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Crashtest-Dummy

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Crashtest-Dummy, der ein Schild hält

Crashtest-Dummys (Anthropomorphic Test Devices [ˌæntθɹəpəʊˈmɔːfɪk tɛst dɪˈvaɪsɪz], kurz ATDs) sind lebensgroße Puppen, mit denen die Auswirkungen von Verkehrsunfällen auf den menschlichen Körper simuliert werden. Dummy [ˈdʌmɪ] stammt aus dem Englischen und steht für Attrappe.

Die Dummys sind dazu mit zahlreichen Sensoren ausgerüstet, welche die Belastungen während eines Crashtests messen. Sie müssen in ihren biomechanischen Eigenschaften mit denen des menschlichen Körpers im Optimalfall übereinstimmen – beispielsweise in den Abmessungen und Massen der einzelnen Körperteile sowie der Steifheit der verschiedenen Gelenke – damit sie die Realität möglichst gut simulieren. Es gibt Dummys, die männliche oder weibliche Körper simulieren, sowie Ausführungen für verschiedene Körpergrößen bzw. Altersstufen. Die Kalibrierung der Dummys geschieht in erster Linie durch den Vergleich mit Daten aus Leichenversuchen, die in der Öffentlichkeit sehr umstritten, derzeit jedoch nicht ersetzt werden können. Crashtest-Dummys sind in der letzten Zeit für die Entwicklung nahezu aller Fahrzeuge unentbehrlich geworden und sind in manchen Fällen vorgeschrieben, um die Zulassung eines neuen Fahrzeugmodells zu erwirken.

Unfallforschung vor der Entwicklung von Crashtest-Dummys

Das Bedürfnis nach Unfallforschung

Am 31. August des Jahres 1869 – so wird angenommen – wurde die irische Wissenschaftlerin Mary Ward das erste Opfer eines Autounfalls. Sie fuhr in Parsonstown (Irland) mit ihrem Ehemann in einem mit Dampfkraft betriebenen Fahrzeug und wurde herausgeschleudert, was dazu führte, dass sie überrollt wurde [1]. Henry Bliss fand Eingang in die Geschichtsbücher, da er am 13. September des Jahres 1899 das erste Autounfallopfer Nordamerikas wurde, als er beim Verlassen eines New York City Autobusses angefahren wurde. Seit dieser Anfangszeit der Automobile sind weltweit schätzungsweise über 20 Millionen Menschen in Autounfällen gestorben.

Das Bedürfnis nach Unfallforschung für den Automobilbereich entstand sehr bald nach dem Beginn der kommerziellen Automobilproduktion in den späten 1890er Jahren. Schon in den 1930er Jahren wurde das Automobil zu einem normalen Bestandteil des öffentlichen Lebens. Aufgrund des dabei steigenden Verkehrsaufkommens an Fahrzeugen, deren Entwickler sich über die Sicherheit anderer Verkehrsteilnehmer wenig Gedanken machten, wurden die Todesraten im öffentlichen Straßenverkehr eine ernste Angelegenheit. Die Todesrate hatte einen Wert von 15,6 Todesfällen pro 100 Millionen Automobilmeilen erreicht – es war weiterhin von einem stetigen Anstieg zusammen mit der Verkehrsdichte auszugehen (zum Vergleich: der heutige Wert liegt trotz weit höherer Verkehrsdichte bei ca. 1,8 Todesfällen pro 100 Millionen Automeilen).

In den 1930ern war die Fahrgastzelle selbst bei Verkehrsunfällen mit niedriger Geschwindigkeit nicht ausreichend sicher. Die Armaturenpulte waren aus hartem Metall, das Lenkrad war steif angebracht und fest verschraubt und herausstehende Knöpfe, unflexible Hebel sowie Gestänge stellten im Fall eines Zusammenpralls tödliche Gefahren dar. Es gab keine Sicherheitsgurte, so dass schon bei geringen frontalen Aufprallgeschwindigkeiten die Insassen durch die Windschutzscheibe geschleudert wurden, wobei oft nur geringe Überlebenschancen bestanden. Die Fahrzeugkarosserien waren steif und formstabil, so dass die Aufprallkräfte mangels Knautschzonen direkt und ungehemmt auf die beteiligten Verkehrsteilnehmer wirkten. In den späten 1950ern gab es Aussagen von Fahrzeugherstellern, dass Autounfälle einfach nicht überlebbar seien. Die Kräfte in einem Verkehrsunfall waren schon bei niedrigen Geschwindigkeiten zu groß und der menschliche Körper zu verletzlich.

Einige Fahrzeugentwickler jedoch nahmen diesen Missstand in Statistiken und Aussagen zum Anstoß, um die Forschung für die Produktsicherheit ihrer Automobile anlaufen zu lassen. Die Automobil-Unfallforschung war geboren und schon bald wurden erste Tests an Freiwilligen durchgeführt.

Forschung an Leichen

Die Wayne State University in Detroit war der erste Ort, an dem mit der wissenschaftlichen Datensammlung über Auswirkungen von Autounfällen auf den menschlichen Körper begonnen wurde. In den späten 1930ern gab es keine wissenschaftlichen Untersuchungen bezüglich des Verhaltens von menschlichen Körpern bei schwereren physikalischen Belastungen sowie keine wissenschaftlichen Methoden, um diese zu bestimmen. Die Wissenschaft der Biomechanik war nahezu unberührtes Gebiet. Es war daher in der aufkeimenden Unfallforschung erforderlich, komplett neue Datensätze zu generieren.

Die ersten Versuchsobjekte waren menschliche Leichen, die in Leichenversuchen zur Messung der grundliegenden Widerstandsfähigkeit des menschlichen Körpers gegen Quetsch- und Zerrkräfte, wie sie in Automobilunfällen die Regel sind, gebraucht wurden. Zur Messung dieser Parameter wurden Stahlgewichte auf Körperteile und Knochen, sowie ganze Körper in ungenutzten Aufzugschächten fallen gelassen. Jeweils konnte durch den freien Fall die Beschleunigung der fallenden Objekte am einfachsten bestimmt werden. Ein weiterer Schritt war, dass Leichen – mit Beschleunigungsmessern versehen – in Automobilen festgebunden wurden, und diese Versuchsaufbauten in frontalen Zusammenstößen sowie Überschlägen genutzt wurden.

Im Artikel Journal of Trauma von Albert King aus dem Jahr 1995 zeigt der Abschnitt „Humanitarian Benefits of Cadaver Research on Injury Prevention“ die rückgehende Anzahl Todesfällen im Automobilbereich und somit den Wert der Leichenforschung für den Schutz von Menschenleben. Die Berechnungen zeigen, dass in Folge der Automobildesign-Änderungen bis zum Jahr 1987 aufgrund von Leichenforschungen circa 8500 Leben jährlich geschützt wurden. Er bemerkt dabei, dass für jede zu Forschungszwecken genutzte Leiche jährlich 61 Menschen überlebten, da sie einen Sicherheitsgurt trügen. 147 Menschen überlebten, weil sie durch Airbags gerettet würden, sowie 68 überlebten, weil die Windschutzscheiben angepasst wurden [2].

Die Forschung an Leichen jedoch brachte zahlreiche Probleme sowie Ungenauigkeiten mit sich. Es gab zunächst ganz grundlegende Forschungshemmnisse, denn die verwendeten Leichen waren nicht repräsentativ für den demographischen Durchschnitt der Unfallopfer, da es sich bei den ausgewählten, ausschließlich nicht gewaltsam verstorbenen, fast ausschließlich um ältere Erwachsene handelte. Es bestanden zudem moralische sowie ethische Bedenken, ob eine solche Forschung an Toten überhaupt ausgeübt werden dürfe. Auch gab es nur vereinzelte Versuche an Leichen von Kindern, denn diese wurden den Forschern nur selten zur Verfügung gestellt. Leichen von Unfällen konnten meist nicht herangezogen werden, da sie aufgrund der bestehenden Verletzungen keine fehlerfreie Simulation zugelassen hätten und die Versuchsergebnisse kompromittiert hätten. Da die Leichen physisch jeweils unterschiedlich und kaum fehlerfrei vergleichbar waren, sowie ein Versuchsobjekt nicht mehrfach gebraucht werden konnte, gab es große Schwierigkeiten, verlässliche Datensätze zu erstellen. Aus diesen Gründen hatten die Forscher zeitweise Mangel an Versuchsobjekten und die biometrischen Daten ihrer Ergebnisse beschränkten sich nahezu nur auf ältere, weiße Männer.

Unfallforschung an Freiwilligen

Datei:StappSled.jpg
Colonel Stapp mit durch Belastungen verzerrtem Gesicht während der Abbremsung des Raketenschlittens.
Colonel Stapp während eines Selbstversuchs auf dem Raketenschlitten.

Einige Forscher stellten sich selbst als freiwillige Versuchsobjekte zur Verfügung. Colonel John Paul Stapp [3](USAF) beispielsweise ließ sich auf einem Raketenschlitten in mehreren Versuchen auf zum Teil bis zu 1000km/h beschleunigen, und dann in unter einer Sekunde abbremsen [4]. Lawrence Patrick, ein mittlerweile emeritierter Professor von der Wayne State University (Detroit), machte über 400 Versuche auf einem Raketenschlitten, um die Effekte der negativen Beschleunigung (Abbremsung) auf den menschlichen Körper zu untersuchen. Er und seine Studenten erlaubten es, dass ihnen schwere Stahlgewichte auf die Brust sowie ins Gesicht fallen gelassen wurden, um Schläge beim Aufprall während eines Verkehrsunfalls zu simulieren. Auch wurde ihnen zersplittertes Glas entgegengeblasen, um die Effekte eines Bruches der Windschutzscheibe während der Fahrt oder beim Aufprall zu simulieren [5].

Während er zugab, dass er „leichte Schmerzen“ (engl.: „a little sore“) hatte, sagte Patrick, dass die Forschung seines Teams bahnbrechend in der Entwicklung mathematischer Modelle sein werde, an der zukünftige Forschung gemessen werden könne.

Obwohl zwar Daten von Freiwilligentests vorlagen, wurden Versuche an Menschen nicht über die Grenzen gewisser physischer Belastbarkeit (z. B. Schmerzen) hinaus durchgeführt. Zur Sammlung von Informationen über die Auswirkungen schwererer Belastungen sowie den Erfolg möglicher Schutzeinrichtungen wurden weiterhin andere Versuchsobjekte benötigt.

Forschung an Tieren

In der Mitte der 1950er Jahre waren viele Möglichkeiten der Leichenforschung bereits ausgeschöpft. Es bestand jedoch immer noch Bedarf an Forschung an der Überlebbarkeit von Unfällen in Bereichen, in denen die Leichen schlechte Versuchsobjekte darstellten. Da Leichen als Versuchsobjekte zudem noch immer schlecht verfügbar waren, waren die Forscher gezwungen, andere Versuchsobjekte zu besorgen: Es wurden nun auch Tiere für die Unfallforschung akquiriert (Tierversuche). Einem Bericht von Mary Roach von der Eighth Stapp Car Crash and Field Demonstration Conference (zu deutsch in etwa: „Achte Stapp Autounfall- und Feld- Demonstrations Konferenz“) zufolge ereigneten sich Versuche mit Schimpansen auf Raketenschlitten, einem Bären in einer Aufprall-Schaukel sowie mit einem betäubten Schwein in einer Sitzposition vor dem Lenkrad (Zitat: „We saw chimpanzees riding rocket sleds, a bear on an impact swing...We observed a pig, anesthesia|anesthetized and placed in a sitting position on the swing in the harness, crashed into a deep-dish steering wheel at about 10 mph.“ von [1]).

Wichtige Forschung, die weder mit Leichen noch mit Freiwilligen durchgeführt werden konnte, war die an der Reduzierung von Verletzungen, die durch den Aufprall auf das Lenkrad verursacht wurden. Bis zum Jahr 1964 kamen einigen Angaben zufolge über eine Million Menschen in Verkehrsunfällen dieser Art um. Die Einführung des sich beim Aufprall einfaltenden und nachgebenden Lenkrades durch General Motors in den frühen 1960ern verringerte die Todesrate durch Lenkräder um fünfzig Prozent. Die häufigsten Versuchsobjekte für Kollisionen im Innenraum von Fahrzeugen waren Schweine („Project Barbecue“), weil ihr Körperaufbau im Brustbereich dem des Menschen halbwegs ähnelt und sie im Fahrzeug in recht gut angenäherter Sitzposition verharren konnten. Die Fähigkeit, aufrecht zu sitzen, war generell eine wichtige Bedingung für Tierversuche. Es wurde mit Tieren weiterhin Forschung zu Kopfverletzungen menschlicher Opfer durch das Armaturenbrett und die darauf angebrachten Schalter sowie den Rückspiegel vorgenommen.

Während bereits Versuche an Leichen einigen Widerstand in der Bevölkerung hervorriefen, beispielsweise durch religiöse Institutionen, gab es doch eine gewisse Akzeptanz, da durch diese schmerzfreien Versuchsobjekte Menschenleben gerettet werden konnten. Die Tierforschung hingegen rief deutlich heftigeren Widerstand bei Tierrechtsgruppen hervor, die vehementen Protest an der Forschung an Schmerz empfindenden Lebewesen äußerten. Während einige Forscher Tierversuche unterstützten, weil sie verlässliche, wenn auch nicht völlig adäquate Daten lieferten, gab es schwere ethische Bedenken an diesen Vorgängen.

Tierversuche werden – Angaben zufolge – heute durch keinen der größeren Automobilhersteller mehr durchgeführt. General Motors beispielsweise beendete die Lebendversuche im Jahr 1993, zahlreiche andere Hersteller taten dies im gleichen Zeitraum.

Die Geschichte der ersten Dummys

Kollektion von Dummys des Modells „Sierra Sam“

Der erste Crashtest-Dummy namens „Sierra Sam“ wurde 1949 von der Firma Sierra Engineering Co. für die US-Airforce gebaut und wurde für Tests von Schleudersitzen und Gurten verwendet. Diese Tests verliefen mit Geschwindigkeiten von bis zu 1000 km/h auf Raketenschlitten oder durch Fallenlassen der Dummys von einem Kran aus. Mit seiner Größe von 1,85 m entsprach er dem „95-Prozent-Mann“, das heißt, dass er größer und schwerer war, als 95 % aller männlichen Erwachsenen.

Datei:Sierrasam2.jpg
Dummy der Art Sierra Sam in voller Länge, Frontansicht

In den frühen 1950ern entwarfen Alderson und Grumman einen Dummy, der sowohl für die Automobil- als auch für die Flugzeug- Unfallforschung verwendet werden sollte. Alderson produzierte später die VIP-50 Serie für General Motors und Ford, welche durch das National Bureau of Standards übernommen wurde. Sierra folgte mit einem Dummy in Konkurrenz, dem Modell „Sierra Stan“, aber General Motors fand, dass keine der beiden Modellreihen den Ansprüchen entsprach. So entwickelten GM-Techniker das Modell Hybrid I, welches die positiven Eigenschaften der beiden anderen Modelle in sich vereinigen sollte und die Durchschnittswerte in Körpergröße, Gewicht und Körpermaßen der männlichen Population hatte, weshalb er „50-Prozent-Mann“ genannt wurde. In Zusammenarbeit mit der Society of Automotive Engineers (SAE) teilte General Motors dieses Design mit den Konkurrenten.

Seitdem wurde viel Arbeit und Forschungsaufwand in die weitere wissenschaftliche Entwicklung der Dummys gesteckt. Das Modell Hybrid II wurde im Jahr 1972 entwickelt und hatte eine verbesserte Schulter-, Wirbelsäulen- und Knie-Mechanik; es wurde im Jahr 1973 vorgestellt. Diese beiden ersten, wirklich menschenähnlichen Dummys „Hybrid I/II“ besaßen Beschleunigungsaufnehmer in Kopf, Brust und Becken und ein zusätzliches Messgerät um die Kräfte im Oberschenkel zu bestimmen.

Die National Highway Transportation Safety Administration (NHTSA) kontaktierte General Motors mit dem Wunsch nach einem Modell mit zahlreichen, feineren Eigenschaften, die gegenüber Hybrid II verbessert werden mussten. Trotz großer Fortschritte in den verschiedenen Forschungsbereichen waren Hybrid I und Hybrid II immer noch recht grobe Modelle und ließen sich nicht für alle Tests einsetzen. Es wurde nun an einem neuen Dummy – dem Hybrid III – gearbeitet, der die Ansprüche erfüllen sollte, und noch bis heute Verwendung findet.

Aktuelle Modellreihen von Crashtest-Dummys

Die Hybrid III Familie

Eine „Familie“ von Hybrid III Crashtest-Dummys - Mann, Frau, drei Kinder verschiedener Körpergrößen

Der Hybrid III, der „50-Prozent-Mann“, der im Jahr 1976 von General Motors vorgestellt wurde, ist der verbreitetste Crashtest-Dummy und hat mittlerweile eine „Familie“, da es ihn in vielen verschiedenen Ausführungen mit unterschiedlichen Größen und Gewichten gibt.

Der am häufigsten verwendete HIII 50  % Middle Adult Male (engl. „middle“ für mittel, „adult“ für ausgewachsen und „male“ für männlich) mäße, wenn er aufrecht stehen könnte, 175 cm Körpergröße und wöge 77 kg. Er entspricht dem durch den Hersteller angenommenen durchschnittlichen männlichen Autofahrer. Sein „großer Bruder“, der HIII 95 % Large Adult Male (engl. „large“ für groß), mäße aufrecht 188 cm Körpergröße und wiegt 100 kg. Er ist damit größer als 95 % der durch den Hersteller angenommenen männlichen Autofahrer. Das weibliche Exemplar HIII 5  % Small Adult Female' (engl. „small“ für klein, „female“ für weiblich) mäße aufrecht 152 cm und wiegt 50 kg. Sie ist damit größer als die unteren 5 % der durch den Hersteller angenommenen weiblichen Autofahrer.

Es gibt drei Hybrid III Kinder-Dummys, welche Kinder mit einem Körpergewicht von 16,2 kg (für 3 Jahre), 23,4 kg (für 6 Jahre) und 35,2 kg (für 10 Jahre) repräsentieren. Diese drei Modelle sind der Modellreihe erst nach denen für die Erwachsenen hinzugefügt worden.

Moderne Hybrid III Dummys können mit einer Vielzahl von Sensoren in Kopf, Nacken, Brust, Wirbelsäule, Becken und Beinen bestückt werden. Am häufigsten werden Beschleunigungsmesser und Kraftsensoren eingesetzt. Gebräuchlich sind aber auch Winkelmesser für die Knie und Winkelgeschwindigkeitsmesser für den Kopf.

Weitere Modelle

Dummy der Modellreihe THOR - der verbesserte Nachfolger des Hybrid III

Neben den weit verbreiteten Dummys der Modellreihen Hybrid, die für Frontaufprall-Versuche entwickelt wurden, gibt es noch eine Reihe von weiteren Dummys:

Beispielsweise Modelle, die der Untersuchung von Unfällen mit seitlichem Aufprall dienen, die SID (für „side impact dummys“ (engl), zu deutsch Seitenaufprall-Dummys): Darunter den EuroSID - 1/2 (European Side Impact Dummy 1/2; Europäischer Seitenaufprall Dummy) und den US-SID (amerikanischer SID), die jeweils für Europa und die Vereinigten Staaten dem Standard entsprechen.

Der BioRID II (Biofidelic Rear Impact Dummy II = dem Menschen biologisch nachempfundener Heckaufprall-Dummy) hilft bei der Entwicklung von sichereren Kopfstützen und Sitzen in Versuchen mit rückwärtigem Aufprall.

CRABI ist ein Dummy, der bei der Untersuchung des Nutzens von Kindersitzen hilft, und den es repräsentativ für die Altersstufen 6 Monate, 12 Monate und 18 Monate alter Kinder gibt.

THOR ist ein neuerer „50-Prozent-Mann“ und Nachfolger des Hybrid III. THOR hat eine verbesserte Wirbelsäule sowie ein verbessertes Becken, zudem enthält das Gesicht einige bisher nicht verwendete Sensoren zur Untersuchung von möglichen Gesichtsverletzungen. THOR ist mit einer größeren Anzahl an Sensoren ausgestattet, die zudem noch eine höhere Empfindlichkeit, und damit Genauigkeit, haben als die von Hybrid III.

Der Testvorgang

Versuchsaufbau eines Crashtests mit Frontalaufprall bei General Motors

Jeder Hybrid III erfährt vor einem Crashtest eine Kalibrierung. Sein Kopf wird entfernt und in einer Apparatur aus 40 cm Höhe fallen gelassen, um die Instrumente darin abzustimmen.

Danach wird der Kopf an die Schulterpartie angeschraubt, und es wird nach kurzer Beschleunigung und abrupter Abbremsung die Flexibilität des Genicks überprüft. Schließlich werden Schulterpartie und Kopf mit dem Torso verbunden, welcher in einer Testapparatur von einem Pendel angeschlagen wurde, um die Flexibilität des Brustkorbes zu überprüfen.

Nachdem die Bereitschaft des Dummys überprüft wurde, wird er in gelb gekleidet, sowie mit flüssiger Farbe an Kopf und Knien versehen. Der Dummy wird in eine Testvorrichtung oder ein ganzes Testfahrzeug gesetzt. Er nimmt während des Aufpralls mit seinen eingebauten Instrumenten über 30 verschiedene Daten auf, markiert mit der Farbe die Aufschlagstellen und wird von Hochgeschwindigkeitskameras gefilmt. Daten werden auf einem Speicher in der Brust des Dummys aufgezeichnet.

Da der Hybrid ein standardisiertes Versuchsobjekt ist, können die Teile untereinander ausgetauscht und im Fall eines Defekts einzeln ersetzt werden. Natürlich sind die Geräte für die mehrfache Benutzung ausgelegt. Ein vollständig ausgerüsteter Dummy hat einen Wert von etwa 150.000 €. [6]

Die Zukunft der Crashtest-Dummys

3D-Computersimulation des Verhaltens eines Crashetst-Dummys
3D-Computersimulation des Verhaltens eines Crashetst-Dummys

Crashtest-Dummys haben in der Unfallforschung also zur Erstellung von äußerst wertvollen Datensätzen zu den Folgen von Verkehrsunfällen für den menschlichen Körper beigetragen. Somit wurden zahlreiche gefährende Parameter, wie beispielsweise das Fahrzeugdesign, entscheidend verbessert.

Mittlerweile ist die Ausbeute neuer Daten für die Forschung recht gering geworden. Nachdem das Problem der Reproduzierbarkeit eines Versuches gegenüber den Leichen- und Tierversuchen ausgeräumt wurde, besteht noch immer das Problem, dass die verwendeten Testfahrzeuge nicht immer ein identisches Verhalten zeigen und nur einfach benutzt werden können.

Ein weiteres Problem ist, dass Dummys nur näherungsweise einen Menschen repräsentieren. Beispielsweise ist die Untersuchung der Auswirkungen auf innere Organe bestenfalls grob und kann durch Leichenversuche zwar wesentlich besser, aber doch nicht zufrieden stellend durchgeführt werden.

Die Zukunft der Crashtests zeichnet sich in Computer-Modellen ab. Jedoch sind die heutigen Rechnerkapazitäten nicht ausreichend sowie die Modelle noch nicht genau genug, um Computersimulationen ganzer Körpersysteme in solchen Situationen durchzuführen. Es ist ein großes Problem, alle relevanten Randbedingungen, sowohl des Autos mit dessen Steifigkeiten als auch des menschlichen Körpers, verlässlich zu modellieren. Der Vorteil von Computersimulationen ist jedoch, dass sie eine Reproduzierbarkeit von Versuchen bieten. Da Einflussparameter kontrollierter variierbar sind, können Computersimulationen den Bedarf an physischen Tests auf ein Minimum reduzieren.

Momentan ist für die gesetzliche Zertifizierung neuer Fahrzeugmodelle die Untersuchung der Eigenschaften in physischen Crashtests – mit Crashtest-Dummys – vorgeschrieben. Doch lässt sich davon ausgehen, dass die Zukunft des Dummys auf dem Computerbildschirm stattfinden wird.

Crashtest-Dummys in der Kulturlandschaft

Die sprechenden Crashtest-Dummys des US Departments of Transportation, Vince und Larry

Das menschenähnliche Aussehen der Crashtest-Dummys führte zur häufigen anthropomorphen Verwendung der Dummys in der Kulturlandschaft seit ihrer Entwicklung.

In den 1980ern brachte das US Department of Transportation (US-amerikanisches Verkehrsministerium) einen Werbespot in eigener Sache in amerikanischen Magazinen und im dortigen Fernsehen heraus, in dem zwei sprechende Crashtest-Dummys namens „Vince“ und „Larry“ auf Slapstick-Art über Sicherheitsbelange in Fahrzeugen (z.B. Sicherheitsgurte) sprachen. Die Kampagne mit dem englischen Slogan „You can Learn a Lot from a Dummy“ (zu deutsch „Sie können viel von einem Dummy lernen“) war sehr populär, sodass die beiden Figuren seitdem regelmäßig in Sicherheitskampagnen – bevorzugt für Kinder – auftauchen.

In den frühen 1990er Jahren entwickelte Tyco Toys eine Reihe von Actionfiguren namens The Incredible Crash Dummies (engl, zu deutsch: „Die unglaublichen Crashtest-Dummys“), die auf den Werbesendungen basierte. Die farbenfrohen Spielzeuge fielen beim Druck auf einen Knopf an ihrem Bauch auseinander, und konnten danach wieder zusammengebaut werden. Es gab zudem Fahrzeuge, die ebenfalls nach dem „Crashtest“ durch das Kind wieder zusammengebaut werden konnten.

Die Popularität der Spielzeuge zog eine einstündige Fernsehsendung mit gleichem Titel nach sich, die in für die Zeit einzigartiger Weise komplett mit 3D-Computeranimations-Filmtechnik hergestellt war. Zudem gab es eine Comicreihe sowie ein Nintendo-Videospiel (für das NES).

Die Fernsehsendung Mythbusters (engl., zu deutsch Mythen-Knacker“) zeigt den Crashtest-Dummy „Buster“, der in diversen Experimenten, die für die menschlichen Teilnehmer der Sendung zu gefährlich sind, Fragen des Alltags in Selbstversuchen beantwortet und somit „Urbane Mythen“ auflöst. Beispielsweise „testete“ Buster das Durchfallen eines Aufzugschachtes, das Fallen in Wasser, das Steckenbleiben eines Fußes in einer Waschmaschine und die Dynamik des Abschusses aus einem Abflussrohr als Projektil selbst.


Die Firma Denton ATD ist der bekannteste Hersteller von Crashtest-Dummys für die Automobilindustrie in den Vereinigten Staaten und hat diverse Vertretungen in anderen Ländern (auch in Deutschland [2]). Dieses Unternehmen stellt unter anderem auch Modelle der „Hybrid III“ Dummy-Familie her.


Eine Ende der 1980er Jahre gegründete kanadische Rockband trägt den Namen Crash Test Dummies.

Siehe auch

Crashtest, Paradummy, Kieler Puppe.

Quellen

in englischer Sprache:

  1. Offaly Historical & Archaeological Society in Famous Offaly People über Mary Ward (1827-1869)
  2. Gary Carden A curious look at the lives of the dead
  3. Nick T. Spark; „Ejection Site: Fastest Man on Earth“; Wings/Airpower Magazine
  4. John L. Frisbee; „Valor: The Track to Survival“, Mai 1983, (Vol. 66, No. 5)
  5. Mary Roach; „I was a human crash-test dummy“,
  6. „How the Test are done“ Crashtest-Informationsseite zum Automobilhersteller Citroen