Benutzer:Vahrlor/Artikelentwurf

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Ein bekannter Fremder ist ein Fremder, welcher nichtsdestotrotz von Anderen aufgrund regelmäßiger Teilung eines gleichen physischen Platzes erkannt wird, wie z. B. eine Straße oder eine Bushaltestelle, mit welchem man jedoch nicht interagiert. Erstmalig wurde dieses Phänomen von Stanley Milgram in dem Aufsatz The Familiar Stranger: An Aspect of Urban Anonymity[1] von 1972 bezeichnet. Es wurde zu einem zunehmend beliebten Thema in der Forschung über soziale Netwerke und technologisch-vermittelte Kommunikation.

Milgram gab an, dass eine Person zum bekannten Fremden wird, wenn man diesen wiederholt über einen bestimmten Zeitraum beobachtet ohne dass mit diesem zu interagieren. Bekannte Fremde ist mehr als vollkommen Fremde, sie steigen aber nie auf das Level eines Bekannten. Wenn sich jedoch solch Individuen in einer anderen Situation begegnen, z. B. in einer anderen Stadt oder auf einer anderen Straße, sind sie eher dazu geneigt, sich dem bekannten Fremden vorzustellen statt einem kompletten Fremden, da sie einen Hintergrund von gemeinsamen Erfahrungen besitzen.

Frühe Experimente über bekannte Fremde von Milgram umfassten Forscher, welche Bahnhöfe und Universitätscampus besuchten und Leute über Personen befragten, die sie erkannten. Sie fanden heraus, dass 89,5% der Befragten mindestens einen bekannten Fremden kannten. Diese Experimente wurden mindestens einmal mit dem selben Resultat wiederholt.[2] Ein Aspekt der Forschung über bekannte Fremde, welches die Forschung behinderte, war der Mangel an zugänglichen Daten über diese Beziehungen. Mit dem Beginn der Verbreitung von sozialen Medien und städtischen Analytik haben Forscher neue Dateien benutzt um bekannte Fremde zu verstehen, darunter die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel[3] und Blognetzwerken[4].

Grundlegende Studien

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Deutscher Soziologe Georg Simmel schrieb einen Artikel, welcher Fremde in der Gesellschaft diskutierte. Er gab an, dass das Phänomen des „Fremden“ die Gesamtheit der Befreiung ist und die Fixierung von Raum; physische Konditionen sind Konditionen und das Symbol für menschliche Beziehungen. Er wollte über den Fremden aus der Perspektive von jemanden, welcher heute kommt und morgen bleibt statt einer Person, die heute kommt und morgen weg ist, sprechen. In der Organisation der zwischenmenschlichen Beziehung sagte Simmel, dass die Einheit der Vertrautheit und Entfernung ein wichtiger Faktor ist. Es kommt auf die Distanz an; jemand, der nah bei dir ist, ist weit weg und jemand, der weit weg von dir ist, ist eigentlich ganz nah. Simmel fühlt, dass der Fremde in gewissem Maße nah bei uns ist; wir teilen eine Verbindung miteinander.[5]

Milgrams Experiment in 1972

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1972 führten Milgram und seine Schüler ein Experiment durch, um zu testen, wie verbreitet das Phänomen eines bekannten Fremden war. Seine Schüler fotografierten Personen, welche an Pendlerbahnhöfen während des morgendlichen Arbeitsweg warteten. Eine Woche später kamen sie zurück auf das gleiche Gleis, verteilten die Fotos und baten die Empfänger dazu, jede Person zu kennzeichnen, welche dem Befragten bekannt vorkam oder mit welcher er sprach. 89% der Leute erkannten mindestens eine auf dem Foto gezeigte Person. Der durchschnittliche Pendler gab an 4.0 Personen zu erkennen, mit welchen er nie gesprochen hat, verglichen zu 1.5 Personen, mit denen er gesprochen hat. Darüber hinaus beobachtete das Experiment „soziometrische Prominente“, welche von einer großen Portion der Pendler erkannt wurden. In qualitativen Interviews vermerkten Pendler, dass sie sich vorstellten was für Leben die bekannten Fremden führen und welche Berufe sie haben. Milgram beschrieb dies als eine „Fantasiebeziehung, welche vermutlich niemals in Aktion treten wird.

Von dieser Forschung machte Milgram eine Anzahl an Beobachtungen darüber, wie die Beziehungen zwischen bekannten Fremden instand gehalten wird. Er merkte an, dass je weiter entfernt bekannte Fremde von ihrer gewohnheitsmäßigen Begegnungen waren, desto mehr sind sie dazu geneigt miteinander zu interagieren und die Beziehung zwischen den bekannten Fremden zu brechen. Jedoch hat er auch das Gegenteil beobachtet: in einer routinemäßigen Situation wäre eine Person eher dazu geneigt, mit einem kompletten Fremden zu interagieren statt mit dem bekannten Fremden, da man bei einem kompletten Fremden keine bereits vorhandenen zwischenmenschlichen Barrieren überkommen muss. Letztlich merkte er an, dass Pausen in der Routine, wie etwa Gesundheitsnotfälle oder Naturkatastrophen, bekannte Fremde eher dazu bringen, miteinander zu interagieren.

Milgram schrieb dem Phänomen des bekannten Fremden die städtische Informationsüberflutung zu. Er merkte an, dass die Wahrnehmungsverarbeitung von Anderen geistig anstrengend deutlich geringer sei als diese sozial zu verarbeiten. Dadurch erkannten Personen wahrnehmend die bekannten Fremden, aber trennten jede weitere Interaktion.

Der in 1972 veröffentlichte Artikel basierte auf zwei in 1971 unabhängigen Untersuchungsprojekten, eines an der City University of New York und das andere an einem Bahnhof. Psychology Today veröffentlichte einen zweiten Artikel über dieses Thema von Milgram, Frozen world of the familiar stranger: a conversation with Stanley Milgram, in 1974.

Milgram wieder aufgegriffen

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In 2004 griffen Forscher von dem Barkley Intel Research Laboratory Milgrams Forschung erneut auf. Ihr Ziel war es Veränderungen in den Beziehungen der bekannten Fremden seit der anfänglichen Studie zu beobachten und zu sehen, wie Vertrautheit den Komfort im öffentlichem Raum eines Einzelnen beeinflusste. Sie wiederholten Milgrams originales Experiment und fanden ähnliche, jedoch ein wenig geringere Ergebnisse des Phänomen. Sie fanden heraus, dass 77.8% der Befragten mindestens einen bekannten Fremden erkannten mit einem Durchschnitt von 3.1 erkannten Fremden. Sie fanden ebenfalls Beweise über „soziometrische Prominente“, welche für viele Leute aufgrund von ihren einzigartigen visuellen Eigenschaften, wie z. B. einen Rollstuhl, Blumen oder schmutzigelange Haare, herausstachen.

Es wurde ebenfalls herausgefunden, dass bekannte Fremde beeinflussen, wie bequem sich Personen in öffentlichen Plätzen fühlen. Vier Eigenschaften bestimmten wie bekannte Fremde den Komfort im öffentlichen Raum beeinflussen: die Anzahl an bekannten Fremden, die Ebene ihrer Vertrautheit, die Geschichte der bekannten Fremden an dem Ort, und ob die bekannten Fremden in einem anderen Kontext gefunden werden können.

Spätere Studien

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Es gab eine Anzahl an Studien welche weiter die Beziehung zwischen bekannten Fremden charakterisierten mit der Nutzung von automatisch generierten Dateisätzen aus städtischen Systemen. Busbenutzungsdateien benutzend wurde herausgefunden, dass die Zusammenstellung der bekannten Fremden einer Person sich äußerst auf der Routine und dem täglichen Verhalten basiert. Bekannte Fremde kommen typischerweise in Kontakt während einer bestimmten täglichen Tageszeit und einem bestimmten Ort. Anders als andere soziale Netzwerke, welche dicht verknüpfte Nachbarn besitzen, ist das Netzwerk von bekannten Fremden zerstreuter and gleichmäßig verteilter. Dies gibt an, dass das Netzwerk von bekannten Fremden einer Person schnell einen ganzen Großraum erfassen kann. Nutzungsdaten von W-LAN auf Universitätscampus lieferten zusätzliche Datensätze um bekannte Fremde zu analysieren.[6] Diese Datensätze brachten ähnliche Ergebnisse wie die Busnutzungsdaten hervor, jedoch unterteilten die Forscher die Beziehungen basierend auf der Regelmäßigkeit der Interaktionen und der Nähe der Beziehung.

Charakteristiken

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Beziehungen zwischen bekannten Fremden entwickeln sich in einer berechenbaren Weise. Sie hängen von der Regelmäßigkeit, fortwährender Kontakt und öffentlichem Raum ab. Das Konzept von unsichtbaren Verbindungen wurde vorgeschlagen um solche Beziehungen, welche nur begrenzte Interaktionen (wenn überhaupt) zu qualifizieren und sind daher schwer beobachtbar und oftmals übersehen als relevante Typen von Bindungen.[7] Bekannte Fremde helfen dennoch die Sinne der Vertrautheit und der Zugehörigkeit des Einzelnen.[8]

Bekannte Fremde im Internet

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Soziale Netzwerke im Internet sind heutzutage allgegenwärtig. Aber in diesem digitalen Kontext ist es unklar, was die Beziehung der bekannten Fremden definiert. Eine vorgestellte anfängliche Definition war verhaltensbezogen. Bekannte Fremde sind diese Nutzer, mit welchen eine Person nicht direkt in Kontakt steht aber ähnliche Verhaltensmuster oder Interessen teilt.[9] Das Finden von digitalen bekannten Fremden ist aber nicht einfach oder unkompliziert.

  1. Milgram, Stanley. 1972. "The Familiar Stranger: An Aspect of Urban Anonymity". in The Division 8 Newsletter, Division of Personality and Social Psychology. Washington: American Psychological Association
  2. Paulos, Eric, and Elizabeth Goodman. "The Familiar Stranger: Anxiety, Comfort, and Play in Public Places." Proceedings of SIGCHI Conference on Human Factors in Computing Systems. New York, NY: ACM, 2004. 223-30
  3. Sun, Lijun; Axhausen, Kay W.; Lee, Der-Horng; Huang, Xianfeng (2013-08-20)."Understanding metropolitan patterns of daily encounters". Proceedings of the National Academy of Sciences. 110 (34): 13774–13779. arXiv:1301.5979. Bibcode: 2013PNAS..11013774S. doi: 10.1073/pnas.1306440110. ISSN 0027-8424. PMC 3752247. PMID 23918373.
  4. "Searching for Familiar Strangers on Blogosphere: Problems and Challenges." NSF Symposium on Next-Generation Data Mining and Cyber-enabled Discovery and Innovation (NGDM). 2007.
  5. Simmel Georg. "The Stranger". The Sociology of Georg Simmel. By Kurt Wolff, New York: Free Press, 1950, pp 402 - 408
  6. Liang, Di; Li, Xiang; Zhang, Yi-Qing (2016-01-01). "Identifying familiar strangers in human encounter networks". EPL. 116 (1): 18006. Bibcode: 2016EL....11618006L. doi: 10.1209/0295-5075/116/18006. ISSN 0295-5075.
  7. Felder, Maxime (2020). "Strong, Weak and Invisible Ties: A Relational Perspective on Urban Coexistence". Sociology. 54 (4): 675–692. doi: 10.1177/0038038519895938. S2CID 213368620.
  8. Blokland, Talja; Nast, Julia (July 2014). "From Public Familiarity to Comfort Zone: The Relevance of Absent Ties for Belonging in Berlin's Mixed Neighbourhoods". International Journal of Urban and Regional Research. 38 (4): 1142–11 59. doi: 10.1111/1468-2427.12126.
  9. Agarwal, Nitin, et al. "A Social Identity Approach to Identify Familiar Strangers in a Social Network." ICWSM. 2009 May 17.

Kategorie:Soziologie