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Mainzer Studie Fluglärm: Hohes Gesundheitsrisiko für Herzpatienten

Nächtlicher Fluglärm ist für besonders für Herzpatienten gefährlich. Bei ihnen sei das Risiko für Gefäßschäden deutlich höher. Das sagt eine neue Studie aus Mainz - und entfacht eine politische Diskussion.

© dpa Vergrößern Zum Haare raufen: Ein Plakat gegen Fluglärm in Frankfurt Sachsenhausen.

Fluglärm schadet der Gesundheit von Herzkranken. Zu diesem Ergebnis kommt eine Untersuchung von Wissenschaftlern der Mainzer Universitätsmedizin. Nächtlicher Fluglärm führe bei Menschen mit koronarer Herzerkrankung oder einem Risiko hierfür zu deutlichen Gefäßschäden und erhöhtem Blutdruck. Das teilte die Unimedizin am Freitag mit.

Die Fähigkeit der Arterien, sich zu erweitern, habe deutlich abgenommen. Eine erste Studie hatte 2013 gezeigt, dass der Lärm die Gefäßfunktion gesunder Menschen beeinträchtigt. Wegen neuer Flugrouten und einer neuen Landebahn am Frankfurter Flughafen ist der Lärm im Rhein-Main-Gebiet gestiegen. Der schädliche Effekt sei bei Patienten mit Herzerkrankungen noch deutlich ausgeprägter, sagte der an der Studie beteiligte Mediziner Frank Schmidt.

Schädliche Wirkung trotz Medikamenten

Die Studie veröffentlichten die Mainzer Wissenschaftler in der Fachzeitschrift „Clinical Research in Cardiology“. Untersucht wurden 60 Patienten, die sich freiwillig als Probanden gemeldet hatten. Spezielle Geräte beschallten sie in einigen Nächten mit Fluglärm. Sie sollten Krach in Flughafenumgebung simulieren. In einer simulierten Flugnacht gab es 60 Flüge mit einem mittleren Schallpegel von 46 Dezibel, was niedriger Zimmerlautstärke entspricht.

Eigentlich hatten die Universitätsmediziner 100 Probanden für die Studie vorgesehen. Allerdings seien die Ergebnisse schon nach der Beschallung von 60 Personen so eindeutig gewesen, dass eine Fortsetzung fragwürdig gewesen wäre, sagte Schmidt.

Bemerkenswert sei, dass der Lärm die Gefäße schädige, obwohl die Patienten ihre Herzkreislaufmedikamente einnahmen, erklärte der Mediziner. Der Ärger, den die Patienten aufgrund des Lärms empfanden, und ihre Einstellung zu Fluglärm beeinflussten die Ergebnisse nicht.

Flughafenverband: Studien schüren Ängste

„Die eindrücklichen Ergebnisse sind insbesondere vor dem Hintergrund der Erteilung der Baugenehmigung für Terminal 3 bedeutsam“, sagte die Vorstandsvorsitzende der Universitätsmedizin Mainz, Babette Simon, in Bezug auf den Frankfurter Flughafen. Sie forderte eine deutliche Entlastung des Geländes der Universitätsmedizin und der umliegenden Kliniken vom Fluglärm und die Errichtung eines runden Tisches. Alle Optionen des aktiven Schallschutzes müssten zum Einsatz kommen.

Für das rheinland-pfälzische Umweltministerium bedeutet die Studie
Rückenwind im Kampf gegen Lärm. „Für uns heißt das, dass die
Anstrengungen, die wir unternommen haben über eine
Bundesratsinitiative, zu einer Verbesserung zu kommen, genau richtig
sind“, sagte Staatssekretär Thomas Griese (Grüne). Dabei geht es um
mehr Einfluss auf die Festlegung von Flugrouten und ein stärkeres
Gewicht für Lärmschutz bei Genehmigungen. Die Verhandlungen mit
Hessen liefen mit der neuen schwarz-grünen Regierung gut, Hamburg und Nordrhein-Westfalen seien aber im Moment „nicht ausreichend
beweglich“, um dies mitzutragen.

Ralph Beisel, Hauptgeschäftsführer des Flughafenverbandes ADV,
plädierte angesichts der Studienergebnisse für eine sachliche Debatte
über Fluglärmschutz: „Wir sehen mit Sorge, dass heute mit einer neuen Fluglärm-Studie weitere Ängste in der Bevölkerung geschürt werden.“

Mehr zum Thema

Wie krank macht Lärm?

40 Dezibel (dB), etwa durch Flüstern, stören bereits den Schlaf.

60 dB, wie beim Überflug einer Verkehrsmaschine in 1500 Metern Höhe, ein Gespräch oder leises Radio, stören die Konzentration und
verursachen erste Belastungsreaktionen.

80 dB entsprechen dem Lärm des Düsentriebwerks eines startenden Jets in 300 Metern Entfernung, dem Geräuschpegel an einer
Hauptverkehrsstraße, in einem Klassenzimmer oder bei Kirchenglocken in 200 Meter Entfernung. Das sorgt bei Dauerbelastung für ein erhöhtes Herz-Kreislauf-Risiko.

100 dB wie in einer lauten Fabrikhalle, von einer Kreissäge oder
einem Presslufthammer können bei jahrelanger Belastung Gehörschäden zur Folge haben.

120 dB wie beim Überschallknall eines Flugzeugs in 100 Metern Höhe,
auf einem Rockkonzert, neben einem Martinshorn oder einer Vuvuzela
können Ohrenschmerzen verursachen.

140 dB entsprechen dem Startgeräusch eines Flugzeugs in 40 Metern
Entfernung oder einer Trillerpfeife und machen Gehörschäden schon
nach kurzer Zeit möglich.

160 dB etwa bei einem Gewehrschuss in Mündungsnähe können
Gehörschäden schon bei einmaliger Einwirkung zur Folge haben.

Quelle: LHE

 
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