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Aufgefallen

Serben und Türken

Der Genozid der andern

Seit einigen Jahren sprechen sowohl türkische als auch serbische Politiker öffentlich auch über die dunklen Kapitel in der Geschichte ihrer Völker. 2010 verabschiedete das serbische Parlament eine Deklaration, in der es die Ermordung von 8000 Bosnjaken durch bosnische Serben verurteilte. Im gleichen Jahr fuhr der damalige Präsident Serbiens, Boris Tadic, nach Srebrenica und verneigte sich vor den Opfern. Kürzlich, wenige Monate vor dem zwanzigsten Jahrestag des Massakers, begab sich Milorad Dodik, der Präsident des bosnisch-serbischen Teilstaates, zum Tatort in Srebrenica und legte Blumen nieder. Auch in der Türkei sind die Dinge in Bewegung geraten. Mit Blick auf den Massenmord der osmanischen Truppen an den Armeniern im Jahr 1915 sagte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan, er bedaure «die inhumanen Konsequenzen dieser Taten». Eine eigenartige Formulierung, aber immerhin.

Doch der Begriff des Genozids, den die meisten Historiker für angemessen halten, um die Armeniermorde zu charakterisieren, und mit dem internationale Gerichte die Tragödie von Srebrenica qualifizieren, ist in der serbischen und der türkischen Politik tabu. Umso mehr, als sein Gebrauch zum internationalen Politikum geworden ist: Die Nachkommen der Opfer wollen von den Nachkommen der Täter dieses ganz spezifische Geständnis hören. Letztere wehren sich dagegen, dieses Kainsmal unter den Völkern tragen zu müssen.

Interessanterweise haben jedoch weder Erdogan noch Dodik Probleme mit dem Begriff, wenn es um andere geht. Es hätte keinen Völkermord in Srebrenica gegeben, sagt Erdogan, wäre die Türkei damals so stark wie heute gewesen. Umgekehrt wundert sich Dodik, wie schwer sich die Türkei tut, ihren Genozid als solchen zu bezeichnen. Damit hat er keine Mühe. Um das zu unterstreichen, wollte Dodik zur Gedenkfeier nach Erewan fliegen. Er schaffte es nur bis zur türkischen Grenze. Dort wartete er vergeblich auf die Überflugerlaubnis. Erdogan hat seinerseits angekündigt, im Juli nach Srebrenica zur Gedenkfeier zu reisen.

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