Wahl in Österreich Die ganz normale Feindseligkeit
Rechtspopulismus und dumpfe Parolen sind gesellschaftsfähig geworden und finden große Zustimmung. Das ist das Ergebnis der Wahl in Österreich. Das Beunruhigende: Es gibt kein Rezept dagegen.
Österreich ist heile Welt. Der Lebensstandard ist so hoch wie kaum irgendwo anders in der Welt. Dem Land geht es im Vergleich zu anderen Ländern unfassbar gut. Ja, es hat für seine Verhältnisse viele Flüchtlinge aufgenommen, aber es hat die Herausforderungen im Großen und Ganzen gut bewältigt. Und es könnte der Zukunft zuversichtlich entgegenblicken, trotz aller Problemchen, Veränderungen dort, wo sie für nötig erachtet werden, engagiert umsetzen und dabei ein menschliches, freundliches, soziales Land sein.
Aber nein, die Menschen sind grantig und wählen Protest. Es geht kaum darum, die Probleme zu lösen, sondern darum, Wut abzulassen. Als Begründung müssen Ängste und Sorgen herhalten, die Kultur und Traditionen Österreichs seien in Gefahr, es drohe eine Islamisierung und das Land sei bald nicht mehr wiederzuerkennen, wenn nicht bald etwas geschehe.
Anstatt Sozial-, Steuer-, Bildungs-, Wirtschafts-, Gesundheits-, Renten- oder Verkehrspolitik - wirklich wichtige Themen - spielten fast ausschließlich Flüchtlinge und Ausländer, Zuwanderung und Islam die Hauptrolle im Wahlkampf. Die FPÖ gab hier die Marschrichtung vor, die ÖVP folgte schamlos, verpackte die rechtspopulistischen Inhalte nur hübscher und triumphierte am Ende sogar. Selbst die SPÖ scheute nicht davor zurück, rechte Töne zu spucken.
Mit Ausländerfeindlichkeit, Islamophobie, Europakritik und Anti-Flüchtlingspolitik lassen sich in Österreich Wahlen gewinnen. Je polternder, je feindseliger, desto besser. Weil angeblich die Mehrheit so denkt und weil in der Demokratie die Mehrheit bestimmt, glauben Politiker, das sei in Ordnung. Ein Beispiel: Die Schließung der Balkanroute mit all ihren furchtbaren Folgen für die Flüchtenden war im Wahlkampf allen Ernstes etwas, womit der künftige Kanzler Sebastian Kurz sich brüstete, anstatt sich zu schämen oder wenigstens darüber zu schweigen.
In Österreich regieren aller Wahrscheinlichkeit nach demnächst Rechtspopulisten und auch Politiker mit Verbindungen zu Neonazis mit. Ein Aufschrei dagegen bleibt aus. Die Gefahr, die das birgt, ist, dass wir anfangen zu glauben, deren Gedankenwelt wäre normal. Dass wir beginnen zu denken, es wäre legitim, unverrückbare demokratische Prinzipien wie Freiheitsrechte, Rechtsstaatlichkeit oder das Gewaltmonopol des Staates in Frage zu stellen und solche Prinzipien als verhandelbar anzusehen. Dass wir die Diskriminierung von Menschen wegen ihrer Hautfarbe, ihres Glaubens, ihrer sexuellen Orientierung oder ihrer Überzeugungen für akzeptabel halten. Dass Rassismus noch weiter in die Mitte der Gesellschaft rückt. Dass Hemmungen, Menschen zu beleidigen, zu bespucken, ihnen Gewalt anzutun, weiter fallen. Rechtspopulistische Politiker mögen am Rande der Legalität reden - viele ihrer Anhänger handeln jenseits dieser Grenze und fühlen sich nun bestätigt.
Die FPÖ hat schon einmal in Österreich mitregiert. Sie ist in Landesregierungen und in Gemeinden an der Macht. Sie hat Korruptionsskandale zu verantworten, die den österreichischen Steuerzahler ein Vielfaches dessen abverlangen, was die Flüchtlinge den Staat kosten. Trotzdem hat es ihr nicht geschadet. Sie zu entzaubern, weil sie ihrer Verantwortung als Regierungspartei nicht gerecht wurde, ist nicht gelungen.
Sebastian Kurz hat immer davon gesprochen, dass er für einen neuen Stil stehe. Es ist nun seine Aufgabe, dafür zu sorgen, dass Extremismus in diesem Stil keinen Platz hat.
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