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TV-Kritik: Günther Jauch 432 Millionen Euro für das System Fifa

Der Sprecher der Fifa hat keine Zeit. Stattdessen schickt er einen Mann aus der zweiten Reihe zur Korruptionsdebatte bei Günther Jauch. In der ARD-Sendung fehlt aber nicht nur Fifa-Prominenz, sondern auch ein Hinweis auf die fragwürdige Rolle der Öffentlich-Rechtlichen.

© dpa Vergrößern TV-Moderator Günther Jauch stellte die Frage: Wie schmutzig ist unser Fußball?

Der Chef hatte keine Zeit. Walter de Gregorio, Joseph Blatters Pressesprecher, war in Zürich unabkömmlich, wichtige Sitzungen am Montag in der Frühe. Der Weg von Berlin nach Zürich ist weit, auch im 21. Jahrhundert, zu weit. Also saß am Sonntagabend Alexander Koch bei Günther Jauch, ein Mann aus der zweiten Reihe der Fifa-Kommunikationsabteilung: Corporate Communication Manager, Stellvertretender Leiter Unternehmenskommunikation. Ein bemerkenswerter Titel, aber dazu später mehr.

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Die Sendung jedenfalls begann ohne, dass Jauch darauf hinwies, dass er von Blatters Nummer eins versetzt worden war. Anders übrigens als das Sportstudio des ZDF vor einigen Wochen, als de Gregorio, in die Sendung zugeschaltet, die australische Whistleblowerin Bonita Mersiades mit dem Temperament eines Rottweilers anging. Andererseits: De Gregorios Anwesenheit bei Jauch war auch wirklich nicht nötig – das kleine Einmaleins der Fifa-Argumente beherrscht auch die zweite Reihe. Mehr war tatsächlich kaum nötig.

Gebührenzahler alimentieren den Kick bei Putin

Denn Jauchs „Der Fifa-Sumpf  - Wie schmutzig ist der Fußball?“ hätte seriöserweise mit der Feststellung beginnen müssen, dass ARD und ZDF den Sumpf oder jedenfalls die Fifa und ihre nächsten beiden Weltmeisterschaften, 2018 in Russland und 2022 in Qatar, mit insgesamt 432 Millionen Euro alimentieren. So viel haben die Öffentlich-Rechtlichen und ihre Gebührenzahler sich das Vergnügen kosten lassen, beim Kick mit Putin und vier Jahre später am Persischen Golf zuzusehen. Und sie hätte seriöserweise einen derjenigen zu Gast haben müssen, der die Entscheidung getroffen hat, diese Summe an eine Organisation zu zahlen, deren korrupte Geschäftspraktiken eben nicht erst in dieser Woche offenbar geworden sind. Jemanden, der hätte erklären können, wie man denn gedenkt, einen Teil jener Summen zurückzubekommen, die in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten offenkundig im System Fifa zweckentfremdet wurden.

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Aber die Sendung begann mit einem einigermaßen abstrusen Hinweis auf den Verlierer der Woche: Jürgen Klopp. Wer die Verbindung zwischen Klopp, Blatter (Sieger der Woche) und der Fifa zu Stande bringt, bekommt es auch hin, eine Stunde lang über das Thema der Woche zu diskutieren, ohne die eigene Rolle als Akteur im System anzusprechen. Und ohne die nächste, in 1103 Tagen beginnende Weltmeisterschaft zu diskutieren, die, nur zur Erinnerung, nicht nur in jenem Land stattfindet, das die Gastgeberrolle der jüngsten olympischen und paralympischen Spiele mit der Annexion eines wesentlichen Teils des Nachbarlands beschlossen hat und in diesem Nachbarland, der Ukraine, bis jetzt Krieg führt und führen lässt. Sondern auch von Wladimir Putin regiert wird, dem Mann, der Joseph Blatter in dieser Woche als einer der ersten zur Seite gesprungen ist. Oder, um es mit Jan Böhmermann zu sagen, der glücklicherweise ebenfalls von den Gebührenzahlern alimentiert wird: „Wenn sich Wladimir Putin hinter dich stellt, dann weißt du, dass du alles richtig gemacht hast.“ Die Ermittlungen des FBI? Duften nach Rache für die verlorene WM-Bewerbung der Amerikaner, wusste Blatter nach seiner Wiederwahl. Die klassische Verschwörungstheorie à la Russe  – von Putin lernen, heißt siegen lernen. Aber: Kein Wort zu Russland, wo nun diskutiert wird, ob denn nicht Strafgefangene beim Stadionbau eingesetzt werden könnten.

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