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Afrika

Krieg gegen Boko Haram

Nigerias Militärs geben sich einen Ruck

Nach dem Anschlag vom 12. Januar in Potiskum.
Nach dem Anschlag vom 12. Januar in Potiskum. (Bild: Adamu Adamu / AP)
Ein Mädchen ist in Nigeria als Selbstmordattentäterin missbraucht worden. Die Terrormiliz Boko Haram reagiert mit Grausamkeit und Verzweiflung auf eine Offensive alliierter Armeen.

In Potiskum, dem wirtschaftlichen Zentrum des Teilstaats Yobe im Nordosten Nigerias, hat am Sonntag ein junges Mädchen mindestens sieben Personen mit sich in den Tod gerissen. Es ist schon das zweite Mal innert eines Monats, dass die Terrormiliz Boko Haram in der Stadt Mädchen oder junge Frauen als Selbstmordattentäter instrumentalisiert. Im Januar waren bei einem Doppelanschlag sechs Marktgänger getötet und 40 verletzt worden. Beim neuesten Angriff wurden 20 Personen verletzt. Nach der jüngsten Attentatswelle hatten die Behörden von Yobe die Sicherheitsvorkehrungen verstärkt. Frauen im Tschador werden an gewissen Märkten nicht mehr eingelassen. Das Mädchen am Sonntag war laut nigerianischen Medien, die sich auf Augenzeugen beriefen, vier Mal von Polizisten abgewiesen worden. Es soll etwa siebenjährig gewesen sein. Die Ordnungshüter waren skeptisch genug, das Mädchen nicht auf einen auf Mobiltelefone spezialisierten Markt zu lassen, aber auch so nachlässig, es nicht zu durchsuchen. Schliesslich schlüpfte das Kind unter einem Zaun hindurch – in dem Moment explodierte sein Sprengstoffgürtel.

Armee gibt sich einen Ruck

Dass die Islamisten von Boko Haram grausam sind, ist nicht neu. Aber der Gewalt haftet neuerdings etwas Verzweifeltes an – möglicherweise eine Reaktion auf den militärischen Druck, dem die Terroristen ausgesetzt sind. Im Januar holte Tschad zusammen mit Kamerun zur Gegenoffensive aus, nachdem Boko Haram immer häufiger auf das Territorium der zwei Nachbarländer Nigerias vorgedrungen war. Für Tschad geht es um die Sicherung der Transportwege, vor allem einer Erdölpipeline, durch Kamerun. Seine Truppen legen dabei das Recht auf Grenzübertretung bei Verfolgungsjagden weit aus und bekämpfen die Islamisten bis weit nach Nigeria hinein.

Nigeria zog mittlerweile nach. Kurz vor der Präsidentenwahl von Ende März spielt dabei Wahlkalkül mit eine Rolle. Präsident Goodluck Jonathan räumte am Sonntag in einem Interview mit der Zeitung «This Day» ein, dass er die Bedrohung durch Boko Haram lange unterschätzt habe. Nun sei die Armee mit neuen Waffen ausgerüstet worden. Mehrere Kommandanten wurden ausgewechselt, erstmals üben Offiziere im Generalsrang die Befehlsgewalt vor Ort aus. Es sei, als ob ein Ruck durch die Armee gegangen sei, sagt ein westlicher Diplomat in Abuja.

Am Samstag eroberten die nigerianischen Truppen die strategisch wichtige Stadt Baga am Tschadsee zurück, die die Islamisten letzten Monat zweimal überfallen hatten. Viele Terroristen seien in den See geflohen und ertrunken, behauptete ein Armeesprecher. Das klingt nach Propaganda, die Rückeroberung Bagas an sich wurde aber von tschadischer Seite bestätigt.

Von der Familie gezwungen

Unterdessen fragen sich viele Nigerianer, wie siebenjährige Kinder zu Selbstmordattentätern werden. Wer steht dahinter? Laut der Sicherheitsexpertin Elizabeth Pearson vom Nigeria Security Network, einem Zusammenschluss von Konfliktforschern, kennt man die Antwort nicht, aber es gibt einen Hinweis. Letztes Jahr konnten zwei Selbstmordattentate von Mädchen im Teenageralter verhindert werden. Beide Male sagten die Kinder anschliessend in Verhören, sie seien von Familienangehörigen zu der Tat gezwungen worden.

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