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Eindrücke vom 26. Jazzfestival Schaffhausen
Wie Wörter und Sätze

Das 26. Jazzfestival Schaffhausen bot ein abwechslungsreiches Programm mit Schweizer Formationen. Das Spektrum reichte von Hard-Core-Rock-Sounds bis zur freien Improvisation.
  • von Ueli Bernays

Ist Musik eine Sprache? Das Improvisieren im Jazz jedenfalls wird oft mit Sprechakten verglichen – nicht ohne Grund: Da wie dort greift man auf ein Vokabular, auf allgemein verständliche, aber persönlich gefärbte Ausdrucksformen zurück, um aus dem Moment heraus Phrasen zu formen. So ergeben sich zunächst Monologe. Wo aber zwei oder mehr Akteure aufeinandertreffen, besteht die Chance eines Austausches, eines Gesprächs mit offenem Ausgang.

Bravour im Trio

Ihre Musik sei so konzipiert, erklärte Michael Arbenz, der Pianist des Basler Trios Vein, «dass ä jede ka si Sänf sage». Mehr Understatement war kaum möglich. Am Freitagabend im gutbesuchten Kulturzentrum Kammgarn deklinierte Arbenz mit seinem Bruder Florian am Schlagzeug und dem Bassisten Thomas Lähns souverän und virtuos verschiede Paradigmen der Triotradition: In den ausgeklügelten Stücken gab es geradlinigen Swing ebenso zu hören wie flirrende Klangbilder, packende Expressivität. Auch die Kombinatorik der Register wurde konsequent genutzt, die drei Instrumentalisten profilierten sich also im Trio, Duo, Solo. Eleganz und vornehme Reserve bestimmte den Tonfall ihres gelungenen Auftritts. Manchmal allerdings spielte das Trio knapp an der Perfektionsfalle vorbei: Ohne einen Hauch von Abenteuer, ohne die Möglichkeit des Scheiterns verliert die Jazzimprovisation ihre Spannung. Und bei Vein hatte man zuweilen das Gefühl, das künstlerische Bewusstsein habe zu weit vorausgeplant. Von eigenartiger Beklemmung geprägt war zuvor der Auftritt des Trios Third Reel mit Nicolas Masson (sax), Roberto Pianca (g) und Emanuele Maniscalco (dr), das sein neues Album «Many More Days» taufte. Ruhig, konzentriert und etwas steif intonierten die drei ihre Stücke, die zumeist auf melodische Kürzel oder gitterartige Sound-Vignetten reduziert sind, die sich im Rubato nur langsam entwickeln. Ohne Bass und Bodenhaftung kommt diese Musik nicht voran, reisst nicht mit, vielmehr dehnt sie sich sphärisch aus und entfaltet dabei eine prekäre Schönheit. Aber in diesem länglichen Ambient formt sich die Improvisation kaum zu artikulierten Phrasen, sie bildet eine triefende Lineatur, in der man sich verfangen kann wie in den Fängen der Melancholie.

Da bewies Noisy Minority aus Zürich mehr Vitalität, mehr Wärme, Witz und Trotz. Der Saxofonist Omri Ziegele hat für diese Band mit Jan Schlegel am E-Bass, Dieter Ulrich am Schlagzeug sowie dem prominenten amerikanischen Gast Ray Anderson an der Posaune Stücke geschrieben, in denen fixierte Passagen wie Katapulte wirken für freiere Improvisationen. So war einerseits gesorgt für ein energetisches Gemisch aus Free Jazz, Marschmusik und Post Punk. Andrerseits überzeugte die Band auch durch dynamische Kontraste und dramatische Dichte.

Tatsächlich bewährte sich hier die Metapher des Sprechens recht gut – in den Duopassagen lieferten sich Ziegele und Anderson Wortgefechte: Sie quatschten sich förmlich voll, sie texteten sich zu, um sich dann doch in harmonischem Einvernehmen wiederzufinden. Für Ziegele aber, der manchmal vornübergebeugt wie ein Boxer Kampfbereitschaft zu markieren schien, ist Musik eine Obsession, die ihn immer wieder auch in die Sprache treibt. In suggestivem Parlando verkündete er sinngemäss, man werde dem Tod nicht klein beigeben, solange man noch über ein Wort, über einen Atemzug verfüge. Eigenartig aber, wie sich dieses Reden plötzlich in die musikalische Logik drängte: Wo vorher die Vierfältigkeit der Band sich einem weitgehend unhierarchischen Interplay hingab, regierte sofort das Wort mit seiner hochtrabenden Bedeutung, um aus Musik Begleitung zu machen.

«Jazz not dead», versicherte am Samstag Carine Zuber, die Leiterin des Zürcher Jazzklubs Moods. Im Rahmen der 12. Schaffhauser Jazzgespräche – ein fester Programmpunkt des Festivals – zeichneten vier erfahrene Klubbetreiber bezüglich Publikumsaufkommen ein erstaunlich rosarotes Bild. Dass die globalen Umbrüche des Musikbusiness auch die Schweizer Szene durchschütteln, zeigten danach indes zwei Referate von Musikern, die sich angesichts der Krise selber zu helfen wissen: Der Berner Saxofonist Don Li stellte seinen Klub Orbital Garden vor, wo der Eintritt stets frei ist. Finanziert wird das Projekt nämlich von Fans, die monatlich zehn Franken einzuzahlen bereit sind. Der Zürcher Pianist und Produzent Ephrem Lüchinger präsentierte «Creatribe» – eine Online-Plattform, über die nicht wie beim Crowdfunding einzelne Projekte finanziert werden; vielmehr sollen Musiker über das geteilte Mäzenatentum eines «Tribes» ihr Auskommen finden können.

Am letzten Abend der insgesamt abwechslungsreichen, an Höhepunkten und Tiefpunkten eher armen Festivalausgabe 2015 taufte das Luzerner Trio Schnellertollermeier sein Debütalbum «X» und sorgte dabei für brachiale Erschütterungen. Allerdings wurden die rockigen Sound-Kaskaden durch kantige Pattern-Ketten getaktet. Und dabei wechselte ein Sperrfeuer harter Riffs und Tremolos mit offenen Noise-Passagen ab. Schnellertollermeier gemahnt an Hard-Core-Legenden der achtziger Jahre (wie No Means No) oder an Math-Rock (à la Battles). Den gewieften Instrumentalisten war anzumerken, dass sie lange geübt haben, sie spielten gekonnt und sicher. Allerdings vermisste man eine gewisse Nonchalance und Anarchie, ohne die Sounds von Rock, Hard Core und Noise etwas zu anständig daherkommen.

New Yorker Impressionen

Vergleichbare Erfahrungen machte man danach auch am Konzert von Raw Vision, wobei das Sextett aus Zürich wieder jazzig tönte. Der Saxofonist Christoph Grab hat in New York gewohnt und seine Impressionen in heiteren Kompositionen verewigt, aus denen man mondäne Eleganz und das Wimmeln des Stadtlebens herauszuhören glaubt. Dabei kommen alle seine hochkarätigen Kollegen solistisch zum Einsatz: Frank Möbus (g), Silvan Jeger (b), Maxime Paratte (dr), Bernhard Bamert (tromb) und Thomas Lüscher (acc) bewiesen in Features zwar ihre musikalische Sensibilität und Flexibilität. Ihre Solos zeugten aber nicht von roher Vision – sie klangen vielmehr ausgekocht, abgebrüht. Erst als zum Schluss ältere Stücke hervorgeholt wurden, glänzte das Sextett durch lebendige Gesprächigkeit. Je besser Improvisatoren Vorgaben kennen, desto frecher wird ihr Spiel. Ob ein namhaftes Festival der richtige Ort ist für Premieren und CD-Taufen, sei deshalb dahingestellt.

Die Türkei und die Kurden
Friedensprozess in der Sackgasse

Die innenpolitischen Spannungen spielen Staatspräsident Erdogan in die Hände. Die von Misstrauen durchtränkte Annäherung zwischen Ankara und der kurdischen Arbeiterpartei (PKK) droht zu scheitern (Aufnahme: 24. Juli).

Nach den Luftangriffen im Nordirak schieben sich Ankara und die kurdische Arbeiterpartei PKK die Schuld für den Bruch des Waffenstillstandes zu. Staatspräsident Erdogan profitiert von den Spannungen.

  • von Marco Kauffmann Bossart, Istanbul

Was heute wichtig ist

Gerüchte über Grexit-Geheimplan / Erdogan profitiert von den Spannungen in der Türkei / UBS steigert Reingewinn / sowie weitere Themen - zuletzt aktualisiert 8:35 Uhr

  • von Nina Fargahi