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Die Menschheit hat den Verstand verloren

Eigentlich der Titel eines Buches. Astrid Lindgrens Tagebücher aus dem 2. Weltkrieg. Über 70 Jahre ist das her – und leider immer noch aktuell. Vor einem Jahr war ich in Paris. Habe alte Lieblingsplätze besucht, Erinnerungen aufleben lassen, die Stadt genossen, es war wunderbar. Und heute?

Als ich den Blog begann, wollte ich natürlich vor allem über Yoga schreiben. Dazu ein bisschen Kulinarisches, ein wenig Musik, Liebe und Poesie ...

Doch gerade, weil es ein Yogablog ist, kann das nicht alles sein. So wie Yoga mich nicht nur körperlich, sondern auch etwas in meinem Geist verändert hat – so wichtig ist es mir, nicht nur beim Schönen stehenzubleiben, sondern meine Augen und Worte auch für das Dunkle zu öffnen. 

Und es ist wieder ein wenig dunkler geworden ... 

Wenige Momente, die alles verändern. Worte, die gestern noch schön klangen, sind heute absurd. Travel the world? Wohin will man heute reisen? Sicher nicht nach Paris ... und auch in keine andere Großstadt, kein gefährliches Land, überhaupt, nicht mit dem Flugzeug, keine Massenveranstaltung, nicht mal in ein Restaurant. Heute will man sich einigeln. Zuhause sein. Mit seinen Liebsten, dankbar dafür, dass sie OK sind. Wir schaffen das? An diese Worte möchte man so gerne glauben – an dem einen Tag gaben sie Hoffnung für unsere Willkommenskultur, im heutigen Kontext bekommen sie einen bitteren Beigeschmack. 

Dabei bin ich mir sicher, dass wir das schaffen – die Welt schafft es immer. Sie geht weiter, unerbittlich, gleichgültig, in ihrem eigenen Rhythmus. Wieviele grausame Kriege hat diese Welt schon gesehen? Dunkle Zeiten überstanden, Anschläge überlebt. Und zeigt nicht die Geschichte, dass auch die Menschen immer weitergehen? Auch nach härtesten Schicksalschlägen findet die Gemeinschaft zum Optimismus zurück, kann nicht anders, lebt weiter, definiert eine neue Normalität. Ja, wir werden auch das schaffen – nur wie wird die Welt dann aussehen? 

Auch wenn wir uns angesichts solcher Gewalt machtlos fühlen, es liegt in unserer Hand. Wir sind ein Teil dieser Welt, und wenn auch noch so winzig. Ein Funke allein kann vielleicht nicht den Tag erleuchten, aber doch die Nacht ein wenig erhellen. 

Es ist Zeit – für Mitgefühl, Hoffnung, Liebe und Frieden.

Schätze

In der aktuellen Yogastunde hatte ich von meiner Vorstellung erzählt, dass wir auf die Welt mit einem leeren Koffer kommen, verbunden mit der Lebensaufgabe, diesen mit wunderbaren Momenten zu füllen. Neben den kleinen Wort-Zetteln, die es immer am Ende der Stunde für die Ganeshabox gibt, gab es daher noch einen zweiten, für Koffernotizen …

Für meinen Koffer hatte ich gestern auch einen Schatz einzupacken – ich hatte Kinderyoga im Ganztag einer Grundschule und der Kurs ist etwas schwierig in seiner Zusammenstellung. Umso mehr bin ich immer wieder tief berührt, wenn gerade Kinder, die oft anecken und in ständiger Unruhe scheinen, mit der Zeit immer mehr zum Yoga finden und gerade auch in Shavasana eine Möglichkeit finden, endlich ruhig zu werden. Gestern also hat mich vor allem ein Junge, dem es sehr schwerfällt, sein Verhalten in Bahnen zu lenken und der daher oft andere Kinder verbal und auch körperlich angeht, sehr beeindruckt – in seiner Teilnahme, seinen Aussagen zum Thema Achtsamkeit und seiner Ruhe in Shavasana. 

Diese Erfahrung ist nicht nur ein kurzfristiger Glücksmoment, sondern erinnert mich stetig daran, wachsam und liebevoll, immer neu und ohne Vorbehalte in meine Kurse, ja, in den ganzen Tag zu gehen. 

Denn es kann immer alles wunderbar werden :) 

the journey begins ...

Das neue Thema der nächsten Stunden ist unterwegs sein, auf Reisen ...

Wenn ich mir das so um mich herum anschaue, geht es oft eher um Ziele – wir arbeiten stetig auf unsere Ziele hin. In der Schule auf einen guten Abschluss, beruflich auf einen gut bezahlten, tollen Job, auf eine lohnende Rente, privat auf die perfekte Beziehung, auf großartige Kinder, auf eine spannende Freizeit ... wir wollen uns vielleicht weiterbilden, eine Sprache lernen, abnehmen, mehr Sport machen, einen Handstand schaffen, Marathon laufen, möglichst viel und lang feiern gehen, tausend Freunde haben, ob real oder digital ... das Ziel haben wir klar vor Augen und es gilt in der entsprechenden Zeit die nächste Etappe zu erreichen.

Klar kennen wir den Spruch, der Weg ist das Ziel, und immer, wenn man vielleicht nicht so schnell da ist, wie man wollte oder es sogar nicht erreicht, dann wird dieser gerne genommen. Aber ernst nehmen wir diese Worte meistens nicht. Für uns ist doch das Ziel das Ziel. 

Auch in der klassichen Erholungszeit, den Ferien, können viele dieses verinnerlichte Streben kaum vergessen. Es geht von Ort zu Ort, von Sehenswürdigkeit zu Sehenswürdigkeit, dazwischen muss entspannt werden und das mit Wellness auf Sterneniveau. 

Wann waren wir mal Tage an einem Ort und habe nichts getan? Wer kann das denn überhaupt noch! Einfach sein.  

Auch Yoga ist eine Reise. Und auch hier können wir nicht immer vermeiden, dass wir an Ziele denken. Wir wollen den Sonnengruß perfekt machen, stärker werden, geschmeidiger, endlich im Kopfstand stehen, im Krieger III nicht umkippen, in der Vorbeuge mit dem Kopf auf den Boden kommen. 

Aber darum geht es überhaupt nicht. Nichts von dem ist eigentlich Yoga, auch wenn es uns eigentlich ständig suggeriert wird. Schaut man sich bei den Yogalehrern um, sieht man häufig Bilder im Internet, auf Instagram, von möglichst schwierigen Posen. Mindestens eine Armbalance muss es sein. Oder die Beine hinterm Kopf verdreht. Handstand ist auch beliebt. 

Nichts gegen Ziele. Die brauchen wir auch. Aber wenn wir nicht aufpassen, verpassen wir so vieles am Wegesrand! Wieviele kleine, wundervolle Momente gehen unter in dieser Hetze? Und kommt uns nicht gerade deshalb oft die Zeit so schnell vergehend vor, weil wir selbst der Antrieb sind? 

Ich habe mal gelesen, dass Kinder Zeit oft als endlos empfinden, weil sie ganz im Augenblick leben, während für uns die absolut gleiche Zeitspanne furchtbar schnell vorbei ist, weil wir immer schon an das nächste denken. 

Wenn mich diese Schnelllebigkeit selbst erwischt, dann versuche ich mich an die Momente zu erinnern, die mir wirklich wertvoll waren und sind, als einzigartige Sammlung in meinem Koffer – es sind die kleinen Erinnerungen, ein Lächeln, ein Blick ... Dazu muss ich nicht reich sein. Ich muss keine Weltreise unternehmen. Es sind die alltäglichen Dinge, die mir überall begegnen – wenn ich nicht nur das Ziel fokussiere, sondern mit offenen Augen den Weg anschaue.

Hanuman Flow

Abgeleitet von einer Asana-Reihenfolge, in der sich die tibetischen Mönche auf ihrem demütigen Weg vorwärts bewegen, habe ich diesen Flow nach Hanuman benannt – für mich entsteht ein gutes Gefühl der Ruhe und Hingabe, wenn ich diese Abfolge praktiziere, gerne zu meinem alltime-yoga-favourite "Details in the Fabric" von Jason Mraz. Wenn man nach der ersten kleinen Pause im Song startet, jede Asana auf einen Takt setzt, schafft man zweieinhalb "Runden" und endet in Balasana, bevor es wieder in den Stand gehen würde ... falls jemand es zuhause mal ausprobieren mag :)

Du bist das Licht.

Vielleicht habe ich es schon mal erzählt, aber ich kann es mir nicht oft genug vorstellen: diese Idee vom inneren Licht. Im Philosophie-Unterricht ging es natürlich auch um indische Lebensanschauungen und damit um das Thema Wiedergeburt. Wie immer fand Frank Schuler die richtigen Worte und wir hingen fasziniert an jedem von ihnen.

Stell dir vor, du bist eigentlich nur Licht. Irgendwo. Vielleicht im Weltraum, vielleicht auch in einer Sphäre, die wir uns nicht vorstellen können. Und eines Tages beschließt dieses Licht, deine Seele sozusagen, auf die Welt zu kommen und zwar genau in deinen Körper. Egal unter welchen Umständen du geboren wirst. Genau dahin wollte deine Seele. Dein Leben sind ihre Aufgaben. Und diese Seele ist unverwundbar. Was auch immer mit dir passiert in deinem Leben, wievel Schlimmes du erfahren musst, durch welche Feuer du gehen musst, deiner Seele passiert nichts. Sie leuchtet weiter, auch unter Schutt und Asche. Diese Seele ist auch zeitlos. Wie lange du auch leben magst, es spielt keine Rolle. Deine Seele war schon immer da und wird immer da sein. Ewig.

Ich fand dieses Bild unglaublich schön, tröstlich und ermutigend. Ich nenne es für mich nicht Licht, sondern Seelenstern. Und ich stelle es mir wie eine goldene, schimmernde, strahlende Kugel vor – ja, so ein bisschen wie beim Froschkönig :) – die in unserer Brust, in unserem Herz schwebt. 

Bei manchen Menschen spürt man dieses Strahlen kaum. Es ist verdeckt durch Kummer und Leid, aber vielleicht auch Gedankenlosigkeit, Konsum und Banalitäten. Bei anderen kann man dieses Licht fast sehen, wie eine Aura, wenn sie den Raum betreten. Es sind Menschen, die uns faszinieren, die wir lieben, weil sie in dem Karussel des Lebens vielleicht schon eine Runde weitergekommen sind. 

Dieses Licht es auch, an das ich bei dieser Meditation denke. 

Vielleicht findest du die Vorstellung kitschig. Kinderkram. Spinnerei. Mag sein. Manche Menschen brauchen Bilder, um sich daran festzuhalten, zu orientieren, und um weiterzukommen. Der Gedanke an meinen Seelenstern lässt mich aufrechter gehen, wieder aufstehen, wenn ich in Abgründe falle, mich Trost finden, wenn all das Ungewisse mir Angst macht, glauben, dass alles einem Plan folgt ...

... und das alles gut wird. Wie im Märchen halt. Womit wir wieder beim Froschkönig wären. 

Nachtrag zur Demut

Heute morgen bin ich vor dem Weckerklingeln wachgeworden. Es war dunkel und die Luft im Schlafzimmer kühl von der Nacht. Ich aber lag unter meiner dicken Winterbettdecke. Welch wunderbares Gefühl, diese nochmal bis zur Nasenspitze hochzuziehen, sich einzukuscheln und im Halbschlaf den Gedanken nachzuhängen, bis man aufstehen muss.

Dabei kam ein Bild in mir hoch, das ich gestern kurz vor dem Schlafengehen gesehen habe – ein Bild, das wir alle zur Zeit nur allzu gegenwärtig vor uns haben. Ich sah die Flüchtlinge, wie sie in Scharen an den Grenzen ausharren. Notdürftig in etwas gehüllt, als wenigen Schutz vor der eisigen Kälte. Ein Bild, das mich an das nahende Weihnachten erinnerte. Herbergssuche unserer Zeit. Die Kinder, die nicht wissen, was da eigentlich mit ihnen geschieht. Und die Erwachsenen, die es vielleicht auch nicht wissen. Und an dieses Bild schmiegte sich der Begriff der Demut. 

Für mich ist Demut ein fast fremdes Wort. Etwas, dass man manchmal mehr haben sollte. Etwas, worüber ich in den letzten Yogastunden geredet habe. Doch in diesen grauen Morgenstunden wurde mir bewusst, dass ich wahre Demut nicht kenne. Ich musste nie frierend, wartend, an einer ungewissen Grenze stehen, zur Demut gezwungen. 

Es ist nicht einfach in diesen Tagen die richtigen Gedanken zu denken und die wahren Worte zu finden. Für mich liegt das Problem häufig in einer schwarz-weiß Ansicht der Menschen. An dem einen Tag begrüßen wir die Ankommenden mit überschwänglicher Euphorie – am nächsten haben wir Angst und wollen sie alle nicht mehr sehen. Vielleicht wäre wie so oft die Mitte der richtige Weg. 

Wir stehen vor einem großen Berg – und wir werden ihn nur hinter uns lassen, wenn wir anfangen, loszuklettern. Jubelnd oder gelähmt im Tal stehen, wird uns nicht weiterbringen. Es erwartet keiner, dass wir das alles lächelnd schaffen. Aber ignorieren kann man den Berg auch nicht. 

Diese Menschen brauchen Hilfe. Sie nehmen diese ganzen Strapazen mit ihren Kindern nicht auf sich, weil es hier vielleicht ein bisschen schöner sein könnte. Sie fliehen – vor Krieg, Bomben, Hunger, Angst. Es sind Menschen. Sie sind nicht perfekt, sie können sich streiten, sie können die Geduld verlieren, sie können am Ende sein – genau wie wir alle. Aber sie brauchen unsere Hilfe. Wie diese letztendlich aussieht, diese Frage kann ich nicht beantworten. Das alles ist so komplex, dass man nur hoffen kann, das einige kluge Köpfe vernünftige Lösungen finden, die nicht in neuen Mauern und Kriegen enden. Aber wir, wir können offen bleiben, uns nicht auf rechte Seiten ziehen lassen, Mitgefühl empfinden und handeln, wenn wir gefragt sind.

Wir können uns der Demut erinnern. Morgens, wenn wir warm in unseren Betten liegen, während andere an Grenzen frieren.  

Immer diese Liebe!

Während ich an meinem Schreibtisch sitze und überlege, was ich zu dem Thema eigentlich genau sagen möchte, erscheint vor meinem geistigen Auge so ein Hippie-Yogi, total relaxed – oder gechillt, wie man heute wohl sagen würde ;) – der mit leicht schleppender, nuschelnder Stimme zur mir sagt: "Alles Liebe, man. Einfach Liebe. Peace."

Yep, Liebe ist total einfach. Wenn man im Nudelsalatland lebt, alle sich sowieso liebhaben, es keinen Streit und keinen Krieg gibt und nur Menschen mit langen wehenden Haaren, die in weißen wehenden Kleidern fröhlich umher tanzen.

Liebe ist auch total einfach, wenn man jemanden mag. Wenn man verliebt ist oder gut befreundet, wenn man alles toll findet, was der andere macht. Dann hat man das Gefühl, nichts könnte je dazwischen kommen. Love forever.

Liebe ist aber scheiße schwer (sorry, aber so ist es!), wenn was dazwischen kommt. Wenn aus dem heiterem Himmel ein Sturm wird, ohne dass man die Vorzeichen erkennen konnte. Wenn aus Freundschaft plötzlich Schweigen wird, vielleicht sogar Hass. Wenn man sich von einem auf den anderen Tag fragt, wo diese verdammte Liebe denn hin ist zwischen all den Tränen. 

Mir ist sowas mal passiert. Vor drei Jahren, von heute auf morgen. An dem einen Tag noch die beste Freundschaft, am anderen – Nichts. Und dann muss man sich echt anstrengen, dass das mit der Liebe noch klappt. Dass man dem anderen nicht die Pest wünscht, sondern im Gegenteil, ein gutes Leben, auch wenn man nicht mehr daran teilhaben kann.

Liebe in einer langfristigen Beziehung ist auch nicht immer nur einfach. Aber schön. Wenn man sich darauf einlässt und bereit ist, weiterzumachen. 

Es gibt viele Hindernisse für die Liebe. Ich denke, jeder hat diverse im Gepäck. Und jeder wird die Liebe mal verfluchen. Aber trotz allem: Alles Liebe, man. Einfach Liebe. 

Peace.

:)

When you're weary * Feeling small * When tears are in your eyes * I will dry them all (Simon & Garfunkel)

Was ist Demut?

Dieses Wort ist nicht sehr modern und es scheint auch per Definition nicht in unsere Zeit zu passen: Demut hat etwas mit Dienen zu tun, der Bereitschaft, etwas als gegeben hinzunehmen, ohne darüber zu klagen, sich selbst nicht so wichtig zu nehmen.

Wenn ich an Demut denke, senke ich in Gedanken automatisch meinen Kopf.

Ich denke, wir alle wissen, was Demut bedeutet – doch wenn man die Übersetzung nochmal so ausgesprochen hört, dann wird vielleicht auch klar, warum Demut nicht gerade aktuell ist. Unsere Gesellschaft ist nicht demütig. Im Gegenteil, es geht darum, möglichst viel im Leben zu erreichen, alles scheint möglich, zumindest wird es uns suggeriert, und wer nicht an die Spitze kommt, ist ein Versager, hat kein wirklich lebenswertes Leben, geht unter in der Masse und das wollen wir auf keinen Fall. Wir wünschen uns Anerkennung, wir wollen gesehen werden, gelobt und geliebt, alles muss perfekt sein, unser Weg einzigartig und besonders. Mit irgendwas müssen wir uns abheben – mit unserem Job, Geld, Macht, unserem Äußeren, unserem Stil, ... und vor allem müssen wir meistens eins, Recht haben. Wir wollen, das unser Weg der richtige ist, unsere Ansichten, unsere Ziele – darüber werden Kriege geführt, im Großen wie im Kleinen.

Wie wäre die Welt, wenn wir mit mehr Demut mit dem anderen umgehen würden? Wenn wir mehr Respekt vor dem anderen hätten? Wenn wir vielleicht auch mal darauf verzichten, Recht zu haben – und stattdessen versuchen, alles unter dem Aspekt des Höheren zu betrachten? Dann werden vielleicht die Dinge kleiner und wir müssen erkennen, dass unser Weg nicht der einzige ist, unsere Ansichten von der anderen Seite betracht vielleicht ganz anders aussehen, unsere Ziele unwichtig werden. 

Was spricht dagegen? Vielleicht die Angst, klein zu sein. Die Angst, niemand zu sein. Die Angst, unterzugehen. 

Doch wenn ich erkenne, dass ich ein Tropfen im weiten Meer bin – dann bin ich zwar nur ein Tropfen, doch gleichzeitig bin ich das ganze Meer. Demut kann uns wahre Größe schenken. Sie scheint uns unterwürfig zu machen, doch am Ende macht sie uns frei. Demut kann dich zu dem Menschen machen, der du eigentlich bist, tief in deinem Innersten. Und da bist du, ist jeder von uns, wunderschön. 

   

PS Das Bild kennen vielleicht einige, es ist ein japanischer Holzschnitt mit dem Titel "Die große Welle vor Kanagawa" des Künstlers Katsushika Hokusai um 1830. Es wurde schon vielfach verwendet und hat einige Leute inspiriert, so zB Rilke und Debussy. Ich mag es einfach sehr. 

Devotion, Light & Flow

Nächste Woche geht der Kurs weiter, die Herbstferien sind fast vorbei und meine Gedanken fliegen von Thema zu Thema ... Als ich vor ungefähr einem Jahr mit dem Yoga unterrichten angefangen habe, dachte ich, OK, wenn du so ein halbes Jahr unterrichtet hast, dann können sich die Themen ja langsam wiederholen. Also machst du dir jetzt viel Arbeit, dann hast du später was davon :) Nach einem halben Jahr dachte ich, och, das würde ich gerne noch unterrichten, dieses Thema gefällt mir gerade und schwups, waren wieder Monate mit neuen Ideen vollgepackt. Tatsächlich scheint dieses Yogading unerschöpflich zu sein.

Natürlich wiederholen sich Sachen. Ich finde, das Spektrum an Asanas, die man mit einem guten Kurs machen kann (und damit meine ich keine Yogafreaks, für die eine Stunde ohne Handstand kein Yoga ist), ist ja relativ begrenzt. Was auch nicht schlimm ist, man lernt, sich dort immer mehr einzufinden und auch zu verbessern. Und auch die Themen mögen sich wiederholen, aber ich finde, man kann doch unterschiedliche Schwerpunkte setzen.

Nach den Sommerferien habe ich begeonnen, immer ein Thema über drei, vier Wochen zu strecken, um zB bestimmte Peak Points besser aufbauen zu können oder auch einfach die Möglichkeit zu haben, Aspekte zu vertiefen, wie in den letzten Wochen erst Rückbeugen, dann Twists. 

Merkwürdigerweise gingen meine Gedanken für das nächste Thema in Richtung Demut – und dann kam passenderweise die Blinddarmgeschichte und ich fragte mich mal wieder, wie das Leben so ineinander greift ... Demut ist wirklich ein gutes Wort, wenn man an Krankenhaus denkt ...

Wie auch immer, die nächsten drei Einheiten sind dem gewidmet – devotion, light & flow lautet mein Arbeitstitel :) Es geht um Demut in Bezug auf die eigenen Grenzen, zur Kraft und zur Stille, es geht um dein inneres Licht, dass immer mehr zum Strahlen kommt, wenn wir die Fassade mal zur Seite legen, und dem Flow, der dem Ganzen die Schwermütigkeit nimmt und uns das Meditative erleichtert. Schauen wir mal, wie das so wird :)

Nicht unerwähnt möchte ich zu diesem Thema Hanuman lassen, den Affengott, die personifizierte Demut und Hingabe. 

Hanuman ist sehr stark, er hat die Kraft, Berge und Wolken auszureißen, ist schnell wie der Wind, hat eine Stimme wie der der Donner und kann rauschend durch die Lüfte fliegen. Gleichzeitig ist er die Verkörperung der perfekten Karma und Bakthi Yogi – er handelt selbstlos, dient in reiner Liebe und Hingabe, erwartet nichts für sein Handeln, keine Dank und keinen Ruhm.

Die Asana, die nach ihm benannt ist, ist übrigens der Spagat (Hanumanasana) – als Symbol für seine großen Sprünge, mit denen er selbst den Ozean überquert. Hier nochmal kurz und schön beschrieben nachzulesen!

Shavasana-Massage

Beim Vinyasa Yoga gibt es am Schluss, wenn alle in Shavasana liegen, oft eine kleine Massage. Das machen nicht alle Yogalehrer, vor allem natürlich nicht in sehr vollen Klassen, aber ich liebe dieses wunderbare Geschenk, wenn ich selbst Schüler bin, und warte dann sehnsüchtig, dass mir jemand meinen Nacken und meine Stirn ausstreicht und mich so noch ein wenig tiefer in dieses wohlige Loslassen sinken lässt ... gut, bei manchen bin ich auch froh, wenn sie mich verschonen (denn was gut gemeint ist, fühlt sich mit kalten Händen ohne Sinn für Ruhe und eine gewisse Zartheit nicht ganz so entspannend an ... :)

Gerade aus diesen auch manchmal leider negativen Erfahrungen bemühe mich mich besonders, diesen Moment schön zu gestalten. Auch wenn viele zum Kurs kommen, gebe ich zumindest eine kleine Massage, vielleicht dann nur die Stirn, die Schläfen ... und ich achte darauf, dass meine Hände warm sind, die Creme nicht "knatscht", wenn ich sie in den Handflächen verteile, und vor allem, dass ich ganz bei der Sache bin.

Wenn ich mich am Ende eine Yogastunde hinknie und mit der Massage beginne, dann ist das nicht nur eine nette Zugabe, ein wenig Wellness zum Schluss – sondern für mich ein wesentlicher Bestandteil des Yoga.

Es ist der Moment der Demut, der Hingabe und der Liebe.

Es spielt keine Rolle, wer ich bin und wer mein Gegenüber ist – es zählt nur das Geben, kompromisslos, ganz und gar. Alles, was du gibst, bekommst du vielfach zurück – damit ist es ein Hingeben und ein Empfangen. Nicht die Handgriffe oder dein Können zählen, sondern deine Bereitschaft, es mit Liebe zu tun.

Mach weiter.

"Reiß dich zusammen und mach weiter." Das klingt nicht nach einem netten Spruch und doch stammt er, wen wundert es bei mir, mal wieder aus Astrid Lindgrens Leben. Wenn sie als Kind Geschichten träumend am Spülbecken stand, hörte sie diese Worte von ihrer Mutter (die im übrigen nicht ganz so liebevoll gewesen sein soll, eher streng ... so klingt es ja auch).

Aber egal, ob liebevoll oder nicht, diese Worte haben Astrid Lindgren in ihrem Leben geholfen. Und mir auch schon so manches Mal. Das Leben läuft selten so, wie gewünscht und es müssen nicht immer die großen Schicksalsschläge sein, die einen zurückwerfen, nein, vielmehr die kleinen gemeinen Hindernisse, alles, was so ständig dazwischenkommt. 

Ich nehme mir etwas vor. Entweder für den Tag, die Woche, die nächste Zeit. Bin motiviert, gut gelaunt, kann es kaum abwarten – oder vielleicht bin ich auch zögerlich, musste mich überwinden, habe endlich den Mut – und dann, peng, wird nichts draus. 

Job, Kinder, Krankheit, Alltag, irgendwas ist immer. Und die vermeintlich wunderbar freie Zeit, die man gestern noch vor sich ausgebreitet sah, hat sich in Luft aufgelöst. Da ist er wieder, der Stress, die Hetze, der Frust. Man wollte soviel und schafft nichts. Man stand träumend am Spülbecken und wird jäh zurückgerissen. 

Aber reiß dich zusammen und mach weiter, das sage ich mir dann. Was nützt es, nachzutrauern. Wer sagt, dass der Plan ein guter war. Und wer, dass er nicht immer noch wahr werden kann. Wenn nicht heute, dann morgen. Das ist nicht aufgeschoben, das ist keine mangelnde Disziplin, das ist das Leben. 

Yogis haben dafür übrigens einen schöneren Spruch. Worte wie "Reiß dich zusammen" sind nicht so Teil dieser Welt :) "Einatmen, ausatmen" schon eher. Findet man auf gefühlt einer Million Shirts in Yogishops und wo man das sonst noch so draufdrucken kann. Einatmen, ausatmen. Ja, das machen wir doch eh?

Nicht bewusst. Es ist mehr so ein flacher Luftaustausch. Aber ein tiefes ein, aus ... das tut gut, das macht wieder wach, das gibt neue Energie für Tagträume und Taten.

Ich atme ein ... aus ... und denke: morgen. Morgen ist das Kind wieder gesund, das Programm gestaltet, der Staub gewischt. Morgen habe ich Zeit für das, was ich machen möchte. Und sonst halt übermorgen. 

Ein ... aus ... mach weiter.

Entdeckung des Egos ...

Wer bei mir Yoga macht, weiß, dass Musik ein unerlässlicher Teil davon ist. Nun hat meine Vorliebe für SingerSongwriter einen neuen Stern entdeckt. Durch einen Zufall bin auf eine Band aufmerksam geworden, die ich unbedingt hier vorstellen möchte:

Ego, Me & You

Der Sonntag war ein zauberhafter Abend in dem kleinen, feinen Bistro "Le Chat Noir" in Essen, dessen Besitzer Olaf Maria Meier immer wieder zu den verschiedensten Perlen der Kultur einlädt (ergänzt mit wunderbarem Wein! und sehr gutem Essen) – nun also dieser frischen Band aus Leipzig/Dresden, die mich seitdem mit ihren Liedern nicht mehr loslässt. 

Es ist die Kombination aus einer leichten Melancholie, die aber nicht traurig stimmt, sondern glücklich durch die Klänge trägt, der warmen Stimme von Daniel Martin, perfekt ergänzt, sowohl vokal als auch instrumental an Klavier und Cello von Dominique Matthes und Ricarda Reinsch. Sie nehmen dich mit auf Reisen, textlich und gedanklich, und du möchtest niemals ankommen ...

Ich würde mich freuen, wenn die Band viele mehr begeistern kann – hört es, liebt es, verbreitet es :) Die drei aufgenommenen Lieder laufen bei mir in Dauerschleife und ich wünsche mir jetzt-hier-sofort den ganzen Abend aufgenommen und immer wieder hörbar.

Ich bin verzaubert.

Was kann eigentlich Yoga?!

Gute Frage. Viele Antworten.

Auf der Yoga Conference hatte ich eine Stunde bei Frank Schuler – Mitbegründer von Lord Vishnus Couch Köln und hier schon häufig zitiert, weil er mich bei unserem Philosophiewochenende in der Ausbildung so beeindruckt hat mit seinen Worten und seiner ganz eigenen Art. 

Er hatte in dieser Stunde eine gute Antwort auf die Frage:
"Wenn du zu mir kommst und sagst, hej Frank, ich habe da so Verspannungen im Körper – dann sag ich dir, ich hab da was für dich – Yoga! Damit kriegen wir die Verspannungen schon wieder weg und vielleicht erreichen wir auch noch mehr für deinen Körper, mehr Kraft, mehr Flexibilität.
Wenn du zu mir kommen würdest und sagst, hej Frank, ich habe da solchen Herzschmerz (nur sagt das selten jemand) – dann würde ich dir sagen, ich hab da was für dich – Yoga! Damit kriegen wir dein Herz wieder heil.
Und wenn du zu mir kommen würdest und sagst, hej Frank, ich habe da so Verspannungen im Kopf, ich kann einfach nicht mehr klar denken (doch damit kommt niemand!) – dann würde ich dir sagen, ich hab da was für dich – Yoga! Damit kriegen wir die Tassen wieder in den Schrank und den Geist wieder klar :)"
 

Ich hoffe, ich habe es einigermaßen richtig wiedergegeben ... aber der Sinn ist, denke ich, klar. Yoga kann vieles. Für den Körper, den Geist, die Seele. 

Letztendlich muss jeder für sich diese Frage beantworten. Aber Yoga kann nicht zaubern. Es reicht nicht, dass du einmal zum Yoga gehst und dann ist alles gut für immer. Der Funke ist dann vielleicht übergesprungen, aber Yoga ist Arbeit. Arbeit an dir. Das setzt erstmal voraus, dass du auch bereit bist, an dir zu arbeiten – für viele ist das genau der Punkt, warum sie kein Yoga machen ...

Und was ist nun mit mir?

Yoga hat mir erstmal körperlich geholfen – ein jahrelanger Schmerz konnte mit einfacher, aber konsequenter Praxis (mehrmals die Woche um halb sechs aufstehen, sag ich da nur – ja, es ist Arbeit!) auf ein Minimum reduziert werden, eigentlich ist er schon gar nicht mehr da. 

Yoga hilft mir, meinen Geist weiterzuentwickeln. Neue Ansichten kommen dazu, manches stellt sich dadurch in Frage, anderes bestätigt oder ergänzt sich. Normalerweise führt sowas bei mir zu Stress, Angst vor Neuem, dem Zusammenbrechen bestehender Strukturen, aber interessanterweise ist das beim Yoga und der anhängigen Philosophie nicht der Fall, im Gegenteil, ich werde nur ruhiger. Es scheint vieles so klar, so einfach, so gut.

Yoga bringt diese Ruhe insgesamt mehr in mein Leben. OK, ich fluche immer noch beim Autofahren und es gibt Dinge, die regen auch mich auf. Aber – immer weniger. Und – immer reflektierter. Ich bemühe mich, mehr den Kontext zu sehen, nicht schwarz, nicht weiß, alles Facetten wahrzunehmen und Gegebenes zu aktzeptieren. 

Das hilft mir auch in Situationen wie letzte Woche im Krankenhaus kurz vor der OP. Die Beruhigungspille konnte ich nicht schlucken und war trotzdem entspannt. 

Natürlich habe ich auch Angst, Sorge, Kummer. 

Ich denke, das hat jeder, das ist menschlich und damit vielleicht auch unsere Aufgabe hier. Yoga kann helfen, tatsächlich, aber es ist ein Prozess und die Arbeit an dir hört nie auf :)

PS Aber Yoga ist jetzt auch kein Arbeitslager! Es gibt auch immer noch Einhörner und Regenbögen!!!

Was bleibt?

Man könnte meinen, die Zwangspause bringt mich auf trübe Gedanken – stimmt aber nicht, keine Sorge :) Das Thema diesmal beschäftigt mich schon eine Weile und ich finde das auch gar nicht trüb. Vielmehr scheint es auch ein aktueller Trend zu sein, wenn es mir auch mehr als individuelle Ansicht zum jetzigen Lebenszeitpunkt erscheint.

Mal als Rückblick: Als ich zuhause auszog, wollte ich eine schöne Wohnung. Also richtet man sich ein, in dem Fall zu zweit, und macht es sich mit den damals eher spärlichen Mitteln gemütlich. Ein paar Jahre später ist man zu dritt und mein Hang zum Schönen, zum Design, zum Perfektionismus hatte diverse Anschaffungen zur Folge. Nicht, dass ich generell Unmengen kaufe und horte, es ging mir immer schon um eine feine Auswahl, in meinen Augen auch das Besondere, aber nichtsdestotrotz sammelt sich so einiges an.

Aktuell habe ich das Gefühl, noch mehr auf Beständigkeit zu achten, nicht alles, was ich schön finde, auch besitzen zu müssen, und gleichzeitig ein wenig auszusortieren. Diese Aussage würde meinen langjährigen Gefährten wohl ein Grinsen aufs Gesicht zaubern – von seinem Standpunkt könnte noch eine ganze Menge mehr verschwinden. 

Klar, ein Leben in zwei Koffern finde ich auch faszinierend. Es gab da mal einen Artikel in der Zeitschrift "slow" über einen Mann, der das tatsächlich geschafft hat. Allen Besitztum in zwei Koffer packen. Toll.

Gut, davon bin ich wirklich weit ... entfernt. Aber auch kleine Schritte sind ja wichtig, gerade die, darum versuche ich zB, mir nicht jedes Buch zu kaufen, sondern mehr in die Bücherei zu gehen. Bücher, die nur leichter Zeitvertreib waren und die ich definitiv nicht nochmal lese, habe ich gespendet. Wenn ich etwas kaufen möchte, überlege ich mir, ob ich es wirklich brauche. Lebensmittel versuche ich aufzubrauchen, nicht soviel wegzuschmeißen. Ich räume auf und möchte wissen, was in jeder Ecke steckt. Keine Leichen im Keller sozusagen. Kleidung habe ich eh schon nicht in Unmengen, aber auch da versuche ich noch mehr auf Langfristiges zu setzen. 

Weil es dazu passt, oute ich mich jetzt noch als großer Fan der Serie "Downton Abbey". Die reiche Familie lebt Anfang des 20. Jahrhunderts und wandert langsam durch die ersten drei Jahrzehnte. Auf der einen Seite herrscht also Überfluss. Gleichzeitig sieht man die andere Seite, die Dienstboten, Köche, Butler, die den Betrieb am Laufen halten. Und das bedeutet auch, pflegen dessen, was da ist. Ob aus Armut oder Tradition, viele Dinge werden nicht ersetzt, sondern erhalten. 

Es gab Zeiten, wo unsere Großeltern das mussten. Mit dem Auskommen, was da ist. Dh nicht, dass wir das auch müssen, aber ich finde, man muss den Überfluss, den wir alle heute hier haben, nicht bis zum Letzten ausschöpfen. Verantwortung und Nachhaltigkeit sind nicht nur ökologische Aspekte. 

Zuletzt und aktuell: Ich frage mich, was ich mitnehmen würde, wenn ich ein Flüchtling wäre ... dann hätte ich nichtmal zwei Koffer zur Verfügung. 

kurz mal weg ...

So schnell kann es gehen. An dem einen Tag noch voller Pläne, am nächsten im Krankenhaus. Blinddarm. Ist ein Teufel, meint die Ärztin. Nun ja, jetzt ist er stillgelegt – und ich auch. Darum gab es diese Woche kein neues Thema, keine neuen Worte, nur Stillstand, überall. Das liegt mir ja so gar nicht.

Und dennoch, es ist ja alles für etwas gut und so bin ich nun um eine Erfahrung reicher. Oder mehrere. Am nachhaltigsten hat mich ein Gedanke begleitet: Was macht uns aus? 

Am ersten Tag lagen zwei Omas mit mir auf dem Zimmer, eine rechts, eine links. Eine noch recht fidel, doch ständig seufzend, die andere mit schwerer Atemnot und noch diversen anderen Dingen. Es ist erstmal ein Schock, so mit dem Leben konfrontiert zu werden, keine Frage. Das ist der Moment, wo wir gerne wegsehen, den wir verdrängen, nicht wahrhaben wollen. Dann, zwei Tage später, Kontrastprogramm. Ein Zeitungsartikel, den mir mein Papa mitbrachte, weil es da um Yoga ging. Yogagirl nannte sich die Frau, Schwedin, in der Karibik lebend, ein Star durch Instagram. Über dem Text ein großformatiges Bild, blauer Himmel, durchtrainierte, sonnengebräunte Yogis auf Surfbrettern in Anjaneyasana. 

Wie passt das zusammen, dachte ich? Die Yogawelt scheint gefangen in der Illusion der ewigen Jugend. Man sieht nur wunderbare Körper in bunten Hosen grüne Smoothies schlürfen und dabei Handstand machen (so ungefähr von einer Freundin zusammengefasst, sehr treffend :) – alte Yogis sind höchstens die indischen Gurus, die langsam aussterben. Glauben wir wirklich, diesen Status erhalten zu können? Nicht irgendwann dort zu liegen, krank, bedürftig? Wohl kaum.

So trüb diese Gedanken erstmal scheinen mögen, ich bin selten ein Mensch der darauf verweilt. Natürlich möchte ich auch noch lange nicht soweit sein und es nach Möglichkeit umgehen, aber man muss sich, als Mensch und gerade auch als Yogi, damit auseinandersetzen, finde ich. Wozu sonst die ganze Besinnung auf das Innerste, die Meditation, der Fokus auf den Atem? Das mache ich doch nicht nur, weil die Sonne so schön scheint!

Viel mehr – meine Meinung – sollte es uns dahin bringen, unseren wahren Kern zu erkennen, unser Leuchten, das aus jedem strahlt, auch aus der Oma neben mir. Nicht die Hülle und die Umstände zu sehen, sondern den Menschen dahinter. Nicht das Leben als ewige Jugend propagieren, sondern Umstände wie Krankheit akzeptieren und gleichzeitig das Alter unwichtig werden lassen. Was bedeutet es letztendlich? Es gibt Menschen, die sind mit 30 schon alt – und welche, die sind mit 80 noch jung – sowohl körperlich als auch geistig sagt die Zahl nichts über uns aus. 

Es gibt aber Menschen, die findet man immer großartig, da scheint alles andere plötzlich egal, die haben Ausstrahlung, sagen wir oft. Ja, die strahlen aus, tatsächlich, da sieht man den Kern, das Leuchten, das Wahre – und das finde ich, ist ein Ziel. Selbst so zu werden. Nicht für die anderen, sondern für sich allein. An sich zu arbeiten, in sich zu gehen, Mensch zu sein, in jedem Augenblick. Egal ob nach einer kleinen OP oder mit Dauersauerstoffzufuhr. Ist nicht so einfach, ich weiß. 

Die Worte, die ich meinen Yogaschülern nach einer Stunde mitgebe, können für manche reine Glückskeksphilosophie sein – du kannst sie für dich aber zu etwas Wahrem machen. Mir hat es in dem Moment geholfen, hier und jetzt zu sein. Das Bestmögliche aus jedem Augenblick zu machen.