Balkonkraftwerk

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Ein Balkonkraftwerk an einem Mehrfamilienhaus, 2023
Anzahl Balkonkraftwerke in Deutschland, Stand 1. Halbjahr 2024, statista

Ein Balkonkraftwerk (in Deutschland ist gesetzlich auch der Begriff Steckersolargerät in § 3 Abs. 43 EEG[1] definiert) ist eine kleine Photovoltaikanlage zur Erzeugung von elektrischem Strom. Es besteht aus einem oder aus mehreren Solarmodulen, einem Wechselrichter, einer Niederspannungs-Anschlussleitung und einem Stecker zur Verbindung mit dem Endstromkreis im Netz eines Letztverbrauchers. Als Montageort wird häufig der Balkon, der Carport, das Garagendach oder die Terrasse genutzt. Der erzeugte Strom kann sofort genutzt werden, ungenutzte Elektrizität fließt vom Anschluss des Verbrauchers unvergütet in das öffentliche Netz.

Pro elektrischer Anlage (Stromzähler) dürfen Steckersolargeräte mit einer Wechselrichterleistung von bis zu 800 Watt (W) oder genauer 800 Voltampere (VA) Scheinleistung durch Laien installiert werden. Wenn der zugehörige Stromzähler über keine Rücklaufsperre verfügt, darf er in Deutschland vorübergehend bis zum Austausch rückwärts laufen.[2]

Für Deutschland empfehlen die VDE-Normen für Balkonkraftwerke einen speziellen „Einspeise-Stecker“, der nach außen isolierte Kontakte hat (Stand Dezember 2023). In der Praxis werden bei rund 80 Prozent aller Anlagen Schuko-Stecker zur Stromeinspeisung von Steckersolargeräten verwendet. Schuko-Stecker sind nicht konkret verboten. Um die Sicherheit bei der Stromeinspeisung mit einem Schuko-Stecker zu gewährleisten, ist auf DGS Sicherheitsstandards (DGS 0001:2023-01) oder auf die VDE Produktnorm (VDE 0126-95) für den verwendeten Wechselrichter zu achten, so dass er über Sicherheitsschaltungen, die richtige Isolationskoordination und eine prompte Zwangsabschaltung verfügt, sobald der Stecker aus der Dose gezogen wird oder das Netz ausfällt (Komponenten zum Netz- und Anlagenschutz). Auf einen speziellen „Einspeise-Stecker“ ist zu achten, wenn seine Verwendung zwingende Voraussetzung für eine finanzielle Förderung ist. Das kann z. B. bei Förderzuschüssen von Kommunen, Landkreises oder Bundesländern der Fall sein.[2]

Der Wechselrichter eines Balkonkraftwerks nutzt das öffentliche Stromnetz als Referenz für die Wechselstromfrequenz und die Wechselspannung, die von ihm erzeugt wird. Bei Stromausfall kann der Wechselrichter die Solarenergie nicht mehr in Wechselstrom konvertieren, wenn diese Referenz fehlt. Aus Sicherheitsgründen ist das auch zwingend und gewollt, weil eine Stromeinspeisung bei Ausfall des öffentlichen Netzes ein Sicherheitsrisiko bei Reparaturen darstellt.[3]

In Deutschland, Österreich und in der Schweiz ist die Selbstinstallation erlaubt. In der Schweiz benachrichtigt man den Stromlieferanten. Dieser prüft dazu die Stromzähler-Tauglichkeit. In Deutschland ist der Betrieb durch eine VDE-Norm geregelt (VDE-AR-N 4105). In Österreich ist die Installation von Solarzellen durch ÖNORM (ÖNORM E 8001-4-712[23]) definiert.

Die sichere Anbringung der Solarmodule eines BKWs, so dass sie nicht zu einer Gefährdung für den Betreiber oder andere werden können, ist bei der Installation eines BKWs eine anspruchsvolle Aufgabe, die großer Sorgfalt bedarf. Sowohl der Ort der Anbringung wie auch die verwendeten Materialien müssen geeignet sein; dazu geben in der Regel die Hersteller Hinweise in den Bedienungsanleitungen. Zu berücksichtigen sind dabei nicht nur das Eigengewicht der Module, sondern auch zusätzliche Lasten wie z. B. Wind, Schnee und Temperaturschwankungen.[4]

Wirtschaftlichkeit

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Die Rentabilität eines Balkonkraftwerks hängt von einer Reihe von Parametern ab, zu denen vor allem die Ausrichtung und die Neigung des Moduls, die Verschattungen über die Tagesverläufe innerhalb eines Jahres, der Anteil des Eigenverbrauchs, der Strompreis des Stromversorgers und die Anschaffungskosten gehören. Nach Schätzungen der Verbraucherzentrale wird die Investition in ein Balkonkraftwerk in der Regel innerhalb von 3 bis 10 Jahren bei den Stromkosten eingespart.[4]

Mit einer Anmeldung für die Einspeisevergütung, die technische Nachweise und Prüfungen notwendig macht, lässt sich mit einem Balkonkraftwerk auch mit der Netzeinspeisung Geld erwirtschaften. Diese Erträge decken allerdings häufig nicht die Kosten der einmaligen Installation eines Einspeisezählers und der jährlichen Zählergebühren.[5]

Gesetzlicher Rahmen

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In der Europäischen Union werden gemäß der EU-Verordnung 2016/631[6] Balkonkraftwerke mit einer Wechselrichterleistung von bis zu 800 W gemäß dem Stromnetz als nicht relevant betrachtet. Daher besteht keine Verpflichtung zu einer Anmeldung beim oder Genehmigung durch den Netzbetreiber. Ein Balkonkraftwerk muss in Deutschland lediglich innerhalb eines Monats nach Inbetriebnahme beim Marktstammdatenregister angemeldet werden.[2] Gemäß dem am 1. April 2024 veröffentlichten Merkblatt Registrierung für Balkonkraftwerke der Bundesnetzagentur sind im Marktstammdatenregister nach Anlage eines Nutzerkontos der Standort der Anlage, das Inbetriebnahme-Datum, die Modulleistung (bis 2000 Watt peak) und die Wechselrichterleistung (bis 800 W) anzugeben. Wird auch ein Stromspeicher betrieben, sind auch dessen technische Daten zu erfassen.[7]

Nach dem deutschen Wohnungseigentumsgesetz (WEG) ist der Hauseigentümer (Vermieter, Eigentümergemeinschaft) vor Installation eines Balkonkraftwerks zu fragen, wenn es außerhalb der Wohnung angebracht wird.[4] (In Deutschland ist Stand Sommer 2024 eine Änderung des WEG im Gesetzgebungsverfahren, nach der Eigentümer und Vermieter ihre Zustimmung nicht mehr ohne triftigen Grund versagen können.[8]) Berechtigte Vorgaben und Einschränkungen, die z. B. aus Bauvorschriften, Denkmalschutz, Mehrheitsbeschluss der Eigentümergemeinschaft oder dem Mietvertrag resultieren, sind einzuhalten.

In Deutschland ist seit 1. Januar 2023 nach § 12 Abs. 3 UStG für alle wesentlichen Komponenten und die Installation einer Photovoltaikanlage mit „nicht mehr als 30 Kilowatt (peak)“ die Umsatzsteuer auf 0 Prozent ermäßigt, wenn sie fest installiert ist. Erfasst sind mit dieser Regelung auch sogenannte Balkonkraftwerke mit einer Modulleistung von 300 Wp und mehr. Mobile Solarmodule (z. B. für Campingzwecke) mit einer Leistung unter 300 Wp sind dagegen nicht erfasst.[9]

Im Regelfall gehört ein Balkonkraftwerk zum Wohnungsinventar und ist z. B. bei Sturmschäden in der Hausratversicherung mitversichert. Werden durch das BKW Sachschäden bei Dritten oder Personenschäden verursacht, greift die Privathaftpflichtversicherung. Ob die vorhandenen Hausrat- und Haftpflichtversicherungen diese Risiken, falls sie nicht konkret benannt sind, tatsächlich absichern, ist im Einzelfall bei den Versicherungen zu erfragen.[4][10]

Wiktionary: Balkonkraftwerk – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

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  1. Erneuerbare-Energien-Gesetz vom 21. Juli 2014 (BGBl. I S. 1066), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 8. Mai 2024 (BGBl. 2024 I Nr. 151) geändert worden ist.
  2. a b c Neue Gesetze und Normen für Steckersolar: Was gilt heute, was gilt (noch) nicht? Verbraucherzentrale NRW e.V., 8. Juli 2024, abgerufen am 13. August 2024.
  3. Mariella Wendel: Balkonkraftwerk im Stromausfall nutzen – geht das? In: Home & Smart. homeandsmart GmbH, 4. März 2024, abgerufen am 13. August 2024.
  4. a b c d Steckersolar: Solarstrom vom Balkon direkt in die Steckdose. Verbraucherzentrale NRW e.V., 8. Juli 2024, abgerufen am 14. August 2024.
  5. So funktioniert die Stromeinspeisung mit der Mini-PV-Anlage. Vattenfall Europe Sales GmbH, 4. Juni 2024, abgerufen am 13. August 2024.
  6. EU-Verordnung 216/631
  7. Bundesnetzagentur warnt vor mangelhaften Solarwechselrichtern für Balkonanlagen, Bundesnetzagentur, 9. Juni 2023.
  8. Vermieter dürfen Balkonkraftwerke nicht mehr verbieten. In: tagesschau. ARD-aktuell, 5. Juli 2024, abgerufen am 13. August 2024.
  9. FAQ „Umsatzsteuerliche Maßnahmen zur Förderung des Ausbaus von Photovoltaikanlagen“. Bundesministerium der Finanzen, 17. Oktober 2023, abgerufen am 13. August 2024.
  10. Balkonkraftwerk Versicherung – das ist zu beachten. In: Home & Smart. homeandsmart GmbH, 28. April 2023, abgerufen am 12. August 2024.