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Totale Feminisierung: Überlegungen zum umfassenden Feminimum Luise F. Pusch Es werden zur Zeit Untersuchungen über . . . den gesamten symbolischen Apparat unserer Männerkultur veröffentlicht, über die Bedeutung von Metaphern und speziell sexuellen Metaphern. Was aber noch immer nicht erkannt ist, ist die Bedeutung der einen, alles durchdringenden Metapher, die in unserer Sprache verankert ist: Ich meine die Metapher des Genus selbst. (Alma Sabatini)! 1. Einleitung: Grammatik und Mathematik: Die Metapher des Genus Alma Sabatini ist Italienerin - sie weiß, wovon sie spricht. Denn in der italienischen Sprache ist die Metapher des Genus womöglich noch "durchdringender" als im Deutschen. Wie alle romanischen Sprachen besitzt das Italienische nur zwei Genera: Maskulinum und Femininum, während wir im Deutschen immerhin noch das Neutrum haben. Dieses Neutrum gibt uns z.B. die Möglichkeit, das Kind, das eine Frau erwartet, realitätsgerecht, geschlechtsneutral eben, zu bezeichnen. Unsere Sprache macht "es" nicht schon vor der Geburt zu einem kleinen Mann, wie es die romanischen Sprachen tun. Allerdings das Neutrum hat bei uns auch seine Tücken: Ist das Kind geboren, heißt es "der Junge" oder "das Mädchen". Das männliche Kind wird also sprachlich als männlich eingeordnet , das weibliche Kind hingegen als sächlich. Diese Art Einordnung in die richtige oder falsche "Geschlechts-Schublade" mit Hilfe des richtigen oder falschen Genus nennt Sabatini "die Metapher des Genus". Männer werden immer richtig eingeordnet, Frauen fast nie, denn in unserer Sprache gilt die Regel: 99 Sängerinnen und 1 Sänger sind zusammen 100 Sänger (merke aber: 99 Birnen und 1 Apfel sind zusammen nicht 100 Äpfel, höchstens 100 Früchte'.) Futsch sind die 99 Frauen , nicht mehr auffindbar, verschwunden in der MännerSchublade . Die Metapher bewirkt, daß in unseren Köpfen nur Manns-Bilder auftauchen, wenn von "Arbeitern", "Studenten ", "Ärzten", "Dichtern" oder "Rentnern" die Rede ist, auch wenn jene "Ärzte" oder "Rentner" in Wirklichkeit überwiegend Ärztinnen bzw. Rentnerinnen waren. Eine Bekannte erzählte mir neulich von dem neuen Lehrling in ihrem Geschäft. Obwohl ich seit Jahren gegen den perfiden Einfluß der Metapher in meinem eigenen Kopf andenke, hab ich mir natürlich ganz automatisch einen Jüngling vorgestellt. "Der" Lehrling war aber - eine junge Frau! Undenkbar ist es in unserer Kultur auch, daß ein Buch etwa über "Die Anatomie des Menschen" auf dem Umschlag einfach eine Frau darstellt. Eine Frau kann in unserem Denken nicht "den Menschen" symbolisieren dieses Privileg bleibt dem Mann vorbehalten, nicht zuletzt dank einer nur scheinbar harmlosen Grammatikregel , die aus beliebig vielen Frauen Männer macht, sowie ein einziger Mann hinzukommt. Auf die Spitze getrieben: Die gesamte Erdbevölkerung könnte aus Milliarden von Frauen und einem Mann bestehen - diese Regel würde die Frauen noch immer als "Erdbewohner" statt "Erdbewohner innen" zählen, und spätere Generationen hätten einige Mühe, sich under diesen "Erdbewohnern" überhaupt Frauen vorzustellen. Ist es denn so schlimm, wenn wir alle uns - auf den Leim geführt durch die Metapher des Genus - unter einem Menschen eigentlich nur einen Mann vorstellen können? Diese häufig gestellte Frage zeugt von ungeheurer Naivität oder davon, wie gut die Metapher des Genus bereits gewirkt hat ("Frauen sind unwichtig, zählen ja nicht") und in fast jeder sprachlichen Äußerung weiterwirkt : Stellen wir uns zum Vergleich nur einmal vor, es habe eine CDU-Veranstaltung stattgefunden, bei der auch ein SPD-Mitglied zugegen war. Am nächsten Tag berichtet die Presse von einer SPD-Veranstaltung. Die CDU würde aufjaülen. Ganz anders die 99 Sängerinnen, von denen oben die Rede war. Wir Frauen sind es gewohnt, der "Gegenpartei" zugezählt und somit ausgelöscht zu werden; die Metapher des Genus hat ganze Arbeit geleistet. So jedenfalls sah es bis vor kurzem aus. Inzwischen aber, etwa seit Beginn der Neuen Frauenbewegung, wehren sich immer mehr Frauen gegen die männliche Vorherrschaft in der Sprache. Im folgenden möchte ich (1) die Geschichte dieses Protests skizzieren, (2) weitere unschöne Aspekte der Metapher des Genus diskutieren , (3) davor warnen, eine Strategie, die für das Englische (eïïie Sprache ohne Genus'.) entwickelt wurde, sozusagen blindlings auf Genus-Sprachen zu übertragen, (4) eine Reihe von Argumenten für die "totale Feminisierung " anstelle der...

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