armin Arnold u. a. (Hrsg.): Sherlock Holmes auf der Hintertreppe. Aufsätze zur Kriminalliteratur. Bouvier, Bonn 1981, ISBN 3-416-01648-3, S. 82–113.
  • Ulrike Leonhardt: Mord ist ihr Beruf. Die Geschichte des Kriminalromans. C. H. Beck, München 1990, ISBN 3-406-34420-8.
  • Ernest Mandel: Ein schöner Mord.[41] Sozialgeschichte des Kriminalromans ("Delightful murder"). Athenäum, Frankfurt/M. 1987, ISBN 3-610-04703-8.
  • Andreas Mauz, Adrian Portmann (Hrsg.): Unerlöste Fälle. Religion und zeitgenössische Kriminalliteratur. Königshausen & Neumann, Würzburg 2011, ISBN 978-3-8260-4867-8. (Interpretation Interdisziplinär, Bd. 12).
  • Peter Nusser: Der Kriminalroman. 4., aktualisierte und erw. Aufl. Metzler, Stuttgart 2009, ISBN 978-3-476-14191-0.
  • Paul Ott: Mord im Alpenglühen. Der Schweizer Kriminalroman - Geschichte und Gegenwart. Chronos Verlag, Zürich 2020, ISBN 978-3-0340-1584-4.
  • Mirko Schädel: Illustrierte Bibliographie der Kriminalliteratur von 1796 bis 1945 im deutschen Sprachraum. Achilla-Presse, Butjadingen 2006, ISBN 3-928398-92-X (2 Bände).
  • Nina Schindler (Hrsg.): Das Mordsbuch. Alles über Krimis. Claassen, Hildesheim 1997, ISBN 3-546-00122-2.
  • Jochen Schmidt: Gangster, Opfer, Detektive. Eine Typengeschichte des Kriminalromans. Ullstein, Frankfurt am Main 1989, ISBN 3-548-34488-7.
  • Ulrich Suerbaum: Krimi. Eine Analyse der Gattung. Reclam, Stuttgart 1984, ISBN 3-15-010331-2.
  • Jochen Vogt (Hrsg.): Der Kriminalroman. Poetik, Theorie, Geschichte (UTB; 8147). Fink, München 1998, ISBN 3-8252-8147-7.
  • Klaus-Peter Walter (Hrsg.): Reclams Krimi-Lexikon. Autoren und Werke. Philipp Reclam Jun., Stuttgart 2002, ISBN 3-15-010509-9.
  • Fritz Wölcken: Der literarische Mord. Eine Untersuchung über die englische und amerikanische Detektivliteratur. Nest, Nürnberg 1953, (Neuauflage 2015), ISBN 978-3-944818-81-8
Commons: Kriminalroman – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wikisource: Kriminalroman – Quellen und Volltexte
Wiktionary: Kriminalroman – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
  • Die Kriminalliteratur – eine Zusammenfassung von Cuba Collinson
  • Ulrich Schulz-Buschhaus – Aufsätze zum Kriminalroman in der Romanistik
  • Mary Hadley: Detective Fiction - Artikel in den Oxford Research Encyclopedias - Literature, veröffentlicht im Juli 2017 (englisch)
  • Frankie Y. Bailey: Crime Fiction - Artikel in den Oxford Research Encyclopedias - Literature, veröffentlicht im Juli 2017 (englisch)
  • Thomas Wörtche: Crime Fiction und das literarische Feld in Deutschland Teil 1: Von der Verbrechensdichtung zur Kriminalliteratur [5]
  • Thomas Wörtche: Crime Fiction und das literarische Feld in Deutschland Teil 2: Bestandsaufnahme, bis heute. Die Kriminalliteratur hat gesiegt – vielleicht zum Tode [6]

Einzelnachweise

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  1. Richard Gerber: Verbrechensdichtung und Kriminalroman, S. 103.
  2. Bertolt Brecht: Über die Popularität des Kriminalromans, in: Jochen Vogt (Hrsg.): Der Kriminalroman: Poetik, Theorie. Geschichte, München: UTB 1998, ISBN 3-8252-8147-7, S. 33 f. und 36.
  3. Gabriele Wolff: Das hässliche Entlein der Literatur? Warum der Krimi die Idealform des Gesellschaftsromans ist.
  4. Gabriele Wolff: Das hässliche Entlein der Literatur? Warum der Krimi die Idealform des Gesellschaftsromans ist. [1]
  5. Vgl. Paul G. Buchloh, Jens P. Becker: „The Golden Age of the Detective Novel“. In: dies.: Der Detektivroman. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 2. überarbeitete Auflage, ISBN 3-534-05379-6, Darmstadt 1978, S. 77.
  6. Vgl. Paul G. Buchloh, Jens P. Becker: „The Golden Age of the Detective Novel“. In: dies.: Der Detektivroman. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 2. überarbeitete Auflage, ISBN 3-534-05379-6, Darmstadt 1978, S. 78f.
  7. krimiblock: Was ist ein Regionalkrimi? Krimiblog.blogspot.com, abgerufen am 11. Dezember 2010.
  8. Artikel: Der deutsche Regionalkrimi. Media-Mania.de, abgerufen am 11. Dezember 2010.
  9. Markus Schröder: Marlowe in Toga? Krimis über das alte Rom. Der historische Kriminalroman als neues Genre der Trivialliteratur am Beispiel der SPQR-Romane von John Maddox Roberts. IFB-Verlag, Paderborn 2001, ISBN 3-931263-21-5.
  10. Genealogical Mysteries. In: Julie's Genealogy & History Hub. 12. Juni 2014 (julietarr.com [abgerufen am 5. November 2017]).
  11. Cosy-Krimis. Abgerufen am 5. Juni 2024.
  12. Thomas Wörtche: Bestandsaufnahme, bis heute. Die Kriminalliteratur hat gesiegt – vielleicht zum Tode [2]
  13. Richard Gerber: Verbrechensdichtung und Kriminalroman, S. 111, 113; ders., Namen als Symbol. Über Sherlock Holmes und das Wesen des Kriminalromans, S. 113.
  14. Gabriele Wolff: Das hässliche Entlein der Literatur? Warum der Krimi die Idealform des Gesellschaftsromans ist. [3]
  15. Siehe u. a. Bryllas zusammenfassenden Aufsatz.
  16. „600–1000“ ist eine Schätzung von ChatGPT, Vers. 3, angefragt am 20. August 2024. Thomas Wörtche schätzt dagegen eine mehr als doppelt so umfangreiche Jahresneuproduktion: „Pro Monat erscheinen ca. 200 neue Kriminalromane und Anthologien in deutschsprachigen Verlagen.“ Thomas Wörtche in: Wörtche: Crime Fiction und das literarische Feld in Deutschland. [4]
  17. Thomas M. McDade: The Annals of Murder. University of Oklahoma Press 1961.
  18. Eric AmbLer: Vorwort zu: Die Begabung zu töten. Zürich 1988, S. 14.
  19. vgl. Carlo Fruttero und Franco Lucentini: Die Wahrheit über den Fall D.; 1994 (La verità sul caso D.; 1989)
  20. Martha Hailey Dubose: Women of Mystery – The Lives and Works of Notable Women Crime Novelists. Thomas Dunne Books, New York 2011, ISBN 978-0-312-27655-3. S. 7
  21. Martha Hailey Dubose: Women of Mystery, S. 35.
  22. Martha Hailey Dubose: Women of Mystery . S. 73.
  23. Martha Hailey Dubose: Women of Mystery . S. 75.
  24. Martha Hailey Dubose: Women of Mystery, S. 77.
  25. Martha Hailey Dubose: Women of Mystery, S. 74.
  26. Martha Hailey Dubose: Women of Mystery, S. 215.
  27. Vgl. Paul G. Buchloh, Jens P. Becker: „The Golden Age of the Detective Novel“. In: dies.: Der Detektivroman. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 2. überarbeitete Auflage, ISBN 3-534-05379-6, Darmstadt 1978, S. 75ff.
  28. Hiney, T. and MacShane, F. "The Raymond Chandler Papers", Letter to Jamie Hamilton, 21. März 1949, S. 105, Atlantic Monthly Press, 2000
  29. Martha Hailey Dubose: Women of Mystery, S. 78.
  30. Vgl. Sven Strasen, Peter Wenzel: Die Detektivgeschichte im 19. und im frühen 20. Jahrhundert. In: Arno Löffler, Eberhard Späth (Hrsg.): Geschichte der englischen Kurzgeschichte. Francke Verlag, Tübingen und Basel 2005, ISBN 3-7720-3370-9, S. 101f. Siehe auch Paul Gerhard Buchloh, Jens P. Becker: Der Detektivroman. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 2. überarbeitete Auflage, ISBN 3-534-05379-6, Darmstadt 1978, S. 101 und 105. Siehe auch Hannah Scharf: Wolf Haas und der Kriminalroman: Unterhaltung zwischen traditionellen Genrestrukturen und Innovation. Diplomica Verlag, Hamburg 2014, ISBN 978-3-8428-7129-8, S. 56ff.
  31. Vgl. Paul G. Buchloh, Jens P. Becker: Der Detektivroman. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 2. überarbeitete Auflage, ISBN 3-534-05379-6, Darmstadt 1978, S. 97f. Buchloh und Becker verweisen hier auf Leslie Fiedler: Love and Death in the American Novel. New York 1960, S. 466.
  32. Vgl. Paul G. Buchloh, Jens P. Becker: Der Detektivroman. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 2. überarbeitete Auflage, ISBN 3-534-05379-6, Darmstadt 1978, S. 99. Siehe auch Sven Strasen, Peter Wenzel: Die Detektivgeschichte im 19. und im frühen 20. Jahrhundert. In: Arno Löffler, Eberhard Späth (Hrsg.): Geschichte der englischen Kurzgeschichte. Francke Verlag, Tübingen und Basel 2005, ISBN 3-7720-3370-9, S. 101f. und Ulrich Suerbaum: Krimi: Eine Analyse der Gattung. Reclam-Verlag, Stuttgart 1984, ISBN 3-15-010331-2, S. 129
  33. Sven Strasen, Peter Wenzel: Die Detektivgeschichte im 19. und im frühen 20. Jahrhundert. In: Arno Löffler, Eberhard Späth (Hrsg.): Geschichte der englischen Kurzgeschichte. Francke Verlag, Tübingen und Basel 2005, ISBN 3-7720-3370-9, S. 103.
  34. Vgl. Hannah Scharf: Wolf Haas und der Kriminalroman: Unterhaltung zwischen traditionellen Genrestrukturen und Innovation. Diplomica Verlag, Hamburg 2014, ISBN 978-3-8428-7129-8, S. 58ff.
  35. a b Martha Hailey Dubose: Women of Mystery, S. 321.
  36. Martha Hailey Dubose: Women of Mystery, S. 322.
  37. Martha Hailey Dubose: Women of Mystery, S. 323.
  38. Vgl. Paul G. Buchloh, Jens P. Becker: Der amerikanische Detektivroman nach 1945. In: dies.: Der Detektivroman. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 2. überarbeitete Auflage, ISBN 3-534-05379-6, Darmstadt 1978, S. 153ff.
  39. Vgl. Sonja Osterwalder: Düstere Aufklärung: die Detektivliteratur von Conan Doyle bis Cornwell. Böhlau Verlag, Wien 2011, ISBN 978-3-205-78602-3, S. 187f. (books.google.de). Abgerufen am 30. Mai 2015.
  40. Das Kriminalhaus Hillesheim. www.eifel.info, abgerufen am 1. Juli 2018.
  41. „Ein guter Mord, ein echter Mord, ein schöner Mord, so schön als man ihn nur verlangen kann, wir haben schon lange so kein gehabt.“Georg Büchner: Woyzeck, 27. und letzte Szene: »Gerichtsdiener, Arzt, Richter«.