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Oliver Reeses idealtypisches Stadttheater
Liebe, Komödie und Kammerspiel

«Die Wiedervereinigung der beiden Koreas», Joël Pommerats Mini-Beziehungsdramen-Serie, zeigt auf Deutsch als Erster der Frankfurter Schauspielintendant. Glänzend. Auch sonst macht er alles richtig.
  • von Peter Michalzik

Er kommt zu ihr, er kennt sie, er versteht sie, er liebt sie (wahrscheinlich) – und trotzdem ist sie nur schwer zu ertragen. Cécile und Serge gehen und stehen im Garten einer Klinik, sie waren sich nah, jetzt sind sie sich fremd. Sie sind verheiratet, und Cécile verliert ihr Gedächtnis. Sie haben Kinder, aber Cécile weiss nichts mehr von ihnen. Serge könnte aus der Haut fahren, wenn sie ihn schon wieder siezt. Aber immerhin, das macht es den beiden möglich, ein ganz klein wenig zu flirten wie beim ersten Mal.

Da stellt sie die Frage. «Haben wir miteinander geschlafen?» Ja klar, regt er sich auf, aber er geniesst den Moment auch, vielleicht werden sie es gleich wieder tun. Und was macht diese kleine Frau, die gerade dabei ist, sich selbst aufzulösen? Sie schmunzelt. Über sich oder ihn oder die Situation? Für einen Moment scheint sich in ihr zusammenzufügen, was zerfällt, sie scheint zu begreifen: Du und ich, Lust und Liebe. Sie muss lächeln. «Haben wir miteinander geschlafen?» Und dann kommt wieder die Nacht, wo die Gefühle nur vereinzelt umherstreifen, wo in Teile zerfällt, was allein im Zusammenhang etwas ist. Corinna Kirchhoff spielt Cécile zart-zerbrechlich im weichen Pulli, halbentrückt und elfenpräsent, von fern herbeigeholt und doch voll da. Ein Echo nur noch ihrer selbst, und doch spürt man, wie das Lusttier gleich aus ihr entschlüpfen könnte. Hier zeigt sich, was diese Schauspielerin kann. Der soignierte Autohändler, den Till Weinheimer mit erstaunlicher Selbstverständlichkeit dagegenstellt, macht die stille Szene zur zentralen des Stücks.

«Die Wiedervereinigung der beiden Koreas», deutsch erstaufgeführt in den Kammerspielen Frankfurt vom Intendanten Oliver Reese (Premiere war vor ein paar Tagen bei den Ruhrfestspielen), ist ein kleines und ein grosses Stück. Es ist ein Fragmentfries aus 20 (hier: 19) kleinen Liebesszenen, und es stellt die grosse Frage: Was ist Liebe? Oder, gefährlicher vielleicht: Glaubst du an die Liebe? Es zieht eine Perlenkette funkelnder Amouren über die Bühne, die sich allesamt nach kurzem Aufblitzen wieder im Nichts verlieren.

Joël Pommerat, der Autor, hat es 2013 mit seiner Compagnie Louis Brouillard im Pariser Odéon-Theater uraufgeführt. Auch mit diesem Stück zeigt er, was die lange in Deutschland so geschmähte französische Dramatik so gut kann: Gesellschaft abbilden, reflektieren, durchleuchten. Das verwundert nicht. Mehr dagegen, dass das in Deutschland so lange unerkannt blieb. Yasmina Reza galt als die grosse Ausnahme. Aber Pommerat ist ein gleichwertiger Autor.

Die Frankfurter Aufführung, die erste des Stückes im deutschen Sprachraum, sagt viel auch über das Frankfurter Theater. Denn was hier, im geschmackvoll eingerichteten Ambiente mit zehn Türen, in drei Stunden über die Bühne schnurrt, ist so etwas wie die Fortsetzung einer Reihe. Oliver Reese, Regisseur und Intendant, ist mittlerweile Spezialist für Liebe und französische Dramatik (Rezas «Kunst», Racines «Phädra»). Pommerats «Wiedervereinigung» scheint fast erfunden, um Moritz Rinkes «Wir lieben und wissen nichts» mit Inhalt zu füllen, ein Stück, das Reese uraufgeführt hat. Mit Rinke will er auch am Berliner Ensemble weiterarbeiten, dessen Intendant Reese in zwei Jahren wird. Da deutet sich wohl eine Richtung an.

Reese hat das Schauspiel Frankfurt mittlerweile zu einem nahezu idealtypischen Stadttheater gemacht. Er macht so viel richtig, dass es zu viel ist, es hier aufzuzählen: Er hat die Stadtgesellschaft für sich gewonnen, er hat ein passendes Ensemble geschaffen, er kommt mit der grossen, schwierigen Bühne hervorragend zurecht, er hat ein Repertoire aufgebaut, das das bürgerliche Publikum dort abholt, wo es sich befindet.

Seit dieser Spielzeit hat er das Haus auch noch geöffnet. Mittlerweile zeigen sich hier unterschiedlichste Spielweisen, der kanadische Regisseur Dave St. Pierre etwa hat einen finsteren «Macbeth» ohne Worte, aber mit Schauspielern als Tänzern erarbeitet, es gibt einen «Danton» nur aus Worten und Walzen, eine eigensinnig-visionäre Fassung von Dostojewskis «Idiot», Aufführungen von Falk Richter, Jürgen Kruse, Kay Voges. Extrem unterschiedliche Ästhetiken, in Frankfurt alle bravourös gespielt. Dabei hat das wichtigste Projekt dieser Spielzeit – der Russe Konstantin Bogomolow sollte Grass' «Blechtrommel» inszenieren – gar nicht stattgefunden. Bogomolow verschwand. Aber auch das wurde noch zum Triumph für den Schauspieler Nico Holonics, der allein (inszeniert ebenfalls von Reese) das Theater füllt. Liebe, Komödie und Kammerspiel, das können sie in Frankfurt, wie jetzt wieder zu sehen war, ohnehin.

So ist dieses Schauspiel mittlerweile ein effizienter, beweglicher Hochleistungsbetrieb mit deutlich erkennbarer Kernkompetenz und der Fähigkeit, sich auf Fremdes einzulassen. Viel mehr ist von einem Stadttheater nicht zu erwarten. Da anzuknüpfen, ist nicht leicht – ein Auftrag, den der neue Intendant, Anselm Weber, ganz offensichtlich hat.

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