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Merkmalsgesteuerter Grammatikerwerb Eine Untersuchung zum Erwerb der Struktur und Flexion von Nominalphrasen Inaugural-Dissertation zur Erlangung des akademischen Grades eines Doktors der Philosophie (Dr. phil.) durch die Philosophische Fakultät der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf Gutachter: Prof. Dr. Harald Clahsen Prof. Dr. Dieter Wunderlich vorgelegt von Sonja Eisenbeiß aus Zweibrücken Disputation: 28.04.2003 D 61 D 61 Danksagung Wenn man ein Plädoyer für die Kooperation von theoretischer Linguistik und Psycholinguistik verfassen und seine Argumentation dabei durch Korpusanalysen absichern will, so kann man dies nicht ohne die Hilfe und Diskussionsbereitschaft von Freunden und Kollegen aus der theoretischen Linguistik und der Psycholinguistik tun. Daher möchte ich an dieser Stelle all jenen danken, ohne die ich diese Arbeit so nicht hätte schreiben können: Die Grundlagen für die vorliegende Arbeit habe ich im Rahmen einer Doktorandenstelle im DFG-Projekt LEXLERN ("Lernbarkeit und Lexikalisches Lernen"), im Sonderforschungsbereich 282 "Theorie des Lexikons", gelegt. Für diese Gelegenheit und die Möglichkeit, die im Projekt erhobenen Daten auch nach Beendigung dieses Projektes zu nutzen, bin ich sehr dankbar. Mein Doktorvater, Harald Clahsen, der dieses Projekt geleitet hat, machte mich mit der Verbindung von quantitativer Datenanalyse und theoretischer Linguistik bekannt und schien dies erstaunlicherweise selbst angesichts von Anhang F nicht zu bereuen. Es war immer sehr produktiv und anregend, mit ihm "noch mal durch die Daten zu gehen", und seine vielen guten und stets konstruktiven Kommentare zu Fragen der Theorie und Methodik haben sicherlich sehr zur Verbesserung dieser Arbeit beigetragen. Dieter Wunderlich verdanke ich, neben der Arbeitsmöglichkeit in dem von ihm geleiteten SFB 282, zahlreiche Anregungen zu den unterschiedlichsten Aspekten dieser Arbeit - vor allem aber die Merkmale [±hr] und [±lr], mit denen man so elegant erklären kann, warum Kinder sagen ich helfe dich aber Du gehörst das. Wolfgang Klein möchte ich nicht nur für interessante Diskussionen und seine Geduld danken, sondern auch für den unschätzbaren intellektuellen und organisatorischen Freiraum, den er mir am MPI für Psycholinguistik in Nijmegen für die Fertigstellung dieser Arbeit gegeben hat. Die Datenbasis dieser Arbeit verdanke ich natürlich in erster Linie den Kindern, deren Daten ich untersuchen durfte, ihren Eltern und Betreuerinnen, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des LEXLERN-Projektes und all jenen, die mir bei der Erhebung und Analyse der Korpora, bei Literaturrecherchen und technischen Problemen halfen. Besonderer Dank gilt dabei: Joana Cholin, Rebecca Groß, Meike Hadler, Axel Huth, Christian Kissing, Klaudia Kursawe, Renate Lakämper, Anja Latrouite, Wolfgang Molitor, Martina Penke, Peter Prüfert, Anette Rosenbach und Martin Schaeffer. Dafür, daß ich am MPI in Nijmegen stets auf eine perfekte technische Ausstattung zurückgreifen konnte, danke ich Peter Wittenburg und den Mitgliedern seiner technischen Gruppe am MPI. Anregende Diskussionen, Literaturhinweise, Brainstorming-Spaziergänge, aufbauende Kaffee/Teepausen und vieles mehr verdanke ich meinen Kollegen und Kolleginnen am Institut für Deutsche Sprache und Literatur in Köln, am Seminar für Allgemeine Sprachwissenschaft in Düsseldorf und am MPI für Psycholinguistik in Nijmegen, insbesondere: Jürgen Bohnemeyer, Melissa Bowerman, Ursula Brinkmann, Penny Brown, Joana Cholin, Manfred Consten, Kathrin Deloughne, Nigel Duffield, Meike Hadler, Birgit Hellwig, Frauke Hellwig, Anja Ischebeck, Sandra Joppen, Ingrid Kaufmann, Klaudia Kursawe, Sebastian Löbner, Friederike Lüpke, Ayumi Matsuo, Bill McGregor, Bhuvana Narasimhan, Susanne NiedeggenBartke, Teresa Parodi, Martina Penke, Anette Rosenbach, Barbara Schmiedtova, ClaudiaMaria Schmidt, Mandana Seyffedinipur, Dan Slobin, Helga Weyerts und David Wilkins. Wertvolle Hinweise und Anregungen verdanke ich auch Keiko Murasugi, Andrew Radford, Carson Schütze, Heide Wegener, Ilse Zimmermann, vor allem aber Tom Roeper, der mir seit meinem ersten Sommerschulkurs bei ihm eine stete Quelle der Motivation und Inspiration war. Außerdem möchte ich Manfred Consten, Martina Penke, Ingrid Sonnenstuhl, vor allem aber Meike Hadler und Bettina Landgraf für ihre hilfreichen, prompten und detaillierten Kommentare und ihre "Kind-mach-Blätter"-Aufrufe danken. Daran, daß es so viele geworden sind, tragen sie natürlich keine Schuld. Dank verdienen auch meine Familie und die Freundinnen und Kolleginnen, bei denen ich in Schreibklausur gehen konnte: Anja Ischebeck, Bettina Landgraf, Claudia-Maria Schmidt, vor allem aber Ingrid Sonnenstuhl, die mich bei meinem letzten entscheidenden Schreibschub perfekt umsorgt und von allen Ablenkungen abgeschirmt hat. Es fällt mir sehr schwer, mir vorzustellen, wie ich diese Arbeit in einer anderen Umgebung hätte beenden können. Unvorstellbar ist mir, wie ich auf Meike Hadlers absolut perfekte und bewunderungswürdig geduldige Endphasenbetreung hätte verzichten können. Für einen festen Anlaufpunkt in all den Jahren und ihre Unterstützung möchte ich meiner Familie danken - und den "Rheinländern", die in Zeiten, in denen die äußeren Bedingungen der Fertigstellung dieser Arbeit alles andere als förderlich waren, immer für mich da waren und mich daran erinnert haben, daß "hoffentlich alles gut wird": Manfred Consten, Rainer Franzen, Britta Giegerich, Bettina Landgraf, Georg Maasackers, Martin Schaeffer, Claudia-Maria Schmidt und Ingrid Sonnenstuhl. Inhaltsverzeichnis Einleitung .......................................................................................................................1 I Spracherwerbsforschung und Grammatiktheorie ...............................9 1 Die Entstehung der Spracherwerbsforschung ............................................11 2 Quantitative und linguistische Methoden in der Spracherwerbs forschung ......................................................................................................15 3 4 Die Übertragung linguistischer Modelle auf Erwerbsdaten......................20 3.1 Die Standardtheorie der generativen Grammatik .....................................21 3.2 Das Spracherwerbsmodell der Standardtheorie ......................................22 Erste eigenständige Modelle der Spracherwerbsforschung ......................27 4.1 Die Suche nach universellen Beschränkungen für grammatische Repräsentationen...................................................................................27 5 4.2 Die Neuorientierung der Spracherwerbsforschung ..................................30 4.3 Die psychologisch orientierte Spracherwerbsforschung ...........................34 4.4 Die Lernbarkeitstheorie..........................................................................42 4.5 Die linguistisch orientierte Spracherwerbsforschung.................................47 4.6 Die Neubestimmung der interdisziplinären Beziehungen...........................50 Ein gemeinsames Forschungsprogramm für Grammatiktheorie und Erwerbsforschung ........................................................................................52 5.1 Die Prinzipien-und-Parameter-Theorie ...................................................52 5.2 Das Spracherwerbsmodell der PPT .......................................................57 5.3 5.2.1 Das Ordnungsproblem.............................................................59 5.2.2 Das Entwicklungsproblem........................................................62 Die Entwicklung eines parallelen Forschungsprogramms..........................66 6 Beschränkungen für die linguistische und psycholinguistische Theoriebildung .............................................................................................68 7 6.1 Beschränkungen für das Parameterformat...............................................68 6.2 Die Kontinuitätsdebatte..........................................................................75 6.3 Empirische Untersuchungen zur Kontinuitätsfrage....................................79 6.4 Beschränkungen für die Parameterfixierung.............................................83 6.5 Die Interaktion von linguistischen und psycholinguistischen Annahmen.....86 Minimalismus und Spracherwerbsforschung..............................................91 7.1 Minimalistische Grammatikmodelle.........................................................91 7.2 Minimalistische Ansätze in der Spracherwerbsforschung .......................108 7.3 Die Intensivierung der Kooperation zwischen theoretischer Linguistik und Erwerbsforschung..........................................................116 8 II Zusammenfassung......................................................................................119 Merkmalsgesteuerter Strukturaufbau .................................................121 1 Die Architektur der Grammatik................................................................122 1.1 Ebenen der grammatischen Repräsentation...........................................122 1.2 Lexikalische Repräsentationen..............................................................128 2 Metaprinzipien...........................................................................................136 3 Prädispositionen für die Kategorisierung sprachlicher Elemente.....................................................................................................149 3.1 Das Bootstrappingproblem und das Spezifizitätsprinzip .........................149 3.2 Beschränkungen für grammatikalisierbare Dimensionen und Distinktionen........................................................................................152 4 3.3 Kategoriale Merkmale .........................................................................154 3.4 Funktionale Merkmale .........................................................................160 3.5 Relationale Merkmale ..........................................................................163 3.6 Formale Merkmale ..............................................................................178 Arbeitshypothesen.....................................................................................185 III Die Entwicklung der Nominalphrasenstruktur und -flexion...............................................................................................................195 1 2 Datenbasis und Methode der empirischen Untersuchung .......................197 1.1 Spontansprachaufnahmen und Elizitationsverfahren...............................198 1.2 Die Transkription, Kodierung und Analyse der Daten ...........................204 Der Erwerb von D-Elementen...................................................................209 2.1 Linguistische Analysen und Vorhersagen für den Erwerb.......................209 2.2 Vorliegende Befunde ...........................................................................219 2.3 2.2.1 Die Struktur des Entwicklungsverlaufs....................................219 2.2.2 Distributionsbeschränkungen..................................................223 2.2.3 Entwicklungsdissoziationen....................................................230 Auswertung der Korpora.....................................................................240 2.3.1 Die Struktur des Entwicklungsverlaufs....................................240 2.3.2 Syntaktische Distributionsbeschränkungen..............................244 2.3.3 Lexikalische Distributionsbeschränkungen..............................245 2.3.4 Die Kombinierbarkeit von D-Elementen und Adjektiven............................................................................255 2.3.5 2.4 3 Entwicklungsdissoziationen....................................................257 Diskussion...........................................................................................262 Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphrasen-interner Kongruenz ..................................................................................................270 3.1 3.2 Flektierte D-Elemente..........................................................................272 3.1.1 Linguistische Analysen und Vorhersagen für den Erwerb ........272 3.1.2 Vorliegende Befunde.............................................................281 3.1.3 Auswertung der Korpora.......................................................289 Postpositionen und nominale Affixe ......................................................320 3.2.1 Linguistische Analysen und Vorhersagen für den Erwerb ........320 3.2.2 Vorliegende Befunde.............................................................327 3.2.3 Auswertung der Korpora.......................................................344 3.3 3.4 3.5 4 5 Personalpronomina ..............................................................................352 3.3.1 Linguistische Analysen und Vorhersagen für den Erwerb ........352 3.3.2 Vorliegende Befunde.............................................................356 3.3.3 Auswertung der Korpora.......................................................362 Der Einstieg ins Kasussystem...............................................................373 3.4.1 Linguistische Analysen und Vorhersagen für den Erwerb ........374 3.4.2 Vorliegende Befunde.............................................................381 3.4.3 Auswertung der Korpora.......................................................393 Diskussion...........................................................................................399 Der Erwerb der Possessivkonstruktion....................................................422 4.1 Linguistische Analysen.........................................................................424 4.2 Vorhersagen für den Erwerb................................................................430 4.3 Vorliegende Befunde ...........................................................................434 4.4 Auswertung der Korpora.....................................................................438 4.5 Diskussion...........................................................................................443 Die Effektivität und Validität der verwendeten Elizitationsverfahren..................................................................................448 6 Zusammenfassung......................................................................................458 IV Implikationen der Idee des merkmalsbasierten Strukturaufbaus ............................................................................................461 1 Das logische Problem................................................................................462 2 Das Entwicklungsproblem.........................................................................485 3 Das Ordnungsproblem...............................................................................494 4 Das Bootstrappingproblem........................................................................498 5 Spracherwerbsforschung und theoretische Linguistik .............................504 Schlußbemerkungen..............................................................................................509 Literaturverzeichnis ..............................................................................................513 Anhang ........................................................................................................................557 Anhang A - Überblick über die Korpora ................................................................557 Anhang B - D-Elemente in Nominalphrasen ohne Adjektiv......................................560 Anhang C - Lexikalische Beschränkungen für D-Elemente.......................................563 Anhang D - D-Elemente in Nominalphrasen mit Adjektiv.........................................566 Anhang E - Typen von D-Elementen in Nominalphrasen ohne Adjektiv....................569 Anhang F - Die Flexion von D-Elementen...............................................................573 Anhang G - Kasusmarkierungen an Nomina............................................................597 Anhang H - Personalpronomina ..............................................................................599 Anhang I - Kasusmarkierungen in Phase IV ............................................................607 Anhang J - Possessivkonstruktionen........................................................................612 Anhang K - Auszug aus dem Andreas-Korpus (Wagner 1985) ...............................615 Abbildungsverzeichnis Kapitel I Abb.I-1: Das Spracherwerbsmodell der Standardtheorie..............................................22 Abb.I-2: Mögliche Abweichungen der Hypothese von der Zielsprache .........................44 Abb.I-3: Das PPT-Modell der generativen Grammatik (Chomsky 1981)......................55 Abb.I-4: Das Spracherwerbsmodell der PPT (Chomsky 1981)....................................58 Abb.I-5: Hypothesen zur Kontinuität des Kategorieninventars ......................................77 Abb.I-6: Das Minimalistische Programm (Chomsky 1995) .........................................106 Kapitel II Abb.II-1: Relationale Merkmalsspezifikationen für Argumente intransitiver, transitiver und ditransitiver Verben............................................170 Abb.II-2: Relationale Merkmalsspezifikationen für Argumente intransitiver, transitiver und ditransitiver Verben............................................172 Kapitel III Abb.III-1: Durch die Korpora abgedeckter MLU-Bereich ...........................................198 Abb.III-2: Adams Subjekte in W-Fragen (Schütze 1997:259)......................................207 Abb.III-3: Emblas overte D-Elemente in obligatorischen Kontexten (Bohnacker 1997).......................................................................................223 Abb.III-4: Overte D-Elemente in obligatorischen Kontexten - Annelie...........................241 Abb.III-5: Overte D-Elemente in obligatorischen Kontexten - Hannah..........................242 Abb.III-6: Overte D-Elemente in obligatorischen Kontexten - Leonie............................242 Abb.III-7: Overte D-Elemente in obligatorischen Kontexten - Mathias..........................243 Abb.III-8: Overte D-Elemente und potentiell formelhafte Prädikat-DeterminiererVerbindungen - Annelie...............................................................................248 Abb.III-9: Overte D-Elemente und potentiell formelhafte Prädikat-DeterminiererVerbindungen - Hannah...............................................................................249 Abb.III-10: Overte D-Elemente und potentiell formelhafte Prädikat-DeterminiererVerbindungen - Leonie................................................................................249 Abb.III-11: Overte D-Elemente und Types von Determinierer-NomenVerbindungen - Annelie...............................................................................251 Abb.III-12: Overte D-Elemente und Types von Determinierer-NomenVerbindungen - Hannah...............................................................................251 Abb.III-13: Overte D-Elemente und Types von Determinierer-NomenVerbindungen - Leonie................................................................................252 Abb.III-14: Overte D-Elemente und Types von Determinierer-NomenVerbindungen - Mathias..............................................................................252 Abb.III-15: Possessivpronomina, bestimmte und unbestimmte Artikel in obligatorischen Kontexten für D-Elemente - Annelie.................................258 Abb.III-16: Possessivpronomina, bestimmte und unbestimmte Artikel in obligatorischen Kontexten für D-Elemente - Hannah.................................259 Abb.III-17: Possessivpronomina, bestimmte und unbestimmte Artikel in obligatorischen Kontexten für D-Elemente - Leonie..................................259 Abb.III-18: Possessivpronomina, bestimmte und unbestimmte Artikel in obligatorischen Kontexten für D-Elemente - Mathias................................260 Abb.III-19: Die Verwendung zielsprachlicher D-Elementformen Annelie, Hannah, Leonie, Mathias................................................................292 Abb.III-20: Die Verwendung zielsprachlicher D-Elementformen - Annelie.......................296 Abb.III-21: Die Verwendung zielsprachlicher D-Elementformen - Hannah.......................297 Abb.III-22: Die Verwendung zielsprachlicher D-Elementformen - Leonie........................298 Abb.III-23: Die Verwendung zielsprachlicher D-Elementformen - Mathias......................299 Abb.III-24: Die Verwendung zielsprachlicher D-Elementformen - Andreas .....................304 Abb.III-25: Die Verwendung zielsprachlicher D-Elementformen - Carsten ......................304 Abb.III-26: Die Verwendung zielsprachlicher D-Elementformen - Svenja........................305 Abb.III-27: Die zielsprachliche Verwendung von D-Elementformen Annelie, Hannah, Leonie, Mathias................................................................307 Abb.III-28: Die Distribution von Singular- und Pluralformen von Nomina Annelie .......................................................................................................345 Abb.III-29: Die Distribution von Singular- und Pluralformen von Nomina Hannah.......................................................................................................345 Abb.III-30: Die Distribution von Singular- und Pluralformen von Nomina Leonie ........................................................................................................346 Abb.III-31: Die Distribution von Singular- und Pluralformen von Nomina Mathias.......................................................................................................346 Abb.III-32: Personalpronomina und lexikalische Nominalphrasen mit overtem D-Element oder obligatorischem Kontext für D-Element - Annelie.................................363 Abb.III-33: Personalpronomina und lexikalische Nominalphrasen mit overtem D-Element oder obligatorischem Kontext für D-Element - Hannah................................364 Abb.III-34: Personalpronomina und lexikalische Nominalphrasen mit overtem D-Element oder obligatorischem Kontext für D-Element - Leonie..................................364 Abb.III-35: Personalpronomina und lexikalische Nominalphrasen mit overtem D-Element oder obligatorischem Kontext für D-Element - Mathias................................365 Abb. III-36: Personalpronomina und lexikalische Nominalphrasen mit overtem D-Element oder obligatorischem Kontext für D-Element - Svenja..................................365 Abb.III-37: Subjektmarkierung mit ga bei Sumihare (Morikawa 1989)...........................386 Abb.III-38: Nominativmarkierung in obligatorischen Kontexten.......................................393 Abb.III-39: Kasusmarkierungen in Phase IV ..................................................................395 Abb.III-40: Nominalphrasen mit Kontexten für D-Elemente............................................449 Abb.III-41: Nominalphrasen mit Adjektiv und Kontexten für D-Elemente.......................452 Abb.III-42: Possessivkonstruktionen..............................................................................453 Abb.III-43: Dativobjekte mit Kontexten für D-Elemente.................................................456 Tabellenverzeichnis Kapitel I Tab.I-1: Eigenschaften von [+pro-drop]- und [-pro-drop]-Sprachen...........................53 Tab.I-2: Hypothesen zur Kontinuität von Erwerbsmechanismus und Kategorieninventar........................................................................................77 Tab.I-3: Der Status der frühen Kindersprache.............................................................86 Kapitel II Tab.II-1: Merkmale lexikalischer Kategorien (vgl. Steinitz 1995, Hale/Keyser 1995, Wunderlich 1996)............................158 Tab.II-2: Schwache Adjektivflexion im Deutschen......................................................179 Tab.II-3: Starke Determiniererflexion im Deutschen....................................................180 Kapitel III Tab.III-1: Überblick über die Korpora........................................................................197 Tab.III-2: Nominalphrasentypen in den Korpora ohne entsprechende Elizitation...........201 Tab.III-3: Adams Subjekte in W-Fragen (Schütze 1997:259)......................................207 Tab.III-4: Der durchschnittliche Anteil von Nomina/Prädikaten mit variablem Determinierer (in %) (Pine/Martindale 1996)................................................227 Tab.III-5: Emblas Artikel in obligatorischen Kontexten (Bohnacker 1997)....................233 Tab.III-6: Die Imitation von overten Artikeln in Objekt-DPs (Gerken 1996).................237 Tab.III-7: Artikelauslassungen in isolierten DPs (Crisma/Tomasutti 2000).....................239 Tab.III-8: Obligatorische Kontexte für D-Elemente in Nominalphrasen ohne Adjektiv .............................................................................................244 Tab.III-9: Potentiell formelhafte Prädikat-Determinierer-Verbindungen.........................246 Tab.III-10: Bestimmte Artikel im Deutschen..................................................................272 Tab.III-11: Die pronominale Flexion des Deutschen.......................................................273 Tab.III-12: Die Flexion von attributiven D-Elementen auf -ein im Deutschen...................273 Tab.III-13: Phasen der D-Elemententwicklung...............................................................291 Tab.III-14: Zuordnung der Aufnahmen zu Phasen der DP-Entwicklung...........................291 Tab.III-15: Überblick über den Entwicklungsverlauf bei den vier D-Elementtypen..........301 Tab.III-16: Evidenz für die Verfügbarkeit von grammatischen Distinktionen....................316 Tab.III-17: Form und Referenz von Nomina bei Ivar (Köhn 1994:39)............................329 Tab.III-18: Auslassungen von Kasusmarkierungen beim Erwerb des Russischen Peter (Babyonyshev 1993)..........................................................................332 Tab.III-19: Auslassungen von Kasusmarkierungen beim Erwerb des Russischen Andrei (Babyonyshev 1993)........................................................................333 Tab.III-20: Die Verwendung von zielsprachlichen Kasusmarkierungen beim Erwerb des Russischen - Peter (Babyonyshev 1993) ...................................333 Tab.III-21: Die Verwendung von zielsprachlichen Kasusmarkierungen beim Erwerb des Russischen - Andrei (Babyonyshev 1993).................................333 Tab.III-22: Kasusmarkierungen an Nomina Annelie, Andreas, Carsten, Hannah, Leonie, Mathias und Svenja .................349 Tab.III-23: Zusammenhänge zwischen Numerus- und Kasusmarkierungen an Nomina ..................................................................................................351 Tab.III-24: Personalpronomina im Deutschen................................................................353 Tab.III-25: Korrelation zwischen dem Anteil von Personalpronomina und dem Anteil von overten D-Elementen ....................................................367 Tab.III-26: Zielsprachliche ("+") und nicht-zielsprachliche ("-") Formen von Personalpronomina......................................................................................369 Tab.III-27: Possessivmarkierung in obligatorischen Kontexten........................................439 Kapitel IV Tab.IV-1: Verbstellung und Verbflexion bei Andreas (Poeppel/Wexler 1993:6)..............467 Tab.IV-2: Verbstellung und Verbflexion bei Simone (Clahsen/Eisenbeiß/Penke 1996:138) ............................................................467 Tab.IV-3: Verbstellung und Verbflexion bei Mathias (Clahsen/Eisenbeiß/Penke 1996:138) ...........................................................467 Tab.IV-4: Verbstellung und Verbflexion bei Annelie (Clahsen/Eisenbeiß/Penke 1996:138) ............................................................468 Tab.IV-5: Verbstellung und Verbflexion bei Hannah (Clahsen/Eisenbeiß/Penke 1996:138) ............................................................468 1 Einleitung Das Verhältnis von Spracherwerbsforschung und theoretischer Linguistik war lange Jahre sehr unausgeglichen. Die Spracherwerbsforschung verwendete seit den 60er Jahren linguistische Analysen als Beschreibungsrahmen für Daten aus der Kindersprache und zog linguistische Modelle der Sprachkompetenz Erwachsener zur Erklärung des kindlichen Spracherwerbs heran. Umgekehrt stellte die Grammatiktheorie zwar theoretische Modelle für die Spracherwerbsforschung bereit und erhob den Anspruch, daß diese Modelle psychologisch real seien; wenn es darum ging, für ein spezifisches linguistisches Modell oder eine bestimmte grammatiktheoretische Analyse zu argumentieren, führte man im allgemeinen jedoch abstrakte Lernbarkeitsüberlegungen an. Der Gedanke, daß man auch konkrete Spracherwerbsdaten zur Theoriebildung heranziehen könnte, blieb den meisten theoretischen Linguisten weitgehend fremd. In den letzten Jahren läßt sich jedoch eine zunehmende Annäherung zwischen Linguistik und Spracherwerbsforschung beobachten. Mehr und mehr Spracherwerbsforscher bemühen sich nicht nur um eine linguistisch basierte Beschreibung und Erklärung des kindlichen Spracherwerbs; sie versuchen auch, durch Lernbarkeitsüberlegungen und Evidenz aus dem Spracherwerb einen Beitrag zur linguistischen Theoriebildung zu leisten. Umgekehrt suchen theoretische Linguisten in zunehmendem Maße die Kooperation mit der Erwerbsforschung und berufen sich auf Lernbarkeitsüberlegungen und empirische Evidenz aus Spracherwerbsstudien. Dies bedeutet jedoch nicht, daß die Grenzen zwischen den Disziplinen verschwinden und ein homogenes Feld mit einheitlicher Methodik und Gegenstandsbestimmung entsteht. Vielmehr leisten die einzelnen Disziplinen, die sich mit dem Spracherwerb befassen, jeweils auf ihre eigene spezifische Weise einen Beitrag zur Entwicklung von integrativen Modellen der menschlichen Sprach(erwerbs)fähigkeit. Jede Disziplin bringt dabei natürlich ihre eigenen Erkenntnisinteressen, Fragestellungen, Methoden und Erklärungskonzepte in die Diskussion ein. So betont man z.B. in der Entwicklungspsychologie den dynamischen Charakter der sprachlichen Entwicklung und versucht, durch Studien zur Sprachentwicklung generelle Gesetzmäßigkeiten von Entwicklungsprozessen zu entdecken und diese Regularitäten auf generelle kognitive Mechanismen zurückzuführen. In der theoretischen Linguistik besteht hingegen eine starke Tendenz dazu, spezifische genetische Prädispositionen für Einleitung 2 sprachliche Fähigkeiten zu postulieren; und die Aufgabe der Spracherwerbsforschung sieht man im allgemeinen darin, durch Analysen der Kindersprache Aufschluß über das sprachliche Wissenssystem Erwachsener zu erlangen. Durch die unterschiedlichen Auffassungen und Präferenzen in den beiden Disziplinen entstehen naturgemäß Debatten über den Umfang und Charakter der genetischen Prädispositionen für den Erwerb sprachlichen Wissens und die Beziehung dieses Wissenssystems zu anderen Wissenssystemen und deren Erwerb. Konflikte ergeben sich aber nicht nur aus den Divergenzen zwischen den involvierten Disziplinen, sondern auch aus widerstreitenden Tendenzen innerhalb dieser Disziplinen selbst. So versucht man in linguistischen Ansätzen einerseits zu immer differenzierteren Beschreibungen einzelsprachlicher Systeme zu gelangen; andererseits bemüht man sich darum, die ermittelten deskriptiven Generalisierungen aus generellen universellen Prinzipien abzuleiten. In der Spracherwerbsforschung besteht das Problem darin, sowohl den Unterschieden zwischen Kinder- und Erwachsenensprache als auch ihren Gemeinsamkeiten gerecht zu werden und dabei den dynamischen Charakter des Entwicklungsprozesses zu berücksichtigen. Im folgenden möchte ich dafür argumentieren, daß es möglich ist, diese unterschiedlichen Erkenntnisinteressen zu vereinbaren, wenn man die Idee des merkmalsbasierten Strukturaufbaus zugrundelegt, die ich in der vorliegenden Arbeit diskutieren und weiterentwickeln werde. Dazu soll in Kapitel I zunächst ein Überblick über die Grundfragen, -probleme und -positionen der Spracherwerbsforschung und ihre Kooperation mit der theoretischen Linguistik gegeben werden. Im Mittelpunkt stehen dabei zum einen die Debatten um die Angeborenheit, Domänenspezifizität und Funktionsweise des Spracherwerbsmechanismus, zum anderen die Diskussion um die zentralen Probleme der Spracherwerbsforschung. Zu diesen zählen insbesondere das sogenannte "logische Problem des Spracherwerbs", das Entwicklungsproblem, das Bootstrappingproblem und das Ordnungsproblem: Das logische Problem ergibt sich daraus, daß Kinder die komplexen grammatischen Regularitäten einer beliebigen natürlichen Sprache erwerben, ihr Input aber aus einer endlichen Menge von Einzelsätzen besteht (vgl. u.a. Baker 1979). Dadurch sind sie nämlich gezwungen, Generalisierungen über einer endlichen Menge von konkreten Daten vorzunehmen. Diese Daten sind jedoch stets mit einer Vielzahl verschiedener Generalisierungen vereinbar. Darunter sind auch solche, die nur auf der Basis von Einleitung 3 negativer Evidenz zurückgewiesen werden können, d.h. aufgrund von Informationen über die Ungrammatikalität bestimmter Strukturen. Wie Studien zum Input von Kindern und lernbarkeitstheoretische Untersuchungen gezeigt haben, ist negative Evidenz aber nicht systematisch verfügbar und kann auch nicht durch vereinfachte Inputstrukturen oder semantische Informationen ersetzt werden (vgl. z.B. Pinker 1989, Marcus 1993). Zur Lösung des logischen Problems nimmt man in der an Chomsky (1965, 1981, 1995) orientierten generativen Grammatik und Spracherwerbsforschung an, daß Kinder über angeborene grammatische Kategorien oder Merkmale sowie über Regeln oder Prinzipien verfügen, die den Hypothesenraum beschränken und so verhindern, daß Kinder Hypothesen aufstellen, die sie nur mit Hilfe von negativer Evidenz widerlegen könnten. Wenn Kinder tatsächlich über derart spezifische genetische Prädispositionen verfügen sollten, stellt sich allerdings die Frage, warum sich der Grammatikerwerb dennoch über mehrere Jahre erstreckt. Man muß sich somit mit dem sog. Entwicklungsproblem auseinandersetzen (vgl. u.a. die Beiträge in Weissenborn/Goodluck/Roeper 1992, Clahsen 1996, Friedemann/Rizzi 2000). Zugleich muß man einen Lösungsansatz für das sog. Bootstrappingproblem liefern (vgl. Pinker 1984). Dieses besteht darin zu erklären, wie Kinder overte Realisierungen grammatischer Kategorien im Input identifizieren und korrekt kategorisieren können. Darüber hinaus muß man eine Erklärung für universelle Entwicklungssequenzen finden, die beim Erwerb von overten Instantiierungen grammatischer Kategorien zu beobachten sind - d.h. eine Lösung für das sog. Ordnungsproblem (vgl. u.a. Miller/Chomsky 1963, Roeper/Weissenborn 1990). Für diese Probleme hat man im Rahmen der generativ orientierten Linguistik und Spracherwerbsforschung seit den 60er Jahren zahlreiche Lösungsansätze vorgeschlagen. Diese möchte ich in Kapitel I vorstellen und diskutieren. Im Mittelpunkt soll dabei die Entwicklung von merkmalsbasierten minimalistischen Modellen stehen (vgl. z.B. Fanselow 1991, Bierwisch 1992, Chomsky 1995 sowie den Überblick in Radford 1999), denn solche Modelle bieten meiner Auffassung nach die Möglichkeit, sowohl den widerstreitenden Anforderungen innerhalb dieser beiden Disziplinen als auch ihren unterschiedlichen Erkenntnisinteressen gerecht zu werden. Im Rahmen solcher Modelle nimmt man zwar - wie in allen generativen Ansätzen genetisch determinierte Prädispositionen für den Spracherwerb an; man bemüht sich aber um eine Minimierung der Annahmen zu angeborenen Universalien, die den Hypothesenraum für spracherwerbende Kinder beschränken. Dabei versucht man, den Einleitung 4 Konflikt zwischen der Suche nach universellen Prinzipien und den Bemühungen um möglichst differenzierte Einzelsprachbeschreibungen zu lösen, indem man - anders als in früheren generativen Modellen - nicht mehr eine Vielzahl konstruktionsspezifischer Regeln postuliert (z.B. Passivregel, Fragesatzregel, …), um die grammatischen Charakteristika der einzelnen natürlichen Sprachen zu erfassen. Vielmehr führt man universelle sprachliche Gesetzmäßigkeiten auf eine kleine Menge sehr genereller angeborener Prinzipien zurück. Hierzu gehören u.a. Ökonomieprinzipien, denen zufolge stets nur die kleinsten syntaktischen Strukturen aufgebaut werden, die erforderlich sind, um das verwendete lexikalische Material zu repräsentieren und die entsprechenden grammatischen Forderungen zu erfüllen (vgl. u.a. Chomsky 1995, Wilder/ Gärtner/Bierwisch 1997). Zugleich bemüht man sich darum, zu differenzierten Beschreibungen einzelsprachlicher Systeme zu gelangen, indem man Unterschiede zwischen den einzelnen Sprachen auf Unterschiede in den grammatischen Merkmalen zurückführt, die in diesen Sprachen jeweils syntaktisch aktiv sind. So kann man z.B. die Verbzweitstellung in Sprachen wie dem Deutschen erfassen, indem man bewegungsauslösende Merkmalsspezifikationen für finite Verben annimmt, die bewirken, daß diese Verben stets in die zweite Position im Satz bewegt werden (vgl. Platzack/Holmberg 1989). Wenn man von einer solchen Unterscheidung zwischen universellen Prinzipien und einzelsprachlichen Merkmalsspezifikationen ausgeht, kann man auch den widerstreitenden Tendenzen innerhalb der Spracherwerbsforschung gerecht werden: Auf der einen Seite kann man die Gemeinsamkeiten zwischen Kinder- und Erwachsenensprache durch die Annahme erklären, daß Kinder im Entwicklungsverlauf nur Repräsentationen erzeugen, die den angenommenen universellen Prinzipien unterliegen (Pinker 1984, Crain 1991). Auf der anderen Seite kann man den Abweichungen von der Zielsprache Rechnung tragen, wenn man davon ausgeht, daß die Merkmalsspezifikationen, in denen sich die einzelnen Sprachen voneinander unterscheiden, auf der Basis von Inputdaten erworben werden müssen (vgl. u.a. Wexler 1994, 1999, Hoekstra/Hyams 1995, 1996, 1998, Clahsen/Eisenbeiß/Penke 1996, Roeper 1996). Dann könnte es nämlich vorkommen, daß noch nicht alle grammatischen Merkmale der Zielsprache von Anfang an in jeder Äußerung syntaktisch aktiv sind, d.h. die entsprechenden syntaktischen oder morphologischen Operationen bewirken, die in der Zielsprache durch die betreffenden Merkmalsspezifikationen ausgelöst werden. Einleitung 5 Wenn man durch Spracherwerbsstudien Evidenz für die frühe Verfügbarkeit von formalen Prinzipien und die anfängliche Unterspezifikation von grammatischen Repräsentationen erbringen kann - und dazu soll im folgenden ein Beitrag geleistet werden - hat dies auch Implikationen für das Verhältnis von Spracherwerbsforschung und theoretischer Linguistik: Wie ich in Kapitel I.6 noch näher erläutern werde, sind Spracherwerbsbefunde nämlich gerade dann besonders interessant für die linguistische Theoriebildung, wenn die strukturellen Repräsentationen, die Kinder im Verlauf ihrer sprachlichen Entwicklung erzeugen, noch nicht denen der Erwachsenensprache entsprechen. Dann liefern Kindersprachdaten nämlich einen Typ von Evidenz, den die entsprechende Zielsprache nicht bereitstellt. Umgekehrt ist die Bedeutung der Grammatiktheorie für die Erwerbsforschung maximal, wenn für sprachliche Wissenssysteme von Anfang an dieselben formalen Prinzipien gelten wie für Erwachsenensprachen und man Beschränkungen des Hypothesenraums spracherwerbender Kinder auf diese Prinzipien zurückführen kann. Wenn es sich bei den angenommenen Prinzipien dabei nicht um rein sprachliche Prinzipien handelt, sondern um generellere formale Prinzipien der menschlichen Kognition, sind die Ergebnisse der Kooperation zwischen theoretischer Linguistik und Spracherwerbsforschung darüber hinaus auch für die Entwicklungspsychologie relevant, die nach generellen kognitiven Prinzipien sucht, die der Entwicklung von mentalen Repräsentationen zugrunde liegen. Bislang hat man sich im Rahmen von minimalistischen linguistischen Modellen und den an ihnen orientierten Spracherwerbsansätzen v.a. mit dem logischen Problem und dem Entwicklungsproblem auseinandergesetzt und sowohl das Bootstrappingproblem als auch das Ordnungsproblem weitestgehend vernachlässigt (vgl. z.B. die Beiträge in den Sammelbänden von Clahsen 1996, Friedemann/Rizzi 2000). Außerdem gibt es zwar mittlerweile in merkmalsbasierten minimalistischen Ansätzen einen gewissen Konsens darüber, daß grammatische Repräsentationen in der frühen Zwei-Wort-Phase noch unterspezifiziert sein können, d.h. nicht alle Merkmalsspezifikationen aufweisen, die in einer entsprechenden Erwachsenenäußerung erforderlich wären (vgl. Kapitel I.7.2). Über den Charakter dieser Unterspezifikation konnte bislang aber noch keine Einigkeit erzielt werden. Insbesondere ist umstritten, ob bestimmte Merkmale zu Beginn der grammatischen Entwicklung überhaupt noch nicht syntaktisch aktiv sind (vgl. u.a. Clahsen/Eisenbeiß/Penke 1996, Roeper 1996) - oder ob sie bereits instantiiert, aber Einleitung 6 lediglich nicht immer spezifiziert sein müssen (vgl. u.a. Wexler 1994, 1999, Hoekstra/ Hyams 1995, 1996, 1998). Daher werde ich in Kapitel II die Idee des merkmalsbasierten Strukturaufbaus diskutieren, konzeptuell weiterentwickeln und in Kapitel III empirisch überprüfen. Hierzu werde ich in Kapitel II zunächst darlegen, welche grammatischen Repräsentationsebenen, lexikalischen Repräsentationsformate, Prinzipien und Kategorisierungsprädispositionen meines Erachtens erforderlich sind, um merkmalsbasierte minimalistische Lösungsansätze zum logischen Problem, zum Entwicklungsproblem, zum Ordnungsproblem und zum Bootstrappingproblem zu entwickeln. Dabei werde ich insbesondere die Annahme vertreten, daß die von Kindern im Entwicklungsverlauf erzeugten grammatischen Repräsentationen von Anfang an den generellen formalen Prinzipien unterliegen, die auch die Erwachsenensprache beschränken (vgl. Pinker 1984). Zugleich werde ich dafür argumentieren, daß in der frühen Zwei-Wort-Phase noch nicht alle zielsprachlichen Merkmalsspezifikationen etabliert sind und daß der Aufbau zielsprachlicher Repräsentationen ein schrittweiser Prozeß ist, der durch den Aufbau von Lexikoneinträgen und die Aufnahme von Merkmalsspezifikationen in diese Einträge gesteuert wird. D.h., ich werde für eine merkmalsbasierte Weiterentwicklung der Hypothese des Lexikalischen Lernens (vgl. Pinker 1984, Clahsen/Eisenbeiß/Penke 1996) eintreten. Davon ausgehend werde ich dann eine Reihe von Arbeitshypothesen für den empirischen Teil der Arbeit entwickeln. Der empirische Teil der Arbeit besteht in einer Untersuchung zum Erwerb der Nominalphrasenstruktur und -flexion (Kapitel III). Zu diesem Untersuchungsbereich liegen bislang noch deutlich weniger Studien vor als zum Erwerb von Satzstruktur und Verbflexion. Insbesondere gibt es meines Wissens bislang noch keine umfassenden Studien zur Nominalphrasenentwicklung, die auf einer repräsentativen Datenbasis basieren und Erwerbsdaten aus verschiedenen Sprachen miteinander vergleichen. Darüber hinaus enthalten Nominalphrasen neben Definitheitsmerkmalen und Numerusmerkmalen auch grammatische Merkmale, die im Mittelpunkt der bisherigen - nicht minimalistischen - Ansätze zum Bootstrappingproblem eine zentrale Rolle gespielt haben, nämlich Genus- und Kasusmerkmale (vgl. z.B. Pinker 1984, 1989, Bowerman 1990). Diese Merkmale können dabei durch unterschiedliche lexikalische und morphologische Elemente realisiert werden - insbesondere durch D-Elemente, d.h. Determinierer, Possessivpronomina und Quantoren, durch Nomina, durch Pronomina sowie Einleitung 7 durch morphologische Markierungen. Daher kann eine Untersuchung dieses Phänomenbereichs helfen festzustellen, welche Rolle die spezifischen phonologischen, morphologischen, syntaktischen und semantischen Eigenschaften der involvierten Elemente beim Erwerb zielsprachlicher Repräsentationen spielen. Im Mittelpunkt der Untersuchung stehen der Erwerb von D-Elementen (Kapitel III.2), die Entwicklung der nominalphraseninternen Kasus- und Kongruenzflexion (Kapitel III.3) sowie der Erwerb von Possessivkonstruktionen (Kapitel III.4). Den Ausgangspunkt für die Diskussion in den betreffenden Kapiteln bildet eine Diskussion der vorliegenden Analysen für das betreffende Phänomen und seinen Erwerb. Die Vorhersagen, die sich aus diesen Analysen ergeben, werden dann jeweils anhand von vorliegenden Erwerbsbefunden zu einer Reihe von typologisch z.T. sehr unterschiedlichen Sprachen (insbesondere Baskisch, Deutsch, Englisch, Finnisch, Französisch, Griechisch, Italienisch, Japanisch, Kaluli, Russisch und Schwedisch) und anhand von eigenen Korpusanalysen zur deutschen Kindersprache empirisch überprüft. Die Korpusanalysen zum Erwerb des Deutschen, das über eine relativ reiche Kasus-, Genus- und Numerusflexion sowie über verschiedene Typen von D-Elementen verfügt, beruhen auf 64 Aufnahmen aus fünf Längsschnittkorpora und zwei Querschnittkorpora von monolingualen deutschen Kindern im Alter von 1;11 bis 3;6, die ich im Rahmen des LEXLERN-Projekts analysiert habe (vgl. Clahsen/Vainikka/Young-Scholten 1990 sowie Kapitel III.1). Drei dieser Längsschnittkorpora sowie die beiden Querschnittkorpora basieren auf Spontansprachaufnahmen. Bei den übrigen Korpora wurden anders als in bisherigen Studien zur Nominalphrasenentwicklung - Verfahren zur Elizitation von syntaktischen Strukturen und Flexionsformen verwendet, die in Spontansprachkorpora selten belegt sind (z.B. Possessivkonstruktionen oder Nominalphrasen mit attributiven Adjektiven; vgl. Eisenbeiß 1994b). Wie ich in Kapitel III.5 nachweisen werde, ließ sich mit diesen Elizitationsverfahren die Datenbasis quantitativ beträchtlich erweitern, ohne daß dabei andere Entwicklungsverläufe oder Übergeneralisierungen zu beobachten waren als in Spontansprachdaten. Im Anschluß an die empirischen Untersuchungen zum Erwerb der Nominalphrasenstruktur und -flexion werde ich in Kapitel IV die erzielten Ergebnisse zusammenfassen und diskutieren. Dabei werde ich zum einen zeigen, daß die erzielten Befunde die in Kapitel II aufgestellten Arbeitshypothesen bestätigen; zum anderen werde ich darlegen, wie sich aus diesen Hypothesen Lösungsansätze zum logischen Problem, zum Einleitung 8 Entwicklungsproblem, zum Bootstrappingproblem und zum Ordnungsproblem entwickeln lassen. Davon ausgehend werde ich mich dann mit der Frage befassen, welche Implikationen sich aus diesen Analysen für die linguistische und psycholinguistische Theoriebildung und ihre Interaktion ergeben könnten. 9 I Spracherwerbsforschung und Grammatiktheorie Auffällig scheint es, daß die Sprachwissenschaft bisher an dem so bequem zugänglichen und so reichlich fließenden Quell der Kindersprache beinahe achtlos vorübergegangen ist. Stern/Stern (1928:6) Heretofore acquisition data has been given credibility in principle though often not in fact. Roeper (1996:417) Im folgenden Kapitel werde ich versuchen, die Grundfragen, -probleme und -positionen der Spracherwerbsforschung herauszuarbeiten und einen Überblick über die Kooperationsbedingungen, -bereiche und -möglichkeiten für Grammatiktheorie und Erwerbsforschung zu geben. Dabei werde ich historisch vorgehen. Dies ermöglicht meines Erachtens ein besseres Verständnis des theoretischen Hintergrundes der Idee des merkmalsbasierten Strukturaufbaus und ihrer Motivation, als es eine rein synchrone Darstellung aktueller Ansätze und Debatten würde. Erstens läßt sich die aktuelle Theoriediskussion mit einfachen Gegensatzpaaren wie "Autonomie vs. Holismus" nur unzureichend erfassen. So versteht man z.B. in Ansätzen, die in den 90er Jahren entwickelt worden sind, unter dem Begriff der "Autonomie der menschlichen Sprachfähigkeit" teilweise etwas anderes als in Ansätzen aus den 80er Jahren. Daher ist es zum Verständnis der Idee des merkmalsbasierten Strukturaufbaus und der übrigen diskutierten Ansätze entscheidend herauszuarbeiten, im Rahmen welcher Debatten sie entstanden sind und auf welchen Konzepten sie beruhen. Zweitens ermöglicht die Idee des merkmalsbasierten Strukturaufbaus, wie ich in dieser Arbeit verdeutlichen werde, Lösungsansätze für Probleme, die in der Spracherwerbsforschung eine zentrale Rolle spielen - z.B. die Erklärung der zeitlichen Ausdehnung der sprachlichen Entwicklung, das sog. Entwicklungsproblem, oder die Erklärung von Erwerbssequenzen, das sog. Ordnungsproblem. Diese Probleme haben in der aktuellen Theoriediskussion einen unterschiedlichen Status. So konzentriert man sich z.B. zur Zeit auf das Entwicklungsproblem, während das Ordnungsproblem eher in den Hintergrund getreten ist. Wie ich im Rahmen des Spracherwerbsforschung und Grammatiktheorie 10 historischen Überblicks verdeutlichen werde, liegt diese unterschiedliche Gewichtung nicht daran, daß einige Probleme theoretisch interessanter sind als andere, sondern an den Konzepten, die zu bestimmten Zeitpunkten der Theorieentwicklung verfügbar sind, und an den bisherigen Erfolgen bzw. Mißerfolgen bei der Entwicklung von entsprechenden Lösungsansätzen. Drittens lassen sich die Vorbehalte gegen eine intensivere Kooperation, die auch heute noch sowohl in der Spracherwerbsforschung als auch in der theoretischen Linguistik bestehen, am besten verstehen und überwinden, wenn man sich auch mit den negativen Erfahrungen auseinandersetzt, die beide Disziplinen mit der bisherigen Kooperation gemacht haben, und daraus Konsequenzen für die weitere Kooperation zieht. Die Entstehung der Spracherwerbsforschung 1 11 Die Entstehung der Spracherwerbsforschung Die Spracherwerbsforschung konnte sich erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts als wissenschaftliche Disziplin etablieren. In den Jahrhunderten davor wurde die Aufgabe der Sprachwissenschaft v.a. darin gesehen, einen Beitrag zur Auslegung klassischer Schriften zu leisten und normative Grammatiken zu Unterrichtszwecken zu erstellen. Dementsprechend konnte die Kindersprache als gesprochene, stark von der Standardsprache abweichende Varietät nicht zum Gegenstand sprachwissenschaftlicher Untersuchungen werden. Dies war erst möglich, als sich die Sprachwissenschaft im 19. Jahrhundert von der Philologie emanzipierte und sich als eigenständige Wissenschaft definierte, deren "höhere bestimmung" darin bestand, "selbständige entdeckungen zu machen und in die natur der sprachen um der sprache selbst willen vorzudringen" (Grimm 1864:302). Im Mittelpunkt standen dabei zwei Forschungsrichtungen: In der historisch-vergleichenden Sprachwissenschaft versuchte man, auf der Basis von Sprachsammlungen Gesetzmäßigkeiten des Sprachwandels aufzustellen (vgl. Arens 1974). In der durch den Psychologen Wundt begründeten Psycholinguistik befaßte man sich mit der experimentellen Untersuchung der physiologischen und psychologischen Bedingungen des Sprechens (vgl. Lück 1991). Beide Forschungsrichtungen waren durch ihre naturwissenschaftliche Orientierung und die Tendenz zur rein deskriptiven, nicht-normativen Sprachbetrachtung charakterisiert. Die dadurch bewirkte Aufwertung gesprochener, von der Standardsprache abweichender Sprache machte die Kindersprache zu einem legitimen Untersuchungsgegenstand und ermöglichte so die Entstehung der Spracherwerbsforschung. Daß sich die Spracherwerbsforschung, sobald sie sich einmal etabliert hatte, sehr schnell zu einer äußerst aktiven Disziplin entwickelte, lag v.a. am allgemeinen Interesse an Entwicklungsprozessen, das durch die Dominanz der gene tischen Methode im 19. Jahrhundert hervorgerufen wurde (Kegel 1974:14f.). Die Vertreter dieser Methode bemühten sich, ihren jeweiligen Untersuchungsgegenstand aus seiner Genese heraus zu erklären und allgemeine Entwicklungsgesetze aufzustellen. In den Geisteswissenschaften führten diese Bestrebungen zum Historismus, der die geschichtliche Bedingtheit kultureller Erscheinungen betonte; in der Geschichtswissenschaft entwickelte Marx den historischen Materialismus, und in der Biologie regte Darwins Evolutionstheorie Untersuchungen zur Entwicklung von Lebewesen an. In der Sprachwissenschaft traten Spracherwerb, Sprachentstehung und Sprachwandel in den Vordergrund, in der Psychologie die psychische Entwicklung des Kindes. Die Entstehung der Spracherwerbsforschung 12 Zu einer ersten Verbindung von naturwissenschaftlich orientierter, deskriptiver Sprachbetrachtung, psychologischen Fragestellungen und genetischer Methode kam es um 1900 in einer Reihe von Fallstudien zur kindlichen Sprachentwicklung.1 Am einflußreichsten von ihnen war die Studie von Clara und Wilhelm Stern (Stern/Stern 1907, 1928). Ihr Ziel bestand darin, nachzuweisen, daß die Kindersprache keine verstümmelte Variante der Erwachsenensprache ist, sondern "... ein in sich geschlossenes Sprachganzes bildet, welches trotz der großen Unterschiede zwischen den einzelnen Kindern und verschiedenen Entwicklungsphasen seine typischen Eigenregeln hat, kurz, daß es eine wirkliche Kindersprache gibt." (Stern/Stern 1928:2) Über die Natur der Kindersprache bestand unter den Autoren der frühen Fallstudien nur insoweit Einigkeit, als Sprechen von allen als bloßer Ausdruck des Denkens betrachtet wurde und die Sprach(erwerbs)fähigkeit als unselbständiger Teil der menschlichen Anlage zur Persönlichkeitsentwicklung angesehen wurde (vgl. z.B. Stern/Stern 1928). Die Rolle von Anlagen und Umwelt war hingegen umstritten (Kegel 1974:28f.). Vertreter des Voluntarismus (vgl. u.a. Meumann 1902, Idelberger 1903a, b, Wundt 1911/12) erklärten den Spracherwerb allein durch Umweltfaktoren und betrachteten kindliche Äußerungen als reine Nachahmungsprodukte bzw. als Affekt- oder Begehrensäußerungen. Die Intellektualisten (vgl. u.a. Preyer 1882, Lindner 1885, Ament 1899) hingegen betrachteten die Vernunftbegabtheit als zentrale Bestimmung des Menschen und betonten daher die Bedeutung angeborener geistiger Fähigkeiten für den Spracherwerbsprozeß. Für das Ehepaar Stern, das beide Auffassungen für einseitig hielt, basierte der kindliche Spracherwerb auf der "Konvergenz", dem ständigen Zusammenwirken von Anlagen und Umwelteinflüssen. Aus diesen Positionen ergaben sich unterschiedliche Erklärungen für Differenzen zwischen Kinder- und Erwachsenensprache. Während Voluntaristen wie Wundt die Rolle von Lernprozessen betonten, verwiesen Intellektualisten wie Preyer auf die Bedeutung der Gehirnentwicklung in der frühen Kindheit. Bereits in der Konstitutionsphase der Spracherwerbsforschung zeichneten sich somit die Grundfragen ab, die für die weitere Fachgeschichte bestimmend wurden: 1 Vgl. u.a. Preyer (1882), Lindner (1885), Ament (1899), Meumann (1902), Idelberger (1903a, b), Wundt (1911/12), Scupin/Scupin (1907), Stern/Stern (1907, 1928), Nice (1917). Die Entstehung der Spracherwerbsforschung (1) 13 Die Grundfragen der Spracherwerbsforschung (a) (b) (c) (d) (e) Soll sich die Spracherwerbsforschung auf die Untersuchung des beobachtbaren sprachlichen Verhaltens beschränken (Behaviorismus) oder aber zugrundeliegende mentale Strukturen und Prozesse untersuchen (Mentalismus)? Ist Spracherwerb ein passiver, umweltgesteuerter Nachahmungsprozeß (Empirismus) oder ein aktiver, durch angeborene Fähigkeiten gesteuerter Schaffensprozeß (Nativismus)? Unterliegt die grammatische Form sprachlicher Ausdrücke eigenen Gesetzmäßigkeiten (Formalismus/Autonomie der Sprachfähigkeit), oder ergibt sie sich aus ihrer Funktion (Funktionalismus)? Verfügen Kinder über einen sprachspezifischen Erwerbsmechanismus (Modularität/Autonomie der Spracherwerbsfähigkeit), oder basiert Spracherwerb auf generellen kognitiven Mechanismen (Holismus)? Sind die Unterschiede zwischen Kinder- und Erwachsenensprache rein quantitativ, oder sind sie auf qualitative Veränderungen zurückzuführen? Ist die Sprachentwicklung kontinuierlich oder diskontinuierlich, durch Lernen oder durch Reifung bedingt? Daß diese Fragen relativ unabhängig voneinander sind, zeigte sich bereits in den frühen Kindersprachstudien. Diese waren zwar alle mentalistisch und funktionalistisch orientiert und bestritten die Existenz eines sprachspezifischen Erwerbsmechanismus; es wurden aber sowohl nativistische als auch empiristische, sowohl reifungsorientierte als auch lernorientierte Ansätze vertreten. In der Auseinandersetzung zwischen nativistischen Reifungstheoretikern und empiristischen Lerntheoretikern deuteten sich dabei schon zwei spätere Extrempositionen an. Die eine dieser Positionen ist als mentalistisch, nativistisch und formalistisch zu charakterisieren und geht von einem sprachspezifischen Erwerbsmechanismus und diskontinuierlicher Sprachentwicklung aus (vgl. u.a. Chomsky 1965, Radford 1990). Die andere Position wird von Psychologen vertreten, die sowohl die Autonomiethese als auch die Annahme eines Spracherwerbsmechanismus ablehnen und Spracherwerb als kontinuierlichen Lernprozeß ansehen (vgl. u.a. Skinner 1957, Bates/MacWhinney 1979, 1982, 1987). Das Verhältnis von Grammatiktheorie und Erwerbsforschung war in der Konstitutionsphase der Spracherwerbsforschung nicht sehr eng. Es gab zwar erste Berührungspunkte zwischen Spracherwerbsforschung und Linguistik. Zum einen suchte man nach Parallelen zwischen Spracherwerb und Sprachwandel; zum anderen wurde in beiden Disziplinen die Rolle von Kreativität, Analogiebildung und strikten Gesetzmäßigkeiten untersucht. Die meisten Spracherwerbsforscher waren jedoch keine Linguisten, sondern Psychologen (Stern/Stern, Ament, Wundt, Meumann, Idelberger), Physiologen (Preyer), Pädagogen (Lindner, Meumann), oder Die Entstehung der Spracherwerbsforschung 14 Naturwissenschaftler (Darwin). Linguistisch motivierte Hypothesen für den Verlauf des Spracherwerbs existierten daher praktisch noch nicht, und die bevorzugte Untersuchungsmethode der Spracherwerbsforschung war das Führen eines Sprachtagebuchs. Diese Methode war kaum durch linguistische Analyseverfahren beeinflußt, sondern eher deskriptiv und explorativ. Daß Tagebuchstudien nur selten durch experimentelle Verfahren ergänzt wurden, ergab sich aus dem Fehlen einer linguistischen Theorie mit Vorhersagekraft für den Spracherwerb und dem in dieser Zeit sehr ausgeprägten Mißtrauen gegenüber experimentellen Methoden zur Untersuchung mentaler Prozesse (vgl. Stern/Stern 1928). Die Analyse der Tagebuchdaten führte zu ersten Generalisierungen über Verlauf und Mechanismen der kindlichen Sprachentwicklung. Darüber hinaus zeigte sie, daß Kinder zwar sprachliche Formen und Strukturen produzieren, die sie noch nicht gehört haben, echte Neuschöpfungen aber eher die Ausnahme sind. Im allgemeinen erwiesen sich die Neologismen, die von den Intellektualisten als spontane Neuschöpfungen analysiert wurden, als Analogiebildungen oder Verbindungen bekannter Elemente (vgl. Kegel 1974). So lassen sich z.B. Übergeneralisierungen regulärer Flexive (gegeht, gelauft, ...) als analogie- oder regelbasierte Formen auffassen. Die Tagebuchstudien lieferten somit Evidenz für restringierte sprachliche Kreativität. Die Tagebuchdaten waren nicht mit Hilfe linguistischer Methoden und Kategorien, sondern eher intuitiv analysiert worden. Daher waren die empirischen Befunde aus den verschiedenen Studien aber kaum untereinander vergleichbar und zu linguistischen Theorien in Bezug zu setzen. Es gab jedoch auch Studien, in denen systematische Abweichungen von der Zielsprache (wie z.B. Übergeneralisierungen) durch zahlreiche Belege dokumentiert wurden, und solche Daten konnten reanalysiert und interpretiert werden, sobald spezifischere linguistische und psycholinguistische Hypothesen zu den betreffenden Phänomenen vorlagen. So wurden z.B. Übergeneralisierungen regulärer Flexive (gegeht, gelauft, ...), die aus Interesse an Analogiebildungen dokumentiert wurden, später als Evidenz für regelbasierte Grammatikmodelle herangezogen (vgl. Berko 1958, Pinker/Prince 1988). Quantitative Auswertungen, die zur Einschätzung der Repräsentativität solcher "Fehler" erforderlich sind, waren dabei jedoch nicht möglich. Bei der Erhebung der Tagebuchdaten wurde nämlich weder auf die Repräsentativität der dokumentierten Daten geachtet, noch versuchte man, möglichst alle Äußerungen eines bestimmten Strukturtyps zu erfassen. Quantitative und linguistische Methoden in der Spracherwerbsforschung 2 15 Quantitative und linguistische Methoden in der Spracherwerbsforschung Die Entstehung einer deskriptiv orientierten Sprachwissenschaft und die Entwicklung der genetischen Methode ermöglichten somit zwar die Etablierung der Spracherwerbsforschung als wissenschaftliche Disziplin; ohne die Anwendung linguistischer Methoden konnte die Vergleichbarkeit und Interpretierbarkeit der erzielten empirischen Befunde aber noch nicht sichergestellt werden. Den Hintergrund für die Entwicklung solcher Methoden in den 20er bis 50er Jahren des 20. Jahrhunderts bildeten zum einen der Logische Empirismus und der Behaviorismus, zum anderen der (amerikanische) Strukturalismus. Der Logische Empirismus beeinflußte Wissenschaftstheorie, Psychologie und Linguistik in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts entscheidend (vgl. Newmeyer 1980, 1996, Gardner 1992). Dieser philosophische Ansatz war zum einen durch die empiristische Auffassung gekennzeichnet, daß die sinnliche Erfahrung und damit die Umwelt die Basis aller Erkenntnis sei. Diese Auffassung führte zur Beschränkung auf das "Positive", das in der Erfahrung Gegebene. Zum anderen bezog sich der logische Empirismus auf die moderne mathematische Logik und versuchte, eine formalisierte Wissenschaftssprache und objektive Methoden zu entwickeln. Diese beiden Aspekte des logischen Empirismus hatten entscheidende methodische Konsequenzen: Alle Begriffe mußten operationalisierbar sein, d.h. sich durch eine logisch aufgebaute Kette präzise beschreibbarer Operationen auf meßbare Ereignisse zurückführen lassen. Alle Methoden mußten bei Kontrolle der Untersuchungsbedingungen unabhängig von der Person des Wissenschaftlers stets zu den gleichen Ergebnissen führen. Dies sollte durch die explizite Beschreibung der einzelnen Erkenntnisschritte und die Beobachtbarkeit der Zwischenergebnisse gewährleistet werden. In der Psychologie führten diese Forderungen zur Ablehnung des Mentalismus, da dessen Methoden und Kategorien nicht den Kriterien der Objektivität und Operationalisierbarkeit entsprachen. An die Stelle der mentalistischen Psychologie trat die v.a. durch Skinner geprägte behavioristische Psychologie. Diese verstand sich als experimentelle Naturwissenschaft und bemühte sich in erster Linie um die Vorhersage und Kontrolle von Verhalten (für einen Überblick vgl. u.a. Lück 1991:113ff.). Ihr Gegenstand war nicht die Funktionsweise des menschlichen Geistes, sondern das direkt beobachtbare, meßbare Verhalten, die Reaktionen Quantitative und linguistische Methoden in der Spracherwerbsforschung 16 (responses) auf bestimmte Reize (stimuli). Was zwischen Reiz und Reaktion im Organismus geschieht, galt als nicht direkt beobachtbar (black box) und daher als wissenschaftlich nicht beschreibbar. Die empiristische Orientierung bestimmte neben Gegenstand und Methode auch die theoretischen Grundannahmen des Behaviorismus. Angeborene mentale Inhalte und komplexe Fähigkeiten wurden nicht nur aus dem Untersuchungsbereich ausgeschlossen, sondern auch geleugnet. In der Grammatiktheorie führten die Forderungen des Logischen Empirismus in den 20er Jahren zur Entwicklung des amerikanischen Strukturalismus durch Linguisten wie Sapir und Bloomfield (vgl. Sapir 1921, Bloomfield 1933). Im Rahmen dieser linguistischen Theorie betrachtete man Sprache als ein autonomes, präzise erfaßbares relationales System formaler Elemente und versuchte dementsprechend, ein operationalistisches Verfahren zur Erstellung von Grammatiken zu entwickeln, eine mechanisch anwendbare, logisch aufgebaute Prozedur zur Analyse sprachlicher Elemente und ihrer Beziehungen. Zentral waren dabei drei Analyseschritte: Zuerst erhob man eine repräsentative Sammlung von Sprachdaten, ein Korpus. Anschließend wurden die darin enthaltenen komplexen sprachlichen Einheiten segmentiert, d.h. in kleinste sprachliche Elemente zerlegt, und klassifiziert, indem sie Distributionsklassen zugeordnet wurden. Hierzu suchte man zunächst nach sog. Minimalpaaren, also nach Paaren von Strukturen, die sich nur minimal voneinander unterscheiden, wie die folgenden Paare von Adjektiven: kleinen/kleines, dünnes/dünnen, kleinen/ dünnen, kleines/dünnes. Dann faßte man alle Ausdrücke, die in den ermittelten Minimalpaaren gegeneinander ausgetauscht werden können, zu einer Distributionsklasse zusammen: klein- und dünn- sowie -es und -en. Dabei durften bei allen drei Schritten nur operationalisierbare Begriffe verwendet werden. Daher wurden die Beschreibungskategorien des Strukturalismus nicht aus anderen Grammatiken übernommen, sondern aus der Korpusanalyse abgeleitet. Dieses Vorgehen sollte die unvoreingenommene Untersuchung unbekannter Sprachen ermöglichen. In der Praxis führte es jedoch zu einer einseitigen Betonung sprachlicher Variation. Die Existenz sprachlicher Universalien wurde bestritten, so daß nur induktive Generalisierungen über die Distribution von Oberflächenelementen in Einzelsprachen erlaubt waren (Bloomfield 1933; vgl. Newmeyer 1980, 1996). Quantitative und linguistische Methoden in der Spracherwerbsforschung 17 Sowohl die behavioristische Psychologie als auch der amerikanische Strukturalismus hatten einen entscheidenden Einfluß auf die weitere Entwicklung der Spracherwerbsforschung. Erst aus der Kombination dieser beiden Forschungsrichtungen ergaben sich nämlich die ersten quantitativen, linguistisch motivierten Analysen von Spracherwerbsdaten. In den 20er bis 50er Jahren wurde zunächst die behavioristische Lerntheorie, insbesondere von Skinner (1957), auf den Spracherwerb angewendet. Dieser Theorie zufolge können alle Verhaltensänderungen auf beobachtbare Umweltreize zurückgeführt und als passiver Konditionierungsprozeß aufgefaßt werden. Sprachliches Verhalten basiert demnach nicht auf einem eigenständigen sprachlichen Wissenssystem und wird nicht mit Hilfe eines sprachspezifischen Erwerbsmechanismus erworben. Es beruht vielmehr - wie jedes andere Verhalten - auf Assoziation, Imitation und Verstärkung: Wenn Eltern Gegenstände benennen oder Situationen beschreiben, stellen Kinder Assoziationen zwischen Wörtern innerhalb von Wortketten oder zwischen Wörtern und Dingen her und imitieren die elterlichen Äußerungen. Durch das Verhalten der Eltern werden die Assoziationen allmählich verstärkt und Gewohnheiten aufgebaut. Veränderungen des sprachlichen Verhaltens sind somit rein quantitativ, graduell und lernbedingt. Ziel der auf diesen Annahmen basierenden Spracherwerbsstudien war nicht die Analyse mentaler Strukturen. Vielmehr konzentrierte man sich auf die Entwicklung genereller und gruppenspezifischer Sprachentwicklungsnormen. Außerdem versuchte man zu ermitteln, welche Rolle Umweltfaktoren, Intelligenz, Behinderung, sozioökonomischer Status, Geschlecht oder Bilingualismus beim Spracherwerb spielen. 2 Dabei wurden die Befunde der Tagebuchstudien wegen ihrer mentalistischen Orientierung, Einzelfallorientiertheit und mangelnden Quantifizierung weitgehend ignoriert. Die neuen Untersuchungen bemühten sich um die möglichst objektive, quantitative und umweltorientierte Beschreibung des Spracherwerbs. Man führte daher keine Fallstudien durch, sondern großangelegte Querschnittstudien mit Gruppen von Kindern, deren Daten zusammengefaßt wurden. Trotz methodischer Verbesserungen waren die Ergebnisse der einzelnen behavioristischen Spracherwerbsstudien kaum vergleichbar. Dies lag v.a. daran, daß die meisten dieser Untersuchungen nicht linguistisch fundiert waren. 2 Vgl. Smith (1926), McCarthy (1930), Day (1932), Fisher (1934), Davis (1937), Young (1941), Templin (1957) und die Dis kussion in McCarthy (1954), Kegel (1974) und Ingram (1989). Quantitative und linguistische Methoden in der Spracherwerbsforschung 18 Vielmehr wurden idiosynkratische selbstentwickelte Kategorien sowie vortheoretische Begriffe von "Satz" und "Wort" verwendet, um den Umfang des Wortschatzes, die Korrektheit der Artikulation, die Anzahl der Wörter pro Satz sowie die Komplexität und Klassenzugehörigkeit der Sätze zu analysieren (vgl. Ingram 1989:13ff.). Dieser mangelnde Linguistikbezug hatte zwei Ursachen: Zum einen akzeptierte der von Skinner vertretene Radikale Behaviorismus keinerlei linguistische Begriffe, sondern nur meßbare Reaktionen (Newmeyer 1980:11f.). Zum anderen war Sprache für Skinner eine Form des Verhaltens, die funktional und nicht mit formalen grammatischen Kategorien analysiert werden sollte. Die Daten behavioristischer Querschnittstudien mit Hilfe linguistischer Verfahren zu reanalysieren, war praktisch unmöglich, da meist auf die Dokumentation der Rohdaten verzichtet wurde. Linguistisch orientierte Spracherwerbsforscher wie Roger Brown erhoben daher neue Korpora und führten auf der Basis dieser Daten strukturalistische Distributionsanalysen durch (vgl. u.a. Braine 1963, Brown/Fraser 1963, Miller/Ervin 1964). Mit Hilfe solcher Analysen gelangte man im Rahmen des sog. Pivot-Grammatik-Ansatzes zu zwei Wortklassen, mit deren Hilfe sich die frühe Zwei-Wort-Phase charakterisieren läßt: die Pivot-Klasse, eine geschlossene Klasse von häufig auftretenden Wörtern, die entweder nur am Anfang oder nur am Ende der Zwei-Wort-Äußerungen vorkommen,3 und eine umfangreiche, sich allmählich erweiternde offene Klasse von selten auftretenden Wörtern, die sowohl die Anfangs- als auch die Endposition einnehmen oder aber isoliert vorkommen können.4 Die Verwendung linguistischer Analyseverfahren ermöglichte somit die Aufstellung von Generalisierungen über die formale Struktur der Kindersprache, was einen entscheidenden Fortschritt für die Spracherwerbsforschung darstellte. Im Gegensatz zu linguistischen Analyseverfahren spielten linguistische Modelle im Rahmen der Pivot-Grammatik keine Rolle; es wurde vielmehr auf die Lerntheorie des Behaviorismus verwiesen. Es wurde auch nicht versucht, mit Hilfe von Kindersprachdaten spezifische Analysen der Erwachsenensprache empirisch zu überprüfen, da beide ja unabhängig zu beschreiben waren; allerdings wurde die 3 4 Bei Braine (1963) werden diese Elemente "pivots" genannt, bei Brown und Fraser (1963) "functors" und bei Miller und Erwin (1964) "operators". Bei Braine (1963) heißen diese Elemente "X-words", bei Brown und Fraser (1963) "contentives" und bei Miller und Erwin (1964) "non-operators". Quantitative und linguistische Methoden in der Spracherwerbsforschung 19 erfolgreiche Analyse der Kindersprache als Beleg für die Fruchtbarkeit strukturalistischer Methoden angesehen. Es zeigte sich aber schon bald, daß diese Methoden sich nicht zur Erfassung des Übergangs zum Erwachsenensystem eigneten: Die Beschreibungskategorien wurden jeweils aus der Korpusanalyse abgeleitet. Dementsprechend gab es kein einheitliches Kategorieninventar für die zielsprachliche Grammatik und für die einzelnen Grammatiken zu verschiedenen Erwerbsphasen bzw. verschiedenen Korpora. Somit waren die Befunde der einzelnen Pivot-Grammatik-Untersuchungen relativ schwer miteinander vergleichbar, und das Kategorieninventar der frühen Kindersprache ließ sich nicht einfach zum zielsprachlichen Inventar erweitern (vgl. Bowerman 1973, Brown 1973, Kegel 1974:150ff., Ingram 1989:263ff.). Darüber hinaus ließen sich mit den Kategorien der Pivot-Grammatik nicht alle beobachteten Äußerungen erfassen. So treten z.B. nicht alle Elemente, die aufgrund ihrer relativ hohen Frequenz als Pivots zu kategorisieren sind, stets in derselben Position auf. Insgesamt betrachtet ermöglichte die Anwendung quantitativer und linguistischer Analyseverfahren auf Kindersprachdaten somit zwar eine Untersuchung der formalen Charakteristika von Kindersprachäußerungen; die Vergleichbarkeit der empirischen Befunde und die Erklärung des Übergangs zur Erwachsenensprache waren aber im Rahmen der behavioristisch orientierten Pivot-Grammatik noch nicht gewährleistet. Die Übertragung linguistischer Modelle auf Erwerbsdaten 3 20 Die Übertragung linguistischer Modelle auf Erwerbsdaten Kritik an anti-mentalistischen Modellen wurde trotz der unbezweifelbaren Fortschritte im methodischen Bereich bereits Ende der 50er Jahre erhoben (vgl. Newmeyer 1980: 19ff., Gardner 1992): Zum einen erwiesen sich die Forderungen des Logischen Empirismus als unerfüllbar und wurden daher durch neue Kriterien für die Wissenschaftlichkeit von Theorien ersetzt. Im Vordergrund standen dabei Forderungen nach Klarheit und Präzision, Systematizität, formaler Einfachheit sowie Bestätigung durch empirische Evidenz. Zum anderen wurde die Adäquatheit behavioristischer und strukturalistischer Modelle bestritten. Während Physiologen und Psychologen darauf hinwiesen, daß komplex organisiertes Verhalten - wie z.B. Sprechen - nur mit Hilfe nicht-behavioristischer Konzepte wie Vorausplanung, interne Organisation und Eigenaktivität erklärbar ist (vgl. z.B. Lashley 1951), zeigte Noam Chomsky (1957, 1959, 1965) die Inadäquatheit strukturalistischer und behavioristischer Sprach(erwerbs)theorien. Erstens kritisierte er, daß man bei der Konstruktion strukturalistischer Grammatiken nur deskriptive Generalisierungen über sprachliches Verhalten aufstellt und weder abstrakte Repräsentationen noch Regeln für die Herstellung von Beziehungen zwischen unterschiedlichen grammatischen Strukturen annimmt. Aufgrund dieses Verzichts können strukturalistische Grammatiken nämlich weder strukturelle Ambiguitäten wie in (2) noch strukturelle Beziehungen zwischen Sätzen wie in (3) erfassen: (2) (a) (b) Hühner und [Hähne mit aggressivem Verhalten] erregen Aufsehen. [Hühner und Hähne] mit aggressivem Verhalten erregen Aufsehen. (3) (a) (b) Die Hühner hassen den Hahn. Der Hahn wird von den Hühnern gehaßt. Zweitens wies Chomsky nach, daß sich die Fähigkeit, Sätze von Nicht-Sätzen zu unterscheiden und Ambiguitäten zu entdecken, nicht durch bloße Assoziationen zwischen Sätzen erklären läßt, wie man dies in behavioristischen Ansätzen tut. Der Nachweis der Inadäquatheit behavioristischer und strukturalistischer Modelle und das Scheitern des Logischen Empirismus bildeten den Ausgangspunkt für die "kognitive Wende", die Ablösung des behavioristischen Paradigmas durch die Kognitionswissenschaft (für einen Überblick vgl. u.a. Gardner 1992, Münch 1992). Diese nimmt im Gegensatz zum Behavioris- Die Übertragung linguistischer Modelle auf Erwerbsdaten 21 mus eine eigenständige Ebene mentaler Repräsentationen an. Von älteren mentalistischen Ansätzen unterscheidet sie sich durch die Einbeziehung experimenteller Methoden und die Erweiterung des Gegenstandsbereichs: Sie befaßt sich nicht nur mit bewußten Vorgängen, sondern mit allen Prozessen der Aufnahme, Verarbeitung, Speicherung und Anwendung von Information. Um diesem komplexen Gegenstandsbereich gerecht zu werden, mußten neue Formen der interdisziplinären Kooperation zwischen geistes-, natur- und ingenieurwissenschaftlichen Disziplinen geschaffen werden (vgl. Gardner 1992). 3.1 Die Standardtheorie der generativen Grammatik Als eine zentrale Teildisziplin der Kognitionswissenschaft etablierte sich bereits sehr früh die generative Grammatiktheorie (vgl. Newmeyer 1980, 1996 zu ihrer Entstehung und Weiterentwicklung). Ihr Gegenstand ist nicht das konkrete sprachliche Verhalten, die sog. Performanz, sondern die sog. Kompetenz, d.h. die Fähigkeit eines Sprechers, im Prinzip unendlich viele Sätze seiner Muttersprache produzieren, verstehen und im Hinblick auf ihre Grammatikalität bewerten zu können. Diese Fähigkeit wird Chomsky (1965) zufolge nicht durch ReizReaktions-Beziehungen erklärt, sondern durch die Annahme von komplexen Regelsystemen, die kompetente Sprecher verinnerlicht haben. Zur Erfassung dieser Regelsysteme werden in der generativen Linguistik Grammatiken erstellt. Solche Grammatiken sollen beschreibungsadäquat sein. D.h., sie sollen genau alle wohlgeformten Sätze der betreffenden Sprache generieren und jedem dieser Sätze eine strukturelle Beschreibung zuordnen, die mit den Intuitionen eines kompetenten Sprechers übereinstimmt. Dazu sind der Standardtheorie der gene rativen Grammatik (Chomsky 1965) zufolge zwei Typen von Regeln erforderlich: Phrasenstrukturregeln erzeugen Repräsentationen, die die semantische Interpretation bestimmen, sog. Tiefenstrukturen. Transformationsregeln überführen diese Strukturen in Oberflächenstrukturen, indem sie Konstituenten umstellen, tilgen oder hinzufügen. Die Unterscheidung von Phrasenstruktur- und Transformationsregeln ermöglicht die Erfassung von strukturellen Ambiguitäten und Beziehungen, die in strukturalistischen Grammatiken nicht möglich war: Strukturelle Ambiguitäten wie in (2) lassen sich auf das Vorliegen unterschiedlicher Phrasenstrukturregeln bei Sätzen mit gleicher Oberflächenstruktur zurückführen. Beziehungen zwischen Sätzen können durch Transformationen erfaßt Die Übertragung linguistischer Modelle auf Erwerbsdaten 22 werden, die Sätze mit denselben Phrasenstrukturregeln, d.h. mit gleicher Semantik, aufeinander beziehen. So kann z.B. der Passivsatz in (3b) durch die Passivtransformation aus dem Aktivsatz (3a) abgeleitet werden. Chomsky (1965) zufolge gibt es für jede Sprache stets mehrere mögliche beschreibungsadäquate Grammatiken. Daher ist eine erklärungsadäquate linguistische Theorie erforderlich, mit deren Hilfe man auf der Basis der primären sprachlichen Daten eine beschreibungsadäquate einzelsprachliche Grammatik auswählen kann. Eine solche Theorie besteht nach Chomskys Auffassung aus einer universellen Grammatik (UG), die die Klasse der möglichen Grammatiken festlegt, und einem Bewertungsmechanismus, der aus dieser Klasse nach einer Einfachheitshierarchie die optimale Grammatik auswählt. Die UG enthält einerseits formale Universalien, d.h. formale Bedingungen, die für alle Sprachen gelten, und andererseits substantielle Universalien, d.h. Merkmale und Kategorien, die in jeder Sprache vorkommen. Beide Typen von Universalien sind Chomsky zufolge autonom, da sie sich nicht auf semantische oder funktionale Regeln bzw. Kategorien reduzieren lassen. 3.2 Das Spracherwerbsmodell der Standardtheorie Die Theorie der Universalgrammatik beschreibt Chomskys Auffassung nach zugleich den angeborenen, autonomen Spracherwerbsmechanismus des Kindes (language acquisition device). Dieser besteht aus der UG und einem Bewertungssystem, das aus allen UG-konformen Grammatiken die zielsprachliche Grammatik herausfiltert (Chomsky/Lasnik 1977:426). Somit ergibt sich aus der Standardtheorie das folgende Spracherwerbsmodell: Abb.I-1: Das Spracherwerbsmodell der Standardtheorie primäre sprachliche Daten  UG = formale und substantielle Universalien  G1   G2  ...  Gn  Bewertungsmechanismus Spracherwerbsmechanismus Gi = zielsprachliche  Grammatik Die Übertragung linguistischer Modelle auf Erwerbsdaten 23 Chomsky (1965:81) begründete die Annahme angeborener sprachlicher Universalien mit der Diskrepanz zwischen der Komplexität des zu erwerbenden Wissenssystems und der schlechten Beschaffenheit der Inputdaten ("poverty of stimulus"): "Betrachtet man den Charakter der zu erlernenden Grammatik, den geringen Umfang und die schlechte Beschaffenheit der zugänglichen Erfahrungsdaten, die überraschende Gleichförmigkeit der resultierenden Grammatiken und ihre Unabhängigkeit von Intelligenz, Motivation und emotionaler Verfassung in einem sehr breiten Varia tionsbereich, so bleibt wenig Hoffnung, daß von der Struktur der Sprache viel gelernt werden könnte durch einen Organismus, der keine Anfangsinformation über ihren allgemeinen Charakter besitzt." Das in Abb.I-1 dargestellte Modell bot zwar eine Lösung für das von Chomsky beschriebene Lernbarkeitsproblem, es war jedoch ein Alles-auf-einmal-Modell (instantaneous model), d.h. der zeitliche Verlauf des Spracherwerbs wurde außer acht gelassen. Einigkeit bestand lediglich darüber, daß der Erwerbsverlauf nicht auf rein quantitativen Veränderungen von Wortschatz und Satzlänge beruht, sondern auf der Steigerung der Komplexität des internalisierten Regelsystems. Eigenständige Modelle der Struktur und Funktion des Erwerbsmechanismus wurden nicht entwickelt. Vielmehr wurden Annahmen der theoretischen Linguistik direkt, d.h. ohne die Vermittlung einer expliziten Erwerbstheorie, auf Spracherwerbsdaten bezogen (vgl. die Diskussion in Roeper 1981). Am deutlichsten wurde dies in der Theorie der derivationellen Komplexität (derivational theory of complexity; Miller/Chomsky 1963, Brown/Hanlon 1970). Diesem Ansatz zufolge beruhen die Verarbeitungsgeschwindigkeit und der relative Erwerbszeitpunkt syntaktischer Konstruktionen allein auf ihrer syntaktischen Komplexität. Diese ergibt sich wiederum direkt aus der Anzahl der involvierten Transformationen: Strukturen mit zwei Transformationen sollten stets schneller verarbeitet und früher erworben werden als Strukturen mit drei Transformationen - unabhängig davon, um welche Transformationen es sich jeweils handelt, wie häufig diese Strukturen auftreten und wie komplex die durch sie ausgedrückten Konzepte sind. Die Grundannahmen der generativen Grammatik und die spezifischeren Hypothesen zum Erwerbsverlauf wurden in zahlreichen Studien zum kindlichen Spracherwerb untersucht. Es bildeten sich schon bald interdisziplinär orientierte Gruppen um Roger Brown (Harvard), Susan Ervin-Tripp und Wick Miller (Berkeley) sowie Lois Bloom (Columbia). Die Mitglieder dieser Gruppen erhoben Längsschnittkorpora und schrieben für diese Korpora Die Übertragung linguistischer Modelle auf Erwerbsdaten 24 Grammatiken.5 Als Kriterium für die Einteilung von Phasen, für die Grammatiken geschrieben wurden, verwendeten sie dabei die mittlere Äußerungslänge, gemessen in Morphemen pro Satz (MLU = mean length of utterance; Brown 1973). Dieses Kriterium war durch den Bezug auf die Kategorie "Morphem" zwar etwas stärker linguistisch fundiert als die Kriterien der behavioristischen Spracherwerbsforschung, aber immer noch stark oberflächenorientiert. Es diente daher lediglich einer vorläufigen Strukturierung der Korpora. Das eigentliche Ziel war die Erfassung des sich entwickelnden Regelsystems des Kindes. Auf dieses Ziel waren auch die Datenerhebungsmethoden ausgerichtet. Den Ausgangspunkt bildete die Analyse von Spontansprachdaten, wobei man - anders als in der Pivot-Grammatik - nicht nur die Distribution der Oberflächenelemente berücksichtigte, sondern auch die zugrundeliegenden, bedeutungsrelevanten Strukturen ("rich interpretation"; vgl. Bloom 1970, Brown 1973). Dadurch konnten erstmals strukturelle Ambiguitäten erfaßt werden. So läßt sich z.B. mommy in (4a) als Genitivattribut zu sock analysieren, in (4b) hingegen als Subjekt. Eine rein oberflächenorientierte Analyse könnte dies nicht adäquat beschreiben, da sie beide Sätze gleichbehandeln müßte. (4) (a) (b) mommy sock (Das Kind zeigt auf die Strümpfe der Mutter.) mommy sock (Die Mutter zieht dem Kind die Strümpfe an.) Um die Rolle von Performanzfaktoren besser einschätzen zu können, aber auch, um Aufschluß über den Erwerb selten auftretender Konstruktionen zu erhalten, machte man sich die Fortschritte der experimentellen Psychologie zunutze und ergänzte die Spontansprachdaten durch Imitations-, Verstehens- und Produktionsexperimente (vgl. z.B. Berko 1958, Brown/ Fraser 1963, Fraser/Bellugi/Brown 1963).6 Mit Hilfe dieser Experimente konnte überzeugend nachgewiesen werden, daß Kinder ihre Muttersprache nicht rein imitativ erlernen. Vielmehr können sie bereits in der Zwei-Wort-Phase Morpheme und Strukturen der Zielsprache interpretieren und korrekte Flexionsformen von Wörtern bilden, die sie nicht im Input gehört haben. So zeigte z.B. Berko (1958), daß Kinder von Kunstwörtern wie wug regulär flektierte Pluralformen wie wugs bilden können. Solche Befunde liefern Evidenz gegen die Annahmen 5 6 Vgl. z.B. Menyuk (1963), Klima/Bellugi (1966), McNeill (1966), Bellugi (1967), Bloom (1970), Brown/ Cazden/Bellugi (1968). Einen Überblick über die zentralen experimentellen Studien der 60er und 70er Jahre und die erzielten Befunde gibt z.B. Ingram (1989). Die Übertragung linguistischer Modelle auf Erwerbsdaten 25 der behavioristischen Lerntheorie und deuten darauf hin, daß Kinder - wie in der generativen Grammatik angenommen - grammatische Regeln erwerben und anwenden. Die Evidenz für Regelanwendung in der Kindersprache bestätigte somit die wichtigste Annahme der generativen Sprachtheorie; die auf spezifischeren linguistischen Annahmen basierenden Hypothesen konnten aber nicht aufrechterhalten werden. Insbesondere zeigte sich anders als von der Theorie der derivationellen Komplexität vorhergesagt - kein Zusammenhang zwischen der Anzahl der für eine Konstruktion benötigten Transformationen und der Verarbeitungsgeschwindigkeit oder dem relativen Erwerbszeitpunkt (vgl. Fodor/Bever/Garrett 1974, Ingram 1989: 435ff.). Brown und Hanlon (Brown/Hanlon 1970, Brown 1973) sowie deVilliers und deVilliers (1973) gelang es, in Studien zum Erwerb des Englischen lediglich nachzuweisen, daß die Erwerbsreihenfolgen für Satztypen bzw. grammatische Morpheme wie von der Theorie der derivationellen Komplexität vorhergesagt - relativ stabil ist und nicht einfach auf die Häufigkeit im Input zurückgeführt werden kann. So zeigten diese Studien z.B., daß die Artikel the und a nach den Präpositionen in und on erworben werden, obwohl Artikel die frequentesten Morpheme in den untersuchten Erwachsenensprachdaten sind und die beiden untersuchten Präpositionen eine wesentlich niedrigere Frequenz aufweisen. Die Anzahl der involvierten Transformationen erlaubte aber für sich genommen keine Erklärung der beobachteten Entwicklungsverläufe. Die Theorie der derivationellen Komplexität war somit als psycholinguistischer Erklärungsansatz gescheitert - und damit die direkte Anwendung der Standardtheorie auf Kindersprachdaten. Dennoch stellte die Entwicklung der Theorie der derivationellen Komplexität meines Erachtens einen entscheidenden Schritt bei der Entwicklung der interdisziplinären Kooperation dar. Im Rahmen dieser Theorie wurde nämlich erstmals versucht, Entwicklungssequenzen mit Hilfe von linguistischen Konzepten zu erklären, d.h. einen linguistisch basierten Ansatz für das sog. Ordnungsproblem zu entwickeln. Zuvor hatte man die Struktur des Erwerbsverlaufs entweder gar nicht ausführlicher diskutiert (wie z.B. in der Pivot-Grammatik), oder man hatte sie auf die generelle kognitive Entwicklung und den Erwerb der sprachlich ausgedrückten Konzepte zurückgeführt (wie z.B. in vielen Tagebuchstudien aus der Zeit um 1900; vgl. u.a. Stern/ Stern 1928). Dementsprechend hoch waren dann auch die Erwartungen an die Anwendung eines linguistischen Modells auf Erwerbsdaten - und um so größer war nach dem Scheitern der Theorie der derivationellen Komplexität auch die Skepsis gegenüber einer solchen Vorgehens- Die Übertragung linguistischer Modelle auf Erwerbsdaten 26 weise. Dies hat meines Erachtens auch dazu beigetragen, daß das Ordnungsproblem - wie ich in den folgenden Kapiteln aufzeigen werde - bis heute in der linguistisch orientierten Erwerbsforschung immer nur eine untergeordnete Rolle gespielt hat. Zugleich machte aber gerade das Scheitern der Theorie der derivationellen Komplexität die Probleme einer direkten Anwendung linguistischer Modelle auf Erwerbsdaten deutlich und zeigte so die Notwendigkeit der Entwicklung eigenständiger Modelle der Spracherwerbsforschung. Erste eigenständige Modelle der Spracherwerbsforschung 4 27 Erste eigenständige Modelle der Spracherwerbsforschung In den 70er Jahren scheiterte nicht nur die direkte Anwendung der Standardtheorie auf Erwerbsdaten, auch die generative Grammatiktheorie selbst geriet in eine Krise. Diese Krise war paradoxerweise gerade durch die Vorzüge der generativen Grammatiktheorie bedingt zum einen durch die Erfolge bei der Beschreibung struktureller Beziehungen zwischen Sätzen, zum anderen durch die Gleichsetzung von UG und Spracherwerbsmechanismus. Wie ich im folgenden zeigen werde, führten beide Aspekte der generativen Grammatik zu empirischen und konzeptionellen Problemen. Dadurch machten sie eine Neuorientierung der generativen Grammatik erforderlich und bewirkten eine Neubestimmung des Verhältnisses zwischen theoretischer Linguistik und Psycholinguistik. Im Mittelpunkt der Diskussion innerhalb der theoretischen Linguistik stand dabei die Notwendigkeit von einfachen Mechanismen, mit denen sich sowohl die typologische Variation als auch sprachliche Universalien erfassen lassen. Innerhalb der Spracherwerbsforschung hingegen bemühte man sich darum, die einseitige Bindung an die generative Grammatiktheorie aufzulösen und Erkenntnisse der Kognitions-, Entwicklungs- und Sozialpsychologie, der Mathematik und der Künstlichen Intelligenz einzubeziehen (vgl. z.B. Bruner 1975, Pinker 1984, Slobin 1985). Beide Entwicklungen, die Vereinfachung der angenommenen Mechanismen und die Bemühungen um eine interdisziplinäre Orientierung der Spracherwerbsforschung, sind - wie in den folgenden Kapiteln erkennbar sein wird - noch nicht abgeschlossen, sondern auch für die aktuelle Theoriediskussion zentral. 4.1 Die Suche nach universellen Beschränkungen für grammatische Repräsentationen Die schwerwiegende Krise, in die die generative Grammatik während der 70er Jahre geriet, ergab sich paradoxerweise gerade aus ihrem Bemühen um die Erstellung beschreibungsadäquater Grammatiken. Um möglichst viele syntaktische Konstruktionen und natürliche Sprachen adäquat beschreiben zu können, hatte man den Beschreibungsapparat mächtiger gemacht, indem man immer mehr Transformationen annahm und deren Anwendungsbereich ausdehnte. Es wurde jedoch versäumt, gleichzeitig universelle Beschränkungen für Regelsysteme aufzustellen, so daß die Standardtheoriegrammatiken nicht nur die grammatischen Erste eigenständige Modelle der Spracherwerbsforschung 28 Sätze der untersuchten Sprache erzeugten, sondern auch eine beliebige Anzahl ungrammatischer. Die allzugroße Mächtigkeit des Beschreibungsapparats führte zugleich zum Verlust von Erklärungsadäquatheit: Mit der Zahl der Regeln wuchs auch die Anzahl potentieller Regelsysteme, so daß unklar war, wie ein Bewertungsmechanismus bzw. ein spracherwerbendes Kind das richtige auswählen sollte. Diese Probleme wurden verstärkt durch den Versuch der Generativen Semantik, allen Sätzen mit ähnlicher Interpretation dieselbe Tiefenstruktur zuzuweisen - und zwar auch dann, wenn sich diese Sätze in ihrem lexikalischen Material stark unterscheiden wie (5a) und (5b) (vgl. z.B. Lakoff 1971; zur Diskussion vgl. Newmeyer 1980, 1996): (5) (a) (b) Der Hahn tötet den Wurm. Der Hahn verursacht, daß der Wurm stirbt. Dieser Versuch führte zu sehr abstrakten semantischen Tiefenstrukturen, in denen lexikalische Elemente in kleinste Komponenten aufgespalten wurden, und einer extrem komplexen Transformationskomponente zur Ableitung syntaktischer Oberflächenstrukturen. Seit den 70er Jahren versucht man daher, die generative Kraft der Grammatik zu beschränken (vgl. Newmeyer 1996). Erstens wurden Aspekte der Oberflächenstruktur in die semantische Interpretation einbezogen. Dadurch stellten die Tiefenstrukturen nicht mehr die alleinige Interpretationsgrundlage dar. Dementsprechend mußten sie nicht so komplex sein wie in der Generativen Semantik. Zweitens wurde der Beitrag, den lexikalische Elemente zur Struktur und Interpretation von Sätzen leisten, stärker berücksichtigt. Drittens wurden universelle Beschränkungen vorgeschlagen. Diese betrafen insbesondere mögliche Ausgangs- und Landepositionen für bewegte Elemente sowie die Phrasenstruktur. Während die vorgeschlagenen Beschränkungen für Bewegungsprozesse bis heute Gegenstand intensiver Debatten sind, haben sich einige der für die Phrasenstruktur vorgeschlagenen Beschränkungen als robuste Generalisierungen erwiesen (Chomsky 1970, Jackendoff 1977, Stowell 1981); vgl. v.a.: Erste eigenständige Modelle der Spracherwerbsforschung (6) 29 Beschränkungen für die Phrasenstruktur (a) Endozentrizität Jede syntaktische Kategorie (Phrase) ist endozentrisch: Sie hat einen Kopf, d.h. ein lexikalisches Element, das die kategorialen Merkmale der gesamten Phrase bestimmt (so haben z.B. Nominalphrasen wie ein großes Haus ein Nomen als Kopf). Zwischen dem Kopf (X0) und seiner maximalen Projektion, der Phrase (XP), können weitere Zwischenkategorien (X´) projiziert werden, die den Kopf dominieren, d.h. enthalten. (b) Maximalität Alle Kategorien, die an die Hauptprojektionslinie von X angefügt werden, sind Phrasen, wobei die Schwestern von X0 als Komplemente und Schwestern von X´ als Spezifizierer bezeichnet werden. (c) Binarität Alle Verzweigungen in Phrasenstrukturrepräsentationen sind strikt binär.7 Aus diesen Prinzipien ergibt sich ein universelles Phrasenstrukturschema, das sog. X-barSchema: (7) XP YP Spezifizierer X' X0 Kopf ZP Komplement Die in (6) aufgeführten Phrasenstrukturprinzipien und die Diskussion über Beschränkungen für Bewegungsprozesse spielen seit den späten 70er Jahren in allen generativen Modellen eine entscheidende Rolle. Die einzelnen Modelle unterscheiden sich jedoch in der Art und Anzahl der angenommenen Mechanismen, Prinzipien und Repräsentationsebenen (vgl. Sells 1985, Newmeyer 1996). In Chomskys (1981) Prinzipien-und-Parameter-Theorie, auf die ich im folgenden noch näher eingehen werde, wird die transformationelle Komponente auf eine einzige Bewegungsoperation reduziert. Die Generierung ungrammatischer Sätze wird durch Wohlgeformtheitsbedingungen verhindert, die als angeborene formale Universalien angesehen werden. Wohlgeformtheitsbedingungen spielen auch in der Generalized Phrase Structure 7 Während das Endozentrizitätsprinzip (6a) und das Maximalitätsprinzip (6b) in allen mir bekannten Versionen der X-bar-Theorie eine zentrale Rolle spielen, wird erst in aktuelleren Arbeiten explizit oder implizit vom Binaritätsprinzip (6c) ausgegangen (vgl. Haegeman 1991, Schmidt 1995). Zur Motivation des Binaritätsprinzips vgl. Kapitel I.7 sowie Kayne (1994), Chomsky (1995). Erste eigenständige Modelle der Spracherwerbsforschung 30 Grammar (GPSG; Gazdar/Klein/Pullum/Sag 1985), der Head-Driven Phrase Structure Grammar (HPSG; Pollard/Sag 1987, 1994) und der Lexical Functional Grammar (LFG; Bresnan 1982) eine entscheidende Rolle. In diesen Ansätzen wird die Transformationskomponente nicht nur eingeschränkt, sondern vollständig eliminiert, denn "the strongest way to constraint a component is eliminating it" (Gazdar 1982:132). In der GPSG wird zum Ausgleich die Phrasenstrukturkomponente stark ausgebaut, in der HPSG und der LFG wird hingegen die lexikalische Komponente erweitert. Dadurch lassen sich syntaktische Konfigurationen auf der Basis lexikalischer Eigenschaften vorhersagen. Insgesamt weisen die Nachfolgemodelle von Standardtheorie und Generativer Semantik somit bei aller Unterschiedlichkeit eine Reihe von entscheidenden Gemeinsamkeiten auf: Um die Generierung ungrammatischer Strukturen und die damit verbundenen konzeptuellen Probleme zu verhindern, wurden in allen Modellen die Transformationskomponenten durch einfache Mechanismen ersetzt, die universellen Beschränkungen unterliegen. Von besonderer Bedeutung für die Spracherwerbsforschung ist die Ausweitung der Funktion des Lexikons, die in den meisten Modellen zu beobachten ist. 4.2 Die Neuorientierung der Spracherwerbsforschung Die generative Spracherwerbsforschung befand sich in den 70er Jahren in einer noch schwierigeren Lage als die generative Grammatiktheorie. Sie hatte nicht nur deren deskriptive und konzeptionelle Probleme übernommen, sondern sich durch die direkte Anwendung linguistischer Theorien auf Spracherwerbsdaten in eine einseitige Abhängigkeit von der Grammatiktheorie begeben. Daher war es unabdingbar, diese Abhängigkeit aufzuheben und eigenständige Spracherwerbstheorien zu entwickeln. Angesichts der mangelnden Restriktivität von Standardtheorie und Generativer Semantik hatte es sich bereits sehr bald als unmöglich erwiesen, zu entscheiden, welche Grammatik zur Beschreibung der untersuchten Kindersprachdaten am besten geeignet ist (vgl. Atkinson 1982). Darüber hinaus führten die linguistischen Debatten über den Status der Tiefenstruktur zu einem langanhaltenden Streit über das Verhältnis von Syntax und Semantik im Spracherwerb und zur Erstellung von extrem komplexen Kindersprachgrammatiken mit semantischen Ad-hoc-Kategorien oder einer willkürlichen Mischung syntaktischer und semantischer Erste eigenständige Modelle der Spracherwerbsforschung 31 Kategorien der Erwachsenensprache. Es gab zwar auch explizite Vergleiche verschiedener Grammatiktypen (Bowerman 1973, Brown 1973, Bloom/Lightbown/Hood 1975), diese Arbeiten stimmten jedoch lediglich in der Ablehnung von Pivot-Grammatik und Standardtheorie überein: Die Pivot-Grammatik erfasse weder den Übergang zur Erwachsenensprache, noch die Komplexität der frühen Kindersprache und die Beziehungen zwischen semantischen und strukturellen Relationen. Die an der Standardtheorie orientierte Spracherwerbsforschung werde zwar der Komplexität kindlicher Äußerungen eher gerecht als die Pivot-Grammatik; die Annahme formaler grammatischer Kategorien wie "Subjekt" für die Phase der ersten Wortkombinationen sei aber empirisch nicht gerechtfertigt, da keine syntaktischen Effekte solcher Kategorien (z.B. Subjekt-Verb-Kongruenz, Nominativmarkierungen, ...) aufträten. Erforderlich sei lediglich die Annahme universeller semantischer Grundrelationen, die für die Serialisierung der ersten Wortkombinationen verantwortlich seien: z.B. AGENS + ACTION (Adam go), POSSESSOR + POSSESSUM (mommy chair) (für einen Überblick vgl. Ingram 1989:279ff.). Rein semantisch basierten Ansätzen der Spracherwerbsforschung gelang es nicht, eine adäquate linguistisch fundierte Theorie für alle Phasen des Grammatikerwerbs zu entwickeln und den Übergang von semantischen zu formalen Kategorien zu erklären. Versuche, die Generative Semantik auf Spracherwerbsdaten anzuwenden (z.B. Antinucci/Parisi 1973, 1975) oder eine eigenständige Theorie des Erwerbs semantischer Relationen aufzustellen (z.B. Schlesinger 1971, 1982), erwiesen sich ebenfalls als nicht tragfähig. Außerdem verloren die grammatiktheoretischen Ansätze, an denen sie sich orientierten, gegen Ende der 70er Jahre an Einfluß. Die Spracherwerbsforschung stand somit vor dem folgenden Dilemma: Die in den 60er und frühen 70er Jahren verfügbaren grammatiktheoretischen Modelle erlaubten weder eine adäquate Beschreibung noch eine Erklärung des realen Erwerbsverlaufs. Wie das Scheitern der behavioristischen Spracherwerbsforschung gezeigt hat, läßt sich der kindliche Grammatikerwerb aber ohne eine mentalistische linguistische Theorie auch nicht adäquat beschreiben oder erklären: Erstens haben sich nicht-mentalistische Spracherwerbstheorien als unzureichend erwiesen, da sich die Regularitäten menschlicher Sprachen und die produktive, regelgeleitete Bildung neuer Flexionsformen - wie bereits diskutiert - nicht auf der Basis einfacher Verbindungen zwischen Stimuli und Reaktionen erklären lassen (vgl. Lashley 1951, Berko 1958, Chomsky 1959, 1965). Zweitens bleibt ohne Bezug auf linguistische Modelle unklar, wie das Erste eigenständige Modelle der Spracherwerbsforschung 32 zu erwerbende Wissenssystem eigentlich genau aussieht. Darüber hinaus kann man empirische Befunde ohne einen gemeinsamen Beschreibungsrahmen kaum vergleichen und in ein umfassenderes Modell einordnen. Angesichts dieses Dilemmas wäre es möglich gewesen, einfach aktuellere Grammatikmodelle für Analysen von Erwerbsdaten heranzuziehen. Der schnelle Wandel linguistischer Theorien hatte aber viele Befunde - zum Beispiel aus Studien zur Theorie der derivationellen Komplexität - gleich wieder obsolet gemacht. Dementsprechend wuchs die Unzufriedenheit von Psycholinguisten gegenüber der Übertragung spezifischer linguistischer Annahmen auf Kindersprachdaten (vgl. z.B. Brown 1970 sowie die Diskussion in Ingram 1989:60ff.). Diese Unzufriedenheit war meiner Ansicht nach nur zum Teil berechtigt. Ohne linguistische Vorgaben wäre man nicht zu so detaillierten Beschreibungen und differenzierten Analysen des Spracherwerbs gelangt, wie sie z.B. in Berko (1958), Menyuk (1969) und Brown (1973) zu finden sind. Außerdem hängt die Aussagekraft von Spracherwerbsstudien nicht allein von der zugrundegelegten Grammatiktheorie ab. Die erhobenen Daten sind immer dann auch in anderen theoretischen Kontexten interpretierbar, wenn linguistische Annahmen lediglich als Heuristik zur Entdeckung von Entwicklungszusammenhängen verwendet werden, der Bezug auf Oberflächenelemente erhalten bleibt und quantitative Methoden mit linguistischen Analysen kombiniert werden. Dies zeigt sich besonders deutlich, wenn man die ersten Transformationsgrammatiken für Kindersprachdaten mit linguistisch basierten Generalisierungen über das Auftreten von Übergeneralisierungen oder Erwerbsreihenfolgen für grammatische Morpheme vergleicht: So basiert z.B. Menyuks (1969:107) Aussage, daß Hinzufügungstransformationen vor Tilgungstransformationen erworben werden, auf theoriespezifischen generellen Konzepten wie "Tilgungstransformation" und "Hinzufügungstransformation". Daher ist eine solche Aussage sehr theorieabhängig. Zugleich lassen sich die empirischen Befunde, die dieser Aussage zugrunde liegen, nur schwer in einem anderen theoretischen Ansatz reinterpretieren, da es nicht mehr transparent ist, auf welchen Satztypen mit welchen grammatischen Morphemen die Generalisierung genau beruht. Die von Menyuk in derselben Publikation getroffenen Aussagen über systematische Abweichungen von der Zielsprache sind hingegen auch in anderen theoretischen Modellen zu interpretieren, da sie sich auf Oberflächenabfolgen stützen. Dies gilt z.B. für die Aussage, daß die frühe Kindersprache durch Abweichungen von der zielsprachlichen Subjekt-Auxiliar-Abfolge gekennzeichnet ist (z.B. why they are here?). Ihre Gültigkeit Erste eigenständige Modelle der Spracherwerbsforschung 33 behalten haben auch die deskriptiven Generalisierungen über die Erwerbsreihenfolge grammatischer Morpheme, die in zahlreichen Studien zur Theorie der derivationellen Komplexität aufgestellt wurden (vgl. z.B. Brown/Hanlon 1970, Brown 1973): Die durch quantitative Analysen abgesicherte Beobachtung, daß ein Affix systematisch vor einem anderen erworben wird, blieb bestehen, unabhängig davon, wie man die betreffenden Strukturen analysierte und den Einfluß der syntaktischen Komplexität auf den Erwerbsprozeß einschätzte. Trotz ihrer relativ hohen Robustheit hatten solche Ergebnisse der Spracherwerbsforschung einen eher geringen Einfluß auf die linguistische Theoriebildung. Im allgemeinen wurden höchstens Ergebnisse von Studien aufgegriffen, welche die Grundannahmen der generativen Grammatik bestätigten - z.B. die Befunde von Brown und Hanlon (1970) zur relativen Frequenzunabhängigkeit von Erwerbsreihenfolgen oder Berkos Nachweis der regelgeleiteten Produktivität in der Kindersprache (Berko 1958). Beobachtungen, die linguistischen Annahmen widersprachen, führten nie direkt zu deren Aufgabe oder Revision. So wurde auch die Standardtheorie der generativen Grammatik nicht aufgrund des Scheiterns der Theorie der derivationellen Komplexität aufgegeben, sondern aufgrund der diskutierten theorieinternen konzeptuellen Probleme. Diese Zurückhaltung war beim damaligen Stand der Psycholinguistik nicht unberechtigt. Die Datenerhebungs- und Analysemethoden waren noch nicht sehr ausgereift, und es war umstritten, welcher Datentyp am ehesten Aufschluß über die sprachliche Kompetenz von Kindern geben könnte (vgl. u.a. Brown/Fraser 1963, Fraser/Bellugi/Brown 1963). Struktur und Funktionsweise des Spracherwerbsmechanismus waren bislang ebensowenig untersucht worden wie die Auswirkungen außersprachlicher Faktoren auf Spracherwerb, -produktion und -verstehen. Es war somit völlig unklar, welche Beziehungen zwischen den verschiedenen Typen von Kindersprachdaten sowie zwischen der Kindersprachgrammatik und der Erwachsenengrammatik bestehen. Diese Unklarheiten und die von der Grammatiktheorie übernommenen deskriptiven und konzeptionellen Probleme führten zur Aufgabe der einseitigen Orientierung der Grammatikerwerbsforschung an der generativen Linguistik. Annahmen zum Erwerbsmechanismus wurden nicht mehr unreflektiert aus der linguistischen Theorie übernommen. Vielmehr wurden sie mit Hilfe von empirischen Untersuchungen und formalen Modellen überprüft und weiterentwickelt. Den Ausgangspunkt bildete hierbei das "poverty of stimulus"-Argument Chomskys: Erste eigenständige Modelle der Spracherwerbsforschung (8) 34 Das "poverty of stimulus"-Argument Chomskys (1965) Prämissen: - Der Input des Kindes ist defizitär. - Der Spracherwerb verläuft weitestgehend unabhängig von der sozialen Entwicklung. - Der Spracherwerb verläuft weitestgehend unabhängig von der kognitiven Entwicklung. - Kinder erwerben eine komplexe formale Grammatik. Schlußfolgerungen: - Kinder verfügen über einen angeborenen, sprachspezifischen Erwerbsmechanismus. - Zum Erwerbsmechanismus gehören formale und substantielle Universalien. Zur Überprüfung dieser Prämissen und Schlußfolgerungen wurden Ergebnisse, Modelle und Methoden aus allen Teildisziplinen der Kognitionswissenschaft herangezogen, v.a. aus der Kognitions-, Entwicklungs- und Sozialpsychologie, der Mathematik und der Künstlichen Intelligenz. Dabei entstanden drei Richtungen innerhalb der Spracherwerbsforschung: - die psychologisch orientierte Spracherwerbsforschung, - die Lernbarkeitstheorie und - die linguistisch orientierte Spracherwerbsforschung. 4.3 Die psychologisch orientierte Spracherwerbsforschung Die stärkste Kritik an der Argumentation Chomskys, aber auch der erste Anstoß zur Entwicklung eines neuen Forschungsbereichs kamen aus der Psychologie (Bruner 1975, Snow 1977, Piaget 1980a, b, c). Daß man sich innerhalb der Psychologie überhaupt so intensiv mit linguistischen Fragestellungen und Annahmen auseinandersetzte, war ein Ergebnis der kognitiven Wende. Solange die Psychologie behavioristisch dominiert war, fand praktisch keine produktive Auseinandersetzung zwischen Linguistik und Psychologie statt. Die beiden durch Skinner und Chomsky repräsentierten Extrempositionen waren dafür zu weit voneinander entfernt: Spracherwerb unter linguistischen Gesichtspunkten zu untersuchen, war in den 60er Jahren mehr oder weniger gleichbedeutend mit der Übernahme einer mentalistischen, nativistischen, formalistischen und modularistischen Position und der Suche nach diskontinuierlichen Phasen im Erwerbsverlauf. Sprachentwicklung aus psychologischer Perspektive zu betrachten, hieß demgegenüber, einen behavioristischen, empiristischen, funktionalistischen Erste eigenständige Modelle der Spracherwerbsforschung 35 und holistischen Ansatz zu vertreten und die sprachliche Entwicklung als kontinuierlichen Lernprozeß anzusehen. Da sich behavioristische Erklärungen des Spracherwerbs als inadäquat erwiesen hatten, ermöglichte erst die Entwicklung komplexer mentalistischer Modelle in der Psychologie die interdisziplinäre Kooperation. Diese wird allerdings durch Unterschiede in den Erkenntnisinteressen erschwert: Entwicklungspsychologisch orientierte Psycholinguisten wollen durch Studien zur Sprachentwicklung generelle Gesetzmäßigkeiten von Entwicklungsprozessen entdecken; primär linguistisch orientierte Psycholinguisten versuchen hingegen, durch Analysen der Kindersprache Aufschluß über die sprachliche Kompetenz Erwachsener zu erlangen. Diese Unterschiede korrelieren mit unterschiedlichen Sprachauffassungen: Viele Psychologen lehnen die in der Linguistik dominierende Auffassung ab, daß die menschliche Sprach(erwerbs)fähigkeit ein autonomes Modul sei (vgl. z.B. Piaget 1980a, b, c, 1983, Bates/MacWhinney 1987). Diese Korrelation zwischen Erkenntnisinteresse und Sprachauffassung ist nicht völlig zufällig: Wer Aussagen über ein spezifisches Gebiet der Kognition machen will - wie die linguistisch orientierten Psycholinguisten wird eher von der Autonomie dieses Gebiets ausgehen als jemand, der nach generellen Prinzipien der Kognition und der Interaktion mit der Umwelt sucht - wie die psychologisch orientierten Psycholinguisten. Dementsprechend stammen die meisten Studien, die sich kritisch mit Chomskys "poverty of stimulus"-Argument (vgl. (8)) auseinandersetzen, aus der psychologisch orientierten Spracherwerbsforschung. Dabei sind zwei Hauptrichtungen zu unterscheiden: (i) (ii) Der Interaktionismus wendet sich gegen die Vernachlässigung der Bedeutung des Inputs und der sozialen Entwicklung für den Grammatikerwerb. Kognitivistische Ansätze bestreiten die Unabhängigkeit des Spracherwerbs von der kognitiven Entwicklung und den formalen Charakter der Grammatik. Erste eigenständige Modelle der Spracherwerbsforschung ad (i) 36 Der Interaktionismus Ausgehend davon, daß Kinder ihre Muttersprache im Rahmen kommunikativer Interaktionen in vertrauten Kontexten erwerben, wird im Interaktionismus angenommen, daß die Kommunikationssituation des Kindes und die vorsprachliche Kommunikation wesentliche Voraussetzungen für die Sprachentwicklung sind (vgl. u.a. Bruner 1975, Hickman 1995, Ochs/ Schieffelin 1995, Snow 1995).8 Dabei sind zwei Varianten zu unterscheiden: Der starken Interaktionshypothese zufolge läßt sich der Spracherwerb auch ohne die Annahme eines angeborenen autonomen Erwerbsmechanismus erklären, wenn die Bedingungen der Interaktion zwischen dem Kind und seinen Bezugspersonen berücksichtigt werden. Diese Variante der Interaktionshypothese wird insbesondere im Motherese-Ansatz vertreten (Ruke Dravina 1976, Cross 1977, Ferguson 1977, Snow 1977, 1995). Diesem zufolge sind Chomskys Annahmen über die Inputbeschaffenheit zu pessimistisch: Erstens seien die Äußerungen Erwachsener gegenüber Kindern überwiegend korrekt. Zweitens weise Motherese, die Sprache, in der Erwachsene mit Kindern sprechen, spezifische universelle Charakteristika auf, die den Spracherwerb ohne einen spezifischen Erwerbsmechanismus ermöglichen. Hierzu zählen insbesondere die stark übertriebene Sprachmelodie, die überdeutliche Betonung markanter Satzteile, die höhere Stimmlage, die Beschränkung auf einfache Sachverhalte im Hier und Jetzt, der hohe Redundanzgrad, spezielle "Babywörter" sowie die Verwendung kurzer, wohlgeformter Sätze mit wenigen Einbettungen (vgl. u.a. Ingram 1989:132, Locke 1995: 288f.). Diese Beobachtungen wurden in zahlreichen Studien bestätigt und spielen in aktuellen Erwerbsmodellen eine zentrale Rolle: Zum einen wird den prosodischen Eigenschaften des Motherese eine wichtige Rolle bei der Segmentierung von Lautketten und zur Etablierung von Konstituentengrenzen zugeschrieben (vgl. Gerken 1996, Jusczyk 1997); zum anderen wird die Beschränkung auf einfache Sachverhalte im Hier und Jetzt als wichtige Voraussetzung für den Erwerb grammatischer Kategorien und Merkmale angesehen (vgl. u.a. Pinker 1989). Es konnte allerdings keine überzeugende Evidenz für die im Motherese-Ansatz vertretene Annahme erbracht werden, daß die syntaktische Vereinfachung des Inputs notwendig und hinreichend für erfolgreichen Spracherwerb ist (vgl. Newport/Gleitman/Gleitman 1977, Wexler/ Culicover 1980, Newport 1977, Wexler 1982, Marcus 1993): Auf der einen Seite ist ein 8 Zur Diskussion vgl. u.a. Clahsen (1982), Ingram (1989). Erste eigenständige Modelle der Spracherwerbsforschung 37 eingeschränkter Input, der nur wenige unterschiedliche syntaktische Strukturen enthält, mit mehr Generalisierungen vereinbar als ein Input, der ein größeres Inventar von Strukturen bietet (Wexler/Culicover 1980, Wexler 1982). Dementsprechend liefert ein eingeschränkter Input weniger Hinweise darauf, welche Generalisierungen die richtigen sind. Damit erschwert er den Syntaxerwerb eher, als daß er ihn erleichtert. Auf der anderen Seite beschränkt sich die empirische Basis der Motherese-Hypothese auf die Beobachtung, daß Kinder, in deren Input bestimmte syntaktische Strukturen sehr frequent sind, diese Strukturen häufiger benutzen als Kinder, in deren Input sie seltener auftreten. Aus solchen Korrelationen läßt sich aber kein Kausalzusammenhang und keine Inputsteuerung der syntaktischen Entwicklung ableiten. Es könnte z.B. genausogut sein, daß die Mütter bestimmte Strukturen häufiger produzieren, weil ihre Kinder sie immer verwenden. Außerdem gibt es auch eine Reihe von Korrelationen zwischen der Häufigkeit von Inputstrukturen und der Häufigkeit bestimmter Strukturen in den Kinderäußerungen, die keine Evidenz für eine Inputsteuerung liefern (Newport/Gleitman/ Gleitman 1977, Newport 1977). So gebrauchen z.B. Kinder um so weniger Verben, je mehr Verben ihre Mütter benutzen. Darüber hinaus macht die Annahme eines systematisch syntaktisch vereinfachten Inputs das Lernbarkeitsproblem lediglich zu einem "Lehrproblem" für die Erwachsenen. Diesen muß dann nämlich die Fähigkeit zugeschrieben werden, den jeweiligen Entwicklungsstand des Kindes zu erkennen und die grammatische Form ihrer Äußerungen darauf abzustimmen. Diese Kritik betrifft auch Bruners (1983) schwache Version der Interaktionshypothese, der zufolge die Sprachgemeinschaft Kinder durch ein biologisch und kulturell fundiertes Hilfssystem für den Spracherwerb unterstützt, das für eine systematische Aufbereitung des Inputs sorgt und so das Funktionieren des Erwerbsmechanismus gewährleistet. Insgesamt betrachtet haben die empirischen Befunde des Interaktionismus somit zu einer realistischeren Einschätzung der Qualität des Inputs und der kommunikativen Einbettung des Spracherwerbs geführt; die Annahme, daß die systematische syntaktische Vereinfachung des Inputs eine notwendige und zugleich hinreichende Voraussetzung des Spracherwerbs ist, ließ sich jedoch nicht aufrechterhalten. Erste eigenständige Modelle der Spracherwerbsforschung ad (ii) 38 Kognitivistische Ansätze Die ersten systematischen empirischen Untersuchungen zur Beziehung zwischen sprachlicher und kognitiver Entwicklung basierten auf der Entwicklungspsychologie Jean Piagets. Dieser stimmte zwar mit Chomsky darin überein, daß der menschliche Spracherwerb ein kreativer Prozeß sei, der auf genetisch festgelegten mentalen Prozessen und Strukturen basiert. Er lehnte jedoch die Annahme eines angeborenen, sprachspezifischen Erwerbsmechanismus ab und betrachtete alle kognitiven Fähigkeiten als das Ergebnis eines einheitlichen, inkrementellen Konstruktionsprozesses, bei dem sich der Erwerbsmechanismus selbst weiterentwickelt. Die anti-nativistischen Aspekte von Piagets Ansatz wurden v.a. von Chomsky und Fodor angegriffen (vgl. Piattelli-Palmarini 1980): In Piagets Theorie sei unklar, wie Kinder von einer Stufe der kognitiven Entwicklung allein auf der Grundlage der bislang verfügbaren Konzepte und Kategorien zur nächsten Stufe übergehen können. Um ein neues Konzept oder eine neue Kategorie zu erwerben, müssen sie bereits eine Hypothese darüber aufstellen. Die Aufstellung einer solchen Hypothese setze jedoch bereits ein Vorwissen über das betreffende Konzept bzw. über die betreffende Kategorie voraus. Daher könnten Konzepte und Kategorien prinzipiell nicht gelernt werden, sondern nur bereits vorhandene Hypothesen durch Erfahrung bestätigt bzw. widerlegt werden. Alle potentiellen Konzepte und Kategorien müßten somit bereits genetisch festgelegt sein.9 Die holistischen Aspekte des Piagetschen Ansatzes führten zur Korrelationshypothese. Diese besagt, daß die Sprachentwicklung durch die Stufen der kognitiven Entwicklung vollständig festgelegt ist (Sinclair-de-Zwart 1971, Bronckart 1976). Spracherwerbsstudien zeigten jedoch schon bald Diskrepanzen zwischen sprachlicher und kognitiver Entwicklung auf: Erstens ergaben sprachvergleichende Studien und Untersuchungen zum Bilingualismus, daß der Zeitpunkt, zu dem bestimmte Konzepte sprachlich ausgedrückt werden, von der grammatischen Komplexität der zielsprachlichen Strukturen abhängt (vgl. u.a. Slobin 1985, 1992 und die dort diskutierte Literatur). Zweitens lieferten psycho- und neurolinguistische Studien Evidenz für doppelte Dissoziationen von sprachlichen und allgemein kognitiven Fähigkeiten: Einerseits können Sprachstörungen bei ansonsten kognitiv, sozial und psychisch unauffälligen 9 Für weitere Dis kussionen dieses Arguments gegen die Konstruktion neuer Kategorien und Konzepte vgl. u.a. Quartz (1993). Erste eigenständige Modelle der Spracherwerbsforschung 39 Personen auftreten; andererseits können die formalen sprachlichen Fähigkeiten trotz schwerer geistiger Behinderung relativ unbeeinträchtigt bleiben (zur Diskussion vgl. u.a. Clahsen 1988, Fletcher/MacWhinney 1995). Die Annahme eines strikten zeitlichen Zusammenhangs zwischen sprachlicher und kognitiver Entwicklung ließ sich somit nicht bestätigen. Die Korrelationshypothese wurde daher durch die sog. Kognitionshypothese (Cromer 1974) abgelöst, der zufolge lediglich ein logischer Zusammenhang zwischen kognitiver und sprachlicher Entwicklung besteht. Die kognitive Entwicklung wird als Voraussetzung für den Erwerb der Bedeutung und Form sprachlicher Ausdrücke angesehen. Dabei sind der starken Kognitionshypothese zufolge kognitive Fähigkeiten notwendig und zugleich hinreichend für den Grammatikerwerb (vgl. u.a. Bates/ MacWhinney 1979, 1982, 1987, Bates/Thal/MacWhinney 1991). Sowohl der Erwerb selbst als auch das Zielsystem sind demnach auf generelle kognitive Mechanismen und Kommunikationserfordernisse zurückzuführen. Vertreter der starken Kognitionshypothese bestreiten somit sowohl die Unabhängigkeit von sprachlicher und kognitiver Entwicklung als auch die Autonomie des erworbenen Wissenssystems. Die schwache Kognitionshypothese besagt demgegenüber, daß kognitive Fähigkeiten lediglich notwendig, aber nicht hinreichend für den Grammatikerwerb sind (Slobin 1973, 1982, 1985). Dabei wird nicht die Autonomiehypothese selbst abgelehnt, sondern nur die Annahme eines sprachspezifischen Erwerbsmechanismus. Am klarsten wird die starke Kognitionshypothese von Bates und MacWhinney (1979, 1982, 1987) vertreten. Ihnen zufolge basieren die historische Entstehung und Beibehaltung sprachlicher Formen sowie ihre Verwendung und ihr Erwerb nicht auf angeborenen sprachspezifischen Fähigkeiten, sondern auf den Erfordernissen der Kommunikationssituation. Die Form sprachlicher Ausdrücke ist demnach sowohl in der Kinder- als auch in der Erwachsenensprache durch ihre Funktion bedingt. So drückt z.B. das syntaktische Subjekt meist zugleich die semantische Rolle AGENS und die Funktion TOPIC aus (vgl. Li 1976). Solchen Beziehungen zwischen sprachlichen Formen und ihren Funktionen kommt nicht nur in funktionalistischen linguistischen Theorien eine zentrale Bedeutung zu (vgl. u.a. Givón 1976, 1979, 1995); sie bilden der starken Kognitionshypothese zufolge auch eine ausreichende Grundlage für den Erwerb der zielsprachlichen Grammatik und machen die Annahme eines angeborenen Spracherwerbsmechanismus überflüssig (vgl. u.a. Bates/MacWhinney 1979, 1982, 1987, Bates/Thal/MacWhinney 1991). Erste eigenständige Modelle der Spracherwerbsforschung 40 Gegen die von Bates und MacWhinney vertretene starke Variante der Kognitionshypothese sprechen formale sprachliche Eigenschaften, die nicht funktional begründet werden können (z.B. Genus im Deutschen). Form-Funktionsbeziehungen können die zielsprachliche Grammatik und den Grammatikerwerb somit nicht vollständig determinieren. Darüber hinaus unterliegen bereits die ersten syntaktischen Strukturen rein formalen Beschränkungen. So gelten z.B. für Subjekte in der frühen Zwei-Wort-Phase bereits formale Wortstellungsprinzipien, die nicht auf ihre semantischen oder pragmatischen Eigenschaften zurückzuführen sind (vgl. u.a. Clahsen 1982, 1988, Pinker 1984, Meisel 1986, Cromer 1988). Dem versucht der Operating-Principles-Ansatz (Slobin 1973, 1982, 1985) Rechnung zu tragen. Dieser Ansatz basiert auf der schwachen Kognitionshypothese. Es wird nicht bestritten, daß das zu erwerbende Wissenssystem eine formale Grammatik ist; es wird lediglich die Annahme abgelehnt, daß der Erwerb dieser Grammatik weitestgehend unabhängig von anderen kognitiven Prozessen ist. Der Erwerb formaler sprachlicher Eigenschaften wird im Operating-Principles-Ansatz mit Hilfe eines sprachspezifischen Erwerbsmechanismus (language making capacity) erklärt. D.h., die erste Schlußfolgerung Chomskys, daß Kinder über einen angeborenen, sprachspezifischen Erwerbsmechanismus verfügen, wird akzeptiert. Die zweite Schlußfolgerung wird hingegen als nicht notwendig erachtet; als angeboren angenommen werden nicht formale oder substantielle Universalien, sondern prozessuale Universalien, d.h. universelle informationsverarbeitende Prinzipien, die z.B. bestimmen, welche Informationen bevorzugt verarbeitet werden. Die auf dem Operating-Principles-Ansatz basierenden Studien (vgl. z.B. Slobin 1985) berücksichtigen von allen psychologisch orientierten Ansätzen am stärksten den Einfluß formaler Eigenschaften der Zielsprache und haben durch ihre Analyse von sprachlichen und kognitivperzeptuellen Bedingungsfaktoren für intersprachliche Variation im Spracherwerb zur (Wieder-)Annäherung von Psychologie und Linguistik beigetragen. Zugleich haben sie einen eindrucksvollen Nachweis für die Bedeutung sprachvergleichender Untersuchungen erbracht. Der theoretische Status der Operating Principles selbst ist allerdings umstritten. Erstens sind sie kaum falsifizierbar. Wie Bowerman (1985) zeigt, lassen sich sämtliche Beobachtungen, die Gegenevidenz gegen ein Operating Principle liefern, mit dem Operating-Principles-Ansatz vereinbar machen, indem man einfach ein weiteres Operating Principle hinzufügt, das mit dem postulierten Operating Principle interagiert. Zweitens liefern Operating Principles keine Erste eigenständige Modelle der Spracherwerbsforschung 41 Erklärung für die universellen Wohlgeformtheitsbedingungen, denen natürliche Sprachen unterliegen (Bowerman 1985). Insgesamt betrachtet führte die empirische Überprüfung der Prämissen des "poverty of stimulus"-Arguments somit bislang nicht zur Aufgabe dieser Annahmen, sondern lediglich zu gewissen Modifikationen: Der Input des Kindes wird nicht mehr als völlig defizitär betrachtet, und die Charakteristika der Interaktion zwischen Kindern und Erwachsenen werden als wesentliche Voraussetzung für die Segmentierung und Interpretation des Gehörten angesehen. Darüber hinaus wurde erkannt, daß Dissoziationen zwischen sprachlichen und generellen kognitiven Fähigkeiten zwar für eine - zumindest relative - Autonomie der menschlichen Sprach(erwerbs)fähigkeit sprechen, der Grammatikerwerb aber nicht ohne Berücksichtigung kognitiver Aspekte zu erklären ist. Die psychologisch orientierten Spracherwerbsuntersuchungen haben somit gezeigt, daß kognitive und soziale Aspekte bei der Entwicklung von Spracherwerbsmodellen einbezogen werden müssen, linguistisch basierte Theorien des Grammatikerwerbs jedoch nicht ersetzen können (vgl. auch Slobin 1981:275f.): "The late sixties and seventies were characterized by attempts on various fronts to enrich [the] picture with the introduction of social and cognitive factors. Seven popular terms characterize these trends: semantics, context, input, pragmatics, discourse, cognition, and strategies. Although these terms obviously represent important variables, embedding language acquisition within developing processes of social, logical and physical cognition, the original linguistic issues of the acquisition of language as a peculiarly structured system in its own right have often been obscured or even willfully abandoned. [...] [A]dvocates of these extralinguistic variables often seek to reduce language to something else, allowing it to arise "naturally" from processes not specially adapted to the peculiar structures of syntax and morphology. However, these structures and the course of their acquisition remain a puzzle to psycholinguists. The seven popular terms cannot be used to solve the puzzle without an eighth term, grammar." Erste eigenständige Modelle der Spracherwerbsforschung 42 4.4 Die Lernbarkeitstheorie Während sich psychologisch orientierte Ansätze der Spracherwerbsforschung kritisch mit den Prämissen von Chomskys "poverty of stimulus"-Argument auseinandersetzen, wird in der Lernbarkeitstheorie untersucht, ob die aus diesen Prämissen gezogenen Schlußfolgerungen wirklich logisch notwendig sind (für einen Überblick vgl. z.B. Bertolo 2001). Dabei abstrahiert man vom realen Erwerbsverlauf und konzentriert sich darauf, mit Hilfe mathematischer Modelle zu ermitteln, ob die formale sprachliche Kompetenz eines Erwachsenen auf der Basis von defizitärem Input tatsächlich nicht durch einen einfachen Lernmechanismus erworben werden kann bzw. welche Eigenschaften ein erfolgreicher Lernmechanismus aufweisen muß. Die in der Lernbarkeitstheorie entwickelten Modelle weisen stets drei zentrale Komponenten auf (vgl. Pinker 1979, 1984, Wexler/Culicover 1980, Atkinson 1992, Bertolo 2001): (i) eine Spezifizierung der Daten, die dem Lerner als Input zur Verfügung stehen, (ii) eine Charakterisierung der Menge von Grammatiken, die der Lerner auf der Basis des verfügbaren Inputs erwerben kann, und (iii) eine Beschreibung des Erwerbsmechanismus, die sowohl Angaben über den Anfangszustand, d.h. über den Hypothesenraum des Lerners, als auch über einzelne Lernmechanismen enthält. Die Beschreibung dieser drei Komponenten unterliegt dabei Pinker (1979:218) zufolge den folgenden Adäquatheitskriterien: - Lernbarkeitsbedingung: Das Modell muß erklären, daß sowohl die zielsprachliche Grammatik als auch alle Übergangsgrammatiken lernbar sind. - Äquipotentialitätsbedingung: Es dürfen keine einzelsprachspezifischen Mechanismen angenommen werden, da jede natürliche Sprache erwerbbar ist. - Zeitbedingung: Der Erwerbsmechanismus muß es ermöglichen, die Zielsprache in der Zeitspanne zu erwerben, in der Kinder normalerweise die wesentlichen Elemente der zielsprachlichen Grammatik erlernen. - Inputbedingung: Der angenommene Mechanismus darf keinen Input benötigen, der sich qualitativ oder quantitativ von dem unterscheidet, der einem spracherwerbenden Kind zur Verfügung steht. - Entwicklungsbedingung: Die Theorie soll Vorhersagen über Zwischenstufen des Erwerbs machen, die mit empirischen Befunden übereinstimmen. - Kognitionsbedingung: Die Mechanismen sollen mit Befunden zu kognitiven Fähigkeiten von Kindern vereinbar sein. Die ersten lernbarkeitstheoretischen Untersuchungen befaßten sich v.a. mit der von Chomsky (1965) angenommenen Diskrepanz zwischen dem zu erwerbenden Wissenssystem und der Beschaffenheit der Inputdaten. Dabei wurde Chomskys Annahme übernommen, daß das zu Erste eigenständige Modelle der Spracherwerbsforschung 43 erwerbende Wissen ein komplexes Regelsystem ist. Mit Hilfe mathematischer Modelle untersuchte man, welche Inputinformationen ein einfacher genereller Lernmechanismus, dessen Hypothesenraum nicht durch universelle Prinzipien eingeschränkt ist, benötigt, um eine solche Grammatik zu erwerben. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen wurden mit empirischen Befunden zum realen Spracherwerb verglichen und führten zu entscheidenden Modifikationen der Annahmen über den Lernmechanismus. Wie ich im Zusammenhang mit der Motherese-Hypothese bereits diskutiert habe, hatten sich Chomskys Vermutungen über die Inputbeschaffenheit zwar als zu pessimistisch erwiesen; es zeigte sich aber, daß das zu erwerbende Wissen durch die zur Verfügung stehenden Daten dennoch unterdeterminiert ist (vgl. u.a. Fanselow/Felix 1987a: 106): Die sprachliche Erfahrung des Kindes umfaßt nur einen kleinen und zufälligen Ausschnitt der in der betreffenden Sprache möglichen Strukturen (quantitative Unterdeterminiertheit). Das Kind erwirbt jedoch die Fähigkeit, prinzipiell unendlich viele verschiedene Strukturen zu produzieren, zu verstehen und zu beurteilen. Darüber hinaus beruht das sprachliche Wissen kompetenter Sprecher auf einem Regelsystem; der Input des Kindes enthält jedoch keine Regeln, sondern lediglich konkrete Einzeläußerungen (qualitative Unterdeterminiertheit). Unter diesen Bedingungen müssen Kinder Generalisierungen über einer endlichen Menge konkreter Daten vornehmen und Hypothesen über die Zielsprache aufstellen. Bereits die erste einflußreiche lernbarkeitstheoretische Untersuchung (Gold 1967) ergab allerdings, daß ein genereller hypothesentestender Lernmechanismus, dessen Hypothesenraum nicht durch universelle Prinzipien eingeschränkt ist, für den Erwerb einer Grammatik negative Evidenz benötigt, d.h. Informationen über die Ungrammatikalität von Sätzen. Dies ist darauf zurückzuführen, daß Hypothesen prinzipiell auf vier verschiedene Weisen von der Zielsprache abweichen können (Pinker 1989:5f.): Erste eigenständige Modelle der Spracherwerbsforschung 44 Abb.I-2: Mögliche Abweichungen der Hypothese von der Zielsprache 1 H 2 Z H + Z + H: durch die Hypothese vorhergesagte Strukturen Z: zielsprachlich erlaubte Strukturen +/-: positive/negative Evidenz 3 Z H 4 H + Z - In den ersten drei Fällen treten in der Zielsprache Strukturen auf, die von der Hypothese nicht vorhergesagt werden (+). Diese Strukturen liefern positive Evidenz dafür, daß die gewählte Hypothese nicht korrekt ist. In den Fällen 1-3 in Abb.I-2 ist somit keine negative Evidenz erforderlich. Wenn die gewählte Hypothese jedoch zu wenig restriktiv ist, d.h. alle zielsprachlichen Strukturen und darüber hinaus auch ungrammatische Strukturen erlaubt, ist H eine Obermenge von Z (vgl. Fall 4 in Abb.I-2). In diesem Fall kann positive Evidenz allein nicht zeigen, daß die Hypothese falsch ist. Dazu wäre negative Evidenz erforderlich. Da bei einem generellen Lernmechanismus mit uneingeschränktem Hypothesenraum Hypothesen vom Typ 4 in Abb.I-2 möglich wären, bräuchte ein solcher Mechanismus somit negative Evidenz. Wie jedoch bereits Brown und Hanlon (1970) gezeigt haben, werden Kinder nicht immer und systematisch korrigiert. Selbst wenn dies der Fall wäre, wäre direkte negative Evidenz nur dann sinnvoll, wenn sie nicht ambig ist. Bei Korrekturen ist jedoch häufig nicht erkennbar, ob sie sich auf Syntax, Semantik, Phonologie oder aber auf die kontextuelle Angemessenheit der kindlichen Äußerung beziehen (vgl. (9)). Darüber hinaus scheinen Kinder keinen systematischen Gebrauch von negativer Evidenz zu machen und weisen diese sogar gelegentlich zurück (vgl. (10); vgl. McNeill 1966, Braine 1971). Erste eigenständige Modelle der Spracherwerbsforschung (9) David: L.M.: David: David: L.M. (weakly): (10) Vater: Vater: Vater: Vater: Vater: Vater: Vater: 45 Me diit. I did it. You do it too? You did it? I helped. Wem gehört der Löffel? Wem gehört der Löffel? Wem gehört der Löffel? Mir. Wem gehört der Löffel? Wem gehört der Löffel? Mir. Und das bist Du. ne? Wem gehört der Löffel? (Menn 1996:490) Sim.: Sim.: Sim.: Sim.: Sim.: Sim.: Sim.: ich. Simone (2;4) 10 ich. ja. ich. mir. mir. ja. gehört mir. [...] ich... Dennoch haben sie als Erwachsene Intuitionen über die Grammatikalität von Sätzen, die unbekannte Wortkombinationen oder Strukturen enthalten. Direkte negative Evidenz scheint somit keine notwendige Bedingung für erfolgreichen Grammatikerwerb zu sein. Kinder können auch nicht einfach aus dem Nicht-Auftreten bestimmter Strukturen im Input schließen, daß diese Strukturen ungrammatisch sind. Es gibt nämlich stets eine unendlich große Menge von Strukturen, die das betreffende Kind noch nicht gehört hat. So kann es nie entscheiden, ob die betreffende Struktur nicht doch noch auftreten wird. Ebensowenig können sich Kinder auf statistische negative Evidenz (noisy negative evidence) verlassen, d.h. auf bestimmte Diskursmuster, die signifikant häufiger als Reaktion auf ungrammatische als auf grammatische Äußerungen des Kindes auftreten. Wie Marcus (1993) gezeigt hat, wird dieser Typ von negativer Evidenz nämlich nicht allen Kindern stets in ausreichendem Umfang und zu allen Fehlertypen geliefert . Somit besteht das Hauptergebnis von Untersuchungen zur Rolle negativer Evidenz darin, daß ein genereller Lernmechanismus mit uneingeschränktem Hypothesenraum eine Grammatik nur mit Hilfe von negativer Evidenz lernen kann, diese jedoch beim kindlichen Spracherwerb keine entscheidende Rolle spielt.11 Versuche, dieses Problem allein durch Annahmen über Eigenschaften des Inputs zu lösen, erwiesen sich als unzureichend. Erstens wiesen Wexler und 10 11 Altersangaben werden im folgenden stets im Format "Jahr;Monat" angegeben. Die Daten von Simone (vgl. Miller 1976) wurden dem LEXLERN-Projekt von Jürgen Weissenborn zur Verfügung gestellt und im Rahmen dieses Projekts von mir und anderen Projektmitgliedern analysiert (vgl. u.a. Clahsen/Penke 1992, Clahsen/Penke/Parodi 1993, Clahsen/Eisenbeiß/Vainikka 1994, Eisenbeiß 1994a, Clahsen/Eisenbeiß/Penke 1996). Für eine ausführliche Dis kussion vgl. Bowerman (1983, 1988), Pinker (1984, 1989), Marcus (1993), Morgan/Bonamo/Travis (1995). Erste eigenständige Modelle der Spracherwerbsforschung 46 Culicover (1980) nach, daß strukturell vereinfachter Input, wie er im Motherese-Ansatz diskutiert wird, nicht hilfreich, sondern eher hinderlich ist. Zweitens zeigte Pinker (1979), daß es zur Lösung des Negative-Evidenz-Problems nicht ausreicht anzunehmen, daß Kinder beim Syntaxerwerb auf semantische Informationen zurückgreifen. Kinder können nicht einfach - wie z.B. von MacNamara (1972) und Schlesinger (1971) angenommen - die intendierte Bedeutung von Sätzen aus dem nicht-sprachlichen Kontext ableiten und Regeln finden, um die Bedeutungen in Sätze umzuwandeln und umgekehrt. Erstens können Situationen auf verschiedene Weisen wahrgenommen bzw. kodiert werden, so daß unklar ist, wie es dem Kind gelingt, Situationen genau wie in der Erwachsenensprache zu kodieren (Kodierungsproblem). Zweitens müssen die semantischen Repräsentationen ein mit grammatischen Strukturen kompatibles Format haben (Formatproblem). Die Nutzung semantischer Informationen setzt somit bereits ein gewisses Vorwissen über das Format syntaktischer Strukturen und das SyntaxSemantik-Verhältnis voraus. Die Verbindung der Ergebnisse von formaler Lernbarkeitstheorie und empirischer Spracherwerbsforschung führte somit zu einer Präzisierung der Annahmen Chomskys zur Diskrepanz zwischen Input und zu erwerbendem Wissen. Aus dem ursprünglichen "poverty of stimulus"Argument (Chomsky 1965; vgl. (8)) wurde das "logische Problem" des Spracherwerbs (vgl. u.a. Fanselow/Felix 1987a:106, Baker 1979): Das Kind erwirbt eine beliebige natürliche Sprache, obwohl das zu erwerbende sprachliche Wissen in mehrfacher Hinsicht durch den Input unterdeterminiert ist: Erstens ist die sprachliche Erfahrung des Kindes endlich; das Kind erwirbt jedoch die Fähigkeit, prinzipiell unendlich viele verschiedene Strukturen zu produzieren, zu verstehen und zu beurteilen (Quantitative Unterdeterminiertheit). Zweitens beruht die sprachliche Kompetenz eines Erwachsenen auf einem verinnerlichten Regelsystem; der Input des Kindes enthält jedoch nur konkrete Einzeläußerungen (Qualitative Unterdeterminiertheit). Drittens muß das Kind Generalisierungen über einer endlichen Menge von konkreten Daten vornehmen; die Beobachtungsdaten erlauben jedoch stets verschiedene Hypothesen. Darunter sind auch solche, die nur auf der Basis von negativer Evidenz zurückgewiesen werden können, d.h. aufgrund von Informationen über die Ungrammatikalität bestimmter Strukturen. Negative Evidenz ist jedoch nicht systematisch verfügbar und kann auch nicht durch vereinfachte Inputstrukturen oder semantische Informationen ersetzt werden. Erste eigenständige Modelle der Spracherwerbsforschung 47 Angesichts des logischen Problems des Spracherwerbs wird in der generativ orientierten Spracherwerbsforschung angenommen, daß die Lernbarkeit natürlicher Sprachen nur bei spezifischen Einschränkungen des Hypothesenraums gewährleistet ist (vgl. Pinker 1984, Atkinson 1992). Insbesondere wurde in verschiedenen lernbarkeitstheoretischen Studien nachgewiesen, daß der Spracherwerbsmechanismus die folgenden Eigenschaften aufweisen muß, damit die Lernbarkeit gewährleistet ist (vgl. u.a. Wexler/Culicover 1980, Osherson/Stob/Weinstein 1986): Erstens müssen grammatische Operationen universellen Beschränkungen (z.B. Lokalitätsanforderungen für Bewegungsprozesse) unterliegen. Zweitens muß der Lernmechanismus von der Finitheit der Menge natürlicher Sprachen ausgehen, d.h. von begrenzter Variation. Drittens dürfen nur einfache positive Daten in Sätzen mit höchstens zwei Einbettungstiefen relevant für den Erwerb der zielsprachlichen Grammatik sein. Viertens darf neuer Input nicht zu beliebigen Änderungen der Gesamtgrammatik führen; er darf lediglich systematische Modifikationen spezifischer Teile der Grammatik bewirken. 4.5 Die linguistisch orientierte Spracherwerbsforschung Das Scheitern der Theorie der derivationellen Komplexität hatte entscheidende Konsequenzen für die linguistisch orientierte Spracherwerbsforschung, die neben der psychologisch und der lernbarkeitstheoretisch orientierten Spracherwerbsforschung weiter bestand. Erstens wurden erstmals systematische Überlegungen darüber angestellt, aus welchen Typen von Erwerbsdaten man überhaupt Rückschlüsse auf die Struktur der Grammatik ziehen kann (vgl. z.B. Roeper 1973a, 1981, 1982a, b, Bowerman 1982). Der einfache Schluß aus dem Nicht-Auftreten bestimmter Konstruktionen in frühen Erwerbsphasen auf die Kompetenz des Kindes hatte sich als problematisch erwiesen: Wenn eine Konstruktion in bestimmten Erwerbsphasen nicht auftritt, kann dies sowohl kompetenz- als auch performanzbedingt sein oder auf der speziellen Kommunikationssituation beruhen. Als aussagekräftiger und besser zu interpretieren erwiesen sich konsistente, nicht-zielsprachliche Wortstellungsmuster (z.B. what he will have?, what he will do?) und Übergeneralisierungen (z.B. gegeht). Diese zeigen nämlich, daß das betreffende Kind zwar noch nicht über die zielsprachliche Grammatik verfügt, aber bereits bestimmte konsistente Repräsentationen und Generalisierungen erworben hat (vgl. Bowerman 1982). Erste eigenständige Modelle der Spracherwerbsforschung 48 Zweitens wurden Ende der 70er und Anfang der 80er Jahre erstmals zahlreiche linguistisch motivierte Erwerbsmodelle vorgeschlagen (für einen Überblick vgl. Ingram 1989:315ff.). Das detaillierteste von ihnen ist das Modell von Pinker (1984). Pinker greift die kognitivistische Betonung von Form-Funktionsbeziehungen und die strukturalistische Betonung von Distributionsanalysen auf und integriert sie in ein Gesamtmodell. Dieses Modell beruht zum einen auf den Grundannahmen generativer Grammatiktheorien über angeborene Universalien, zum anderen auf der Kontinuitätshypothese. Diese besagt, daß der Erwerbsmechanismus keinen qualitativen Veränderungen unterliegt. Er ist vielmehr stationär und direkt - d.h., er verändert sich im Verlauf des Erwerbsprozesses nicht, und er erzeugt keine Übergangsstrukturen, die nicht mit der Zielsprache vereinbar sind (Pinker 1984:31). Neben der Kontinuitätshypothese spielen in Pinkers Modell zwei weitere Komponenten eine zentrale Rolle: Lernbarkeitsbedingungen führen zu theoretisch motivierten Varianten von Erwerbsmechanismen, Generalisierungen über Kindersprachdaten liefern konkurrierende beschreibungsadäquate Analysen, und die Kontinuitätshypothese ermöglicht die Bewertung der vorgeschlagenen Erwerbsmechanismen. Auf der Basis von Lernbarkeitsbedingungen, Kindersprachanalysen und der Kontinuitätshypothese entwickelte Pinker einen einheitlichen Ansatz mit zentralen Grundannahmen zum Spracherwerbsmechanismus; angesichts der in der Linguistik zu diesem Zeitpunkt diskutierten unterschiedlichen Regelformate für Phrasenstrukturen, Flexion, lexikalische Regeln und Hilfsverben schlug er allerdings unterschiedliche Erwerbsmechanismen für diese Phänomene vor. Die Vorgehensweise Pinkers war somit nicht nur durch die Annahmen der Erwerbstheorie, sondern auch durch die Struktur der Grammatiktheorie bedingt. Das Modell von Pinker weist drei Aspekte auf, die für die Untersuchungen im zweiten Hauptteil der vorliegenden Arbeit zentral sind und dort noch ausführlicher diskutiert werden. Erstens zeigt Pinker auf, daß Konzepte und Konstrukte der theoretischen Linguistik - wie z.B. "Paradigma" und "lexikalische Regel" den Ausgangspunkt für die Entwicklung von Erwerbsmodellen bilden können. Zweitens verdeutlicht er, daß der Erwerb der zielsprachlichen Grammatik durch die Annahme von angeborenen substantiellen und formalen Universalien noch nicht hinreichend erklärt ist. Insbesondere weist er nach, daß es zur Erklärung der Kategorisierung von lexikalischen Inputelementen nicht ausreicht, angeborene Kategorien wie "Nomen" oder "Verb" Erste eigenständige Modelle der Spracherwerbsforschung 49 anzunehmen. Es muß noch geklärt werden, wie Kinder Instanzen dieser Kategorien im Input identifizieren. Pinker löst dieses Problem, das sog. Bootstrappingproblem, durch die Hypothese des semantischen Bootstrapping (Grimshaw 1981, MacNamara 1982, Pinker 1984, 1987). Dieser Hypothese zufolge wird die Kategorisierung von Inputelementen durch bestimmte Erwartungen über Korrelationsbeziehungen zwischen Formen und Funktionen gesteuert. So gehen Kinder Pinker (1984:41ff.) zufolge von der Erwartung aus, Handlungen würden prototypischerweise durch Verben, Namen von Personen oder Dingen durch Nomina, Attribute durch Adjektive und räumliche Relationen durch Präpositionen ausgedrückt. Diese anfänglichen Annahmen müssen im Verlauf des Erwerbs revidiert werden, da in natürlichen Sprachen keine strikten 1:1-Beziehungen zwischen grammatischen Kategorien und semantischen Konzepten bestehen. Das semantische Bootstrapping ist für Pinker somit lediglich eine frühe Lernstrategie, die den Einstieg in das syntaktische System ermöglicht. Sobald die Grundstruktur der Sprache ermittelt ist, können seiner Auffassung nach auch Elemente erworben werden, für die keine einfachen Beziehungen zwischen Formen und Funktionen gelten, z.B. Nomina wie Tanz, die Handlungen bezeichnen. Dies geschieht dadurch, daß das Kind die Distribution dieser Elemente in den bereits bekannten Strukturen analysiert, d.h. durch strukturabhängiges distributionelles Lernen. Der dritte Aspekt von Pinkers Modell, der für die weitere Diskussion relevant ist, ist die Erklärung von Entwicklungsfortschritten, die trotz der angenommenen Kontinuität des Erwerbsmechanismus zu beobachten sind. Pinker entwickelt hierfür das Konzept des Lexikalischen Lernens : Daß einige grammatische Regeln relativ spät erworben werden, wird darauf zurückgeführt, daß die lexikalischen Elemente, über denen sie operieren, erst erworben werden müssen. Zur Beschreibung des Erwerbs lexikalischer und morphologischer Eigenschaften greift Pinker auf Konzepte aus der linguistischen Theorie - z.B. auf das Konzept des morphologischen Paradigmas - zurück. Er entwickelt somit nicht nur eine eigenständige Erwerbstheorie, sondern bezieht diese stets auf linguistische Modelle. Erste eigenständige Modelle der Spracherwerbsforschung 50 4.6 Die Neubestimmung der interdisziplinären Beziehungen In den 70er und frühen 80er Jahren ließen sich drei Grundtypen von Reaktionen auf das Scheitern der ersten Kooperation von Grammatiktheorie und Erwerbsforschung beobachten: (i) der völlige Verzicht auf Kooperation, (ii) die Beschränkung des interdisziplinären Austausches auf die Modellebene und (iii) die Fortsetzung der Kooperation bei der Modellentwicklung und der Erstellung struktureller Repräsentationen. Für einen völligen Verzicht auf Kooperation argumentiert man in der generativ orientierten theoretischen Linguistik am ehesten im Rahmen der GPSG, die eine rein formale deduktive Grammatiktheorie ohne Anspruch auf psychologische Realität zu entwickeln versucht (Gazdar/ Klein/Pullum/Sag 1985). Dementsprechend wenig wird die GPSG zur Erklärung von Spracherwerbs- und Verarbeitungsprozessen herangezogen (vgl. allerdings z.B. Fodor 1992). Auch im Rahmen der HPSG (Pollard/Sag 1987, 1994) wurde zunächst weitestgehend auf die Auseinandersetzung mit Erwerbsdaten verzichtet. Mittlerweile findet ein gewisser Austausch statt, allerdings primär auf der Ebene der Modelldiskussion (vgl. u.a. Wacholder 1995, Green 1998). Das psycholinguistische Gegenstück zur rein formalen Grammatiktheorie bildet die rein deskriptiv orientierte Kindersprachforschung, die sich auf eine nicht linguistisch basierte Beschreibung der spezifischen Charakteristika der Kindersprache konzentriert (zur Diskussion vgl. Wasow 1983:191, Ingram 1989:60ff.).12 Daß in dieser Forschungsrichtung der Bezug auf Theorien der Erwachsenengrammatik abgelehnt wird, ist bereits daran erkennbar, daß hier der Forschungsgegenstand nicht mit dem Terminus "language acquisition" bezeichnet wird, der ja auf ein zu erwerbendes Erwachsenensystem verweist, sondern mit dem Terminus "child language". Auch die Beschränkung des interdisziplinären Austausches auf die Modellebene läßt sich sowohl in linguistischen als auch in psycholinguistischen Ansätzen beobachten. So wurden z.B. in der formalen Lernbarkeitstheorie lediglich generelle Annahmen linguistischer Modelle, aber keine spezifischen Einzelanalysen überprüft. Umgekehrt zogen viele Linguisten aus dem Scheitern der Theorie der derivationellen Komplexität den Schluß, man solle zwar ein psychologisch 12 Vgl. z.B. Arbeiten zu Sprachentwicklungsnormen und zum Wortschatz in der Kindersprache (Augst/Bauer/Stein 1977, Hall/Nagy/Linn 1984 u.a.). Erste eigenständige Modelle der Spracherwerbsforschung 51 plausibles Grammatikmodell entwickeln, das lernbarkeitstheoretische Befunde berücksichtigt; beobachtbares Verhalten, wie es in der Spracherwerbsforschung untersucht wird, erlaube jedoch keinen eindeutigen Rückschluß auf die sprachliche Kompetenz und sei daher für die linguistische Theoriebildung irrelevant (vgl. z.B. Chomsky 1980:191ff.). In der LFG wurde hingegen für die Fortsetzung der Kooperation bei der Modellentwicklung und die Einbeziehung von Erwerbsdaten bei der Erstellung struktureller Repräsentationen - z.B. für die Passivkonstruktion - argumentiert. Dies machte diese Theorie wiederum für die Spracherwerbsforschung attraktiv (vgl. Pinker 1984). Im Rahmen von transformationalistischen Ansätzen waren erste eigenständige Erwerbsmodelle (Roeper 1981, Pinker 1984 u.a.) entwickelt worden. Die Beziehung zwischen theoretischer Linguistik und Erwerbsforschung war allerdings noch nicht sehr intensiv. Es gab zwar einige Linguisten, die auch nach dem Scheitern der Theorie der derivationellen Komplexität linguistische Hypothesen anhand von Kindersprachdaten überprüften, insbesondere Roeper und seine Kollegen (vgl. z.B. Roeper 1973a, b, 1981, 1982a, b, Roeper et al. 1981); es fehlte aber noch ein grammatiktheoretisches Modell, das den Erkenntnissen der Lernbarkeitsforschung explizit Rechnung trug und auch Vorhersagen über Erwerbsstufen ermöglichte. Ein gemeinsames Forschungsprogramm für Grammatiktheorie und Erwerbsforschung 5 52 Ein gemeinsames Forschungsprogramm für Grammatiktheorie und Erwerbsforschung Ein lernbarkeitstheoretisch motiviertes Spracherwerbsmodell wurde erst in den frühen 80er Jahren im Rahmen der Prinzipien-und-Parameter-Theorie (PPT, Chomsky 1981) entwickelt. Dieses Modell bildet den Ausgangspunkt für die meisten aktuellen linguistisch orientierten Spracherwerbsansätze. 5.1 Die Prinzipien-und-Parameter-Theorie Den Ausgangspunkt für die PPT bildeten die diskutierten lernbarkeitstheoretisch motivierten Annahmen zum Erwerbsmechanismus. Angesichts der Notwendigkeit, von universellen Beschränkungen und begrenzter Variation auszugehen, ersetzte man in der PPT die konstruktionsspezifischen Regeln der Standardtheorie durch universelle Wohlgeformtheitsprinzipien und Parameter, d.h. durch Strukturoptionen, mit denen sowohl die typologische Variation als auch Zusammenhänge zwischen scheinbar unabhängigen syntaktischen Erscheinungen erklärt werden (vgl. Chomsky 1981, Rizzi 1982, 1986). Dies läßt sich am Beispiel des pro-dropParameters verdeutlichen: In [+pro-drop]-Sprachen wie dem Italienischen besteht - anders als in [-pro-drop]-Sprachen wie dem Englischen - die Möglichkeit, Subjekte auszulassen. Das Italienische unterscheidet sich vom Englischen jedoch nicht nur im Hinblick auf Subjektauslassungen, sondern in einem ganzen Bündel (cluster) grammatischer Eigenschaften: Ein gemeinsames Forschungsprogramm für Grammatiktheorie und Erwerbsforschung 53 Tab.I-1: Eigenschaften von [+pro-drop]- und [-pro-drop]-Sprachen13 Italienisch [+pro-drop] Englisch [-pro-drop] Subjekte können ausgelassen werden: Giovanni canta/canta Subjekte können nach dem Verb auftreten: canta Giovanni Subjekte können aus indirekten Fragesätzen herausbewegt werden: l´uomo che mi domando chi abbia visto Expletiva sind nicht erforderlich: sembrano arrivare due persone Das Subjekt darf aus eingebetteten finiten Sätzen herausbewegt werden: chii credi che t i venga Subjekte können nicht ausgelassen werden: John sings/*sings Subjekte können nicht nach dem Verb auftreten: *sings John Subjekte können nicht aus indirekten Fragesätzen herausbewegt werden: *the man that I wonder whom saw Expletiva sind erforderlich: *seem to arrive two people Das Subjekt darf nicht aus eingebetteten finiten Sätzen herausbewegt werden: *who i do you believe that t i will come Die Clusterbildung wird in der PPT durch die Annahme unterschiedlicher Parameterwerte erklärt: [+pro-drop] für das Italienische, [-pro-drop] für das Englische. Die einzelnen Eigenschaften müssen nicht separat gelernt werden. Es genügt, den pro-drop-Parameter zu fixieren, d.h. auf den zielsprachlichen Wert festzulegen. Dies geschieht auf der Basis von sog. Auslöserdaten (trigger), primären sprachlichen Daten der Zielsprache, die nur mit einem Parameterwert vereinbar sind (vgl. Rizzi 1982, Hyams 1986, Gibson/Wexler 1994:407). Da die Auslöserdaten die Grundlage für die Parameterfixierung bilden, darf die Auswertung dieser Daten nicht bereits eine strukturelle Analyse der Zielsprache voraussetzen. Daher kommen als Grundbegriffe für eine erklärungsadäquate Grammatiktheorie keine grammatischen Relationen wie "Subjekt" und "Objekt" in Frage, sondern ausschließlich Begriffe, denen "epistemische Priorität" zukommt: einfache, perzeptuell zugängliche Eigenschaften und Relationen wie "stimmhaft" und "geht voran" sowie Begriffe, die sich aus der konzeptuellen Analyse von Situationen ergeben, wie z.B. "Agens einer Handlung" (Chomsky 1981:10). Wie von der Lernbarkeitstheorie gefordert, sind somit in der PPT einfache positive Daten entscheidungsrelevant. Sind alle Parameter auf der Grundlage solcher Daten fixiert, ist die sog. Kerngrammatik der Zielsprache erworben. Außerdem kann es nur endlich viele unterschiedlich strukturierte natürliche Sprachen geben, da es nur eine begrenzte Zahl von Parametern gibt. Zugleich wird durch die Möglichkeit, Parameter einzeln zu fixieren, gewährleistet, daß neuer Input nicht zu Änderungen der Gesamtgrammatik führt, sondern lediglich zu systematischen Modifikationen von Teilen 13 Vgl. Chomsky (1981:240), Rizzi (1982, 1986), Jaeggli/Safir (1989). Ein gemeinsames Forschungsprogramm für Grammatiktheorie und Erwerbsforschung 54 der Grammatik. Damit erfüllt die PPT die in Kapitel I.4.4 diskutierten zentralen lernbarkeitstheoretischen Anforderungen an ein Grammatikmodell. Daß natürliche Sprachen trotz der begrenzten Anzahl von Parametern starke Variation zeigen, hat der PPT zufolge zwei Gründe: Erstens bestehen Grammatiken nicht nur aus der Kerngrammatik, sondern auch aus einem Lexikon und der sog. Peripherie, d.h. aus einzelsprachlichen Regeln und Ausnahmen, die sich nicht direkt aus der UG ergeben, sondern einzeln gelernt werden müssen. So wird z.B. die Regel, daß Akkusativ bei Passivierung zu Nominativ wird (vgl. (11)), zur Kerngrammatik des Deutschen gerechnet; die Tatsache, daß im Deutschen einige Verben ein Dativobjekt statt eines Akkusativobjekts haben (vgl. (12)), gehört hingegen zur Peripherie. (11) (a) (b) Der Hahn frißt den Wurm. Der Wurm wird gefressen. (12) Der Hahn rennt dem Wurm nach. Zweitens ist unsere Grammatik(erwerbs)fähigkeit Chomskys Auffassung nach nicht nur selbst ein Modul unserer Kognition, d.h. ein eigenständiges System mit spezifischen Gesetzen, sondern auch intern modular aufgebaut. Sie besteht aus einer kleinen Anzahl einfacher, miteinander interagierender Subsysteme. Daher hat die Festlegung eines Parameters Auswirkungen auf andere Teile der Grammatik, so daß auch Sprachen, die sich nur in wenigen Parametern unterscheiden, ein sehr unterschiedliches Bild bieten können. Zu den Subsystemen unseres grammatischen Wissens gehören Chomsky (1981:5) zufolge das Lexikon, die Syntax, die einerseits die kategoriale Komponente und andererseits die Transformationskomponente umfaßt, die Phonetische Form (PF) und die Logische Form (LF). Die kategoriale Komponente erzeugt X-bar-konforme Phrasenstrukturen, in die Elemente des Lexikons eingesetzt werden. Hierdurch entsteht die D-Struktur, auf der die thematischen Beziehungen zwischen dem Kopf und den übrigen Konstituenten strukturell repräsentiert sind: So ist in (13) der Hahn das AGENS der Handlung, die das Verb töten beschreibt, und der Wurm ist das PATIENS dieser Handlung. Es liegen somit zwei thematische Rollen (Θ-Rollen) vor. (13) Der Hahn tötet den Wurm. Ein gemeinsames Forschungsprogramm für Grammatiktheorie und Erwerbsforschung 55 Die D-Struktur wird durch die generelle Bewegungstransformation move-α in die S-Struktur überführt. Somit reduziert die PPT die Phrasenstrukturkomponente auf die Prinzipien der X-bar-Theorie und die Transformationskomponente auf die generelle Transformation move-α. Die S-Struktur wird durch phonologische Regeln auf PF und durch Konstruktionsregeln auf LF abgebildet. Letztere bildet die Grundlage für die semantische Interpretation. Damit dies möglich ist, müssen alle lexikalischen und thematischen Informationen auf alle syntaktischen Ebenen projiziert, d.h. weitergegeben werden, so daß sie auch auf LF zur Verfügung stehen. Daher werden für Bewegungsprozesse Spuren angenommen, d.h. leere Elemente, die die Ausgangsposition markieren, vgl.: (14) Welchen Wurmi frißt der Hahn ti? (15) wenn der Wurmi heute [VP ti gefressen wird] Insgesamt ergibt sich somit das folgende Grammatikmodell: Abb.I-3: Das PPT-Modell der generativen Grammatik (Chomsky 1981) Lexikon + X-bar-Theorie   D-Struktur  ProjektionsPrinzip  S-Struktur  Logische Form (LF)  Phonetische Form (PF) Da die Transformation move-α beliebige Elemente an beliebige Positionen bewegen kann, muß sie durch Prinzipien beschränkt werden, die ungrammatische Strukturen ausschließen und die Rekonstruierbarkeit von Bewegungen gewährleisten. Diese Prinzipien und die mit ihnen verbundenen Parameter werden in mehreren Teiltheorien erfaßt (vgl. Chomsky 1981:5f.): Ein gemeinsames Forschungsprogramm für Grammatiktheorie und Erwerbsforschung 56 - Theorie der Grenzknoten: Lokalitätsbeschränkungen für Bewegungsprozesse, - Rektionstheorie: Bedingungen für das Verhältnis zwischen dem Kopf einer Phrase und den von ihm abhängigen Elementen, - Θ-Theorie: Bedingungen für die Zuweisung von Θ-Rollen, - Bindungstheorie: strukturelle Beschränkungen für Koreferenzbeziehungen zwischen Eigennamen, Reflexivpronomina, Personalpronomina oder leeren Kategorien und ihren Bezugselementen im Satz (vgl.: Svenja i baut sichi/*j / ihr*i/j einen Turm), - Kasustheorie: Bedingungen für die Kasuszuweisung und -realisierung, - Kontrolltheorie: Beschränkungen für die Koreferenzmöglichkeiten von PRO, dem leeren Subjekt in eingebetteten Sätzen (vgl.: Eri bat Hansj PRO*i/j zu singen vs. Eri versprach Hansj PROi/*j zu singen). Das Zusammenspiel dieser Teiltheorien ersetzt in der PPT einzelsprachliche und konstruktionsspezifische Regeln. Dies läßt sich am Beispiel der Passivkonstruktion verdeutlichen: Die Lexikoneinträge von Verben bestimmen, welche Θ-Rollen sie zuweisen. Für jede dieser Rollen muß der Θ-Theorie zufolge genau eine Argumentposition auf der D-Struktur zur Verfügung stehen (Θ-Kriterium). Darüber hinaus verlangt die Kasustheorie, daß die Argumente, die als Nominalphrasen realisiert werden, kasusmarkiert werden (Kasusfilter). Dabei müssen der kasuszuweisende Kopf und die kasusmarkierte NP den Prinzipien der Rektionstheorie zufolge von derselben Phrase dominiert, d.h. beinhaltet, werden (vgl. Stechow/Sternefeld 1988: 168ff.). In Passivkonstruktionen blockiert die Partizipmorphologie die Kasuszuweisung an das direkte Objekt und die Θ-Zuweisung an die Subjektposition. Damit der Kasusfilter nicht verletzt wird, wird dem zugrundeliegenden Objekt vom finiten Verb Nominativ zugewiesen. Dazu kann es in die Subjektposition bewegt werden, da diese nicht Θ-markiert und durch ein anderes Argument besetzt ist. Ob diese Bewegung overt erfolgen muß, ist parametrisiert. Die strukturellen Beziehungen zwischen dem Oberflächensubjekt in Passivsätzen und seiner Ausgangsposition werden durch die Bindungstheorie geregelt. Damit ergeben sich alle Charakteristika der Passivkonstruktion aus der Interaktion der Passivmorphologie mit dem Lexikoneintrag und den Prinzipien und Parametern der UG. Insgesamt betrachtet ist die PPT somit gekennzeichnet durch die Zurückführung von Universalien auf Wohlgeformtheitsprinzipien und die Erfassung typologischer Variation durch Ein gemeinsames Forschungsprogramm für Grammatiktheorie und Erwerbsforschung 57 Parameter. Diese beiden Aspekte bestimmen auch die Forschungsstrategie von PPT-orientierten grammatiktheoretischen Untersuchungen: Zum einen sucht man nach universell gültigen Wohlgeformtheitsprinzipien, die Kinder unter den üblichen Bedingungen des Spracherwerbs nicht aus den Inputdaten ablesen können - und von denen daher angenommen wird, daß sie angeboren sind; zum anderen versucht man, die beobachtete typologische Variation durch die Annahme von unterschiedlichen Parameterwerten zu erfassen und Zusammenhänge zwischen Sprachwandelsprozessen auf Parameterumbelegungen zurückzuführen (vgl. u.a. Rizzi 1982, 1986, Lightfoot 1991). 5.2 Das Spracherwerbsmodell der PPT Der PPT zufolge erwerben Kinder die Kerngrammatik nicht dadurch, daß sie - wie im Behaviorismus angenommen - aufgrund von Umweltreizen beliebige Verhaltensmuster lernen (vgl. Chomsky 1981, Lightfoot 1991). Sie konstruieren auch nicht - wie in der Standardtheorie angenommen - mit Hilfe UG-basierter Hypothesen einzelsprachliche Grammatiken und filtern die richtige mit Hilfe eines Bewertungsmechanismus heraus. Vielmehr geht man in der PPT davon aus, daß Kinder eine begrenzte Anzahl einfacher Hypothesen testen, die durch die Parameter der UG vorgegeben sind. Die Spracherwerbstheorie der PPT ist somit - im Gegensatz zur behavioristischen Lerntheorie - keine Instruktionstheorie, der zufolge äußere Signale ein völlig plastisches System ohne Vorstrukturierung prägen. Sie ist auch kein Hypothesengenerierungsmodell wie das Erwerbsmodell der Standardtheorie. Sie ist vielmehr eine Selektionstheorie des Spracherwerbs (Lightfoot 1991:2): Der Organismus weist eine vorgegebene komplexe interne Struktur auf, die UG. Diese legt fest, welche Stimuli bzw. Stimuluseigenschaften überhaupt wahrgenommen werden können. Darüber hinaus bestimmt sie, wie die Stimuli verarbeitet werden, indem sie Prinzipien vorgibt und bestimmte Strukturoptionen bereitstellt, von denen jeweils eine ausgewählt wird, wenn sie durch geeignete Stimuli verstärkt wird. Die Umwelt stellt lediglich die sprachlichen Stimuli bereit: Ein gemeinsames Forschungsprogramm für Grammatiktheorie und Erwerbsforschung 58 Abb.I-4: Das Spracherwerbsmodell der PPT (Chomsky 1981) primäre sprachliche Daten  UG = Prinzipien + unfixierte Parameter  Gi = zielsprachliche Kerngrammatik Prinzipien + fixierte Parameter Spracherwerbsmechanismus Das Spracherwerbsmodell der PPT ließ ein Forschungsprogramm für die Erwerbsforschung entstehen, das starke Parallelen zu dem der theoretischen Linguistik aufweist. In der ersten, prinzipienorientierten Forschungsrichtung untersucht man, ob die postulierten UG-Prinzipien von Anfang an den Hypothesenraum von Kindern beschränken (vgl. den Überblick in Crain 1991, 2002). So wurde z.B. in verschiedenen Erwerbsstudien untersucht, ob Kinder das Prinzip der Strukturabhängigkeit verletzen. Dieses Prinzip besagt, daß grammatische Prozesse sich stets auf strukturelle Einheiten wie "Kopf" oder "Phrase" beziehen - und nicht auf semantische Einheiten oder auf lineare Positionen in einer Kette von Worten (Chomsky 1971). Dabei konnte gezeigt werden, daß bereits dreijährige Kinder das Prinzip der Strukturabhängigkeit bei der Bildung von Fragesätzen berücksichtigen (Crain/Nakayama 1987). So stellen sie z.B. bei der Umformung von Sätzen wie The man who is running is bald nicht einfach das erste Auxiliar nach vorne (Is the man who _ running is bald?), sondern berücksichtigen die syntaktische Struktur des Satzes (Is the man who is running _ bald?). Dies spricht dafür, daß Kinder spätestens dann über UG-Prinzipien verfügen, sobald sie Strukturen produzieren, die es erlauben, die Rolle dieser Prinzipien zu untersuchen.14 Dies unterstützt die Annahme, daß die Kindersprache von Anfang an denselben formalen Prinzipien unterliegt wie die Erwachsenensprache. In der zweiten, parameterorientierten Forschungsrichtung versucht man, mit Parametern Entwicklungskorrelationen zwischen oberflächlich unverbundenen Phänomenen (Cluster- 14 Zu anderen Prinzipien vgl. u.a. Matthei (1981), Otsu (1981), Solan (1983), Lust (1986), Crain (1991), Crain/Fodor (1993), Crain/Thornton (1998), Thornton/Crain (1994), Thornton (1996) und Crain/LilloMartin (1999). Ein gemeinsames Forschungsprogramm für Grammatiktheorie und Erwerbsforschung 59 effekte) zu erfassen. Exemplarisch hierfür sind die Studien von Hyams (1986, 1987, 1988), die zu zeigen versuchte, daß englische Kinder ihre Muttersprache anfangs als [+pro-drop]Sprache betrachten und den pro-drop-Parameter durch den Erwerb von Expletiva auf den richtigen Wert festlegen. Betrachtet man die Ergebnisse der prinzipienorientierten und der parameterorientierten Forschungsrichtung, so zeigt sich, daß die PPT ein erklärungsadäquateres Modell darstellte als frühere linguistische Modelle: - Gemeinsamkeiten von Kinder- und Erwachsenensprache lassen sich im Rahmen der PPT durch die Annahme erklären, daß UG-Prinzipien bereits zu Beginn des Spracherwerbs verfügbar sind und den Übergangsgrammatiken des Kindes Beschränkungen auferlegen. - Abweichungen der Kindersprache von der Zielsprache lassen sich auf Unterschiede in Parameterbelegungen zurückführen. - Entwicklungszusammenhänge zwischen oberflächlich scheinbar unverbundenen Phänomenen lassen sich als Effekte von Parameterfixierungsprozessen analysieren. Bei der Anwendung der PPT auf die Erklärung des tatsächlichen Erwerbsverlaufs sah man sich allerdings mit zwei Problemen konfrontiert, die in engem Zusammenhang stehen: mit dem Ordnungsproblem, bei dessen Erklärung die Theorie der derivationellen Komplexität gescheitert war, und mit dem Entwicklungsproblem, das erst im Rahmen der PPT ausführlicher diskutiert wurde. 5.2.1 Das Ordnungsproblem Im Rahmen der PPT selbst wurde das Ordnungsproblem, mit dem ich mich in Kapitel II bis Kapitel IV eingehender befassen werde, nicht explizit thematisiert. Insbesondere wurden zunächst keine Angaben dazu gemacht, ob die zu beobachtenden Entwicklungssequenzen auf Implikationsbeziehungen zwischen Erwerbsprozessen zurückzuführen sind (intrinsische Ordnung), oder ob sie auf einer arbiträren Markiertheitshierarchie beruhen (extrinsische Ordnung). Ebenfalls unklar blieb, ob Entwicklungssequenzen in der Organisationsstruktur der UG selbst oder in der Funktionsweise des Lernmechanismus begründet sind. In der Spracherwerbsforschung wurde daher diskutiert, ob Parameterwerte oder die Parameter selbst intrinsisch bzw. extrinsisch geordnet sind und ob sich aus dieser Ordnung Erwerbssequenzen ergeben. Ein gemeinsames Forschungsprogramm für Grammatiktheorie und Erwerbsforschung 60 Die Diskussion um eine mögliche Ordnung von Parameterwerten stand in einem engen Zusammenhang mit dem logischen Problem. Wie ich in der Diskussion zu diesem Problem erläutert habe, muß sichergestellt werden, daß Kinder im Verlauf des Spracherwerbs zunächst die restriktivste mit den Daten kompatible Hypothese wählen - und keine allzu generellen Hypothesen aufstellen, die nur auf der Basis von negativer Evidenz zurückgewiesen werden könnten. Zur Lösung dieses Problems wurde postuliert, daß zum Lernmechanismus das sog. Teilmengenprinzip (subset principle) gehört (Berwick 1985, Manzini/Wexler 1987, Wexler/ Manzini 1987). Dieses Prinzip besagt, daß Kinder denjenigen Parameterwert als Ausgangswert annehmen, der die kleinste mit den Inputdaten kompatible Sprache generiert. So müßten Kinder z.B. bei allen syntaktischen Prozessen, für die sie Evidenz finden, davon ausgehen, daß sie obligatorisch sind. Eine Grammatik Gobl, in der ein Prozeß P obligatorisch ist, erzeugt nämlich nur Strukturen, in denen P stattgefunden hat. Eine Grammatik Gopt, in der P optional ist, generiert darüber hinaus noch Strukturen, in denen P nicht stattgefunden hat. Gobl erlaubt somit nur eine Teilmenge der Strukturen, die Gopt hervorbringen kann. Die restriktive Ausgangsannahme, daß P obligatorisch ist, kann durch positive Evidenz revidiert werden, nämlich durch Strukturen, in denen P nicht angewendet wird (vgl. Berwick 1985). Damit das Teilmengenprinzip Anwendung finden kann, muß die Teilmengenbedingung erfüllt sein: Die Parameterwerte müssen Sprachen ergeben, die in echten Teilmengenbeziehungen zueinander stehen (Wexler/Manzini 1987:60). Darüber hinaus muß sichergestellt werden, daß die Wahl des restriktiveren Parameterwerts für einen bestimmten Parameter unabhängig von den anderen Parametern und ihren Werten erfolgen kann. D.h., es bestehen zwar Interaktionen zwischen Parameterwerten - aus diesen ergeben sich ja gerade die spezifischen Eigenschaften der Einzelsprachen; die Berechnung von Teilmengenrelationen muß aber ohne Berücksichtigung von Parameterinteraktionen möglich sein. Das Teilmengenprinzip wird zwar in vielen Untersuchungen explizit angenommen oder implizit vorausgesetzt, ist aber sehr umstritten. Erstens ist es nicht zwingend notwendig, einen Mechanismus zur Berechnung des unmarkierten Werts anzunehmen; der unmarkierte Wert könnte auch für jeden Parameter individuell festgelegt sein (vgl. White 1989). Zweitens ist das Teilmengenprinzip nicht mit der Beobachtung vereinbar, daß frühe Grammatiken durch die Optionalität von syntaktischen Bewegungsprozessen und Konstituenten charakterisiert sind, die in der Zielsprache obligatorisch sind. Drittens ist gerade bei den meistdiskutierten Ein gemeinsames Forschungsprogramm für Grammatiktheorie und Erwerbsforschung 61 Parametern die Teilmengenbedingung nicht erfüllt, da keine echte Teilmengenrelationen vorliegt (vgl. u.a. MacLaughlin 1995). So lassen z.B. [+pro-drop]-Sprachen nur auf den ersten Blick mehr Strukturen zu als Sprachen mit obligatorischen Subjekten. [+pro-drop]-Sprachen erlauben zwar die Bildung von Sätzen ohne overtes Subjekt, die in [-pro-drop]-Sprachen ungrammatisch sind; diese Sprachen weisen aber wiederum Sätze mit Expletiva auf, die in [+prodrop]-Sprachen nicht auftreten (vgl. Tab.I-1). Das Teilmengenprinzip scheint somit weder notwendig noch deskriptiv und konzeptuell adäquat zu sein. Ein überzeugender alternativer Ansatz zur Ordnung von Parameterwerten wurde allerdings im Rahmen der PPT nicht vorgeschlagen. In bezug auf die Ordnung der Parameter selbst wurde in lernbarkeitstheoretischen Untersuchungen gezeigt, daß es bei Parametersystemen ohne Parameterordnung zu Problemen bei der Fixierung bestimmter Parameter kommen kann, wenn zuvor nicht bereits andere Parameter fixiert worden sind (vgl. u.a. Gibson/Wexler 1994). Dies spricht für die Notwendigkeit einer Parameterordnung. In verschiedenen Erwerbsstudien wurde der Entwicklungsverlauf daher darauf zurückgeführt, daß die Fixierung bestimmter Parameter andere Parameterbelegungen logisch voraussetzt (Lebeaux 1987, Roeper/Weissenborn 1990, Roeper/deVilliers 1992, Weissenborn 1992). Eine solche intrinsische Parameterordnung wirkt in gewisser Weise wie ein Inputfilter: Ein Satz, der Parameter B involviert, kann erst dann eine vollständige grammatische Analyse erhalten, wenn Parameter A fixiert ist und das Erwerbssystem dadurch für die Fixierung von Parameter B bereit ist (vgl. Meisel 1995). Allerdings wurde bislang nur für einige Teilbereiche des Parameterraums eine solche intrinsische Ordnung vorgeschlagen (vgl. u.a. Nishigauchi/Roeper 1987, Roeper/Weissenborn 1990). D.h., eine umfassende Lösung für das Ordnungsproblem, wie sie im Rahmen der Theorie der derivationellen Komplexität angeboten worden war, wurde bislang noch nicht wieder entwickelt. Dies lag meines Erachtens nicht nur an den schlechten Erfahrungen, die man mit der Theorie der derivationellen Komplexität gemacht hatte, sondern auch daran, daß das Parameterkonzept für sich genommen noch keine Lösung für das Ordnungsproblem anbot. Darüber hinaus rückte ein anderes Problem in den Vordergrund: das Entwicklungsproblem. Ein gemeinsames Forschungsprogramm für Grammatiktheorie und Erwerbsforschung 5.2.2 62 Das Entwicklungsproblem Das Entwicklungsproblem ergibt sich - anders als das Ordnungsproblem - gerade aus der Restriktivität der PPT: Wenn der Hypothesenraum von Kindern wirklich so eingeschränkt ist, wie in der PPT angenommen wird, ist unklar, warum die sprachliche Entwicklung sich nicht schneller vollzieht, als sie es tatsächlich tut. Die PPT selbst liefert keine Theorie zur Lösung dieses Problems. Daher wurden in der Spracherwerbsforschung eigene Lösungsansätze entwickelt, die entweder auf der Reifungs- oder auf der Kontinuitätshypothese basieren:15 (i) (ii) ad (i) Der Reifungshypothese zufolge unterliegt der Lernmechanismus selbst Veränderungen, die durch neuronale Reifungsprozesse bedingt sind und den Erwerbsverlauf steuern. Der Kontinuitätshypothese zufolge stehen die Prinzipien und Parameter der UG dem Kind von Anfang an in vollem Umfang zur Verfügung. Daß der Spracherwerb dennoch so langsam verläuft, wird auf Prozesse zurückgeführt, die die Wahrnehmung oder Analysierbarkeit von Auslöserdaten und den Aufbau des Lexikons betreffen. Die Reifungshypothese Der starken Reifungshypothese (maturation of UG; Felix 1987, 1992) zufolge sind die Prinzipien der UG nicht von Anfang an wirksam, sondern werden erst im Verlauf der sprachlichen Entwicklung nach einem angeborenen Reifungsplan aktiv. Daher können frühe Grammatiken die UG verletzen. So unterliegen Felix (1992) zufolge die ersten Grammatiken von Kindern nicht der X-bar- und der Kasustheorie. Dementsprechend sollten Wortstellung und Argumentrealisierung in dieser Phase völlig unrestringiert sein. Gegen diese Annahme sprechen allerdings empirische Befunde. So liefern z.B. Daten aus der deutschen Kindersprache Evidenz für das frühe Erkennen der zugrundeliegenden Objekt-Verb-Stellung und die frühe Unterscheidung zwischen einer satzfinalen Verbposition und einer Position für finite Verben (vgl. u.a. Roeper 1973a, b, Clahsen 1982, 1990, Clahsen/Penke/Parodi 1993, Poeppel/Wexler 1993, Penner/Schönenberger/Weissenborn 1994, Wexler 1994, 1998, 2002, Clahsen/Eisenbeiß/ Penke 1996, Schönenberger/Penner/Weissenborn 1997). D.h., bereits in der frühen ZweiWort-Phase weist die Kindersprache mehr syntaktische Strukturierung auf als von Felix angenommen. 15 Vgl. die Diskussion in Verrips (1990), Meisel (1992), Schmidt (1992), Weissenborn/Goodluck/Roeper (1992), Lust/Suner/Whitman (1994), Clahsen (1996). Ein gemeinsames Forschungsprogramm für Grammatiktheorie und Erwerbsforschung 63 Darüber hinaus haben die diskutierten prinzipienorientierten Spracherwerbsstudien meiner Auffassung nach überzeugende Evidenz für die frühe Verfügbarkeit von UG-Prinzipien erbracht (vgl. u.a. Crain 1991, 2002, Crain/Thornton 1998, Crain/Lillo-Martin 1999). Die Vorstellung, daß formale Prinzipien erst durch Reifungsprozesse verfügbar werden, spielt dementsprechend in der aktuellen Theoriediskussion nur noch eine untergeordnete Rolle (vgl. allerdings Atkinson 1996). Weiterentwicklungen der schwachen Reifungshypothese (UGconstrained maturation; Borer/Wexler 1987, 1992, Babyonyshev et al. 2001) werden hingegen auch weiterhin intensiv diskutiert (für einen Überblick vgl. Wexler 1999, 2002). Die schwache Reifungshypothese besagt, daß nicht die UG-Prinzipien selbst der Reifung unterliegen, sondern lediglich externe Beschränkungen für die Realisierung von UG-Optionen. Borer und Wexler (1987, 1992) zufolge heben die postulierten Reifungsprozesse bestimmte externe Beschränkungen auf, die für frühe Entwicklungsphasen zusätzlich zu den UG-Prinzipien gelten. Alle Übergangsgrammatiken fallen somit in den Bereich der UG, unterliegen allerdings darüber hinaus noch zusätzlichen Beschränkungen. So reift Borer und Wexler zufolge die Fähigkeit, Argumentketten zu bilden, d.h. eine bestimmte Θ-Rolle mit mehr als einer syntaktischen Position in Verbindung zu setzen, erst relativ spät heran (vgl. auch Babyonyshev et al. 2001). Die Erzeugung verbaler Passive erfordert im Englischen die Bildung einer Argumentkette zwischen dem Subjekt und seiner Spur in Objektposition (vgl. (16a)). Solche Strukturen sollten Borer und Wexler zufolge daher erst produziert und verstanden werden können, wenn die Fähigkeit, Argumentketten zu bilden, gereift ist. Adjektivische Passive involvieren hingegen keine Argumentketten (vgl. (16b)). Dementsprechend sollten auch jüngere Kinder adjektivische Passive verstehen und produzieren können. (16) (a) (b) The vasei is being broken ti by the man. The vase is broken. Sobald die Fähigkeit heranreift, Argumentketten zu bilden, können Sätze, die das Kind zuvor nicht analysieren konnte, Borer und Wexler zufolge als Evidenz für die Notwendigkeit der Restrukturierung der Grammatik verwendet werden. Die der schwachen Reifungshypothese zugrundeliegende Annahme, daß Kinder in frühen Phasen der Grammatikentwicklung keine verbalen Passive mit Argumentketten bilden können, ist allerdings problematisch (vgl. u.a. Allen/Crago 1996). Zum einen treten Passivstrukturen im Ein gemeinsames Forschungsprogramm für Grammatiktheorie und Erwerbsforschung 64 Englischen früher auf als von Borer und Wexler angenommen (Bowerman 1990, Budwig 1990); zum anderen werden sie häufiger produziert, wenn der Input in Experimentsituationen mehr Passive enthält (Baker/Nelson 1984, Crain/Thornton/Murasagi 1987, Pinker/Lebeaux/ Frost 1987). Darüber hinaus werden Passivkonstruktionen in nicht-indoeuropäischen Sprachen, in denen diese Strukturen relativ häufig vorkommen, bereits mit zwei bis drei Jahren erworben (Suzman 1985, Pye/Poz 1988, Demuth 1989, 1990, Allen 1994, Allen/Crago 1993, 1996). Aber auch in Sprachen wie dem Deutschen, die eng mit dem Englischen verwandt sind, treten verbale Passive relativ früh auf (Eisenbeiß 1994c, Fritzenschaft 1994). Angesichts dieser Evidenz für die frühe Beherrschung von Strukturen, die A-Ketten involvieren, könnte man einfach postulieren, daß die Fähigkeit, A-Ketten zu bilden, früher reift als ursprünglich angenommen. Aber dann erklärt die schwache Reifungshypothese nicht mehr das, was sie ursprünglich erklären sollte: das relativ späte Auftreten von verbalen Passiven im Englischen. ad (ii) Die Kontinuitätshypothese Bei Ansätzen, die auf der Kontinuitätshypothese basieren, sind drei Hauptvarianten zu unterscheiden. Weissenborn (1992) nimmt an, daß Kinder bereits zu Beginn der Zwei-WortPhase sämtliche Parameter auf ihre zielsprachlichen Werte festgelegt, aber noch nicht alle pragmatischen Beschränkungen der Zielsprache erworben haben. So wissen z.B. Kinder, die Deutsch als Muttersprache erwerben, Weissenborn zufolge bereits sehr früh, daß das Deutsche keine [+pro-drop]-Sprache ist; sie kennen die pragmatischen Beschränkungen für die Distribution leerer Subjekte jedoch noch nicht. Daher lassen sie auch in solchen Kontexten Subjekte aus, in denen das Deutsche keine optionalen Subjekte erlaubt. Vertreter der Unique-Trigger-Hypothese gehen hingegen davon aus, daß nicht alle Parameter direkt fixiert werden können. Darüber hinaus nehmen sie an, daß die zeitliche Struktur des Entwicklungsverlaufs durch eine intrinsische Parameterordnung determiniert ist (vgl. Nishigauchi/Roeper 1987, Roeper/Weissenborn 1990, Roeper/deVilliers 1992). Den Ausgangspunkt für diese Annahme bildet die Widersprüchlichkeit der Inputdaten. So erhalten deutsche Kinder widersprüchlichen Input für die Fixierung des pro-drop-Parameters: Subjekte können ausgelassen werden, wenn sie im Vorfeld stehen (topic-drop; vgl. (17)), in anderen Kontexten sind Subjektauslassungen hingegen unzulässig (vgl. (18)): Ein gemeinsames Forschungsprogramm für Grammatiktheorie und Erwerbsforschung (17) Und was hat der Hahn heute morgen gemacht? e hat gekräht, wie immer. (18) *Der Bauer hat gehört, daß e gekräht hat. 65 Roeper und Weissenborn (1990) gehen angesichts solcher Daten davon aus, daß Parameter erst dann fixiert werden, wenn das betreffende Kind bestimmte eindeutige Auslöserdaten analysieren kann. Im Falle des pro-drop-Parameters sei der eindeutige Auslöser die Optionalität von Subjekten in finiten eingebetteten Sätzen. Um die entsprechenden Auslöserdaten analysieren zu können, müsse das Kind jedoch zunächst die Parameter fixieren, die die Struktur eingebetteter Sätze bestimmen. In Weiterentwicklungen der Unique-Trigger-Hypothese wird neben der logischen Struktur des Hypothesenraums auch die Zugänglichkeit der betreffenden Auslöserdaten berücksichtigt (Penner 1994, Penner/Weissenborn 1996). So nehmen Penner und Weissenborn (1996) an, daß nicht alle Parameter direkt fixiert werden können. Dies sei nur bei Parametern mit "kanonischen" Auslöserdaten möglich, d.h. bei Parametern, für deren Fixierung Kinder lediglich strukturelle Asymmetrien analysieren müssen. Eine solche strukturelle Asymmetrie stellt z.B. der Verbstellungsunterschied zwischen deutschen Hauptsätzen (vgl. (19)) und Nebensätzen (vgl. (20)) dar, die Penner und Weissenborn zufolge den Erwerb der Verbstellung für Hauptsätze auslöst: In Hauptsätzen steht das Verb an zweiter Stelle, in Nebensätzen befindet es sich hingegen in der Endposition. (19) Der Hahn frißt den Wurm. (20) wenn der Hahn den Wurm frißt. Wenn die Fixierung eines Parameters nicht auf der Basis kanonischer Auslöserdaten möglich ist, sondern die spezifischen Eigenschaften von einzelnen lexikalischen und morphologischen Elementen berücksichtigt werden müssen, ist die Parameterfixierung Penner und Weissenborn (1996) zufolge verzögert. Der von Pinker (1984) entwickelten Hypothese des Lexikalischen Lernens zufolge sind die Prinzipien und Parameter der UG zwar von Anfang an verfügbar; sie werden aber erst dann operativ, wenn die lexikalischen bzw. morphologischen Elemente, auf die sie sich beziehen, erworben werden. Daher sind Korrelationen zwischen dem Erwerb lexikalischer Elemente und Restrukturierungen der Grammatik zu erwarten, und Parameter, die sich auf Ein gemeinsames Forschungsprogramm für Grammatiktheorie und Erwerbsforschung 66 Eigenschaften spät erworbener lexikalischer Elemente beziehen, können erst relativ spät fixiert werden. Zu diesen spät erworbenen Elementen zählen z.B. Flexionsparadigmen, zu deren Aufbau der Vergleich verschiedener Formen und Kontexte erforderlich ist. Evidenz für die Hypothese des Lexikalischen Lernens liefern z.B. Zusammenhänge zwischen dem Flexionserwerb, dem Erwerb der zielsprachlichen Verbstellung und dem Rückgang von Subjektauslassungen (Clahsen/Penke 1992) sowie Studien, die den Einfluß lexikalischer Eigenschaften beim Erwerb der Passivstruktur aufzeigen (Pinker/Lebeaux/Frost 1987, Pinker 1989, Eisenbeiß 1994c, Fritzenschaft 1994). Bei der Debatte um die Adäquatheit der diskutierten Ansätze zum Entwicklungsproblem spielen neben empirischen Befunden auch Ökonomieüberlegungen eine zentrale Rolle. Es besteht zwar weitgehende Einigkeit darüber, daß die Kontinuitätshypothese die Nullhypothese ist (MacNamara 1982, Pinker 1984, Borer/Wexler 1987, Hyams 1994 u.a.). Da sich mit dieser Hypothese allein das Entwicklungsproblem nicht lösen läßt, wird sie aber in allen Ansätzen durch Zusatzannahmen ergänzt: In Kontinuitätsansätzen macht man bestimmte Annahmen über die Wahrnehmung bzw. Analysierbarkeit von Auslöserdaten, in Reifungsansätzen postuliert man hingegen Reifungspläne oder spezifische Mechanismen für frühe Grammatiken. Welche dieser Zusatzannahmen zu bevorzugen ist, läßt sich anhand von Ökonomieargumenten allein nicht entscheiden (Atkinson 1996). Unumstritten ist allerdings in allen Ansätzen, daß der Hypothesenraum geordnet sein muß - und daß eine intrinsische Ordnung, für die man konvergierende Evidenz aus psycholinguistischen, typologischen und diachronen Untersuchungen erbringen könnte, einer extrinsischen Ordnung vorzuziehen wäre. Aus der PPT selbst ergibt sich jedoch keine solche Ordnung. 5.3 Die Entwicklung eines parallelen Forschungsprogramms Die PPT war das erste integrative Modell der menschlichen Sprach(erwerbs)fähigkeit, das den Anspruch erhob, ohne zusätzliche Hypothesengenerierungs- und Bewertungsmechanismen auszukommen. Der Erwerbsmechanismus sollte sich allein aus der Konzeption des grammatiktheoretischen Modells ergeben. Mit anderen Worten: Die Erklärung der sprachlichen Entwicklung sollte auf denselben Konzepten basieren wie die Erklärung von grammatischen Phänomenen natürlicher Sprachen. Unterschiede und Gemeinsamkeiten von Kinder- und Ein gemeinsames Forschungsprogramm für Grammatiktheorie und Erwerbsforschung 67 Erwachsenensprache sollten in erster Linie auf universelle Prinzipien und parametrische Variation zurückgeführt werden. Dieses Charakteristikum der PPT ermöglichte die Entstehung eines parallelen Forschungsprogramms für Grammatiktheorie und Erwerbsforschung, das durch die Suche nach Evidenz für universelle Prinzipien und parametrische Variation bestimmt war. Dieses Programm führte nicht nur zu parallelen Studien, sondern auch zur Kooperation bei der Erstellung struktureller Repräsentationen, d.h. zu Untersuchungen, in denen sowohl grammatiktheoretische Analysen als auch Erklärungen für den Erwerb der betreffenden Phänomene vorgeschlagen wurden (vgl. z.B. Hyams 1986, Borer/Wexler 1987). Allerdings lieferte die PPT kein vollständiges Erwerbsmodell mit Lösungen für das Ordnungs- und das Entwicklungsproblem. Daher mußten in der PPT-orientierten Erwerbsforschung zusätzliche Annahmen zur Funktionsweise und Kontinuität des Spracherwerbsmechanismus gemacht werden. Diese Annahmen bewirkten jedoch in den frühen 80er Jahren noch keine weitergehenden Revisionen zentraler theoretischer Annahmen der Grammatiktheorie; die Rückwirkung der Spracherwerbsforschung auf die PPT war noch relativ eingeschränkt. So führte z.B. die Diskussion um das Teilmengenprinzip nicht zu einer Vereinheitlichung des Parameterformats. Man beschränkte sich weder auf die Formulierung von Parametern, bei denen immer Teilmengenrelationen bestehen, noch wollte man Teilmengenrelationen generell ausschließen. Man nahm lediglich an, daß für Parameter mit Teilmengenrelationen das Teilmengenprinzip gelten sollte. Beschränkungen für die linguistische und psycholinguistische Theoriebildung 6 68 Beschränkungen für die linguistische und psycholinguistische Theoriebildung Angesichts der mangelnden Restriktivität der ersten PPT-Ansätze wurden ab Ende der 80er Jahre sowohl Beschränkungen für das Parameterformat als auch Beschränkungen für den Prozeß der Parameterfixierung vorgeschlagen. Dadurch entstand eine Debatte über Universalien und Variationsmöglichkeiten für natürliche Sprachen und den Status der Kindersprache, die durch eine komplexe Interaktion von linguistischen und psycholinguistischen Annahmen charakterisiert war. 6.1 Beschränkungen für das Parameterformat Um die typologische Variation in all ihren Details zu erfassen, wurden im Rahmen der PPT zahlreiche Parameter postuliert (Safir 1987:78, Atkinson 1990:11f.). Diese Parameter wiesen stets drei Komponenten auf (vgl. Schmidt 1992): Die Domänenkomponente legt fest, auf welche Elemente sich der Parameter bezieht, die Funktionskomponente gibt an, welche Eigenschaften diesen Elementen zugeschrieben werden, und die Wertekomponente bestimmt, wie viele und welche Werte der Parameter hat. Beschränkungen für die einzelnen Komponenten wurden dabei anfangs nicht vorgeschlagen - abgesehen von einer Mindestanzahl von zwei Parameterwerten. So bezogen sich Parameter u.a. auf Kategorien (vgl. (21)), Prozesse (vgl. (22)), einzelne lexikalische Elemente (vgl. (23)) oder morphologische Realisierungsmöglichkeiten für abstrakte Merkmale (vgl. (24)). In der Funktionskomponente wurden u.a. Aussagen über Existenz (vgl. (24)), Ebenenzuordnung (vgl. (22)), und Richtung (vgl. (21)) gemacht; und in der Wertekomponente wurden zwei (vgl. (21), (22), (24)) oder mehrere (vgl. (23)) Werte angegeben. Dabei wurde entweder ein Wert als Defaultwert, d.h. als Standardwert, angesehen und durch ein "-" gekennzeichnet (vgl. (24)), oder alle Werte wurden als gleichrangig betrachtet (vgl. u.a. (21)): (21) Kopfrichtungsparameter (Atkinson 1992:92) (a) X´ = YP* - X (kopffinal) (b) X´ = X - YP* (kopfinitial) Beschränkungen für die linguistische und psycholinguistische Theoriebildung 69 (22) W-Parameter (vgl. z.B. Schmidt 1995:105) Die Bewegung von W-Elementen (wie z.B. was oder wer) in die initiale Position von Fragesätzen erfolgt (a) auf der S-Struktur oder (b) auf LF. (23) Rektionskategorie -Parameter (vgl. Wexler/Manzini 1987:53) γ ist die Rektionskategorie, in der sich das Bezugselement für α befinden muß, wenn γ die minimale Kategorie ist, die α enthält und darüber hinaus: (a) ein Subjekt oder (b) Flexionsmerkmale oder (c) Tempusmerkmale oder (d) indikative Tempusmerkmale oder (e) Tempusmerkmale eines uneingebetteten (root) Satzes. (24) Parameter des morphologischen Kasus (vgl. Czepluch 1988:295) (a) - Eine Sprache weist morphologisch realisierten Kasus auf. (b) + Eine Sprache weist morphologisch realisierten Kasus auf. Angesichts dieser Vielzahl und Vielfalt von Parametern wurden Beschränkungen für alle drei Parameterkomponenten diskutiert. Den ersten Vorschlag für die Domänenkomponente stellte die Hypothese der Lexikalischen Parametrisierung dar. Dieser zufolge sind nur Eigenschaften lexikalischer Elemente parametrisiert - und zwar insbesondere solche, die das Flexionssystem betreffen (Borer 1984, Chomsky 1989; vgl. auch Webelhuth 1989). Wexler und Manzini (1987) entwickelten diese Idee weiter und postulierten, daß Parameterwerte nicht an Sprachen gebunden sind, sondern an einzelne lexikalische Elemente. Demnach könnte z.B. eine Sprache fünf verschiedene lexikalische Reflexivpronomina haben, jedes mit einer eigenen strukturellen Domäne, in der sich sein Bezugselement befinden muß. Jedes der fünf Reflexivpronomina würde dann den Parameter in (23) auf einen anderen Wert festlegen. Die Hypothese der Lexikalischen Parametrisierung hat den Vorteil, daß das, was die parametrische Variation bewirkt, nämlich die Eigenschaften lexikalischer Elemente, ohnehin gelernt werden muß. Darüber hinaus kann lexikalische Variation innerhalb einer Einzelsprache mit demselben Mechanismus erfaßt werden wie typologische Variation. Es besteht allerdings die Gefahr, daß Generalisierungen über verschiedene lexikalische Elemente verlorengehen und es zu einer "Inflation" von Parametern kommt (vgl. Ouhalla 1991, Atkinson 1992). Darüber hinaus scheinen Parameter wie der Kopfrichtungsparameter (21) nicht an einzelne lexikalische Elemente gebunden zu sein, sondern an Eigenschaften von X0-Kategorien, d.h. an Kopfeigenschaften. Diese Idee findet ihren Ausdruck in der Parametrisierungsbeschränkung Beschränkungen für die linguistische und psycholinguistische Theoriebildung 70 (parameterization constraint). Diesem zufolge können Parameter sich nicht auf beliebige lexikalische Eigenschaften beziehen, sondern nur Eigenschaften von Köpfen betreffen (Clahsen 1990:364). Geht man von einer solchen Beschränkung aus, wird das Lexikon zur einer zentralen Komponente der Grammatik (vgl. Bierwisch 1992, 2001). Parameterfixierung ist allerdings nicht einfach mit dem Erwerb beliebiger Eigenschaften von Lexikoneinträgen gleichzusetzen. Der Lexikonerwerb selbst ist ja - im Gegensatz zum Grammatikerwerb - nie abgeschlossen; schließlich erwirbt jeder Sprecher auch im Erwachsenenalter noch eine Vielzahl neuer Wörter. Daher versuchte man Ende der 80er Jahre zu einer restriktiveren Theorie der parametrischen Variation zu gelangen, indem man postulierte, daß nicht alle lexikalischen Eigenschaften für den Grammatikerwerb relevant sind, sondern nur die grammatischen Eigenschaften einer spezifischen Klasse von Kategorien, die man als funktionale Kategorien bezeichnet (vgl. u.a. Chomsky 1989). Diese Kategorien repräsentieren die syntaktisch relevanten Informationen komplexer Phrasen und werden durch funktionale Elemente wie Flexive, Konjunktionen oder Determinierer realisiert. Diese Elemente bilden im Gegensatz zu Nomina, Verben und Adjektiven keine offenen - d.h. beliebig durch neue Wörter erweiterbaren - Klassen, sondern geschlossene Klassen. Den Ausgangspunkt für die Annahme funktionaler Kategorien bildete die Tatsache, daß die in der Standardtheorie vorgeschlagene Analyse der Satzstruktur in (25) nicht dem X-barSchema entsprach. Der Satz ist nach dieser Analyse nämlich exozentrisch, d.h. er weist keinen Kopf auf: (25) S NP VP Chomsky nahm daher an, daß Sätze maximale Projektion der Kategorien Inflection (I) und Complementizer (C) sind (Chomsky 1986). In I0 werden die Kongruenzmerkmale NUMERUS und PERSON repräsentiert, die die formale Übereinstimmung zwischen Subjekt und Prädikat anzeigen, sowie weitere Merkmale des Verbs (TEMPUS, ASPEKT, ...); in C0 werden nebensatzeinleitende Konjunktionen generiert (vgl. (26a)). In den ersten IP/CPAnalysen der Satzstruktur wurde SpecIP als Basisposition für Subjekte analysiert. In neueren Ansätzen geht man hingegen davon aus, daß Subjekte in der VP basisgeneriert und in die Beschränkungen für die linguistische und psycholinguistische Theoriebildung 71 SpecIP-Position bewegt werden, um dort Nominativ zu erhalten (Kuroda 1988, Sportiche 1988, Koopman/Sportiche 1991, McClosky 1997). Für Sprachen wie das Deutsche, in denen das finite Verb im Hauptsatz stets die zweite Position einnimmt, d.h. bei sog. V2Sprachen, geht man von einem schrittweisen Verbbewegungsprozeß aus: Das finite Verb wird in nicht-eingebetteten Aussage- bzw. Fragesätzen zunächst von V0 nach I0 bewegt, wo es seine Flexionsmerkmale erhält, und von dort weiter nach C0 (vgl. (26b)-(26e)). Die SpecCPPosition steht dann als Landeposition für Subjekte (26b), W-Phrasen (26d) oder topikalisierte Phrasen (26e) zur Verfügung (vgl. Fanselow/Felix 1987b, Grewendorf 1988, Stechow/ Sternefeld 1988). (26) Die IP/CP-Analyse der deutschen Satzstruktur CP SpecCP C' C0 IP SpecIP I' I0 VP SpecVP V' Komplement C0 falls Diesen Wurmi frißtj frißtj Was k frißtj Diesen Wurmk frißtj SpecCP (a) (b) (c) (d) (e) V0 SpecIP SpecVP KomplementVP der Hahni ti diesen Wurm ti' ti der Hahn der Hahni ti diesen Wurm der Hahni ti tk der Hahni ti tk V0 tj tj tj tj tj I0 frißtj tj ' tj ' ? tj ' ? tj ' Ebenso wie Sätze werden auch Nominalphrasen als Projektionen funktionaler Kategorien analysiert (Abney 1987, Fukui 1986, Siloni 1997).16 Als Kopf der Nominalphrase fungiert dabei die funktionale Kategorie D. Diese kann durch Determinierer (27a), Pronomina (27b) und die 16 Zum Deutschen vgl. Haider (1988, 1992a), Bhatt (1990), Gallmann (1990, 1996, 1998), Löbel (1990), Olsen (1991), Vater (1991), Zimmermann (1991), Gallmann/Lindauer (1994), Lindauer (1995, 1998), Delsing (1998) sowie Kapitel III.2. Beschränkungen für die linguistische und psycholinguistische Theoriebildung 72 morphologischen Merkmale KASUS, PERSON, NUMERUS und GENUS - oder durch das Possessivaffix -s (27c) - realisiert werden (vgl. u.a. Bhatt 1990).17 Die SpecDP-Position nimmt pränominale Possessorphrasen in Possessivkonstruktionen wie (27c) auf. (27) Die DP-Analyse der Nominalphrase DP SpecDP D' D0 NP SpecNP N' N0 SpecDP (a) (b) (c) Noras i D0 die sie -s Komplement SpecNP N0 Zucht KomplementNP neuer Hühnersorten ti Zucht neuer Hühnersorten Während die Details der DP- bzw. IP/CP-Analyse immer noch äußerst umstritten sind, herrschte in bezug auf die Annahme der Kategorien C, I und D schon bald weitgehende Übereinstimmung (vgl. u.a. Bhatt/Löbel/Schmidt 1989, Olsen/Fanselow 1991, Chomsky 1995, Schmidt 1995). Einigkeit bestand auch darüber, daß die Annahme funktionaler Kategorien nicht nur neue deskriptive Möglichkeiten eröffnet, sondern auch zu einer restriktiven Theorie der parametrischen Variation beiträgt. Funktionalen Kategorien wurden nämlich die folgenden Charakteristika zugeschrieben, die als zentral für die typologische Variation angesehen wurden (vgl. u.a. Schmidt 1995:122):18 - Funktionale Kategorien bilden geschlossene Klassen. - Funktionale Kategorien haben keine semantischen Selektionseigenschaften; sie vergeben keine Θ-Rollen, die sich aus ihrem semantischen Gehalt ergeben. - Funktionale Kategorien haben kategoriale Selektionseigenschaften; welche Kategorie sie als Komplement wählen, ergibt sich - anders als bei lexikalischen Kategorien wie N und V - nicht aus ihrer Semantik, sondern ist lexikalisch festgelegt. 17 18 Zur Diskussion darüber, ob das -s-Affix in D0 generiert wird oder ob das affigierte Posses sornomen die SpecDP-Position einnimmt und durch ein Merkmal in D lizensiert wird, vgl. u.a. Haider (1988), Bhatt (1990), Gallmann (1990), Olsen (1991), Gallmann/Lindauer (1994). Für eine ausführlichere Diskussion vgl. Fukui (1986), Abney (1987), Radford (1990), Grewendorf (1991), Ouhalla (1991). Beschränkungen für die linguistische und psycholinguistische Theoriebildung 73 - Funktionale Kategorien haben morphologische Selektionseigenschaften: Sie werden sowohl durch freie Morpheme (Determinierer, nebensatzeinleitende Konjunktionen, Hilfsverben, ...) als auch durch gebundene Morpheme (Kongruenz- und Tempusaffixe, ...) repräsentiert. Die gebundenen Morpheme sele gieren die Kategorien, an die sie affigiert werden können, morphologisch. - Funktionale Kategorien sind Träger grammatischer Merkmale (z.B. TEMPUS und KASUS). Aus den kategorialen Selektionseigenschaften funktionaler Kategorien ergibt sich die einzelsprachliche Phrasenstruktur, ihre morphologischen Selektionseigenschaften bestimmen die morphologischen Charakteristika der Einzelsprachen, und die Auswahl, Kombination und Interaktion der overt realisierten grammatischen Merkmale legen fest, ob bestimmte Konstruktionen in den betreffenden Sprachen auftreten und welche Gestalt sie annehmen. Dieser Sonderstatus funktionaler Kategorien führte zur Hypothese der Funktionalen Parametrisierung, der zufolge sich Parameter ausschließlich auf die Eigenschaften funktionaler Kategorien beziehen (Chomsky 1989, 1995, Ouhalla 1991; vgl. Atkinson 1992). Diese Hypothese restringierte nicht nur die Domänenkomponente von Parametern; die Annahme eines begrenzten Inventars funktionaler Kategorien, das die parametrische Variation determiniert, erklärte zugleich, wie sichergestellt ist, daß spracherwerbende Kinder von begrenzter typologischer Variation ausgehen können. Über das Ausmaß dieser Variation und deren Konsequenzen für den Spracherwerb besteht allerdings bislang weitgehende Uneinigkeit (vgl. u.a. Abraham et al. 1996). Viele grammatiktheoretische und psycholinguistische Untersuchungen basieren - im allgemeinen ohne daß dies explizit gemacht würde - auf der Universalitätshypothese (vgl. z.B. Chomsky 1993:9f.). Dieser Hypothese zufolge weisen alle Sprachen dasselbe Inventar und dieselbe hierarchische Anordnung von Kategorien und Merkmalen auf und unterscheiden sich lediglich in der overten morphologischen Realisierung dieser Elemente. Die Universalitätshypothese besagt somit, daß nicht nur das Inventar potentieller funktionaler Kategorien durch die UG festgelegt ist, sondern auch das Inventar der tatsächlich syntaktisch aktiven funktionalen Kategorien, d.h. der Kategorien, die die syntaktischen Strukturen und Prozesse der betreffenden Sprache bestimmen. Demgegenüber nehmen Vertreter der Variabilitätshypothese an, daß nicht nur die morphologische Realisierung funktionaler Kategorien variabel ist, sondern auch das Inventar syntaktisch aktiver funktionaler Kategorien und Merkmale, die kategorialen Selektionseigenschaften oder die Zuordnung von Merkmalen Beschränkungen für die linguistische und psycholinguistische Theoriebildung 74 zu funktionalen Kategorien (vgl. u.a. Fukui 1986, Iatridou 1990, Ouhalla 1991, Gelderen 1993). Um Aufschluß über das Inventar funktionaler Kategorien, über ihre Merkmale sowie über ihre kategorialen und morphologischen Selektionseigenschaften zu gewinnen, wurden seit den späten 80er Jahren zahlreiche einzelsprachlich orientierte und sprachvergleichende Untersuchungen durchgeführt. Im Rahmen dieser Studien suchte man zum einen nach overten morphologischen und lexikalischen Realisierungen von funktionalen Kopf- und Spezifiziererpositionen; zum anderen untersuchte man Bewegungsprozesse, bei denen diese Positionen als Landeplätze fungieren (vgl. u.a. Ouhalla 1991, Gelderen 1993, Abraham et al. 1996). Dabei ist man nicht zu einer eindeutigen Entscheidung zwischen der Universalitäts- und der Variabilitätshypothese gelangt. In der Diskussion bestätigte sich jedoch die Bedeutung funktionaler Elemente für die typologische Variation. Darüber hinaus hat sich gezeigt, daß sich aus der Hypothese der Funktionalen Parametrisierung nicht nur für die Domänenkomponente von Parametern Restriktionen ableiten lassen. Restriktionen für die Funktions- und Wertekomponente sind allerdings wiederum abhängig von Annahmen zur Universalität funktionaler Kategorien. Nimmt man an, daß die typologische Varianz auf die morphologische Realisierung funktionaler Kategorien beschränkt ist, lassen sich alle Parameter so formulieren, daß in der Funktionskomponente nur auf morphologische Eigenschaften Bezug genommen wird und in der Wertekomponente nur festgelegt wird, ob die betreffende Kategorie diese Eigenschaft aufweist oder nicht. Läßt man hingegen Variation in bezug auf das Kategorien- bzw. Merkmalsinventar und kategoriale Selektionseigenschaften zu, erweitert sich das Repertoire parametrisierbarer Eigenschaften. Auch in diesem Falle werden jedoch zumeist Wertekomponenten mit zwei Werten angenommen. Dies liegt meines Erachtens daran, daß die verbreitetste Analogie für den Parametrisierungsprozeß das Umlegen eines Schalters ist - ein Prozeß, bei dem im allgemeinen nur von zwei Schalterpositionen ausgegangen wird (vgl. Atkinson 1990:12f.). Beschränkungen für die linguistische und psycholinguistische Theoriebildung 75 6.2 Die Kontinuitätsdebatte Die Auseinandersetzung mit der Hypothese der Funktionalen Parametrisierung führte zu einer Verschiebung in der Diskussion um den Status der frühen Kindersprache. Angesichts der diskutierten empirischen Evidenz für die frühe Verfügbarkeit von UG-Prinzipien (vgl. Crain 1991, 2002) vertritt man in vielen Ansätzen der linguistisch orientierten Spracherwerbsforschung mittlerweile die Auffassung, daß selbst frühe Zwei-Wort-Äußerungen durch formale Gesetzmäßigkeiten und syntaktische Kategorisierungen charakterisiert sind und nicht auf rein semantischen Kategorien und Prinzipien basieren (vgl. z.B. die Beiträge in Hoekstra/Schwarz 1994, Lust/Suner/Whitman 1994, Clahsen 1996, Friedemann/Rizzi 2000). Angesichts des Sonderstatus funktionaler Kategorien und der zahlreichen Auslassungen funktionaler Elemente in frühen Erwerbsphasen wird jedoch überlegt, ob es eine präfunktionale Phase gibt, in der funktionale Kategorien nicht syntaktisch aktiv und die entsprechenden Parameter noch nicht fixiert sind.19 D.h., man geht allgemein von der Kontinuität in bezug auf formale Universalien aus und konzentriert sich auf die Kontinuität bzw. Diskontinuität von substantiellen Universalien und syntaktischen Repräsentationen. Um herauszufinden, ob eine präfunktionale Phase existiert, kann man - ähnlich wie in grammatiktheoretischen Arbeiten - nach morphologischen, lexikalischen und syntaktischen Effekten funktionaler Kategorien suchen. So untersucht man z.B. in den Arbeiten, die in den einschlägigen Sammelbänden von Meisel (1992), Hoekstra und Schwarz (1994), Lust, Suner und Whitman (1994) sowie Clahsen (1996) erschienen sind, die Verwendung von Flexiven, Auxiliaren, Determinierern, Komplementierern und das Auftreten von Topikalisierungs- und Verbbewegungsprozessen in der frühen Zwei-Wort-Phase. Diese Untersuchungen haben widersprüchliche Ergebnisse erbracht: Einerseits sind bereits in frühen Erwerbsphasen funktionale Elemente zu beobachten; andererseits ist die Realisierung funktionaler Kategorien über einen relativ langen Zeitraum hinweg optional. So treten z.B. in frühen Phasen des Erwerbs von V2-Sprachen bereits Hauptsätze mit finiten Verben in zweiter Position (28a) auf, daneben 19 Zur Diskussion vgl. Rothweiler (1990), Meisel (1992, 1994), Hoekstra/Schwarz (1994), Lust/Suner/ Whitman (1994), Clahsen (1996). Spracherwerbsstudien und -ansätze, bei denen nicht die funktionalen Kategorien DP, IP und CP, sondern deren grammatische Merkmale im Mittelpunkt stehen, werden nicht in diesem Kapitel vorgestellt, sondern in Kapitel I.7.2, wo auch das Konzept der Unterspezifikation dis kutiert wird. Beschränkungen für die linguistische und psycholinguistische Theoriebildung 76 finden sich aber auch Äußerungen mit einem nicht-finiten Verb in der Endposition eines nichteingebetteten Satzes, sog. root-infinitives ((28b); vgl. z.B. Clahsen/Eisenbeiß/Penke 1996: 139f.): (28) (a) (b) ich hab hier reintecken tasche mone auch lump ausziehen (Annelie 2;6) (Simone 1;11) Diese widersprüchlichen Befunde haben eine Debatte über die Kontinuität des Kategorieninventars ausgelöst (vgl. u.a. Meisel 1992, Hoekstra/Schwarz 1994, Lust/Suner/Whitman 1994, Clahsen 1996, Friedemann/Rizzi 2000): Der Hypothese der vollständigen Kompetenz (full-competence hypothesis)20 zufolge sind alle funktionalen Kategorien von Anfang an verfügbar, und die beobachteten Unterschiede zwischen Kinder- und Erwachsenensprache sind allein auf externe Beschränkungen zurückzuführen. Demnach können Kinder bereits zu Beginn der syntaktischen Entwicklung vollständige CP- und DP-Strukturen produzieren. Vertreter der Hypothese des Strukturaufbaus (structure-building hypothesis) gehen hingegen von der Diskontinuität des Kategorieninventars im Spracherwerb aus. Dabei ist der Short-Clause-Hypothese zufolge das Kategorieninventar in frühen Erwerbsphasen reduziert, beinhaltet allerdings bereits eine funktionale Kategorie auf der Satzebene - nämlich die IP (vgl. u.a. Gawlitzek-Maiwald/Tracy/Fritzenschaft 1992, Meisel/Müller 1992, Penner 1992).21 Der Small-Clause-Hypothese zufolge durchlaufen Kinder hingegen eine Phase ganz ohne funktionale Kategorien, d.h. eine präfunktionale Phase (Radford 1988, 1990, 1995).22 Viele Vertreter dieses Ansatzes beschränken sich auf den Nachweis einer solchen Phase und gehen nicht auf die Frage nach Erwerbsreihenfolgen zwischen funktionalen Kategorien ein. Einige nehmen einen gleichzeitigen Erwerb aller funktionalen Kategorien an (u.a. Radford 1988, 1990, Lebeaux 1988); andere hingegen einen schrittweisen Erwerbsprozeß (Vainikka 1993, 20 21 22 Vgl. Weissenborn (1990), Weissenborn/Verrips (1989), Boser et al. (1991, 1992), Whitman/Lee/Lust (1991), Demuth (1992, 1994), Verrips/Weissenborn (1992), Deprez/Pierce (1993), Rizzi (1993, 1994a, b, 1998, 2000), Lust (1994), Penner (1994), Whitman (1994), Penner/Weissenborn (1996), Bohnacker (1997). Eine Variante der Short-Clause-Hypothese wird auch von Clahsen (1990), Clahsen und Penke (1992), Clahsen, Penke und Parodi (1993), Clahsen, Eisenbeiß und Penke (1996) sowie Penke (1999) vertreten. Die in diesen Untersuchungen angenommene funktionale Kategorie entspricht allerdings nicht der zielsprachlichen IP, da sie noch keine Kongruenzmerkmale enthält, sondern lediglich für Finitheit spezifiziert ist. Die Small-Clause-Hypothese wird auch in Guilfoyle und Noonan (1992), Lebeaux (1988), Platzack (1990, 1992), Parodi (1990a, 1998), Tsimpli (1991), Ouhalla (1991) und Jordens (2002) vertreten. Beschränkungen für die linguistische und psycholinguistische Theoriebildung 77 Meisel 1994, Müller 1994, Rohrbacher/Vainikka 1995, Wijnen 1995, Radford 1996). In der Debatte um die Kontinuität des Kategorieninventars werden somit die folgenden Hypothesen vertreten: Abb.I-5: Hypothesen zur Kontinuität des Kategorieninventars reduziertes Kategorieninventar?  + Strukturaufbau  - vollständige Kompetenz präfunktionale Phase?  Small-Clause  + - Short-Clause schrittweiser Erwerb funktionaler Kategorien?  IP < CP +  - IP = CP Die Debatte um die Kontinuität des Kategorieninventars hat nicht nur zu einer konsequenteren Unterscheidung zwischen formalen und substantiellen Universalien geführt; sie hat auch bewirkt, daß man den Erwerbsmechanismus selbst zunehmend unabhängig von den Kategorien der Repräsentationen betrachtet, die er erzeugt. Insbesondere untersucht man explizit, welche Beziehung zwischen der Kontinuität bzw. Reifung des Erwerbsmechanismus und der Kontinuität bzw. Diskontinuität des Kategorieninventars besteht. Dabei werden alle logisch möglichen Kombinationen der Kontinuitätshypothese bzw. der Reifungshypothese mit der Hypothese der vollständigen Kompetenz bzw. der Hypothese des Strukturaufbaus diskutiert: Tab.I-2: Hypothesen zur Kontinuität von Erwerbsmechanismus und Kategorieninventar Kontinuität des Kategorieninventars + Reifung des + (i) vollständige Kompetenz und Reifung externer Beschränkungen (ii) Strukturaufbau und Reifung funktionaler Kategorien Erwerbsmechanismus - (iii) vollständige Kompetenz und periphere Lernprozesse (iv) Strukturaufbau und Lexikalisches Lernen Beschränkungen für die linguistische und psycholinguistische Theoriebildung 78 Je nachdem, mit welcher Hypothese zum Kategorieninventar die Reifungs- bzw. Kontinuitätshypothese verbunden wird, werden die postulierten Reifungs- bzw. Lernprozesse dabei in unterschiedlichen Bereichen der sprachlichen Entwicklung angesiedelt: Bei Ansätzen, die auf der Hypothese des Strukturaufbaus beruhen, beziehen sich diese Prozesse auf das Kategorieninventar, bei Ansätzen, die von der frühen syntaktischen Aktivität sämtlicher funktionaler Kategorien ausgehen, betreffen sie hingegen periphere Aspekte der sprachlichen Entwicklung. Für eine Verbindung der Reifungshypothese mit der Hypothese der vollständigen Kompetenz (vgl. (i) in Tab.I-2) argumentiert z.B. Rizzi (1993, 1994a, b, 1998, 2000).23 Rizzi und seine Mitarbeiter gehen davon aus, daß Kinder bereits zu Beginn der Zwei-Wort-Phase über zielsprachliche Phrasenstrukturrepräsentationen verfügen. Die für Erwachsenengrammatiken geltende Beschränkung, daß alle Sätze CPs sein müssen, reift ihrer Auffassung nach erst im dritten Lebensjahr heran. Vorher können Kinder auch Teile der zielsprachlichen Repräsentationen - z.B. VPs oder IPs - als vollständige Sätze verwenden. Im Gegensatz zu Rizzi argumentieren z.B. Radford (1990, 1992) und Ouhalla (1991) für eine Verbindung der Reifungshypothese mit der Hypothese des Strukturaufbaus (vgl. auch Lebeaux 1988, Guilfoyle/Noonan 1992, Platzack 1990, Tsimpli 1992 sowie (ii) in Tab.I-2). Ihnen zufolge bilden funktionale Kategorien ein eigenständiges Grammatikmodul. Dieses werde erst im dritten Lebensjahr durch Reifungsprozesse verfügbar und ermögliche so die Analyse der entsprechenden Inputelemente und die Identifikation von Instanzen funktionaler Kategorien. Lust und ihre Kollegen argumentieren hingegen für eine Kombination der Kontinuitätshypothese mit der Hypothese der vollständigen Kompetenz (vgl. z.B. Boser et al. 1991, Whitman/ Lee/Lust 1991, Lust 1994, Whitman 1994, Boser 1997 sowie (iii) in Tab.I-2). Ihrer Auffassung nach sind die Unterschiede zwischen Kinder- und Erwachsenensprache nicht reifungsbedingt - und sie betreffen auch nicht das Inventar verfügbarer funktionaler Kategorien. Vielmehr seien in frühen Erwerbsphasen lediglich noch nicht die verschiedenen overten morphologischen und lexikalischen Elemente gelernt worden, die in der Zielsprache die einzelnen funktionalen Projektionen besetzen. 23 Dieser Ansatz wird u.a. auch in den Arbeiten von Haegeman (1996a, b, 2000), Hamann/Rizzi/Frauenfelder (1996), Friedemann (2000) sowie Rasetti (2000) vertreten; zur Kritik an diesem Ansatz vgl. u.a. Clahsen/Eisenbeiß/Penke (1996), Clahsen/Kursawe/Penke (1996). Beschränkungen für die linguistische und psycholinguistische Theoriebildung 79 In Ansätzen, die die Hypothese des Strukturaufbaus mit der Kontinuitätshypothese und der Hypothese des Lexikalischen Lernens verbinden (vgl. (iv) in Tab.I-2), geht man hingegen davon aus, daß das Inventar potentieller funktionaler Kategorien zwar von Anfang an verfügbar ist; die einzelnen funktionalen Projektionen müssen diesen Ansätzen zufolge aber erst noch instantiiert werden (Clahsen/Eisenbeiß/Vainikka 1994, Meisel/Müller 1992, GawlitzekMaiwald/Tracy/Fritzenschaft 1992). Dies geschieht durch den Erwerb der entsprechenden lexikalischen bzw. morphologischen Elemente und ihrer Eigenschaften. Dabei argumentieren z.B. Roeper und deVilliers (1992) sowie Hoekstra und Jordens (1994) dafür, daß der Erwerb von funktionalen Elementen eine Rekategorisierung erfordert. Ihrer Auffassung nach behandeln Kinder sämtliche funktionalen Elemente anfänglich wie Adjunkte. Bestimmte semantische Funktionen - z.B. die Negation - können in der Erwachsenensprache nämlich sowohl durch funktionale Köpfe (wie den Negator nicht) als auch durch Adjunkte (wie das Adverb nie) realisiert werden. Die Identifizierung eines Elements mit einer spezifischen semantischen Funktion kann demnach nicht automatisch die Kategorisierung als funktionaler Kopf auslösen. Vielmehr sollten Kinder zunächst die unmarkierte Adjunktionsoption wählen und diese Standardanalyse erst aufgrund klarer positiver Evidenz aufgeben. 6.3 Empirische Untersuchungen zur Kontinuitätsfrage Die vier diskutierten Positionen zur Kontinuitätsfrage wurden mittlerweile in einer Reihe von empirischen Untersuchungen überprüft (vgl. u.a. Meisel 1992, Hoekstra/Schwarz 1994, Lust/ Suner/Whitman 1994, Clahsen 1996, Friedemann/Rizzi 2000). Diese haben bislang nicht zu einer klaren Entscheidung zwischen den Ansätzen geführt. Erstens besteht Uneinigkeit über die Datenlage, zweitens ist die Interpretation der erzielten empirischen Befunde umstritten, und drittens sind einige der diskutierten Ansätze nur schwer zu falsifizieren. Die Uneinigkeit über die Datenlage resultiert v.a. daraus, daß zwar viel über die Aktivität von funktionalen Kategorien in der "frühesten Phase der Grammatikentwicklung" debattiert wird, es aber bislang noch keine einheitlichen und verbindlichen Kriterien für die Definition dieser Phase gibt (vgl. Atkinson 1996). Auffällig ist jedoch, daß die Kinder, deren Daten Evidenz für eine präfunktionale Phase liefern sollen, meistens sehr jung sind. So untersuchte z.B. Radford (1990) Kinder im Alter von 1;8 bis 2;0 Jahren. Geringfügig älter sind im allgemeinen Beschränkungen für die linguistische und psycholinguistische Theoriebildung 80 die Kinder in Untersuchungen, die auf der Short-Clause-Hypothese basieren, z.B. die von Clahsen, Penke und Parodi (1993) untersuchten Kinder (1;8 bis 2;4). Deutlich älter sind die Kinder, deren Daten die Hypothese der vollständigen Kompetenz stützen sollen: Boser et al. (1992) untersuchten Kinder im Alter von 2;1 bis 2;7 Jahren; Hyams (1994) bezieht sich auf Daten von Klima und Bellugi (1966), die von Kindern im Alter von 2;1 bis 3;0 Jahren stammen. Dabei ist zu berücksichtigen, daß das chronologische Alter kein besonders guter Indikator für die sprachliche Entwicklung ist (vgl. z.B. Brown 1973). Allerdings zeigen sich auch bei MLU-Werten, sofern sie überhaupt angegeben werden, deutliche Unterschiede. So liegt z.B. der MLU (in Worten) für die Daten von Clahsen, Penke und Parodi (1993) stets unter 1,75; Andreas, dessen Daten Poeppel und Wexler (1993) zur Unterstützung der Hypothese der vollständigen Kompetenz heranziehen, hat hingegen einen MLU-Wert von 2,4 (nach den Kriterien von Clahsen/Penke/Parodi 1993). Es besteht somit die Möglichkeit, daß die Unterschiede zwischen den Befunden der einzelnen Studien z.T. darauf beruhen, daß man Kinder aus unterschiedlichen Phasen der Sprachentwicklung miteinander vergleicht. Ohne eine klare, wohlmotivierte Vergleichsbasis oder zumindest den Bezug auf Standardkriterien wie den MLU bleibt die Aussagekraft von Studien zur Grammatik der "frühen Phase" somit eingeschränkt. Darüber hinaus scheint die Wahl der untersuchten Sprache einen nicht unerheblichen Einfluß auf die empirischen Befunde zu haben: In Untersuchungen zum Erwerb von Sprachen mit reichem Flexionssystem findet sich in frühen Erwerbsphasen eher Evidenz für funktionale Kategorien als in Sprachen mit weniger reichem Flexionssystem (vgl. Hyams 1994). Dies könnte darauf zurückzuführen sein, daß Kinder funktionale Kategorien in stark flektierenden Sprachen leichter und früher erwerben - was gegen eine Steuerung der Verfügbarkeit von funktionalen Kategorien durch Reifungsprozesse spräche. Es könnte aber auch sein, daß Spracherwerbsforscher leichter Evidenz für die entsprechenden Kategorien finden, da mehr Kontexte für overte Markierungen vorliegen. Um zwischen diesen alternativen Erklärungen zu entscheiden, wären sprachvergleichende Studien zur Phase der ersten Wortkombinationen erforderlich, die anhand eines unabhängigen Kriteriums für den generellen Stand der Sprachentwicklung verglichen werden können und eine ausreichende Anzahl obligatorischer Kontexte für overte Realisierungen funktionaler Kategorien liefern. Solche Untersuchungen liegen bislang nicht vor. Beschränkungen für die linguistische und psycholinguistische Theoriebildung 81 Einen ersten Hinweis liefern allerdings Studien zum Spracherwerb von Kindern, die gleichzeitig zwei Sprachen erwerben, die in bezug auf ihre morphologische und syntaktische Komplexität miteinander vergleichbar sind (vgl. u.a. Meisel 1990, 1994, Müller 1993). Im Rahmen dieser Studien wurden in bezug auf das Auftreten der overten Instantiierungen funktionaler Kategorien in den beiden Zielsprachen Entwicklungsdissoziationen beobachtet. Solche Befunde sprechen dafür, daß Kinder funktionale Kategorien der beiden Zielsprachen zu unterschiedlichen Zeitpunkten in die entsprechenden Grammatiken integrieren können. Dies deutet darauf hin, daß die zeitliche Struktur des Entwicklungsverlaufs durch die Reifungshypothese allein nicht erklärt werden kann. Diese würde nämlich einen parallelen Erwerb erwarten lassen - zumindest dann, wenn die betreffenden Sprachen ähnliche morpho-syntaktische Systeme aufweisen. Welche Rolle die Struktur der Zielsprache und die Dominanzverhältnisse der beiden Inputsprachen beim bilingualen Erwerb spielen, bedarf aber noch weiterer Untersuchungen. Trotz der diskutierten Unklarheiten über die genaue Datenlage nehmen mittlerweile auch einige Vertreter der Strukturaufbauhypothese an, daß auch in frühen Erwerbsphasen - zumindest gelegentlich - Äußerungen mit zielsprachlichen funktionalen Elementen, Flexionsformen oder Wortstellungsmustern zu beobachten sind (vgl. z.B. Gawlitzek-Maiwald/Tracy/Fritzenschaft 1992, Clahsen/Penke/Parodi 1993, Hoekstra/Jordens 1994). Darüber, wie dieser Befund zu interpretieren ist, gehen die Meinungen allerdings auseinander. In Ansätzen, die auf der Hypothese der vollständigen Kompetenz beruhen, nimmt man an, daß die beobachteten zielsprachlichen Äußerungen auf zielsprachlichen Repräsentationen mit funktionalen Kategorien beruhen und so Evidenz für die syntaktische Aktivität dieser Kategorie liefern (vgl. z.B. Hyams 1996). Abweichungen von der Zielsprache werden dementsprechend durch lexikalische Lücken oder externe Beschränkungen erklärt, die verhindern, daß die betreffenden funktionalen Kategorien stets overt realisiert werden. In Strukturaufbauansätzen versucht man hingegen aufzuzeigen, daß die auftretenden zielsprachlichen Äußerungen nicht repräsentativ sind und auf unanalysierten Strukturen oder auf nicht-zielsprachlichen Repräsentationen basieren (vgl. z.B. Clahsen/Penke/Parodi 1993). Um zwischen den beiden Erklärungen zu entscheiden, muß man somit feststellen, auf welchen Repräsentationen die beobachteten Strukturen basieren und wie repräsentativ sie für den jewieligen sprachlichen Entwicklungsstand des untersuchten Kindes sind. Dazu untersucht man die Beschränkungen für die linguistische und psycholinguistische Theoriebildung 82 Distribution von funktionalen Elementen auf lexikalische oder syntaktische Distributionsbeschränkungen in frühen Erwerbsphasen sowie auf Veränderungen im Entwicklungsverlauf. So versuchen z.B. Pine und Martindale (1996) festzustellen, ob die "Determinierer", die in frühen Erwerbsphasen zu beobachten sind, anfänglich auf bestimmte syntaktische Kontexte beschränkt sind oder nur in Kombination mit bestimmten lexikalischen Elementen auftreten. Dabei konnte allerdings bislang keine Einigkeit darüber erzielt werden, welche Verfahren zur Ermittlung zugrundeliegender Repräsentation geeignet sind (vgl. die Diskussion in Kapitel III.2.2.2). Selbst wenn Einigkeit über die empirischen Befunde und ihre Interpretation bestünde, blieben Unterschiede in der Falsifizierbarkeit der vorgeschlagenen Ansätze bestehen: Strukturaufbauansätze sind prinzipiell falsifizierbar. Wenn man aufzeigen könnte, daß Kinder selbst in der frühen Zwei-Wort-Phase bereits Strukturen mit funktionalen Elementen produzieren, die auf zielsprachlichen Repräsentationen beruhen, würde dies nämlich Evidenz gegen die Hypothese des Strukturaufbaus liefern. Ansätze, die auf der Hypothese der vollständigen Kompetenz beruhen, ließen sich durch die Abwesenheit von Strukturen mit funktionalen Elementen allein hingegen nicht widerlegen. Vertreter solcher Ansätze können nämlich angesichts fehlender overter Realisierungen funktionaler Kategorien dafür argumentieren, daß die entsprechenden funktionalen Kategorien verfügbar sind und lediglich aufgrund externer Beschränkungen oder lexikalischer Lücken nicht realisiert werden können. Overte nicht-zielsprachliche Markierungen, z.B. Kongruenzfehler, liefern stärkere Evidenz gegen die Hypothese der vollständigen Kompetenz (vgl. z.B. Clahsen/Penke 1992), da sie nicht auf externe Beschränkungen zurückgeführt werden können. Vertreter der Hypothese der vollständigen Kompetenz könnten angesichts von Kongruenzmarkierungen zwar argumentieren, daß das betreffende Kind zwar über die zielsprachlichen morpho-syntaktischen Repräsentationen verfügt, aber sie aufgrund von Problemen bei der overten Realisierung nicht zielsprachlich realisiert. Diese Annahme ist dann aber nicht empirisch zu widerlegen. Beschränkungen für die linguistische und psycholinguistische Theoriebildung 83 6.4 Beschränkungen für die Parameterfixierung Neben Beschränkungen für das Parameterformat wurden im Rahmen von Untersuchungen zu frühen Erwerbsphasen auch Beschränkungen für den Prozeß der Parameterfixierung postuliert. Diese betrafen erstens die Festlegung von Parameterwerten im Anfangszustand, zweitens die potentiellen Auslöserdaten und drittens den Verlauf des Parametrisierungsprozesses. Den Ausgangspunkt für die Diskussion um initiale Parameterwerte bildete die in vielen frühen Studien zur Parameterfixierung vertretene Annahme, daß Parameter anfänglich auf einen der potentiellen Parameterwerte festgelegt sind und bei entsprechender positiver Evidenz für einen anderen Wert spezifiziert werden können (vgl. u.a. Hyams 1986). Diese Annahme führt nämlich sowohl zu empirischen als auch zu konzeptionellen Problemen (vgl. u.a. Hyams 1996). So konnte z.B. keine Evidenz für die These von Hyams (1986) gefunden werden, daß der pro-drop-Parameter anfänglich auf den Wert [+pro-drop] festgelegt ist. Vielmehr scheinen Argumentauslassungen zwar ein universelles Charakteristikum früher Erwerbsphasen zu sein; die Distribution leerer Argumente scheint aber bereits sehr früh durch die jeweilige Zielsprache beeinflußt zu sein. So lassen z.B. deutsche und englischsprachige Kinder Subjekte nur in der initialen Position uneingebetteter Sätze aus, aber nicht in eingebetteten Sätzen; bei italienischen Kindern finden sich Subjektauslassungen hingegen auch in eingebetteten Sätzen (vgl. u.a. Valian 1991, Clahsen/Kursawe/Penke 1996, Austin et al. 1997). Darüber hinaus kann man mit einer anfänglichen Festlegung auf einen spezifischen Parameterwert nicht erklären, wie Kinder die relevanten Auslöserdaten verarbeiten können. Wenn der Verarbeitungsmechanismus anfangs nur von einem bestimmten Parameterwert ausgehen könnte, könnte er keine Strukturen verarbeiten, die von einer Grammatik mit einem anderen Parameterwert erzeugt werden (vgl. u.a. Valian 1990). Positive Evidenz für eine bestimmte Parameterbelegung wäre somit nicht interpretierbar, solange der entsprechende Wert nicht zur Verfügung steht. Man muß daher annehmen, daß Kinder von Anfang an Zugang zu allen Parameterwerten haben. Dies bedeutet allerdings nicht, daß alle Werte denselben Status haben müssen. Einer der Werte kann als Defaultwert fungieren, von dem Kinder ausgehen können, wenn sie bei der Produktion einzelner Strukturen (noch) nicht auf den spezifischen Wert zugreifen können (vgl. u.a. Lebeaux 1988). Beschränkungen für potentielle Auslöserdaten sind erforderlich, da die PPT offen läßt, welche Inputdaten als Auslöserdaten fungieren können. Die ursprüngliche, vereinfachte Beschränkungen für die linguistische und psycholinguistische Theoriebildung 84 Vorstellung, daß Kinder Parameter fixieren, falls Inputstrukturen entsprechende Auslöserdaten enthalten, setzt voraus, daß alle Inputdaten grammatisch und eindeutig analysierbar sind und keine lexikalisch bedingten "Ausnahmen" involvieren. Auch in an Kinder gerichteten Äußerungen gibt es jedoch eine gewisse - wenn auch kleine - Menge ungrammatischer Strukturen. Außerdem weist selbst grammatischer Input strukturelle Ambiguitäten auf, die zu Problemen bei der Parameterfixierung führen könnten. So erlaubt z.B. die Äußerung in (29a) die beiden im Deutschen möglichen Analysen in (29b) und (29c); Kinder könnten eine solche Äußerung aber auch wie in (29d) analysieren. Eine Struktur wie in (29d) ist jedoch nur in [+pro-drop]Sprachen erlaubt. (29) (a) (b) (c) (d) weil die Hühnersuppe kocht (Kontext: Eine Frau kocht Hühnersuppe.) weil [die]Subjekt [Hühnersuppe]Objekt kocht weil [die Hühnersuppe] Subjekt kocht weil [die Hühnersuppe]Objekt kocht Darüber hinaus gibt es in jeder Sprache lexikalische Ausnahmen zu generellen Prinzipien. Dazu zählen u.a. Kasusmarkierungen, die auf lexemspezifischen Kasusmerkmalen beruhen und sich nicht aus der strukturellen Position des betreffenden Arguments ableiten lassen (z.B. die Dativmarkierung bei Objekten von gratulieren oder helfen). Solche Ausnahmen dürfen nicht zur Basis für die Parameterfixierung werden. Gleichzeitig muß jedoch gewährleistet sein, daß Kinder Ausnahmen lernen können - und zwar als das, was sie sind, nämlich als Ausnahmen. Dazu müssen solche Daten zugleich als grammatisch und als lexikalische Ausnahme analysiert werden können. Einzelne Strukturen kommen somit nicht als Datenbasis für Generalisierungen und Parameterfestlegungen in Frage. Vielmehr müssen Strukturinformationen gespeichert, gewichtet und in Beziehung zu bestimmten Lexemen gesetzt werden können. Dies bedeutet, daß nur sich wiederholende und relativ eindeutig zu analysierende Strukturmuster als potentielle Auslöserdaten in Frage kommen. Dabei müssen solche Daten nicht extrem häufig auftreten. Sie müssen lediglich für jedes Kind verfügbar sein, d.h. nicht ausschließlich in exotischen, schwer zu analysierenden Kontexten auftreten (vgl. Meisel 1995). Es sind somit auch Beschränkungen für die syntaktische Komplexität von Auslöserdaten erforderlich. Wexler und Culicover (1980) sowie Vertreter der Unique-Trigger-Hypothese (Roeper/Weissenborn 1990, Penner 1994, Penner/Weissenborn 1996) postulieren daher, daß Beschränkungen für die linguistische und psycholinguistische Theoriebildung 85 nur Sätze mit höchstens zwei bzw. einer Einbettungsebene als Auslöserdaten in Frage kommen. Lightfoot (1991) argumentiert sogar dafür, daß nur uneingebettete Sätze und ihre "Verbindungspunkte" mit eingebetteten Sätzen als Auslöserdaten fungieren. Mit "Verbindungspunkten" sind dabei die Elemente gemeint, die bei der Wahl syntaktischer Argumente oder in Zeitbezügen zwischen Haupt- und Nebensätzen eine Rolle spielen. Diese Hypothese, die sog. Degree-0-Hypothese, trägt nicht nur der eingeschränkten Aufmerksamkeits- und Gedächtnisspanne von Kleinkindern Rechnung; sie wird auch durch empirische Befunde aus Untersuchungen zum Sprachwandel, zur Kreolisierung und zum Spracherwerb unterstützt (Lightfoot 1991). So ist z.B. die zielsprachliche Distribution von finiten und nicht-finiten Verben in V2Sprachen in Erwerbsdaten bereits vor dem Auftreten eingebetteter Sätze zu beobachten (vgl. Clahsen/Penke/Parodi 1993, Clahsen/Eisenbeiß/Penke 1996, Clahsen/Kursawe/Penke 1996). Dies deutet darauf hin, daß die Auslöserdaten für den V2-Parameter keine eingebetteten Sätze involvieren. Darüber hinaus läßt sich die Degree-0-Hypothese aus der Hypothese der Funktionalen Parametrisierung ableiten (Clahsen 1990:364): "... if the space available for parameterization is indeed restricted to properties of heads, then it is natural to expect that the amount of structure that needs to be inspected by the child will not exceed the sphere of influence of a head." Neben den diskutierten Beschränkungen für Parameterwerte im Anfangszustand und potentielle Auslöserdaten wurden auch Beschränkungen vorgeschlagen, die den Verlauf des Parametrisierungsprozesses selbst betreffen. Insbesondere wurde postuliert, daß Kinder Parameter nicht mehr refixieren, sobald sie diese Parameter auf der Basis robuster Informationen fixiert haben (vgl. Clahsen 1990:362ff.). Wenn diese Beschränkung gilt, ist ausgeschlossen, daß ein Kind zwischen zwei Parameterwerten hin und her "pendelt". D.h., Kinder sollten einen bereits festgelegten Parameter nicht angesichts neuer Inputdaten refixieren und ihn dann angesichts weiterer Daten wieder auf den ursprünglichen Wert festlegen. Insgesamt betrachtet schließen die bislang diskutierten Beschränkungen zum Parameterformat und zum Parameterfixierungsprozeß somit Parameterfestlegungen auf der Grundlage einzelner - möglicherweise komplexer - Strukturen aus. Vielmehr betonen sie die Notwendigkeit der Speicherung und Gewichtung von einfachen Strukturinformationen, die mit funktionalen Köpfen verbunden sind, sowie die Verknüpfung solcher Informationen mit lexikalischen Elementen. Beschränkungen für die linguistische und psycholinguistische Theoriebildung 86 6.5 Die Interaktion von linguistischen und psycholinguistischen Annahmen Die Suche nach Beschränkungen für das Parameterformat und den Parameterfixierungsprozeß war nicht nur für die Theorieentwicklung in der PPT und in der PPT-orientierten Erwerbsforschung entscheidend. Sie führte auch zu einer engeren interdisziplinären Kooperation. Wie ich bereits erläutert habe, haben die diskutierten Studien zur Rolle von UG-Prinzipien in frühen Erwerbsphasen (vgl. Crain 1991, 2002) Befunde geliefert, die für die frühe Gültigkeit dieser Prinzipien sprechen. Dementsprechend gehen sowohl Anhänger der Hypothese der vollständigen Kompetenz (vgl. z.B. Poeppel/Wexler 1993, Hyams 1994) als auch Vertreter der Strukturaufbauhypothese (vgl. z.B. Clahsen/Eisenbeiß/Vainikka 1994) davon aus, daß die in grammatiktheoretischen Arbeiten ermittelten Prinzipien der UG bereits zu Beginn der syntaktischen Entwicklung voll verfügbar sind und den Hypothesenraum spracherwerbender Kinder von Anfang an restringieren. Dadurch gewinnt die Ermittlung von formalen Universalien durch die theoretische Linguistik eine entscheidende Bedeutung für die Erfassung sämtlicher Phasen des Spracherwerbs. Welchen Beitrag die Spracherwerbsforschung für die linguistische Theoriebildung leisten kann, hängt erstens davon ab, ob die grammatischen Wissenssysteme, die Kinder in frühen Erwerbsphasen entwickeln, als UG-konforme natürliche Sprachen zu betrachten sind; zweitens spielt es eine entscheidende Rolle, ob sich die im Entwicklungsverlauf erzeugten grammatischen Repräsentationen von den entsprechenden Repräsentationen Erwachsener unterscheiden. Die Antworten auf diese beiden Fragen werden wiederum von den Annahmen zur Kontinuitätsfrage und zur Frage der Universalität grammatischer Repräsentationen bestimmt: Tab.I-3: Der Status der frühen Kindersprache Annahmen zur Kontinuität des Kategorien-Inventars Annahmen zur Universalitätsfrage Annahmen zum Status der frühen Kindersprache Hypothese der vollständigen Kompetenz Universalitäts-Hypothese Variabilitäts-Hypothese (i) UG-konform Hypothese des Strukturaufbaus Universalitäts-Hypothese Variabilitäts-Hypothese (ii) nicht UG-konform (iii) UG-konform Beschränkungen für die linguistische und psycholinguistische Theoriebildung 87 Geht man von der Hypothese der vollständigen Kompetenz aus, sind in frühen Erwerbsphasen bereits alle funktionalen Kategorien der Zielsprache syntaktisch aktiv und alle entsprechenden Parameter fixiert. Kindersprachdaten können demnach die Datenbasis für die linguistische Theoriebildung erweitern. Wenn man davon ausgeht, daß die im Entwicklungsverlauf erstellten strukturellen Repräsentationen nicht von denen der jeweiligen Zielsprache abweichen, können Erwerbsdaten die Datenbasis allerdings nur quantitativ erweitern und weitere Evidenz für die universelle Gültigkeit der postulierten UG-Prinzipien liefern. Ein bevorzugter Status kommt Kindersprachdaten nur dann zu, wenn Kinder in frühen Erwerbsphasen zumindest gelegentlich bestimmte Optionen realisieren, die in der betreffenden Zielsprache nicht (mehr) verfügbar sind - und daher auch nicht mehr untersucht werden können. Dafür argumentiert z.B. Rizzi (1993, 1994a, b, 1998, 2000). Wie ich in Kapitel I.6.2 erläutert habe, können Kinder Rizzi zufolge bereits in der frühen Zwei-Wort-Phase vollständige CP-Strukturen produzieren, verwenden aber im Gegensatz zu Erwachsenen gelegentlich auch Teilstrukturen von CPs als unabhängige Sätze. Anhand dieser Teilstrukturen lassen sich Rizzis Auffassung nach linguistische Hypothesen testen, die in der Erwachsenensprache nicht überprüft werden können. So versucht Rizzi auf der Basis von Erwerbsdaten zu zeigen, daß bestimmte Typen von leeren Kategorien in der obersten Spezifiziererposition von Satzstrukturen auftreten können - und zwar unabhängig davon, ob es sich bei den betreffenden Strukturen um vollständige CPs oder lediglich um Teilstrukturen handelt. Wenn man von der Hypothese des Strukturaufbaus ausgeht, hängt der Status von Kindersprachdaten von den Annahmen ab, die man zur Universalität von Phrasenstrukturrepräsentationen macht. Der Universalitätshypothese zufolge gibt die UG ein Inventar von funktionalen Kategorien vor, die in allen natürlichen Sprachen instantiiert sind. Dementsprechend sind nur solche Grammatiken UG-konform, in denen sämtliche durch die UG geforderten funktionalen Kategorien syntaktisch aktiv sind. Trifft die Hypothese des Strukturaufbaus zu, sind Grammatiken für frühe Erwerbsphasen aufgrund ihres reduzierten Kategorieninventars somit nicht UG-konform im Sinne der Universalitätshypothese (vgl. (ii) in Tab.I-3). Auch eine Kombination der Hypothese des Strukturaufbaus mit der Universalitätshypothese erlaubt es, Daten aus frühen Erwerbsphasen zur Überprüfung linguistischer Analysen und Modelle heranzuziehen. Sie sollten nämlich - ex negativo - Aufschluß darüber geben können, worin genau die Beschränkungen für die linguistische und psycholinguistische Theoriebildung 88 syntaktischen Effekte der funktionalen Kategorien und ihrer zielsprachlichen Merkmalswerte bestehen. Diese Effekte - z.B. Bewegungsprozesse - sollten nämlich vor der Instantiierung der entsprechenden funktionalen Kategorien nicht zu beobachten sein. Trifft die Variabilitätshypothese zu, muß eine Sprache kein bestimmtes vorgegebenes Inventar funktionaler Kategorien instantiieren, um eine UG-konforme Sprache zu sein. Um die UG-Konformität zu gewährleisten, genügt es vielmehr, wenn die formalen Prinzipien der UG respektiert werden. Kindersprachgrammatiken können somit auch dann UG-konform im Sinne der Variabilitätshypothese sein, wenn nicht alle funktionalen Kategorien der entsprechenden Zielgrammatiken syntaktisch aktiv sind (vgl. (iii) in Tab.I-3). Sie sollten demnach die Datenbasis für die linguistische Theoriebildung um weitere UG-konforme Systeme erweitern können. Darüber hinaus sollte man anhand von Daten aus frühen Erwerbsphasen ex negativo die syntaktischen Effekte der betreffenden Kategorien und der mit ihnen verknüpften Parameterwerte untersuchen können. Diese Strategie verfolgt z.B. Ouhalla (1993), der Befunde zur Wortstellung in der frühen Zwei-Wort-Phase heranzieht, um seine Annahmen zu Wortstellungsparametern bei Erwachsenen zu überprüfen. Die Hypothesen Ouhallas und sein Umgang mit den Erwerbsdaten sind allerdings problematisch. Ouhalla geht von der Small-Clause-Hypothese aus, d.h. von der Existenz einer präfunktionalen Phase. In bezug auf Parameter argumentiert er dafür, daß die Abfolge von Kopf, Komplement und Spezifizierer nur bei funktionalen Kategorien, aber nicht bei lexikalischen Kategorien wie V festgelegt ist. Demnach sollte sich die zielsprachliche Verbstellung aus der Fixierung der mit I0 bzw. C0 verbundenen Richtungsparameter ergeben. Als Evidenz aus dem Spracherwerb führt Ouhalla dafür den Befund an, daß in frühen Phasen des Erwerbs des Deutschen sowohl Verb-Objekt- als auch Objekt-Verb-Abfolgen zu beobachten sind, d.h. noch keine Evidenz für eine Festlegung des Richtungsparameters vorliegt. Ouhalla berücksichtigt bei seiner Argumentation allerdings nicht, daß die im Erwerb beobachteten Verbstellungsunterschiede mit morphologischen Unterschieden korrelieren: Die VerbObjekt-Abfolge zeigt sich bei finiten Verben in V2-Position, die Objekt-Verb-Abfolge bei nicht-finiten Verben (vgl. u.a. Clahsen/Penke 1992, Clahsen/Penke/Parodi 1993, Poeppel/ Wexler 1993, Clahsen/Eisenbeiß/Penke 1996). Diese Distribution spricht aber gerade gegen Ouhallas Annahme, daß es sich um Daten aus einer präfunktionalen Phase mit freier Verbstellung handelt. Kindersprachdaten erfordern somit ebenso sorgfältige Distributionsanalysen Beschränkungen für die linguistische und psycholinguistische Theoriebildung 89 wie Erwachsenendaten. Darüber hinaus sollten einzelne Beobachtungen nicht isoliert zur Überprüfung linguistischer Annahmen herangezogen werden, sondern stets im Kontext der gesamten Grammatik des spracherwerbenden Kindes betrachtet werden. Insgesamt betrachtet ist die Bedeutung der Grammatiktheorie für die Erwerbsforschung somit maximal, wenn für sprachliche Wissenssysteme in frühen Erwerbsphasen dieselben formalen Prinzipien gelten wie für Erwachsenensprachen und man Beschränkungen des Hypothesenraums spracherwerbender Kinder auf diese Prinzipien zurückführen kann. Umgekehrt sind Spracherwerbsbefunde gerade dann besonders interessant für die linguistische Theoriebildung, wenn die strukturellen Repräsentationen, die Kinder im Verlauf ihrer sprachlichen Entwicklung erzeugen, noch nicht denen der Erwachsenensprache entsprechen. Dann liefern Kindersprachdaten nämlich einen Typ von Evidenz, den die entsprechende Zielsprache nicht bereitstellt. Dies ist allerdings nur dann der Fall, wenn man von der Hypothese des Strukturaufbaus ausgeht oder die Hypothese der vollständigen Kompetenz mit Zusatzannahmen verbindet - wie dies z.B. Rizzi (1993, 1994a, b, 1998, 2000) tut. Die Annahmen zur Kontinuität des Kategorieninventars haben nicht nur Auswirkungen für den Umgang mit Erwerbsdaten; sie bestimmen auch die Annahmen über den Einfluß der jeweiligen Zielsprache auf die Struktur von frühen Grammatiken. Wenn man von der Hypothese der Funktionalen Parametrisierung ausgeht, können Parameter nämlich nur auf der Basis von Eigenschaften funktionaler Kategorien festgelegt werden. Dementsprechend sollten Parameter erst fixiert werden können, wenn die entsprechenden funktionalen Kategorien syntaktisch aktiv sind. Vorher sollten sich keine Effekte der zielsprachlichen Parameterwerte beobachten lassen. Geht man von der Existenz einer präfunktionalen Phase, d.h. von der Small-Clause-Hypothese aus (vgl. die Diskussion zu Abb.I-5), gelangt man somit zu der Vorhersage, daß die Kerngrammatiken aller frühen Kindersprachen identisch sind. Wie ich bereits erläutert habe, gibt es jedoch bereits in sehr frühen Erwerbsphasen Evidenz für Anpassungen an die spezifischen Charakteristika der Zielsprache (vgl. u.a. Roeper 1973b, Penner/Schönenberger/Weissenborn 1994, Schönenberger/Penner/Weissenborn 1997 und die Diskussion in Clahsen 1996). Wenn sich die Annahme einer frühen Orientierung an der zielsprachlichen Grammatik durch weitere Evidenz bestätigen läßt, ist die Hypothese der Funktionalen Parametrisierung somit nicht mit der Small-Clause-Hypothese zu vereinbaren. Man muß vielmehr entweder annehmen, daß zumindest ein Teil der zielsprachlichen funktionalen Kategorien bereits in frühen Beschränkungen für die linguistische und psycholinguistische Theoriebildung 90 Erwerbsphasen syntaktisch aktiv ist und die entsprechenden Parameter fixiert sind - oder man muß die Hypothese der Funktionalen Parametrisierung modifizieren.24 24 In merkmals basierten, minimalistischen Ansätzen wird die zweite Strategie verfolgt; vgl. Kapitel I.7. Minimalismus und Spracherwerbsforschung 7 91 Minimalismus und Spracherwerbsforschung Wie die Diskussion um Beschränkungen für Parameter gezeigt hat, müssen adäquate Modelle der menschlichen Sprach(erwerbs)fähigkeit nicht nur die beobachtete typologische Variation und die universellen Eigenschaften natürlicher Sprachen erfassen. Sie sollten auch von der Speicherung und Gewichtung von einfachen Strukturinformationen und der Verbindung solcher Informationen mit lexikalischen Elementen ausgehen. Außerdem sollten Erwerbsmodelle die Evidenz berücksichtigen, die für eine zentrale Rolle funktionaler Kategorien beim Grammatikerwerb und für die frühe Gültigkeit formaler Prinzipien spricht. Zugleich sollten sie dem frühen Einfluß der Zielsprache auf die im Erwerbsverlauf entwickelten grammatischen Systeme Rechnung tragen. Angesichts dieser Anforderungen wurden in den letzten Jahren sowohl in der theoretischen Linguistik als auch in der linguistisch orientierten Erwerbsforschung merkmalsbasierte minimalistische Ansätze entwickelt. 7.1 Minimalistische Grammatikmodelle Bei der Entwicklung merkmalsbasierter minimalistischer Grammatikmodelle sind vier Veränderungen gegenüber früheren Modellen zu beobachten: (i) (ii) (iii) (iv) ad (i) die Ersetzung von Kategorien durch Merkmalsbündel, der Verzicht auf explizite Parametrisierung, die Ersetzung domänenspezifischer Prinzipien durch formale "Metaprinzipien" sowie die Reduktion der angenommenen Grammatikkomponenten. Die Ersetzung von Kategorien durch Merkmalsbündel Den Ausgangspunkt für die Ersetzung von Kategorien durch Merkmalsbündel bildeten zwei Erkenntnisse: Erstens steuern nicht die funktionalen Kategorien selbst grammatische Prozesse, sondern deren Merkmale. So ist z.B. für die Lizensierung von nominativischen Subjekten nicht irgendeine Realisierung von I0 ausreichend; entscheidend ist vielmehr das Auftreten des Merkmals FINITHEIT. Zweitens weisen auch lexikalische Kategorien Merkmale auf, die syntaktische Effekte haben, nämlich z.B. kategoriale Merkmale und Merkmale wie PLURAL und GENUS, die in Kongruenzrelationen involviert sind. Nicht funktionale Kategorien, sondern die Minimalismus und Spracherwerbsforschung 92 grammatischen Merkmale lexikalischer und funktionaler Elemente sind somit die eigentlich syntaktisch aktiven Elemente. Grammatischen Merkmalen, die bereits im Strukturalismus eine entscheidende Rolle gespielt hatten, wurde daher in aktuellen Modellen der generativen Grammatik wieder eine zentralere Rolle zugeschrieben. In der LFG und der HPSG wurden von Anfang an sämtliche linguistischen Beschreibungseinheiten durch Merkmalsstrukturen repräsentiert, die Merkmale für die Kodierung phonologischer, semantischer und syntaktischer Informationen enthalten (vgl. Bresnan 1982, Pollard/Sag 1987, 1994). In Weiterentwicklungen der PPT wurden funktionale Projektionen zunächst in immer kleinere Einheiten aufgeteilt. So wurde z.B. die IP in Asp(ect)P, Agr(eement)S(ubject)P, T(empus)P, ... aufgespalten (vgl. Pollock 1989, Schmidt 1995, Webelhuth 1995). Mittlerweile werden sowohl funktionale als auch lexikalische Kategorien nur noch als Epiphänomene angesehen, als reine Merkmalsbündel, deren Eigenschaften sich allein aus den betreffenden Merkmalen und deren Kombination ergeben (vgl. u.a. Bierwisch 1992, Chomsky 1995, Schmidt 1995, Radford 1997). Die Aufspaltung von Kategorien in ihre Merkmale erlaubt nicht nur differenziertere syntaktische Analysen mit Hilfe minimaler linguistischer Beschreibungseinheiten; zwischen Kategorien und Merkmalen besteht auch ein qualitativer Unterschied: Kategorien sind lediglich das Resultat einer Klassifikation sprachlicher Elemente, d.h. einer Zuordnung zu Distributionsklassen. Merkmale beziehen sich hingegen auf die spezifischen Eigenschaften der betreffenden sprachlichen Elemente, die solchen Zuordnungen zugrundeliegen. Dies hat zwei entscheidende Konsequenzen: Erstens ermöglicht die Verwendung von Merkmalen die Aufstellung von Generalisierungen ober- und unterhalb der Ebene von Kategorien. Dies läßt sich am Beispiel der Kategorie N verdeutlichen. Elemente dieser Kategorie lassen sich in Subklassen einteilen, z.B. anhand des Merkmals [±ZÄHLBAR]: Nomina mit der Merkmalsspezifikation [+ZÄHLBAR] (z.B. Henne) erlauben die Bildung morphologischer Pluralformen und erfordern in Singularkontexten einen Determinierer oder Quantor. Nomina mit der Spezifikation [-ZÄHLBAR] (z.B. Futter) werden hingegen im allgemeinen nicht pluralisiert und können ohne Determinierer oder Quantor verwendet werden. Zugleich lassen sich kategorienübergreifende Klassen bilden. Auf der einen Seite teilen Nomina mit Adjektiven syntaktische und semantische Eigenschaften, die sie von Verben und Minimalismus und Spracherwerbsforschung 93 Präpositionen unterscheiden: Insbesondere verfügen Verben und Präpositionen über obligatorische Argumente und weisen Kasus zu. Nomina und Adjektive können hingegen typischerweise keine oder nur optionale Argumente aufweisen und Kasusmarkierungen tragen. Auf der anderen Seite können Nomina und Verben in unabhängigen Äußerungen verwendet werden, während Adjektive und Präpositionen primär als Modifikatoren auftreten. Diese Klassenbildung versucht man in aktuellen Merkmalsanalysen durch zwei distinktive Merkmale zu erfassen (Hengeveld 1992, Déchaine 1993, Steinitz 1995, Wunderlich 1996).25 Dabei unterscheidet das eine Merkmal Nomina und Adjektive von Verben und Präpositionen auf der anderen Seite, während das zweite Merkmal Verben von Präpositionen und Nomina von Adjektiven abgrenzt.26 Zweitens erlaubt die Verwendung von Merkmalen die Entwicklung von unterspezifizierten Repräsentationen (vgl. u.a. Kiparsky 1982, Archangeli 1984, Wunderlich/Fabri 1995). Bei solchen Repräsentationen werden nur diejenigen Merkmale in den einzelnen Lexikoneinträgen für Lexeme, Wortformen und grammatische Morpheme spezifiziert, die erforderlich sind, um das betreffende Element von anderen abzugrenzen und seine Distribution zu erfassen.27 So kann man z.B. bei dem nominalen Pluralaffix -s, das sowohl in Nominativ- als auch in Akkusativ-, Dativ- und Genitivkontexten auftritt, auf eine Kasusspezifikation im Lexikoneintrag verzichten und sich auf die Spezifikation [+PL] beschränken. Eine solche Analyse ist nicht nur ökonomischer als eine Analyse mit jeweils einem vollspezifizierten -s-Affix für jeden der vier deutschen Kasus; sie erklärt darüber hinaus auch, warum Pluralformen mit -s ohne Merkmalskonflikt mit Elementen kombiniert werden können, die unterschiedliche Kasus zuweisen; vgl.: (30) 25 26 27 Der Verein für ökologischen Landbau hilft(Dativ) und fördert(Akkusativ) zur Zeit drei LandWGs bei der Zucht neuer Hühnerrassen. Vgl. auch Jackendoff (1977). In der Merkmalsanalyse von Chomsky (1970) wird zwar auch ein Merkmal zur Unterscheidung von Verben und Präpositionen auf der einen Seite ([-N]) und Nomina und Adjektiven auf der anderen Seite postuliert ([+N]); das zweite von Chomsky verwendete Merkmal unterscheidet aber nicht Nomina und Adjektive von Verben und Präpositionen, sondern Nomina und Präpositionen ([-V]) von Adjektiven und Verben ([+V]). Für eine Dis kussion der empirischen und konzeptuellen Probleme, die sich aus dieser Analyse ergeben, vgl. u.a. Wunderlich (1996) und die dort zitierte Literatur. Bei Ansätzen, die von einer radikalen Version der Unterspezifikation ausgehen, beschränkt man sich darüber hinaus auf positive Merkmals spezifikationen; negative Merkmals werte werden auf der Basis von Kontrasten mit positiv spezifizierten Elementen zugewiesen (vgl. u.a. Wunderlich/Fabri 1995). Minimalismus und Spracherwerbsforschung ad (ii) 94 Der Verzicht auf explizite Parametrisierung Daß Merkmale sich auf Eigenschaften von Klassen lexikalischer Elemente beziehen, ermöglicht nicht nur die Erstellung von differenzierten, ökonomischen und beschreibungsadäquaten Analysen; der Bezug auf lexikalische Eigenschaften bildet auch den Ausgangspunkt für Lösungsansätze zu den empirischen und konzeptuellen Problemen, die sich aus dem traditionellen Parameterkonzept ergeben und sich nicht durch die diskutierten Beschränkungen für das Parameterformat lösen lassen.28 Die "traditionellen" Parameter sind nicht flexibel genug, um die beobachtete typologische Variation differenziert zu erfassen. Dies zeigt sich insbesondere bei den globalen Parametern, mit denen man im Rahmen der PPT versucht, ein ganzes Bündel scheinbar nicht zusammenhängender Phänomene auf einen einzigen Parameterwert zurückzuführen. So zeigt z.B. die [-V2]-Sprache Englisch eine relativ strikte Subjekt-Verb-Objekt-Abfolge (vgl. (31a)); sie weist aber noch "Reste" von V2-Eigenschaften auf. Insbesondere geht nach bestimmten Adverbien das Auxiliar dem Subjekt voran (vgl. (31b)). (31) (a) (b) Perhaps, the chicken did not eat those worms. Never did the chicken eat those worms. Um solche "Ausnahmen" zu erfassen, müssen Eigenschaften von Klassen lexikalischer Elemente berücksichtigt werden. So könnte man z.B. die V2-"Reste" im Englischen durch Merkmale für die betreffende Klasse von Adverbien erfassen. Die "traditionellen" Parameter sind nicht nur zu unflexibel, um die beobachtete typologische Variation differenziert zu erfassen. Sie sind zugleich auch nicht restriktiv genug, um Beschränkungen der typologischen Variation zu erklären. Die mangelnde Restriktivität der vorgeschlagenen Parameter zeigt sich v.a. bei den Parametern, die zur Erfassung von linearen Abfolgen von Köpfen, Komplementen und Spezifizierern vorgeschlagen worden sind. Im Rahmen der PPT nahm man zunächst an, daß die X-bar-Prinzipien die hierarchischen Beziehungen zwischen diesen Elementen festlegen, während die Linearisierung von Kopf und Komplement bzw. Spezifizierer und X' durch Parameterwerte determiniert wird. Dementsprechend ging man von den folgenden vier Linearisierungsmöglichkeiten aus (vgl. u.a. Haegemann 1991:95): 28 Für eine ausführliche Dis kussion dieser Probleme vgl. u.a. Bierwisch (1992), Fanselow (1992a, 1993), Haider (1993a), Schmidt (1995). Minimalismus und Spracherwerbsforschung (32) (a) XP YP (b) X' X0 Spezifizierer Kopf (c) XP X' ZP Komplement XP YP 95 X0 Kopf ZP Komplement Spezifizierer (d) X' ZP Spezifizierer Komplement YP XP X' X0 Kopf ZP Komplement YP X0 Kopf Spezifizierer Gegen die Annahme von expliziten Linearisierungsparametern sprechen sowohl empirische Befunde als auch konzeptuelle Überlegungen. Die empirischen Befunde deuten darauf hin, daß die Variation in bezug auf die Linearisierung von Köpfen und ihren Argumenten wesentlich beschränkter ist, als es die Annahme von Parametern für die Abfolge von Kopf und Komplement bzw. Spezifizierer und X' erwarten läßt. Insbesondere scheint es keine überzeugende Evidenz für die Existenz von linksverzweigenden Projektionen wie (32b) und (32d) zu geben. Dies läßt sich am Beispiel der Abfolge verbaler Argumente verdeutlichen (vgl. u.a. Haider 1993b): Man geht mittlerweile im allgemeinen davon aus, daß direkte Objekte in der Komplementposition von VP und Subjekte in der Spezifiziererposition von VP basisgeneriert werden. 29 Wenn es linksverzweigende VPs gäbe, bei denen die Spezifiziererposition mit dem Subjekt rechts von der VP-Komplementposition mit dem direkten Objekt angesiedelt ist, sollte man Sprachen mit der Basisabfolge "direktes Objekt < Subjekt" finden. Dies scheint jedoch nicht der Fall zu sein. Vielmehr gehen Subjekte in den meisten Sprachen der Welt dem direkten Objekt voraus (vgl. z.B. Greenberg 1963b, Pullum 1977). Außerdem zeigt z.B. ein Vergleich germanischer Sprachen, daß Verb-Objekt-Sprachen und Objekt-Verb-Sprachen nicht notwendigerweise einfach spiegelbildliche Strukturen aufweisen: Sowohl in Verb-ObjektSprachen wie dem Englischen als auch in Objekt-Verb-Sprachen wie dem Deutschen geht 29 Zur Diskussion vgl. u.a. Kuroda (1988), Sportiche (1988), Koopman/Sportiche (1991), McClosky (1997). Minimalismus und Spracherwerbsforschung 96 das Subjekt in der Basiswortstellung dem direkten Objekt voran. Dies spricht dafür, daß Spezifiziererpositionen stets links von Komplementpositionen angesiedelt sind. Neben diesen typologischen Befunden, unterstützen auch psycholinguistische Befunde die Annahme einer universellen Rechtsverzweigung von Phrasen. Eine Reihe von Befunden aus Sprachverarbeitungsexperimenten mit strukturell ambigen Sätzen deuten nämlich darauf hin, daß die Versuchspersonen stets minimale rechtsverzweigende syntaktische Repräsentationen aufzubauen versuchen (vgl. u.a. Phillips 1994). Solche Befunde unterstützen die Annahme, daß alle Phrasen eine rechtsverzweigende Struktur haben, d.h. daß der Spezifizierer immer dem Komplement vorangeht.30 In einer rechtsverzweigenden Struktur bestehen zwei Möglichkeiten der Linearisierung von Kopf und Komplement (vgl. (32a) und (32c)). Ob beide Möglichkeiten in natürlichen Sprachen realisiert werden, ist zur Zeit noch Gegenstand intensiver Debatten. Kayne (1994) und Chomsky (1995) argumentieren dafür, daß das Komplement stets dem Kopf folgt (vgl. (32a)). Chomsky (2001:7) geht davon aus, daß Spezifizierer stets dem Kopf der betreffenden Konstituente vorangehen, während die Abfolge von Kopf und Komplement parametrisiert ist. Dies ist mit der Annahme von Haider (1992b, 1993b, 2000, 2001, 2002) vereinbar, daß Phrasenstrukturrepräsentationen zwar universell rechtsverzweigend sind, die Linearisierung von Kopf und Komplement aber variabel ist. Dementsprechend sind sowohl Strukturen wie (32a) als auch Strukturen wie (32c) möglich. D.h., Haider nimmt an, daß es neben Sprachen mit zugrundeliegender Verb-Objekt-Stellung auch Sprachen mit zugrundeliegender Objekt-VerbStellung geben kann. Die Linearisierung von Köpfen und Komplementen spielt in der folgenden Argumentation keine weitere Rolle. Daher werde ich auf die Serialisierungsmöglichkeiten für Köpfe und Komplemente nicht weiter eingehen. Wichtig ist hier nur, daß man auch dann keinen Serialisierungsparameter annehmen muß, wenn man von einer variablen Stellung von Kopf und Komplement ausgeht, d.h. sowohl Strukturen wie (32a) als auch Strukturen wie (32c) zuläßt. Um den Erwerb von Objekt-Verb-Sprachen und Verb-Objekt-Sprachen zu erfassen, genügt 30 Für weitere Argumente vgl. u.a. Haider (1992b, 1993b, 2000, 2001, 2002), Kayne (1994), Phillips (1994), Chomsky (1995, 2001), Schmidt (1995). In Kapitel III.4 werde ich im Rahmen meiner Analysen zum Erwerb von Possessivkonstruktionen zusätzliche psycholinguistische Evidenz für diese Annahme dis kutieren. Minimalismus und Spracherwerbsforschung 97 ein Prinzip, das gewährleistet, daß alle phrasalen Projektionen einer Kategorie auf dieselbe Weise linearisiert werden (vgl. Fanselow 1993). Daß das Komplement dabei seinem Kopf entweder immer folgt oder immer vorausgeht, muß nicht explizit in der UG festgelegt sein, da nur diese beiden logischen Möglichkeiten existieren. Ein expliziter Serialisierungsparameter ist damit überflüssig. Es würde ausreichen, wenn man Köpfe mit einem Merkmal versieht, das angibt, ob sie ihrem Komplement folgen oder vorangehen. Wenn man davon ausgeht, daß Phrasenstrukturen universell rechtsverzweigend sind und auch die Kopf-Komplement-Abfolge festgelegt oder zumindest beschränkt ist, stellt sich allerdings die Frage, wie man die beobachtete typologische Variation in bezug auf die Abfolge von Konstituenten erfassen kann. Auch diese Frage läßt sich beantworten, wenn man - wie in Weiterentwicklungen der PPT - annimmt, daß sämtliche grammatischen Prozesse durch grammatische Merkmale gesteuert werden. Eine solche merkmalsbasierte PPT-Weiterentwicklung stellt z.B. Chomskys Minimalistisches Programm dar (vgl. u.a. Chomsky 1995, 1998, 1999, 2001). Diesem Modell zufolge müssen die Merkmalsspezifikationen der involvierten lexikalischen Elemente daraufhin überprüft werden, ob sie miteinander kompatibel sind. Damit dies möglich ist, müssen die betreffenden Elemente in spezifischen strukturellen Beziehungen zueinander stehen. So läßt sich z.B. die Bewegung von W-Elementen in die SpecCPPosition von Fragesätzen durch die Annahme erklären, daß W-Elemente ein W-Merkmal aufweisen, das für die Frageinterpretation verantwortlich ist und mit dem entsprechenden W-Merkmal in C0 abgeglichen werden muß. Zur Herstellung der entsprechenden strukturellen Konfigurationen sind in vielen Fällen Bewegungsprozesse erforderlich. Dabei postuliert man in grammatiktheoretischen Modellen, die von universeller Rechtsverzweigung ausgehen, daß Bewegungsprozesse stets linksgerichtet sind (vgl. u.a. Kayne 1994). Diese Beschränkung der Bewegungsrichtung läßt sich aus der universellen Rechtsverzweigung und aus der Bindungstheorie ableiten: In einer rechtsverzweigenden Struktur befindet sich eine Position α, die hierarchisch höher angesiedelt ist als eine Position β, stets auch weiter links als β.31 So ist z.B. die Spezifiziererposition in einer rechtsverzweigenden Phrase wie 31 Für verschiedene Definitionen des Begriffs "hierarchisch höher" vgl. u.a. Kayne (1994), Chomsky (1995). Die unterschiedlichen Definitionen haben v.a. Auswirkungen auf die Annahmen zum Status von Adjunkten und zur Linearisierung von Köpfen und Komplementen. Für die folgende Dis kussion über Rechtsverzweigung und Linksbewegung sind diese Aspekte der Phrasenstruktur nicht relevant. Ich werde daher nicht weiter darauf eingehen. Minimalismus und Spracherwerbsforschung 98 (32a) oder (32c) weiter links angesiedelt als die Komplementposition. Bewegung in hierarchisch höhere Positionen ist in rechtsverzweigenden Strukturen demnach stets nach links gerichtet. Bewegung in hierarchisch niedrigere Positionen ist durch die Bindungstheorie ausgeschlossen. Diese verlangt nämlich, daß das bewegte Element sich in einer höheren Position befinden muß als seine Spur (vgl. u.a. Chomsky 1995). Ob Bewegungsprozesse overt oder verdeckt erfolgen, wird im Minimalistischen Programm auf die "Stärke" des betreffenden Merkmals zurückgeführt: Starke Merkmale müssen stets zusammen mit phonologischem Material, d.h. overt, bewegt werden; schwache Merkmale verlangen hingegen keine overte Bewegung zur Merkmalsüberprüfung (vgl. u.a. Chomsky 1995, Schmidt 1995, Webelhuth 1995, Abraham et al. 1996). Somit ist allein die syntaktische Aktivität und die Stärke grammatischer Merkmale für die typologische Variation im Bereich der Wortstellung verantwortlich. Über die Interpretation des Begriffs der "Stärke" gehen die Auffassungen allerdings noch auseinander, und es besteht kein Konsens darüber, wie Kinder erkennen können, ob ein Merkmal [+STARK] oder [-STARK] ist (vgl. Chomsky 1995, Webelhuth 1995, Abraham et al. 1996). Insbesondere wird diskutiert, ob es morphologische Auslöser für die Instantiierung des Merkmals [+STARK] gibt - d.h., ob Kinder an der morphologischen Form eines Elements erkennen können, ob es bewegt wird. Für die Annahme eines solchen morphologischen Auslösers spricht, daß gewisse Korrelationen zwischen der Overtheit von Bewegungsprozessen und dem Auftreten distinktiver morphologischer Markierungen bestehen: Overte Bewegung geht häufig mit "reicher" Flexion einher (vgl. u.a. Platzack/Holmberg 1989, van Gelderen 1993, Rohrbacher 1994, Vikner 1994, 1995, Roberts 1996, Sola 1996, Thráinsson 1996, Bobaljik 1997). Die Morphologie erlaubt jedoch für sich genommen noch keinen Schluß auf das Auftreten von Bewegung. So weisen z.B. die meisten V2-Sprachen ein relativ reiches Verbflexionssystem auf; es gibt allerdings auch V2-Sprachen ohne reiche Kongruenzflexion (z.B. Afrikaans; vgl. Raidt 1983). Dies deutet darauf hin, daß es keinen unabhängigen morphologischen Auslöser für die Stärke grammatischer Merkmale gibt. Wenn dies so ist, genügt es nicht, die morphologische Realisierung eines Merkmals zu analysieren, um festzustellen, ob es overte Bewegung auslöst. Minimalismus und Spracherwerbsforschung 99 Ein morphologischer Auslöser für Bewegungsprozesse ist aber meines Erachtens nur dann erforderlich, wenn man nicht von universeller Rechtsverzweigung ausgeht und keine Beschränkungen für die Richtung und Lokalität von Bewegungsprozessen zugrunde legt. Um zu ermitteln, ob Elemente bewegt worden sind, müßte ein Kind dann nämlich (i) alle möglichen Kombinationen von Basisabfolgen für Köpfe, Komplemente und Spezifizierer in Betracht ziehen, (ii) müßte es alle linksgerichteten und alle rechtsgerichteten Bewegungen berechnen, die auf der Grundlage dieser Basisabfolgen möglich sind, und (iii) müßte es die so konstruierten Abfolgen mit den beobachteten Linearisierungen vergleichen. Dies wäre eine extrem komplexe Aufgabe. Relativ einfach wäre die Ermittlung von Bewegungsprozessen hingegen, wenn alle syntaktischen Repräsentationen tatsächlich rechtsverzweigend sind und Bewegungsprozesse linksgerichtet sind. Dann muß ein spracherwerbendes Kind nämlich nur noch feststellen, ob ein X0oder XP-Element α weiter links steht als ein X0- oder XP-Element β, obwohl die Basisposition von β hierarchisch höher anzusiedeln ist als die Basisposition von α.32 Ist dies der Fall, muß α bewegt worden sein. D.h., um zu ermitteln, ob ein Merkmal [+STARK] ist, muß ein Kind nur feststellen, ob die Linearisierung der involvierten Elemente ihrer Hierarchie entspricht, oder ob das Element mit dem betreffenden Merkmal weiter links auftaucht, als es von seiner hierarchischen Position her zu erwarten ist.33 Somit ergeben sich die beobachteten Wortstellungsmuster in einem merkmalsbasierten grammatiktheoretischen Modell aus der Interaktion von einzelsprachspezifischen grammatischen Merkmalsspezifikationen mit den X-bar-Prinzipien, dem Prinzip der Rechtsverzweigung und den Prinzipien, die eine Überprüfung von grammatischen Merkmalen fordern. Eine solche Herleitung von einzelsprachlichen grammatischen Eigenschaften aus der Interaktion von universellen Prinzipien mit einzelsprachspezifischen Merkmalsspezifikationen ist nicht nur für das Minimalistische Programm charakteristisch; sie ist auch in der HPSG und der LFG zu beobachten (vgl. Pollard/Sag 1987, 1994 bzw. Bresnan 1982). Im Rahmen dieser Ansätze 32 33 Die Basispositionen von Argumenten ergeben sich aus ihrer Position in der semantischen Struktur; vgl. u.a. Bierwisch (1988), Wunderlich (1997) sowie die Dis kussion in Kapitel II. Zur Hierarchie funktionaler Projektionen vgl. u.a. Bybee (1985), Wunderlich (1993). Vgl. u.a. Chomsky (1981) zu der Frage, ob man Bewegungsprozesse annehmen sollte, die man mit dem angegebenen Verfahren nicht entdecken kann. Ein solcher Prozeß wäre z.B. die Bewegung eines Verbs von I0 nach C0 bei gleichzeitiger Bewegung des Subjekts von SpecIP nach SpecCP. Bei diesen beiden Bewegungsprozessen bliebe die Abfolge der betreffenden Elemente unverändert. Minimalismus und Spracherwerbsforschung 100 wurden von Anfang an keine expliziten Parametrisierungen angenommen. Vielmehr wurden typologische Unterschiede stets allein durch Unterschiede in (Klassen von) Lexikoneinträgen und ihren Merkmalen erfaßt. Insgesamt betrachtet erlaubt die Aufspaltung von Kategorien in ihre Merkmale demnach nicht nur differenziertere syntaktische Analysen mit Hilfe minimaler linguistischer Beschreibungseinheiten, die Aufstellung von subkategorialen und kategorienübergreifenden Generalisierungen und die Erstellung von ökonomischen und deskriptiv adäquaten unterspezifizierten Repräsentationen; sie ermöglicht auch die Vermeidung der empirischen und konzeptuellen Probleme, die sich aus dem traditionellen Parameterkonzept ergeben. Zugleich erfüllt ein Modell, bei dem die typologische Variation aus der Interaktion von lexikalisch gespeicherten einzelsprachspezifischen Merkmalsspezifikationen mit generellen Prinzipien abgeleitet wird, die in Kapitel I.6.4 diskutierten Anforderungen: Der Erwerb der zielsprachlichen Grammatik basiert in einem solchen Modell - wie in Studien zum Parameterformat gefordert - auf der Speicherung und Gewichtung von einfachen Strukturinformationen, die mit Kopfelementen verbunden sind, sowie auf der Verbindung solcher Informationen mit lexikalischen Elementen. Angesichts dieser Vorteile spielen grammatische Merkmale in allen aktuellen generativen Grammatiktheorien eine zentrale Rolle.34 ad (iii) Die Ersetzung domänenspezifischer Prinzipien durch formale "Metaprinzipien" Über den Status der Prinzipien, die in Verbindung mit den einzelsprachlichen Merkmalsstrukturen die Grammatiken natürlicher Sprachen determinieren, konnte bislang noch kein Konsens erzielt werden. Im Rahmen der entsprechenden Debatten zeichnet sich eine Tendenz dazu ab, die vorgeschlagenen modulspezifischen grammatischen Prinzipien der PPT (Bindungsprinzipien, X-bar-Prinzipien, ...) aus extrem generellen formalen Prinzipien abzuleiten, die in den meisten Fällen nicht inhärent sprachspezifisch sind (vgl. Fanselow 1991, Bierwisch 1992). 34 Bislang herrscht allerdings noch keine Einigkeit darüber, welche Typen von Merkmalen angenommen werden sollen. Für eine ausführlichere Dis kussion zu diesem Problem vgl. Kapitel II.3. Minimalismus und Spracherwerbsforschung 101 Den Ausgangspunkt für diese Entwicklung bildete die Diskussion um Lokalitätsbeschränkungen, d.h. um Beschränkungen über die Reichweite von grammatischen Prozessen. Solche Beschränkungen wurden in der PPT anfangs modulspezifisch formuliert: In den einzelnen Teiltheorien der PPT postulierte man jeweils eigene lokale Domänen für die betreffenden grammatischen Operationen (z.B. Bewegung oder die Herstellung von Koreferenzbeziehungen). So bezog sich z.B. die Theorie der Grenzknoten auf Phrasen, die Bindungstheorie hingegen auf "Rektionskategorien" (vgl. (23) sowie Chomsky 1981). Diese modulspezifische Formulierung lokaler Domänen war sowohl in deskriptiver Hinsicht als auch konzeptionell unbefriedigend (vgl. u.a. Chomsky 1986, Fanselow 1991) und wurde daher schon bald durch einheitliche Lokalitätsbeschränkungen ersetzt. Die vorgeschlagenen Beschränkungen waren hierbei zunächst noch intrinsisch sprachbezogen, insofern sie explizit auf linguistische Begriffe wie "Θ-Rolle" Bezug nahmen (vgl. z.B. Chomsky 1986). In aktuelleren Ansätzen werden hingegen lediglich allgemeine Strukturbedingungen und Minimalitätsforderungen postuliert, deren Sprachbezug sich erst aus der Anwendung dieser Prinzipien auf sprachliche Strukturen ergibt (z.B. "Nimm stets das nächstliegende relevante Element" (Fanselow 1991:8)).35 Die Tendenz zur Ersetzung domänenspezifischer Prinzipien durch generelle formale Prinzipien blieb nicht auf den Bereich von Lokalitätsforderungen beschränkt. Vielmehr bemüht man sich, sämtliche modulspezifischen Prinzipien der PPT auf generellere Prinzipien oder auf die Architektur der menschlichen Sprachfähigkeit zurückzuführen (vgl. z.B. Fanselow 1991, Kayne 1994, Chomsky 1995, 1998, 1999, 2001). Im Mittelpunkt der Diskussion um die X-bar-Theorie stehen dabei das Prinzip der universellen Rechtsverzweigung und die X-barPrinzipien der Endozentrizität, der Maximalität und der Binarität (vgl. (6)). Diese modulspezifischen Prinzipien versucht Kayne (1994) aus dem Linear-Correspondence-Axiom abzuleiten (vgl. auch Chomsky 1995). Dem Linear-Correspondence-Axiom zufolge werden Phrasenstrukturrepräsentationen so auf Lautketten abgebildet, daß die asymmetrischen strukturellen Relationen36 zwischen den involvierten lexikalischen Elementen 35 36 Vgl. auch Koster (1987), Rizzi (1990). Die zentrale strukturelle Relation in Phrasenstrukturen ist das c-Kommando. Dieses liegt vor, wenn jeder verzweigende Knoten Z, der ein Element X dominiert, auch das Element Y dominiert, und X und Y einander weder dominieren noch miteinander identisch sind. X c-kommandiert Y asymmetrisch, wenn X Y c-kommandiert, aber Y X nicht c-kommandiert. Für eine Dis kussion über verschiedene Definitionen von c-Kommando und ihre Auswirkungen auf die X-bar-Theorie vgl. u.a. Kayne (1994), Chomsky (1995). Für die Annahme, daß Phrasen universell rechtsverzweigend sind, sind die Minimalismus und Spracherwerbsforschung 102 sich in Abfolgebeziehungen zwischen diesen Elementen widerspiegeln. Insbesondere muß sich ein Element α, das hierarchisch höher angesiedelt ist als ein Element β, stets auch weiter links als β befinden. Dies ist nur bei rechtsverzweigenden Strukturen wie (32a) und (32c) der Fall (vgl. u.a. Kayne 1994, Chomsky 1995). Bei diesen Strukturen nimmt der Spezifizierer eine höhere Position ein als Kopf und Komplement und ist auch weiter links angesiedelt. Bei linksverzweigenden Strukturen wie (32b) und (32d) würde der Spezifizierer trotz seiner höheren Position sowohl dem Kopf als auch dem Komplement folgen. Somit läßt sich die universelle Rechtsverzweigung aus dem Linear-Correspondence-Axiom herleiten. Darüber hinaus setzt das Linear-Correspondence-Axiom voraus, daß zwischen allen Elementen einer Phrasenstrukturrepräsentation asymmetrische strukturelle Beziehungen bestehen. Dies ist nur der Fall, wenn die X-bar-Prinzipien in (6) gelten. Dies zeigt sich z.B. bei Phrasen mit zwei Köpfen, die das Endozentrizitätsprinzip und das Maximalitätsprinzip verletzen (vgl. (33a)), sowie bei Phrasen mit zwei Komplementen, die gegen das Binaritätsprinzip verstoßen (vgl. (33b)). In (33a) läßt sich keine asymmetrische strukturelle Beziehung zwischen Y0 und X0 etablieren, weil die beiden Köpfe sich gegenseitig c-kommandieren; in (33b) kann zwischen Y0 und Z0 keine asymmetrische strukturelle Relation hergestellt werden, weil keines der beiden Elemente das andere c-kommandiert. Damit ergibt sich keine eindeutige lineare Abfolge für die entsprechenden lexikalischen Elemente: (33) (a) XP X0 (b) Y0 XP WP X' YP ZP Y' Z' 0 Z0 | | Y | X0 | Unterschiede zwischen diesen Definitionsvarianten nicht relevant. Daher werde ich sie hier nicht weiter dis kutieren. Minimalismus und Spracherwerbsforschung 103 Insgesamt betrachtet lassen sich somit das Prinzip der universellen Rechtsverzweigung, das Endozentrizitätsprinzip, das Maximalitätsprinzip und das Binaritätsprinzip auf die Notwendigkeit einer eindeutigen Abbildung von hierarchischen Strukturen auf linear organisierte Lautketten zurückführen. Die verbleibenden modulspezifischen Prinzipien, die v.a. die Distribution von grammatischen Merkmalen und die entsprechenden Bewegungsprozesse betreffen, versucht man in aktuellen linguistischen Modellen aus formalen Metaprinzipien wie (34) oder (35) abzuleiten (vgl. u.a. Fanselow 1991, Bierwisch 1992). (34) Prinzip der vollständigen Spezifikation (vgl. Fanselow 1991:5) Alle Kategorien müssen für alle relevanten Merkmale spezifiziert sein. (35) (a) Elsewhere-Prinzip (vgl. Kiparsky 1982:136f.) Rules A, B in the same component apply disjunctively to a form Φ if and only if (i) The structural description of A (the special rule) properly include the structural description of B (the general rule). (ii) The result of applying A to Φ is distinct from the result of applying B to Φ . In that case, A is applied first, and, if it takes effect, then B is not applied. (b) Spezifizitätsprinzip (generalisierte Variante des Elsewhere-Prinzips) Wenn der Anwendungsbereich einer Operation O1 eine Obermenge des Anwendungsbereichs der Operation O2 ist, darf O1 nicht in der Domäne von O2 angewendet werden. Solche Metaprinzipien enthalten lediglich generelle formale Beschränkungen und sind selbst nicht inhärent grammatikbezogen; d.h., sie gelten auch für andere Domänen. So besagt z.B. das Spezifizitätsprinzip in (35b), das eine nicht domänenspezifische Generalisierung des domänenspezifischen Elsewhere-Prinzips in (35a) ist, lediglich, daß spezifische Operationen Vorrang vor weniger spezifischen Operationen - insbesondere vor Defaultoperationen - haben und diese blockieren. Mit Hilfe eines solchen Prinzips läßt sich nicht nur erklären, warum bei der Bildung von Perfektformen irreguläre, als Einheiten im Lexikon gespeicherte Perfektformen wie gelaufen Vorrang vor Formen haben, die durch die Affigierung des Defaultaffixes gebildet werden, wie z.B. gelauft; durch das Elsewhere-Prinzip lassen sich auch außersprachliche Gesetzmäßigkeiten erfassen, z.B., daß Ausnahmeregelungen für den Fahrplan an bestimmten (Feier-)Tagen an diesen Tagen Vorrang vor den generellen Fahrplanregelungen haben. Neben den Metaprinzipien zur Regelung der Merkmalsdistribution postuliert man in Arbeiten im Rahmen des Minimalistischen Programms eine Reihe von Metaprinzipien, die möglichst Minimalismus und Spracherwerbsforschung 104 ökonomische Repräsentationen und Derivationen gewährleisten sollen (vgl. Chomsky 1995, Schmidt 1995, Webelhuth 1995, Abraham et al. 1996). Diese Ökonomie-Metaprinzipien wurden anfangs sprachbezogen formuliert, erlauben aber auch eine generellere, nicht inhärent sprachbezogene Formulierung (vgl. z.B. (36)). (36) Repräsentationsökomomie (vgl. u.a. Safir 1993, Chomsky 1995) Repräsentationen haben keine überflüssigen Elemente. Die vorgeschlagenen Metaprinzipien sind nicht inhärent sprachbezogen. Daher entstehen die grammatisch relevanten Forderungen, die in der PPT durch modulspezifische Prinzipien erfaßt wurden, erst durch die Anwendung der Metaprinzipien auf grammatische Repräsentationen. So ergibt sich z.B. der Kasusfilter aus der Anwendung des Prinzips der vollständigen Spezifikation (vgl. (34)) auf Nominalphrasen: Kasus ist ein für Nominalphrasen relevantes Merkmal. Daher müssen alle Nominalphrasen für dieses Merkmal spezifiziert sein. Aus der Anwendung des Prinzips der Repräsentationsökonomie (vgl. (36)) auf grammatische Repräsentationen folgt, daß stets nur die kleinsten grammatischen Strukturen projiziert werden, die zur Repräsentation des verwendeten lexikalischen Materials und seiner Merkmale sowie zur Erfüllung der entsprechenden Lizensierungsforderungen erforderlich sind. Prinzipien, die fordern, daß alle Sätze aller Sprachen eine einheitliche Struktur aufweisen, werden nicht mehr angenommen (zur Diskussion vgl. Wexler 1999). Im Rahmen eines solchen Ansatzes hängt die Universalität von Satzstrukturrepräsentationen allein von der Universalität des Inventars syntaktisch aktiver Merkmale und der Uniformität der Merkmalsinstantiierung in den einzelnen Sätzen einer Sprache ab: Nur wenn man annähme, daß in allen Sätzen aller Sprachen dieselben Merkmale syntaktisch aktiv sind, könnten alle diese Sätze einen einheitlichen Strukturaufbau aufweisen. D.h., nur dann gälte die Universalitätshypothese. Wenn sich die einzelnen natürlichen Sprachen oder die unterschiedlichen Sätze einer natürlichen Sprache hingegen in bezug auf die syntaktisch aktiven Merkmale unterscheiden können, sollten sie auch unterschiedliche strukturelle Repräsentationen aufweisen. Somit haben die Versuche, die angenommenen domänenspezifischen Prädispositionen zu reduzieren, auch Auswirkungen auf die Universalitätsdebatte - und damit auch Konsequenzen für Annahmen zum Status der Kindersprache. Minimalismus und Spracherwerbsforschung 105 ad (iv) Die Reduktion der angenommenen Grammatikkomponenten Die Bemühungen um die Reduktion der Annahmen zu domänenspezifischen formalen und substantiellen Universalien beschränken sich nicht auf die Aufspaltung von komplexen angeborenen Kategorien in Merkmale, den Verzicht auf explizite Parametrisierungen und die Rückführung von domänenspezifischen Prinzipien auf formale Metaprinzipien; sie wurden in den letzten Jahren auch auf die angenommenen Grammatikkomponenten ausgedehnt. Den Ausgangspunkt für diese Entwicklung bildete die Eliminierung der D-Struktur. Der Verzicht auf die Unterscheidung zwischen D- und S-Struktur ergibt sich in der LFG, der GPSG und der HPSG aus der Eliminierung der Transformationskomponente, die D-Strukturrepräsentationen auf S-Strukturrepräsentationen abbildet (vgl. u.a. Shieber 1986, Pollard/Sag 1987, 1994). Aber auch in Weiterentwicklungen der PPT, in denen die Transformationskomponente nicht eliminiert, sondern lediglich auf eine Transformation reduziert wurde, unterscheidet man mittlerweile nicht mehr zwischen D- und S-Struktur (vgl. u.a. Chomsky 1995, 1998, 1999, 2001). In den meisten aktuellen generativen Modellen wird somit die Anzahl der syntaktischen Repräsentationsebenen reduziert; im Gegenzug rückt man die lexikalische Komponente und die Schnittstellen zwischen dem sprachlichen Wissenssystem und anderen Wissenssystemen in den Mittelpunkt der Untersuchung (vgl. u.a. Brody 1995, Chomsky 1995, 1998, 1999, 2001, Jackendoff 1997, Wunderlich 1997). Über die Beziehung zwischen diesen Komponenten konnte dabei allerdings noch kein Konsens erzielt werden. In Chomskys (1995) Minimalistischem Programm, einer Weiterentwicklung der PPT, bildet das Lexikon den Ausgangspunkt für alle Derivationen. Neben dieser Komponente nimmt Chomsky nur noch eine Schnittstelle zum artikulatorisch-perzeptuellen System (PF) sowie eine Schnittstelle zum konzeptuell-intensionalen System (LF) an; vgl.: Minimalismus und Spracherwerbsforschung 106 Abb.I-6: Das Minimalistische Programm (Chomsky 1995) LF  (move) Lexikon Aufbau von Phrasenstrukturen (select + merge)  (move) spell-out  (move) PF Die Operation select wählt lexikalische Elemente, d.h. Bündel von syntaktischen, semantischen und phonologischen Merkmalen, aus dem Lexikon aus. Diese Merkmalsbündel werden jeweils paarweise durch die Operation merge zu Konstituenten zusammengefügt, und die dabei entstehenden binär verzweigenden Phrasenstrukturrepräsentationen werden auf LF und PF abgebildet. Diese beiden Ebenen unterliegen im Minimalistischen Programm dem (Meta-)Prinzip der Vollen Interpretation. Diesem Prinzip zufolge dürfen alle Repräsentationen nur solche Elemente enthalten, die zu ihrer Interpretation erforderlich sind. Dies bedeutet, daß PF-Repräsentationen phonetische, aber keine semantischen Merkmale aufweisen dürfen, während in LF-Repräsentationen semantische, aber keine phonetischen Merkmale erlaubt sind. Dementsprechend trennt sich die Derivation an einem bestimmten Punkt ("spell-out") in zwei Pfade zu LF bzw. PF. Bis zu diesem Punkt müssen alle grammatischen Merkmale eliminiert worden sein, die weder phonologisch noch semantisch interpretierbar sind, sondern nur der Markierung von grammatischen Beziehungen dienen (z.B. die Kongruenzmerkmale von Verben). Dies geschieht dadurch, daß diese uninterpretierbaren Merkmale in lokalen strukturellen Konfigurationen mit korrespondierenden Merkmalen abgeglichen und anschließend getilgt werden. Dazu werden sie - je nach Stärke des betreffenden Merkmals overt oder verdeckt bewegt. Im Minimalistischen Programm bildet somit das Lexikon den Ausgangspunkt für die Derivation, die syntaktische Komponente macht den Kern des grammatischen Wissenssystems aus, und die beiden Schnittstellenebenen LF und PF sind der syntaktischen Verarbeitung nachgeordnet. Diese Syntaxzentriertheit wird in den meisten anderen aktuellen generativen Minimalismus und Spracherwerbsforschung 107 Grammatikmodellen abgelehnt. In der LFG und der HPSG bildet das Lexikon die zentrale Komponente, und sämtliche syntaktischen, semantischen und phonologischen Informationen werden einheitlich in Form von komplexen Merkmalsstrukturen repräsentiert (vgl. Kiss 1995, Shieber 1986). Für eine andere, ebenfalls nicht syntaxzentrierte Organisation der verschiedenen Grammatikkomponenten argumentieren Wunderlich (1997) und Jackendoff (1997). Beide nehmen zwar für semantische/konzeptuelle,37 syntaktische und phonologische Informationen jeweils ein eigenes, spezifisches Repräsentationsformat an; die Verarbeitung auf diesen Repräsentationsebenen erfolgt aber parallel und nicht unabhängig voneinander. Dabei geht Wunderlich (1997) davon aus, daß auf allen drei Repräsentationsebenen Stämme und Affixe zu komplexen Wortformen und Phrasen kombiniert werden. Da Stämme und Affixe als minimale PhonologieSyntax-Semantik-Abbildungen aufgefaßt werden, ergeben sich durch ihre Kombination auf jeder Komplexitätsebene (Stämme, komplexe Wortformen, Phrasen) Abbildungen zwischen phonologischen, syntaktischen und semantischen Repräsentationen. Jackendoff (1997) betrachtet die syntaktische Komponente, die semantisch-konzeptuelle Komponente und die phonologische Komponente als gleichwertige generative Systeme, die über das Lexikon miteinander in Verbindung stehen. Beschränkungen für die Beziehungen zwischen Repräsentationen in den drei zentralen Komponenten ergeben sich Jackendoff (1997) zufolge zum einen aus der Kombination von syntaktischen, phonologischen und semantisch-konzeptuellen Informationen in Lexikoneinträgen wie (37); zum anderen aus sehr generellen Korrespondenzbeschränkungen.38 Diese Korrespondenzbeschränkungen bewirken Jackendoffs Auffassung nach, daß Einbettungsbeziehungen zwischen Konstituenten bei der Abbildung von konzeptionellen Strukturen auf syntaktische Strukturen im allgemeinen erhalten bleiben (vgl. (38)) und daß die Abfolgebeziehungen zwischen phonologischen Konstituenten 37 38 Wie ich in Kapitel II.1.1 erläutern werde, unterscheidet Wunderlich (1997) zwischen semantischen und konzeptuellen Repräsentationen, Jackendoff (1997) hingegen nicht. Jackendoff (1997) verwendet auch den Terminus "Korrespondenz-Regel". Dieser Terminus ist - wie Jackendoff selbst zugesteht - irreführend, da es sich bei den von Jackendoff angenommenen Korrespondenz-Regeln weder um syntaktische Regeln noch um Regeln für die 1:1-Abbildung einer Repräsentation auf eine andere handelt (vgl. Jackendoff 1997:24, 219). Die Korrespondenz-Regeln beschränken Jackendoff (1997:24) zufolge vielmehr lediglich die Abbildung eines Repräsentationsformats auf ein anderes. Minimalismus und Spracherwerbsforschung 108 den Abfolgebeziehungen zwischen syntaktischen Konstituenten weitestgehend entsprechen (vgl. (39)). (37) Die lexikalische Repräsentation von cat Phonologische Information Syntaktische Information Wordb σ Nb | [count] [sing] /k ae t/ Semantisch-konzeptuelle Information [Thing TYPE: CAT]b (38) If syntactic maximal phrase X1 corresponds to conceptual constituent Z1, and syntactic maximal phrase X2 corresponds to conceptual constituent Z2, then, iff X1 contains X2, Z1 preferably contains Z2. Jackendoff (1997:36) (39) A syntactic X0 constituent preferably corresponds to a phonological word. If syntactic constituent X1 corresponds to phonological constituent Y1, and syntactic constituent X2 corresponds to phonological constituent Y2, then the linear order of X1 and Jackendoff (1997:28) X2 preferably corresponds to the linear order of Y1 and Y2. Somit spielen auch bei Jackendoff (1997) generelle Wohlgeformtheitsbedingungen und die Verknüpfung von unterschiedlichen phonologischen, syntaktischen und semantischen Informationen in Lexikoneinträgen eine zentrale Rolle. 7.2 Minimalistische Ansätze in der Spracherwerbsforschung Merkmalsbasierte minimalistische Grammatiktheorien, die die Annahmen zu angeborenen formalen und substantiellen Universalien zu minimieren versuchen, haben die Spracherwerbsforschung in den letzten Jahren entscheidend beeinflußt. Dies gilt insbesondere für die Entwicklung von Lösungsansätzen für das Entwicklungsproblem. Die Aufspaltung von Kategorien in ihre Merkmale hat nämlich zu Modifikationen der vorgeschlagenen Erklärungen für nichtzielsprachliche Strukturen in der frühen Kindersprache geführt. Dabei sind zwei Erklärungsstrategien zu unterscheiden: Bei der ersten Erklärungsstrategie nimmt man an, in Übergangsgrammatiken lägen nicht-zielsprachliche Merkmalswerte vor. Dies entspricht der Strategie der frühen parameterorientierten Erwerbsuntersuchungen, bei denen man Abweichungen von der Zielsprache aus der Annahme von nicht-zielsprachlichen Parameterwerten ableitete (vgl. Minimalismus und Spracherwerbsforschung 109 Hyams 1986); man bezieht sich aber nicht mehr auf Parameterwerte, sondern auf Merkmalswerte. Diese Strategie verfolgt z.B. Platzack (1996). Ihm zufolge weisen alle Sprachen eine strikte Spezifizierer-Kopf-Komplement-Abfolge auf (Kayne 1994), und der Defaultwert für die Stärke morphologischer Merkmale ist [-STARK]. Dementsprechend sollten alle frühen Kindersprachgrammatiken - unabhängig von den Oberflächenabfolgen in der betreffenden Zielsprache - durch die Abfolge Subjekt-Verb-Objekt charakterisiert sein. Ein solcher Ansatz kann die zu beobachtende relativ frühe Anpassung an die Struktur der Zielsprache nicht erklären. Insbesondere kann er nicht den frühen Erwerb der zielsprachlichen Serialisierung von Verb und Objekt erfassen (vgl. u.a. Penner/Schönenberger/Weissenborn 1994, Schönenberger/Penner/Weissenborn 1997). Die zweite Erklärungsstrategie basiert auf der Annahme, daß zumindest ein Teil der zielsprachlichen Merkmale in frühen Erwerbsphasen noch nicht aktiv oder noch nicht obligatorisch für die zielsprachlichen Werte spezifiziert ist (vgl. u.a. Wexler 1994, 1999, 2002, Hoekstra/Hyams 1995, 1996, 1998, Clahsen/Eisenbeiß/Penke 1996, Hoekstra/Hyams/ Becker 1997, Hyams 1999, Roeper 1996). Diese Strategie, die auch ich im Rahmen dieser Arbeit verfolgen werde, ähnelt der Vorgehensweise von Ansätzen, die auf der Hypothese der Funktionalen Parametrisierung beruhen. Der Bezug auf Merkmale statt auf Kategorien ermöglicht es jedoch, die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Kinder- und Erwachsenensprache mit kleineren Einheiten, d.h. differenzierter, zu beschreiben. Insbesondere können so Entwicklungsdissoziationen erfaßt werden, die bei Erwerbsuntersuchungen zu den unterschiedlichen Realisierungen von funktionalen Kategorien beobachtet wurden. Eine solche Dissoziation zeigte sich z.B. bei Untersuchungen zu Instantiierungen der funktionalen Kategorie C beim Erwerb von V2-Sprachen: Satzstrukturen mit V2-Stellung treten nämlich schon relativ früh auf; W-Elemente in SpecCP werden hingegen erst spät systematisch overt realisiert (vgl. u.a. Clahsen/Penke/Parodi 1993, Clahsen/Kursawe/Penke 1996, Penke 2001). Diese Dissoziation ließe sich z.B. durch die Annahme erfassen, daß die Finitheitsmerkmale in C, die für die V2-Stellung verantwortlich sind, vor den W-Merkmalen in C spezifiziert werden (vgl. u.a. Clahsen/Penke/Parodi 1993, Clahsen/Eisenbeiß/Penke 1996). Die Position, in die finite Verben bewegt werden, entspricht somit nicht der zielsprachlichen C0-Position, sondern ist im Vergleich zu dieser unterspezifiziert. Minimalismus und Spracherwerbsforschung 110 Solche unterspezifizierten Kategorien werden in allen aktuellen minimalistischen Ansätzen angenommen. Somit werden keine Ansätze mehr vertreten, in denen sich Abweichungen von der Zielsprache allein aus lexikalischen Lücken ergeben.39 Dies ist meines Erachtens auf Studien zurückzuführen, die gezeigt haben, daß sich die beobachteten Abweichungen von der Zielsprache nicht einfach auf Auslassungen lexikalischer Elemente zurückführen lassen (vgl. u.a. Weissenborn 1994, Clahsen/Eisenbeiß/Penke 1996). So gelangt man z.B. zu falschen empirischen Vorhersagen, wenn man root-infinitives als vollständige CP-Strukturen mit ausgelassenem Modalverb analysiert, wie dies z.B. Boser et al. (1991) oder Whitman (1994) tun. Insbesondere sollten dieser Analyse zufolge auch root-infinitives mit W-Elementen wie warum Max musik machen? belegt sein; dies ist jedoch nicht der Fall (Weissenborn 1994:221). Vielmehr besteht ein enger Zusammenhang zwischen morphologischen Realisierungen von funktionalen Kategorien auf der einen Seite und syntaktischen Effekten dieser Kategorien auf der anderen Seite. So geht z.B. das Auftreten von zielsprachlichen Verbflexiven mit zielsprachlichen Verbstellungsmustern einher (Clahsen/Penke 1992, Poeppel/Wexler 1993, Clahsen/ Eisenbeiß/Penke 1996). Außerdem korreliert das Auftreten von W-Elementen oder Komplementierern in [-pro-drop]-Sprachen mit der overten Realisierung von Subjekten (Clahsen/ Kursawe/Penke 1996). Dies deutet darauf hin, daß das "Fehlen" von Oberflächenelementen nicht einfach auf morphologische und lexikalische Lücken reduziert werden kann, sondern Ausdruck von Unterschieden in zugrundeliegenden Repräsentationen ist. In aktuellen merkmalsbasierten minimalistischen Ansätzen nimmt man zur Erfassung von nicht-zielsprachlichen Strukturen nicht nur stets unterspezifizierte Strukturen an; man postuliert auch keine Reifungsprozesse mehr, die zentrale Komponenten der Grammatik - wie z.B. formale Prinzipien oder das Inventar funktionaler Kategorien - betreffen. Dies ist meines Erachtens v.a. auf die in Kapitel I.5.2 und Kapitel I.6.2 diskutierten empirischen Befunde zurückzuführen, die Evidenz für die frühe Gültigkeit formaler Prinzipien, frühe Anpassungen an die Struktur der jeweiligen Zielsprache und den Einfluß der Zielsprache auf die zeitliche Struktur des Entwicklungsverlaufs erbracht haben. Solche Befunde lassen sich im Rahmen von "starken" Reifungsansätzen, nur schwer erklären. 39 Einen solchen Ansatz hatten z.B. Boser et al. (1991), Whitman, Lee und Lust (1991) sowie Lust (1994) im Rahmen der PPT vertreten; vgl. Kapitel I.6. Minimalismus und Spracherwerbsforschung 111 Angesichts der vorliegenden empirischen Befunde spielen lexikalische Lücken und zentrale Reifungsprozesse in aktuellen minimalistischen Ansätzen somit kaum noch eine Rolle. Diskutiert werden v.a. zwei Theorievarianten: (i) Ansätze, die von früher zielsprachlicher Kompetenz im syntaktischen Bereich ausgehen und Abweichungen von der Zielsprache auf Entwicklungen im außersyntaktischen Bereich zurückführen; und (ii) Strukturaufbauansätze, die auf der Hypothese des Lexikalischen Lernens beruhen. Diese beiden Typen von Ansätzen stellen Weiterentwicklungen der Theorievarianten (i) bzw. (iv) in Tab.I-2 dar. ad (i) Merkmalsbasierte Varianten der Hypothese der vollständigen Kompetenz In merkmalsbasierten minimalistischen Ansätzen, die von der Hypothese der vollständigen Kompetenz ausgehen, nimmt man an, daß die grammatischen Merkmale und Merkmalswerte der Zielsprache bereits in der frühen Zwei-Wort-Phase instantiiert sind. Daß dennoch Abweichungen von der Zielsprache zu beobachten sind, führt man auf Entwicklungen im außersyntaktischen Bereich zurück. Dabei argumentieren Hyams, Hoekstra, Wexler, Schütze und ihre Kollegen dafür, daß die Beschränkungen, die für die obligatorische Spezifizierung und overte Realisierung dieser Merkmale verantwortlich sind, in der frühen Zwei-Wort-Phase noch nicht gelten.40 So postulieren sowohl Hoekstra und Hyams (1995, 1996, 1998) als auch Wexler (1999, 2002), daß Kinder in frühen Phasen der sprachlichen Entwicklung noch nicht über die pragmatischen Prinzipien verfügen, die die Interpretation von Finitheit und Definitheit regeln und entsprechende Spezifizierungen verlangen. Demnach sollten Kinder auch in Kontexten für finite Verben und definite Nominalphrasen zumindest gelegentlich Verben bzw. Nominalphrasen ohne die entsprechenden Spezifizierungen produzieren. Somit sollten in der frühen Zwei-WortPhase sowohl zielsprachliche Strukturen mit finiten Verben und Determinierern auftreten als auch nicht-zielsprachliche Strukturen mit nicht-finiten Verben und fehlenden Determinierern. 40 Vgl. u.a. Wexler (1994, 1998, 1999, 2002), Hoekstra/Hyams (1995, 1996, 1998), Hoekstra/Hyams/ Becker (1997), Hyams (1999), Abu-Akel/Bailey (2000), Schütze (1997, 1999a, b, 2001), Wexler/ Schütze/Rice (1998), Schütze/Wexler (2000). Minimalismus und Spracherwerbsforschung 112 Gerken (1996), Crisma und Tomasutti (2000) und anderen zufolge sind die beobachteten Abweichungen von der Zielsprache nicht durch Defizite im pragmatischen Bereich bedingt. Ihrer Auffassung nach werden Determinierer und andere Funktionswörter in frühen Entwicklungsphasen ausgelassen, weil sie im allgemeinen durch unbetonte Silben realisiert werden und unbetonte Silben in frühen Erwerbsphasen generell häufiger ausgelassen werden als betonte Silben. Dabei sollte die Auslassungsrate besonders hoch sein, wenn sich die Funktionswörter nicht in das vorherrschende prosodische Muster der Zielsprache integrieren lassen (vgl. u.a. Gerken 1991, 1994a, b, 1996, Demuth 1992, 1996, 2001, Peters/Menn 1993, Wijnen/ Krikhaar/den Os 1994). So sollten z.B. englischsprachige Kinder den einsilbigen unbetonten bestimmten Artikel eher auslassen, wenn er sich nicht in den für das Englische charakteristischen trochäischen Fuß einordnen läßt, d.h. in eine metrische Einheit, die aus einer betonten Silbe und einer optionalen unbetonten Silbe besteht (S-(w)). Dies ist z.B. in (40a) der Fall, wo der unbetonte Artikel zwischen einer unbetonten und einer betonten Silbe steht. In (40b) kann der Artikel hingegen mit der vorangehenden betonten Silbe einen Fuß bilden und sollte daher nicht ausgelassen werden. (40) (a) (b) He | * He | * CATCHes the | | | S-----w * KICKS the | | S----------w PIG | S-(w) PIG | S-(w) Wenn diese Annahme zuträfe, sollten die Auslassungsraten für Funktionswörter von den prosodischen Eigenschaften der betreffenden Wörter und ihren prosodischen Kontexten abhängen, und sämtliche beobachteten Abweichungen von der Zielsprache sollten sich auf prosodische Eigenschaften der involvierten Strukturen zurückführen lassen. Dies bedeutet, daß man praktisch keine Auslassungen in Kontexten beobachten sollte, in denen die Integration des betreffenden Funktionswortes in einen Fuß problemlos möglich ist. Es nehmen allerdings nicht alle Vertreter der Hypothese der vollständigen Kompetenz an, daß Kinder in der frühen Zwei-Wort-Phase bereits alle morpho-syntaktischen Eigenschaften funktionaler Projektionen erworben haben. Beispielsweise postulieren Bottari, Cipriani und Chilosi (1993) und Lleo (2001), daß Kinder zu diesem Zeitpunkt die syntaktischen Eigenschaften dieser Projektionen entdeckt haben - z.B. die distributionalen Eigenschaften von Minimalismus und Spracherwerbsforschung 113 D-Elementen. Sie gehen aber nicht davon aus, daß Kinder dann bereits über alle morphologischen und phonologischen Charakteristika von funktionalen Elementen verfügen. Diese müssen ihrer Auffassung nach noch schrittweise erworben werden. Hierin stimmen Bottari, Cipriani und Chilosi (1993) und Lleo (2001) mit Penner und Weissenborn (1996) überein, denen zufolge die zielsprachlichen Merkmale bzw. Kategorien bereits in der frühen ZweiWort-Phase syntaktisch aktiv sind, Kinder in diesem Alter aber noch nicht alle Parameter für die Nominalphrasenflexion fixiert haben (vgl. Kapitel I.5.2.2). Insgesamt betrachtet geht man somit bei allen merkmalsbasierten minimalistischen Varianten der Hypothese der vollständigen Kompetenz von der Annahme aus, daß Kinder bereits in der frühen Zwei-Wort-Phase über zielsprachliche Phrasenstrukturrepräsentationen verfügen. In bezug auf zielsprachliche Merkmalsspezifikationen und morphologische Prozesse besteht hingegen keine Einigkeit: Gerken (1996), Crisma und Tomasutti (2000) und anderen zufolge sollten sich die von Kindern produzierten Strukturen bereits zu Beginn der syntaktischen Entwicklung nur durch prosodisch bedingte Auslassungen von zielsprachlichen Strukturen unterscheiden. Die Analysen von Hoekstra, Hyams, Becker, Schütze und Wexler lassen hingegen ein Nebeneinander von produktiven Strukturen mit zielsprachlicher Flexion und unterspezifizierten Strukturen erwarten; und Bottari, Cipriani und Chilosi (1993) sowie Lleo (2001) sagen generelle Verzögerungen beim Erwerb morphologischer Realisierungen funktionaler Projektionen voraus. ad (ii) Merkmalsbasierte Varianten der Strukturaufbauhypothese In merkmalsbasierten Strukturaufbauansätzen (vgl. u.a. Eisenbeiß/Penke 1995, 1996, 1997, Clahsen/Eisenbeiß/Penke 1996) verzichtet man auf Reifungsannahmen. Abweichungen von der Zielsprache werden darauf zurückgeführt, daß die entsprechenden Merkmale in frühen Erwerbsphasen noch nicht instantiiert sind, und Gemeinsamkeiten von Kinder- und Erwachsenensprache werden aus der Verfügbarkeit von formalen Prinzipien und bereits bestehenden Übereinstimmungen im Merkmalsinventar abgeleitet. Der Übergang von unterspezifizierten zu vollspezifizierten Kategorien wird durch Lexikalisches Lernen und morphologisches Bootstrapping erklärt. So argumentieren z.B. Clahsen, Eisenbeiß und Penke (1996) dafür, daß Kinder beim Erwerb von regulären Flexionsparadigmen die in diesen Paradigmen Minimalismus und Spracherwerbsforschung 114 repräsentierten Distinktionen (z.B. [±2.PS]) entdecken und auf der Basis dieser Distinktionen die entsprechenden grammatischen Merkmale in ihre Grammatik integrieren. Da die einzelnen Distinktionen unabhängig voneinander erworben werden können, können die entsprechenden Merkmale zu unterschiedlichen Zeitpunkten instantiiert werden. Dementsprechend sind Entwicklungsdissoziationen zu erwarten. Roeper (Roeper 1996; vgl. auch Powers 1996) betont die Rolle lexikalischer Elemente noch stärker. Den Ausgangspunkt für seinen Ansatz zum Entwicklungsproblem bildet die Annahme, daß jedes beliebige Merkmalsbündel aus dem Lexikon zum Kopf einer Projektion werden kann - unabhängig davon, ob die Merkmale aus diesem Merkmalsbündel auch in anderen Lexikoneinträgen vorhanden sind. Dementsprechend können nicht nur Lexikoneinträge, die im Vergleich zur Zielsprache unterspezifiziert sind, projizieren; das Auftreten bestimmter Merkmale kann anfangs auch auf einzelne Lexikoneinträge beschränkt sein. Dadurch entstehen lexemspezifische Projektionen. Dies verdeutlicht Roeper (1996:422ff.) am Beispiel von Fragesatzstrukturen die in frühen Erwerbsphasen zu beobachten sind: (41) (a) (b) (c) are you put this on me are you don't know Lucy's name is are this is broke Roepers Auffassung nach deuten die Beispiele darauf hin, daß das lexikalische Element are anfangs nur für das Merkmal [+YES/NO] spezifiziert ist und nicht für MODUS, TEMPUS und Kongruenzmerkmale. Dementsprechend kann dieses Element in Entscheidungsfragen auftreten und mit Elementen kombiniert werden, die Modus-, Tempus- bzw. Kongruenzspezifikationen aufweisen. Darüber hinaus nimmt Roeper an, daß das Merkmal [+YES/NO] in der betreffenden Phase auf das lexikalische Element are beschränkt ist. D.h., es liegt noch keine zielsprachliche CP-Struktur vor. Der Übergang zur Zielsprache erfolgt Roeper zufolge einerseits dadurch, daß die Merkmalsspezifikationen der ursprünglich unterspezifizierten Elemente durch zusätzliche Merkmale erweitert werden. Dadurch werden diese Elemente in ihrer Distribution allmählich auf die zielsprachlichen Kontexte eingeschränkt. Andererseits werden anfänglich lexemspezifische Merkmale in weitere Lexikoneinträge integriert, die dieses Merkmal in der Zielsprache aufweisen. Geht man davon aus, daß der Grammatikerwerb in der Integration von grammatischen Merkmalen in Lexikoneinträge besteht, läßt sich die zeitliche Ausdehnung des Grammatik- Minimalismus und Spracherwerbsforschung 115 erwerbs ohne Zusatzannahmen erklären. Dann involviert nämlich jeder Grammatikerwerbsprozeß - mindestens - die folgenden Schritte: (i) (ii) (iii) (iv) die Identifikation von Distinktionen auf der Laut- und Bedeutungsebene, die Instantiierung der entsprechenden Merkmale, die robuste Speicherung der Merkmale in Lexikoneinträgen für einzelne Wortformen, die Erstellung von Lexikoneinträgen für irreguläre Wortformen, Stämme und grammatische Morpheme.41 Darüber hinaus ermöglicht es die Unterscheidung zwischen den Schritten (iii) und (iv) zu erklären, warum manche grammatischen Prozesse anfangs optional sind - z.B. die V2-Bewegung in frühen Erwerbsphasen: Wie Clahsen (1990) und Clahsen, Penke und Parodi (1993) berichten, verfügen deutsche Kinder in der frühen Zwei-Wort-Phase nur über eine kleine Anzahl von finiten Verbformen, die die V2-Position einnehmen können (Modalverben, Auxiliare, Formen von sein und haben sowie Verben mit dem Affix -t). Die übrigen Verben tragen keine Finitheitsmarkierungen und verbleiben in der satzfinalen V-Position. Dies ließe sich darauf zurückführen, daß das Merkmal [±FIN] zwar bereits relativ früh instantiiert wird, aber zunächst auf Lexikoneinträge für einzelne Verbformen bzw. für das Affix -t beschränkt ist. Erst wenn für die einzelnen Kongruenzaffixe robuste Lexikoneinträge mit zielsprachlichen Spezifikationen aufgebaut werden, sollten demnach für jedes Verb systematisch finite und nicht-finite Verbformen gebildet werden können. Diese können dann wie in der Zielsprache bewegt werden bzw. in situ verbleiben. D.h., es sollte einen Zusammenhang zwischen dem Erwerb des zielsprachlichen Kongruenzparadigmas und der Generalisierung der V2-Bewegung geben. Dies ist in der Tat der Fall, wie Clahsen und Penke (1992) sowie Clahsen, Eisenbeiß und Penke (1996) nachgewiesen haben. Ein merkmalsbasierter minimalistischer Strukturaufbauansatz wird darüber hinaus den in Kapitel I.6 diskutierten Anforderungen gerecht, die an ein Modell zu stellen sind, das sowohl die beobachtbare typologische Variation als auch den Spracherwerb erklären soll: Die Basis für den Erwerb der zielsprachlichen Eigenschaften sind minimale Distinktionen auf der Lautund der Bedeutungsebene, d.h. einfache Strukturinformationen, und der Grammatikerwerb erfolgt durch die Verknüpfung solcher Informationen mit lexikalischen Elementen. 41 Zur Motivation von Lexikoneinträgen für irreguläre Wortformen, Stämme und grammatische Morpheme vgl. u.a. Clahsen (1999), Pinker (1999) sowie Kapitel II.1.2. Minimalismus und Spracherwerbsforschung 116 In Ansätzen, die auf der Hypothese der vollständigen Kompetenz beruhen, wird hingegen im allgemeinen lediglich postuliert, die zielsprachlichen Spezifikationen seien bereits in der frühen Zwei-Wort-Phase verfügbar; wie sie erworben werden, wird nicht erläutert (vgl. u.a. Hoekstra/Hyams 1995, 1996, 1998, Hyams 1996, Hoekstra/Hyams/Becker 1997, Poeppel/ Wexler 1993, Wexler 1999, 2002). Dies kommt z.B. in der folgenden Aussage zum Ausdruck: "… the structural case system at least has been mastered by the time multi-word utterances are produced. This means that the child must have figured out the setting for the accusative versus ergative versus split parameter and which structural case is associated with which functional head. Doing so presupposes figuring out which morphology encodes case features in the language." (Schütze 1997:275) 7.3 Die Intensivierung der Kooperation zwischen theoretischer Linguistik und Erwerbsforschung Die Entwicklung von merkmalsbasierten minimalistischen Grammatikmodellen hat die interdisziplinäre Kooperation entscheidend beeinflußt. Wie ich in Kapitel I.6.5 bereits erläutert habe, ist die Bedeutung der Grammatiktheorie für die Erwerbsforschung maximal, wenn man annimmt, daß die formalen Prinzipien, die Erwachsenensprachen restringieren, auch für die frühe Kindersprache gelten und den Hypothesenraum spracherwerbender Kinder beschränken. Diese Annahme liegt allen im vorangegangenen Kapitel diskutierten merkmalsbasierten minimalistischen Spracherwerbsansätzen zugrunde. Somit herrscht in diesem Punkt Übereinstimmung mit Ansätzen, die auf der Hypothese der Funktionalen Parametrisierung basieren; in einigen für die interdisziplinäre Kooperation zentralen Punkten unterscheiden sich merkmalsbasierte minimalistische Modelle hingegen von ihren Vorgängermodellen. Erstens postuliert man in merkmalsbasierten minimalistischen Ansätzen weder Phrasenstrukturschablonen noch Prinzipien, die für alle unabhängigen Sätze CP/IP-Strukturen und für Nominalphrasen vollständige DP-Strukturen fordern42 (vgl. u.a. Chomsky 1995, 1998, 1999, 2001, Clahsen/Eisenbeiß/Penke 1996, Wexler 1999). D.h., eine strikte Universalitäts- 42 Ein Prinzip, das für jeden Satz eine vollständige CP-Struktur fordert, hatte z.B. Rizzi (1994a: 162) angenommen. Minimalismus und Spracherwerbsforschung 117 hypothese in bezug auf Phrasenstrukturrepräsentationen, wie sie in der Debatte um die Hypothese der Funktionalen Parametrisierung diskutiert wurde, wird nicht mehr vertreten. Vielmehr geht man davon aus, daß der Aufbau von syntaktischen Repräsentationen allein durch die ausgewählten lexikalischen Elemente und ihre grammatischen Merkmale gesteuert wird (vgl. u.a. Chomsky 1995). Damit sind auch unterspezifizierte Strukturen, in denen nur eine Teilmenge der potentiell verfügbaren Merkmale syntaktisch aktiv ist, wohlgeformte Strukturen natürlicher Sprachen. Dementsprechend können Kindersprachdaten, auch wenn sie durch unterspezifizierte Projektionen charakterisiert sind, wie Daten einer wohlgeformten natürlichen Sprache behandelt werden. Zweitens nimmt man im Rahmen merkmalsbasierter minimalistischer Ansätze nicht mehr an, daß die typologische Variation auf die Eigenschaften funktionaler Kategorien beschränkt ist. Vielmehr ergeben sich die spezifischen Charakteristika der einzelnen natürlichen Sprachen aus der Interaktion sämtlicher grammatischer Merkmale mit den formalen Universalien. Diese Annahme hat Auswirkungen auf die Vorhersagen für die zielsprachlichen Einflüsse auf frühe Grammatiken. Der Hypothese der Funktionalen Parametrisierung zufolge können die Eigenschaften der betreffenden Zielsprache erst dann erworben werden, wenn die entsprechenden funktionalen Kategorien syntaktisch aktiv sind. Dementsprechend kann man frühe Anpassungen an die Zielsprache auf der Basis dieser Hypothese nur dann erklären, wenn man davon ausgeht, daß zumindest ein Teil der zielsprachlichen funktionalen Kategorien bereits in der frühen Zwei-Wort-Phase syntaktisch aktiv sind. Merkmalsbasierten minimalistischen Ansätzen zufolge können Anpassungen an die Zielsprache hingegen bereits durch die Instantiierung der grammatischen Merkmale von lexikalischen Kategorien bewirkt werden. So ließe sich z.B. der frühe Erwerb der zielsprachlichen Linearisierung von Verb und Objekt (vgl. z.B. Penner/ Schönenberger/Weissenborn 1994, Schönenberger/Penner/Weissenborn 1997) durch die Annahme erklären, daß die Kopf-Komplement-Abfolge variabel ist (vgl. z.B. Haider 1992b, Chomsky 2001) und Kinder bereits sehr früh die zielsprachlichen distributionalen Eigenschaften von Verben erkennen und die entsprechenden kategorialen Merkmale zielsprachlich spezifizieren. Dies könnte geschehen, bevor funktionale Merkmale wie TEMPUS oder ASPEKT instantiiert werden. Somit lassen sich Erwerbsdaten aus der frühen Zwei-Wort-Phase im Rahmen von merkmalsbasierten minimalistischen Ansätzen nicht nur als Daten einer natürlichen Sprache Minimalismus und Spracherwerbsforschung 118 beschreiben; durch das Konzept der Unterspezifikation und die Bindung zielsprachlicher Eigenschaften an grammatische Merkmale lassen sich sowohl frühe Anpassungen als auch Abweichungen von der Zielsprache erfassen. Durch die Abweichungen von den vollspezifizierten Strukturen der Zielsprache kommt unterspezifizierten Strukturen darüber hinaus ein Sonderstatus zu; sie liefern nämlich einen Typ von Evidenz, den die entsprechende Zielsprache nicht bereitstellt. Dies hat dazu geführt, daß man in den letzten Jahren immer häufiger Erwerbsdaten zur Überprüfung linguistischer Analysen heranzieht. Dabei verwendet man Erwerbsdaten entweder, um Aufschluß über den Charakter formaler Prinzipien oder den Aufbau der Phrasenstruktur zu gewinnen (vgl. z.B. Eisenbeiß/Penke 1995, 1996, 1997, Barbier 1996), oder man überprüft linguistische Annahmen zu syntaktischen und morphologischen Effekten von grammatischen Merkmalen in der Zielsprache anhand von Strukturen aus der Kindersprache, die in bezug auf die betreffenden Merkmale unterspezifiziert sind (vgl. z.B. Schütze/ Wexler 1996). Zusammenfassung 8 119 Zusammenfassung Wie der Überblick über die Entwicklung der Spracherwerbsforschung gezeigt hat, ist die bisherige Diskussion zur Angeborenheit, Domänenspezifizität und Funktionsweise des Spracherwerbsmechanismus entscheidend durch zwei Extrempositionen geprägt: In linguistisch orientierten Reifungsansätzen postuliert man einen angeborenen domänenspezifischen Erwerbsmechanismus und Reifungspläne (vgl. z.B. Radford 1990, Wexler 1999, 2002). Im Behaviorismus und in holistisch orientierten psychologischen Ansätzen lehnt man hingegen einen solchen Mechanismus ab und geht von einem kontinuierlichen Lernprozeß aus (vgl. z.B. Skinner 1957 bzw. Bates/MacWhinney 1979, 1982, 1987). Aktuelle minimalistische Ansätze versuchen, den Gegensatz zwischen diesen beiden Extrempositionen aufzuheben: Es werden zwar genetisch determinierte Prädispositionen für den Spracherwerb angenommen, man versucht aber, die Annahmen zu angeborenen domänenspezifischen Universalien und Reifungsplänen zu minimieren. Dazu führt man die formalen Universalien auf generelle formale Metaprinzipien zurück, die den Hypothesenraum beim Spracherwerb beschränken, und leitet die substantiellen Universalien aus domänenspezifischen Kategorisierungsprädispositionen ab, die es ermöglichen, grammatische Merkmale zu instantiieren und in Lexikoneinträge zu integrieren (vgl. z.B. Fanselow 1991, Bierwisch 1992, Chomsky 1995). Außerdem geht man angesichts der vorliegenden empirischen Befunde davon aus, daß die formalen Prinzipien von Anfang an verfügbar sind und keinen Reifungsprozessen unterliegen (vgl. z.B. Pinker 1984, Crain 1991, 2002); man nimmt jedoch an, daß die Repräsentationen, die der Spracherwerbsmechanismus zu Beginn der syntaktischen Entwicklung erzeugt, aber noch unterspezifiziert sein können (vgl. z.B. Bottari/Cipriani/Chilosi 1993, Wexler 1994, 1998, 1999, 2002, Hoekstra/Hyams 1995, 1996, 1998, Clahsen/Eisenbeiß/Penke 1996, Gerken 1996, Roeper 1996, Schütze 1997, 1999a, b, 2001, Crisma/Tomasutti 2000, Lleo 2001). Damit können Spracherwerbsstudien nicht nur zur Untersuchung von genetisch determinierten sprachlichen Universalien beitragen; sie können auch einen Typ von Evidenz liefern, der durch Analysen von Erwachsenensprachdaten nicht zu erlangen ist. Zugleich eignen sich die Konzepte minimalistischer linguistischer Modelle, v.a. das Merkmalskonzept, besonders gut zur Entwicklung von Lösungsansätzen zu zentralen Problemen der Spracherwerbsforschung - v.a. zum logischen Problem und zum Entwicklungsproblem. Meines Erachtens wird dieses Potential zur Zeit aber noch nicht Zusammenfassung 120 ausgeschöpft. Insbesondere wurden im Rahmen merkmalsbasierter minimalistischer Ansätze noch keine Lösungsvorschläge zum Bootstrappingproblem und zum Ordnungsproblem entwickelt. Dies werde ich in den folgenden Kapiteln tun. 121 II Merkmalsgesteuerter Strukturaufbau The strongest way to constraint a component is eliminating it. Gazdar (1982:132) Im vorangegangenen Kapitel habe ich die konzeptuellen und empirischen Vorteile merkmalsbasierter minimalistischer Grammatik- und Erwerbsmodelle dargelegt. Davon ausgehend möchte ich im folgenden die Idee des merkmalsbasierten Strukturaufbaus diskutieren und weiterentwickeln. Dabei werde ich in diesem Kapitel zunächst meine Arbeitshypothesen erläutern und motivieren. Diese Hypothesen sollen dann in Kapitel III empirisch überprüft werden. Die Grundlage meiner Arbeitshypothesen bildet die Annahme, daß man die deskriptiven Generalisierungen, die man in der PPT durch domänenspezifische UG-Prinzipien erfaßt, auch aus generellen formalen Metaprinzipien ableiten kann. Wenn diese Annahme zutrifft, verbleiben meiner Auffassung nach nur noch zwei domänenspezifische Erwerbsprädispositionen (vgl. auch Bierwisch 1992, 1999, 2001, Chomsky 1995, Schmidt 1995): Erstens nehme ich an, daß die Grundarchitektur der menschlichen Sprachfähigkeit genetisch determiniert ist und sowohl die Ebenen der grammatischen Repräsentation als auch das Format lexikalischer Repräsentationen vorgegeben sind. Zweitens gehe ich von domänenspezifischen Kategorisierungsprädispositionen aus, die es Kindern erlauben, die syntaktisch aktiven Merkmale der Zielsprache zu instantiieren und die entsprechenden Spezifikationen zu erwerben. Auf der Basis dieser Grundannahmen werde ich im folgenden darlegen, welche Annahmen zur Grammatikarchitektur, zu Metaprinzipien und zu Kategorisierungsprädispositionen meines Erachtens erforderlich sind, um merkmalsbasierte, minimalistische Lösungsansätze zum logischen Problem, zum Entwicklungsproblem, zum Ordnungsproblem und zum Bootstrappingproblem zu entwickeln. Darauf aufbauend lassen sich dann die Arbeitshypothesen entwickeln, die den Hintergrund meiner empirischen Untersuchungen zum Nominalphrasenerwerb bilden sollen. Die Architektur der Grammatik 1 122 Die Architektur der Grammatik In Kapitel I.7.1 habe ich gezeigt, daß man in aktuellen Grammatikmodellen dem Lexikon eine zentrale Rolle zuschreibt und nicht mehr verschiedene interne Ebenen der syntaktischen Repräsentation postuliert. Es besteht aber noch Uneinigkeit über die erforderlichen Ebenen der grammatischen Repräsentation sowie über das Format lexikalischer Repräsentationen. Daher möchte ich im folgenden meine Annahmen zu diesen Fragen erläutern und begründen. 1.1 Ebenen der grammatischen Repräsentation Wie ich in Kapitel I.7.1 dargelegt habe, wurde in minimalistischen Modellen die Unterscheidung zwischen D- und S-Struktur aufgegeben. In der GPSG, der LFG, der HPSG oder in funktionalistischen Grammatikmodellen wurde eine solche Unterscheidung gar nicht erst angenommen, und auch in Jackendoffs (1997) Modell gibt es nur eine Ebene der syntaktischen Repräsentation. Unabdingbar scheinen lediglich die folgenden Grammatikkomponenten zu sein: eine Lexikonkomponente, eine Komponente der syntaktischen Verarbeitung sowie eine Schnittstelle zum artikulatorisch-perzeptuellen System und eine Schnittstelle zum konzeptuellen System. Daß diese Komponenten ausreichen, um Lösungsansätze für zentrale Probleme der Spracherwerbsforschung zu entwickeln und den Nominalphrasenerwerb zu erklären, soll im folgenden gezeigt werden. Über den Charakter der Schnittstelle zum konzeptuellen System gehen die Meinungen innerhalb der theoretischen Linguistik auseinander: In Ein-Stufen-Modellen der semantischen Repräsentation wird keine Unterscheidung zwischen semantischen Repräsentationen und konzeptuellen Repräsentationen getroffen (Jackendoff 1983, 1990, Pinker 1984).1 In ZweiStufen-Modellen unterscheidet man hingegen zwischen einer konzeptuellen Repräsentationsebene, die der allgemeinen Kognition zuzuordnen ist, und einer sprachspezifischen, semantischen Repräsentation (Bierwisch 1983, 1988, 2001, Bierwisch/Lang 1987, Pinker 1989, Levinson 1997).2 Die Schnittstelle zum konzeptuellen System wird damit als eigenständige 1 2 Vgl. auch Langacker (1987, 1988), Dowty (1991), Levin/Rappaport Hovav (1994). Vgl. auch Barwise/Perry (1983), Sperber/Wilson (1986), Bierwisch/Schreuder (1991), Kaufmann (1995), Wunderlich (1997) sowie Stiebels (2002). Die Architektur der Grammatik 123 Repräsentationsebene angesehen. Diese Annahme ist parallel zur Postulierung einer eigenständigen sprachspezifischen phonologischen Repräsentationsebene, die eine Schnittstelle zum artikulatorisch-perzeptuellen System bildet und nicht mit der phonetischen Repräsentationsebene gleichzusetzen ist (vgl. u.a. Bierwisch/Lang 1987, Bierwisch/Schreuder 1991:30f.). Für die Notwendigkeit, semantische und konzeptuelle Repräsentationen zu unterscheiden, spricht die Beobachtung, daß stets nur bestimmte Aspekte unserer konzeptuellen Repräsentationen versprachlicht werden und die Auswahl dieser Aspekte von der jeweiligen Einzelsprache abhängig ist (vgl. u.a. Levinson 1997): Erstens sind Sprachen durch zufällige lexikalische Lücken und durch das systematische Fehlen von semantischen Feldern charakterisiert. So verfügt z.B. das Deutsche nur über das Wort "Onkel" und differenziert nicht zwischen Onkeln väterlicherseits und Onkeln mütterlicherseits etc.; und im Guugu Yimithirr fehlen bestimmte kausale und logische Konnektive wie "falls" (vgl. Levinson 1997). Zweitens zwingt die Verbalisierung von konzeptuellen Repräsentationen den Sprecher dazu, bestimmte grammatische und semantische Distinktionen zu kodieren, die in der betreffenden Sprache obligatorisch sind, in anderen Sprachen aber nicht ausgedrückt werden müssen. Z.B. muß man sich im Deutschen - anders als in vielen anderen Sprachen - bei der Anrede stets zwischen Du und Sie entscheiden. Drittens weisen Sprachen unterschiedliche Strategien für die Verbindung von konzeptuellen Elementen in Lexikoneinträgen auf. So wird beispielsweise bei englischen Bewegungsverben im allgemeinen auch die Art und Weise der Bewegung in die Bedeutung der Verben einbezogen (walk, run, swim); in romanischen Sprachen wird hingegen vor allem der Pfad der Bewegung berücksichtigt (vgl. z.B. die spanischen Verben subir 'aufsteigen' und bajar 'heruntersteigen'; Talmy 1985, 1992). Für sich genommen, rechtfertigen diese Beobachtungen allerdings noch nicht die Annahme einer eigenständigen Ebene der semantischen Repräsentation. Man könnte sie auch durch die Annahme erklären, daß bei der sprachlichen Realisierung von konzeptuellen Repräsentationen bestimmte Aspekte ausgewählt und miteinander kombiniert werden (vgl. u.a. Jackendoff 1983, 1990, 1997). Man könnte die in semantischen Repräsentationen kodierte Information somit als bloße Teilmenge der Information betrachten, die in konzeptuellen Repräsentationen enthalten ist. Dies würde voraussetzen, daß semantische und konzeptuelle Repräsentationen isomorph sind. Die Architektur der Grammatik 124 Die konzeptuelle Interpretation von Äußerungen ist aber durch ihre wörtliche Bedeutung unterdeterminiert. Dies zeigen Ausdrücke mit einer Kernbedeutung, die kontextabhängig interpretiert werden. Dazu zählen zum einen indexikalische Lexeme wie hier oder gestern, die je nach Äußerungsort bzw. -zeitpunkt zu unterschiedlichen Interpretationen führen (Levinson 1997), zum anderen mehrdeutige Lexeme mit gemeinsamem Bedeutungskern wie z.B. tief oder Schule (Bierwisch 1983, Bierwisch/Lang 1987);3 vgl.: (1) (a) (b) Die Grube ist 50cm tief [vertikale Ausdehnung]. Der Schrank ist 50cm tief [horizontale Ausdehnung]. (2) (a) (b) Die Schule [Bildungsinstitution] spendete einen größeren Beitrag. Die Schule [Gebäude] hat ein Flachdach. Will man berücksichtigen, daß indexikalische Elemente und mehrdeutige Lexeme mit gemeinsamem Bedeutungskern mehrere Interpretationsmöglichkeiten aufweisen, und dennoch für jedes dieser Elemente nur einen einzigen Lexikoneintrag annehmen, können in einen solchen Eintrag nur die invarianten Bedeutungskomponenten aufgenommen werden. Die konzeptuelle Interpretation muß man dann durch Rückgriff auf konzeptuelle Informationen und pragmatische Prinzipien erklären (Bierwisch 1983, Levinson 1997). Man muß somit unterscheiden zwischen den kontextabhängigen konzeptuellen Repräsentationen und den semantischen Repräsentationen, die nur die Informationen umfassen, die allen Verwendungen der betreffenden lexikalischen Elemente gemeinsam sind. Damit enthalten semantische Repräsentationen weniger spezifische Informationen als konzeptuelle Repräsentationen. In einer anderen Hinsicht sind sie aber spezifischer: Jeder sprachliche Ausdruck einer konzeptuellen Repräsentation involviert nämlich eine Perspektivierung, die in der konzeptuellen Repräsentation nicht erforderlich ist. Dies läßt sich anhand von Beschreibungen statischer räumlicher Beziehungen verdeutlichen. Man kann z.B. zwei Objekte A und B als benachbart wahrnehmen. Wenn man diese Wahrnehmung versprachlichen will, muß man sich entscheiden, aus welcher Perspektive man die Beziehung zwischen A und B darstellt: Man kann sie von A oder von B ausgehend verbalisieren (A liegt neben B, B liegt neben A), oder man kann A und B als Gruppe auffassen und zum Ausgangspunkt der Äußerung machen (A und B liegen 3 In diesem Fall liegt zwar eine Mehrdeutigkeit, aber keine Homonymie vor, da ein gemeinsamer Bedeutungskern feststellbar ist (vgl. Bierwisch 1983). Die Architektur der Grammatik 125 nebeneinander). Dadurch wird das beschriebene Ereignis als Eigenschaft eines Partizipanten (oder einer Partizipantengruppe) konstruiert. Zugleich entstehen notwendigerweise asymmetrische Beziehungen zwischen den Argumenten, die auf die Partizipanten(gruppen) referieren. So wird etwa mit einer Äußerung wie Das Ei liegt neben dem Huhn eine Prädikation über ein Ei gemacht, und dieses Ei wird in bezug auf das Huhn lokalisiert und nicht umgekehrt. Zusammengenommen sprechen die diskutierten Argumente demnach für die Annahme einer eigenständigen, von der konzeptuellen Repräsentationsebene unterschiedenen Ebene der semantischen Repräsentation. Zugleich ergeben sich aus ihnen drei Anforderungen an das Format von semantischen Repräsentationen: Zum einen dürfen semantische Repräsentationen nur invariante Bedeutungskomponenten involvieren; zum anderen müssen sie als Schnittstelle zwischen konzeptuellen Repräsentationen und morpho-syntaktischen Repräsentationen fungieren können. Außerdem müssen sie so organisiert sein, daß die Situation aus der Perspektive eines Partizipanten konstruiert wird. Angesichts dieser Anforderungen haben Bierwisch und Lang (1987) vorgeschlagen, semantische Informationen von Lexikoneinträgen durch Dekompositionsstrukturen wie (3) zu repräsentieren:4 (3) (a) (b) (c) geben essen trinken λz λy λx CAUSE ( x, BECOME ( POSS ( y, z ))) λy λx EAT ( x, y ) λy λx DRINK ( x, y ) In diesen Dekompositionsstrukturen werden diejenigen invarianten semantischen Eigenschaften des betreffenden Lexems notiert, die für sein syntaktisches Verhalten und die Realisierung seiner Argumente relevant sind. Dabei erfolgt nur eine minimale Dekomposition: Verben, die zwar gewisse Interpretationsunterschiede aufweisen, sich in ihrem syntaktischen Verhalten aber nicht unterscheiden (z.B. essen und trinken), erhalten strukturell identische semantische Repräsentationen und unterscheiden sich nur in atomaren Prädikaten (wie EAT bzw. DRINK). Diese Prädikate werden in der semantischen Repräsentation nicht weiter zerlegt, aber auf der Ebene der konzeptuellen Repräsentation weiter ausspezifiziert. Somit erfüllen 4 Auf die in vielen Zwei-Stufen-Modellen der semantischen Repräsentation übliche Angabe eines referentiellen Arguments (s) werde ich in der folgenden Darstellung verzichten, da sie zur Diskussion nichts beiträgt; zur Charakterisierung des referentiellen Arguments von Verben vgl. u.a. Kapitel II.3.4. Die Konjunktion wird in Dekompositionsstrukturen wie (3) asymmetrisch interpretiert. So ist z.B. das "GOAL" -Argument (y) in (3a) höherrangig als das "PATIENS"-Argument (x) (vgl. u.a. Hale/ Keyser 1992, Wunderlich 1997). Die Architektur der Grammatik 126 Dekompositionsstrukturen, die aus Elementen wie in (3) aufgebaut sind, die Anforderung, daß semantische Repräsentationen nur invariante Bedeutungskomponenten involvieren sollen. Das Format von Dekompositionsstrukturen wie (3) ist zugleich die Basis für ihre Schnittstellenfunktion, d.h. für die Erfüllung der zweiten Anforderung an semantische Repräsentationen. Dekompositionsstrukturen wie (3) sind binär organisiert und strikt rechtsverzweigend. Wie ich in Kapitel I.7.1 anhand von Phrasenstrukturrepräsentationen gezeigt habe, bestehen in binären rechtsverzweigenden Repräsentationen zwischen allen Argumenten eindeutige asymmetrische strukturelle Beziehungen. Solche Beziehungen spielen eine zentrale Rolle bei der Abbildung der komplexen Beziehungen, die zwischen Ereignispartizipanten bestehen, auf lineare Abfolgebeziehungen in phonologischen Repräsentationen. Wie Beziehungen zwischen Ereignispartizipanten konstruiert und auf Beziehungen zwischen Argumenten abgebildet werden, soll in Kapitel II.3.5 im Rahmen der Diskussion zum Kasuserwerb ausführlicher erläutert werden. Hier werde ich es nur kurz am Beispiel eines Besitztransferereignisses skizzieren: Bei einem solchen Ereignis führt ein Partizipant P1 (das "AGENS") eine Situation herbei, in der ein Partizipant P2 (das "GOAL") einen Partizipanten P3 (das "PATIENS") besitzt. Dabei wirkt P1 zugleich auf P2 und P3 ein. Bei der Versprachlichung dieser komplexen Situation wird erstens eine Auswahl aus den Partizipanten getroffen; vgl. z.B.: (4) (a) (b) (c) (d) P 1 und P2: P 1 und P3: P 2 und P3: P 1, P2, P3: Der Junge (P 1) füttert den Hahn (P 2). Der Junge (P 1) verteilt das Futter (P 3). Der Hahn (P 2) bekommt das Futter (P 3). Der Junge (P 1) gibt dem Hahn (P 2) das Futter (P 3). Zweitens müssen jeweils asymmetrische Abhängigkeitsbeziehungen zwischen den ausgewählten Partizipanten konstruiert werden. Diese müssen dann auf eine eindeutige asymmetrische Anordnung der entsprechenden Argumente in der semantischen Dekompositionsstruktur abgebildet werden. So werden z.B. P2 und P3 bei Äußerungen mit dem Verb geben (vgl. (4d)) als abhängig von P1 konstruiert, da P2 und P3 von P1 kausal affiziert werden. P1 wirkt nämlich auf P2 und P3 ein und führt die Situation herbei, in der P2 im Besitz von P3 ist. Zugleich wird P3 als Besitz - und damit als abhängig - von P2 betrachtet. Damit ergeben sich die folgenden Abhängigkeitsbeziehungen: Die Architektur der Grammatik (5) (a) (b) 127 P 2 und P3 sind abhängig von P1. P 3 ist abhängig von P2. Diese Beziehungen zwischen den Ereignispartizipanten P1 - P3 lassen sich auf hierarchische Beziehungen zwischen den korrespondierenden Argumenten A1 - A3 in semantischen Dekompositionsstrukturen abbilden. Dabei unterliegt diese Abbildung dem Relationserhaltungsprinzip (vgl. Kapitel II.2): Wenn ein Partizipant P2 als abhängig von einem Partizipanten P1 konstruiert wird, nimmt A2 auch eine niedrigere Position in der semantischen Repräsentation ein als A1. Daher ergibt sich aus (5a), daß A2 und A3 eine niedrigere Position einnehmen als A1. Außerdem muß A3 sich in einer niedrigeren Position befinden als A2. Zusammengenommen ergibt sich demnach die folgende Hierarchie: A3, d.h. das Argument, das sich auf den Partizipanten P3 bezieht, ist das niedrigste Argument, A2 das mittlere und A1 das höchste. Die semantische Dekompositionsstruktur ist zugleich isomorph mit einer strikt binär organisierten und rechtsverzweigenden syntaktischen Repräsentation für das Verb geben und seine Argumente und kann daher direkt auf diese abgebildet werden. Die syntaktischen Argumente werden dann so linearisiert, daß hierarchisch höhere Argumente in der Basiswortstellung hierarchisch niedrigeren Argumenten vorangehen. Dies bedeutet, daß die Basisabfolge von syntaktischen Argumenten aus der Hierarchie der Argumente in der semantischen Repräsentation abgeleitet wird. Somit erfüllen Dekompositionsstrukturen, die aus Elementen wie in (3) aufgebaut sind, die Anforderung, daß semantische Repräsentationen als Schnittstelle zwischen konzeptuellen Repräsentationen und morpho-syntaktischen Repräsentationen fungieren können. Die Situationsperspektivierung, die mit der Abbildung konzeptueller Repräsentationen auf semantische Repräsentationen verbunden ist, ergibt sich ebenfalls aus der strikt binären und rechtsverzweigenden Struktur semantischer Repräsentationen und der daraus resultierenden eindeutigen Argumenthierarchie (vgl. Kaufmann 1995). In einer solchen Struktur werden Ereignisse nämlich nicht durch eine Liste von gleichberechtigten Fakten erfaßt. Vielmehr stehen alle Prädikate und ihre Argumente in einer Spezifikationsbeziehung: Hierarchisch niedrigere Prädikate spezifizieren die von hierarchisch höheren Prädikaten eingeführten Informationen weiter. Dadurch werden Ereignisse stets als Eigenschaften desjenigen Partizipanten konstruiert, auf den das höchste Argument referiert. Die Architektur der Grammatik 128 Insgesamt betrachtet erfüllen binäre rechtsverzweigende Dekompositionsstrukturen somit die Forderungen, die an eine Schnittstelle zwischen konzeptuellen und morpho-syntaktischen Repräsentationen zu stellen sind: Auf der einen Seite enthalten sie nur eine kleine Menge invarianter Informationen und erfassen so die Unterdeterminiertheit von konzeptuellen Interpretationen durch die lexikalische Bedeutung. Auf der anderen Seite reduzieren Dekompositionsstrukturen durch ihre spezifische Struktur die komplexen Relationsgefüge in konzeptuellen Repräsentationen auf morpho-syntaktisch markierbare asymmetrische Relationen zwischen Argumenten. Dabei erzwingen sie durch die strikte Hierarchisierung der Argumente eine Perspektivierung der beschriebenen Situationen. 1.2 Lexikalische Repräsentationen Lexikalische Repräsentationen enthalten neben phonologischen und semantischen Informationen auch morpho-syntaktische Informationen (vgl. u.a. Bierwisch 1983, 2001, Levelt 1989). Für diese morpho-syntaktischen Informationen nehme ich merkmalsbasierte Repräsentationen an. Merkmalsbasierte Repräsentationen spielen seit dem Strukturalismus in sehr vielen Grammatikmodellen eine zentrale Rolle, insbesondere in der LFG, in der HPSG und in minimalistischen Weiterentwicklungen der PPT (vgl. u.a. Bresnan 1982, Pollard/Sag 1987, 1994, Chomsky 1995, 1998, 1999, 2001). Bislang ist aber noch offen, welche Typen von Merkmalsspezifikationen in Lexikoneinträge aufgenommen werden und in welchem Format sie gespeichert sind. Im folgenden möchte ich daher meine Annahmen (i) zu positiven und negativen Spezifikationen, (ii) zu Inputspezifikationen, Outputspezifikationen und phonologischen Repräsentationen sowie (iii) zu Vollformrepräsentationen und separaten Repräsentationen für Stämme und Affixe erläutern. ad (i) Positive und negative Merkmalsspezifikationen In der folgenden Diskussion werde ich für die Annahme argumentieren, daß alle Lexikoneinträge radikal unterspezifiziert sind, d.h. nur diejenigen positiven Merkmalsspezifikationen enthalten, die erforderlich sind, um das betreffende Element von anderen abzugrenzen und seine Die Architektur der Grammatik 129 Distribution zu erfassen (vgl. u.a. Wunderlich/Fabri 1995, Blevins 2000). Negative Merkmalswerte sind demzufolge nicht in Lexikoneinträgen gespeichert. Wenn diese Annahme zutrifft, existieren nur Einträge mit positiven Spezifikationen und Einträge, die unterspezifiziert sind, d.h. keinerlei Merkmalsspezifikationen enthalten ( [ _ ] ). Einträge, die für ein Merkmal [±M] nicht spezifiziert sind, können prinzipiell sowohl in einem [+M]-Kontext als auch in einem [-M]-Kontext eingesetzt werden. Dadurch kann es zu einem Konflikt zwischen einem Lexikoneintrag mit der Spezifikation [+M] und einem unterspezifizierten Lexikoneintrag kommen. Die Distribution von unterspezifizierten und positiv spezifizierten Einträgen muß demnach durch ein Prinzip geregelt sein. Im folgenden lege ich daher das sog. Spezifizitätsprinzip zugrunde, das in Kapitel I.7.1 aus dem Elsewhere-Prinzip von Kiparsky (1982) abgeleitet wurde und in Kapitel II.2 ausführlicher diskutiert werden soll. Dieses Prinzip gewährleistet, daß positiv spezifizierte Einträge in den entsprechenden Kontexten Vorrang vor unterspezifizierten Einträgen haben. Das Unterspezifikationskonzept bietet eine gute Basis für die folgenden Überlegungen: Zum einen ermöglicht dieses Konzept Generalisierungen über die Distribution homonymer Formen. So läßt sich beispielsweise die Beobachtung, daß Pluralformen wie Land-WGs in allen Kasuskontexten auftreten können, dadurch erfassen, daß man in den Lexikoneintrag des nominalen Pluralaffixes -s keine Kasusspezifikationen aufnimmt, sondern nur die Spezifikation [+PL(ural)]. Wie in Kapitel I.7.1 erläutert, ist eine solche Analyse nicht nur ökonomisch; sie erklärt auch, warum Pluralformen wie Land-WGs ohne Merkmalskonflikt mit Elementen kombiniert werden können, die unterschiedliche Kasus zuweisen; vgl.: (6) Der Verein für ökologischen Landbau hilft(Dativ) und fördert(Akkusativ) zur Zeit drei LandWGs bei der Zucht neuer Hühnerrassen. Zugleich erlaubt es das Konzept der Unterspezifikation, den Anforderungen der Lernbarkeitstheorie gerecht zu werden: Wie ich in Kapitel I.4.4 dargelegt habe, müssen Kinder lernbarkeitstheoretischen Überlegungen zufolge stets zunächst die restriktivste mit den Daten kompatible Hypothese wählen. Sonst müßten sie nämlich ihre zu generellen Hypothesen auf der Basis von negativer Evidenz revidieren. Daher hat man in der PPT zahlreiche domänenspezifische Prinzipien und Parameter angenommen, die den Hypothesenraum strukturieren. Außerdem hat man diskutiert, ob für jeden Parameter ein unmarkierter Wert existiert oder ob Kinder dem Die Architektur der Grammatik 130 sog. Teilmengenprinzip gemäß stets denjenigen Parameterwert als Ausgangswert wählen, der die wenigsten grammatischen Strukturoptionen erlaubt. Beide Annahmen sind jedoch problematisch, da bei den meistdiskutierten Parametern überhaupt keine echte Teilmengenrelationen vorliegt (vgl. Kapitel I.5.2 sowie MacLaughlin 1995). Durch die Annahme radikal unterspezifizierter Repräsentationen kann man erklären, warum im Erwerb keine Teilmengenprobleme entstehen, die nur durch negative Evidenz oder die Annahme des umstrittenen Teilmengenprinzips zu überwinden wären. Wenn man von solchen Repräsentationen ausgeht, ist die Nullhypothese für jedes in Frage kommende Merkmal nämlich stets, daß überhaupt keine Spezifikation vorliegt. Dann weist die betreffende Sprache keine entsprechenden Distinktionen auf. Die Zurückweisung der Nullhypothese, d.h. die Instantiierung positiver Merkmalsspezifikationen, erfolgt ausschließlich auf der Basis eindeutiger positiver Evidenz: Wie ich in Kapitel II.3 erläutern werde, instantiieren Kinder positive Merkmalsspezifikationen meiner Auffassung nach nur dann, wenn sie in ihrem Input auf minimale Formunterschiede stoßen und diese Formunterschiede auf Unterschiede in der Funktion oder im Anwendungsbereich der betreffenden Formen zurückführen können. Demzufolge sollten Kinder zu keinem Zeitpunkt nicht-zielsprachliche Spezifikationen vornehmen, die sie dann revidieren müßten. Vielmehr sollten sich alle beobachtbaren Abweichungen von der Zielsprache aus der Unterspezifikation von Repräsentationen ableiten lassen. Die in Kapitel I bereits diskutierten empirischen Befunde bestätigen diese Annahme: Erstens gibt es bislang keine überzeugende Evidenz für nicht-zielsprachliche Spezifikationen in frühen Erwerbsphasen (vgl. die Diskussion in Kapitel I.6.4). So ließ sich beispielsweise die These von Hyams (1986), daß der pro-drop-Parameter anfänglich auf den Wert [+pro-drop] festgelegt ist, nicht bestätigen. Vielmehr scheint die Distribution leerer Argumente bereits sehr früh durch die jeweilige Zielsprache beeinflußt zu sein (vgl. u.a. Valian 1991, Rizzi 1992, Clahsen/Kursawe/Penke 1996, Austin et al. 1997). Zweitens ermöglicht es das Unterspezifikationskonzept zu erklären, warum manche Prozesse, die in der Zielsprache obligatorisch sind, in frühen Erwerbsphasen entweder überhaupt noch nicht zu beobachten oder optional sind. So läßt sich das in Kapitel I diskutierte Auftreten von nicht-finiten satzfinalen Formen in der frühen deutschen Kindersprache (z.B. mone auch lump ausziehen; vgl. u.a. Clahsen 1988) durch die Annahme erfassen, daß die betreffenden Verbformen nicht positiv für Finitheitsmerkmale markiert sind (vgl. Clahsen/Eisenbeiß/Penke Die Architektur der Grammatik 131 1996). Dementsprechend können sie auch keine Position für finite Verben einnehmen, sondern verbleiben in der satzfinalen Verbposition. Im folgenden gehe ich nicht nur von der radikalen Unterspezifikation von lexikalischen Repräsentationen aus; ich verwende auch stets nur die minimale Anzahl von Merkmalen, die zur Erfassung der entsprechenden Distinktionen erforderlich ist. Dabei ist die Anzahl der verwendeten Merkmale immer geringer als die Anzahl der durch sie unterscheidbaren Klassen von Elementen: Bei binären Merkmalen genügt ein Merkmal zur Unterscheidung zwischen zwei Klassen von Elementen, und mit drei Merkmalen kann man zwischen bis zu neun Klassen von Elementen unterscheiden. So benutze ich im folgenden nur ein Numerusmerkmal, zwei Genusmerkmale und zwei Merkmale für Kasusdistinktionen, um die zwei Numeri (Singular, Plural), drei Genera (Maskulin, Feminin, Neutrum) und vier Kasus des Deutschen (Nominativ, Akkusativ, Dativ, Genitiv) zu erfassen (vgl. Kapitel II.3). ad (ii) Inputspezifikationen, Outputspezifikationen und phonologische Repräsentationen Bei der Repräsentation morpho-syntaktischer Merkmale unterscheide ich zwischen zwei Typen von Spezifikationen: Outputspezifikationen und Inputspezifikationen. Outputspezifikationen charakterisieren die morpho-syntaktische Funktion des betreffenden Elements. Inputspezifikationen geben hingegen an, welchen Anwendungsbereich die betreffende Form hat. Dies läßt sich am Beispiel von französischen Pluralmarkierungen erläutern: Sowohl die Verbendung -ent als auch die nominale Endung -s markieren die betreffenden Formen als Pluralformen. Daher nehme ich für diese Formen die Outputspezifikation [+PL] an. Beide Endungen haben in radikal unterspezifizierten Lexikoneinträgen keine zusätzlichen Merkmale: Das nominale Affix ist nicht auf bestimmte Kasuskontexte beschränkt, und das Verbaffix ist weder für Präsens noch für die 3.Ps. spezifiziert. Es kommt auch in anderen Tempuskontexten vor, und daß es nur in der 3.Ps. auftritt, ergibt sich aus dem Kontrast mit den positiv spezifizierten Formen der 1.Ps. und 2.Ps. (vgl. Kapitel II.2). Die beiden Affixe unterscheiden sich aber in ihrem Anwendungsbereich: -ent kann nur mit Verben kombiniert werden, und -s nur mit Nomina. Dies läßt sich durch eine Inputspezifikation im Eintrag für das Verbaffix -ent erfassen. Damit ergeben sich die folgenden Spezifikationen für die Einträge von -s und -ent: Die Architektur der Grammatik (7) (a) (b) 132 -s [+PL] -ent [+PL] / [+V]5 Als Inputbedingungen kommen meiner Auffassung nach nicht nur Eigenschaften des Stamms in Frage, mit denen das betreffende Element kombiniert wird. Wenn man annimmt, daß sich Inputspezifikationen auch auf Eigenschaften von anderen Wörtern beziehen können, die mit dem betreffenden Element interagieren, kann man Inputspezifikationen auch zur Erfassung von Kookkurrenzrestriktionen verwenden. 6 Dementsprechend werde ich im folgenden die Genusmerkmale von Nomina als Inputbedingungen für Artikelformen analysieren (vgl. auch Kapitel II.3.6). Dabei nehme ich für die drei deutschen Artikelformen der (Nom.Mask.Sg.), die (Nom./Akk.Fem.Sg.) und das (Nom./Akk.Neut.Sg.) die folgenden Spezifikationen an:7 (8) (a) (b) (c) die der das [+DEF] / [+FEM] [+DEF] / [+MASK] [+DEF] / [ _ ] Alle drei Formen in (8) sind für das Merkmal [±DEF(initheit)] positiv spezifiziert, aber für Kasus und Numerus unterspezifiziert. Daß sie nur in bestimmten Numerus- und Kasuskontexten auftreten, läßt sich auf die Konkurrenz mit anderen Formen zurückführen, die positive Plural-, Akkusativ- oder Dativspezifikationen in ihrem Output aufweisen. So erklärt z.B. die Verfügbarkeit der Form den mit einer positiven Akkusativspezifikation, warum die Nom.Mask.Sg.-Form der nicht in Akk.Mask.Sg.-Kontexten einsetzbar ist. Die Distribution der drei Artikelformen in Nom.Sg.-Kontexten läßt sich durch die Outputspezifikationen in (8) allein nicht beschreiben. Man kann sie aber erfassen, wenn man der Nom./Akk.Fem.Sg.-Form die und der Nom.Mask.Sg.-Form der die Inputspezifikationen 5 6 7 In Kapitel II.3.3 werde ich dafür argumentieren, statt des Merkmals [+V] das Merkmal [+ART] zu verwenden. Dies hat jedoch keine Auswirkungen auf die Diskussion um die Inputbedingungen für die Pluralformen in (7). Daher werde ich hier das gebräuchlichere Merkmal [+V] verwenden. Die Unterscheidung zwischen Anforderungen eines Affixes an einen Stamm und Kookkurrenzrestriktionen mag für grammatiktheoretische Überlegungen oder linguistische Analysen der Erwachsenensprache wichtig sein. Für die folgenden Überlegungen zur Rolle von Inputspezifikationen ist sie nicht entscheidend. Wichtig ist nur die Abgrenzung solcher Spezifikationen von Outputspezifikationen sowie die Annahme, daß Kinder solche Informationen im Erwerb in Lexikoneinträge integrieren. Die Formen der und die treten auch an anderen Stellen im Artikelparadigma auf (der z.B. in Dat.Fem.Sg.-Kontexten). Für die Formen in diesen Kontexten werde ich separate Repräsentationen mit anderen Spezifikationen annehmen, da sich z.B. der Synkretismus zwischen der Dat.Fem.Sg.Form der und der Nom.Mask.Sg.-Form der meiner Ansicht nach nicht durch Unterspezifikation erfassen läßt (vgl. auch Bierwisch 1967, Blevins 2000). Die Architektur der Grammatik 133 [+FEM] bzw. [+MASK] zuschreibt. Diese Spezifikationen beschränken den Anwendungsbereich der Nom./Akk.Fem.Sg.-Form die und der Nom.Mask.Sg.-Form der auf die Kombination mit Nomina des betreffenden Genus. In diesem Kontext haben sie dann dem Spezifizitätsprinzip zufolge Vorrang vor der Nom./Akk.Neut.Sg.-Form das, die keine Inputbeschränkung aufweist (s.u. Kapitel II.3.6). In der bisherigen Diskussion habe ich sowohl Lexikoneinträge mit unterspezifizierten Outputs als auch Einträge ohne Inputbedingungen verwendet. Beispielsweise habe ich für den Output der Nom.Mask.Sg.-Form der keine Kasusspezifikation angenommen; und ich habe für die Nom./Akk.Neut.Sg.-Form das kein Genusmerkmal als Inputbedingung postuliert. Ich gehe aber davon aus, daß ein Lexikoneintrag stets eine phonologische Repräsentation aufweisen muß. Nullaffixe gebrauche ich daher nicht. Diese Annahme wird sich insbesondere bei der Diskussion um den Erwerb von Genusmerkmalen in Kapitel II.3.6 als wichtig erweisen. ad (iii) Vollformrepräsentationen und separate Repräsentationen für Stämme und Affixe In bezug auf das Format lexikalischer Einträge und ihren Erwerb gehe ich in der folgenden Diskussion von einem sog. dualen Modell der Flexion aus, dem zufolge das mentale Lexikon sowohl Vollformeinträge (z.B. für bist) als auch separate Einträge für Stämme und Affixe (z.B. sag- und -t) beinhaltet (vgl. u.a. Laudanna/Burani 1985, 1995, Pinker/Prince 1988, 1994, Frauenfelder/Schreuder 1992, Schreuder/Baayen 1995, Clahsen 1999, Pinker 1999, Sonnenstuhl 2001, Penke 2002). Die einzelnen Varianten von dualen Modellen unterscheiden sich zum einen darin, welche Rolle Vollformeinträge und dekomponierte Einträge bei der Verarbeitung spielen; zum anderen werden unterschiedliche Faktoren dafür verantwortlich gemacht, ob für eine Flexionsform dekomponierte Stamm- und Affixeinträge vorliegen - u.a. die Frequenz der Flexionsform, die Produktivität des involvierten Affixes oder das Vorliegen von Beschränkungen dieses Affixes auf bestimmte Flexionsklassen (für einen Überblick vgl. Sonnenstuhl 2001). So wird etwa debattiert, ob man für irreguläre Formen mit abtrennbaren Affixen (z.B. gegang-en) oder für Formen mit flexionsklassenspezifischen Affixen (z.B. Verbformen im Italienischen) neben Vollformeinträgen auch dekomponierte Repräsentationen annehmen sollte. Ebenso wird diskutiert, ob man für Flexionsformen mit uneingeschränkt produktiven Affixen Die Architektur der Grammatik 134 neben dekomponierten Repräsentationen auch Vollformeinträge benötigt. Darüber hinaus besteht Uneinigkeit darüber, welche Rolle Vollformeinträge und dekomponierte Repräsentationen bei den einzelnen Schritten des Verarbeitungsprozesses spielen. Diese Diskussionen sind für die folgenden Erwerbsüberlegungen nicht entscheidend. Wichtig ist lediglich die Annahme, daß man zumindest für solche Flexionsformen dekomponierte Repräsentationen benötigt, die ein sog. Defaultaffix enthalten - d.h. ein produktives, voll prädiktables Affix, das nicht auf eine bestimmte Flexionsklasse beschränkt ist (z.B. sag-t). Diese Annahme spielt nämlich eine zentrale Rolle in der Diskussion zum Entwicklungsproblem (vgl. Kapitel II.4 sowie Kapitel III und Kapitel IV.2). In dieser Diskussion werde ich im Anschluß an Pinker (1984, 1999) argumentieren, daß Kinder Flexionsformen zunächst als intern nicht analysierte Vollformen speichern, dann aber zumindest für Formen mit Defaultaffixen dekomponierte Repräsentationen aufbauen müssen. Wenn diese Annahme zutrifft, erklärt sie nämlich zumindest zum Teil, warum der Erwerb zielsprachlicher Repräsentationen ein ausgedehnter Prozeß ist (vgl. Kapitel IV.2). Die Annahme, daß für Formen wie sag-t dekomponierte Repräsentationen vorliegen, wird in allen angesprochenen Varianten von dualen Modellen gemacht.8 Sie steht zwar im Gegensatz zu der Annahme von Manelis und Tharp (1977), Butterworth (1983), Rumelhart und McClelland (1986) und anderen, daß sämtliche flektierten Formen als Vollformen gespeichert sind und zu keinem Zeitpunkt im Erwerbsverlauf oder Verarbeitungsprozeß dekomponiert werden; mittlerweile liegt aber meines Erachtens ausreichende Evidenz für diese Annahme vor (vgl. u.a. Clahsen 1999, Pinker 1999 für einen Überblick): Insbesondere wird die Annahme von dekomponierten Repräsentationen für Formen mit Defaultaffixen durch empirische Befunde aus sog. Primingexperimenten zur englischen und deutschen Flexion unterstützt (vgl. z.B. Marslen-Wilson/Hare/Older 1993, Sonnenstuhl/Eisenbeiß/Clahsen 1999, Sonnenstuhl 2001). In diesen Experimenten mußten Versuchspersonen entscheiden, ob das zweite Wort eines Wortpaares ein Wort(stamm) (z.B. agree) oder ein Nicht-Wort (z.B. plarpf) war. Wenn die beiden Wörter identisch waren (z.B. agree-agree) oder das erste Wort sich vom zweiten nur durch die Hinzufügung eines Defaultaffixes (z.B. agreed-agree) unterschied, 8 Die Modelle unterscheiden sich lediglich in ihren Annahmen dazu, ob man für solche Formen auch Vollformrepräsentationen benötigt und welche Rolle diese Repräsentationen bei der Verarbeitung spielen (für einen Überblick vgl. u.a. Sonnenstuhl 2001). Die Architektur der Grammatik 135 gelang dies schneller als bei nicht-verwandten Wörtern (z.B. occur-agree). Dabei beschleunigte eine vorgegebene Flexionsform mit Defaultaffix den Zugriff auf einen Wortstamm genauso stark wie die vorhergehende Präsentation dieses Wortstamms selbst. Dies spricht für die Annahme, daß Flexionsformen mit Defaultaffix in einen Stamm und ein Affix zerlegt werden; denn dann sollte ein Wortstamm durch die Präsentation der regulären Flexionsform ebenso stark voraktiviert werden können wie durch die Präsentation dieses Stamms selbst. Metaprinzipien 2 136 Metaprinzipien Die lexikalischen Repräsentationen bilden die Basis für phonologische, semantische und syntaktische Repräsentationen. Für den Aufbau dieser Repräsentationen postuliere ich im Anschluß an Chomsky (1995, 1998, 1999, 2001) weder Phrasenstrukturschablonen noch Prinzipien, die vollständige CP/IP- und DP-Strukturen fordern. Außerdem nehme ich kein genetisch determiniertes Inventar von Merkmalen an, das in allen natürlichen Sprachen syntaktisch aktiv ist und gewährleistet, daß alle Sätze natürlicher Sprachen dasselbe Inventar syntaktisch aktiver Merkmale und dieselbe Struktur aufweisen. Ich vertrete somit keine strikte Universalitätshypothese (vgl. die Diskussion in Kapitel I.6). Vielmehr werde ich für die Annahme argumentieren, daß komplexe Repräsentationen durch eine einfache Operation aufgebaut werden, die in Lexikoneinträgen gespeicherte grammatische Merkmale paarweise zu größeren Einheiten zusammenfaßt und auf ihrem eigenen Output operieren kann, d.h. rekursiv ist. Eine solche rekursive Operation, die binär verzweigende Strukturen aufbaut, liegt allen mir bekannten minimalistischen Ansätzen zugrunde. So nimmt z.B. Chomsky (1995:243ff.) in seinem Minimalistischen Programm die Operation merge an. Merge bildet aus zwei syntaktischen Objekten α und β ein neues syntaktisches Objekt K mit den beiden Konstituenten α und β, von denen nur eine projiziert. Diese Konstituente fungiert als Kopf und bestimmt jeweils, um welchen Typ von Phrase es sich bei K handelt: Wenn α projiziert, wird K als eine Phrase des Typs α interpretiert (vgl. (9a)). Projiziert hingegen β, ist K eine Phrase des Typs β (vgl. (9b)): (9) (a) (b) α α β β α β Bierwisch (1999:6) entwickelt Chomskys Annahmen über die Operation merge weiter. Ebenso wie merge baut die von Bierwisch vorgeschlagene rekursive Operation combine syntaktische Repräsentationen auf, indem sie zwei lexikalische Elemente E1 und E2 mit den syntaktischen Informationen ϕ1 und ϕ2 zu einem neuen Element E' zusammenfügt, das als eine Projektion von ϕ1 oder ϕ2 betrachtet wird. Zugleich verkettet combine aber auch die phonologischen Repräsentationen der beiden lexikalischen Elemente E1 und E2. Außerdem erzeugt die Operation combine binär verzweigende Dekompositionsstrukturen, indem sie die Metaprinzipien 137 semantische Repräsentation von E1 mit der semantischen Repräsentation von E2 zu einer Operator-Operand-Struktur verbindet. Für die weitere Diskussion sind die einzelnen Details der Formulierung von merge oder combine nicht relevant. Entscheidend ist nur, daß die angenommene Operation rekursiv ist und lexikalische Elemente paarweise zu binär organisierten Strukturen zusammenfaßt.9 Darüber hinaus muß sie durch formale Metaprinzipien beschränkt sein. Diese betreffen meiner Auffassung nach (i) die Auswahl lexikalischer Elemente für den Strukturaufbau, (ii) den Aufbau grammatischer Repräsentationen sowie (iii) die Beziehungen zwischen den angenommenen Repräsentationsebenen. ad (i) Die Auswahl lexikalischer Elemente für den Strukturaufbau Um mit Hilfe von merge oder combine Repräsentationen aufbauen zu können, muß man Elemente aus dem Lexikon entnehmen, die man miteinander verbinden kann. Dabei müssen zum einen Elemente mit den gewünschten Outputspezifikationen ausgewählt werden; zum anderen müssen die jeweiligen Inputbedingungen der ausgewählten Elemente erfüllt sein, so daß sie im betreffenden Kontext einsetzbar sind. Dies allein genügt aber manchmal nicht, um lexikalische Elemente auswählen zu können. Will man z.B. im Deutschen eine Verbform der 2.Ps.Pl. bilden, so könnte man das Affix -t mit der Spezifikation [+2.PS,+PL] wählen. Dies würde zu zielsprachlichen Formen wie (ihr) sag-t führen. Ohne weitere Beschränkungen für die Auswahl lexikalischer Elemente könnte man den Verbstamm aber auch mit den beiden Affixen -n und -st verbinden, für die es Lexikoneinträge gibt, die jeweils nur für [+PL] bzw. nur für [+2.PS] spezifiziert sind. Dies würde ungrammatische Formen wie sag-st-en oder sag-en-st ergeben. Außerdem muß man erklären, wie man zwischen zwei Formen entscheidet, die dieselbe Outputspezifikation aufweisen. Dies ist z.B. für die Formen in (10) der Fall, die alle die Outputspezifikation [+DEF] haben (vgl. Kapitel II.1.2). 9 Zur Rolle von merge im Spracherwerb vgl. u.a. Roeper (1996). Metaprinzipien (10) (a) (b) (c) die der das 138 [+DEF] / [+FEM] [+DEF] / [+MASK] [+DEF] / [ _ ] Die Verwendung von Formen mit positiven Inputspezifikationen ist unproblematisch. So sorgt z.B. die [+FEM]-Inputspezifikation der Nom./Akk.Fem.Sg.-Form die dafür, daß die auf [+FEM]-Kontexte beschränkt ist und nicht in Maskulin- oder in Neutrumkontexten auftreten kann. Zugleich garantiert die [+MASK]-Inputspezifikation von der, daß der nur in [+MASK]-Kontexten eingesetzt werden kann - und nicht in Feminin- oder in Neutrumkontexten. Die Nom./Akk.Neut.Sg.-Form das hat aber keine Inputspezifikation. Daher könnte sie prinzipiell nicht nur in Neutrumkontexten, sondern auch in einem [+FEM]-Kontext oder in einem [+MASK]-Kontext gebraucht werden. Somit ist ohne weitere Beschränkungen unklar, wie verhindert wird, daß die Nom./Akk.Neut.Sg.-Form das auch in diesen Kontexten vorkommt. Ein ähnliches Problem stellt sich, wenn man für französische Pluralendungen von Spezifikationen wie in (11) ausgeht (vgl. die Diskussion in Kapitel II.1.2). Ohne die Annahme von Beschränkungen für die Auswahl lexikalischer Elemente ist nämlich unklar, warum Verben in Pluralkontexten nicht das nominale Pluralaffix -s tragen. Dieses Affix hat schließlich keine Inputbedingung, die seine Anwendung auf Verben verhindern würde. (11) (a) (b) -s [+PL] -ent [+PL] / [+V] Zur Erfassung der geschilderten Problemfälle mache ich von dem in Kapitel I.7.1 diskutierten Spezifizitätsprinzip Gebrauch, das eine Weiterentwicklung des Elsewhere-Prinzips von Kiparsky (1982) ist. (12) Spezifizitätsprinzip (vorläufige Version) Wenn der Anwendungsbereich einer Operation O1 eine Obermenge des Anwendungsbereichs der Operation O2 ist, darf O1 nicht in der Domäne von O2 angewendet werden. Das Spezifizitätsprinzip gewährleistet, daß Lexikoneinträge mit spezifischeren Spezifikationen bei Auswahl von lexikalischem Material Vorrang vor entsprechenden Elementen mit weniger spezifischen Spezifikationen haben. Dadurch wird Formen mit positiven Spezifikationen Vorrang vor unterspezifizierten Formen gegeben. Wendet man dieses Prinzip auf Lexikoneinträge Metaprinzipien 139 an, die ja sowohl Outputspezifikationen als auch Inputbedingungen haben, kann man zwischen Output- und Inputspezifizität unterscheiden.10 Dies leistet die folgende Formulierung: (13) Das Spezifizitätsprinzip (a) Inputspezifizität Wenn der Anwendungsbereich einer Operation O1 eine Obermenge des Anwendungsbereichs der Operation O2 ist, darf O1 nicht in der Domäne von O2 angewendet werden. (b) Outputspezifizität Wenn der Funktionsbereich einer Operation O1 eine Obermenge des Funktionsbereichs der Operation O2 ist, darf O1 nicht in der Domäne von O2 angewendet werden. (13a) gewährt Formen mit Inputbedingungen den Vorrang vor Formen ohne Inputspezifikationen. So garantiert sie der Nom./Akk.Fem.Sg.-Form die mit ihrer [+FEM]-Inputspezifikation in [+FEM]-Kontexten den Vorrang vor der unterspezifizierten Nom./Akk. Neut. Sg.-Form das (vgl. (10)). Ebenso gewährleistet (13a), daß Verben die verbale Pluralendung -ent mit der [+V]-Inputspezifikation tragen - und nicht die Pluralendung -s, die keine Inputbedingung aufweist (vgl. (11)). (13b) sorgt hingegen dafür, daß Elemente mit komplexen Outputspezifikationen Vorrang vor Formen haben, die nur einen Teil dieser Spezifikationen aufweisen. Dadurch erhält z.B. das Affix -t mit seiner [+2.PS,+PL]-Spezifikation Vorrang vor den beiden Affixen -en und -st, die nur eine einfache [+PL]- bzw. [+2.PS]-Spezifikation haben. Dies verhindert ungrammatische Formen wie sag-st-en oder sag-en-st. 10 Eine Unterscheidung zwischen Input- und Outputspezifizität nehmen auch Wunderlich und Fabri (1995) vor. Ihre Input- und Outputspezifizitätsprinzipien unterscheiden sich allerdings in einigen Punkten von den hier vorgeschlagenen Prinzipien: Erstens werden die Prinzipien domänenspezifisch formuliert. Zweitens besagt das Inputspezifizitätsprinzip von Wunderlich und Fabri (1995), daß ein Affix stets mit der spezifischsten Form kombiniert wird. Aus dem Inputspezifizitätsprinzip in (13a) ergibt sich hingegen, daß ein Affix mit spezifischeren Inputbedingungen Vorrang vor einem Affix mit einer weniger spezifischen Inputbedingung hat. Drittens nehmen Wunderlich und Fabri (1995) noch weitere Prinzipien an, insbesondere das Simplizitätsprinzip, das einfacheren Formen wie sagt (2.Ps.Pl.) Vorrang vor komplexeren Formen wie sag-st-en gibt. Ich leite diesen Effekt aus dem Outputspezifizitätsprinzip ab (vgl. (13b)). Insofern ist die vorgeschlagene Analyse ökonomischer und entspricht eher dem hier verfolgten Ziel, Generalisierungen über sprachliche Phänomene aus möglichst wenigen, möglichst generellen Prinzipien abzuleiten. Welche Konsequenzen die Unterschiede zwischen dem Prinzip in (13) und den Prinzipien von Wunderlich und Fabri (1995) für die Erklärung morphologischer Phänomene haben, bleibt allerdings eine empirische Frage, deren Untersuchung den Rahmen dieser Arbeit sprengen würde. Für die folgende Diskussion über die Rolle des Spezifizitätsprinzips im Erwerbsprozeß spielen diese Unterschiede aber meiner Auffassung nach keine Rolle. Metaprinzipien 140 Wie ich in Kapitel I.7.1 bereits erläutert habe, lassen sich durch das Spezifizitätsprinzip nicht nur sprachliche, sondern auch außersprachliche Gesetzmäßigkeiten erfassen, z.B., daß Ausnahmeregelungen für den Fahrplan an bestimmten (Feier-)Tagen an diesen Tagen Vorrang vor den generellen Fahrplanregelungen haben. Dementsprechend ist auch das Spezifizitätsprinzip nicht domänenspezifisch. Zugleich konnte mit Hilfe von Computersimulationen nachgewiesen werden, daß das Elsewhere-Prinzip - und damit das Spezifizitätsprinzip - nicht stipuliert werden muß. Vielmehr kann es aus der Funktionsweise neuronaler Netzwerke abgeleitet werden, wie z.B. Corina (1994: 139) sowie Daugherty und Seidenberg (1994:384ff.) gezeigt haben: Wenn man ein Netz mit einer einzelnen Form F sowie mit einer Reihe von anderen Formen trainiert hat, hat das Training mit der Form F nämlich stärkere Auswirkungen auf die spätere Verarbeitung von F als die Gesamtheit der übrigen Formen aus der Trainingsphase und ihre Beziehungen zueinander. Solche Simulationsbefunde machen das Spezifizitätsprinzip zu einem guten Kandidaten für ein generelles formales Metaprinzip, das zwar für sprachliche Strukturen gilt, aber nicht domänenspezifisch ist, sondern sich aus der Struktur des menschlichen Informationsverarbeitungsmechanismus ergibt. Außerdem werde ich in Kapitel II.3.1 zeigen, daß dieses Prinzip die Basis für den Erwerbsmechanismus für morpho-syntaktische Merkmale bilden kann. ad (ii) Der Aufbau von Repräsentationen Das zentrale Prinzip für den Aufbau und die Veränderung von Repräsentationen ist das Strukturabhängigkeitsprinzip (Chomsky 1971; vgl. (14)). Dieses Prinzip liegt allen im folgenden vorgeschlagenen Erwerbsmechanismen zugrunde. Es gewährleistet, daß grammatische Prozesse sich stets auf strukturelle Einheiten wie "Kopf" oder "Phrase" beziehen - und nicht auf semantische Einheiten oder lineare Positionen in Ketten von Wörtern. Das Strukturabhängigkeitsprinzip, das bereits in frühen Erwerbsphasen beachtet wird (vgl. Crain/Nakayama 1987 sowie die Diskussion in Kapitel I.5.2), wurde bislang meines Wissens stets domänenspezifisch formuliert; es erlaubt aber auch eine generellere Formulierung: Metaprinzipien (14) 141 Das Strukturabhängigkeitsprinzip (Chomsky 1971) (a) Domänenspezifische Formulierung (vgl. z.B. Fanselow/Felix 1987b:24): Syntaktische Regeln und Gesetzmäßigkeiten sind stets strukturabhängig. (b) Domänenunspezifische Formulierung: Sämtliche Operationen, die eine Repräsentation betreffen, beziehen sich ausschließlich auf die funktionalen Einheiten dieser Repräsentationen und die zwischen ihnen bestehenden Rela tionen. Beide Formulierungen erfassen, daß syntaktische Operationen ausschließlich funktionale Einheiten der syntaktischen Repräsentation betreffen - d.h. Elemente, die bestimmte grammatische Merkmale aufweisen oder eine bestimmte Position in der hierarchisch strukturierten syntaktischen Repräsentation einnehmen. Dadurch verhindert das Strukturabhängigkeitsprinzip, daß Kinder angesichts von Daten wie (15) und (16) die Hypothese aufstellen, daß Fragesätze im Deutschen gebildet werden, indem man das zweite Wort voranstellt. Dies erklärt, warum Kinder beim Erwerb des Deutschen nie Fragesätze wie huhn das gehört dir? statt gehört das huhn dir? produzieren. (15) (a) (b) Hühner mögen Würmer. Mögen Hühner Würmer? (16) (a) (b) Hühner fressen solche Körner. Fressen Hühner solche Körner? Die generelle Formulierung des Strukturabhängigkeitsprinzips in (14b) erlaubt im Gegensatz zur syntaxspezifischen Formulierung in (14a) auch die Ableitung anderer Wohlgeformtheitsbedingungen für grammatische Operationen. Unter anderem läßt sich aus (14b) Inkelas (1989) Hypothese der indirekten Referenz herleiten, der zufolge sich phonologische Regeln nicht direkt auf syntaktische Konstituenten beziehen, sondern stets nur auf prosodische Konstituenten, d.h. auf funktionale Einheiten der phonologischen Repräsentation. Darüber hinaus lassen sich durch die generelle Formulierung in (14b) auch Wohlgeformtheitsbedingungen für andere Domänen erfassen. So beziehen sich beispielsweise sämtliche Regeln für mögliche Züge beim Schachspiel auf die funktionalen Einheiten dieses Spiels, d.h. auf die unterschiedlichen Typen von Figuren. Regeln für funktionale Elemente anderer - z.B. räumlicher - Repräsentationen existieren nicht (z.B. "die Figur, die gerade am nächsten zum Spielfeldrand steht, darf nur einen Zug geradeaus ziehen"). Metaprinzipien 142 Neben dem Strukturabhängigkeitsprinzip schlägt man in aktuellen minimalistischen Ansätzen Ökonomieprinzipien für Repräsentationen und Derivationen vor (vgl. u.a. Chomsky 1995). Wie (17) und (18) zeigen, können auch diese Prinzipien generell formuliert werden: (17) Das Repräsentationsökonomieprinzip Repräsentationen haben keine überflüssigen Symbole. (18) Das Derivationsökonomieprinzip Operationen werden nur ausgeführt, wenn es zur Erfüllung von Wohlgeformtheitsbedingungen erforderlich ist. Auf syntaktische Repräsentationen angewandt, gewährleisten die Ökonomieprinzipien, daß stets nur minimale syntaktische Strukturen projiziert werden. Das bedeutet, daß nur die kleinsten Strukturen aufgebaut werden, die erforderlich sind, um das verwendete lexikalische Material zu repräsentieren und die entsprechenden grammatischen Forderungen zu erfüllen. Diese Annahme ist entscheidend für den Lösungsansatz zum Entwicklungsproblem, den ich in Kapitel II.4 diskutieren und in Kapitel III empirisch überprüfen möchte. Außer dem Strukturabhängigkeitsprinzip und den beiden Ökonomieprinzipien verwende ich in der folgenden Diskussion keine weiteren Prinzipien für Repräsentationen. Insbesondere verzichte ich auf die Annahme der angeborenen domänenspezifischen X-bar-Prinzipien, die in der PPT postuliert wurden. Die Effekte dieser Prinzipien führe ich statt dessen auf eine generelle Wohlgeformtheitsbeschränkung für Beziehungen zwischen Repräsentationen zurück. ad (iii) Beziehungen zwischen Repräsentationen In generativen Ansätzen versuchte man zunächst, Beziehungen zwischen den verschiedenen grammatischen Repräsentationsebenen durch domänenspezifisch formulierte Wohlgeformtheitsbedingungen zu erfassen. Im Rahmen der PPT schlug Chomsky (1981:29) das sog. Projektionsprinzip vor. Diesem Prinzip zufolge dürfen Informationen aus dem Lexikon auf keiner syntaktischen Ebene (D-Struktur, S-Struktur, LF) verlorengehen. Daher müssen diese Informationen auf sämtliche Ebenen der Grammatik projiziert werden. Im Rahmen minimalistischer Grammatikmodelle nimmt man ebenfalls domänenspezifisch formulierte Wohlgeformtheitsbedingungen für Beziehungen zwischen grammatischen Repräsentationen an. Einige von ihnen habe ich in Kapitel I.7.1 bereits angesprochen, insbesondere das Metaprinzipien 143 Linear-Correspondence-Axiom, das die Syntax-Phonologie-Abbildung beschränken soll (Kayne 1994), und Jackendoffs (1997) Wohlgeformtheitsbedingungen für Korrespondenzen zwischen syntaktischen und phonologischen Repräsentationen sowie zwischen semantischen/ konzeptuellen und syntaktischen Repräsentationen. Außerdem hat Chomsky (1981) das Projektionsprinzip in die PPT eingeführt. Dieses Prinzip besagt, daß alle Knoten, die auf einer bestimmten syntaktischen Repräsentationsebene vorhanden sind, auch auf anderen Ebenen erhalten bleiben müssen. Darüber hinaus hat Bierwisch (1989, 1999) ein Hierarchieprinzip vorgeschlagen, dem zufolge die Hierarchie der syntaktischen Argumente in ihrer Basisposition der Hierarchie der Argumente in der semantischen Repräsentation entspricht. Diese Wohlgeformtheitsbedingungen für Beziehungen zwischen Repräsentationen postulieren eine partielle Isomorphie zwischen den jeweils involvierten Repräsentationen. Hierbei stellen sie eine Beziehung zwischen asymmetrischen internen Relationen auf einer Repräsentationsebene und asymmetrischen internen Relationen auf einer anderen Repräsentationsebene her. So fordert etwa das Linear-Correspondence-Axiom (Kayne 1994) eine Abbildungsbeziehung zwischen asymmetrischen hierarchischen Relationen in syntaktischen Repräsentationen und asymmetrischen linearen Abfolgebeziehungen in phonologischen Repräsentationen. Meines Erachtens lassen sich die Effekte der vorgeschlagenen domänenspezifischen Prinzipien aus einem generellen formalen Metaprinzip ableiten, aus dem sog. Relationserhaltungsprinzip: (19) Das Relationserhaltungsprinzip Bei der Abbildung einer Repräsentation auf eine andere Repräsentation bleiben asymmetrische Relationen zwischen den involvierten Elementen erhalten. Dieses Prinzip gilt nicht nur für sprachliche Repräsentationen, sondern auch für visuelle Repräsentationen: Bildet man z.B. beim Zeichnen einer dreidimensionalen Szene mit mehreren Objekten eine dreidimensionale räumliche Repräsentation auf eine zweidimensionale ab, so muß man die asymmetrischen räumlichen Relationen zwischen den Objekten bewahren. Dementsprechend befindet sich ein Objekt A, das man als rechts von einem Objekt B stehend wahrnimmt, auch auf der Zeichnung rechts von B. Welche Konsequenzen das Relationserhaltungsprinzip für die Beziehungen zwischen den angenommenen sprachlichen Repräsentationsebenen hat, ergibt sich aus dem Charakter der asymmetrischen Relationen, die zwischen den Elementen auf den jeweiligen Repräsentationsebenen bestehen: Entscheidend für konzeptuelle Repräsentationen sind asymmetrische Metaprinzipien 144 Abhängigkeitsbeziehungen zwischen den Partizipanten von (Teil-)Ereignissen. So ist es z.B. für die konzeptuelle Repräsentation eines "schlagen"-Ereignisses zentral, daß das PATIENS dieses Ereignisses durch das AGENS kausal und physisch affiziert wird - aber nicht umgekehrt. In semantischen Repräsentationen sind die einzelnen Elemente asymmetrisch hierarchisch geordnet, in syntaktischen Repräsentationen bestehen zwischen den einzelnen Elementen sowohl hierarchische als auch lineare asymmetrische Relationen, und auf der phonologischen Ebene stehen die Elemente in linearen Abfolgerelationen.11 Wenn man das Relationserhaltungsprinzip auf die Beziehung zwischen konzeptuellen und semantischen Repräsentationen anwendet, ergeben sich eine Reihe von Beschränkungen für die Ereignisse, die mit Hilfe eines einzelnen Verbs ausgedrückt werden können:12 Dem Relationserhaltungsprinzip zufolge müssen die asymmetrischen hierarchischen Relationen zwischen Argumenten in semantischen Repräsentationen Entsprechungen auf der konzeptuellen Repräsentationsebene haben. Dementsprechend lassen sich nur solche Sachverhalte zu Verbbedeutungen zusammenfassen, bei denen zwischen sämtlichen Partizipanten entsprechende asymmetrische Abhängigkeitsbeziehungen hergestellt werden können. Damit sind Verben ausgeschlossen, die unabhängige Informationen über mehrere Partizipanten kodieren; vgl.: (20) (a) (b) Der Hahn kräht, und das Huhn gackert. *Der Hahn und das Huhn krackern. Darüber hinaus müssen die durch ein Verb zusammengefaßten Teilereignisse in einer inhaltlichen Beziehung stehen, die über raum-zeitliche Einheit und gemeinsame Partizipanten hinausgeht (z.B. in einer kausalen Relation). Daher können nicht zwei beliebige Eigenschaften eines Partizipanten mit einem Verb beschrieben werden: 11 12 Abfolgerelationen sind nicht nur für die gesprochene Sprache, sondern auch für die geschriebene Sprache und die Gebärdensprache charakteristisch. Für eine ausführlichere Diskussion vgl. u.a. Bierwisch (1999). Hierarchische Strukturen in phonologischen Repräsentationen, die für die prosodische Organisation zentral sind, spielen in der folgenden Diskussion keine Rolle. Daher werde ich nicht näher darauf eingehen, welche Beziehungen zwischen hierarchischen Relationen in der phonologischen Komponente und hierarchischen Relationen in der syntaktischen Komponente bestehen. Studien zu dieser Frage deuten allerdings darauf hin, daß auch diese Beziehungen systematischen Beschränkungen unterliegen (vgl. u.a. Selkirk 1984, Truckenbrodt 1999). Inwiefern sich diese Beschränkungen aus dem Relationserhaltungsprinzip ableiten lassen, bleibt noch zu untersuchen. Für eine ausführliche Diskussion dieser Beschränkungen vgl. Kaufmann (1995). Metaprinzipien (21) (a) (b) 145 Der Hahn läuft über den Hof und frißt dabei. ??Der Hahn frißt über den Hof. (22b) ist hingegen akzeptabler als (21b), da das Rascheln in (22b) durch die Bewegung bewirkt wird, während das Fressen in (21b) nicht durch die Bewegung ausgelöst wird: (22) (a) (b) Der Hahn läuft durch das Kornfeld und raschelt dabei. Der Hahn raschelt durch das Kornfeld. Aus der Anwendung des Relationserhaltungsprinzips auf die Beziehung zwischen semantischen und syntaktischen Repräsentationen läßt sich die bereits mehrfach angesprochene Isomorphie von semantischen und syntaktischen Strukturen herleiten: Die hierarchischen Relationen zwischen Argumenten in der semantischen Struktur werden auf hierarchische Relationen zwischen syntaktischen Argumenten in ihrer Basisposition abgebildet. Damit lassen sich die Effekte des Hierarchieprinzips von Bierwisch (1989, 1999) erfassen, das von der Abbildung einer semantischen Argumenthierarchie auf eine syntaktische Argumenthierarchie ausgeht. Wendet man das Relationserhaltungsprinzip auf die Beziehung zwischen hierarchisch organisierten syntaktischen Repräsentationen und linear organisierten phonologischen Repräsentationen an, so kann man dadurch die Effekte der X-bar-Prinzipien und die Rechtsverzweigung von Phrasenstrukturrepräsentationen ableiten und auf angeborene Phrasenstrukturschablonen verzichten: Dem Relationserhaltungsprinzip zufolge muß nämlich jede asymmetrische hierarchische Relation in einer syntaktischen Repräsentation auf eine asymmetrische lineare Relation in der entsprechenden phonologischen Repräsentation abgebildet werden: Ein Element α, das in der syntaktischen Repräsentation eine höhere Position einnimmt als ein Element β, muß diesem Element vorausgehen. Wie ich in Kapitel I.7.1 bei der Diskussion über Metaprinzipien in minimalistischen Ansätzen gezeigt habe, ist dies nur bei rechtsverzweigenden Strukturen wie (23a) und (23c) der Fall: Bei diesen Strukturen nimmt der Spezifizierer eine höhere Position ein als Kopf und Komplement und ist auch weiter links angesiedelt. Bei linksverzweigenden Strukturen wie (23b) und (23d) würde der Spezifizierer hingegen trotz seiner höheren Position sowohl dem Kopf als auch dem Komplement folgen. Demnach läßt sich die universelle Rechtsverzweigung (vgl. Haider 1992b, 1993b, 2000, 2001, 2002) aus dem Relationserhaltungsprinzip herleiten. Aus diesem Prinzip folgt aber - anders als aus Kaynes Linear-Correspondence-Axiom - keine Metaprinzipien 146 strikte Spezifizierer-Kopf-Komplement-Abfolge. Vielmehr sind sowohl Strukturen mit KopfKomplement-Abfolge (23a) als auch Strukturen mit Komplement-Kopf-Abfolge (23c) möglich. (23) (a) XP YP (b) X' X0 Spezifizierer Kopf (c) XP X' ZP Komplement XP YP X0 Kopf ZP Komplement (d) X' X0 Kopf Spezifizierer XP X' ZP Spezifizierer Komplement YP ZP Komplement YP X0 Kopf Spezifizierer Außerdem kann man nur dann zwischen allen Elementen einer syntaktischen Repräsentation hierarchische Beziehungen herstellen und auf lineare Abfolgen abbilden, wenn alle Phrasen genau einen Kopf aufweisen und strikt binär organisiert sind. Wie ich in Kapitel I.7.1 gezeigt habe, lassen sich in Strukturen mit zwei Köpfen (24a) oder gleichgeordneten Phrasen (24b) nämlich keine asymmetrischen strukturellen Beziehungen zwischen allen involvierten Köpfen etablieren. So c-kommandieren sich z.B. die Köpfe X0 und Y0 in (24a) und Y0 und Z0 in (24b) gegenseitig. Die Beziehung zwischen ihnen ist damit symmetrisch. (24) (a) XP X0 (b) Y0 XP WP X' YP | Y' | Y0 ZP | Z' | Z0 X0 Insgesamt betrachtet erfaßt das Metaprinzip der Relationserhaltung somit nicht nur die in der Literatur diskutierten Beschränkungen für mögliche Verben und Beziehungen zwischen den verschiedenen Typen von grammatischen Repräsentationen; aus diesem Metaprinzip lassen Metaprinzipien 147 sich auch die Konsequenzen der in Kapitel I.4.1 diskutierten X-bar-Prinzipien ableiten. Diese sind damit als unabhängige Prinzipien überflüssig. Außerdem bietet die Annahme, daß Phrasenstrukturrepräsentationen binär organisiert und rechtsverzweigend sind, den Ausgangspunkt für eine Erklärung des Erwerbs von Bewegungsprozessen. Wie ich in Kapitel I.7.1 erläutert habe, nimmt man in aktuellen generativen Analysen an, daß Bewegungsprozesse durch Merkmale ausgelöst werden. Wie man diese Merkmale erwirbt, ist aber weitestgehend unklar. Da overte Bewegung häufig mit "reicher" Flexion einhergeht, wurde von einigen Autoren vorgeschlagen, daß Kinder an der morphologischen Form eines Elements erkennen können, ob es bewegt wird (vgl. u.a. Platzack/Holmberg 1989, Gelderen 1993, Rohrbacher 1994, Vikner 1994, 1995, Roberts 1996, Solà 1996, Thráinsson 1996, Bobaljik 1997). Wie z.B. die Existenz von V2-Sprachen ohne reiche Kongruenzflexion zeigt, ist das Vorliegen von reicher Morphologie aber keine notwendige Voraussetzung für das Auftreten von overter Bewegung. Somit genügt es nicht, die morphologische Realisierung eines Merkmals zu analysieren, um festzustellen, ob es overte Bewegung auslöst. Im folgenden werde ich dafür argumentieren, daß Kinder die relative lineare Position eines Elements in der phonologischen Repräsentation mit seiner hierarchischen Position in der semantischen Repräsentation vergleichen und so erkennen können, ob dieses Element bewegt worden ist. Wenn das Relationserhaltungsprinzip zutrifft, sollte ein Element α, das eine niedrige hierarchische Position in der semantischen Repräsentation einnimmt, nämlich einem höher angesiedelten Element β folgen. Dementsprechend muß ein spracherwerbendes Kind bei der Suche nach Bewegungsprozessen lediglich feststellen, ob ein Element α weiter links steht als ein Element β, obwohl die Basisposition von β hierarchisch höher anzusiedeln ist als die Basisposition von α. Ist dies der Fall, muß α bewegt worden sein. Das Relationserhaltungsprinzip erlaubt damit nicht nur die Erfassung von Generalisierungen, die im Rahmen der PPT durch domänenspezifische Prinzipien erfaßt wurden; dieses Prinzip ermöglicht auch eine Erklärung für den Erwerb von Bewegungsprozessen, die ohne die umstrittene Annahme von morphologischen Auslösern für Bewegungsprozesse auskommt. Diese Erklärung soll in Kapitel III.4 empirisch überprüft werden. Zugleich bietet das Relationserhaltungsprinzip einen Ausgangspunkt für die Lösung des von Pinker (1984) angesprochenen Formatproblems: Konzeptuelle, semantische, syntaktische und phonologische Repräsentationen weisen zwar unterschiedliche Elemente auf, verfügen aber Metaprinzipien 148 über ein kompatibles Format, das eine Abbildung erlaubt. Es besteht nämlich eine Isomorphie in bezug auf die asymmetrischen Relationen, die auf jeder dieser Repräsentationsebenen zwischen den miteinander korrespondierenden Elementen (z.B. semantischen und syntaktischen Argumenten) bestehen. Diese Isomorphie nutzen Kinder meiner Auffassung nach insbesondere beim Aufbau der sprachspezifischen semantischen und syntaktischen Repräsentationen sowie bei der Instantiierung von Kasusmerkmalen (vgl. Kapitel II.3.5). Prädispositionen für die Kategorisierung sprachlicher Elemente 3 149 Prädispositionen für die Kategorisierung sprachlicher Elemente Da die im vorangegangenen Kapitel diskutierten Metaprinzipien nicht domänenspezifisch sind, ergeben sich ihre grammatischen Konsequenzen erst durch die Anwendung auf grammatische Elemente (vgl. Fanselow 1991). Das Inventar grammatischer Elemente ist dabei in allen aktuellen minimalistischen Ansätzen durch Prädispositionen zur Kategorisierung sprachlicher Elemente beschränkt (vgl. Bierwisch 1992, 1999, 2001, Chomsky 1995). Diese legen fest, in bezug auf welche Dimensionen überhaupt grammatisch relevante Distinktionen vorgenommen werden können. Damit bilden sie die Basis für den Erwerb von diskreten Grundelementen für semantische, phonologische und syntaktische Repräsentationen sowie für die Erwerbsmechanismen, die im Mittelpunkt der folgenden Diskussion stehen. Bislang herrscht allerdings noch keine Einigkeit über den Instantiierungsprozeß für grammatische Merkmale, über mögliche Beschränkungen für grammatikalisierbare Dimensionen und Distinktionen sowie über die verschiedenen anzunehmenden Merkmale und Merkmalswerte. 3.1 Das Bootstrappingproblem und das Spezifizitätsprinzip Wenn man weder Satzstrukturschablonen noch ein universelles Inventar syntaktisch aktiver grammatischer Kategorien oder Merkmale postuliert, muß man erklären, wie ein spracherwerbendes Kind herausfindet, welche Merkmale in seiner Sprache syntaktisch aktiv sind. Aber selbst, wenn man von einem festen Kategorien- oder Merkmalsinventar ausginge, müßte man sich mit dem Bootstrappingproblem auseinandersetzen. Denn dann müßte man immer noch eine Erklärung dafür finden, wie Kinder die zielsprachlichen Kategorien bzw. Merkmalsspezifikationen bestimmen und die morphologischen Realisierungen dieser Elemente im Input identifizieren. Pinker (1984) hat daher die Hypothese des semantischen Bootstrapping entwickelt, auf die ich in Kapitel I.4.5 bereits kurz eingegangen bin (vgl. auch Grimshaw 1981, MacNamara 1982): Dieser Hypothese zufolge können Kinder unabhängig vom Grammatikerwerb die Bedeutung einiger Inhaltswörter lernen und mit Hilfe von Kontextinformationen erste semantische Repräsentationen für Inputsätze konstruieren. Auf der Grundlage dieser Repräsentationen Prädispositionen für die Kategorisierung sprachlicher Elemente 150 können sie dann morphologische Realisierungen von angeborenen Kategorien im Input ermitteln, da sie bestimmte Korrelationen zwischen diesen Kategorien und perzeptuell zugänglichen angeborenen semantischen Konzepten erwarten. So haben Kinder Pinkers Auffassung nach die Erwartung, Handlungen würden prototypischerweise durch Verben ausgedrückt, und Namen von Personen oder Dingen würden durch Nomina realisiert. Außerdem erwarten sie z.B., daß Nominalphrasen mit der Θ-Rolle GOAL Dativmarkierungen tragen. Dementsprechend sollten Kinder Wörter, die Handlungen bezeichnen, als Verben kategorisieren und Namen von Personen oder Dingen als Nomina analysieren können. Ebenso sollten sie GOALNominalphrasen im Input finden und Markierungen an diesen Nominalphrasen als Dativmarkierungen analysieren können. Die anfänglichen Annahmen über Korrelationen zwischen Konzepten und grammatischen Kategorien müssen Pinkers Auffassung nach im Verlauf des Erwerbs allerdings revidiert werden, da in natürlichen Sprachen keine strikten 1:1-Beziehungen zwischen Konzepten und grammatischen Kategorien bestehen. So dienen z.B. nicht nur Verben wie tanzen zur Bezeichnung von Handlungen, sondern auch Nomina wie Tanz. Semantisches Bootstrapping ist für Pinker daher lediglich eine frühe Lernstrategie, die den Einstieg in das syntaktische System ermöglicht. Sobald die Grundstruktur der Sprache ermittelt ist, können Kinder auch Elemente erwerben, für die keine einfachen Abbildungen von Konzepten auf grammatische Kategorien gelten, z.B. Nomina wie Tanz, die Handlungen bezeichnen. Dies geschieht Pinkers Auffassung nach dadurch, daß Kinder die Distribution dieser Elemente in den bereits bekannten Strukturen analysieren, d.h. durch strukturabhängiges distributionelles Lernen. In der folgenden Diskussionen werde ich Pinkers Annahme zugrunde legen, daß Beziehungen zwischen konzeptuellen und morpho-syntaktischen Repräsentationen eine zentrale Rolle beim Einstieg ins zielsprachliche grammatische System spielen; ich postuliere aber keine angeborenen Verknüpfungen von grammatischen Kategorien und grammatikalisierbaren Konzepten. Statt dessen werde ich für eine minimalistische Analyse argumentieren, bei der nur das Relationserhaltungsprinzip die Abbildungen zwischen konzeptuellen, semantischen und morpho-syntaktischen Repräsentationen und deren Erwerb beschränkt. Außerdem nehme ich zwei Modifikationen vor, die ich in den folgenden Kapiteln konzeptuell und empirisch begründen möchte: Erstens werde ich keinen kategorienbasierten Ansatz vertreten, sondern einen merkmalsbasierten. Ein solcher Ansatz erlaubt nicht nur eine differenzierte Beschreibung Prädispositionen für die Kategorisierung sprachlicher Elemente 151 von natürlichen Klassen grammatischer Elemente; wie ich in Kapitel II.3.3, Kapitel II.3.5 und Kapitel III.3 zeigen werde, macht er auch die Unterscheidung zwischen semantischem Bootstrapping und distributionellem Lernen sowie die Annahme von weiteren Lernstrategien überflüssig. Zweitens werde ich im Gegensatz zu Pinker nicht annehmen, daß Kinder von Konzepten ausgehen und im Input nach Realisierungen dieser Konzepte suchen. Wie ich in Kapitel II.3.6 und Kapitel III.3 darlegen werde, ergeben sich bei einem solchen konzeptbasierten Ansatz nämlich Probleme, wenn man den Erwerb von formalen grammatischen Distinktionen erklären will, für die auch Pinker (1984) keine direkten konzeptuellen Entsprechungen angeben kann (z.B. Nominalklassendistinktionen oder Genusdistinktionen). Daher werde ich im folgenden für einen formbasierten Ansatz argumentieren, dem zufolge Kinder morpho-syntaktische Merkmale instantiieren, wenn sie bei der Analyse des sprachlichen Inputs auf minimale Formkontraste stoßen - z.B. auf den Kontrast zwischen den beiden Formen Kamera und Kameras.13 Angesichts solcher Formkontraste müssen Kinder davon ausgehen, daß sich die Operationen, die für die Erzeugung dieser beiden Formen verantwortlich sind, in ihren Outputspezifikationen oder aber in ihren Inputbedingungen unterscheiden. Ansonsten wäre das Spezifizitätsprinzip nämlich nicht anwendbar, und der Sprecher, der diese Formen produziert hat, hätte bei der lexikalischen Auswahl keine Entscheidung zwischen diesen beiden Formen treffen können. Dementsprechend müssen Kinder angesichts von Formkontrasten ermitteln, ob sich die betreffenden Elemente in ihrer Funktion oder in ihrem Anwendungsbereich unterscheiden. Hierbei wird der Hypothesenraum des Kindes meiner Auffassung nach durch Beschränkungen für grammatikalisierbare Dimensionen und Distinktionen eingegrenzt. 13 Zur Ermittlung von minimalen Formkontrasten muß der Input in Einheiten zerlegt werden, die mit grammatischen Funktionen sowie mit anderen sprachlichen Einheiten in Bezug gesetzt werden können. Bei dieser Segmentierungsaufgabe leisten phonologische Informationen einen entscheidenden Beitrag: Zum einen weist der sprachliche Input von Kindern prosodische Markierungen für phrasale Einheiten auf (vgl. u.a. Bernstein Ratner 1986, Morgan 1986, Lederer/Kelly 1991, Fisher/ Tokura 1996), zum anderen scheinen bereits Kinder im Alter von neun Monaten eine gewisse Sensitivität für solche Markierungen zu haben und sie bei der Enkodierung und Erinnerung von sprachlichen Informationen zu berücksichtigen (Hirsh-Pasek et al. 1987, Kemler Nelson et al. 1989, Jusczyk et al. 1992, Mandel/Jusczyk/Kemler Nelson 1994, Mandel/Kemler Nelson/Jusczyk 1996, Morgan 1996, Echols 2001). Darüber hinaus gibt es auch erste Hinweise darauf, daß phonologische Informationen einen gewissen Beitrag zur Kategorisierung von Inputelementen leisten können (vgl. u.a. Höhle/Weissenborn 1999, Durieux/Gillis 2001). Im Rahmen dieser Arbeit werde ich nicht näher auf den phonologischen Beitrag zur Inputsegmentierung eingehen, sondern ihn voraussetzen. Prädispositionen für die Kategorisierung sprachlicher Elemente 152 3.2 Beschränkungen für grammatikalisierbare Dimensionen und Distinktionen Im Rahmen der bisherigen Debatten über Kategorisierungsprädispositionen wurde zwar deutlich, daß in natürlichen Sprachen nicht beliebige Konzepte (z.B. die Farbe von Objekten) grammatikalisiert werden; zugleich zeigte sich aber eine große Variabilität darin, welche Dimensionen grammatikalisiert werden und welche Distinktionen in bezug auf diese Dimensionen overt markiert werden (Greenberg 1963a, Talmy 1978, 1983, 1985, 1988, Bybee 1985, Slobin 1982, 1997, Bowerman/Levinson 2001). So verfügen zwar viele Sprachen über ein Genus- oder Nominalklassensystem, was auf eine Prädisposition hindeutet, Nomina aufgrund ihres Kongruenzverhaltens in Klassen einzuteilen (vgl. Kapitel II.3.6 sowie Corbett 1991). Einige Sprachen weisen aber überhaupt kein solches System auf (z.B. das Finnische), und die vorliegenden Systeme unterscheiden sich sowohl in bezug auf die Anzahl der entsprechenden Klassen als auch im Hinblick auf die semantische bzw. phonologische Basis für die Klassenbildung (vgl. z.B. Corbett 1991). Dabei scheinen Sprachen keine beliebig große Anzahl von Nomina aufgrund ihres Kongruenzverhaltens zu unterscheiden. Dies könnte allerdings durch außergrammatische Faktoren der Sprachverarbeitung bedingt sein, und muß nicht notwendigerweise aus einer direkt genetisch determinierten Anzahl von Genera resultieren. So müßte man sich beispielsweise beim Erwerb und bei der Produktion eines Genussystems mit 50 Nominalklassen 50 verschiedene Kongruenzmuster merken und abrufbereit halten. Dies würde einen relativ großen kognitiven Aufwand erfordern. Somit folgt aus der Annahme eines angeborenen Inventars grammatikalisierbarer Dimensionen noch nicht die Notwendigkeit, ein festgelegtes Inventar grammatischer Merkmale und Merkmalswerte als angeboren anzusehen. Im folgenden gehe ich von Beschränkungen für die Dimensionen aus, die durch obligatorische morpho-syntaktische Markierungen der entsprechenden Distinktionen grammatikalisiert werden - d.h. durch grammatische Morpheme, Funktionswörter oder overte Bewegungsprozesse: Erstens kommen nur solche Dimensionen für eine obligatorische Markierung in Frage, die - wie die Dimension NUMERUS - eine zentrale Rolle für die Repräsentation und Speicherung der unterschiedlichsten Typen von Ereignissen spielen (vgl. u.a. Slobin 1997, Bowerman/Levinson 2001). Periphere Aspekte von Ereignissen oder Aspekte, die nur für Prädispositionen für die Kategorisierung sprachlicher Elemente 153 bestimmte Typen von Ereignissen relevant sind, werden nicht obligatorisch markiert. U.a. ist es für die meisten sprachlichen Beschreibungen von Ereignissen irrelevant, welche Farbe die Objekte aufweisen, auf die syntaktische Argumente in einer Äußerung referieren. Die Objektfarbe wird daher auch nicht durch eine morpho-syntaktische Markierung kodiert, sondern gegebenenfalls durch entsprechende Adjektive oder Nomina erfaßt. Zweitens muß sich die Domäne, auf die sich eine grammatikalisierbare Dimension bezieht, eindeutig und vollständig in eine kleine Anzahl von Subdomänen aufteilen lassen (vgl. u.a. Slobin 1997). So erlaubt etwa die Dimension NUMERUS eine eindeutige und vollständige Aufteilung der entsprechenden Domäne in [-PL]- und [+PL]-Elemente. Außerdem darf die Zuordnung zu den jeweiligen Subdomänen keinen großen Berechnungsaufwand erfordern oder unklare Kriterien involvieren. Nur dann kann man nämlich bei der Produktion jeder einzelnen Äußerung direkt entscheiden, welche morphologische Markierung jeweils zu wählen ist. Dementsprechend existieren z.B. keine obligatorischen morphologischen Markierungen der Umgebungstemperatur zum Sprechzeitpunkt. Zur Erfassung der Distinktionen entlang der grammatikalisierbaren Dimensionen, die Kinder im Verlauf des Spracherwerbs vornehmen, verwende ich ausschließlich binäre Merkmale (vgl. Jakobson 1936/1971, Bierwisch 1967). Ich nehme somit keine komplexen Merkmale mit mehr als zwei Werten an, wie sie u.a. in der LFG und der HPSG gebraucht werden (wie z.B. das Merkmal [GENUS] mit den Werten MASKULIN , FEMININ und NEUTRUM ). Binäre Merkmale teilen die entsprechende Domäne nämlich entlang der betreffenden Dimension eindeutig und vollständig in zwei Teile auf und gewährleisten so die obligatorische Markierung der entsprechenden Distinktion: Jedes kategorisierte Element fällt entweder in den "+"-Bereich oder in den "-"-Bereich und muß entsprechend markiert werden. Weitergehende generelle Beschränkungen für grammatikalisierbare Distinktionen lege ich nicht zugrunde. Statt dessen gehe ich davon aus, daß man Beschränkungen des Merkmalsinventars für eine bestimmte Dimension aus den Eigenschaften der betreffenden Domäne ableiten kann. Dies soll anhand der folgenden Typen von Merkmalen diskutiert werden:14 14 Hierbei werde ich die folgenden Notationsformen verwenden: Großbuchstaben für grammatikalisierbare Dimensionen (z.B. NUMERUS), Großbuchstaben und eckige Klammern für Merkmale (z.B. [±PL]) und Kapitälchen für die Kategorien, die in der traditionellen Grammatik und in der PPT postuliert werden (VERB, A KKUSATIV). Prädispositionen für die Kategorisierung sprachlicher Elemente 154 - kategoriale Merkmale, die zur Unterscheidung der lexikalischen Kategorien Nomen, Verb, Adjektiv und Präposition dienen, - funktionale Merkmale, die sich auf die referentiellen Eigenschaften von Nomina und Verben beziehen (z.B. Definitheits-, Numerus-, Tempus- und Aspektmerkmale), - relationale Merkmale, durch die sich die Θ-Rollen der einzelnen Argumente lexikalischer Kategorien sowie die entsprechenden morphologischen Markierungen charakterisieren lassen (insbesondere Kasusmerkmale), - formale Merkmale, die sich auf formale Eigenschaften von lexikalischen Elementen beziehen (insbesondere Genusmerkmale). Dabei werde ich in Kapitel II.4 Arbeitshypothesen für eine Erklärung des Erwerbs von Kasus- und Genusdistinktionen entwickeln, die in Kapitel III.3 empirisch überprüft werden. Für die anderen Merkmalstypen soll lediglich gezeigt werden, daß sich der Erwerb der entsprechenden Distinktionen auf der Grundlage der Idee des merkmalsbasierten Strukturaufbaus prinzipiell erklären läßt und daß diese Erklärung mit den vorliegenden Erwerbsbefunden vereinbar ist. 3.3 Kategoriale Merkmale Die Unterscheidung zwischen Nomina, Verben, Adjektiven und Präpositionen ist für alle Grammatikmodelle, die von formalen grammatischen Kategorien Gebrauch machen, von zentraler Bedeutung. Daher wird in generativen Modellen generell eine Prädisposition angenommen, lexikalische Elemente aufgrund ihrer Distribution und ihrer semantischen Eigenschaften den Kategorien NOMEN, VERB, ADJEKTIV und PRÄPOSITION zuzuordnen. Um zu erklären, wie Kinder Instanzen dieser Kategorien im Input identifizieren, hat Pinker (1984) postuliert, daß Kinder bei der Identifikation von Instanzen der einzelnen Kategorien von den folgenden Erwartungen über Korrelationen zwischen Konzepten und Kategorien geleitet werden: (25) Pinker (1984:41): erwartete Korrelationen zwischen Konzepten und Kategorien Name einer Person oder eines Dinges Handlung oder Zustandsveränderung Attribut Räumliche Relation, Pfad oder Richtung Nomen Verb Adjektiv Präposition Wie man (25) entnehmen kann, gehen Kinder Pinker zufolge u.a. von der Annahme aus, daß lexikalische Elemente, die Handlungen oder Zustandsveränderungen ausdrücken, Verben sind. Prädispositionen für die Kategorisierung sprachlicher Elemente 155 Wenn dies zuträfe, sollten Kinder anfangs nur solche Wörter als Verben betrachten, die zur Beschreibung von Handlungen oder Zustandsveränderungen dienen. Umgekehrt sollten sie anfangs auch nicht-verbale lexikalische Elemente wie Verben behandeln, wenn diese Elemente sich auf Handlungen oder Zustandsveränderungen beziehen. Beide Vorhersagen lassen sich jedoch nicht bestätigen, wie insbesondere Studien zur frühen englischen Kindersprache zeigen (vgl. Maratsos 1988, Stenzel 1997): Auf der einen Seite treten bereits in der frühen ZweiWort-Phase Verben auf, die weder Handlungen noch Zustandsveränderungen beschreiben (z.B. need, want, know, like, fit, see, sleep), aber syntaktisch und morphologisch wie Handlungsverben behandelt werden. Auf der anderen Seite finden sich keine Übergeneralisierungen von verbaler Morphologie auf Adjektive mit dynamischen Bedeutungskomponenten (z.B. fast) oder auf Partikel wie away, up, down, back, obwohl diese Elemente zur Bezeichnung von Handlungen dienen und in der frühen englischen Kindersprache eine zentrale Rolle spielen. Die vorliegenden Befunde liefern demnach keine Evidenz für Pinkers konzept- und kategorienbasierten Bootstrappingansatz. Mit dem hier vertretenen form- und merkmalsbasierten Lösungsansatz zum Bootstrappingproblem sind sie hingegen vereinbar, wie ich im folgenden zeigen möchte. Den Ausgangspunkt für diesen Ansatz bilden linguistische Analysen, in denen man die Unterscheidung zwischen den vier lexikalischen Kategorien NOMEN, VERB, ADJEKTIV und PRÄPOSITION auf zwei binäre Merkmale zurückführt: Das eine Merkmal unterscheidet Nomina und Adjektive von Verben und Präpositionen; und das zweite Merkmal grenzt Verben von Präpositionen und Nomina von Adjektiven ab (vgl. Kapitel I.7.1). Ein Merkmal, das Nomina und Adjektive einer natürlichen Klasse zuordnet und Verben und Präpositionen in eine andere Klasse einordnet, hat bereits Chomsky (1970) postuliert. Durch dieses Merkmal läßt sich erfassen, daß die vier lexikalischen Kategorien in bezug auf ihre Kasuseigenschaften zwei natürliche Klassen bilden: Verben und Präpositionen weisen ihren Argumenten Kasus zu, tragen aber selbst keine Kasusmarkierungen. Nomina und Adjektive können hingegen kasusmarkiert sein. Darüber hinaus markieren Verben und Präpositionen in Akkusativsprachen wie dem Deutschen Komplemente mit dem Akkusativ; die Komplemente von Nomina und Adjektiven weisen hingegen nie Akkusativmarkierungen auf. Die Idee, ein Merkmal zur Unterscheidung zwischen Nomina/Adjektiven und Verben/ Präpositionen anzunehmen, wurde u.a. von Jackendoff (1977), Bresnan (1982), Hengeveld Prädispositionen für die Kategorisierung sprachlicher Elemente 156 (1992), Déchaine (1993), Steinitz (1995), Wunderlich (1996) sowie Hale und Keyser (1997), aufgegriffen und weiterentwickelt. Dabei hat Wunderlich (1996) dafür argumentiert, daß das entsprechende Merkmal mit einer semantischen Distinktion verbunden ist: Das von ihm vorgeschlagene Merkmal [±ART(iculated)] bezieht sich auf die Prädisposition, lexikalische Elemente aufgrund der Komplexität ihrer Argumentstruktur zu kategorisieren: [+ART]-Elemente (Verben und Präpositionen) haben typischerweise eine komplexere Argumentstruktur als [-ART]Elemente (Nomina und Adjektive). Außerdem verfügen sie im Gegensatz zu [-ART]Elementen über obligatorische Argumente. Dieser Unterschied in der Argumentstruktur geht mit syntaktischen und distributionalen Unterschieden - insbesondere mit den angesprochenen Kasuseigenschaften - einher. In bezug auf die Distribution von Merkmalsspezifikationen nehmen Chomsky (1970) und Déchaine (1993) an, daß Nomina und Adjektive positiv spezifiziert sind. Jackendoff (1977), Bresnan (1982), Hengeveld (1992), Steinitz (1995), Wunderlich (1996) sowie Hale und Keyser (1997) zufolge weisen hingegen Verben und Präpositionen eine positive Spezifikation auf. Durch die Annahme von positiven Spezifikationen für Verben und Präpositionen läßt sich unter anderem erklären, warum die Ableitung von Nomina aus Verben typologisch gesehen häufiger ist als die Bildung denominaler Verben und warum verbale Argumente bei der Nominalisierung optional werden: Wenn Verben als [+ART] spezifiziert sind und Nomina unterspezifiziert bleiben, muß bei der Bildung von Nomina aus Verben (vgl. das Füttern) nämlich keine positive Merkmalsspezifikation hinzukommen. Vielmehr muß lediglich die [+ART]-Spezifikation entfallen. Dadurch wird zugleich die mit der [+ART]-Spezifikation verbundene Forderung nach obligatorischen Argumenten aufgehoben, und die vorhandenen Argumente werden optional (das Füttern (der Hühner)). Darüber hinaus ließe sich die Verteilung von [+ART]- und [-ART]-Spezifikationen semantisch begründen: [+ART]-Elemente sind semantisch komplexer als [-ART]-Elemente, da sie obligatorische Argumente aufweisen und die Verfügbarkeit von [-ART]-Elementen voraussetzen, die als Argument fungieren können. Neben dem Merkmal zur Unterscheidung zwischen Nomina/Adjektiven und Verben/ Präpositionen nimmt man in aktuellen Merkmalsanalysen für lexikalische Kategorien ein Merkmal an, das Nomina und Verben von Adjektiven und Präpositionen unterscheidet (Jackendoff 1977, Bresnan 1982, Hengeveld 1992, Déchaine 1993, Steinitz 1995, Wunderlich 1996, Hale/Keyser 1997). Durch ein solches Merkmal läßt sich erfassen, daß Nomina und Verben Prädispositionen für die Kategorisierung sprachlicher Elemente 157 in unabhängigen Äußerungen verwendet werden können, während Adjektive und Präpositionen primär als Modifikatoren auftreten. 15 In bezug auf die mit diesem Merkmal verbundene semantische Distinktion hat Wunderlich (1996) dafür argumentiert, daß die Kategorisierung durch das Merkmal [±DEP(endent)] auf den referentiellen Eigenschaften der betreffenden Elemente beruht: [-DEP]-Elemente (Nomina und Verben) haben ein eigenes referentielles Argument, das durch funktionale Merkmale (z.B. [±PL]) spezifiziert wird und die Verankerung im nicht-sprachlichen Kontext gewährleistet. Sie referieren somit unabhängig von anderen lexikalischen Kategorien. Dementsprechend können Nomina und Verben in unabhängigen Äußerungen gebraucht werden. [+DEP]-Kategorien (Adjektive und Präpositionen) weisen hingegen kein eigenständiges referentielles Argument auf und fungieren primär als Modifikatoren von [-DEP]-Kategorien, die ihre referentielle Verankerung gewährleisten. In bezug auf die Distribution von Merkmalsspezifikationen nehmen Jackendoff (1977) und Déchaine (1993) an, daß Nomina und Verben positiv spezifiziert sind. Hengeveld (1992), Steinitz (1995), Wunderlich (1996) sowie Hale und Keyser (1997), zufolge weisen hingegen Adjektive und Präpositionen eine positive Spezifikation auf. Diese Annahme entspricht nicht nur der naiven Intuition, daß Präpositionen "markierter" sind als Nomina; sie läßt sich auch semantisch begründen: Das Auftreten von referentiell abhängigen Elementen ([+DEP]) setzt nämlich die Verfügbarkeit von referentiell unabhängigen Elementen voraus, die eine referentielle Verankerung ermöglichen ([-DEP]). Insgesamt ergibt sich aus den bisherigen Überlegungen somit die in Tab.II-1 dargestellte Merkmalsanalyse für die vier lexikalischen Kategorien: 15 Chomsky hatte neben dem Merkmal [±N], das in seiner Analyse Nomina und Adjektive von Verben und Präpositionen abgrenzt, ein Merkmal [±V] postuliert, das Nomina und Präpositionen ([-V]) von Adjektiven und Verben ([+V]) unterscheidet. Für dieses Merkmal läßt sich aber weder eine distributionale noch eine semantische Entsprechung finden: Nomina und Präpositionen bilden weder in bezug auf ihre Kasuseigenschaften noch in bezug auf ihre Kombination mit funktionalen Elementen oder ihr syntaktisches Verhalten eine natürliche Klasse (vgl. Wunderlich 1996 für eine ausführlichere Diskussion). Prädispositionen für die Kategorisierung sprachlicher Elemente 158 Tab.II-1: Merkmale lexikalischer Kategorien (vgl. Steinitz 1995, Wunderlich 1996, Hale/Keyser 1997) Merkmal 1 (ART) Merkmal 2 (DEP) + - + PRÄPOSITION A DJEKTIV - VERB NOMEN Diese Merkmalsanalyse erfaßt nicht nur die diskutierte Bildung natürlicher Klassen und ihrer semantischen und distributionalen Eigenschaften. Sie ermöglicht auch eine Erfassung der typologischen Distribution von kategorialen Distinktionen: Zum einen wird die NOMEN/VERBDistinktion in typologischen Studien im allgemeinen als die primäre Distinktion betrachtet und in vielen dieser Studien auch als universell angesehen (vgl. die Diskussion in Sapir 1921, Hopper/Thompson 1984, Sasse 1993). Dies ließe sich durch die Annahme erfassen, daß das Merkmal [±ART] auf der grundlegenden Unterscheidung zwischen Prädikaten und Argumenten beruht, die für alle natürlichen Sprachen zentral ist. Zum anderen gibt es in einigen Sprachen keine Evidenz für die Kategorien ADJEKTIV und PRÄPOSITION (Dixon 1977, Schachter 1985). Dies ließe sich darauf zurückführen, daß in Sprachen ohne die Kategorien ADJEKTIV und PRÄPOSITION das Merkmal zur Unterscheidung zwischen Nomina/Verben und Adjektiven/Präpositionen ([±DEP]) nicht instantiiert ist und es dementsprechend keine von [-DEP]-Elementen zu unterscheidenden [+DEP]-Elemente gibt. In bezug auf den Spracherwerb gehe ich im folgenden von der Annahme aus, daß das Kookkurrenzverhalten von funktionalen Elementen den Ausgangspunkt für die Instantiierung der beiden Merkmale [±ART] und [±DEP] bildet. Affixe und Funktionswörter kookkurrieren nämlich mit unterschiedlichen lexikalischen Elementen. Im Deutschen wird z.B. das Affix -t nur mit Verben verbunden, das Affix -m hingegen nur mit Adjektiven. Außerdem werden Artikel und das Affix -s sowohl mit Adjektiven als auch mit Nomina kombiniert, aber nicht mit Verben. Für solche Kookkurrenzmuster sind Kinder schon vor Beginn der Zwei-Wort-Phase sensitiv (vgl. u.a. Höhle/Weissenborn 1998, 1999, 2000, Golinkoff/Hirsh-Pasek/Schweisguth 2001). So haben z.B. Auslassungen oder Vertauschungen von Determinierern und anderen Funktionswörtern einen Einfluß darauf, wie lange Kinder einem Text zuhören. Um solche Befunde zu erklären, muß man aber nicht annehmen, daß Kinder bereits über die Output- Prädispositionen für die Kategorisierung sprachlicher Elemente 159 spezifikationen des betreffenden funktionalen Elements verfügen. Sie müssen lediglich festgestellt haben, daß das Auftreten eines solchen funktionalen Elements stets mit dem Auftreten von bestimmten (Klassen von) Elementen einhergeht. Kinder müssen demnach lediglich erkennen, daß diese Elemente einen bestimmten Anwendungsbereich haben, der sich durch entsprechende Inputspezifikationen charakterisieren läßt. Zu solchen Spezifikationen können sie gelangen, wenn sie feststellen, daß die Elemente, die mit den unterschiedlichen morphologischen Markierungen bzw. Funktionswörtern einhergehen, sich auch in bezug auf die semantische Argumentstruktur voneinander unterscheiden: Die verschiedenen lexikalischen Kategorien kontrastieren nämlich zum einen darin, ob sie eine relativ komplexe Argumentstruktur mit obligatorischen Argumenten aufweisen ([+ART]) oder nicht ([-ART]); zum anderen verfügen [-DEP]-Elemente über ein eigenes referentielles Argument, [+DEP]-Elemente tun dies hingegen nicht. Dementsprechend können Kinder die beiden Merkmale [±ART] und [±DEP] als Inputspezifikationen in Lexikoneinträge für funktionale Elemente aufnehmen. Zugleich können sie diese kategorialen Spezifikationen in Lexikoneinträge für die entsprechenden lexikalischen Kategorien integrieren. Dabei deuten die vorliegenden empirischen Befunde darauf hin, daß Kinder zuerst das Merkmal [±ART] instantiieren. Insbesondere die in Kapitel I.2 diskutierten Befunde aus Pivot-Grammatik-Studien sprechen nämlich dafür, daß Kinder bereits zu Beginn der ZweiWort-Phase eine grundlegende Unterscheidung zwischen relationalen und nicht-relationalen Elementen treffen, die sich unter anderem in der Wortstellung widerspiegelt (Braine 1963, 1976, 1992, Berman 1988). Diese beiden Klassen werden schon sehr früh weiter ausdifferenziert und mit den entsprechenden Flexiven kombiniert (vgl. u.a. Stenzel 1997). Die weitere kategoriale Differenzierung der zielsprachlichen lexikalischen Elemente ließe sich dann auf die Instantiierung des Merkmals [±DEP] zurückführen. Prädispositionen für die Kategorisierung sprachlicher Elemente 160 3.4 Funktionale Merkmale Wenn die Annahmen im vorangegangenen Kapitel zutreffen, unterscheiden sich Nomina und Verben von Adjektiven und Präpositionen dadurch, daß erstere ein referentielles Argument aufweisen, das durch funktionale Elemente modifiziert und gebunden wird. Wie ich im Rahmen der Diskussion über die PPT erläutert habe, befaßt man sich seit Mitte der 80er Jahre in generativen Grammatiktheorien intensiv mit Prädispositionen für den Erwerb von solchen funktionalen Elementen. Dabei zeichnete sich eine gewisse Tendenz dazu ab, Prädispositionen für die Instantiierung der beiden verbalen funktionalen Kategorien I und C sowie für die Instantiierung der nominalen funktionalen Kategorie D anzunehmen (vgl. u.a. Chomsky 1986, Haegeman 1991). Es ließ sich aber bislang noch keine Einigkeit darüber erzielen, ob sämtliche Merkmale, in die man diese drei funktionalen Kategorien in aktuellen Ansätzen aufspaltet (z.B. die Numerusmerkmale in D oder die Kongruenzmerkmale in I) in allen natürlichen Sprachen syntaktisch aktiv sind. Die Spezifikation und Bindung des referentiellen Arguments von Nomina erfolgt in kategorienbasierten PPT-Analysen durch die funktionale Kategorie D, der Numerus-, Person-, Genus-, Kasus- und Definitheitsmerkmale zugeordnet sind (vgl. z.B. Abney 1987). Im folgenden gehe ich von Prädispositionen für die Instantiierung des Merkmals [±DEF(init)] aus, das für die Bindung des nominalen referentiellen Arguments und die referentielle Verankerung der betreffenden Nominalphrase verantwortlich ist. Dieses Merkmal gibt an, ob die Domäne, in der sich der Referent der betreffenden Nominalphrase befindet, eingeschränkt ist ([+DEF]) oder nicht ([-DEF]; Hawkins 1978).16 Neben der Prädisposition für die Instantiierung von Definitheitsmerkmalen nehme ich Prädispositionen für die Grammatikalisierung der Dimensionen NUMERUS und PERSON an, die eine Spezifikation des referentiellen Arguments ermöglichen.17 16 17 Über die genaue Definition von "Definitheit" besteht bislang noch keine Einigkeit; vgl. u.a. Hawkins (1978), Löbner (1985), Lyons (1999). Da die Details der Definition für die folgenden Überlegungen keine entscheidende Rolle spielen, werde ich auf diese Diskussion nicht näher eingehen. Die Kasus- und Genusmerkmale, die im Rahmen der PPT der funktionalen Kategorie D zugeordnet werden, sind meiner Auffassung nach keine funktionalen Merkmale, da sie nicht zur Spezifikation oder Bindung von referentiellen Argumenten dienen. Es handelt sich vielmehr um relationale bzw. formale Merkmale. Prädispositionen für die Kategorisierung sprachlicher Elemente 161 Als Grundlage für die Grammatikalisierung von NUMERUS betrachte ich dabei nicht die Fähigkeit zu zählen, sondern sehr einfache Konzepte von numerischer Quantität wie "Einsheit", "Zweiheit", "Dreiheit". Für diese Konzepte konnte gezeigt werden, daß sie bereits in der frühen Kindheit erworben werden und auf der schnellen, mühelosen und genauen Erfassung von maximal vier Elementen beruhen (vgl. Stephany 1998, Butterworth 1999). Die primären Konzepte numerischer Quantität stellen meiner Auffassung nach die Basis für die [+PL]/[-PL]Distinktion dar, die für die Pronomensysteme natürlicher Sprachen charakteristisch ist und in vielen Sprachen darüber hinaus durch morphologische Markierungen an weiteren nominalen Elementen ausgedrückt wird (vgl. Stebbins 1997, Corbett 2000). Die primären numerischen Quantitätskonzepte können auch die Basis für weitere Distinktionen innerhalb des [+PL]Bereichs bilden: (i) für die Unterscheidung zwischen [+DUAL] und [-DUAL], die in Sprachen wie dem Altgriechischen für Markierungen der Zweizahl verantwortlich ist, (ii) für die [+TRIAL]/[-TRIAL]-Distinktion, die Markierungen der Dreizahl in Sprachen wie dem Fidschi ermöglicht, sowie (iii) für die Unterscheidung zwischen [+PAUCAL] und [-PAUCAL], die Markierungen für den Plural der überschaubaren Anzahl zugrundeliegt. Neben der Dimension NUMERUS trägt auch die Dimension PERSON zur Spezifikation des referentiellen Arguments von Nomina bei. PERSON-Markierungen zeigen die Partizipantenrolle im Sprechkontext an. Dabei erfolgt in allen bislang untersuchten Sprachen eine Unterscheidung zwischen dem Sprecher (1.Ps.), dem Adressaten (2.Ps.) und Partizipanten, die weder Sprecher noch Adressaten sind (3.Ps.; vgl. u.a. Greenberg 1963b:96, Aikhenvald/ Dixon 1998:57). Darüber hinaus kann die 1.Ps.Pl. eine exklusive und eine inklusive Lesart haben, je nachdem ob der Adressat ausgeschlossen oder eingeschlossen wird. Solche Distinktionen in bezug auf die Dimension PERSON lassen sich durch Merkmale wie [±HÖRER] oder [±SPRECHER] erfassen. So ließen sich z.B. die 1.Ps. und 2.Ps. als [+SPRECHER] bzw. als [+HÖRER] charakterisieren, und die inklusive Lesart der 1.Ps.Pl. könnte man durch die Spezifikation [+HÖRER, +SPRECHER] beschreiben. Das referentielle Argument von Verben ist komplexer als das referentielle Argument von Nomina, die im allgemeinen auf Individuen referieren. Verben dienen nämlich prototypischerweise zur Beschreibung von Ereignissen, die einerseits zeitlich verankert und andererseits auf eine bestimmte Welt bezogen sind - z.B. auf die aktuale Welt, auf eine nicht-aktuale Welt oder auf eine gewünschte Welt. Dem trägt man in der PPT dadurch Rechnung, daß man sich in Prädispositionen für die Kategorisierung sprachlicher Elemente 162 vielen Analysen der Nominalphrasenstruktur auf die Annahme einer einzigen funktionalen Kategorie (D) beschränkt, während man zur Spezifikation des verbalen referentiellen Arguments mindestens zwei funktionale Kategorien (I und C) annimmt (vgl. z.B. Haegeman 1991). Dabei erfolgt die zeitliche Verankerung durch Spezifikationen, die in der PPT mit der funktionalen Kategorie I verbunden sind - durch Aspektspezifikationen (z.B. PERFEKTIV, PROGRESSIV, ...) und durch Tempusspezifikationen (z.B. PRÄSENS, PRÄTERITUM ; vgl. Bybee 1985, Klein 1994). Der Bezug auf eine mögliche Welt beruht hingegen auf Merkmalsspezifikationen, die mit der funktionalen Kategorie C assoziiert sind - nämlich auf Modusspezifikationen (z.B. INDIKATIV, OPTATIV, ...) und Satzmodusspezifikationen (z.B. EVIDENTIAL oder IMPERATIV; vgl. Bybee 1985). Auf mögliche Distinktionen und Merkmalswerte möchte ich im folgenden nicht näher eingehen, da in bezug auf diese Dimensionen eine große Uneinigkeit besteht (vgl. die Diskussion bei Bybee 1985, Klein 1994) und verbale funktionale Merkmale in der folgenden Diskussion keine zentrale Rolle spielen. Entscheidend ist hier nur, daß sämtliche Distinktionen durch binäre Merkmale erfaßt werden (z.B. [±SIMULTAN] oder [±HABITUELL] für TEMPUS- und ASPEKT-Distinktionen, [±KONJUNKTIV] für MODUS sowie [±IMPERATIV], [±W] und [±EVIDENTIAL] für SATZMODUS). Den Ausgangspunkt für die Instantiierung der angesprochenen Merkmale bilden - wie bereits in Kapitel II.3.1 erläutert - Kontraste zwischen Formen wie Kamera und Kameras. Angesichts solcher Kontraste müssen Kinder annehmen, daß diese beiden Formen sich in ihren Input- oder Outputspezifikationen unterscheiden. Anders wäre das Spezifizitätsprinzip nämlich nicht anwendbar, und der Sprecher, der diese Formen produziert hat, hätte bei der lexikalischen Auswahl keine Entscheidung zwischen diesen beiden Formen treffen können. Wenn Kinder annehmen, daß sich kontrastierende Formen in ihren Input- oder Outputspezifikationen unterscheiden, müssen sie meiner Auffassung nach angesichts von Formkontrasten unter anderem überprüfen, ob die beobachteten Formkontraste mit Unterschieden in referentiellen Spezifikationen einhergehen. Dabei können sie feststellen, ob das Auftreten einer bestimmten Form mit einer positiven Merkmalsspezifikation einhergeht - wie z.B. das Auftreten der Form Kameras mit der Spezifikation [+PL]. Die Details des Instantiierungsprozesses für funktionale Merkmale sind für die weitere Diskussion nicht entscheidend, da in den folgenden Kapiteln die Instantiierung von formalen Prädispositionen für die Kategorisierung sprachlicher Elemente 163 und relationalen Merkmalen im Vordergrund steht. Wichtig für die folgende Diskussion ist lediglich die Annahme, daß der Hypothesenraum des Kindes bei der Instantiierung funktionaler Merkmale in mehrfacher Hinsicht eingeschränkt ist: Erstens gewährleisten die in diesem Kapitel diskutierten Beschränkungen für grammatikalisierbare Dimensionen und Distinktionen, daß Kinder nicht beliebige Hypothesen aufstellen. Zweitens bewirken die Beziehungen zwischen Merkmalsspezifikationen und Merkmalsinstantiierungsprozessen, die ich in Kapitel IV.1 ausführlicher diskutieren möchte, eine interne Strukturierung des Hypothesenraums und sorgen so dafür, daß Kinder nicht zu jedem Zeitpunkt und in jedem Kontext alle potentiellen Hypothesen gleichzeitig testen müssen. 3.5 Relationale Merkmale Neben referentiellen Argumenten können lexikalische Elemente auch Argumente haben, die sich auf Individuen beziehen und durch Nominalphrasen realisiert werden. Diese Argumente können prinzipiell auf drei Arten gebunden werden: (i) durch eine morphologische Kasusmarkierung am Argument selbst, (ii) durch eine Kongruenzmarkierung an demjenigen lexikalischen Element, das diese Nominalphrase als Argument nimmt, sowie (iii) durch die Positionierung der Argumentnominalphrase relativ zu diesem lexikalischen Element (vgl. u.a. Kiparsky 1992, 1997, 2001). Dabei spielen diese drei Mechanismen in den Sprachen, mit deren Erwerb ich mich im folgenden primär befassen werde, eine unterschiedliche Rolle: Im Deutschen erfolgt die Lizensierung von Argumenten beispielsweise durch die Kasusmarkierung der Argumente sowie durch Subjekt-Verb-Kongruenzmarkierungen; die Argumentlizensierung im Englischen basiert hingegen überwiegend auf fester Wortstellung; und im Japanischen liegt ein reines Kasuslizensierungssystem vor. Bei der Argumentlizensierung durch Kasusmarkierungen, auf die ich in Kapitel III.3 näher eingehen werde, lassen sich drei Grundtypen von Kasussystemen voneinander abgrenzen: Akkusativsysteme, Ergativsysteme und Aktiv/Inaktivsysteme (vgl. Comrie 1978, Dixon 1979, 1994, Plank 1979, Blake 1994, 2001, Primus 1998, 1999 und Stiebels 2002 für einen Überblick). Prädispositionen für die Kategorisierung sprachlicher Elemente (26) (a) Akkusativsystem (z.B. Deutsch) AGENS intransitiv transitiv (b) PATIENS Nominativ Akkusativ Ergativsystem (z.B. Baskisch; vgl. Lafitte 1962) AGENS intransitiv transitiv (c) 164 PATIENS Absolutiv Ergativ Aktiv/Inaktivsystem (z.B. Bats(isch); vgl. Holisky 1987) intransitiv transitiv AGENS PATIENS Aktiv Inaktiv Wie man in (26) sieht, unterscheiden sich die drei Grundtypen von Kasussystemen in der Distribution von Kasusmarkierungen: Bei Akkusativsystemen weisen das einzige Argument intransitiver Verben und das AGENS-Argument transitiver Verben dieselbe Kasusmarkierung auf. Bei Ergativsystemen werden Argumente intransitiver Verben hingegen wie das PATIENSArgument transitiver Verben markiert; und bei Aktiv/Inaktivsystemen tragen AGENSArgumente unabhängig von der Transitivität des betreffenden Arguments dieselbe Kasusmarkierung. Pinker (1984) hat aus der Hypothese des semantischen Bootstrapping eine Erklärung für den Erwerb von Akkusativ- und Ergativsystemen abgeleitet. Diese beruht auf der Annahme, daß Kinder unabhängig vom Grammatikerwerb die Bedeutung einiger Inhaltswörter lernen und mit Hilfe von Kontextinformationen erste semantische Repräsentationen für Inputsätze konstruieren können. Anhand dieser semantischen Repräsentationen können sie dann ermitteln, welche Θ-Rolle eine Nominalphrase hat, und die overten Markierungen an diesen Nominalphrasen analysieren. Dabei können sie sich Pinker zufolge die folgenden Korrelationen zwischen Kasuskategorien und Θ-Rollen zunutze machen: (27) (a) (b) (c) (d) AGENS einer transitiven Handlung PATIENS einer transitiven Handlung ACTOR einer intransitiven Handlung GOAL, BENEFIZIENS NOMINATIV/ERGATIV AKKUSATIV/ABSOLUTIV NOMINATIV/ABSOLUTIV DATIV So können sie z.B. GOAL-Nominalphrasen im Input finden und diese Markierungen als Dativmarkierungen analysieren. Anschließend müssen sie diese Markierungen dann durch Prädispositionen für die Kategorisierung sprachlicher Elemente 165 distributionelles Lernen auf Nominalphrasen mit anderen Θ-Rollen generalisieren - z.B. auf EXPERIENCER-Argumente von Verben wie schmecken. Darüber hinaus müssen sie die Kasusmarkierungen an AGENS-, PATIENS- und ACTOR-Argumenten miteinander vergleichen, um festzustellen, ob ihre Zielsprache ein Akkusativsystem aufweist (ACTOR = AGENS) - oder aber ein Ergativsystem (ACTOR = PATIENS). Somit involviert der Erwerbsprozeß in Pinkers Analyse neben dem eigentlichen Bootstrappingprozeß auch distributionelles Lernen und zusätzliche Vergleiche von Kasusmarkierungen an Argumenten transitiver und intransitiver Verben (vgl. Bowerman 1985 zur Diskussion).18 Die in (27) dargestellten Zusammenhänge zwischen Kasusmarkierungen und Θ-Rollen treffen außerdem nicht für alle Inputsätze zu. Vielmehr gelten sie Pinker zufolge nur in sog. Basissätzen - d.h. in pragmatisch neutralen, uneingebetteten deklarativen Aktivsätzen mit minimal flektierten Hauptverben. So geht z.B. die PATIENS-Rolle in Aktivsätzen wie (28a) mit einer Akkusativmarkierung einher. In Passivsätzen wie (28b) ist dies hingegen nicht der Fall. Wenn man Sätze wie (28b) als Basis für den Kasuserwerb nähme, würde man die Nominativmarkierungen an PATIENS-Argumenten in Passivsätzen fälschlicherweise als Absolutiv- oder Akkusativmarkierungen analysieren. (28) (a) (b) Der Junge füttert [den Hahn] AKK. [Der Hahn] NOM wird (von dem Jungen) gefüttert. Pinker (1984) muß daher annehmen, daß Kinder sich beim Kasuserwerb auf die Analyse von Basissätzen beschränken, in denen die für den Kasuserwerb erforderlichen Korrelationen gelten. Für diese Annahme konnte bislang allerdings noch keine überzeugende Evidenz erbracht werden. Vielmehr haben eine Reihe von Erwerbsstudien gezeigt, daß Passivsätze in einigen nicht-indoeuropäischen Sprachen häufig im Input vorkommen und bereits in der ZweiWort-Phase zu beobachten sind (vgl. z.B. Suzman 1985, Pye/Poz 1988, Demuth 1989, 1990, Allen 1994, Allen/Crago 1993, 1996). 18 Ähnliche Probleme ergeben sich auch aus der Analyse von Slobin (1985). Slobin zufolge müssen Kinder zunächst feststellen, daß Akkusativ- und Ergativmarkierungen bei Aktivsätzen, die sichtbare Handlungen an einem physischen Objekt beschreiben, das AGENS bzw. das PATIENS kodieren. Dann müssen sie diese Markierungen auf Beschreibungen anderer Handlungstypen generalisieren und mit Markierungen an Argumenten intransitiver Verben vergleichen (vgl. Bowerman 1985). Prädispositionen für die Kategorisierung sprachlicher Elemente 166 Daher versucht Pinker (1989), zu universellen Abbildungsregeln zu gelangen, die nicht nur für Basissätze gelten und als Basis für den Einstieg ins Kasussystem fungieren können. Hierzu nimmt er an, daß Aktiv- und Passivsätze, die dasselbe Ereignis beschreiben, dieselbe konzeptuelle Repräsentation haben, sich aber in ihren semantischen Repräsentationen unterscheiden. Dabei schreibt Pinker Aktivsätzen wie (28a) die Kernbedeutung in (29a) zu und Passivsätzen wie (28b) die Kernbedeutung in (29b): (29) (a) (b) X ACTS on Y X IS in the circumstance characterized by Y's acting on it Aus semantischen Repräsentationen, die auf Kernbedeutungen wie (29a) und (29b) beruhen, lassen sich Pinker (1989:74) zufolge mit Hilfe universeller Abbildungsregeln morpho-syntaktische Repräsentationen ableiten: Das erste Argument von ACT wird auf die Subjektposition des Aktivsatzes abgebildet, während das zweite Argument dieses Prädikats als direktes Objekt realisiert wird.19 Die semantische Repräsentation für den Passivsatz (28b) involviert nicht das Prädikat ACT, sondern das Prädikat BE (vgl. (29b)). Dessen erstes Argument nimmt Pinker zufolge die Subjektposition ein, wenn es nicht aufgrund einer anderen Abbildungsregel als direktes Objekt realisiert wird. Die Variable Y in (29b) wird durch keine Abbildungsregeln erfaßt und daher nicht durch eine Argument-DP mit Defaultkasus realisiert. Im Deutschen kann sie als Präpositionalphrase erscheinen. Für die Zuweisung von Kasusmarkierungen an die einzelnen syntaktischen Argumente postuliert Pinker (1989) angeborene Kasusmarkierungsregeln, wie sie z.B. Chomsky (1981) vorgeschlagen hat. Dabei unterscheiden sich Akkusativ- und Ergativsprachen Pinker zufolge in ihren Kasusmarkierungsregeln: In Akksuativsprachen trägt das Subjekt eine Nominativmarkierung und das direkte Objekt eine Akkusativmarkierung. In Ergativsprachen wird hingegen das Subjekt transitiver Verben mit dem Ergativ markiert, während Subjekte intransitiver Verben und direkte Objekte Absolutivmarkierungen aufweisen. Dementsprechend muß ein spracherwerbendes Kind herausfinden, welche Kasusmarkierungsregeln in der betreffenden Zielsprache gelten. Dazu müßte es Kasusmarkierungen an 19 Bei der Einführung der Abbildungsregeln bezieht sich Pinker (1989:74) zuerst nur auf das Prädikat CAUSE und noch nicht auf das Prädikat ACT. Dies tut er aber bei der späteren Diskussion der Passivregel (Pinker 1989:91). Prädispositionen für die Kategorisierung sprachlicher Elemente 167 Argumenten transitiver und intransitiver Verben vergleichen. Damit involviert der Erwerbsprozeß auch in Pinkers neuerer Analyse neben dem eigentlichen Bootstrappingprozeß den Vergleich von Kasusmarkierungen an Argumenten transitiver und intransitiver Verben. Dies liegt meiner Auffassung nach daran, daß die Analysen von Pinker (1984, 1989) auf atomaren Θ-Rollen wie AGENS oder "1. Argument von ACT" und atomaren Kasuskategorien wie AKKUSATIV oder ERGATIV beruhen. Mit solchen Rollen bzw. Kategorien kann man nicht erfassen, warum zwei Argumente mit unterschiedlichen Rollen (z.B. AGENS und ACTOR) denselben Kasus tragen - d.h. in bezug auf die Kasusmarkierung eine natürliche Klasse bilden. Daher lassen sich auch keine einheitlichen Konzepte angeben, auf deren Basis Kasusmarkierungen instantiiert werden können. Wie in Kapitel I.7.1 erläutert, eignen sich Merkmale besser zur Erfassung natürlicher Klassen als unabhängig definierte Kategorien. Daher werde ich im folgenden für einen merkmalsbasierten Ansatz argumentieren und zu zeigen versuchen, daß ein solcher Ansatz die Annahme von Vergleichsstrategien überflüssig macht.20 Um die Distribution von Kasusmarkierungen und ihren Erwerb zu erfassen (vgl. Kapitel III.3), nehme ich ebenso wie Pinker an, daß Kinder zumindest für einen relativ großen Teil ihrer Inputäußerungen feststellen können, auf welchen Ereignispartizipanten die einzelnen DPArgumente referieren. 21 Im Gegensatz zu Pinker postuliere ich aber weder angeborene Kasuskategorien wie AKKUSATIV oder DATIV noch angeborene Abbildungs- und Kasusmarkierungsregeln. Statt dessen orientiere ich mich an Ansätzen, die die Distribution von Kasus- 20 21 Vgl. auch Jakobsons (1936/1971:29) Merkmalsanalyse von Kasussystemen und seine Argumente dafür, "daß die Versuche, die einzelnen Kasus isoliert zu bestimmen vergeblich sind, und daß es unumgänglich ist, vom Gesamtsystem der Kasusgegensätze auszugehen". In der folgenden Diskussion setze ich zur Vereinfachung der Argumentation voraus, daß das Kind beim Erwerb von Kasusmarkierungen in der Lage ist, DP-Argumente von Präpositionalphrasen wie mit dem Hühnerfutter zu unterscheiden. Unterstützung für diese Annahme, die auch Pinkers (1984) Bootstrappinganalyse zugrundeliegt, liefern Verstehensexperimente, bei denen Kinder bereits im Alter von 17 Monaten zuvor präsentierte Präpositionen in Texten wiedererkennen können (vgl. z.B. Höhle/Weissenborn 1998). Außerdem finden sich in den von mir analysierten Daten bereits vor dem Auftreten der ersten Kasusdistinktionen zumindest gelegentlich Präpositionen; vgl. z.B.: (i) mit tecker (= Trecker) (Annelie 3) (ii) für beine (Hannah 3) Dies spricht dafür, daß der Erwerb der kategorialen Merkmale von Präpositionen dem Kasuserwerb vorausgeht, so daß Kinder beim Kasuserwerb zwischen DPs und PPs unterscheiden können. Außerdem beruht der vorgeschlagene Erwerbsmechanis mus nicht auf Entscheidungen, die auf der Basis einzelner Sätze gefällt werden, sondern auf dem schrittweisen Aufbau von Lexikoneinträgen. Daher gehe ich davon aus, daß er robust genug ist, um gelegentliche Fehlanalysen zu verkraften. Prädispositionen für die Kategorisierung sprachlicher Elemente 168 markierungen auf zwei Aspekte von Ereignissen zurückführen, die zentral für die Repräsentation und Speicherung der unterschiedlichsten Ereignistypen sind: (i) auf die Partizipant-Partizipant-Beziehungen und (ii) auf die Partizipant-Ereignis-Beziehungen (vgl. z.B. Lehmann 1991, Dowty 1998, Primus 1998, 1999, Stiebels 2002). Im Anschluß an diese Ansätze, nehme ich eine Prädisposition an, (i) asymmetrische Abhängigkeitsbeziehungen zwischen Ereignispartizipanten sowie (ii) die Kontrolleigenschaften dieser Partizipanten zu grammatikalisieren. ad (i) Abhängigkeitsbeziehungen zwischen Ereignispartizipanten Wenn ein Kind Abbildungsbeziehungen zwischen Ereignispartizipanten und DP-Argumenten hergestellt hat, kann es für Äußerungen mit mehr als einem DP-Argument Abhängigkeitsbeziehungen zwischen den Partizipanten P1 - Pn ermitteln, auf die sich die einzelnen DP-Argumente beziehen. Dabei kann es sich um verschiedene Arten von Abhängigkeitsbeziehungen handeln (vgl. u.a. Primus 1998): Erstens kann P2 als affiziert von P1 betrachtet werden. Hierbei kann P2 als kausal, physisch, malefaktiv oder benefaktiv affiziert aufgefaßt werden. Zweitens kann P2 als von P1 wahrgenommen konstruiert werden, und drittens kann die Bewegung, Zustandsveränderung oder Existenz von P2 als von P1 abhängig angesehen werden. Außerdem kann P2 als von P1 abhängig konzeptualisiert werden, wenn P2 als Besitz von P1 betrachtet wird. (30) (a) (b) (c) Der Junge füttert den Hahn. Der Junge gibt dem Hahn das Futter. Der Hahn bekommt das Futter. Bei der Situation, die durch die Sätze in (30) beschrieben wird, läßt sich der Hahn als abhängig von dem Jungen konzeptualisieren, da der Junge veranlaßt, daß der Hahn das Futter bekommt und ihn so kausal affiziert ((30a) und (30b)). Zugleich kann man das Futter als abhängig von dem Hahn betrachten, da der Hahn in den Besitz des Futters gelangt ((30b) und (30c)). Wie ich in Kapitel II.2 bereits kurz erläutert habe, lassen sich diese Abhängigkeitsbeziehungen zwischen Ereignispartizipanten auf asymmetrische Beziehungen zwischen Argumenten in hierarchisch organisierten semantischen Repräsentationen abbilden. Dabei gewährleistet das Prädispositionen für die Kategorisierung sprachlicher Elemente 169 Relationserhaltungsprinzip, daß die Asymmetrie der Beziehungen erhalten bleibt: Wenn ein Partizipant P2 als abhängig von einem Partizipanten P1 konstruiert wird, muß das A2-Argument auch eine niedrigere Position in der semantischen Repräsentation einnehmen als das A1-Argument. Dementsprechend nimmt das Argument, das sich auf den Hahn bezieht, bei den Beispielen (30a) und (30b) eine niedrigere Position ein als das Argument, das auf den Jungen referiert. Zugleich befindet sich in den Beispielen (30b) und (30c) das Argument, das sich auf das Futter bezieht, in einer niedrigeren Position als das Argument, das auf den Hahn referiert. Damit ergibt sich die Argumenthierarchie in Abb.II-1. Wie man in Abb.I-1 erkennen kann, läßt sich die relative Argumentposition durch zwei binäre Merkmale erfassen: [±hr] (= es gibt (k)eine höhere Rolle) und [±lr] (= es gibt (k)eine niedrigere Rolle; vgl. Wunderlich 1997). Den Ausgangspunkt für die Verwendung dieser beiden Merkmale bildet die Beobachtung, daß atomare Θ-Rollen wie AGENS oder EXPERIENCER bei der Abbildung von semantischen auf morpho-syntaktische Repräsentationen keine entscheidende Rolle spielen (vgl. u.a. Grimshaw 1990, Dowty 1991). So verhalten sich z.B. das AGENS-Argument des Verbs füttern und das EXPERIENCER-Argument des Verbs hören syntaktisch und morphologisch gleich. Wichtig scheint hingegen die interne Struktur des jeweiligen Ereignisses zu sein, die als Basis für die entsprechende semantische Repräsentation fungiert: Beispielsweise werden DP-Argumente auf das Subjekt von Aktivsätzen abgebildet und nominativisch bzw. ergativisch markiert, wenn sie sich auf Partizipanten beziehen, die eingebettete Teilereignisse bewirken (vgl. Dowty 1991, Baker 1997, vanValin/LaPolla 1997, Primus 1998, 1999). Prädispositionen für die Kategorisierung sprachlicher Elemente 170 Abb.II-1: Relationale Merkmalsspezifikationen für Argumente intransitiver, transitiver und ditransitiver Verben ditransitive Verben höchstes Argument mittleres Argument niedrigstes Argument -hr +hr +hr +lr +lr -lr | | | dem Hahn das Futter Der Junge gibt transitive Verben höchstes Argument niedrigstes Argument -hr +hr +lr -lr | | Der Hahn bekommt das Futter Der Junge füttert den Hahn intransitive Verben -hr -lr | Der Hahn frißt Der Hahn wird gefüttert Bierwisch (1989, 1999) geht daher davon aus, daß sich die morpho-syntaktische Realisierung direkt aus der relativen hierarchischen Position des betreffenden Arguments in der semantischen Repräsentation ableiten läßt. Diese Annahme haben Kiparsky (1992, 1997, 2001) und Wunderlich (1997) aufgegriffen und jeweils zwei Merkmale zur Kodierung der relativen Argumentposition vorgeschlagen. Verwendet man Wunderlichs Merkmale [±hr] (= es gibt (k)eine Prädispositionen für die Kategorisierung sprachlicher Elemente 171 höhere Rolle) und [±lr] (= es gibt (k)eine niedrigere Rolle), trägt das einzige Argument intransitiver Verben ([-hr,-lr]) keine positiven Merkmalsspezifikationen. Es wird nämlich nicht von anderen Argumenten des betreffenden Verbs abgegrenzt. Die Argumente transitiver Verben haben hingegen jeweils eine positive Spezifikation ([+hr,-lr] bzw. [-hr,+lr]), da sie von jeweils einem anderen Argument zu unterscheiden sind. Dreiwertige Verben haben zusätzlich zu diesen Argumenten noch ein mittleres Argument, das von den beiden anderen abgegrenzt wird und daher zwei positive Spezifikationen aufweist ([+hr,+lr]).22 Wenn Kinder semantische Repräsentationen wie in Abb.II-1 aufgebaut haben, sind sämtliche Argument-DPs in diesen Repräsentationen für [±hr] und [±lr] spezifiziert. Mit den Merkmalen [±hr] und [±lr] lassen sich aber nicht nur die strukturellen Argumentpositionen selbst charakterisieren; auch Kasusmarkierungen und Kongruenzmarkierungen sowie die Komplementpositionen des Verbs weisen solche Spezifikationen auf (vgl. Wunderlich 1997 sowie Kiparsky 1992, 1997, 2001 für ähnliche Überlegungen zur Verwendung der Merkmale [±HR] und [±LR]). Diese Spezifikationen erwerben Kinder meines Erachtens, wenn sie auf minimale Formkontraste zwischen verschiedenen Kasusformen stoßen, z.B. auf den Kontrast zwischen der Nominativpostposition ga und der Akkusativpostposition o im Japanischen. Wie in Kapitel II.3.1 erläutert, zwingt das Spezifizitätsprinzip Kinder angesichts solcher Formkontraste, nach unterschiedlichen Spezifikationen für die beiden kontrastierenden Postpositionen zu suchen. Dabei können sie feststellen, ob das Auftreten bestimmter Kasusmarkierungen stets mit dem Vorliegen einer positiven Spezifikation für die Merkmale [±hr] oder [±lr] einhergeht. Ist dies der Fall, wird diese Spezifikation in den Lexikoneintrag für die entsprechende Kasusmarkierung integriert. Negative Merkmalsspezifikationen spielen hingegen - dem Prinzip der radikalen Unterspezifikation (vgl. Kapitel II.1.2) gemäß - beim Aufbau von Lexikoneinträgen für Kasusmarkierungen keine Rolle. 22 Verwendet man Kiparskys Merkmale [±H(igher)R(ole)] und [±L(ower)R(ole)], hat das einzige Argument eines intransitiven Verbs zwei positive Spezifikationen, während das mittlere Argument dreiwertiger Verben keinerlei positive Spezifikationen aufweist. Diese Distribution von Merkmals werten entspricht nicht der morphologischen Markiertheit, da das mittlere Argument dreiwertiger Verben typischerweise morphologisch markierter ist als das einzige Argument eines intransitiven Verbs. Prädispositionen für die Kategorisierung sprachlicher Elemente 172 Abb.II-2: Relationale Merkmalsspezifikationen für Argumente intransitiver, transitiver und ditransitiver Verben ditransitive Verben höchstes Argument mittleres Argument niedrigstes Argument -hr +hr +hr +lr +lr -lr | | | NOM ERG DAT DAT AKK ABS transitive Verben höchstes Argument niedrigstes Argument -hr +hr +lr -lr | | NOM AKK ERG ABS intransitive Verben DAT [+hr,+lr] -hr AKK [+hr], -lr ERG [+lr] | NOM/ABS [ _ ] NOM ABS Wie man in Abb.II-2 erkennen kann, sind Dativmarkierungen sowohl bei Akkusativ- als auch bei Ergativsprachen auf mittlere Argumente mit der Spezifikation [+hr,+lr] beschränkt. Daher sollten Kinder für diese Markierungen Einträge mit einer [+hr,+lr]-Spezifikation schaffen. Prädispositionen für die Kategorisierung sprachlicher Elemente 173 Beim Erwerb von Akkusativsprachen können Kinder feststellen, daß Akkusativmarkierungen nur bei niedrigeren Argumenten auftreten, d.h. mit einer [+hr]-Spezifikation einhergehen. Für das Merkmal [±lr] haben Argumente mit Akkusativmarkierungen hingegen keinerlei positive Spezifikationen. Daher bekommen Lexikoneinträge für Akkusativformen, dem Konzept der radikalen Unterspezifikation gemäß, nur die Spezifikation [+hr]. Nominativmarkierungen treten sowohl bei [+lr]- als auch bei [-lr]-Argumenten auf, aber nie bei [+hr]-Argumenten. Das Auftreten dieser Markierungen ist somit nicht an das Vorliegen positiver Merkmalsspezifikationen gebunden. Daher bleibt der Lexikoneintrag für Nominativmarkierungen unterspezifiziert. Damit ergeben sich für Kasusmarkierungen in Akkusativsprachen die folgenden Spezifikationen: DAT [+hr,+lr], AKK [+hr], NOM [ _ ].23 Beim Erwerb von Ergativsprachen finden Kinder Ergativmarkierungen, die auf [+lr]-Argumente beschränkt sind, d.h. stets ein höheres Argument markieren. Dies sollte zur Integration des Merkmals [+lr] in Lexikoneinträge für Ergativmarkierungen führen. Absolutivaffixe markieren hingegen sowohl [+hr]- als auch [-hr]-Argumente. Außerdem haben Argumente mit Absolutivmarkierungen nie die Spezifikation [+lr]. Für Absolutivmarkierungen läßt sich somit kein Zusammenhang zwischen positiver Spezifikation und Kasusmarkierung beobachten. Daher bleibt der Lexikoneintrag für diese Markierungen unterspezifiziert. Somit ergeben sich für Kasusmarkierungen in Ergativsprachen die folgenden Spezifikationen: DAT [+hr,+lr], ERG [+lr], ABS [ _ ].24 Sind die Spezifikationen für die einzelnen Kasusmarkierungen erst einmal erworben, ergibt sich die Distribution dieser Markierungen aus dem Spezifizitätsprinzip: Dativmarkierungen sind mit ihrer [+hr,+lr]-Spezifikation die spezifischsten Markierungen. Dies gibt ihnen den Vorrang vor anderen Markierungen, wenn sie mit den Spezifikationen des betreffenden Arguments kompatibel sind. Dies ist allerdings nur bei mittleren Argumenten der Fall, die ebenso wie die Dativmarkierungen als [+hr,+lr] spezifiziert sind. Akkusativmarkierungen und Ergativmarkierungen sind aufgrund ihrer [+hr]- bzw. [+lr]-Spezifikation spezifischer als die völlig unter- 23 24 Ähnliche Aussagen zur semantischen Basis und Distribution negativer und positiver Merkmals werte für Nominativ- und Akkusativmarkierungen finden sich bereits bei Jakobson (1936/1971: 32). Jakobson (1936/1971:52) geht darüber hinaus auch davon aus, daß "der Dativ als der Kasus des indirekten Objekts oder des Nebenobjekts definiert" werden sollte. Ähnliche Aussagen zur semantischen Basis und Distribution negativer und positiver Merkmals werte für Ergativ- und Absolutivmarkierungen finden sich bereits bei Jakobson (1936/1971:32). Prädispositionen für die Kategorisierung sprachlicher Elemente 174 spezifizierten Nominativ- und Absolutivmarkierungen. Daher werden Akkusativmarkierungen und Ergativmarkierungen denjenigen Argumenten zugewiesen, die mit ihrer [+hr]- bzw. [+lr]Spezifikation vereinbar sind, d.h. dem niedrigsten bzw. höchsten Argument. Das jeweils verbleibende Argument, für das in dem betreffenden Kasussystem keine Markierung mit einer kompatiblen positiven Merkmalsspezifikation verfügbar ist, wird dann jeweils nominativisch bzw. absolutivisch markiert. In einem Akkusativsystem ist dies das höchste Argument, in einem Ergativsystem das niedrigste Argument. Die diskutierte merkmalsbasierte Analyse kommt somit nicht nur mit minimalen Annahmen zu angeborenen Universalien aus; sie ermöglicht auch eine Erklärung des Erwerbs der Akkusativ/Ergativdistinktion, die ohne Zusatzstrategien oder die Unterscheidung zwischen semantischem Bootstrapping und distributionellem Lernen auskommt. ad (ii) Die Kontrolleigenschaften von Ereignispartizipanten Die beiden Merkmale [±hr] und [±lr] reichen allerdings nicht aus, um die Distribution von Kasusmarkierungen in den Kasussystemen natürlicher Sprachen zu erfassen. Insbesondere lassen sich mit Hilfe dieser Merkmale keine Aktiv/Inaktivsysteme beschreiben. Bei diesen Kasussystemen, die in vielen karibischen Sprachen zu beobachten sind, tragen AGENS-Argumente unabhängig von der Transitivität des betreffenden Verbs stets eine Aktivmarkierung; PATIENS-Argumente intransitiver und transitiver Verben weisen hingegen eine Inaktivmarkierung auf (vgl. Klimov 1973, Dixon 1979, Blake 1994, 2001). Somit muß man zur Beschreibung dieser Systeme zwischen AGENS- und PATIENS-Argumenten von intransitiven Verben unterscheiden können. Dies ist aber mit den beiden Merkmalen [±hr] und [±lr] nicht möglich, da das einzige Argument intransitiver Verben stets einfach nur als [-hr,-lr] spezifiziert ist. Welche Partizipanteneigenschaften der Unterscheidung zwischen AGENS- und PATIENSArgumenten intransitiver Verben zugrunde liegen, ist noch umstritten. Diskutiert werden unter anderem Kontrolle, Aktivität, Agentivität und Belebtheit (vgl. z.B. Mithun 1991, Primus 1998, 1999). Für den vorgeschlagenen Erwerbsmechanismus ist es nicht entscheidend, welcher dieser Faktoren primär für die Distribution von Kasusmarkierungen bei intransitiven Verben ist. Wichtig ist lediglich, daß sich alle diese Faktoren auf die Relationen zwischen Partizipanten und dem betreffenden Ereignis beziehen, während die Absolutiv/Ergativdistinktion sich aus der Prädispositionen für die Kategorisierung sprachlicher Elemente 175 Markierung von Abhängigkeitsbeziehungen zwischen den einzelnen Ereignispartizipanten ergibt.25 Die vorliegenden sprachvergleichenden Studien sprechen allerdings dafür, daß die Wahl einer Aktiv- oder Inaktivmarkierung für Argumente intransitiver Verben sich am besten auf der Basis der Kontrolleigenschaften des betreffenden Partizipanten vorhersagen läßt (für einen Überblick vgl. u.a. Lehmann 1991, Primus 1998, 1999, Stiebels 2002). Daher werde ich im folgenden von einer Prädisposition dafür sprechen, die Kontrolleigenschaften von Ereignispartizipanten zu grammatikalisieren und die entsprechenden Argumente mit dem Merkmal [±c(ontrol)] zu spezifizieren. Dabei schreibe ich einem Partizipanten P1 Kontrolle über das betreffende Ereignis E1 zu, wenn man ihn als verantwortlich für E1 ansehen kann. Dies ist der Fall, wenn P1 bzw. P2 dieses Ereignis initiiert oder aufrechterhalten haben oder wenn es in der Macht von P1 bzw. P2 liegt, das Ereignis zu beenden bzw. zu verhindern (vgl. u.a. Givón 1975, Seiler 1984, Lehmann 1991, Primus 1998). Dazu muß P1 in E1 involviert und aktiv sein und zumindest im metaphorischen Sinne als belebt konstruiert werden (Primus 1998). Dies erklärt, warum das Auftreten von Aktivmarkierungen nicht nur die Kontrolle des entsprechenden Partizipanten über das betreffende Ereignis impliziert, sondern auch seine Aktivität, Agentivität und Belebtheit. Wenn man eine Prädisposition dafür annimmt, die Abhängigkeitsbeziehungen zwischen Ereignispartizipanten und ihre jeweiligen Kontrolleigenschaften zu grammatikalisieren, kann man die Kasusdistribution in den drei in (31) dargestellten Systemen somit mit den Merkmalen [±hr], [±lr] und [±c] erfassen:26 25 26 Neben den Kontrolleigenschaften der Ereignis partizipanten und den Abhängigkeitsbeziehungen zwischen ihnen spielen in einigen Sprachen auch aspektuelle Informationen bei der Distribution von Kasusmarkierungen eine zentrale Rolle (vgl. Mithun 1991). Auf solche Faktoren werde ich am Ende dieses Kapitels bei der Diskussion um inventarbedingte Aufspaltungen von Kasussystemen eingehen. Die Merkmale [±hr] und [±lr] auf der einen Seite und [±c] auf der anderen Seite sind nicht aufeinander reduzierbar, aber auch nicht unabhängig voneinander (vgl. z.B. Seiler 1984, Lehmann 1991, Primus 1998, 1999). Insbesondere kann ein Partizipant P1 nur dann einen anderen Partizipanten P2 dominieren, wenn P1 Kontrolle über die Situation hat, in der sich P1 und P2 befinden. Dementsprechend sind [+lr]-Argumente stets auch für [+c] spezifiziert. Daher könnte es sein, daß Kinder bei Ergativ- und Dativmarkierungen zusätzlich zur [+lr]-Spezifikation noch eine [+c]-Spezifikation vornehmen. Ob dies der Fall ist, läßt sich anhand der im folgenden diskutierten empirischen Befunde nicht entscheiden. Prädispositionen für die Kategorisierung sprachlicher Elemente (31) (a) Akkusativsystem (z.B. Deutsch) AGENS intransitiv transitiv (b) PATIENS Nominativ Akkusativ AKK: NOM: [+hr] [_ ] ERG: ABS: [+lr] [_ ] Ergativsystem (z.B. Baskisch; vgl. Lafitte 1962) AGENS intransitiv transitiv (c) 176 PATIENS Absolutiv Ergativ Aktiv/Inaktivsystem (z.B. Bats(isch); vgl. Holisky 1987) intransitiv transitiv AGENS PATIENS Aktiv Inaktiv AKT: INAKT: [+c] [_ ] Mit dem diskutierten Ansatz läßt sich darüber hinaus auch der Erwerb von Mischsystemen erfassen. Dabei sind drei Typen solcher Systeme zu unterscheiden: Akkusativ/Ergativsysteme, wie sie z.B. im Wangkumara vorliegen, haben sowohl eine Markierung für das höchste Argument transitiver Verben (Ergativ) als auch eine Markierung für das niedrigere Argument eines transitiven Verbs (Akkusativ). Außerdem verfügen sie noch über eine Markierung für das einzige Argument intransitiver Verben (Nominativ/Absolutiv); vgl.: (32) Akkusativ/Ergativsystem (z.B. Wangkumara: vgl. Breen 1976) AGENS intransitiv transitiv PATIENS Nominativ / Absolutiv Ergativ Akkusativ AKK: [+hr] ERG: [+lr] NOM/ABS: [ _ ] Bei einem solchen System impliziert das Auftreten einer Akkusativmarkierung stets das Vorliegen einer [+hr]-Spezifikation. Ergativmarkierungen sind hingegen auf Argumente mit der Spezifikation [+lr] beschränkt. Absolutiv/Nominativmarkierungen treten an Argumenten intransitiver Verben auf, die keinerlei positive Spezifikationen aufweisen. Damit ergeben sich für Akkusativ/Ergativsysteme die folgenden Merkmalsspezifikationen: AKK [+hr], ERG [+lr], NOM/ABS [ _ ].27 Die Distribution dieser Markierungen läßt sich wiederum aus dem Spezifizitätsprinzip ableiten: Die Ergativmarkierungen mit ihrer [+lr]-Spezifikation verhindern die Anwendung von Akkusativ- und Nominativ/Absolutivmarkierungen auf [+lr]-Argumente; und 27 Auch hier könnte man für Ergativmarkierungen neben der [+lr]-Spezifikation auch noch eine [+c]Spezifikation annehmen. Vgl. die vorangehende Fußnote. Prädispositionen für die Kategorisierung sprachlicher Elemente 177 die Akkusativmarkierungen blockieren mit ihrer [+hr]-Spezifikation sowohl Ergativ- als auch Nominativ/Absolutivmarkierungen in [+hr]-Kontexten. Bei sog. "gespaltenen" Kasussystemen ist nur ein Teil des Kasussystems durch eine Ergativ/ Absolutivdistinktion gekennzeichnet, während das übrige System eine Nominativ/Akkusativdistinktion aufweist (vgl. u.a. Dixon 1987, Blake 1994, 2001). Diese Aufspaltungen können entweder inventarbedingt oder Tempus/Modus/Aspekt-bedingt sein (vgl. Stiebels 2001): Eine inventarbedingte Aufspaltung liegt vor, wenn das Auftreten von Kasusdistinktionen von der Kategorie des kasusmarkierten lexikalischen Elements abhängt. So ist z.B. in vielen australischen Sprachen das System der Personalpronomina akkusativisch strukturiert, das übrige Nominalsystem hingegen ergativisch (vgl. Blake 1994, 2001). Bei einem solchen Kasussystem sind Akkusativpronomina stets Realisierungen von [+hr]-Argumenten, während Ergativmarkierungen in nicht-pronominalen Nominalphrasen nur bei Argumenten mit der Spezifikation [+lr] vorkommen.28 Dementsprechend werden Akkusativpronomina als [+hr] spezifiziert und Ergativaffixe als [+lr]. Nominativpronomina und Absolutivmarkierungen in nicht-pronominalen Nominalphrasen bleiben hingegen unterspezifiziert. Die Distribution der einzelnen Formen und Markierungen wird auch hier durch das Spezifizitätsprinzip geregelt. Dieses gewährleistet, daß Akkusativpronomina und Ergativmarkierungen mit ihren [+hr]- bzw. [+lr]-Spezifikationen in den entsprechenden Kontexten Vorrang vor den unterspezifizierten Nominativpronomina bzw. Absolutivmarkierungen haben. Zugleich garantiert das Prinzip der Repräsentationsökonomie, daß Pronomina, die als vollspezifizierte Vollformen gespeichert sind, keine zusätzlichen Markierungen erhalten. Bei einer Tempus/Modus/Aspekt-bedingten Aufspaltung des Kasussystems determinieren die funktionalen Merkmale des betreffenden Verbs die Verfügbarkeit von Ergativ- und Akkusativmarkierungen. So treten Ergativmarkierungen z.B. im Hindi nur im perfektiven Aspekt auf; das übrige Kasussystem ist akkusativisch organisiert (vgl. u.a. Kachru/Pandharipande 1978, Kachru 1987). Dies ließe sich durch die Inputspezifikation [+PERF] in den Lexikoneinträgen für Ergativ- und Absolutivmarkierungen erfassen. Durch diese Inputspezifikation würden Ergativ- und Absolutivmarkierungen in [+PERF]-Kontexten die Anwendung von Nominativ- und 28 Ebenso wie bei Ergativsprachen und Akkusativ/Ergativsprachen ist es auch bei diesem Kasussystem für die weitere Diskussion nicht relevant, ob Ergativmarkierungen als [+lr]-Markierungen oder aber als [+lr,+c]-Markierungen analysiert werden. Prädispositionen für die Kategorisierung sprachlicher Elemente 178 Akkusativmarkierungen blockieren. Erworben werden könnten solche Inputbedingungen, wenn Kinder am höchsten Argument transitiver Verben ([-hr,+lr]) sowohl Nominativ- als auch Ergativmarkierungen vorfinden. Dann sollte das Spezifizitätsprinzip sie dazu zwingen, nach Unterschieden im Anwendungsbereich dieser beiden Kasusmarkierungen zu suchen.29 Insgesamt betrachtet erlaubt der vorgeschlagene minimalistische, merkmals- und formbasierte Ansatz somit eine Erklärung des Erwerbs typologisch sehr unterschiedlicher Kasussysteme, die ohne die Annahme zusätzlicher Lernstrategien auskommt. Ob ein solcher Ansatz auch die empirischen Befunde zum Kasuserwerb besser erfassen kann als ein kategorien- und konzeptbasierter Ansatz zum Bootstrappingproblem, werde ich in Kapitel III.3 untersuchen. 3.6 Formale Merkmale Lexikalische Elemente verfügen nicht nur über kategoriale Eigenschaften, referentielle Argumente und DP-Argumente, die lizensiert werden müssen; sie weisen auch formale Eigenschaften auf. Insbesondere lassen sich Nomina in vielen Sprachen einzelnen Formklassen zuordnen, die jeweils mit bestimmten Formen von Artikeln, Modifikatoren oder Verben kongruieren. Dabei weisen indogermanische Sprachen charakteristischerweise Systeme mit zwei bis drei Genera auf, während man in vielen afrikanischen Sprachen komplexere Nominalklassensysteme beobachten kann. Für beide Typen von Systemen werde ich im Anschluß an Corbett (1991) den Terminus "Genus" verwenden. Die Unterscheidung zwischen den verschiedenen Genera bzw. Nominalklassen geht zwar häufig mit bestimmten semantischen Distinktionen einher (z.B. mit Unterschieden in bezug auf das natürliche Geschlecht oder mit Belebtheitsunterschieden); sie beruht aber sowohl bei Genus- als auch bei Nominalklassensystemen letztlich allein auf dem Kongruenzverhalten der betreffenden Nomina (Hockett 1958, Corbett 1991): Zwei Nomina A und B weisen dasselbe Genus auf, wenn das Nomen A in jedem morphosyntaktischen Kontext und bei jedem mit ihm kongruierenden lexikalischen Element dieselbe Kongruenzmarkierung bewirkt wie das Nomen B. 29 Vgl. Kapitel IV.1 für eine Diskussion über Abhängigkeitsbeziehungen zwischen Merkmals spezifikationen, die den Hypothesenraum von Kindern bei der Suche nach Anwendungsbereichen für Kasusmarkierungen beschränken. Prädispositionen für die Kategorisierung sprachlicher Elemente 179 Im folgenden werde ich zwischen dem Genus von Nomina (controller gender) und den Trägerelementgenera (target gender) unterscheiden. Dabei verstehe ich unter "Trägerelementgenera" die Klassen von Kongruenzmarkierungen, die an den von Nomina kontrollierten Elementen (Adjektiven, Determinierern, ...) auftreten (vgl. Corbett 1991:150ff.). Die Anzahl der Trägerelementgenera kann kleiner sein als die Anzahl der Genusdistinktionen für Nomina, und die Anzahl der Genusdistinktionen für Trägerelemente kann je nach Trägerelement unterschiedlich hoch sein. Dies ist z.B. bei der Adjektiv- und Determiniererflexion im Deutschen der Fall, deren Erwerb ich in Kapitel III.3 ausführlicher diskutieren möchte. Das Deutsche hat zwar drei Genera (MASKULIN, FEMININ, NEUTRUM ); nach bestimmten Artikeln zeigen Adjektive aber die schwache Deklination, bei der nur Formen auf -e und auf -en vorkommen; vgl.: Tab.II-2: Schwache Adjektivflexion im Deutschen Maskulin NOM AKK DAT GEN Singular Neutrum Feminin kurz-e kurz-en kurz-e kurz-en kurz-en Plural kurz-en kurz-en kurz-en kurz-en Dabei kontrastieren Maskulina in Akk.Sg.-Kontexten mit Nomina, die ein anderes Genus haben. Feminina und Neutra unterscheiden sich hingegen in keinem Kasus/Numeruskontext voneinander. Somit weisen schwache Adjektive im Deutschen nur zwei Trägerelementgenera auf. Selbst die Distinktion zwischen Maskulina und anderen Nomina ist dabei auf die Akk.Sg.Zelle des Paradigmas beschränkt. Bei den folgenden Diskussionen über den Erwerb von Genusmerkmalen muß man daher unterscheiden zwischen (i) den Distinktionsmöglichkeiten, die ein bestimmtes Trägerelement aufweist, und (ii) den Distinktionen, die innerhalb einer Zelle des Paradigmas für dieses Element vorgenommen werden. Durch diese Unterscheidung läßt sich auch die Genusmarkierung bei deutschen Demonstrativpronomina besser erfassen: Demonstrativa erlauben nämlich die Unterscheidung zwischen drei Trägerelementgenera. Wie Tab.II-3 zeigt, ist dabei aber nur in der Nom.Sg.-Zelle und in der Akk.Sg.-Zelle auch tatsächlich eine Dreierdistinktion zu beobachten. In der Dat.Sg.-Zelle und in der Gen.Sg.-Zelle kontrastieren jeweils nur zwei Formen; und in Pluralkontexten wird überhaupt keine Genusdistinktion vorgenommen. Prädispositionen für die Kategorisierung sprachlicher Elemente 180 Tab.II-3: Starke Determiniererflexion im Deutschen NOM AKK DAT GEN Maskulin Singular Neutrum dies-er dies-en dies-es dies-es dies-em dies-en Feminin dies-e dies-e dies-er dies-er Plural dies-e dies-e dies-en dies-er Um den Erwerb von Genusdistinktionen zu erfassen, hatte Pinker (1982) die Hypothese aufgestellt, daß Kinder das natürliche Geschlecht von Nomenreferenten dazu benutzen, um Instanzen von Genuskategorien im Input zu identifizieren, und dann das Genus von Nomina mit unbelebten Referenten durch distributionelles Lernen erschließen. Wenn diese Hypothese zuträfe, sollten Genusdistinktionen zuerst bei Nomina mit belebten Referenten zu beobachten sein, und bei Nomina mit unbelebten Referenten sollten anfangs relativ viele Genusfehler auftreten (vgl. Pinker 1984:172f.). Beide Vorhersagen ließen sich aber nicht bestätigen (vgl. u.a. MacWhinney 1978, Maratsos/Chalkey 1980, Levy 1983, Mills 1986, Müller 2000). Außerdem scheinen Kinder keine Probleme mit dem Erwerb von Genussystemen wie dem Deutschen zu haben, in denen neben dem natürlichen Geschlecht auch morphologische und phonologische Regularitäten eine zentrale Rolle spielen. So zeigen z.B. deutsche Kinder bereits im dritten Lebensjahr erste Genusdistinktionen (vgl. z.B. Müller 2000). Dabei berücksichtigen sie von Anfang an auch zielsprachliche phonologische Regularitäten der Genuszuweisung, wie z.B. die Regularität, daß Nomina auf -e prototypischerweise Feminina sind. Pinker (1984) schlägt daher vor, daß Kinder beim Genuserwerb neben semantischen Eigenschaften auch phonologische Eigenschaften von Nomina berücksichtigen. Er erläutert aber nicht, wie Kinder auf der Basis von semantischen und phonologischen Eigenschaften zu Genusdistinktionen gelangen können, die ja allein auf dem Kongruenzverhalten von Nomina beruhen. Daher werde ich eine Analyse des Genuserwerbs vorschlagen, bei dem Trägerelementformen und ihre Kongruenzbeziehungen zu Nomina den Ausgangspunkt bilden.30 Diese 30 Dafür, daß Ge nusdistinktionen auf der Basis des Kongruenzverhaltens von Nomina, d.h. auf der Basis von distributionalen Informationen, instantiiert werden, haben auch MacWhinney (1978) und Maratsos und Chalkey (1980) argumentiert. Ihnen zufolge müssen Kinder dabei Implikationsbeziehungen zwischen den verschiedenen Trägerelementformen erwerben, z.B. "der in Nom.Sg.- Prädispositionen für die Kategorisierung sprachlicher Elemente 181 Analyse involviert weder angeborene Genuskategorien wie MASKULIN noch eine Liste von angeborenen Genusmerkmalen wie [±MASK]. Vielmehr nehme ich an, daß Kinder Genusmerkmale instantiieren, wenn sie Paradigmen für Trägerelemente von Genusmerkmalen aufbauen. Hierbei können sie nämlich in manchen Zellen des Trägerelementparadigmas auf mehr als eine phonologisch distinkte Form desselben Lexems stoßen. Dies ist z.B. für die Nom.Sg.Zelle des deutschen bestimmten Artikels der Fall. Hier konkurrieren drei Formen: der, die und das. Angesichts dieses Formkontrastes können Kinder nach Funktionsdistinktionen suchen, die diesem Kontrast zugrunde liegen - z.B. nach Numerus- oder Kasusdistinktionen. Bei der, die und das lassen sich aber keine positiven funktionalen oder relationalen Merkmalsspezifikationen finden, in bezug auf die sich die kontrastierenden Formen unterscheiden. Es lassen sich somit keine Unterschiede in den Outputspezifikationen für die drei kontrastierenden Formen angeben, die ihre Distribution erfassen könnten. Angesichts solcher Formkontraste, die sich nicht auf Funktionskontraste zurückführen lassen, zwingt das Spezifizitätsprinzip Kinder meines Erachtens dazu, nach Inputbedingungen für diese unterschiedlichen Formen zu suchen. So können sie herausfinden, daß das Auftreten einer bestimmten morphologischen Markierung davon abhängt, welches Nomen das markierte Element modifiziert. Davon ausgehend können sie feststellen, wie viele Genusmerkmale in ihrer jeweiligen Zielsprache syntaktisch aktiv sind und welche Elemente im Input positive Spezifikationen für diese Merkmale tragen. Dabei spielen meiner Auffassung nach mehrere Aspekte der Repräsentationen von Nomina und Trägerelementformen eine zentrale Rolle: Erstens können Kinder ein Genusmerkmal instantiieren, wenn das Auftreten einer bestimmten Trägerelementform auf eine Klasse von Nomina beschränkt ist, die alle dieselbe morphologische Markierung oder denselben Auslaut aufweisen (z.B. Schwa), während die übrigen Trägerelementformen keine solchen phonologischen Beschränkungen erkennen lassen und mit unterschiedlich auslautenden Nomina kombiniert werden. Dabei sollte die Klasse von Nomina, die durch den einheitlichen Auslaut Kontexten impliziert den in Akk.Sg.-Kontexten". Wie dies im einzelnen geschieht, erläutern sie allerdings nicht näher. Prädispositionen für die Kategorisierung sprachlicher Elemente 182 charakterisiert ist, eine positive Genusspezifikation erhalten, die als Inputbeschränkung für die entsprechenden Trägerelementformen fungieren kann.31 Zweitens können Kinder ein Genusmerkmal etablieren, wenn sämtliche Nomina, die mit einer bestimmten Trägerelementform kongruieren, einer einheitlichen semantischen Klasse zuzuordnen sind, während die übrigen Nominalklassen keine einheitliche Semantik aufweisen. Ein solcher Fall läge z.B. vor, wenn bestimmte Trägerelementformen auf Nomina beschränkt sind, die auf Personen ([+HUMAN]) referieren, während die übrigen Trägerelementformen bei Nomina vorkommen, die sich beispielsweise auf Tiere, Artefakte oder unbelebte Naturgegenstände beziehen. Neben den Eigenschaften der Nomina können auch die morpho-phonologischen Repräsentationen der Trägerelementformen bei der Etablierung von Genusdistinktionen eine Rolle spielen. Dies ergibt sich aus dem Verzicht auf die Annahme von Nullmarkierungen und der Idee der radikalen Unterspezifikation: Wenn es keine Einträge für Nullaffixe gibt, in die Spezifikationen aufgenommen werden könnten, müssen diese Spezifikationen nämlich in Einträge für overte Affixe eingetragen werden. Dementsprechend können nur morphologisch markierte Trägerelementformen Genusspezifikationen erhalten. Dabei muß es sich der Idee der radikalen Unterspezifikation gemäß um eine positive Spezifikation handeln, da bei radikaler Unterspezifikation nur dieser Typ von Spezifikationen in Lexikoneinträge integriert werden kann. Wenn eine morphologisch unmarkierte und eine morphologisch markierte Trägerelementform um eine Trägerelementzelle konkurrieren, kann daher nur der morphologisch markierten Form bzw. deren Affix eine positive Spezifikation zugewiesen werden. So erhält z.B. die Form meine (bzw. das Affix -e), die in der Singularzelle des Teilparadigmas in (33) mit der unflektierten Form mein konkurriert, eine positive Genusspezifikation ([+FEM]); die unmarkierte Trägerelementform mein bleibt unterspezifiziert.32 31 32 Bei diesem Beispiel besteht nur bei einer spezifischen Klasse von Nomina eine Implikationsbeziehung zwischen dem Auftreten einer Trägerelementform und dem Vorliegen einer bestimmten phonologischen Eigenschaft. Wenn bei mehr als einer Nominalklasse eine solche Beziehung besteht, kann man hingegen keine Entscheidungen über Genusspezifikationen vornehmen. So reichen bei einem System mit Feminina auf -a und Maskulina auf -u die phonologischen Eigenschaften der Nomina nicht aus, um zu entscheiden, welche der beiden Klassen von Nomina - die Feminina auf -a oder die Maskulina auf -u - eine positive Spezifikation aufweist. Hierfür sind zusätzliche Informationen erforderlich - z.B. die im folgenden diskutierten Eigenschaften von Trägerelementformen. Ich habe in (33) der Einfachheit halber das traditionelle Ge nusmerkmal [±FEM] verwendet, obwohl der durch dieses Merkmal angedeutete Zusammenhang zwischen Genus und natürlichem Prädispositionen für die Kategorisierung sprachlicher Elemente 183 (33) -PL NOM -FEM +FEM mein mein-e +PL mein-e Aus diesen Überlegungen folgt allerdings nicht, daß Nomina, die mit morphologisch unmarkierten Trägerelementformen kongruieren, prinzipiell keine positiven Genusspezifikationen aufweisen können. So haben z.B. Maskulina im Deutschen das Merkmal [+MASK], können aber mit der unmarkierten Form mein kombiniert werden. Aus dem Verzicht auf Nullmarkierungen und der Idee der radikalen Unterspezifikation ergibt sich lediglich, daß das Merkmal [±MASK] nicht auf der Basis des Kontrastes zwischen den Formen mein und meine instantiiert werden kann. Es muß daher auf der Grundlage anderer Informationen etabliert werden. Solche Informationen liegen z.B. vor, wenn nur bei einer der kontrastierenden Nominalklassen ein Formkontrast zwischen Trägerelementformen zu beobachten ist, der mit Unterschieden in funktionalen oder relationalen Merkmalsspezifikationen einhergeht. Dies ist beispielsweise bei Possessivpronomina der Fall, die nur für Maskulina einen Nominativ/Akkusativkontrast zeigen (vgl. (34)). Wenn man diese Kasusdistinktion erfassen will, muß man eine [+hr]-Spezifikation in den Lexikoneintrag für -en integrieren. Durch diese Spezifikation erhält die Form meinen in Akkusativkontexten den Vorrang vor der unterspezifizierten Form mein. Damit -en nicht auf Akk.Neut.Sg.- und Akk.Fem.Sg.-Kontexte übergeneralisiert wird, muß man den Anwendungsbereich dieses Affixes durch eine entsprechende Inputspezifikation auf Maskulina beschränken. Dabei muß es sich dem Konzept der radikalen Unterspezifikation gemäß um eine positive Spezifikation handeln. Somit erzwingt der auf Maskulina beschränkte Kasuskontrast die Instantiierung einer [+MASK]-Spezifikation, die als Inputspezifikation für die Trägerelementendung -en fungieren kann.33 33 Geschlecht - wie bereits diskutiert - bei der Etablierung dieses Merkmals irrelevant ist und nur bei der Zuweisung eines Genusmerkmals an ein unbekanntes Nomen eine Rolle spielt. Diese Überlegungen zeigen, daß Synkretismen, die man als Erschwernis beim Flexionserwerb ansehen könnte, durchaus eine Funktion beim Erwerb von Flexionssystemen und ihren Merkmals spezifikationen haben können. In (34) wäre es nicht möglich, mit den vorgeschlagenen Mechanis men das Merkmal [±MASK] zu instantiieren, wenn bei allen drei Genera eine Nominativ/Akkusativdistinktion zu beobachten wäre. Prädispositionen für die Kategorisierung sprachlicher Elemente 184 (34) -PL -FEM +MASK NOM ([-hr]) mein AKK ([+hr]) mein-en -MASK mein +FEM mein-e +PL mein-e Insgesamt betrachtet können positive Genusspezifikationen somit in drei verschiedenen Kontexten vorgenommen werden: - wenn das Auftreten einer bestimmten Trägerelementform auf eine Klasse von Nomina beschränkt ist, die gemeinsame phonologische oder semantische Eigenschaften aufweisen, während die übrigen Trägerelementformen keine solchen semantischen oder phonologischen Beschränkungen erkennen lassen, - wenn es sich bei der betreffenden Form um eine morphologisch markierte Form handelt, die mit einer unmarkierten Form kontrastiert, oder - wenn eine solche Spezifikation erforderlich ist, um eine Trägerelementform auf einen bestimmten Kasus- oder Numeruskontext einzuschränken. Die Vorhersagen, die sich aus diesen Annahmen ergeben, werde ich in Kapitel III.3 empirisch überprüfen. Arbeitshypothesen 4 185 Arbeitshypothesen Die in den vorangegangenen Kapiteln diskutierten Annahmen zu grammatischen Repräsentationen und Erwerbsmechanismen bilden den Hintergrund für die Überlegungen (i) zum logischen Problem, (ii) zum Entwicklungsproblem, (iii) zum Ordnungsproblem und (iv) zum Bootstrappingproblem, die ich in Kapitel IV anstellen werde. Da einige dieser Annahmen selbst innerhalb generativer Ansätze nicht unumstritten sind, möchte ich sie in Kapitel III einer empirischen Überprüfung unterziehen. Dazu werde ich im folgenden zunächst die Arbeitshypothesen erläutern, die sich aus diesen Annahmen ergeben und die als Ausgangspunkt für die empirischen Untersuchungen in Kapitel III dienen sollen. ad (i) Arbeitshypothesen zum logischen Problem Wie in Kapitel I erläutert, nimmt man angesichts des logischen Problems in allen generativen Ansätzen Beschränkungen des Hypothesenraums an. Diese sollen helfen zu erklären, wie Kinder das komplexe Grammatiksystem ihrer Zielsprache erwerben können, obwohl ihr Input lediglich aus einer endlichen Menge von Einzelsätzen besteht. Dabei leitet man diese Beschränkungen aus der Interaktion von Grammatikarchitektur, formalen Universalien und substantiellen Universalien ab. Dies ist auch bei der hier vertretenen Variante, der Idee des merkmalsbasierten Strukturaufbaus, der Fall. In bezug auf die angenommenen formalen Universalien habe ich in Kapitel II.2 allerdings einige kontroverse Annahmen gemacht. Insbesondere habe ich dafür argumentiert, daß man die Beschränkungen des Hypothesenraums, die man in vielen generativen Ansätzen durch domänenspezifische Regeln oder Prinzipien erfaßt, auch aus generellen Metaprinzipien ableiten kann, deren grammatische Konsequenzen sich erst aus ihrer Anwendung auf sprachliche Elemente und Strukturen ergeben. Diese Prinzipien haben einen unterschiedlichen Status: Beim Repräsentationsökonomie- und beim Derivationsökonomieprinzip handelt es sich um generelle Ökonomieprinzipien, die sich im Rahmen zahlreicher linguistischer und psycholinguistischer Analysen bewährt haben (vgl. u.a. Chomsky 1995, Roeper 1996). Das Strukturabhängigkeitsprinzip und das Spezifizitätsprinzip sind generalisierte Varianten von domänenspezifischen Prinzipien, die man in generativen Ansätzen bereits seit langem verwendet und durch Arbeitshypothesen 186 linguistische Untersuchungen, Erwerbsstudien oder Computersimulationen unabhängig motivieren konnte (vgl. Kapitel II.2). Das Relationserhaltungsprinzip ist ebenfalls eine generalisierte Variante von domänenspezifischen Prinzipien wie dem Linear-Correspondence-Axiom von Kayne (1994). Dieser konnte zwar zeigen, daß man die X-bar-Prinzipien der PPT auf ein Prinzip zurückführen kann, das eine Abbildung von Hierarchien auf lineare Abfolgen verlangt (vgl. Kapitel I.7.1 und Kapitel II.2); einige Konsequenzen des Linear-Correspondence-Axioms und des Relationserhaltungsprinzips sind aber bislang primär durch theorieinterne Überlegungen motiviert und bedürfen noch der empirischen Überprüfung. Dazu gehört insbesondere die Annahme, daß sämtliche Phrasenstrukturrepräsentationen strikt rechtsverzweigend sind (vgl. auch Haider 1992b, 1993b, 2000, 2001, 2002, Kayne 1994, Chomsky 1995, 2001). Für diese Annahme möchte ich daher in Kapitel III.4 empirische Evidenz erbringen. Wenn diese Annahme zutrifft, hätte dies auch Konsequenzen für Erklärungen des Erwerbs von Bewegungsprozessen. Dann sollten Kinder nämlich auch ohne einen morphologischen Auslöser erkennen können, daß ein Element aus seiner Basisposition bewegt worden ist, wenn es weiter links auftaucht, als es von seiner hierarchischen Position her zu erwarten ist. Somit ergeben sich aus der Diskussion zur Idee des merkmalsbasierten Strukturaufbaus zwei Arbeitshypothesen zum logischen Problem, die ich in Kapitel III.4 empirisch überprüfen werde: - Arbeitshypothese L-I Phrasenstrukturrepräsentationen sind strikt rechtsverzweigend, so daß bei allen Typen syntaktischer Phrasen die Spezifiziererposition der Komplementposition stets vorausgeht. - Arbeitshypothese L-II Kinder können auch ohne einen morphologischen Auslöser erkennen, ob ein Element aus seiner Basisposition bewegt worden ist. ad (ii) Arbeitshypothesen zum Entwicklungsproblem In bezug auf das Entwicklungsproblem gehe ich von der Kontinuitätshypothese aus (vgl. Pinker 1984, Crain 1991, 2002), d.h. von der Annahme, daß die Grammatikarchitektur, die (Meta-)Prinzipien und die Kategorisierungsprädispositionen, die den Erwerb der zielsprachlichen Grammatik ermöglichen, von Anfang an in vollem Umfang verfügbar sind. Zugleich Arbeitshypothesen 187 nehme ich aber an, daß die von Kindern im Erwerbsverlauf erzeugten Repräsentationen anfangs noch unterspezifiziert sein können. Diese Arbeitshypothese folgt aus der Annahme, daß sich die syntaktische Struktur von Sätzen nicht aus einem festen Inventar von Kategorien und Projektionen, grammatischen Regeln oder Satzstrukturschablonen ergibt, sondern aus der Interaktion von Metaprinzipien und Vollform- bzw. Affixeinträgen, die bestimmte Merkmalsspezifikationen enthalten. Wenn diese Annahme zutrifft, müssen spracherwerbende Kinder nämlich die Merkmalsspezifikationen der Zielsprache identifizieren und entsprechende Lexikoneinträge für Vollformen bzw. Affixe aufbauen, in die sie diese Spezifikationen integrieren können. Dies läßt sich als ein schrittweiser Prozeß konzipieren, bei dem es zu Entwicklungsdissoziationen und Untergeneralisierungen kommen kann: Erstens gibt es in einem rein lexikonbasierten Grammatikmodell ohne Satzstrukturschablonen keinen Grund für die Annahme, daß alle Lexikoneinträge für funktionale Elemente zum selben Zeitpunkt erworben werden müssen (vgl. auch Roeper 1996). Dementsprechend sind Entwicklungsdissoziationen beim Erwerb von lexikalischen Elementen zu erwarten. Beispielsweise könnte ein Kind über einen Lexikoneintrag L1 für ein funktionales Element F1 verfügen, aber noch keinen Lexikoneintrag L2 für das funktionale Element F2 aufgebaut haben. Dann sollten zu diesem Zeitpunkt Strukturen mit der funktionalen Projektion L1P belegt sein, Projektionen von L2 sollten hingegen nicht vorkommen. So könnten Kinder z.B. unbestimmte Artikel vor bestimmten Artikeln erwerben. Dann sollten sie im gleichen Zeitraum sowohl Nominalphrasen mit unbestimmtem Artikel und einer entsprechenden funktionalen Projektion als auch bloße NP-Projektionen mit ausgelassenem D-Element produzieren. Zweitens besteht in einem merkmalsbasierten Grammatikmodell ohne ein festes universelles Merkmalsinventar oder entsprechende Satzstrukturschablonen die Möglichkeit, daß in einer Sprache S1 zwei Merkmale M1 und M2 syntaktisch aktiv sind und projizieren, in einer Sprache S2 hingegen nur das Merkmal M1 und in einer Sprache S3 nur das Merkmal M2. Ebenso müssen zwei Merkmale M1 und M2, die in einer Sprache zusammen projizieren, im Erwerb nicht notwendigerweise zum selben Zeitpunkt instantiiert werden. Dementsprechend sind Entwicklungsdissoziationen bei der Instantiierung der zielsprachlichen Merkmale zu erwarten. So könnte ein Kind bereits über Lexikoneinträge mit dem Merkmal M1 verfügen und entsprechende Strukturen benutzen, während M2 noch nicht syntaktisch aktiv ist. Wie ich in Kapitel Arbeitshypothesen 188 I.7. erläutert habe, ermöglicht diese Annahme unter anderem eine Erklärung für die Beobachtung, daß deutsche Kinder die V2-Stellung bereits relativ früh beherrschen, aber erst relativ spät overte W-Elemente in SpecCP gebrauchen (vgl. u.a. Clahsen/Penke/Parodi 1993, Clahsen/Kursawe/Penke 1996, Penke 2001). Diese Beobachtung ließe sich nämlich durch die Annahme erfassen, daß die Finitheitsmerkmale in C, die für die V2-Stellung verantwortlich sind, vor den W-Merkmalen in C instantiiert werden (vgl. u.a. Clahsen/Penke/Parodi 1993, Clahsen/Eisenbeiß/Penke 1996). Die Position, in die finite Verben bewegt werden, entspricht demnach nicht der zielsprachlichen C0-Position, sondern ist im Vergleich zu dieser unterspezifiziert. Drittens nehme ich, wie in Kapitel II.1.2 erläutert, im Anschluß an Pinker (1984, 1999) an, daß Kinder anfangs zunächst wortformspezifische Lexikoneinträge für einzelne Flexionsformen schaffen und erst später dekomponierte Repräsentationen für Stämme und Affixe aufbauen. Wenn dies der Fall ist, sollten Kinder eine Phase durchlaufen, in der sie zwar über einige Vollformeinträge mit Spezifikationen für ein Merkmal M1 verfügen, aber noch keinen separaten Affixeintrag mit einer Spezifikation für M1 haben. So könnte ein Kind auf der Basis des Kontrastes zwischen die Kameras und die Kamera einen Lexikoneintrag für Kameras schaffen, der eine [+PL]-Spezifikation beinhaltet und mit dem Lexikoneintrag für Kamera kontrastiert, der in bezug auf NUMERUS unterspezifiziert ist. In dieser Phase sollte das betreffende Kind nur für diejenigen Lexeme Formen mit der entsprechenden Markierung produzieren, für die es entsprechend spezifizierte Vollformeinträge aufgebaut hat. Die overte Realisierung des Merkmals M1 sollte somit lexikalischen Beschränkungen unterliegen. Dementsprechend würde ein Satz mit der Form Kameras ein Pluralmerkmal und eine korrespondierende funktionale Projektion involvieren. Solange das Kind für andere Nomina noch nicht über eine entsprechend spezifizierte Form verfügt, könnten Sätze mit diesen Nomina keine Projektion des Pluralmerkmals enthalten. Eine generelle Pluralmarkierung wäre erst möglich, wenn das Kind einen Lexikoneintrag für eine Defaultpluralmarkierung aufgebaut hat, mit dessen Hilfe es für jedes beliebige Nomen eine Form mit Pluralmarkierung bilden kann.34 Bis zu diesem Zeitpunkt sollte das Auftreten von Pluralmarkierungen lexikalisch beschränkt sein. Insgesamt betrachtet 34 Vgl. Kapitel III.3 für eine ausführlichere Diskussion, die auch andere Pluralaffixe berücksichtigt. Arbeitshypothesen 189 lassen sich aus der Idee des merkmalsbasierten Strukturaufbaus somit fünf Arbeitshypothesen zum Entwicklungsproblem ableiten, die ich in Kapitel III testen möchte: - Arbeitshypothese E-I Die angenommenen Metaprinzipien werden zu keinem Zeitpunkt im Erwerbsverlauf verletzt. - Arbeitshypothese E-II Die von Kindern im Erwerbsverlauf erzeugten Repräsentationen können anfangs noch unterspezifiziert sein - d.h. noch nicht alle Merkmalsspezifikationen der Zielsprache aufweisen. - Arbeitshypothese E-III Die Lexikoneinträge für funktionale Elemente müssen nicht zum selben Zeitpunkt erworben werden und können unabhängig voneinander projizieren. - Arbeitshypothese E-IV Die zielsprachlichen Merkmalsspezifikationen können zu unterschiedlichen Zeitpunkten instantiiert und in Lexikoneinträge für die entsprechenden Formen integriert werden. - Arbeitshypothese E-V Kinder integrieren Merkmale zuerst in Lexikoneinträge für flektierte Vollformen und schaffen erst später auf der Basis solcher Vollformeinträge dekomponierte Einträge für Stämme und Affixe. ad (iii) Arbeitshypothesen zum Ordnungsproblem Die Arbeitshypothesen zum Ordnungsproblem, die ich in Kapitel III testen möchte, beruhen auf der Annahme, daß der Hypothesenraum spracherwerbender Kinder intern strukturiert ist, so daß nicht zu jedem Zeitpunkt und in jedem Kontext alle potentiellen Merkmalsspezifikationen berücksichtigt werden müssen. Dabei gehe ich davon aus, daß die Reihenfolge, in der Kinder Hypothesen über die Merkmalsspezifikationen ihrer Zielsprache testen, durch Implikationsbeziehungen zwischen Merkmalsinstantiierungsprozessen sowie durch die Zugänglichkeit von Inputdaten beschränkt ist. Die erste Arbeitshypothese ergibt sich aus der Überlegung, daß Kinder Genusmerkmale instantiieren, wenn sie beim Paradigmenaufbau auf Formdistinktionen stoßen, die nicht aus Unterschieden in den Outputspezifikationen der kontrastieren Formen abgeleitet werden können. Aus dieser Annahme folgt nämlich, daß Kinder Genusmerkmale erst dann etablieren, wenn sie beginnen, auf der Basis von relationalen und funktionalen Merkmalsspezifikationen morphologische Paradigmen für die Trägerelemente von Genusmerkmalen aufzubauen. So sollten Kinder beim Erwerb des Deutschen vor dem Auftreten der ersten Numerus- oder Kasusdistinktionen keine Genusdistinktionen machen. Arbeitshypothesen 190 Diese Annahme bedarf der empirischen Überprüfung, da sie eine wichtige Rolle in der Diskussion um Erwerbsreihenfolgen im natürlichen Erstspracherwerb spielt und Implikationen für die Vermittlung des Genussystems im Fremdsprachunterricht hat. So argumentiert z.B. Wegener (1995) dafür, daß Genusdistinktionen beim Erstspracherwerb im Zusammenhang mit Numerus- und Kasusdistinktionen erworben werden und daher auch im Deutschunterricht entsprechend dargeboten werden sollten. Reiß-Held (1999) geht hingegen von der Auffassung aus, daß zumindest deutsche Kinder die Nom.Sg.-Formen von Determinierern unabhängig von Kasus- und Numerusdistinktionen erwerben - und daß es daher im Deutschunterricht z.B. zu vermeiden sei, Fremdsprachlerner vor der Etablierung von Genusdistinktionen mit Kasusdistinktionen zu konfrontieren. Die zweite Arbeitshypothese zum Ordnungsproblem basiert auf der Überlegung, daß der Dativ der Defaultkasus für das mittlere Argument dreiwertiger Verben ist und in seinen Merkmalsspezifikationen mit diesem Argument übereinstimmt. Die Annahme, daß Dativmarkierungen am mittleren Argument dreiwertiger Verben prädiktable Defaultmarkierungen sind, liegt zwar einer Reihe von kasustheoretischen Untersuchungen zugrunde - vgl. u.a. Jakobson (1936/1971) für das Russische, Czepluch (1988), Wegener (1990, 1991), Fanselow (1992b) sowie Wunderlich (1997) für das Deutsche,35 Gamerschlag (1996) für das Japanische sowie Joppen und Wunderlich (1995) und Joppen (2001) für das Baskische - sie ist aber nicht unumstritten. So verzichten z.B. Haider (1985, 1993b), Haegeman (1991) sowie Heinz und Matiasek (1994) in ihren Analysen zum Deutschen auf die Verwendung von Defaultdativmarkierungen. Die Annahme, daß der Dativ der Defaultkasus für das mittlere Argument dreiwertiger Verben ist und in seinen Merkmalsspezifikationen mit diesem Argument übereinstimmt, bedarf daher noch der empirischen Überprüfung. Wenn diese Hypothese zutrifft, sollten Kinder Dativmarkierungen nur auf der Basis von Inputäußerungen mit dreiwertigen Verben erwerben können, bei denen all diese Argumente auch overt realisiert sind. Wie in Kapitel II.3.5 erläutert, können diese Äußerungen aber auch Evidenz für die Akkusativ/Ergativdistinktion liefern. Inputäußerungen mit transitiven und intransitiven Verben, die für den Erwerb der Akkusativ/Ergativdistinktion ausreichend sind, können hingegen nicht zum Erwerb von Dativmarkierungen beitragen. Daher sollten Dativmarkierungen 35 Vgl. auch Gallmann (1992), G. Müller (1995), Schmidt (1995), Sabel (2002) . Arbeitshypothesen 191 nicht vor der Etablierung der Nominativ/Akkusativ- bzw. Absolutiv/Ergativdistinktion erworben werden - und zwar auch dann nicht, wenn Dativmarkierungen im Input relativ häufig vorkommen. Damit ergeben sich aus der Idee des merkmalsbasierten Strukturaufbaus drei Arbeitshypothesen zum Ordnungsproblem, die in Kapitel III.3 empirisch überprüfen werden sollen: - Arbeitshypothese O-I Genusdistinktionen werden erst dann etabliert, wenn Kinder beim Aufbau von morphologischen Paradigmen für die Trägerelemente von Genusmerkmalen auf zwei konkurrierende Formen stoßen. - Arbeitshypothese O-II Der Dativ ist der Defaultkasus für das mittlere Argument dreiwertiger Verben. - Arbeitshypothese O-III Zum Dativerwerb sind Inputdaten mit dreiwertigen Verben und ihren Argumenten erforderlich. Diese liefern zugleich Evidenz für die Nominativ/Akkusativ- bzw. Absolutiv/Ergativdistinktion. Zum Erwerb dieser Distinktionen genügen hingegen Inputdaten mit transitiven und intransitiven Verben und ihren Argumenten, die nicht zum Dativerwerb beitragen. ad (iv) Arbeitshypothesen zum Bootstrappingproblem Die Arbeitshypothesen zum Bootstrappingproblem, die ich in den vorangegangenen Kapiteln entwickelt habe, beruhen auf der Annahme von Pinker (1984, 1989), daß Beziehungen zwischen konzeptuellen und morpho-syntaktischen Repräsentationen eine zentrale Rolle beim Einstieg ins zielsprachliche grammatische System spielen. Im folgenden sollen aber weder angeborene Verbindungen zwischen grammatischen Kategorien und grammatikalisierbaren Konzepten noch angeborene Abbildungs- und Kasusmarkierungsregeln postuliert werden. Außerdem soll kein konzeptbasierter Ansatz vertreten werden, dem zufolge Kinder von Konzepten ausgehen und im Input nach Realisierungen der korrespondierenden grammatischen Kategorien suchen. Vielmehr liegt den folgenden Untersuchungen ein minimalistischer, merkmals- und formbasierter Ansatz zugrunde, bei dem das Relationserhaltungsprinzip die einzige Beschränkung für Abbildungen zwischen konzeptuellen, semantischen und morpho-syntaktischen Repräsentationen ist. Insbesondere habe ich dafür argumentiert, daß Kinder die zielsprachlichen Merkmalsspezifikationen instantiieren, wenn sie bei der Inputanalyse auf minimale Formkontraste stoßen, die auf das Vorliegen unterschiedlicher Operationen schließen lassen. Dann müssen sie nämlich dem Spezifizitätsprinzip zufolge davon ausgehen, daß diese Operationen sich entweder Arbeitshypothesen 192 in ihren Output-, oder aber in ihren Inputspezifikationen unterscheiden - und nach entsprechenden Distinktionen suchen. Die Vorzüge einer merkmalsbasierten Analyse gegenüber einer kategorienbasierten Analyse haben sich dabei am deutlichsten bei Erklärungen des Kasuserwerbs gezeigt. In Pinkers (1984, 1989) kategorienbasierten Analysen fehlen nämlich Konzepte oder Merkmale, mit denen man erfassen könnte, daß Argumente intransitiver Verben bei der Kasusmarkierung sowohl mit dem AGENS als auch mit dem PATIENS transitiver Verben natürliche Klassen bilden können, die sich durch eine einheitliche Kasusmarkierung auszeichnen (Nominativ bzw. Absolutiv). Dementsprechend läßt sich keine konzeptuelle Basis für den Erwerb von Kasusmarkierungen für diese Argumentklassen angeben. Pinker muß daher annehmen, daß Kinder die Kasusmarkierungen für die drei Argumenttypen getrennt erwerben und miteinander vergleichen müssen. Um diese Probleme zu vermeiden, habe ich in Kapitel II.3.5 eine merkmalsbasierte Erklärung des Kasuserwerbs vorgeschlagen. Diese beruht auf der Annahme, daß Kinder ermitteln können, welche Ereignispartizipanten Kontrolle über das betreffende Ereignis ausüben und welche asymmetrischen Abhängigkeitsbeziehungen zwischen diesen Partizipanten bestehen. Dies sollte ihnen den Aufbau semantischer Repräsentationen ermöglichen, bei denen die einzelnen Argumente für das Merkmal [±c(ontrol)] spezifiziert sind, das die Kasusdistribution in Aktiv/Inaktivsprachen regelt. Zugleich erlaubt es das Relationserhaltungsprinzip, die ermittelten Abhängigkeitsbeziehungen zwischen Ereignispartizipanten auf die Hierarchie von Argumenten in solchen semantischen Repräsentationen abzubilden. Wie in Kapitel II.3.5 erläutert, läßt sich diese Argumenthierarchie durch die beiden Merkmale [±h(igher)r(ole)] und [±l(ower)r(ole)] erfassen. Mit diesen beiden Merkmalen kann man zugleich die Klassen von Argumenten charakterisieren, die bei der Kasusmarkierung zu beobachten sind: Zum einen lassen sich akkusativisch markierte [+hr]-Argumente von nominativisch markierten [-hr]-Argumenten abgrenzen; zum anderen kann man [+lr]-Argumente, die andere Argumente dominieren und eine Ergativmarkierung haben, von [-lr]-Argumenten unterscheiden, die Absolutivmarkierungen aufweisen. Dementsprechend können Kinder auf der Basis von semantischen Repräsentationen mit [±hr]-, [±lr]- und [±c]-Spezifikationen ohne weitere Zusatzstrategien die zielsprachlichen Kasusmarkierungen und ihre jeweiligen Spezifikationen erwerben. Dazu müssen sie lediglich feststellen, ob das Auftreten der einzelnen Kasusmarkierungen mit dem Vorliegen Arbeitshypothesen 193 von positiven Spezifikationen für die Merkmale [±hr], [±lr] oder [±c] einhergeht. Ist dies der Fall, können die entsprechenden positiven Spezifikationen in den Lexikoneintrag für die jeweiligen Markierungen aufgenommen werden. Zugleich muß man, wenn man generelle Merkmale wie [±hr], [±lr] und [±c] verwendet, nicht - wie Pinker (1984) - annehmen, daß Kinder sich bei der Analyse von Kasusmarkierungen anfangs auf Argumente mit den Θ-Rollen AGENS, ACTOR, PATIENS oder GOAL beschränken und die so erworbenen Markierungen erst später durch distributionelles Lernen auf Argumente mit anderen Θ-Rollen generalisieren. Während sich bei Analysen des Kasuserwerbs in erster Linie die Vorteile eines merkmalsbasierten Ansatzes gegenüber einem kategorienbasierten Ansatz zeigen, werden bei der Erklärung des Genuserwerbs besonders die Vorzüge eines formbasierten Ansatzes gegenüber einem konzeptbasierten Ansatz deutlich. Für Genera lassen sich nämlich nicht immer semantische Konzepte angeben, auf deren Basis man die entsprechenden Formen im Input identifizieren könnte. Außerdem scheinen Kinder beim Genuserwerb keine Probleme mit dem Erwerb von Genussystemen zu haben, in denen das natürliche Geschlecht nur eine untergeordnete Rolle bei der Wahl des entsprechenden Genus spielt (vgl. Kapitel II.3.6). Dies kann man im Rahmen der in Kapitel II.3.6 erläuterten formbasierten Analyse des Genuserwerbs erfassen. Diese beruht auf der Annahme, daß Kinder Genusmerkmale instantiieren, wenn sie beim Aufbau von Trägerelementparadigmen auf Formkontraste stoßen, die sich nicht auf Unterschiede in Outputspezifikationen zurückführen lassen. Dann zwingt sie nämlich das Spezifizitätsprinzip dazu, nach unterschiedlichen Inputspezifikationen für die kontrastierenden Formen zu suchen. Dabei wird, wie in Kapitel II.3.6 erläutert, dann eine positive Genusspezifikation vorgenommen, - wenn es sich bei der betreffenden Form um eine morphologisch markierte Form handelt, die mit einer unmarkierten Form kontrastiert, - wenn das Auftreten der betreffenden Trägerelementform auf eine Klasse von Nomina beschränkt ist, die gemeinsame phonologische oder semantische Eigenschaften aufweisen, während die übrigen Trägerelementformen keine solchen Beschränkungen erkennen lassen, oder - wenn eine positive Genusspezifikation erforderlich ist, um die betreffende Trägerelementform auf einen bestimmten Kasus- oder Numeruskontext einzuschränken. Betrachtet man diese drei Möglichkeiten zur Zuweisung positiver Genusspezifikationen, so zeigt sich, daß die Zuweisung von positiven Genusspezifikationen bei den Optionen (i) und (ii) Arbeitshypothesen 194 unabhängig von der Instantiierung anderer Merkmale erfolgen kann. Bei Option (iii) kann die betreffende Spezifikation hingegen nur in Verbindung mit der Instantiierung eines anderen Merkmals zugewiesen werden. Daraus ergibt sich die Arbeitshypothese, daß Genusdistinktionen, die nicht durch die Optionen (i) und (ii) etabliert werden können, erst dann vorgenommen werden, wenn das entsprechende relationale oder funktionale Merkmal instantiiert wird.36 Insgesamt betrachtet involviert der vorgeschlagene merkmals- und formbasierte Ansatz zum Bootstrappingproblem somit fünf Arbeitshypothesen, die ich in Kapitel III.3 testen möchte: - Arbeitshypothese B -I Kinder erwerben Kasusmarkierungen an Argumenten transitiver und intransitiver Verben nicht unabhängig voneinander. - Arbeitshypothese B -II Kinder beschränken sich beim Einstieg ins Kasussystem nicht auf die Analyse von Kasusmarkierungen an AGENS-, ACTOR-, PATIENS- oder GOAL-Argumenten. - Arbeitshypothese B -III Wenn zwei Formen um eine Trägerelementzelle konkurrieren und nur eine dieser beiden Formen morphologisch markiert ist, kann der morphologisch markierten Form unabhängig von Merkmalsspezifikationen anderer Trägerelementzellen eine positive Genusspezifikation zugewiesen werden. - Arbeitshypothese B -IV Wenn konkurrierende Formen in einer Trägerelementzelle ihre Genusspezifikationen aufgrund der phonologischen oder semantischen Eigenschaften der entsprechenden Nomina erhalten können, kann dies unabhängig von Merkmalsspezifikationen anderer Trägerelementzellen erfolgen. - Arbeitshypothese B -V Wenn eine positive Genusspezifikation erforderlich ist, um eine Trägerelementform auf einen bestimmten Kasus- oder Numeruskontext einzuschränken, muß zu ihrer Instantiierung nicht nur die betreffende Trägerelementzelle selbst, sondern auch die benachbarte Zelle mit der entsprechenden Kasus- oder Numerusspezifikation aufgebaut werden. 36 Diese Arbeitshypothesen stehen somit - ebenso wie die Arbeitshypothese O-I - im Widerspruch zu der in einigen Studien vertretenen Auffassung, daß Kinder die Genusdistinktionen in Nom.Sg.Kontexten unabhängig und vor der Etablierung sämtlicher anderer Distinktionen erwerben (vgl. z.B. Reiß-Held 1999). Diese Hypothesen stellen vielmehr eine Weiterentwicklung der Annahme dar, daß der Erwerb von Genusdistinktionen im Zusammenhang mit der Etablierung anderer Distinktionen erfolgt (vgl. u.a. Wegener 1995). 195 III Die Entwicklung der Nominalphrasenstruktur und -flexion Der Beobachtung eines Sprachorganismus stellen sich auch im günstigsten Falle die größten Schwierigkeiten in den Weg. Direkt ist er überhaupt nicht zu beobachten. Denn er ist ja etwas unbewußt in der Seele Ruhendes. Er ist immer nur zu erkennen an seinen Wirkungen, den einzelnen Akten der Sprechtätigkeit. Erst mit Hilfe von vielen Schlüsseln kann aus diesem ein Bild von den im Unbewußten lagernden Vorstellungsmassen gewonnen werden. Paul (1920:29) Aus den Arbeitshypothesen, die ich in Kapitel II.4 aus der Idee des merkmalsbasierten Strukturaufbaus abgeleitet habe, lassen sich eine Reihe von Vorhersagen für den Nominalphrasenerwerb ableiten. Diese gehen z.T. über die Vorhersagen von kategorienbasierten Strukturaufbauansätzen hinaus und kontrastieren mit den Vorhersagen, die sich aus der Hypothese der vollständigen Kompetenz und aus kategorien- und konzeptbasierten Bootstrappinganalysen ergeben. Daher möchte ich diese Vorhersagen im folgenden empirisch überprüfen. Den Ausgangspunkt hierfür bilden drei Beobachtungen zur frühen deutschen und englischen Kindersprache (vgl. u.a. Clahsen/Eisenbeiß/Vainikka 1994, Eisenbeiß 1994a, Müller 1994, 2000, Müller et al. 2002 bzw. Brown 1973, Radford 1990, Radford/Galasso 1998): (1) Nominalphrasen in der frühen deutschen und englischen Kindersprache (a) (b) (c) 1 D-Elemente (Determinierer, Quantoren, Possessivpronomina1 u.a.) sind optional und treten in komplementärer Distribution mit Adjektiven auf: Es finden sich Kombinationen von D-Elementen und Nomina sowie Verbindungen von Nomina mit Adjektiven, aber keine Kombinationen von D-Elementen und Adjektiven. Die Kasusflexion und die nominalphraseninterne Kongruenzflexion sind nicht zielsprachlich. Anstelle der zielsprachlich flektierten Formen produzieren Kinder häufig Formen mit ausgelassener oder inadäquater Flexion (z.B. *zwei huhn, *two car¸ *him go oder *der auto) sowie phonetisch reduzierte Formen von Artikeln (z.B. e oder de). In Possessivkonstruktionen wie Leonies Huhn wird die Possessivmarkierung -s ausgelassen. Possessivpronomina, die mit Artikeln kombiniert werden können, z.B. spanische Posses sivpronomina (el libro mio 'das Buch mein'), sind möglicherweise nicht als D-Elemente zu analysieren, sondern als Adjektive, die eine Position unterhalb der funktionalen Projektion DP einnehmen. Solche Typen von Posses sivpronomina werden im folgenden nicht dis kutiert. Die Entwicklung der Nominalphrasenstruktur und -flexion 196 Wie die Diskussion in den folgenden Kapiteln zeigen wird, wurden diese Beobachtungen zwar mittlerweile durch zahlreiche Studien zu weiteren Sprachen bestätigt; in diesen Studien ist aber eine große Variation in bezug auf die dokumentierten Raten ausgelassener und nicht-zielsprachlicher Elemente zu beobachten. So gibt z.B. Hyams (1999) in ihrem Überblick über Erwerbsstudien zum Englischen, Deutschen, Niederländischen und Italienischen Auslassungsraten für D-Elemente an, die zwischen 22% und 89% liegen. Außerdem ist die Interpretation der einzelnen Befunde in (1) noch immer sehr umstritten. Insbesondere wird debattiert, ob die ersten Funktionswörter und Flexive, die in der frühen Zwei-Wort-Phase zu beobachten sind, bereits auf zielsprachlichen Repräsentationen beruhen. Zugleich diskutiert man, wie und in welcher Reihenfolge die einzelnen zielsprachlichen Elemente und ihre Spezifikationen erworben werden. Angesichts dieser Debatten möchte ich mich nach einen Überblick über die analysierten deutschen Kindersprachdaten mit dem Erwerb von D-Elementen (Kapitel III.2), der Entwicklung der Kasus- und Kongruenzflexion in der Nominalphrase (Kapitel III.3) und dem Erwerb von Possessivkonstruktionen (Kapitel III.4) befassen. Dabei werde ich in allen drei Kapiteln für die Kontinuität des Erwerbsmechanismus und die anfängliche Unterspezifikation morphosyntaktischer Repräsentationen argumentierten. Zugleich möchte ich die spezifischen Vorhersagen überprüfen, die sich aus meinen Arbeitshypothesen zum Entwicklungsproblem ergeben: In Kapitel III.2 und Kapitel III.3 sollen Entwicklungsdissoziationen zwischen lexikalischen Elementen bzw. Merkmalen nachgewiesen werden, und in Kapitel III.3 und Kapitel III.4 soll Evidenz für anfängliche lexikalische Beschränkungen von morphologischen Markierungen geliefert werden. Dabei werde ich mich bei der Analyse des Flexionserwerbs in Kapitel III.3 zugleich mit dem Ordnungsproblem und dem Bootstrappingproblem auseinandersetzen. Die Arbeitshypothesen zum logischen Problem sollen hingegen in Kapitel III.4, d.h. bei der Analyse von Possessivkonstruktionen, getestet werden. Datenbasis und Methode der empirischen Untersuchung 1 197 Datenbasis und Methode der empirischen Untersuchung Der Schwerpunkt der empirischen Untersuchung zur Nominalphrasenentwicklung, die ich in Kapiteln III.2 bis Kapitel III.4 durchführen werde, liegt auf der quantitativen Analyse von 64 Aufnahmen aus fünf Längsschnittkorpora und zwei Querschnittkorpora von monolingualen deutschen Kindern im Alter von 1;11 bis 3;6. Die Querschnittkorpora sowie drei der Längsschnittkorpora basieren auf Spontansprachaufnahmen, bei denen für jedes der Kinder Videooder Audioaufnahmen von natürlichen Kommunikationssituationen in einer vertrauten Umgebung gemacht wurden. Bei zwei der Längsschnittkorpora habe ich Elizitationsverfahren verwendet, durch die im Rahmen von natürlichen Spielsituationen Kontexte für Strukturen bzw. Formen geschaffen wurden, die in Spontansprachkorpora selten belegt sind. So habe ich z.B. Spiele, bei denen verschiedenen Figuren Gegenstände zugeordnet werden sollten, eingesetzt, um dreiwertige Verben wie geben und schenken zu elizitieren (vgl. Eisenbeiß 1991, 1994b und die Diskussion in Kapitel III.5). Tab.III-1 und Abb.III-1 geben einen Überblick über diese Korpora. Die entsprechenden Angaben zu den einzelnen Aufnahmen finden sich in Tab.A-1 bis Tab.A-7 im Anhang. Tab.III-1: Überblick über die Korpora Alter Aufnahmen analysierbare Äußerungen2 Andreas Wagner (1985) 2;1 1 1.450 LEXLERN3 Carsten Wagner (1985) Hannah LEXLERN 2;4-2;9 6 1.977 3;6 2;0-2;8 1 8 15 (mit DP-Elizitation) 18 15 (10 mit DP-Elizitation + 5 ohne DP-Elizitation) 1.795 1.399 4.383 (mit DP-Elizitation) 1.978 3.811 (2814 mit DP-Elizitation + 997 ohne DP-Elizitation) 64 (20 mit DP-Elizitation + 44 ohne DP-Elizitation) 16.793 (7.197 mit DP-Elizitation + 9.586 ohne DP-Elizitation) Kind Quelle Annelie Leonie LEXLERN Mathias Clahsen (1982) Svenja LEXLERN gesamt 2 3 1;11-2;11 2;3-3;6 2;9-3;3 1;11-3;6 Unverständliche, unklare und imitative Äußerungen sowie Kurzantworten (z.B. ja, nein, doch) und Gruß- bzw. Höflichkeitsformeln (Guten Tag, Hallo, danke, ...) wurden als nicht-analysierbar gewertet. Vgl. Clahsen/Vainikka/Young-Scholten (1990) für eine Beschreibung des Projekts. Datenbasis und Methode der empirischen Untersuchung 198 Wie man Abb.III-1 entnehmen kann, decken die sieben Korpora den MLU-Bereich von 1,18 bis 4,22 ab. Anhand dieser Daten läßt sich somit der Übergang von der frühen Zwei-WortPhase in die Mehrwortphase untersuchen. Abb.III-1: Durch die Korpora abgedeckter MLU-Bereich4 Svenja Mathias Leonie Hannah Carsten Annelie Andreas 1 1,5 2 2,5 3 3,5 4 4,5 1.1 Spontansprachaufnahmen und Elizitationsverfahren Den Ausgangspunkt für sämtliche Datenanalysen in dieser Arbeit bilden die Spontansprachkorpora. Diese Korpora beruhen auf Video- oder Audioaufnahmen, die von den betreffenden Kindern in einer alltäglichen Kommunikationssituation gemacht wurden - entweder zu Hause 4 Die Werte für die mittlere Äußerungslänge wurden nicht auf der Basis von Morphemen berechnet, wie es z.B. für das Englische üblich ist (vgl. u.a. Brown 1973). Das Deutsche ist nämlich zum einen relativ reich an Flexionsformen ohne overtes Affix, die mit affigierten Formen in paradigmatischem Kontrast stehen (vgl. z.B. ich ging vs. wir gingen); zum anderen weist es viele Formen mit Portmanteau-Flexiven auf, bei denen ein Flexiv mehrere grammatische Informationen kodiert (vgl. z.B. kalt-er Nom.Neut.Sg. vs. Dat./Gen.Fem.Sg.). Für beide Typen von Formen ist es schwer zu entscheiden, wie viele Morpheme jeweils vorliegen, da keine 1:1-Beziehung zwischen der Anzahl der Affixe und der Anzahl der kodierten grammatischen Merkmale besteht. Daher habe ich den MLU im Anschluß an Clahsen (1986) und Clahsen, Penke und Parodi (1993) auf der Basis von Wörtern anstelle von Morphemen berechnet. Dabei wurden sämtliche analysierbaren Äußerungen der entsprechenden Aufnahme berücksichtigt. Datenbasis und Methode der empirischen Untersuchung 199 oder in einem ruhigen Raum der entsprechenden Kindertageseinrichtung. Während der Aufnahmen waren nur Personen anwesend, die dem Kind vertraut waren - in der Regel die Untersucherin5 bzw. der Untersucher und/oder Familienangehörige bzw. Erzieherinnen. Für die folgenden Untersuchungen ist es entscheidend, Aufschluß über die Struktur des Erwerbsverlaufs zu erlangen. Dies gilt insbesondere für die Analysen zum Entwicklungsproblem und zum Ordnungsproblem. Dazu müssen sich die gewählten Untersuchungsverfahren mit Kindern jeder Altersstufe durchführen lassen und sich auch in Längsschnittstudien problemlos einsetzen lassen. Dies ist bei Spontansprachaufnahmen der Fall. Experimentelle Verfahren zur Datenerhebung, mit denen man z.B. die Produktionsfähigkeit der spracherwerbenden Kinder testet, sind hingegen für die in dieser Arbeit beschriebenen Analysen kaum geeignet. Es gibt zwar eine Reihe von Produktionsexperimenten, mit denen man gezielt bestimmte grammatische Strukturen untersuchen kann (vgl. u.a. Crain 1991, McDaniel/McKee/Smith Cairns 1996, Menn/Bernstein Ratner 2000). Diese Experimente können aber aufgrund der Anforderungen an die nicht-sprachlichen Fähigkeiten im allgemeinen nur mit Kindern durchgeführt werden, die mindestens drei bis vier Jahre alt sind. Kinder in diesem Alter verfügen aber bereits weitestgehend über die Strukturen, die für die folgende Diskussion relevant sind (vgl. u.a. Clahsen/Eisenbeiß/Vainikka 1994, Eisenbeiß 1994a). Daher sind diese Methoden für die vorliegende Untersuchung nicht sinnvoll. Für den Bereich des Sprachverstehens wurden in den letzten Jahren experimentelle Verfahren entwickelt, die auch bei jüngeren Kindern eingesetzt werden können (für einen Überblick vgl. u.a. Spelke 1985, McDaniel/McKee/Smith Cairns 1996, Jusczyk 1997). Diese Verfahren wurden mittlerweile auch bereits in einer Reihe von Studien zum Nominalphrasenerwerb eingesetzt. So haben z.B. Höhle und Weissenborn (1999) untersucht, ob Kinder, die selbst noch keine Artikel produzieren, bereits Texten länger zuhören, wenn diese Texte einen Artikel enthalten, der ihnen zuvor mehrfach in Isolation präsentiert worden ist. Solche Studien sind allerdings nur sehr eingeschränkt dazu geeignet, die im folgenden untersuchten Fragen zu beantworten. Mit Hilfe dieser Methoden kann man zwar prinzipiell untersuchen, ob Kinder möglicherweise bereits vor der frühen Zwei-Wort-Phase zu 5 Die Daten von Hannah und Leonie sowie die elizitierten Daten von Svenja und die Daten der 16 Kinder aus der Querschnittstudie habe ich selbst im Rahmen des LEXLERN-Projekts bzw. im Rahmen meiner Examensarbeit (Eisenbeiß 1991) erhoben. Datenbasis und Methode der empirischen Untersuchung 200 bestimmten Segmentierungsleistungen in der Lage sind oder bestimmte Kookkurrenzmuster erworben haben. Diese Methoden können aber keinen Aufschluß darüber geben, ob die betreffenden Kinder bereits über zielsprachliche relationale, funktionale und formale Merkmalsspezifikationen verfügen. Außerdem besteht bei allen Typen von experimentellen Verfahren die Gefahr, daß Kinder spezifische Lösungsstrategien entwickeln, die eine Fehleinschätzung der sprachlichen Fähigkeiten bewirken. Diese Gefahr wäre noch höher, wenn man im Rahmen einer Längsschnittstudie immer wieder denselben Experimenttyp oder gar dasselbe Experiment mit denselben Stimuli durchführen würde. Spontansprachdaten sind somit für Längsschnittstudien zum gewählten Untersuchungsbereich besser geeignet als experimentelle Verfahren. Bei Spontansprachkorpora besteht jedoch das Problem, daß selbst umfangreiche Spontansprachkorpora von mehreren Kindern häufig zu wenig Belege für die Nominalphrasentypen enthalten, die für die folgenden Analysen zur syntaktischen Aktivität nominaler Merkmale zentral sind. Dies gilt insbesondere für Nominalphrasen mit Adjektiven und Kontexten für D-Elemente ((das) kleine Huhn, (ein) kleines Huhn), für Possessivkonstruktionen wie Susis (Huhn) sowie für Dativobjekte mit Kontexten für Determinierer (ich winke dem Huhn). Um dies zu verdeutlichen, habe ich ermittelt, wie häufig diese Typen von Nominalphrasen sowie Nominalphrasen mit einem Kontext für ein D-Element in den untersuchten Spontansprachdaten auftreten. Anschließend habe ich untersucht, ob die relative Häufigkeit der betreffenden Strukturen vom allgemeinen sprachlichen Entwicklungsstand abhängt. Es könnte nämlich sein, daß einige Nominalphrasentypen nur deshalb in vielen Aufnahmen selten vorkommen, weil ihr Auftreten eine gewisse Äußerungslänge voraussetzt und sie daher in frühen Erwerbsphasen schlecht repräsentiert sind. Um festzustellen, ob dies der Fall ist, habe ich mit Hilfe eines Spearman-Korrelationstests ermittelt, ob der prozentuale Anteil der entsprechenden Strukturen an der Gesamtzahl der analysierbaren Äußerungen mit dem MLU korreliert. Einen Überblick über die Ergebnisse dieser Analysen gibt Tab.III-2. In der ersten Spalte ist der Typ der Nominalphrase angegeben, dessen Häufigkeit in den Korpora ich untersucht habe. Der zweiten bzw. dritten Spalte ist zu entnehmen, bei wie vielen Aufnahmen keine entsprechenden Elizitationsverfahren eingesetzt wurden und wie viele analysierbare Äußerungen Datenbasis und Methode der empirischen Untersuchung 201 diese Aufnahmen enthalten.6 In der vierten Spalte der Tabelle findet sich die Anzahl der Nominalphrasen des betreffenden Typs und ihr prozentualer Anteil an den analysierbaren Äußerungen der entsprechenden Aufnahmen. Die letzte Spalte enthält den Spearman-Korrelationskoeffizienten, der angibt, inwieweit der prozentuale Anteil des betreffenden Nominalphrasentyps in der jeweiligen Aufnahme vom MLU für diese Aufnahme abhängt. Tab.III-2: Nominalphrasentypen in den Korpora ohne entsprechende Elizitation Nominalphrasentyp Nominalphrasen mit Kontexten für D-Elemente Nominalphrasen mit Adjektiven und Kontexten für D-Elemente Aufnahmen analysierbare entsprechende Korrelation mit Äußerungen Nominalphrasen dem MLU 39 9.586 2.646 (28%) 39 9.586 249 (2,6%) Possessiv konstruktionen 44 10.969 19 (0,2%) Dativobjekte mit Kontexten für D-Elemente 38 9.418 11 (0,1%) 0,489 p = 0,002 0,274 p = 0,092 -0,097 p = 0,531 0,264 p = 0,109 Wie man der ersten Zeile in Tab.III-2 entnehmen kann, finden sich in Spontansprachdaten relativ viele Nominalphrasen mit Kontexten für D-Elemente: 28% aller analysierbaren Äußerungen enthalten eine solche Nominalphrase. Zugleich besteht eine relativ schwache, aber hochsignifikante Korrelation zwischen der Anzahl dieser Nominalphrasen und dem MLU. D.h., Nominalphrasen mit Kontexten für D-Elemente werden häufiger, wenn die Äußerungslänge ansteigt. Die übrigen Typen von Nominalphrasen treten hingegen in allen Spontansprachaufnahmen selten auf: Nominalphrasen mit Adjektiven und Kontexten für D-Elemente in ca. 2,6% aller analysierbaren Äußerungen, Possessivkonstruktionen in ca. 0,2% und Dativobjekte mit Kontexten für D-Elemente in ca. 0,1%.7 Darüber hinaus zeigt sich kein Zusammenhang mit 6 7 Elizitationsverfahren für Nominalphrasen mit Kontexten für nominale funktionale Elemente sowie für Nominalphrasen mit Adjektiven und Kontexten für nominale funktionale Elemente wurden in allen 15 Aufnahmen von Leonie (vgl. Tab.A-5 im Anhang) sowie in 10 Aufnahmen von Svenja eingesetzt (vgl. Tab.A-7 im Anhang). In den übrigen 39 Aufnahmen erfolgte keine entsprechende Elizitation. Verfahren zur Elizitation von POSSESSOR(-POSSESSUM)-Strukturen wurden in 14 Aufnahmen von Leonie und sieben Aufnahmen von Svenja verwendet (vgl. Tab.A-5 und Tab.A-7 im Anhang). Elizitationsverfahren für Dativobjekte mit Kontexten für nominale funktionale Elemente kamen in einer Aufnahme von Hannah sowie in 15 Aufnahmen von Leonie und 10 Aufnahmen von Svenja zum Einsatz (vgl. Tab.A-4, Tab.A-5 und Tab.A-7 im Anhang). Daß Dativobjekte selten sind, zeigen auch Studien zum Englischen. So analysieren z.B. Snyder und Stromswold (1997) für ihre Untersuchung des Erwerbs von Strukturen mit dreiwertigen Verben 195.139 Äußerungen von 12 Kindern im Alter von 1;4 bis 7;10 Jahren, um eine ausreichende Datenbasis für ihre Untersuchungen zu gewährleisten. Dabei lagen aber für die einzelnen Kinder jeweils nur wenige Daten vor. Dementsprechend hoch ist die Gefahr einer Unter- oder Überschätzung der Datenbasis und Methode der empirischen Untersuchung 202 dem MLU. Dies spricht dafür, daß es sich bei diesen Nominalphrasentypen um Strukturen handelt, die generell selten sind und auch dann nicht signifikant häufiger werden, wenn die durchschnittliche Äußerungslänge im Verlauf der sprachlichen Entwicklung ansteigt. Sie können daher anhand von Spontansprachdaten nur schlecht untersucht werden. Solche Daten können lediglich für die Analyse frequenter Strukturen eine ausreichende Datenbasis liefern. Darüber hinaus ist die Interpretation empirischer Befunde aus Spontansprachstudien oft schwierig (vgl. u.a. Stromswold 1996): Erstens lassen sich für viele Strukturen (z.B. für Satzstrukturen mit drei Argumenten) keine Kontexte ermitteln, die diese Strukturen zwingend erforderlich machen, d.h. keine sog. "obligatorischen" Kontexte. Wenn solche Strukturen in Korpora aus frühen Erwerbsphasen selten oder überhaupt nicht belegt sind, kann dies daran liegen, daß das untersuchte Kind noch nicht über die grammatischen Elemente oder Prozesse verfügt, die für die Repräsentation dieser Strukturen erforderlich sind. Die Abwesenheit der betreffenden Strukturen könnte aber auch durch andere Faktoren bedingt sein, z.B. durch das Fehlen entsprechender Kontexte, durch fehlendes Wissen über pragmatische Aspekte der Konstruktion, durch die Seltenheit der betreffenden Strukturen im Input oder durch fehlende kognitive Kapazitäten für die Verarbeitung dieser Strukturen. Zweitens läßt sich häufig nicht eindeutig feststellen, ob tatsächlich ein obligatorischer Kontext für ein bestimmtes Element vorliegt oder ob ein anderes Element intendiert war. So könnte die Zweiwortäußerung Susi Huhn einen obligatorischen Kontext für das possessive -s-Affix enthalten. Diese Äußerung läßt aber selbst in Situationen, in denen es um Susis Anspruch auf ein Huhn geht, eine Vielzahl von Interpretationen und zielsprachlichen Entsprechungen zu: Das ist Susis Huhn, Gib Susi das Huhn, Susi will das Huhn, ... . Insgesamt betrachtet steht man somit vor einem Dilemma, wenn man - wie in der vorliegenden Arbeit - den Verlauf des Erwerbs von Phänomenen untersuchen will, die relativ früh, aber nur selten auftreten: Experimentelle Verfahren, mit deren Hilfe man einzelne Variablen auf einer robusten Datenbasis analysieren könnte, sind im Rahmen von Längsschnittuntersuchungen mit Kindern der untersuchungsrelevanten Altersstufe nicht anwendbar. Spontansprach- sprachlichen Kompetenz im analysierten Phänomenbereich. Hinzu kommt, daß es bei solchen Datenmengen kaum möglich ist, alle Äußerungen zu analysieren und zu kodieren, so daß man sich auf die Ergebnisse von Computersuchen verlassen muß. Dabei werden unerwartete oder nicht-zielsprachliche Strukturen leicht übersehen (vgl. u.a. Stromswold 1996). Datenbasis und Methode der empirischen Untersuchung 203 korpora allein liefern aber für quantitative Analysen solcher Phänomene und die gezielte Untersuchung einzelner Variablen keine ausreichende Datenbasis und sind häufig relativ schwer zu interpretieren. Angesichts des Dilemmas, vor dem man steht, wenn man die Entwicklung von relativ seltenen, aber früh erworbenen Phänomenen untersuchen will, habe ich bei der Erhebung der Daten von Leonie und Svenja Elizitationsverfahren eingesetzt, die ich an anderer Stelle bereits ausführlich beschrieben habe (Eisenbeiß 1991, 1994b; vgl. Tab.A-5 und Tab.A-7 im Anhang).8 Mit Hilfe dieser Verfahren werden im Rahmen von natürlichen Kommunikationssituationen Kontexte für Possessivkonstruktionen, für Nominalphrasen mit Adjektiven sowie für Dativobjekte mit Kontexten für D-Elemente geschaffen. So wurde z.B. der Anteil von Strukturen mit dreiwertigen Verben wie geben und schenken durch Spiele gesteigert, bei denen verschiedenen Figuren Gegenstände zugeordnet werden sollten. Nominalphrasen mit Adjektiven und Kontexten für D-Elemente wurden durch Spiele elizitiert, bei denen zwischen mehreren Objekten desselben Typs unterschieden werden mußte, die sich nur in der Farbe oder Größe unterschieden (z.B. ein roter Ball vs. ein blauer Ball, der große Ball vs. der kleine Ball). Der Anteil an Possessivstrukturen wurde durch die Verwendung von Spielen erhöht, bei denen das Kind verschiedenen Personen ihre jeweiligen Kleidungsstücke zuordnen mußte (z.B. Das ist Annas Hose vs. Das ist Mamas Hose). Bei der Entwicklung dieser Elizitationsverfahren habe ich darauf geachtet, daß die entsprechenden Situationen völlig natürliche Kommunikationssituationen sind. D.h., es bestand keine Veranlassung zu speziellen Lösungsstrategien, und es wurden keine erhöhten Anforderungen an nicht-sprachliche Fähigkeiten gestellt. Dazu habe ich bei der Konzeption der Verfahren eine einfache Spielidee in den Vordergrund gestellt, die Kindern von anderen Spielen her vertraut ist. Für die vorliegende Arbeit wurden Elizitationsverfahren verwendet, die starke Ähnlichkeiten zu bekannten Spielen (Memory, Bilderlotto, ...) aufwiesen, bei denen Gegenstände ausgewählt und anderen Gegenständen bzw. Figuren zugeordnet werden mußten (vgl. Eisenbeiß 1994b). Zugleich unterschieden sich die einzelnen Verfahren im Hinblick auf die eingesetzten Materialien (z.B. Spielkärtchen, Figuren oder bemalte Overheadfolien) und Spielideen. 8 Den Ausgangspunkt für die Elizitationsverfahren von Eisenbeiß (1991, 1994b) bilden die von Uzarewicz et al. (1989) beschriebenen Verfahren. Datenbasis und Methode der empirischen Untersuchung 204 Dadurch konnten für einige Strukturen mehrere Varianten verwendet werden. Außerdem konnte so zu jeder der untersuchten Strukturen in jeder Sitzung mindestens ein Elizitationsverfahren durchgeführt werden, ohne daß Wiederholungseffekte auftraten oder das untersuchte Kind das Interesse verlor. Darüber hinaus wurden dem Kind stets mehrere Spiele zur Auswahl angeboten. Auch dies sollte eine möglichst natürliche und entspannte Kommunikationssituation gewährleisten und verhindern, daß das Kind Strukturen produziert, die nicht seine sprachliche Kompetenz, sondern bestimmte Strategien reflektieren. Daß dies gelungen ist und sich die Datenbasis für quantitative Analysen durch die Verwendung der Elizitationsverfahren entscheidend vergrößert hat, werde ich in Kapitel III.5 durch einen Vergleich der Spontansprachdaten mit den elizitierten Daten zeigen. 1.2 Die Transkription, Kodierung und Analyse der Daten Befunde aus Spracherwerbsuntersuchungen, die vor dem Hintergrund eines bestimmten theoretischen Modells erhoben wurden, sind prinzipiell auch im Rahmen anderer theoretischer Modelle interpretierbar. Wie ich in Kapitel I.4 gezeigt habe, gilt dies aber häufig nur dann, wenn der Bezug auf Oberflächenelemente erhalten bleibt und quantitative Methoden mit Analysen kombiniert werden, die auf linguistischen Kategorien basieren. Wenn man z.B. von einer linguistischen Analyse ausgeht, die Artikel, Possessivpronomina und Quantoren als Instantiierungen der funktionalen Kategorie D behandelt und ihnen denselben Status zuweist, könnte man einfach alle diese Elemente bei der Kodierung zu der Kategorie "D-Element" zusammenfassen, statt bestimmte Artikel, unbestimmte Artikel, Possessivpronomina, ... getrennt zu kodieren. Dann wären die auf der Basis dieser Kodierungen erzielten Befunde aber nicht mehr im Rahmen anderer Ansätze zu interpretieren, bei denen Determinierer und Quantoren anderen funktionalen Kategorien zugeordnet werden. Aus diesem Grund habe ich stets oberflächenorientierte und differenzierte Kodierungen verwendet. Diese setzen wiederum Transkripte voraus, die nicht nur eine eindeutige Interpretation der jeweiligen Äußerungen erlauben, sondern auch Aufschluß über die tatsächlich verwendeten Oberflächenformen geben. Daher wurden bei der Transkription sämtlicher Daten phonetische Reduktionen und andere Abweichungen von der entsprechenden Erwachsenenform notiert (z.B. de statt der oder sachtel statt Schachtel). Für die Aufnahmen aus dem Wagner-Korpus, d.h. bei den Korpora von Andreas Datenbasis und Methode der empirischen Untersuchung 205 und Carsten, wurden sämtliche sprachlichen Äußerungen des betreffenden Kindes und seiner Kommunikationspartner transkribiert (Wagner 1985). Bei den Aufnahmen aus dem Clahsenund dem LEXLERN-Korpus wurden zwar auch sämtliche Äußerungen des untersuchten Kindes ins Transkript aufgenommen; die Äußerungen anderer Sprecher wurden aber nur dann erfaßt, wenn sie für die Interpretation der Äußerungen des Kindes relevant erschienen. Dies galt z.B. für alle Äußerungen, die der Äußerung des Kindes unmittelbar vorangingen, sowie für alle Äußerungen, auf die sich das Kind bezog. Bei allen Kindern wurden interpretationsrelevante Informationen notiert - insbesondere Informationen über Situationskontexte, Gestik und Mimik, Intonation, Pausen, die Referenz von Nominalphrasen und Pronomina sowie über die Intentionen des Kindes und den Sprechakt, der mit der betreffenden Äußerung vollzogen wurde. Die Transkripte von Andreas, Annelie, Carsten, Hannah, Leonie, Mathias und Svenja wurden im Rahmen des LEXLERN-Projekts in eine Datenbank eingegeben, grammatisch analysiert und kodiert. Sämtliche Kodierungen habe ich vor der Auswertung der Daten nochmals überprüft. Das verwendete Kodierungsverfahren stellt eine Weiterentwicklung der Profilanalyse (Clahsen 1986) dar. Es erfaßt für jede Äußerung die Satzlänge, die Wortstellung, die syntaktische Funktion und interne Struktur der auftretenden Nominalphrasen, Auslassungen von funktionalen Elementen und Satzgliedern sowie die nominale und verbale Flexion. Außerdem wurde kodiert, welche D-Elemente in den Nominalphrasen auftreten. Dabei wurden die eher oberflächenorientierten Kategorien der traditionellen deskriptiven Grammatik ("bestimmter Artikel", "unbestimmter Artikel", "Possessivpronomen", ...) verwendet - und nicht generellere Termini wie "Determinierer" oder "Quantor". 9 Dies ermöglicht es, die Befunde auch in anderen theoretischen Kontexten zu interpretieren. Darüber hinaus habe ich mich bei der Kodierung der Flexion nicht darauf beschränkt, anzugeben, welche Flexive in welchen morpho-syntaktischen Kontexten auftraten; ich habe auch notiert, mit welchen lexikalischen oder funktionalen Elementen diese Flexive kombiniert wurden. Dadurch sind differenzierte quantitativ basierte Distributionsanalysen möglich. 9 Zu Strategien für die Anwendung grammatischer Kategorien auf Spracherwerbsdaten vgl. u.a. Tracy (1996:36). Zur Problematik der Termini "Determinierer" und "Quantor" vgl. u.a. Vater (1984, 1986). Datenbasis und Methode der empirischen Untersuchung 206 Insbesondere kann man feststellen, ob das Auftreten von D-Elementen oder Flexiven in frühen Erwerbsphasen auf bestimmte lexikalische oder syntaktische Kontexte beschränkt ist - oder ob die auftretenden Elemente auf zielsprachlichen Repräsentationen beruhen. Zugleich wurde bei der Kodierung der Flexion weitestgehend auf Klassifikationen von nicht-zielsprachlichen Formen verzichtet. So wurde z.B. bei einer Äußerung wie ich helfe der Mann nicht kodiert, ob ein Kasusfehler (Nom. statt Dat.) oder aber ein Genusfehler (Fem. statt Mask.) vorliegt. Es wurde lediglich kodiert, daß die betreffende Äußerung eine Dat.Mask.Sg.-Form fordert und eine -r-Markierung enthält. Bei der Analyse wurden die Daten der einzelnen Kinder stets zuerst getrennt ausgewertet, damit der individuelle Entwicklungsverlauf in seinen Details erfaßt werden kann. Darüber hinaus wurden die verschiedenen Aufnahmen eines Kindes nur dann für die Präsentation zusammengefaßt, wenn es anders nicht möglich war, eine für quantitative Analysen ausreichende Anzahl entsprechender Kontexte zu erzielen. Selbst dann wurden nur solche Aufnahmen gemeinsam analysiert, die einer unabhängig etablierbaren Phase zuzuordnen waren. So habe ich bei den meisten Analysen der nominalen Flexion in Kapitel III.3 die Daten der einzelnen Kinder zu jeweils vier Phasen zusammengefaßt, die durch die Analysen zur Determiniererrealisierung motiviert waren. Dieses Vorgehen unterscheidet sich von dem Vorgehen zahlreicher aktueller Untersuchungen zur frühen Zwei-Wort-Phase (vgl. z.B. Schütze 1997). Häufig wird nämlich implizit davon ausgegangen, daß man Daten aus verschiedenen Aufnahmen zusammenfassen kann, wenn in all diesen Aufnahmen die untersuchten zielsprachlichen und nicht-zielsprachlichen Strukturen nebeneinander auftreten. Daß ein solches Vorgehen problematisch ist, verdeutlicht z.B. eine Reanalyse von Daten aus der Studie von Schütze (1997). Schütze (1997) versucht auf der Basis mehrerer Aufnahmen aus Längsschnittdaten generelle Aussagen über nominativische und nicht-nominativische Subjekte zu machen. Seine eigene Datenanalyse zur Kasusmarkierung in W-Fragen (vgl. Tab.III-3) zeigt jedoch, daß im untersuchten Entwicklungszeitraum zwar beide Subjekttypen nebeneinander und mit der gleichen Gesamthäufigkeit auftreten; es gibt aber eine Datenbasis und Methode der empirischen Untersuchung 207 Verschiebung von nicht-nominativischen zu nominativischen Subjekten.10 Diese Entwicklung wird bei der graphischen Darstellung in Abb.III-2 besonders deutlich. Tab.III-3: Adams Subjekte in W-Fragen (Schütze 1997:259) I me 15 16 17 18 Aufnahme 19 20 21 22 23 24 25 1 2 0 1 0 16 0 6 1 3 1 1 13 0 2 0 10 1 3 1 1 1 gesamt 32 32 Die in Abb.III-2 sichtbare Entwicklung spricht für das Vorliegen einer Repräsentationsverschiebung. Dies ist nicht zu erkennen, wenn man die Daten, auf denen Tab.III-3 basiert, für eine Analyse der Subjekt-Kasusmarkierung zusammenfaßt. Allerdings ist die Datenbasis in den einzelnen Aufnahmen z.T. relativ gering, da es sich um Spontansprachaufnahmen handelt und keine W-Fragen elizitiert wurden. Abb.III-2: Adams Subjekte in W-Fragen (Schütze 1997:259) 100 90 80 70 in % 60 50 40 30 20 10 0 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 Aufnahme I 10 me Für eine Analyse der Ursachen für den Übergang von me- zu I-Subjekten in den W-Fragen von Adam vgl. Vainikka (1993). Datenbasis und Methode der empirischen Untersuchung 208 Zusammengefaßt sprechen die diskutierten Argumente somit für die gewählte Verbindung von Spontanspracherhebungen mit Elizitationsverfahren sowie für eine oberflächenorientierte Kodierung, die es erlaubt, quantitativ basierte Distributionsanalysen durchzuführen und den individuellen Entwicklungsverlauf im Detail zu untersuchen. Der Erwerb von D-Elementen 2 209 Der Erwerb von D-Elementen Den Hintergrund für die Erwerbsuntersuchung zu D-Elementen bildet die Beobachtung, daß D-Elemente, d.h. Determinierer, Possessivpronomina und Quantoren, in der frühen deutschen und englischen Kindersprache optional sind und in komplementärer Distribution mit Adjektiven auftreten (vgl. u.a. Clahsen/Eisenbeiß/Vainikka 1994, Müller 1994, 2000, Müller et al. 2002 bzw. Brown 1973, Radford 1990). Diese Beobachtung spricht auf den ersten Blick für die Annahme, daß die DP, die in der Zielsprache D-Elemente aufnimmt, noch nicht zur Verfügung steht. D.h., sie scheint meine Arbeitshypothese E-II zu unterstützen, die besagt, daß die von Kindern im Erwerbsverlauf erzeugten Repräsentationen anfangs noch unterspezifiziert sein können. Gegen diese Interpretation haben Vertreter der Hypothese der vollständigen Kompetenz aber mittlerweile eine Reihe von empirischen und konzeptuellen Argumenten vorgebracht, die im folgenden diskutiert werden sollen. Insbesondere haben sie Analysen vorgelegt, die für eine frühe systematische Verwendung von D-Elementen sprechen. Daher möchte ich im folgenden nachweisen, daß die vorgelegten Analysen z.T. auf Daten aus relativ späten Erwerbsphasen oder auf formelhaften Strukturen mit unanalysierten "D-Elementen" beruhen. Zugleich werde ich mich mit den konzeptuellen Problemen von Strukturaufbauansätzen befassen, auf die Kritiker dieser Ansätze hingewiesen haben, und zeigen, wie sich diese Probleme vermeiden lassen, wenn man von der Idee des merkmalsbasierten Strukturaufbaus ausgeht. Im Rahmen dieser Diskussion möchte ich Evidenz für Entwicklungsdissoziationen zwischen D-Elementen liefern und damit meine Arbeitshypothese E-III bestätigen, der zufolge die Lexikoneinträge für D-Elemente nicht zum selben Zeitpunkt erworben werden müssen, sondern unabhängig voneinander projizieren können. 2.1 Linguistische Analysen und Vorhersagen für den Erwerb Die vorliegenden Analysen zur Nominalphrasenstruktur unterscheiden sich zwar darin, welche Positionen in welcher funktionalen Projektion sie den einzelnen Determinierern und Quantoren jeweils zuschreiben (vgl. z.B. Fukui 1986, Abney 1987, Haider 1988, 1992a, Bhatt 1990, Valois 1991, Ritter 1992, Siloni 1997); für die Debatte um die syntaktische Aktivität von Der Erwerb von D-Elementen 210 funktionalen Projektionen in der frühen Zwei-Wort-Phase sind diese Diskussionen aber nicht relevant. Entscheidend ist nur, daß Artikel, Demonstrativpronomina, Possessivpronomina und Quantoren Positionen innerhalb nominaler funktionaler Projektionen einnehmen und overte Realisierungen von grammatischen Merkmalen darstellen, die mit der funktionalen Kategorie D assoziiert sind. Insbesondere dienen D-Elemente zur Bindung des nominalen referentiellen Arguments: Quantoren wie alle oder kein binden das referentielle Argument durch All- bzw. Existenzquantifikation und bestimmte Artikel, Possessivpronomina und Demonstrativpronomina markieren Nominalphrasen als [+DEF]. Nominalphrasen mit unbestimmten Artikeln werden hingegen nicht als definit interpretiert. Außerdem können D-Elemente als Träger der Kasus-, Numerus- und Genusmarkierungen fungieren (vgl. Kapitel III.3.1). So weisen z.B. bestimmte und unbestimmte Artikel, Possessivpronomina, Demonstrativpronomina und eine Reihe von Quantoren im Deutschen Flexive auf, die Kasus-, Numerus- und Genusmerkmale overt realisieren. Wenn D-Elemente overte Realisierungen nominaler funktionaler Projektionen sind, sollten sie der Strukturaufbauhypothese zufolge in der frühen Zwei-Wort-Phase eigentlich überhaupt nicht produziert werden, da die entsprechenden Projektionen noch nicht syntaktisch aktiv sind. Es könnten aber Pseudo-Determinierer auftreten, d.h. Formen, die dieselbe phonologische Form aufweisen wie Elemente der Zielsprache, aber keine funktionalen, relationalen oder formalen Merkmale involvieren ("impostors" im Sinne von Radford 1990:103).11 Bei diesen Elementen kann es sich entweder um unanalysierte Teile von festen "Determinierer"-NomenVerbindungen wie die-schuhe handeln - oder um unanalysierte Teile von formelhaften Strukturen wie da´s-der+N. In beiden Fällen sollte ein U-förmiger Entwicklungsverlauf zu beobachten sein, d.h. ein vorübergehendes Absinken des Anteils zielsprachlicher Strukturen mit overtem D-Element: Wenn ein Kind in der frühen Zwei-Wort-Phase zahlreiche unanalysierte Strukturen mit PseudoDeterminierern verwendet, sollte der Anteil overter "D-Elemente" in obligatorischen Kontexten relativ hoch sein, obwohl das Kind noch nicht über zielsprachliche Repräsentationen für D-Elemente verfügt. Sobald das Kind erkennt, daß die anfänglich unanalysierten Strukturen Elemente enthalten, die es nicht analysieren kann, sollte es solche Elemente vorübergehend 11 Zur Diskussion von "impostors" vgl. auch Heller (1996). Der Erwerb von D-Elementen 211 auslassen, bis es die entsprechende zielsprachliche Repräsentation erworben hat. Dementsprechend ist ein vorübergehender Einschnitt bei der Realisierungsrate für D-Elemente zu erwarten. 12 Wenn die Hypothese der vollständigen Kompetenz zuträfe, sollte sich hingegen keine U-Kurve beobachten lassen, da in einem solchen Ansatz keine Reanalysen von Repräsentationen für D-Elemente vorgenommen werden. Wenn die frühen "D-Elemente" auf nicht-zielsprachlichen formelhaften Strukturen oder festen "Determinierer"-Nomen-Verbindungen beruhen, sollte ihr Auftreten nicht nur einen U-förmigen Entwicklungsverlauf zeigen; es sollte anfänglich auch auf bestimmte syntaktische Konfigurationen oder lexikalische Kontexte beschränkt sein. Erst später sollte mehr Variation in bezug auf die Elemente zu beobachten sein, mit denen D-Elemente kombiniert werden. Zugleich sollten die frühen "D-Elemente", wie zu Beginn dieses Kapitels bereits erwähnt, nicht mit Adjektiven kombiniert werden können: Zwischen das "D-Element" und das Nomen einer festen "Determinierer"-Nomen-Verbindung kann kein Adjektiv eingefügt werden, und formelhafte Äußerungen wie wo´s-der+N enthalten nur eine Position, die für Nomina reserviert ist, und können daher keine Adjektiv-Nomen-Kombinationen aufnehmen. Alternativ dazu könnte man die beobachtete komplementäre Distribution von D-Elementen und Adjektiven darauf zurückführen, daß Nominalphrasen zu Beginn der syntaktischen Entwicklung keine separate strukturelle Position für D-Elemente zur Verfügung stellt, sondern nur eine pränominale Modifiziererposition, die entweder durch ein D-Element oder durch ein Adjektiv besetzt werden kann (vgl. u.a. Clahsen/Eisenbeiß/Vainikka 1994, Müller 1994, 12 Ein U-förmiger Entwicklungsverlauf is t nicht nur beim Erwerb von obligatorischen D-Elementen zu erwarten. Eine vorübergehende "Verschlechterung" der sprachlichen Leistungen sollte immer dann zu beobachten sein, wenn Strukturen reanalysiert werden, die zwar zielsprachlich aussehen, aber auf nicht-zielsprachlichen Repräsentationen beruhen. Dies ist auch beim Erwerb von verschiedenen morphologischen Phänomenen der Fall - z.B. beim Erwerb des englischen Past-Tense (vgl. u.a. Miller/Ervin 1964, Cazden 1968, Marcus et al. 1992, Pinker 1999): Nach einer anfänglichen Phase mit weitestgehend zielsprachlichen Vergangenheitsformen (z.B. walked, went) zeigen sich vorübergehend Übergeneralisierungen des regulären Vergangenheitsflexivs -ed auf irreguläre Verben (z.B. goed), die zuvor korrekt flektiert wurden. Diese Beobachtung kann als Evidenz für einen Übergang von intern nicht analysierten, gespeicherten Vollformen zu zielsprachlichen Repräsentationen gewertet werden. Ob es sich bei den zielsprachlichen Repräsentationen um assoziativ verbundene gespeicherte Vollformen handelt (vgl. u.a. Rumelhart/McClelland 1986) oder ob Erwachsene über separate Repräsentationen für Affixe verfügen (vgl. u.a. Pinker/Prince 1988, Pinker 1999, Clahsen 1999, Sonnenstuhl 2001, Penke 2002), ist dabei nicht entscheidend. Wichtig ist nur, daß der U-förmige Entwicklungsverlauf anzeigt, daß Kinder von Strukturen, die zielsprachlich aussehen, aber intern noch nicht weiter analysiert sind, zu Strukturen übergehen, die auf zielsprachlichen Repräsentationen basieren. Der Erwerb von D-Elementen 212 2000). Dann muß man allerdings eine Rekategorisierung von "D-Elementen" annehmen; denn wenn sie von Anfang an als D-Element kategorisiert würden, könnten sie nur in einer D-Position basisgeneriert werden. Unabhängig davon, welche der beiden Erklärungen man wählt, lassen sich sowohl die anfängliche Optionalität von D-Elementen als auch ihre komplementäre Distribution mit Adjektiven im Rahmen von Strukturaufbauansätzen erfassen. Gegen eine solche Interpretation sind aber mittlerweile eine Reihe von empirischen Einwänden vorgebracht worden. So haben z.B. Höhle und Weissenborn versucht, in einer Reihe von Studien Evidenz für die Annahme zu liefern, daß Kinder selbst dann für D-Elemente sensitiv sind, wenn sie selbst noch nicht in allen obligatorischen Kontexten die entsprechenden grammatischen Morpheme produzieren:13 Erstens konnten Höhle und Weissenborn (1999) zeigen, daß deutsche Kinder im Alter von sieben bis neun Monaten Texten länger zuhören, wenn diese Texte ein D-Element (das oder sein) enthalten, das ihnen zuvor mehrfach in Isolation präsentiert worden ist. Dies deutet darauf hin, daß die untersuchten Kinder die in Isolation präsentierten funktionalen Elemente im Text wiedererkennen konnten, obwohl diese Elemente perzeptiv wenig salient sind. Zweitens konnten Höhle und Weissenborn (2000) nachweisen, daß Kinder bereits im Alter von 10 Monaten in der Lage sind, Nomina in Texten zu identifizieren, wenn diese ihnen zuvor in Kombination mit Determinierern vorgegeben wurden. Aus solchen Befunden kann meiner Auffassung nach aber lediglich geschlossen werden, daß Kinder möglicherweise bereits vor der frühen Zwei-Wort-Phase bestimmte Kookkurrenzmuster erworben haben. Beispielsweise können sie erkannt haben, daß bestimmte Lautketten - z.B. die D-Elemente der Zielsprache - stets zu Beginn einer phonologischen Phrase stehen. Dann sollten sie solche Muster und die entsprechenden funktionalen Elemente als "Ankerpunkte" für die weitere Segmentierung und Kategorisierung des Inputs verwenden können. Diese Annahme ist mit der Idee des Strukturaufbaus prinzipiell verträglich. Wie ich in Kapitel II.3.3 dargelegt habe, gehe ich davon aus, daß Kinder bereits bei der Instantiierung von kategorialen Merkmalen, d.h. ganz zu Beginn der syntaktischen Entwicklung, von solchen Kookkurrenzmustern Gebrauch machen. Aus der frühen Sensitivität für Auslassungen und Ersetzungen funktionaler Elemente allein kann aber nicht gefolgert werden, daß die betreffenden 13 Vgl. Golinkoff/Hirsh-Pasek/Schweis guth (2001) für einen Überblick über vergleichbare Studien. Der Erwerb von D-Elementen 213 Kinder bereits über zielsprachliche relationale, funktionale und formale Merkmalsspezifikationen für diese Elemente verfügen. Daher bemühen sich Vertreter der Hypothese der vollständigen Kompetenz nachzuweisen, daß Kinder bereits in der frühen Zwei-Wort-Phase systematisch zielsprachliche Strukturen gebrauchen, die funktionale Projektionen involvieren (vgl. Kapitel I.6.3). So führt Hyams (1999) eine Reihe von Studien an, denen zufolge englischsprachige, deutsche, niederländische und italienische Kinder im Altersbereich von 1;4 bis 3;4 in bis zu 78% aller obligatorischen Kontexte D-Elemente verwenden; und Bohnacker (1997) berichtet, daß das schwedische Kind Embla (1;8-2;1) in 74% aller obligatorischen Kontexte overte D-Elemente und Possessivmarkierungen verwendet und dasselbe Nomen mit verschiedenen D-Elementen kombiniert. Außerdem haben Vertreter der Hypothese der vollständigen Kompetenz eine Reihe von Erklärungen dafür vorgeschlagen, warum Kinder, die über zielsprachliche DP-Repräsentationen verfügen, D-Elemente nicht in sämtlichen obligatorischen Kontexten verwenden: Wie in Kapitel I.7.2 bereits kurz angesprochen, machen Hoekstra, Hyams und Becker sowie AbuAkel und Bailey ausschließlich pragmatische Faktoren für Abweichungen von der Zielsprache verantwortlich (vgl. u.a. Hoekstra/Hyams 1995, 1996, 1998, Hoekstra/Hyams/Becker 1997, Hyams 1999, Abu-Akel/Bailey 2000). Ihrer Auffassung nach unterliegen Kinderäußerungen in der frühen Zwei-Wort-Phase nämlich noch nicht der Beschränkung, daß die referentiellen Argumente von Nomina und Verben stets durch grammatische Mittel gebunden werden müssen.14 Daher sollten Kinder anfangs statt grammatischer Mittel auch deiktische Mittel zur Etablierung der Referenz von Nominalphrasen gebrauchen können. Somit läßt diese Analyse erwarten, daß Kinder eine Zeitlang sowohl vollspezifizierte DPs mit overten D-Elementen als auch unterspezifizierte Nominalphrasen ohne solche Elemente produzieren. Eine U-Kurve, wie man sie in Strukturaufbauansätzen vorhersagen würde, sollte hingegen nicht zu beobachten sein. Die frühen D-Elemente sollten der Hypothese der vollständigen Kompetenz zufolge nämlich bereits auf zielsprachlichen Repräsentationen beruhen und nicht reanalysiert werden. 14 Vgl. u.a. Schütze (1997) und Wexler (1999) für vergleichbare Überlegungen, die sich allerdings primär auf die Unterspezifikation verbaler funktionaler Kategorien beziehen. Der Erwerb von D-Elementen 214 Diese Annahme liegt auch den Analysen von Gerken (1996) und Crisma und Tomasutti (2000) zugrunde (vgl. Kapitel I.7.2). Diesen Autoren zufolge sind die beobachteten Auslassungen von D-Elementen allerdings nicht pragmatisch, sondern prosodisch bedingt: Funktionswörter werden ausgelassen, weil sie im allgemeinen aus unbetonten Silben bestehen, und unbetonte Silben in frühen Erwerbsphasen generell häufiger wegfallen als betonte Silben - und zwar insbesondere, wenn sie sich nicht direkt in die vorherrschenden metrischen Muster der Zielsprache einordnen lassen. Wenn diese Annahme zuträfe, sollten die Auslassungsraten für Funktionswörter von den prosodischen Eigenschaften der betreffenden Wörter und ihrer Kontexte abhängen. Dementsprechend versucht z.B. Gerken (1996) nachzuweisen, daß Kinder beim Erwerb des Englischen dazu tendieren, den einsilbigen unbetonten bestimmten Artikel auszulassen, wenn er sich nicht einer metrischen Einheit zuordnen läßt, die aus einer betonten Silbe und einer optionalen unbetonten Silbe besteht (S-(w)). Dies ist z.B. in (2a) der Fall, wo der unbetonte Artikel zwischen einer unbetonten und einer betonten Silbe steht. In (2b) kann der Artikel hingegen mit der vorangehenden betonten Silbe eine S-w-Einheit bilden und sollte daher nicht ausgelassen werden. (2) (a) (b) He | * He | * CATCHes the | | | S-----w * KICKS the | | S----------w PIG | S-(w) PIG | S-(w) Sowohl Penner und Weissenborn (1996) als auch Bottari, Cipriani und Chilosi (1993) und Lleo (2001) gehen ebenso wie die übrigen Vertreter der Hypothese der vollständigen Kompetenz davon aus, daß Kinder bereits in der frühen Zwei-Wort-Phase über sämtliche syntaktischen Eigenschaften funktionaler Projektionen verfügen. Sie führen die anfängliche Optionalität von D-Elementen aber weder auf pragmatische noch auf prosodische Faktoren zurück. Ihnen zufolge haben Kinder vielmehr noch nicht alle morphologischen Charakteristika der zielsprachlichen funktionalen Projektionen erworben. Dies kann zu unterspezifizierten D-Elementen führen, die noch nicht alle morphologischen Eigenschaften der entsprechenden zielsprachlichen Elemente aufweisen (z.B. de statt der/die/das/den/dem; vgl. die Diskussion von Bottari/ Cipriani/Chilosi 1993 und Lleo 2001). Durch den Verweis auf das Fehlen von entsprechenden Der Erwerb von D-Elementen 215 morphologischen Repräsentationen könnte man aber auch Auslassungen von D-Elementen erklären, wie dies z.B. Penner und Weissenborn (1996) tun. Dabei nehmen Penner und Weissenborn (1996) an, daß Kinder beim Aufbau der zielsprachlichen morphologischen Repräsentationen für D-Elemente zuerst expletive D-Elemente erwerben, die nichts zur Semantik der Nominalphrase beitragen. Bei diesen Elementen können Kinder Penner und Weissenborn zufolge nämlich aus dem Fehlen einer semantischen Motivation schließen, daß das betreffende Element nur verwendet wird, um eine bestimmte syntaktische Funktion zu erfüllen.15 Semantisch motivierte Elemente sollten hingegen erst später zu beobachten sein. Demnach sollten beispielsweise bestimmte Artikel bei inhärent definiten Eigennamen wie Maria im Erwerb vor bestimmten Artikeln bei Gattungsnamen wie Frau auftreten. Eigennamen wie Maria sind nämlich bereits inhärent [+DEFINIT] und benötigen daher eigentlich keinen bestimmten Artikel wie die mehr. Bestimmte Artikel bei Gattungsnamen wie Frau sind hingegen semantisch motiviert, da sie die betreffende Nominalphrase als definit kennzeichnen. Insgesamt betrachtet haben Vertreter der Hypothese der vollständigen Kompetenz somit zum einen empirische Befunde vorgebracht, die auf eine frühe systematische Verwendung von D-Elementen hindeuten; zum anderen haben sie alternative Erklärungen für die beobachteten Determiniererauslassungen vorgeschlagen. Will man die Strukturaufbauhypothese angesichts dieser Befunde und Analysen aufrechterhalten, könnte man Evidenz dafür erbringen, daß die frühen D-Elemente Pseudo-Determinierer sind, d.h. Formen, die dieselbe phonologische Form aufweisen wie Elemente der Zielsprache, aber keine funktionalen, relationalen oder formalen Merkmalsspezifikationen involvieren. Alternativ dazu könnte man nachweisen, daß die angeführten hohen Realisierungsraten auf Daten beruhen, die eine relativ späte Phase der grammatischen Entwicklung repräsentieren. Zugleich muß man zeigen, daß weder die beobachtete Distribution von D-Elementen noch die Struktur des Entwicklungsverlaufs durch die Analysen 15 Vgl. auch Penner/Weissenborn (1996:165): "The high canonicity of expletive triggers follows from ECONOMY CONSIDERATIONS: given that semantically uninterpretable symbols at LF are illicit (in the sense of Chomsky 1993), the expletive heads must be identified by the child as unequivocally marking a given syntactic position as not empty. So, for instance, the occurrence of expletive articles in German unambiguously indicates that D0 must be overtly spelled out, independently of whether or not a given nominal is marked for semantic features like <+Referentiality>. Thus, overt D0 is required by a parametrically-driven formal wellformedness condition." Der Erwerb von D-Elementen 216 erfaßt werden können, die Vertreter der Hypothese der vollständigen Kompetenz entwickelt haben. Außerdem muß man die spezifischen Hypothesen widerlegen, die sich aus den verschiedenen Varianten der Hypothese der vollständigen Kompetenz ergeben - z.B. die Hypothese von Penner und Weissenborn (1996), daß semantisch motivierte D-Elemente erst nach expletiven D-Elementen erworben werden. Selbst wenn dies gelänge, müßte man im Rahmen eines Strukturaufbauansatzes aber noch eine Erklärung dafür liefern, wie sich der Übergang zu zielsprachlichen Repräsentationen vollzieht. Verbindet man die Strukturaufbauhypothese mit der Reifungshypothese, sollten alle Instantiierungen der funktionalen Kategorie D erworben werden können, sobald die funktionale Kategorie D durch Reifungsprozesse verfügbar wird (vgl. z.B. Radford 1990). Dabei könnte die Dauer des Erwerbsprozesses zwar möglicherweise durch die morphologische und semantische Komplexität der zielsprachlichen D-Elemente oder durch prosodische Faktoren bestimmt sein. Der Beginn des Erwerbsprozesses sollte aber unabhängig von der jeweiligen Zielsprache sein, da er durch neurologische Reifungsprozesse vorgegeben ist. Wenn es einen Reifungsplan gäbe, der festlegt, wann bestimmte Typen von D-Elementen erworben werden können, würde man darüber hinaus erwarten, daß die einzelnen Typen von D-Elementen stets in einer bestimmten, von der jeweiligen Zielsprache unabhängigen Reihenfolge auftreten. Vertreter der Hypothese des Lexikalischen Lernens nehmen keinen abrupten, reifungsgesteuerten Übergang von NP-Projektionen zu DP-Projektionen an. Vielmehr gehen sie von einer Übergangsphase aus, in der die DP aufgebaut wird. So teilen z.B. Clahsen, Eisenbeiß und Vainikka (1994) die DP-Entwicklung anhand des Auftretens von Possessivmarkierungen, D-Elementen und nominalen Kongruenzmarkierungen in drei Phasen ein. Dabei produzieren Kinder ihrer Auffassung nach in der ersten Phase ("non-occurrence") noch keine zielsprachlichen DP-Strukturen. In der dritten Phase ("mastery") sind solche Strukturen hingegen uneingeschränkt verfügbar. In der zweiten Phase ("development") treten zwar erste Possessivmarkierungen und D-Elemente auf, ihr Auftreten ist aber noch optional. Eine Einteilung in drei Phasen schlagen auch Müller et al. (2002) im Anschluß an Chierchia, Guasti und Gualmini (2000) vor. Sie unterscheiden zwischen einer sog. "Prädeterminantenphase", in der Artikel in mehr als 90% aller obligatorischen Kontexte ausgelassen werden, einer Phase, in der D-Elemente optional sind, und einer dritten Phase, in der D-Elemente in mehr als 90% aller obligatorischen Kontexte realisiert werden. Der Erwerb von D-Elementen 217 Welchen Status nominale Projektionen in der zweiten Phase solcher Drei-Phasen-Analysen haben, lassen sowohl Clahsen, Eisenbeiß und Vainikka (1994) als auch Müller et al. (2002) offen. Clahsen, Eisenbeiß und Vainikka (1994) haben nachgewiesen, daß sich in dieser Phase bereits erste Belege für die distinktive Verwendung verschiedener D-Elementformen finden. Dabei treten solche Formen aber noch in weniger als 90% aller obligatorischen Kontexte auf (vgl. auch Clahsen/Eisenbeiß/Penke 1996). Angesichts dieser Beobachtung steht man vor einem Dilemma, wenn man annimmt, daß die DP in einer bestimmten Phase entweder immer oder aber überhaupt nicht projiziert wird (vgl. z.B. Schütze 1996 für eine Diskussion dieses Problems): Auf der einen Seite wird man der produktiven und distinktiven Verwendung von D-Elementformen nicht gerecht, wenn man für Äußerungen mit solchen Elementen keine DP annimmt. Auf der anderen Seite kann man die relativ hohen Auslassungsraten nicht erklären, wenn man bereits ab der ersten distinktiven Verwendung von D-Elementformen für alle Äußerungen des betreffenden Kindes eine zielsprachliche DP postuliert - und zwar unabhängig davon, ob in der betreffenden Nominalphrase ein D-Element vorliegt oder nicht. Dieses Dilemma entsteht meines Erachtens durch die Verwendung von atomaren grammatischen Kategorien, Phrasenstrukturschablonen, Regeln oder globalen Parametern. Wenn man solche Erklärungskonzepte verwendet, muß man nämlich entweder davon ausgehen, daß ein Kind über eine Kategorie, eine Regel oder einen Parameterwert verfügt, oder man muß annehmen, daß diese vollständig fehlen, denn "what could it conceivably mean for an organism to possess half a symbol, or three quarters of a rule?" (Bates/Thal/Marchman 1990:31) Die Idee des merkmalsbasierten Strukturaufbaus ermöglicht es hingegen, das Nebeneinander von zielsprachlichen und nicht-zielsprachlichen Strukturen in Übergangsphasen zu erfassen. Insbesondere ist es in einem merkmals- und lexikonbasierten Grammatikmodell ohne Satzstrukturschablonen möglich, daß die Lexikoneinträge für die verschiedenen funktionalen Elemente der Zielsprache zu unterschiedlichen Zeitpunkten aufgebaut und projiziert werden (vgl. Arbeitshypothese E-III in Kapitel II.4). Dadurch könnte es beim Erwerb von D-Elementen zu Entwicklungsdissoziationen zwischen den einzelnen Determinierern und Quantoren sowie zu einem Nebeneinander von unterspezifizierten Nominalphrasen und Strukturen mit zielsprachlichen funktionalen Projektionen kommen. Zugleich läßt die Idee des merkmalsbasierten Strukturaufbaus - anders als ein fester Reifungsplan für D-Elemente - Unterschiede zwischen Der Erwerb von D-Elementen 218 verschiedenen Sprachen erwarten. Entwicklungsdissoziationen zwischen den einzelnen D-Elementen derselben Sprache bzw. zwischen den D-Elementen verschiedener Sprachen sollten sich hierbei insbesondere dann zeigen, wenn sich die betreffenden D-Elemente in ihrer Inputfrequenz oder in ihren semantischen, morphologischen oder phonologischen Eigenschaften voneinander unterscheiden. So könnten z.B. manche D-Elemente früher erworben werden als andere, da sie aufgrund ihrer prosodischen Eigenschaften salienter sind. Ein Ansatz, der auf der Idee des merkmalsbasierten Strukturaufbaus beruht, schreibt somit prosodischen Charakteristika von D-Elementen eine Rolle beim Erwerb zu. Er macht aber andere Vorhersagen als Ansätze, die auf der Hypothese der vollständigen Kompetenz beruhen und nur rein prosodisch bedingte Auslassungen von D-Elementen annehmen. Die Analysen von Gerken (1996) und Crisma und Tomasutti (2000), die auf der Hypothese der vollständigen Kompetenz basieren, lassen nämlich erwarten, daß sich selbst die frühesten Auslassungen von D-Elementen rein prosodisch erklären lassen. Legt man die Idee des merkmalsbasierten Strukturaufbaus zugrunde, sollten Auslassungen in frühen Erwerbsphasen hingegen nicht rein prosodisch bedingt sein. Dieser Idee zufolge verfügen Kinder zu Beginn der syntaktischen Entwicklung nämlich überhaupt noch nicht über zielsprachliche Repräsentationen für D-Elemente, die sie aus rein prosodischen Gründen auslassen könnten. Kinder sollten in dieser Phase also nicht in Abhängigkeit vom prosodischen Kontext D-Elemente verwenden, sondern entweder überhaupt keine D-Elemente oder aber Pseudo-Determinierer gebrauchen.16 Prosodische Faktoren sollten einer solchen Analyse zufolge v.a. in späteren Erwerbsphasen eine zentrale Rolle spielen - nämlich dann, wenn Kinder beginnen, zielsprachliche Repräsentationen aufzubauen und D-Elemente zu produzieren. Dann könnten prosodische Faktoren nämlich entscheiden, welche D-Elemente zuerst erworben werden. Außerdem könnten sie einen Einfluß darauf haben, ob D-Elemente, für die bereits Lexikoneinträge vorliegen, auch tatsächlich overt realisiert werden. Somit würden sich für spätere Phasen der DP-Entwicklung aus der Idee des merkmalsbasierten Strukturaufbaus ähnliche Vorhersagen ergeben wie aus der Variante der Hypothese 16 Dabei könnte die Verwendung von solchen Pseudo-Determinierern prosodisch bedingt sein. Insbesondere könnten solche Elemente benutzt werden, um zielsprachliche metrische Muster zu erzielen (vgl. u.a. Veneziano/Sinclair 2000 sowie Peters 2001a, b zur Diskussion). Der Erwerb von D-Elementen 219 der vollständigen Kompetenz, die von Gerken (1996) und Crisma und Tomasutti (2000) vertreten wird. In beiden Typen von Ansätzen sollte die Auslassungsrate von D-Elementen dann von den prosodischen Eigenschaften der D-Elemente und der Kontexte, in denen sie auftreten, beeinflußt werden. Für frühe Erwerbsphasen würden aber nur die Analysen von Gerken (1996) und Crisma und Tomasutti (2000) erwarten lassen, daß alle Auslassungen von D-Elementen rein prosodisch erklärt werden können. Insgesamt lassen sich somit aus den Ansätzen zur Lösung des Entwicklungsproblems die folgenden Leitfragen für Untersuchungen zum Status von frühen D-Elementen ableiten: - Gibt es zu Beginn der syntaktischen Entwicklung eine Phase, in der keine D-Elemente auftreten? - Zeigt der Anteil overter D-Elemente in obligatorischen Kontexten einen U-förmigen Entwicklungsverlauf? - Lassen sich für die ersten Belege von D-Elementen syntaktische oder lexikalische Distributionsbeschränkungen beobachten? - Sind D-Elemente und Adjektive komplementär verteilt? - Werden expletive D-Elemente vor semantisch motivierten D-Elementen erworben? - Treten bei der Entwicklung von D-Elementen Entwicklungsdissoziationen auf? Ist dabei eine universelle Erwerbsreihenfolge für die einzelnen D-Elemente zu beobachten? - Ist die Auslassungsrate für D-Elemente abhängig von den prosodischen Eigenschaften dieser Elemente und den prosodischen Kontexten, in denen sie auftreten? Verändert sich dabei der Einfluß prosodischer Faktoren im Entwicklungsverlauf? 2.2 Vorliegende Befunde Der Erwerb von D-Elementen wurde in einer Reihe von Studien zur berndeutschen, deutschen, englischen, französischen, griechischen, italienischen, niederländischen, schwedischen und spanischen Kindersprache untersucht. 2.2.1 Die Struktur des Entwicklungsverlaufs Auslassungen von D-Elementen in frühen Erwerbsphasen wurden in zahlreichen Erwerbsstudien beobachtet. So läßt das deutsche Kind Simone Clahsen, Eisenbeiß und Vainikka (1994) zufolge im Alter von 1;10,20 bis 2;00,23 in 654 (= 65%) der 1000 vorliegenden obligatorischen Kontexte die erforderlichen D-Elemente aus. Die von Abu-Akel und Bailey Der Erwerb von D-Elementen 220 (2000) untersuchten 17 englischsprachigen Kinder gebrauchten im Alter von 18 Monaten in 81% aller obligatorischen Kontexte keinen Artikel. Marinis (1998) fand in den Korpora der griechischen Kinder Spiros (1;9,2) und Janna (1;11) in der frühen Zwei-Wort-Phase nur 13% bzw. 17% overte bestimmte Artikel in obligatorischen Kontexten, 17 und Hyams (1999) gibt in ihrem Überblick über Studien zum Englischen, Deutschen, Niederländischen und Italienischen an, daß die Auslassungsraten für D-Elemente in diesen Studien zwischen 22% und 89% lagen. Einige Studien konnten darüber hinaus auch eine frühe Phase dokumentieren, in der (nahezu) keine D-Elemente vorkommen; vgl. z.B. Mills (1985:154) für einen Überblick über entsprechende Tagebuchstudien zum Erwerb des Deutschen, Brown (1973) und Radford (1990) zum Erwerb des Englischen, Clark (1985:728) zur französischen Kindersprache sowie Müller (1994) zum bilingualen Erwerb des Deutschen und Französischen.18 Entsprechende quantitative Angaben zu Raten overter D-Elemente finden sich z.B. in der Untersuchung von Penner und Weissenborn (1996) zum Berndeutschen (Juval: 6% zwischen 1;7,1 und 1;11,3), in der Studie von Wijnen, Krikhaar und den Os (1994:78) zum Niederländischen (Daan: 4% zwischen 1;6 und 1;10) sowie in den Untersuchungen von Marinis (1998, 2000, 2002b) zum Griechischerwerb (Christos: 7% zwischen 1;7 und 1;10). Dabei fanden sich z.B. bei dem griechischen Kind Christos in der ersten Aufnahme überhaupt keine bestimmten Artikel, obwohl 28 obligatorische Kontexte für diese D-Elemente vorhanden waren (Marinis 2000:106, 2002b:45). Das spanische Kind Morela gebrauchte im Alter von 1;4 (MLU: 1,35) nur in acht der 47 obligatorischen Kontexte (= 15%) bestimmte und unbestimmte Artikel (Schnell de Acedo 1994:233ff.). Dabei traten alle acht Artikel mit Nomina auf, die dem Kind bekannt waren oder in der betreffenden Sitzung von der Mutter mit D-Element präsentiert wurden. Dies deutet darauf hin, daß es sich bei den frühen "Determinierer"-Nomen-Kombinationen um unanalysierte Einheiten mit Pseudo-Determinierern handelt. Wenn dies tatsächlich der Fall ist, sollte sich, wie in Kapitel III.2.1 dargelegt, ein U-förmiger Entwicklungsverlauf für den Anteil overter D-Elemente zeigen. Viele der angesprochenen 17 18 Stephany (1997:226) gelangt bei ihrer Analyse der frühen Daten von Spiros und Janna zu vergleichbaren Werten (13% bzw. 21% overte bestimmte Artikel in obligatorischen Kontexten). Außerdem wurde in Studien zum Hebräischerwerb (vgl. Berman 1985:272ff.) eine Phase ohne Definitheitsmarkierungen dokumentiert. Der Erwerb von D-Elementen 221 Studien geben allerdings keinen Aufschluß über die genaue Struktur des Entwicklungsverlaufs. Meistens wurden nämlich entweder keine Angaben über spätere Entwicklungsphasen gemacht (vgl. z.B. Radford 1990), oder es wurden Daten aus größeren Zeiträumen zusammengefaßt (vgl. z.B. Clahsen/Eisenbeiß/Vainikka 1994, Müller 1994). In den Daten, die eine Analyse des Entwicklungsverlaufs erlauben, zeigt sich für die Rate overter D-Elemente aber die von der Strukturaufbauhypothese vorhergesagte U-Kurve: So begann z.B. das englischsprachige Kind Adam in der achten Aufnahme, den unbestimmten Artikel häufiger zu produzieren; in den Aufnahmen 12 bis 19 sank der Anteil overter Determinierer aber und stieg erst ab der zwanzigsten Aufnahme wieder an (Brown 1973: 392ff.). Ebenso fing das griechische Kind Christos in der zweiten Aufnahme zwar an, bestimmte Artikel zu produzieren; der Anteil overter bestimmter Artikel in obligatorischen Kontexten zeigte aber Marinis (2000:117ff., 2002b:45f.) zufolge eine U-förmige Entwicklungskurve. Weitere Evidenz für einen solchen U-förmigen Entwicklungsverlauf liefert die Studie, die Pizzuto und Caselli (1992) mit drei italienischen Kindern durchgeführt haben (Marco 1;5-3;0, MLU: 1,30-2,51; Francesco 1;4-3;9, MLU: 1,12-4,53; Claudia 1;3-2;9, MLU: 1,763,70):19 Bei diesen drei Kindern erhöhte sich der Anteil zielsprachlicher bestimmter Artikel an der Gesamtzahl von obligatorischen Kontexten für diesen Determinierer zunächst auf Werte bis zu 80%. Danach sank er vorübergehend auf Werte zwischen 10% und 60% und stieg dann wieder schrittweise an, bis er sich bei Werten von über 90% stabilisierte. Die Aussagekraft der Studie von Pizzuto und Caselli (1992) ist allerdings eingeschränkt. Erstens wurden nur bestimmte Artikel untersucht. Bei Auslassungen von D-Elementen ist es aber in den meisten Fällen nicht möglich, eindeutig festzustellen, welcher Typ von D-Element im jeweiligen Kontext angemessen gewesen wäre (Brown 1973). Daher lassen sich Auslassungen von bestimmten Artikeln kaum von Auslassungen anderer D-Elemente unterscheiden. Pizzuto und Caselli versuchten, dieses Problem zu umgehen, indem sie Nominalphrasen ohne D-Elemente, bei denen sowohl der bestimmte als auch der unbestimmte Artikel angemessen gewesen wären, als Kontexte für bestimmte Artikel werteten. So besteht die Möglichkeit, daß Auslassungen von unbestimmten Artikeln oder anderen Determinierern 19 Die MLU-Werte wurden auf der Basis von Wörtern berechnet. Der Erwerb von D-Elementen 222 fälschlicherweise als Auslassungen von bestimmten Artikeln gezählt werden. Dementsprechend kann die Auslassungsrate für bestimmte Artikel durch dieses Verfahren überschätzt werden. Zweitens unterschieden Pizzuto und Caselli (1992) nicht zwischen ausgelassenen bestimmten Artikeln und bestimmten Artikeln mit nicht-zielsprachlicher Flexion. Diese beiden Einschränkungen gelten nicht für die Studie von Penner und Weissenborn (1996) zur deutschen Kindersprache. Penner und Weissenborn (1996) haben bei ihrer Analyse des Simone-Korpus zwar stets mehrere Aufnahmen zu Blöcken zusammengefaßt. Dennoch erkennt man in Abb. 1 ihrer Studie, daß der Anteil overter Determinierer in obligatorischen Kontexten anfänglich bis auf ca. 60% anstieg (1;10,20-1;10,28), und danach für ca. einen Monat auf 35% bis 45% fiel (1;11,13- 2;0,05), bevor er wieder anwuchs und sich allmählich zielsprachlichen Werten näherte (2;0,23-2;7,04).20 Eine vergleichbare U-Kurve bei der Determiniererentwicklung zeigte sich auch beim Französischerwerb des bilingualen Kindes Jean, das Französisch und Schwedisch parallel erwirbt (Granfeldt 2000): Jean gebrauchte zu Beginn des Untersuchungszeitraums (1;10) zwar immerhin bereits in 16 von 33 Kontexten (= 49%) das erforderliche D-Element; in den folgenden Aufnahmen (2;0-2;4) ließ er es aber in 76% bis 89% aller Kontexte aus und zeigte erst ab 2;6 Auslassungsraten, die unter 50% lagen. Dafür, daß die D-Elemente in der ersten Aufnahme auf formelhaften Strukturen beruhen, die in den folgenden Aufnahmen reanalysiert werden, spricht auch die Beobachtung, daß sich bei Jean auch in anderen Bereichen der grammatischen Entwicklung, insbesondere beim Erwerb von Verbflexiven und Subjektklitika eine parallele U-Kurve in den Korrektheitsraten beobachten ließ (vgl. Schlyter 1994). Evidenz für einen U-förmigen Entwicklungsverlauf, der auf einen Übergang von unanalysierten zu analysierten Strukturen hindeutet, liefern auch die Analysen, die Bohnacker (1997) zu schwedischen Kindersprachdaten durchgeführt hat. Bohnacker argumentiert zwar selbst für die Hypothese der vollständigen Kompetenz; eine Reanalyse ihrer Daten zeigt aber einen U-förmigen Entwicklungsverlauf für overte D-Elemente. 20 Dieser Befund unterstützt die Annahme von Clahsen, Eisenbeiß und Vainikka (1994), daß Simone im Alter von 2;0,23 begann, unanalysierte Strukturen zu reanalysieren und D-Elemente zu verwenden, die auf zielsprachlichen Repräsentationen basieren. Der Erwerb von D-Elementen 223 Abb.III-3: Emblas overte D-Elemente in obligatorischen Kontexten (Bohnacker 1997)21 100 90 80 70 in % 60 50 40 30 20 10 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 Aufnahme Wie Abb.III-3 verdeutlicht, produzierte Embla zu Beginn des Untersuchungszeitraums in 88% aller obligatorischen Kontexte ein overtes D-Element. Danach sank der Anteil overter D-Elemente vorübergehend ab und näherte sich erst ab Aufnahme 7 wieder den hohen Werten, die zu Beginn des Untersuchungszeitraums zu beobachten waren. 2.2.2 Distributionsbeschränkungen Ob die beobachteten U-Kurven für den Anteil overter D-Elemente mit einer Veränderung in der Distribution von Determinierern einhergehen, ist nicht in allen Fällen festzustellen, da nicht immer entsprechende Analysen durchgeführt wurden. So hat z.B. Bohnacker (1997) bei ihrer 21 Die Werte in Abb.III-3 basieren auf Tab. 1 von Bohnacker (1997). Zur Berechnung der Anzahl obligatorischer Kontexte für D-Elemente habe ich Bohnackers Kategorien "ungrammatical bare SG", "indefinite overt" und "definite overt" zusammengefaßt. Dabei habe ich "indefinite overt" und "definite overt" als "+D" gewertet. Possessivkonstruktionen mit Possessivmarkierungen, die von Bohnacker als overte D-Elemente gewertet wurden, wurden in Abb.III-3 nicht berücksichtigt. Für eine Diskussion von Possessivkonstruktionen im Embla-Korpus vgl. Kapitel III.4.3. Der Erwerb von D-Elementen 224 Untersuchung von Embla auf eine quantitative Distributionsanalyse verzichtet. Sie hat lediglich Beispiele mit zwei Nomina angegeben, die verdeutlichen sollen, daß dasselbe Nomen mit verschiedenen D-Elementen kombiniert werden kann. Diese Beispiele stammen allerdings z.T. aus unterschiedlichen Aufnahmen, und einige von ihnen sprechen gerade gegen das Vorliegen einer zielsprachlichen Repräsentation. So deutet beispielsweise die Reduplikation des Plural-Definitheits-Suffixes -na in (3), das in der Zielsprache nicht redupliziert wird (Bohnacker 1997:69), darauf hin, daß diese Äußerung nicht auf einer zielsprachlichen Analyse basiert: (3) bil-ar-nana all-a Auto-Pl.-die-Pl. alle 'die Autos, all die Autos' bil-ar-nanana Auto-Pl.-die-Pl. (Embla 1;9,0) Für das deutsche Kind Simone, das bei der Determiniererentwicklung ebenfalls eine U-Kurve zeigte (vgl. Kapitel III.2.2.1), haben Penner und Weissenborn (1996:186ff.) nachgewiesen, daß zwischen 1;10,20 und 2;0,05 107 von 119 bestimmten Artikeln (= 90%) in formelhaften Äußerungen auftraten. Im Altersbereich von 2;0,23 bis 2;0,26 fanden sich hingegen nur noch fünf von 34 bestimmten Artikeln (= 15%) in formelhaften Strukturen.22 Penner und Weissenborn haben allerdings keine Kriterien dafür angegeben, was sie als formelhafte Äußerung zählen. Sie haben lediglich die Äußerungen in (4) als Beispiele angeführt. (4) (a) (b) (c) wos de baby das de baby wo'se lala (= wo ist der Schnuller?) (Simone 1;10,20) (Simone 1;10,20) (Simone 1;10,20) Darüber hinaus berücksichtigten sie nicht, inwieweit Determinierer-Nomen-Kombinationen variabel sind. Trotz dieser Einschränkungen deuten die Befunde zum Simone-Korpus darauf hin, daß ein Übergang von unanalysierten zu analysierten Strukturen stattfindet. Anfängliche Distributionsbeschränkungen für D-Elemente, die nach einem vorübergehenden Einschnitt bei der Determiniererrealisierungsrate aufgehoben werden, haben auch die bereits in Kapitel III.2.2.1 angesprochenen Untersuchungen von Marinis (2000, 2002b) und Brown (1973) dokumentiert: Marinis (2000:117ff., 2002b:45f.) konnte in den Daten von 22 Die Aufnahmen von 2;0,23 und 2;0,26 werden von Penner und Weissenborn (1996:187) für die Analyse von bestimmten Artikeln in formelhaften Äußerungen zusammengefaßt. Es ist daher nicht möglich, diese beiden Aufnahmen zu vergleichen. Der Erwerb von D-Elementen 225 Christos nicht nur eine U-förmige Entwicklungskurve für den Anteil overter bestimmter Artikel beobachten. Christos kombinierte bestimmte Artikel vor dem vorübergehenden Einschnitt bei der Realisierungsrate auch nur mit einer kleinen Anzahl von Nomina. Mehr Typen von Determinierer-Nomen-Kombinationen in verschiedenen syntaktischen Positionen zeigten sich erst beim Wiederanstieg der Realisierungsrate. Das englischsprachige Kind Adam aus der Studie von Brown (1973) verband zwar bereits zu Beginn des Untersuchungszeitraums den unbestimmten Artikel mit verschiedenen Nomina (Ihns/Leonard 1988); das Auftreten dieses Artikels unterlag Brown zufolge aber anfangs lexikalischen Beschränkungen: Vor dem bei Adam beobachteten vorübergehenden Einschnitt bei der Determiniererrealisierungsrate trat der unbestimmte Artikel nämlich fast nur in Verbindung mit dem Demonstrativum that ((5a) und (5b)) oder einigen transitiven Verben ((5c), (5d) und (5e)) auf. Zugleich waren nicht-zielsprachliche Strukturen zu beobachten, bei denen Adam Einheiten wie that-a oder have-a mit Elementen verband, die nicht mit dem unbestimmten Artikel vereinbar sind - z.B. Possessivpronomina ((5a) und (5e)), Pluralnomina (5b), pluralische Quantoren (5c) und Demonstrativa (5d): (5) (a) (b) (c) (d) (e) that a my book that a screws have a two minute firetruck want a this you took a mine (Adam) (Adam) (Adam) (Adam) (Adam) Das Auftreten solcher nicht-zielsprachlichen Äußerungen spricht für die Annahme, daß der unbestimmte Artikel in Kombinationen wie that-a und Verb-Artikel-Kombinationen wie have-a, want-a und took-a keine zielsprachliche Repräsentation aufweist, sondern ein unanalysierter Teil einer formelhaften Struktur ist. Dies wird unterstützt durch Browns Beobachtung, daß die Anzahl von Fehlern wie (5) nach dem vorübergehenden Einschnitt bei der Rate overter Determinierer stark zurückging. Adams Erwerb von D-Elementen ist somit nicht nur durch eine frühe Phase ohne D-Elemente sowie durch einen U-förmigen Entwicklungsverlauf charakterisiert, sondern auch durch anfängliche Distributionsbeschränkungen für D-Elemente. Weitere Evidenz für anfängliche Distributionsbeschränkungen liefert die Studie von Pine und Martindale (1996), die auf sieben Querschnittkorpora englischsprechender Kinder beruht (Zeitpunkt I: 1;11-2;4, MLU: 2,2-3,4; Zeitpunkt II: 2;1-2;7, MLU: 2,3-3,9). In dieser Studie Der Erwerb von D-Elementen 226 haben die beiden Autoren gezeigt, daß die frühen "D-Elemente" zwar in verschiedenen syntaktischen Kontexten vorkommen, aber dennoch syntaktischen Distributionsbeschränkungen unterliegen. Insbesondere gebrauchte keines der untersuchten Kinder in der ersten Aufnahme den unbestimmten Artikel in allen vier analysierten syntaktischen Kontexten (allein auftretende, präverbale und postverbale Nominalphrasen sowie Komplemente von Präpositionen). Auch in der zweiten Aufnahme fanden sich nur in zwei der sieben Korpora unbestimmte Artikel in allen vier syntaktischen Kontexten. Den bestimmten Artikel verwendeten bei der ersten Erhebung nur zwei, bei der zweiten Erhebung nur vier von sieben Kindern in allen vier Kontexten. Außerdem konnten Pine und Martindale anfängliche lexikalische Distributionsbeschränkungen für "D-Elemente" dokumentieren. Dazu erstellten sie zunächst ein Vokabular von Elementen, die im Gesamtkorpus der sieben untersuchten Kinder sowohl mit dem unbestimmten als auch mit dem bestimmten Artikel auftraten. Dabei bezeichneten sie die Elemente, die dem Determinierer folgten, als "Nomina" und die Elemente, die dem Determinierer vorangingen, als "Prädikate". Diese Terminologie werde ich im folgenden zur einfacheren Beschreibung der Daten übernehmen. In einem zweiten Schritt stellten Pine und Martindale dann für jedes Kind fest, welche der Nomina bzw. Prädikate aus dem Vokabular es mit dem bestimmten oder mit dem unbestimmten Artikel verwendete. Auf dieser Grundlage berechneten sie jeweils den Anteil der Nomina bzw. Prädikate, die mit beiden Artikeln kombiniert wurden. Dieser Anteil war bei den untersuchten Kindern deutlich niedriger als bei ihren erwachsenen Kommunikationspartnern; dabei waren die beobachteten Unterschiede beim ersten Erhebungszeitpunkt sowohl für Nomina als auch für Prädikate und beim zweiten Zeitpunkt nur noch für Prädikate signifikant; vgl. Tab.III-4. Die Variabilität von Prädikat-Determinierer- und Determinierer-Nomen-Kombinationen war somit bei den untersuchten Kindern eingeschränkter als bei ihren erwachsenen Kommunikationspartnern. Dies spricht für das Vorliegen von lexikalischen Distributionsbeschränkungen. Darüber hinaus war der Anteil von Prädikaten, die mit beiden Artikeln auftreten, geringer als der Anteil von Nomina, die mit beiden Artikeln kombiniert werden. Vier der sieben untersuchten Kinder verwendeten in der ersten Aufnahme sogar kein einziges Prädikat sowohl mit dem bestimmten als auch mit dem unbestimmten Artikel. Drei dieser Kinder hatten auch bei der zweiten Erhebung noch entsprechende Werte von weniger als 10%. Dies weist darauf hin, daß Der Erwerb von D-Elementen 227 unanalysierte Prädikat-Determinierer-Kombinationen (wie z.B. this-is-a) in frühen Erwerbsphasen eine größere Rolle spielen als feste Determinierer-Nomen-Verbindungen. Tab.III-4: Der durchschnittliche Anteil von Nomina/Prädikaten mit variablem Determinierer (in %)23 (Pine/Martindale 1996) Zeitpunkt I Kinder Erwachsene sign. Nomina Prädikate 15,8 0,0 30,0 27,3 * * Zeitpunkt II Kinder Erwachsene sign. 33,3 25,0 44,4 35,7 n.s. * Nach demselben Verfahren wie Pine und Martindale (1996) ermittelten Pine und Lieven (1997) für jeweils 400 Äußerungen aus 11 Längsschnittkorpora (1;10-3;0) den Anteil von Nomina, die mit beiden Artikeln kombiniert wurden. Dieser Anteil war auch bei diesen Kindern relativ niedrig: Bei fünf Kindern betrug er 0%, und für drei weitere Kinder ergaben sich Werte, die nicht signifikant von 0% abwichen. Nur bei drei der 11 untersuchten Kinder lag der Anteil von Nomina, die mit beiden Artikeln kombiniert wurden, signifikant über 0%. Neben dem Anteil von Nomina mit variablem Artikel ermittelten Pine und Lieven (1997) für jedes Korpus auch die drei häufigsten Strukturmuster mit Artikeln. Dabei fanden sie nicht nur einfache Kombinationen von Artikeln und anderen Elementen (a+X bzw. the+X), sondern auch komplexere Muster wie want-a+X, that's-a+X, where's-the+X, there's-the+X oder in-the+X. Zugleich konnten sie nachweisen, daß sich jeweils durchschnittlich 56% (35% 79%) aller Äußerungen mit Artikeln, die in einem der 11 Korpora vorkamen, auf eines der drei häufigsten Muster im jeweiligen Korpus zurückführen lassen. Dies deutet Pine und Lieven zufolge darauf hin, daß die ersten "Artikel" auf formelhaften Strukturen beruhen. Für diese Annahme spricht die Beobachtung, daß fünf der 11 Kinder zwei oder mehr nicht-zielsprachliche Strukturen mit Artikeln produzierten, und die meisten dieser nicht-zielsprachlichen Strukturen die beobachteten frequenten Muster involvierten; vgl. z.B.: 23 Die Berechnung der Werte in Tab.III-4 erfolgte entsprechend der folgenden Formel: Anzahl der Nomina/Prädikate, die mit beiden Artikeln vorkommen Anzahl der Nomina/Prädikate, die im jeweiligen Korpus mit dem bestimmten oder unbestimmten Artikel kombiniert werden Bei den angegebenen Mittelwerten handelt es sich um Mediane. Das durchgeführte statistische Verfahren war ein Wilcoxon-Test für Paardifferenzen (ungerichtete Hypothese), 'sign.' gibt das Signifikanzniveau an (*: p < 0,05; n.s.: nicht signifikant). Der Erwerb von D-Elementen (6) (a) (c) (c) (d) 228 a that a my other book want more drink that's a big one eyes (Anna) (Anna) (Helen) (Leonard) Insgesamt betrachtet deuten die Distributionsanalysen von Pine und Martindale (1996) bzw. Pine und Lieven (1997) somit darauf hin, daß zumindest ein nicht unbeträchtlicher Teil der frühen Belege für "Determinierer" auf formelhaften Strukturen basiert. Es ist aber zweifelhaft, ob die in diesen Studien berechneten Werte zuverlässige Kennwerte für das Ausmaß der Variabilität von frühen Strukturen mit Determinierern sind. Erstens ist selbst bei den Erwachsenen eine relativ starke Variation in bezug auf die ermittelten Werte zu beobachten (vgl. Tab.III-4). Zweitens können sich durch die Beschränkung der Analyse auf Artikel sehr kleine Werte ergeben, obwohl das betreffende Kind viele Nomina und Prädikate produziert und sie mit einer ganzen Reihe von unterschiedlichen D-Elementen verbindet. So wird in den in (7) dargestellten hypothetischen Daten kein einziges der auftretenden Nomina bzw. Prädikate mit beiden Artikeln verwendet, was zu Werten von 0% führen würde: (7) (a) (b) (c) (d) (e) (f) He wants This is where are Jane took John has I like a/this/his/a small/a black a/a big/my old/your the /these/her/all the the /that/her/this/your my/these/her two/four this/that/your/his old doggie cat socks truck trucks pullover Man würde angesichts solcher Daten aber sicher nicht von einer eingeschränkten lexikalischen Variation von Strukturen mit D-Elementen ausgehen wollen. Jedes Prädikat bzw. Nomen wird mit mehreren D-Elementen kombiniert, und die Strukturen in (7) lassen sich nicht auf einige wenige unanalysierte Strukturen zurückführen. Drittens lassen Pine, Martindale und Lieven den Zusammenhang außer acht, der zwischen der Variabilität von Prädikat-Determinierer-Verbindungen und der Variabilität von Determinierer-Nomen-Verbindungen besteht. Dadurch kann es zu irreführend hohen Werten kommen, wenn ein Kind sowohl über einige unanalysierte Prädikat-Determinierer-Strukturen als auch über einige feste Determinierer-Nomen-Verbindungen verfügt. So werden z.B. jeweils fünf der sieben Nomina und Prädikate in (8) mit beiden Artikeln kombiniert. Demnach würden sich Werte von 71% ergeben. Durch solche hohen Werte würde aber nicht erfaßt, daß sich Der Erwerb von D-Elementen 229 sämtliche Äußerungen in (8) auf die vier unanalysierten Strukturen this-is-a+N, where's-the+N, the-ball und a-cookie zurückführen lassen. (8) (a) (b) (c) (d) this-is-a where's-the Jane took/I saw/I want/she found/I see Jane took/I saw/I want/she found/I see bird/book/hat/suitcase/banana bird/book/hat/suitcase/banana the-ball a-cookie Insgesamt betrachtet deuten die von Pine und Martindale (1996) und Pine und Lieven (1997) erzielten Befunde somit zwar darauf hin, daß unanalysierte Strukturen mit "Determinierern" in frühen Erwerbsphasen eine zentrale Rolle spielen; die berechneten Werte sind aber als Kennwerte für das Ausmaß der lexikalischen Variation problematisch. Sowohl die Beschränkung der Analyse auf Artikel als auch die unabhängige Analyse von Prädikat-Determinierer-Strukturen und Determinierer-Nomen-Verbindungen können zu einer Fehleinschätzung der lexikalischen Variation führen. Außerdem berücksichtigen Pine, Martindale und Lieven - anders als z.B. Brown (1973) bei seiner Analyse des Adam-Korpus - nicht die Struktur des Entwicklungsverlaufs und fassen Daten aus einem relativ breiten Alters- bzw. MLU-Bereich zusammen. Daher bleibt unklar, ob und wie sich die Rolle von Strukturen wie where's-the+N im Verlauf der sprachlichen Entwicklung verändert. Wie in Kapitel III.2.1 erläutert, kann neben syntaktischen und lexikalischen Distributionsbeschränkungen auch die komplementäre Distribution von Determinierern und Adjektiven Evidenz für das Vorliegen von Pseudo-Determinierern liefern: Wenn die frühen "D-Elemente" auf unanalysierten Strukturen beruhen, sollten sie nicht mit Adjektiven kombiniert werden können: Zum einen kann zwischen das "D-Element" und das Nomen einer festen "Determinierer"Nomen-Verbindung kein Adjektiv eingefügt werden; zum anderen enthalten formelhafte Äußerungen wie wo's-der+N nur eine Position für Nomina und können daher keine AdjektivNomen-Kombinationen aufnehmen. Angaben zu Determinierer-Adjektiv-Kombinationen finden sich in Studien zur deutschen, englischen, niederländischen und griechischen Kindersprache und zum bilingualen Erwerb des Deutschen und Französischen bzw. Schwedischen und Französischen (vgl. u.a. Mills 1985, Clahsen/Eisenbeiß/Vainikka 1994, Bittner 1997, Brown 1973, Radford 1990:62ff., deHouwer/Gillis 1998:37, Stephany 1997:266f., Müller 1994, 2000, Granfeldt 2000). Diese Untersuchungen stimmen darin überein, daß "Determinierer"-Nomen- und Adjektiv-Nomen- Der Erwerb von D-Elementen 230 Kombinationen bereits bei Kindern unter zwei Jahren zu beobachten sind, Adjektive aber anfangs nicht mit Determinierern kombiniert werden können. Solche Kombinationen erscheinen erst dann, wenn D-Elemente obligatorisch werden. Dies kann nicht allein auf das Vorliegen von Beschränkungen der Verarbeitungskapazität bei jüngeren Kindern zurückgeführt werden. Insbesondere würde eine Beschränkung auf zwei Worte pro Nominalphrase nur Determinierer-Adjektiv-Nomen-Kombinationen ausschließen. Reine Determinierer-Adjektiv-Kombinationen wie die kleine sollten hingegen möglich sein. Solche Strukturen treten aber selbst dann nicht in frühen Erwerbsphasen auf, wenn sie in der betreffenden Zielsprache erlaubt sind - vgl. u.a. Mills (1985), Clahsen, Eisenbeiß und Vainikka (1994) und Müller (1994, 2000) zum Deutschen. Insgesamt betrachtet sprechen die diskutierten Befunde zu Distributionsbeschränkungen für "D-Elemente" meines Erachtens für die Annahme, daß die "D-Elemente", die zu Beginn der frühen Zwei-Wort-Phase auftreten, nicht auf zielsprachlichen Repräsentationen beruhen, sondern auf unanalysierten Strukturen mit Pseudo-Determinierern. Sie sind daher mit der Arbeitshypothese E-II vereinbar, der zufolge syntaktische Repräsentationen in der frühen Zwei-WortPhase noch unterspezifiziert sein können. 2.2.3 Entwicklungsdissoziationen Die bislang diskutierten Befunde wären aber für sich genommen auch mit den Analysen von Penner und Weissenborn (1996) zu vereinbaren, denen zufolge Kinder zwar bereits früh zielsprachliche DP-Repräsentationen aufbauen, D-Elemente aber noch auslassen, da sie noch nicht über die entsprechenden morphologischen Repräsentationen verfügen. Um diese Erklärung auszuschließen, muß man die spezifischen Hypothesen von Penner und Weissenborn (1996) widerlegen - insbesondere die Hypothese, daß expletive D-Elemente vor semantisch motivierten D-Elementen auftreten. Penner und Weissenborn selbst führen zur Unterstützung dieser Hypothese die Beobachtung an, daß Simone mit 2;0,1 begann, expletive Artikel mit Eigennamen zu verwenden, während semantisch motivierte bestimmte Artikel erst später häufiger in nicht-formelhaften Äußerungen auftraten. Bei ihrer Analyse von expletiven Artikeln haben Penner und Weissenborn allerdings nicht zwischen formelhaften und nicht-formelhaften Strukturen unterschieden. Tut Der Erwerb von D-Elementen 231 man dies, so zeigt sich, daß es sich bei der von Penner und Weissenborn (1996:188) erwähnten ersten Verwendung des expletiven bestimmten Artikels um eine Struktur vom Typ wo'sde+N handelt. Solche Strukturen scheinen bei Simone aber den Status einer Formel zu haben (vgl. Penner/Weissenborn 1996, Clahsen/Penke/Parodi 1993). Erst ab 2;0,26, d.h. zu einem Zeitpunkt, an dem Simone bereits häufig semantisch motivierte bestimmte Artikel in nichtformelhaften Strukturen produziert, verwendet sie auch expletive bestimmte Artikel, die nicht auf formelhafte Strukturen zurückgeführt werden können (vgl. u.a. (9)). Ab 2;1 treten solche nicht-formelhaften Strukturen mit expletiven Artikeln dann häufiger auf (vgl. Clahsen/Eisenbeiß/ Vainikka 1994:100). In nicht-formelhaften Strukturen erscheinen expletive und semantisch motivierte Artikel somit zum gleichen Zeitpunkt. (9) (a) (b) und der maxe hinstellen die mone trinkt hier (Simone 2;0,26) (Simone 2;0,26) Auch die bereits angesprochene Studie von Marinis (1998) zum Erwerb des Griechischen konnte keine Evidenz für die Priorität von expletiven Artikeln gegenüber semantisch motivierten D-Elementen liefern: Bei Christos, Spiros und Janna zeigte sich zu keinem Zeitpunkt ein signifikanter Unterschied zwischen dem Anteil von expletiven bestimmten Artikeln bei Eigennamen und dem Anteil von semantisch motivierten bestimmten Artikeln in obligatorischen Kontexten. Das Fehlen eines solchen Unterschieds kann dabei nicht auf eine unzureichende Datenbasis zurückgeführt werden. Für andere Entwicklungsdissoziationen konnte Marinis (1998) nämlich Evidenz finden: Erstens wurden expletive Artikel bei Eigennamen vor expletiven Artikeln bei Demonstrativa erworben. Zweitens wurden zu Beginn des Untersuchungszeitraums mehr Demonstrativa als bestimmte Artikel verwendet, gegen Ende des Untersuchungszeitraums hingegen mehr bestimmte Artikel als Demonstrativa. D.h., der relative Anteil der beiden D-Elementtypen verschob sich zugunsten von bestimmten Artikeln. Drittens erreichten unbestimmte Artikel eher eine zielsprachliche Realisierungsrate als bestimmte Artikel.24 24 Stephany (1997:226f.) und Marinis (2000:106ff.) berichten zwar, daß bestimmte Artikel früher und häufiger verwendet wurden als unbestimmte Artikel; wie ich in Kapitel III.2.2.2 bereits erwähnt habe, unterlag die Verwendung von bestimmten Artikeln anfangs aber noch lexikalischen Beschränkungen. Dies weist darauf hin, daß die bestimmten Artikel, die vor der Verwendung von unbestimmten Artikeln vorkamen, noch nicht auf zielsprachlichen Repräsentationen beruhten, sondern Pseudo-Determinierer waren. Der Erwerb von D-Elementen 232 Für Entwicklungsdissoziationen beim Erwerb von bestimmten und unbestimmten Artikeln liefern auch andere Spontansprachstudien Evidenz.25 Dabei sprechen die vorliegenden Studien zum Erwerb des Niederländischen (deHouwer/Gillis 1998) für die Priorität von unbestimmten Artikeln gegenüber bestimmten Artikeln. Die beiden Autoren machen aber keine quantitativen Angaben zu den jeweiligen Anteilen der verschiedenen D-Elemente. Dies ist auch in den Studien zum Erwerb des Deutschen der Fall. Scupin und Scupin (1907), Stern und Stern (1928) sowie Bittner (1997) stimmen allerdings darin überein, daß die von ihnen untersuchten Kinder erst dann begannen, bestimmte Artikel häufiger und in Kombination mit verschiedenen Nomina zu benutzen, wenn sie unbestimmte Artikel bereits seit längerem regelmäßig produziert hatten. Dies ist im Einklang mit den Befunden von Müller (1994:59, 83) und Köhn (1994:38), die in ihren Studien zum parallelen Erwerb des Deutschen und Französischen für beide Sprachen anfangs nahezu ausschließlich unbestimmte Artikel fanden. Für den Erwerb des Englischen haben mehrere Studien eine Phase dokumentiert, in der die untersuchten Kinder nur a, aber nicht the produzierten (vgl. z.B. Leopold 1949, Zehler/ Brewer 1982). Eine Phase, in der Kinder nahezu ausschließlich den unbestimmten Artikel verwendeten, zeigte sich auch in der Längsschnittstudie von Abu-Akel und Bailey (2000), die auf Daten von 17 Kindern im Alter zwischen 18 und 24 Monaten beruht. Zugleich kann man der Studie von Abu-Akel und Bailey (2000) entnehmen, daß sich der Anteil von unbestimmten Artikeln schneller zielsprachlichen Werten annähert als der Anteil bestimmter Artikel. Auch dies spricht dafür, daß unbestimmte Artikel früher erworben werden als bestimmte Artikel. Italienische Kinder erwerben Bottari et al. (1998, 2001) zufolge hingegen den bestimmten Artikel vor dem unbestimmten. Dieselbe Erwerbsreihenfolge zeigt sich auch beim Spanischen und Schwedischen: Hernandez-Pina (1984) berichtet, daß spanische Kinder bestimmte Artikel vor unbestimmten Artikeln verwenden; und Schnell de Acedo (1994) zufolge benutzt das spanische Kind Morela anfangs nur bestimmte Artikel und produziert erst später auch unbestimmte Artikel. 25 Die vorliegenden experimentellen Studien zum Erwerb von bestimmten und unbestimmten Artikeln (vgl. u.a. Maratsos 1976, Karmiloff-Smith 1979) geben keinen Aufschluß über Entwicklungsdissoziationen, da die untersuchten Kinder in diesen Studien bereits beide Artikel produzierten. Der Erwerb von D-Elementen 233 Bei dem von Bohnacker (1997) untersuchten schwedischen Kind Embla stieg der Anteil definiter D-Elemente nach dem vorübergehenden Einschnitt bei der Determiniererrealisierungsrate direkt auf Werte von über 70% (vgl. Tab.III-5). D.h., in bezug auf bestimmte Artikel zeigte Embla schon sehr früh ein Verhalten, das dem ihrer erwachsenen Interaktionspartner entspricht (vgl. die letzte Spalte von Tab.III-5). Der Anteil unbestimmter Artikel erhöhte sich hingegen erst ab 2;1,0. Tab.III-5: Emblas Artikel in obligatorischen Kontexten (Bohnacker 1997) 1;8,2 1;9,0 1;9,2 1;10,0 1;10,2 1;11,0 1;11,2 2;0,0 2;1,0 2;1,2 ges. Erw. Kontexte 16 35 8 11 18 8 29 64 27 30 246 89 unb. Art. (in %) best. Art. (in %) 6 81 6 63 13 38 0 73 0 39 13 25 3 72 5 84 22 48 7 60 7 65 15 75 Santelmann (1998) hat die späten Daten von Embla und die Daten von vier weiteren monolingualen schwedischen Kindern zu zwei Korpora (I: MLU 1,5-3,0; II: MLU > 3,0) zusammengefaßt und im Hinblick auf den Anteil der verschiedenen D-Elemente analysiert. Dabei zeigte sich ein relativ konstanter Anteil von bestimmten Artikeln: 61% bei Kindern mit MLU-Werten zwischen 1,5 und 3,0 und 65% bei MLU-Werten über 3,0. Der Anteil von unbestimmten Artikeln, Quantoren und Possessivpronomina stieg hingegen von 9% auf 30% an, während der Anteil von Nomina ohne D-Element von 30% auf 5% fiel. Santelmann führt diese Beobachtung darauf zurück, daß unbestimmte Artikel, Possessivpronomina und Quantoren unbetonte pränominale freie Morpheme sind. Ihr Auftreten verletzt daher das im Schwedischen dominante trochäische Betonungsmuster für lexikalische Elemente, was ihre Auslassung zu Beginn des Untersuchungszeitraums erklären kann. Der bestimmte Artikel, dessen Realisierungsrate im Untersuchungszeitraum relativ konstant bleibt, ist hingegen ein Suffix, dessen Auftreten mit dem trochäischen Betonungsmuster kompatibel ist. Diese prosodische Erklärung der Erwerbsreihenfolge wird durch Befunde zum Erwerb von "doppelter Definitheit" unterstützt: In schwedischen definiten Nominalphrasen mit Adjektiven treten sowohl ein unbetonter Determinierer vor dem Adjektiv als auch ein suffigierter Determinierer am Nomen auf (10). In den von Santelmann untersuchten Korpora mit MLU-Werten unter 3,0 fehlt in der Mehrzahl von definiten Nominalphrasen mit Adjektiv der unbetonte pränominale Determinierer, während der suffigierte Determinierer overt realisiert wird (11a). In Der Erwerb von D-Elementen 234 den späteren Korpora ist der pränominale Determinierer hingegen in über 70% aller obligatorischen Kontexte zu beobachten; vgl. z.B. (11b): (10) den stora bil-en das große Auto-das (11) (a) (b) jag sitta __ lilla stolen ich sitze *(der) großer Stuhl-der den andra flickan kan ocksa pipa das andere Mädchen-das kann auch pfeifen (Freja 2;5) (Freja 2;10) Über die frühe Phase des Erwerbs von D-Elementen gibt die Studie von Santelmann keinen Aufschluß, da sie für ihre Analysen Daten aus der frühen Zwei-Wort-Phase und spätere Daten zusammengefaßt hat (MLU: 1,5-3,0). Diese Studie erlaubt somit lediglich den Schluß, daß phonologische Faktoren die Auslassungsrate von D-Elementen in späten Entwicklungsphasen beeinflussen. Weitere Evidenz für die Rolle von prosodischen Faktoren bei der DP-Entwicklung liefern sprachvergleichende Studien zum Erwerb von D-Elementen in romanischen und germanischen Sprachen: Müller et al. (2002) haben den Erwerb des Deutschen und des Italienischen miteinander verglichen und hierzu, wie bereits erwähnt, drei Phasen der Determiniererentwicklung unterschieden: (i) eine frühe Phase, in der Artikel in mehr als 90% aller obligatorischen Kontexte ausgelassen werden, (ii) eine Übergangsphase, in der D-Elemente optional sind, und (iii) eine späte Phase, in der D-Elemente in mehr als 90% aller obligatorischen Kontexte realisiert werden. Dabei begann die zweite Phase bei dem deutschen Kind Chantal später als bei dem italienischen Kind Martina (2;5,3, MLU: 2,0 vs. 1;8,2, MLU: 1,7). Außerdem dauert diese Übergangsphase bei Chantal nur knapp vier Monate an, während sie sich bei Martina über ca. 11 Monate erstreckt. Dadurch erreichen Chantal und Martina zu einem ähnlichen Zeitpunkt im Erwerb die Phase obligatorischer Determiniererverwendung (2;9,0, MLU: 3,3 vs. 2;7,15, MLU: 3,2). Daß die Produktion von D-Elementen bei deutschen Kindern zwar später einsetzt, dann aber schneller ansteigt als bei italienischen Kindern, ergaben auch die Analysen, die Müller et al. (2002) für das bilinguale Kind Lukas durchgeführt haben. Dieses Kind erwirbt nämlich das Deutsche und das Italienische parallel und zeigt dabei dasselbe Bild wie der Vergleich der monolingualen Kinder: Die Phase optionaler Determiniererproduktion beginnt im Italienischen Der Erwerb von D-Elementen 235 früher als im Deutschen (2;0,5, MLU: 1,1 vs. 2;4,9, MLU: 1,6), dauert dafür aber länger an (7 Monate und 10 Tage vs. 3 Monate und 6 Tage). Diese Unterschiede in den Entwicklungsverläufen für das Deutsche und Italienische können bei Lukas, anders als beim Vergleich verschiedener monolingualer Kinder, nicht auf das jeweilige individuelle Erwerbstempo zurückgeführt werden. Außerdem zeigt Lukas ähnliche Entwicklungskurven für MLU-Werte in den beiden Sprachen. Dies spricht dafür, daß die beobachteten Unterschiede nicht dadurch bedingt sind, daß eine der beiden Zielsprachen - zumindest zeitweise - dominant ist. Dafür, daß die von Müller et al. (2002) beobachteten Unterschiede zwischen dem Erwerb deutscher und italienischer D-Elemente prosodisch bedingt sind, sprechen die Analysen von Lleo (1998, 2001) und Lleo und Demuth (1999). Diesen beiden Autorinnen zufolge beginnen deutsche Kinder erst mit ca. 1;10, D-Elemente zu gebrauchen; spanische und italienische Kinder produzieren hingegen bereits ca. fünf bis sechs Monate früher phonetisch undifferenzierte D-Elemente. Dieser Unterschied kann Lleo und Demuth zufolge nicht darauf zurückgeführt werden, daß deutsche Artikel ein komplexeres morphologisches Paradigma aufweisen als italienische Artikel und z.T. aus mehreren Silben bestehen (vgl. z.B. eine, einen). Auch beim Erwerb des Englischen, das nur einsilbige unflektierte Artikel hat, finden sich Lleo und Demuth (1999) zufolge nämlich erst relativ spät D-Elemente. Die beiden Autorinnen führen diese Beobachtung auf prosodische Faktoren zurück. Insbesondere bilden D-Elemente im Deutschen entweder selbst eine metrische Einheit aus einer betonten und einer unbetonten Silbe (z.B. einen) oder sie werden an das vorangehende Wort klitisiert (z.B. aufs, beim). Spanische D-Elemente bestehen hingegen typischerweise aus einer unbetonten Silbe, die an das folgende Wort klitisiert werden kann, wodurch im allgemeinen ein dreisilbiges phonologisches Wort entsteht (z.B. la 'pala 'die Schaufel'). Dreisilbige Wörter mit einer unbetonten Anfangssilbe sind aber im Spanischen frequent und werden auch von Kindern relativ früh verwendet. Dies könnte erklären, warum D-Elemente beim Erwerb des Spanischen so früh zu beobachten sind. Insgesamt betrachtet sprechen die diskutierten Untersuchungen somit dafür, daß prosodische Faktoren einen Einfluß auf die Realisierungsraten der verschiedenen D-Elemente in den jeweiligen Zielsprachen haben. Für diesen Befund sind meines Erachtens aber mindestens drei Erklärungen möglich: D-Elemente in romanischen Sprachen könnten aufgrund der diskutierten prosodischen Eigenschaften einfacher und früher erworben werden als in germanischen Der Erwerb von D-Elementen 236 Sprachen. Es könnte sich bei den frühen D-Elementen in romanischen Sprachen aber auch um prosodisch bedingte Füllerelemente handeln, die noch nicht auf zielsprachlichen Repräsentationen beruhen. Beide Annahmen wären mit der Idee des merkmalsbasierten Strukturaufbaus vereinbar. Mit der von Gerken (1996) und Crisma und Tomasutti (2000) vertretenen Variante der Hypothese der vollständigen Kompetenz sind diese Erklärungen hingegen nicht kompatibel. Diesem Ansatz zufolge sollten Kinder vielmehr unabhängig von den prosodischen Eigenschaften der zu erwerbenden D-Elemente bereits in der frühen Zwei-Wort-Phase über zielsprachliche Repräsentationen für diese Elemente verfügen. Daher sollten sie diese bereits sehr früh realisieren können, wenn sie problemlos in die vorherrschenden metrischen Muster der jeweiligen Zielsprache zu integrieren sind. Dementsprechend sollten prosodische Faktoren selbst in frühen Erwerbsphasen ausreichen, um die beobachteten Auslassungen von D-Elementen zu erklären. Einen ersten Hinweis darauf, wann prosodische Faktoren zur Erklärung von Determiniererauslassungen genügen, gibt der Vergleich der Befunde von Santelmann (1998) und Bohnacker (1997) zum Erwerb des Schwedischen: Santelmann hatte, wie bereits erwähnt, Daten aus späteren Erwerbsphasen von Embla und anderen Kindern analysiert und dabei nahezu zielsprachliche Raten von suffigierten D-Elementen gefunden. Bohnacker, die auch die frühen Daten von Embla analysiert hat, gibt hingegen an, daß es sich bei mehr als der Hälfte von Emblas Determiniererauslassungen um Fälle handelt, in denen Embla ein suffigiertes D-Element ausgelassen hat, das dem betreffenden Nomen keine Silbe hinzugefügt hätte (z.B. *kossa statt kossa-n 'Kuh'). Eine solche Auslassung kann aber nicht durch die z.B. von Gerken (1996) und Crisma und Tomasutti (2000) vertretene Annahme erfaßt werden, daß Kinder Silben auslassen, die sich nicht ins vorherrschende metrische Muster ihrer Zielsprache integrieren lassen - in diesem Falle in eine Abfolge von einer betonten und einer unbetonten Silbe. Zusammengenommen deuten die Daten von Santelmann und Bohnacker somit darauf hin, daß sich erst in späteren Entwicklungsphasen alle Determiniererauslassungen durch prosodische Faktoren erfassen lassen. In frühen Erwerbsphasen sind dagegen noch Auslassungen zu beobachten, die anders erklärt werden müssen. Für diese Interpretation der Daten sprechen meines Erachtens auch die Befunde der Analysen, die Gerken (1996) und Crisma und Der Erwerb von D-Elementen 237 Tomasutti (2000) zur Unterstützung der Hypothese der vollständigen Kompetenz durchgeführt haben: Gerken (1996) hat mit englischen Kindern im Alter von 2;0 bis 2;7 eine Reihe von Imitationsexperimenten durchgeführt, bei denen diese Kinder Sätze wiederholen sollten, in denen das Objekt einen Artikel aufwies. Dabei hatte der prosodische Kontext, in dem D-Elemente auftreten, einen signifikanten Einfluß auf den Anteil der Artikel in Objekt-DPs, die Kinder bei der Imitation der vorgegebenen Sätze wiederholten bzw. ausließen. Insbesondere wurde der unbetonte Artikel seltener ausgelassen, wenn er mit einer vorangehenden betonten Silbe einen trochäischen Fuß bilden und damit problemlos in das vorherrschende metrische Muster des Englischen integriert werden konnte (vgl. (12) sowie die Diskussion zu (2) in Kapitel III.2.1). (12) (a) (b) (c) He | * He | * He | * KICKS the | | S----------w KISSED the | | S----------w KISSED the | | S----------w PIG | S-(w) PIG | S-(w) DOG | S-(w) Allerdings zeigte sich selbst in den Bedingungen, in denen der prosodische Kontext eine Integration des Artikels in einen trochäischen Fuß erlaubte, Auslassungsraten von bis zu 41% und das trotz der Vorgabe des Artikels: Tab.III-6: Die Imitation von overten Artikeln in Objekt-DPs (Gerken 1996) mit Artikel (in %) MLU-Bereich vorgegebener Satz Experiment 59 67 68 69 84 85 1,06-3,37 (∅ 2,14) 1,35-3,87 (∅ 2,26) 1,49-2,90 (∅ 2,26) 1,05-3,02 (∅ 2,28) 1,51-3,59 (∅ 2,61) 1,40-4,52 (∅ 2,54) He kissed the pig He kissed the dog He kissed the dog He kissed the pig He kicks the pig He kissed the pig 5a 4a 4b 5b 1 5c Solche hohen Auslassungsraten lassen sich nicht durch die von Gerken diskutierten prosodischen Faktoren erfassen. Wenn man die Hypothese der vollständigen Kompetenz angesichts dieser Auslassungsraten aufrechterhalten will, muß man meines Erachtens Zusatzannahmen machen. Der Erwerb von D-Elementen 238 Umgekehrt muß man im Rahmen eines Strukturaufbauansatzes erklären, warum sich in einigen Experimenten nur Auslassungsraten von ca. 15% bis 16% zeigten und keine Gruppe alle Determinierer ausließ. Dies ist meines Erachtens möglich, wenn man den sprachlichen Entwicklungsstand der untersuchten Kinder berücksichtigt: Wie man Tab.III-6 entnehmen kann, wies keine der von Gerken (1996) untersuchten Gruppen einen durchschnittlichen MLU-Wert auf, der repräsentativ für die frühe Zwei-Wort-Phase wäre (nämlich einen MLU-Wert von höchstens 1,75; vgl. Brown 1973). Vielmehr lag der durchschnittliche MLU-Wert bei allen Gruppen über 2,0, und bei einem Teil der Kinder betrug die durchschnittliche Äußerungslänge zwischen 3 und 4,5 Morphemen. Dies bedeutet, daß zumindest einige der untersuchten Kinder sich in einer Phase befanden, für die man auch in einem Strukturaufbauansatz von zielsprachlichen Determiniererrepräsentationen ausgehen könnte. Außerdem ergab ein Spearman-Korrelationstest, den ich für die Daten in Tab.III-6 durchgeführt habe, eine hochsignifikante Korrelation zwischen dem durchschnittlichen MLU-Wert und der Realisierungsrate für den Artikel der Objekt-DP in Sätzen wie in (12) (r = 0,928, p = 0,008, ungerichtete Fragestellung). Dies bedeutet, daß Kinder auch bei den prosodisch "günstigen" Bedingungen noch eine deutliche Entwicklung zeigten - von 59% overten Artikeln bei den Kindern mit den niedrigsten MLU-Werten bis zu 84% bzw. 85% bei den Kindern mit den höchsten MLU-Werten (vgl. Tab.III-6). Dabei zeigt sich erst bei den am weitesten entwickelten Kindern das Muster, das man bei Gerkens (1996) Analyse für alle Kinder erwarten sollte - nämlich nur sehr wenige Auslassungen in prosodisch "günstigen" Kontexten und höhere Auslassungsraten in den Kontexten, in denen die prosodische Integration des Artikels Schwierigkeiten bereiten sollte. Ein ähnliches Bild ergibt sich auch bei einer Reanalyse der Befunde von Crisma und Tomasutti (2000). Diese beiden Autoren haben drei Längsschnittkorpora italienischer Kinder (Martina 1;8,17-2;3,22, Raffaello 1;11,25-2;6,13, Rosa 2;4,09-2;10,14) jeweils in einen früheren und einen späteren Teil aufgespalten, zu zwei Gesamtkorpora (T1 und T2) zusammengefaßt und im Hinblick auf die Rolle prosodischer Faktoren bei der Artikelrealisierung untersucht. Dabei konnten sie zeigen, daß die untersuchten Kinder zu beiden Untersuchungszeitpunkten bei Nomina mit unbetonter Erstsilbe (bam.'bi.na 'Kind') mehr Artikel ausließen als bei Nomina mit betonter Erstsilbe ('pa.ne 'Brot'; vgl. Tab.III-7). D.h., sie konnten nachweisen, Der Erwerb von D-Elementen 239 daß prosodische Faktoren die Artikelrealisierung beeinflussen. Wie man Tab.III-7 entnehmen kann, ließen die untersuchten Kinder im ersten Untersuchungszeitraum (T1) allerdings selbst in den prosodisch "günstigeren" Kontexten noch 61% der erforderlichen Artikel aus - und dies, obwohl das T1-Korpus Daten von Raffaello und Rosa enthält, die zu Beginn des mehrmonatigen Untersuchungszeitraums T1 immerhin bereits 1;11,25 bzw. 2;4,09 Jahre alt waren. 26 Außerdem fanden sich selbst im zweiten Untersuchungszeitraum (T2) auch in den prosodisch "günstigeren" Umgebungen noch 26% Artikelauslassungen. Tab.III-7: Artikelauslassungen in isolierten DPs (Crisma/Tomasutti 2000) Nomentyp Sw(w) (w)wSw(w) T1 T2 ohne Artikel mit Artikel ohne Artikel mit Artikel 140 45 89 9 38 53 111 43 Weitere Evidenz für die Annahme, daß prosodische Faktoren eher für späte Artikelauslassungen verantwortlich sind, liefert eine Reanalyse der Daten von Wijnen, Krikhaar und den Os (1994). Diesen Autoren zufolge läßt das niederländische Kind Marloe vor Nomina, die mit einer schwachen Silbe beginnen, signifikant mehr D-Elemente aus als vor Nomina mit einer starken initialen Silbe. Dieser Effekt zeigt sich aber erst bei den späteren Aufnahmen, und bei Daan, der zu Beginn des Untersuchungszeitraums eine höhere Auslassungsrate für D-Elemente zeigt als Marloe (96%; vgl. Kapitel III.2.2.1), ist er überhaupt nicht zu beobachten. Zusammengenommen liefern die Befunde zu Entwicklungsdissoziationen zwischen den verschiedenen Typen von D-Elementen somit zwar Evidenz für den Einfluß prosodischer Faktoren auf die Produktion von D-Elementen im Erwerb; diese Faktoren scheinen aber nicht in der frühen Zwei-Wort-Phase, sondern eher im Verlauf des dritten Lebensjahres eine entscheidende Rolle zu spielen. 26 Altersangaben für das Ende des Untersuchungszeitraums T1 liegen nicht vor. Der Erwerb von D-Elementen 240 2.3 Auswertung der Korpora 27 Die im vorausgegangenen Kapitel diskutierten Studien haben weder Evidenz für die Vorhersagen von Varianten der Hypothese der vollständigen Kompetenz noch für die Reifungshypothese geliefert. Vielmehr deuten sie auf einen graduellen DP-Aufbau mit Entwicklungsdissoziationen zwischen den einzelnen D-Elementen hin. Zur Absicherung dieser Befunde habe ich die Korpora von Andreas, Annelie, Carsten, Hannah, Leonie, Mathias und Svenja im Hinblick auf die Struktur des Entwicklungsverlaufs, Distributionsbeschränkungen und Entwicklungsdissoziationen analysiert. 2.3.1 Die Struktur des Entwicklungsverlaufs Um festzustellen, ob es eine frühe determiniererlose Phase und einen U-förmigen Entwicklungsverlauf für D-Elemente gibt, habe ich zunächst für jede der untersuchten Aufnahmen ermittelt, wie viele Nominalphrasen mit obligatorischem Kontext für D-Elemente vorliegen. Davon ausgehend habe ich den prozentualen Anteil overter D-Elemente in diesen Kontexten berechnet (vgl. Tab.B-1 bis Tab.B-7 im Anhang). Dabei habe ich mich zunächst auf Nominalphrasen ohne Adjektiv beschränkt. Nominalphrasen mit attributivem Adjektiv werden in Kapitel III.2.3.4 separat analysiert. Für die vier Längsschnittkorpora, in denen der Übergang von der frühen Zwei-Wort-Phase in die Mehrwortphase zu beobachten ist, habe ich den Anteil overter Determinierer in adjektivlosen Nominalphrasen mit einem obligatorischem Kontext für ein D-Element graphisch dargestellt (vgl. Abb.III-4 bis Abb.III-7). Wie man in Abb.III-7 und in Tab.B-6 im Anhang erkennen kann, durchläuft Mathias eine frühe Phase, in der D-Elemente in obligatorischen Kontexten fast immer ausgelassen werden. In den Aufnahmen 9 bis 16 verwendet er nur in neun von 157 obligatorischen Kontexten (= 5,7%) einen overten Determinierer. In den Daten von Annelie, Hannah und Leonie läßt sich zwar keine determiniererlose Phase beobachten, bei diesen Kindern zeigt sich aber eine U-förmige Entwicklungskurve. Ein solcher U-förmiger Entwicklungsverlauf ist auch in den späteren Aufnahmen von Mathias zu erkennen: 27 Ein Teil der Befunde in diesem Kapitel wurde bereits in Eisenbeiß (2000) diskutiert. Der Erwerb von D-Elementen 241 - Anfangs werden D-Elemente in 35% bis 64% aller obligatorischen Kontexte realisiert (Annelie, Hannah, Leonie: Aufnahmen 1-2, Mathias: Aufnahme 17). - Dann fallen die Realisierungsraten auf Werte zwischen 4% und 42% (Annelie: Aufnahme 3, Hannah, Leonie: Aufnahmen 3-4, Mathias: Aufnahme 18). - Danach steigen sie schrittweise wieder an (Annelie: Aufnahme 4, Hannah: Aufnahme 5, Leonie: Aufnahmen 5-8, Mathias: Aufnahmen 19-21). - Schließlich stabilisieren sie sich bei Werten von ca. 90% bis 100% (Annelie: Aufnahmen 5-6, Hannah: Aufnahmen 6-8, Leonie: Aufnahmen 9-15, Mathias: Aufnahmen 22-27). Abb.III-4: Overte D-Elemente in obligatorischen Kontexten - Annelie 28 100 90 80 70 in % 60 50 40 30 20 10 0 1 2 3 4 5 6 Aufnahme 28 Zur Berechnung der Werte in den folgenden Abbildungen vgl. die Erläuterungen zu Anhang B. Für alle Abbildungen wurden nur diejenigen Aufnahmen berücksichtigt, in denen mindestens 10 obligatorische Kontexte für D-Elemente vorliegen. Der Erwerb von D-Elementen 242 Abb.III-5: Overte D-Elemente in obligatorischen Kontexten – Hannah 100 90 80 70 in % 60 50 40 30 20 10 0 1 2 3 4 5 6 7 8 Aufnahme Abb.III-6: Overte D-Elemente in obligatorischen Kontexten - Leonie 100 90 80 70 in % 60 50 40 30 20 10 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 Aufnahme Der Erwerb von D-Elementen 243 Abb.III-7: Overte D-Elemente in obligatorischen Kontexten - Mathias 29 100 90 80 70 in % 60 50 40 30 20 10 0 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 21 22 23 24 25 26 27 Aufnahme In den Daten von Svenja ist weder eine determiniererlose Phase noch eine U-Kurve zu erkennen (vgl. Tab.B-7 im Anhang). Bei Svenja ist der Anteil overter Determinierer jedoch während des gesamten Untersuchungszeitraums sehr hoch: Sie produziert in insgesamt 95% der 890 obligatorischen Kontexte overte D-Elemente.30 Außerdem hat Svenja relativ hohe MLU-Werte (3,31-4,09). Dies spricht dafür, daß Svenjas Daten eine relativ späte Entwicklungsphase repräsentieren, in der die beobachteten Determinierer auf zielsprachlichen Repräsentationen basieren. Auch Andreas und Carsten, die beiden Kinder aus der Querschnittstudie, zeigen nahezu zielsprachliche Raten overter D-Elemente (87% bzw. 91%; vgl. Tab.B-1 bzw. Tab.B-3 im Anhang). Insgesamt betrachtet liefern die untersuchten Daten somit nicht nur Evidenz für die Existenz einer weitestgehend determiniererlosen Phase; in den Längsschnittdaten, die den Übergang 29 30 Es wurden nur Aufnahmen berücksichtigt, in denen mindestens 10 obligatorische Kontexte für D-Elemente vorliegen. Aufnahme 20 liegt für Mathias nicht vor. Lediglich in den ersten beiden Aufnahmen läßt Svenja in mehr als 10% aller obligatorischen Kontexte den erforderlichen Determinierer aus. Diese relativ hohe Auslassungsrate scheint jedoch ein Artefakt der Datenerhebung zu sein. Insgesamt sind in diesen beiden Aufnahmen nur acht Auslassungen zu beobachten. Vier davon finden sich in Präpositionalphrasen, d.h. in Kontexten, in denen die Auslassungsrate für Determinierer auch bei sprachlich weit entwickelten Kindern noch relativ hoch ist (vgl. Eisenbeiß/Penke 1996). Der Erwerb von D-Elementen 244 von der frühen Zwei-Wort-Phase dokumentieren, läßt sich auch ein U-förmiger Entwicklungsverlauf für die Realisierungsrate von D-Elementen beobachten. Dies unterstützt die Annahme, daß sich hier ein Übergang von unanalysierten Strukturen mit "Determinierern" zu D-Elementen mit zielsprachlichen Repräsentationen vollzieht. Wenn diese Annahme zutrifft, sollte die Distribution von D-Elementen - wie in Kapitel III.2.1 erläutert - anfänglich syntaktischen oder lexikalischen Distributionsbeschränkungen unterliegen, und die frühen "D-Elemente" sollten in komplementärer Distribution mit Adjektiven auftreten. 2.3.2 Syntaktische Distributionsbeschränkungen Um festzustellen, ob D-Elemente anfänglich syntaktische Distributionsbeschränkungen zeigen, habe ich zunächst das Auftreten von overten D-Elementen in den folgenden vier syntaktischen Kontexten getrennt analysiert: - NOM: AKK: DAT: PP: Subjekte und Prädikatsnomina direkte Akkusativobjekte direkte und indirekte Dativobjekte Präpositionalphrasen mit overter oder ausgelassener Präposition Die Ergebnisse dieser Analyse finden sich in Tab.B-1 bis Tab.B-7 im Anhang. Für die vier Kinder, bei denen sich eine U-förmige Entwicklungskurve erkennen läßt, sind in Tab.III-8 die Ergebnisse für die Aufnahmen zusammengefaßt, die vor dem vorübergehenden Einschnitt in den Realisierungsraten für D-Elemente liegen. Tab.III-8: Obligatorische Kontexte für D-Elemente in Nominalphrasen ohne Adjektiv31 Aufnahmen Annelie 1-2 Hannah 1-2 Mathias 9-17 Leonie 1-2 31 n NOM -D% 56 25 95 20 55 28 86 50 n AKK -D% 10 5 59 6 50 80 92 83 n DAT -D% 0 0 0 0 Zur Berechnung der Werte vgl. die Erläuterungen zu Anhang B. - n 2 3 10 1 PP -D% 100 100 100 0 Der Erwerb von D-Elementen 245 Tab.III-8 verdeutlicht, daß "D-Elemente" vor dem Einschnitt bei der Realisierungsrate für D-Elemente fast ausschließlich in Nominativkontexten und bei Akkusativobjekten vorkommen. Dabei zeigen Annelie und Mathias in beiden Kontexten eine ähnliche Auslassungsrate, während Hannah und Leonie bei Akkusativobjekten mehr D-Elemente auslassen. Dativobjekte mit Kontexten für D-Elemente liegen nicht vor, und in den 16 Präpositionalphrasen, die in dieser Phase auftreten, wird das erforderliche D-Element nur einmal overt realisiert (= 6%). In späteren Aufnahmen finden sich hingegen sowohl in Präpositionalphrasen als auch bei Dativobjekten overte D-Elemente (vgl. Tab.B-2, Tab.B-4, Tab.B-5 und Tab.B-6 im Anhang). Die sprachlich weiter entwickelten Kinder Andreas, Carsten und Svenja verwenden D-Elemente in allen untersuchten Kontexten (vgl. Tab.B-1, Tab.B-3 und Tab.B-7 im Anhang). Somit unterliegen die frühen "D-Elemente" anfänglich syntaktischen Distributionsbeschränkungen, die im Verlauf der weiteren Entwicklung aufgehoben werden. Diese Beschränkungen könnten auf Unterschiede in der Repräsentation von Akkusativobjekten, Präpositionalphrasen und Subjekten bzw. Prädikatsnomina zurückzuführen sein; sie könnten aber auch dadurch bedingt sein, daß die untersuchten Kinder über unanalysierte Strukturen verfügen, die "D-Elemente" in bestimmten syntaktischen Positionen enthalten. So sollte z.B. ein Kind, das häufig von Formeln wie wo's-der+N oder da-is-de+N Gebrauch macht, relativ viele "D-Elemente" in Subjektposition produzieren; und ein Kind, das häufig Formeln wie will-en+N oder hab-en+N benutzt, sollte relativ viele "D-Elemente" in Objektposition verwenden. Um dies zu überprüfen, habe ich die Korpora von Annelie, Hannah, Leonie, Mathias, Andreas, Carsten und Svenja auf lexikalische Distributionsbeschränkungen hin untersucht. 2.3.3 Lexikalische Distributionsbeschränkungen Bei der Suche nach lexikalischen Distributionsbeschränkungen habe ich mich - anders als Pine und Martindale (1996) und Pine und Lieven (1997) - nicht auf Artikel beschränkt, sondern auch Possessiv- und Demonstrativpronomina sowie Quantoren in die Analyse einbezogen. Außerdem habe ich sowohl die Variabilität von Prädikat-Determinierer-Verbindungen als auch die Variabilität von Determinierer-Nomen-Verbindungen untersucht und dabei den Zusammenhang zwischen beiden berücksichtigt: In einem ersten Schritt habe ich den Anteil von Strukturen ermittelt, den man durch die Annahme von formelhaften Prädikat-Determinierer- Der Erwerb von D-Elementen 246 Verbindungen erfassen kann. In einem zweiten Schritt habe ich dann die Variabilität derjenigen Determinierer-Nomen-Kombinationen untersucht, die sich nicht durch die Einsetzung von Nomina in feste Prädikat-Determinierer-Strukturen erklären lassen. Bei dem ersten Analyseschritt habe ich alle Strukturen, die den in (13) angegebenen Kriterien entsprechen, als potentiell formelhafte Prädikat-Determinierer-Verbindungen analysiert.32 (13) (a) (b) (c) Ein bestimmtes D-Element wird mindestens dreimal in einer Aufnahme mit demselben Prädikat kombiniert. Dabei zeigt in der betreffenden Aufnahme nur das Element, das dem D-Element folgt, lexikalische Variation (vgl. u.a. da-ein+hund, da-ein+haus, da-ein+ball, da-ein+schuh, ...). Bei Längsschnittkorpora findet sich die betreffende Prädikat-Determinierer-Verbindung in mindestens zwei Aufnahmen. In Tab.III-9 sind für jedes der untersuchten Kinder die Strukturen angegeben, die diese Kriterien erfüllen. Tab.III-9: Potentiell formelhafte Prädikat-Determinierer-Verbindungen Andreas Annelie Carsten Hannah Leonie Mathias Svenja noch + unbest. Artikel auch + unbest. Artikel da + unbest. Artikel wo/da-(i)s(t) + best. Artikel + + + + + + + Tab.III-9 verdeutlicht, daß die Korpora von Andreas, Svenja und Carsten keine potentiell formelhaften Strukturen enthalten, die den Kriterien in (13) entsprechen. Dies war angesichts der relativ hohen MLU-Werte dieser Kinder und ihrer hohen Rate an overten D-Elementen auch zu erwarten. Mathias verwendet allerdings ebenfalls keine potentiell formelhaften Strukturen, obwohl sein MLU zu Beginn des Untersuchungszeitraums deutlich niedriger ist als der 32 Die Kriterien in (13) sind gezielt auf die Ermittlung von formelhaften Prädikat-DeterminiererVerbindungen ausgerichtet; die durch diese Kriterien ermittelten Strukturen erfüllen aber auch die von Hickey (1993) aufgestellten notwendigen Bedingungen für formelhafte Strukturen: Sie weisen mehr als zwei Morpheme auf und hängen phonologisch zusammen. Außerdem zeigen die durch die Kriterien in (13) erfaßten Strukturen eine Reihe der von Hickey aufgeführten typischen Eigenschaften formelhafter Strukturen. Insbesondere treten sie häufig in derselben Form auf und zumindest einige von ihnen kommen häufig im Input vor (z.B. wo/da-(i)s(t)-bestimmter-Artikel+N). Der Erwerb von D-Elementen 247 von Andreas, Svenja und Carsten. Annelie, Hannah und Leonie gebrauchen hingegen Strukturen, die den Kriterien in (13) entsprechen: (14) (a) (b) (c) da ein foss (= Frosch) da ein tecker (= Trecker) da ein denpäfer (= Marienkäfer) (Annelie 1) (Annelie 1) (Annelie 1) (15) (a) (d) (c) noch e bär noch e bürste noch e auge (Hannah 1) (Hannah 1) (Hannah 1) (16) (a) (b) (c) au (= auch) eine kette auch eine pät (= pferd) auch eine dürte (= gürtel) (Leonie 1) (Leonie 2) (Leonie 2) Wie man Tab.III-9 entnehmen kann, besteht hierbei eine gewisse Übereinstimmung zwischen den einzelnen Kindern. Insbesondere verwenden sowohl Annelie als auch Hannah und Leonie die potentiell formelhafte Struktur noch-unbestimmter-Artikel+N, Annelie und Leonie produzieren Strukturen der Form auch-unbestimmter-Artikel+N, und bei Annelie finden sich die potentiell formelhaften Strukturen da-unbestimmter-Artikel+N und wo/da-(i)s(t)-bestimmterArtikel+N. Außerdem wurden Strukturen wie da-unbestimmter-Artikel+N und wo/da-(i)s(t)bestimmter-Artikel+N bereits in anderen Studien zur frühen deutschen Kindersprache als formelhaft charakterisiert (vgl. u.a. Tracy 1991, Clahsen/Kursawe/Penke 1996, Penner/ Weissenborn 1996), und auch in Studien zum Erwerb des Englischen wurde vergleichbaren Strukturen der Status von formelhaften Äußerungen zugeschrieben, z.B. it's-unbestimmterArtikel+N, where's-bestimmter-Artikel+N, there's-bestimmter-Artikel+N, where's-unbestimmter-Artikel+N (vgl. u.a. Brown 1973, Pine/Lieven 1993, Lieven/Pine/Baldwin 1997). Diese Übereinstimmungen sprechen für die Reliabilität der Kriterien in (13). Annelie benutzt potentiell formelhafte Strukturen wie noch-ein+N sowohl als elliptisches Akkusativobjekt als auch in Nominativkontexten. Diese Strukturen könnten dafür verantwortlich sein, daß Annelie zu Beginn des Untersuchungszeitraums sowohl in Akkusativobjekten als auch in Nominativkontexten relativ viele "D-Elemente" produziert (50% bzw. 55%). Bei Hannah und Leonie liegen potentiell formelhafte Strukturen mit "D-Elementen" ausschließlich in Nominativkontexten vor. Dies könnte eine Erklärung dafür liefern, warum diese beiden Kinder in diesen Aufnahmen in Nominativkontexten mehr "D-Elemente" produzieren als in Akkusativ- Der Erwerb von D-Elementen 248 kontexten (72% vs. 20% bzw. 50% vs. 17%). Außerdem könnte das Fehlen von potentiell formelhaften Strukturen im Mathias-Korpus der Grund dafür sein, warum er in allen syntaktischen Kontexten eine Determiniererauslassungsrate von weit über 80% zeigt. Wenn er formelhafte Strukturen mit Pseudo-Determinierern benutzen würde, wären nämlich höhere Raten overter "Determinierer" zu erwarten. Diese Erklärungen für die beobachteten lexikalischen Distributionsbeschränkungen setzen allerdings voraus, daß formelhafte Strukturen bei Annelie, Hannah und Leonie häufig und charakteristisch für die frühe Erwerbsphase sind. Daher habe ich für jede Aufnahme ermittelt, wie oft diese Strukturen jeweils auftreten. Die entsprechenden quantitativen Angaben finden sich in Tab.C-1 bis Tab.C-3 im Anhang. In den Abb.III-8 bis Abb.III-10 ist jeweils für alle Nominalphrasen ohne Adjektiv angegeben, in wieviel Prozent der entsprechenden obligatorischen Kontexte overte D-Elemente auftraten und in wieviel Prozent der obligatorischen Kontexte D-Elemente vorkamen, die sich auf Prädikat-Determinierer-Formeln zurückführen lassen. Abb.III-8: Overte D-Elemente und in % potentiell formelhafte Prädikat-Determinierer-Verbindungen - Annelie 33 100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 1 2 3 4 5 6 Aufnahme D overt potentiell formelhafte Prädikat-Determinierer-Verbindungen 33 Zur Berechnung der Werte in den folgenden Abbildungen vgl. die Erläuterungen zu Anhang C. Der Erwerb von D-Elementen 249 Abb.III-9: Overte D-Elemente und in % potentiell formelhafte Prädikat-Determinierer-Verbindungen - Hannah 100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 1 2 3 4 5 6 7 8 Aufnahme D overt potentiell formelhafte Prädikat-Determinierer-Verbindungen Abb.III-10: Overte D-Elemente und in % potentiell formelhafte Prädikat-Determinierer-Verbindungen - Leonie 100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 Aufnahme D overt potentiell formelhafte Prädikat-Determinierer-Verbindungen Der Erwerb von D-Elementen 250 Die Abb.III-8 bis Abb.III-10 verdeutlichen, daß der Einschnitt bei der Rate overter D-Elemente mit einer Veränderung in der Distribution der overten D-Elemente einhergeht: Zu Beginn des Untersuchungszeitraums läßt sich ein großer Teil der beobachteten "Determinierer" durch die Annahme von Prädikat-Determinierer-Formeln erfassen (bei Annelie 48%, bei Hannah 74% und bei Leonie 67%; vgl. Tab.C-1 bis Tab.C-3 im Anhang). Nach dem vorübergehenden Einschnitt bei der Realisierungsrate sinkt der Anteil von Determinierern, die sich auf Prädikat-Determinierer-Formeln zurückführen lassen, und stabilisiert sich bei Werten zwischen 0% und 10%. Das Auftreten von formelhaften Prädikat-Determinierer-Strukturen scheint somit charakteristisch für die Phase vor dem vorübergehenden Rückgang des Anteils overter Determinierer zu sein. D.h., die Analyse der Daten auf Prädikat-DeterminiererFormeln unterstützt die Hypothese, daß der beobachtete U-förmige Erwerbsverlauf auf einen Übergang von unanalysierten zu analysierten Strukturen zurückzuführen ist. Zur weiteren Unterstützung dieser Hypothese habe ich in einem zweiten Analyseschritt für jede Aufnahme von Annelie, Hannah, Leonie und Mathias berechnet, wie viele Nominalphrasen nicht den Kriterien für potentiell formelhafte Prädikat-Determinierer-Kombinationen entsprechen und auf wie vielen verschiedenen Types von Determinierer-Nomen-Verbindungen diese Nominalphrasen basieren. Die entsprechenden Werte für die einzelnen Aufnahmen finden sich in Tab.C-1 bis Tab.C-4 im Anhang. Um besser erkennen zu können, ob ein Zusammenhang zwischen der Entwicklung des Anteils overter Determinierer und der Anzahl von Determinierer-Nomen-Types besteht, habe ich die Determiniererrealisierungsrate und die Anzahl der Determinierer-Nomen-Types darüber hinaus graphisch dargestellt (vgl. die Abb.III-11 bis III-14).34 34 Type/Token-Ratios habe ich nicht berechnet, da in den meisten frühen Aufnahmen deutlich weniger als 10 Tokens vorlagen. Der Erwerb von D-Elementen 251 Abb.III-11: Overte D-Elemente und Types von Determinierer-Nomen-Verbindungen - Annelie 35 100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 1 2 3 4 5 6 Aufnahme Determinierer-Nomen-Verbindungen (Types) D overt (in %) Abb.III-12: Overte D-Elemente und Types von Determinierer-Nomen-Verbindungen - Hannah 100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 1 2 3 4 5 6 7 8 Aufnahme Determinierer-Nomen-Verbindungen (Types) 35 D overt (in %) Zur Berechnung der Werte in den folgenden Abbildungen vgl. die Erläuterungen zu Anhang C. Für alle Abbildungen wurden nur diejenigen Aufnahmen berücksichtigt, in denen mindestens 10 obligatorische Kontexte für D-Elemente vorliegen. Der Erwerb von D-Elementen 252 Abb.III-13: Overte D-Elemente und Types von Determinierer-Nomen-Verbindungen - Leonie 100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 Aufnahme Determinierer-Nomen-Verbindungen (Types) D overt (in %) Abb.III-14: Overte D-Elemente und Types von Determinierer-Nomen-Verbindungen - Mathias 36 100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 21 22 23 24 25 26 27 Aufnahme Determinierer-Nomen-Verbindungen (Types) 36 D overt (in %) Die Lücken in der Kurve sind dadurch bedingt, daß in der Graphik nur diejenigen Aufnahmen berücksichtigt wurden, in denen mindestens 10 obligatorische Kontexte für D-Elemente vorkamen. Die entsprechenden Angaben sind Tab.C-4 im Anhang zu entnehmen. Aufnahme 20 liegt für Mathias nicht vor. Der Erwerb von D-Elementen 253 Die Abb.III-11 bis Abb.III-14 lassen einen engen Zusammenhang zwischen der Entwicklung overter Determinierer und der Variabilität von Determinierer-Nomen-Verbindungen erkennen: In den Aufnahmen vor dem vorübergehenden Rückgang der Determiniererrealisierungsrate verwenden Annelie, Hannah, Leonie und Mathias im Durchschnitt 2,8 Types von Determinierer-Nomen-Kombinationen, die sich nicht auf feste Prädikat-Determinierer-Verbindungen zurückführen lassen. Dabei finden sich in keiner Aufnahme aus dieser Phase mehr als 10 Types von Determinierer-Nomen-Kombinationen. Dies gilt auch für Mathias, der keine Determinierer produziert, die sich auf Prädikat-Determinierer-Formeln zurückführen lassen. Die Variabilität von Determinierer-Nomen-Verbindungen ist somit bei allen untersuchten Kindern anfänglich eingeschränkt.37 Diese Einschränkung wird im Verlauf der weiteren Entwicklung aufgehoben: Während der Übergangsphase, in der die Auslassungsrate für Determinierer vorübergehend steigt, treten durchschnittlich 6,17 Types von Determinierer-Nomen-Kombinationen auf, die sich nicht aus festen Prädikat-Determinierer-Verbindungen ableiten lassen. Nach dieser Phase sind im Durchschnitt 32,8 Types pro Aufnahme zu beobachten. Der beobachtete Anstieg der Anzahl von Determinierer-Nomen-Types läßt sich nicht einfach dadurch erklären, daß die untersuchten Kinder in der betreffenden Phase mehr D-Elemente benutzen. Veränderungen zeigen sich nämlich nicht nur bei der absoluten Anzahl von Determinierer-Nomen-Types, sondern auch bei der Kombinierbarkeit von Nomina mit verschiedenen D-Elementen: In den ersten Aufnahmen von Annelie, Hannah, Leonie und Mathias treten verschiedene Nomina mehrfach auf, keines dieser Nomina wird jedoch mit mehreren verschiedenen D-Elementen kombiniert.38 Minimalpaare wie in (17) bis (20) finden sich erstmals während des vorübergehenden Einschnitts bei der Determiniererrealisierungsrate oder nach diesem Einschnitt. In späteren Aufnahmen kommen solche Minimalpaare noch häufiger vor. 37 38 Vgl. auch Bittner (1997:262), die die Daten von Annelie analysiert hat: "Bei Annelie handelt es sich in Aufnahme 1 (2;4) lediglich um zwei reduzierte Artikelformen und in Aufnahme 2 (2;5) werden nur der eigene Name, Annelie, und Mama mit dem bestimmten Artikel verbunden; für diese Eigennamen aus dem unmittelbaren Erlebnis bereich des Kindes ist m.E. von lexikalischem Erwerb auszugehen. Eine produktive Verbindung des bestimmten Artikels mit dem Nomen liegt erst ab Aufnahme 3 (2;6) vor." Annelie produziert in der zweiten Aufnahme sowohl die mama als auch einmal mein mama; die Nominalphrase die mama tritt allerdings in der potentiell formelhaften Struktur da-is-die+N auf. Der Erwerb von D-Elementen 254 (17) (a) (b) da is eine katze isse böse de katze (Annelie 3) (Annelie 3) (18) (a) (b) (c) den knopf zu nur der knopf paßt da da rein ich möchte noch die knöpfe zumachen (Hannah 6) (Hannah 6) (Hannah 6) (19) (a) (b) lene (= Leonie) auch eine hose an nich keine hose (20) (a) (b) die elefanten lafen (= schlafen) schon wieder eine fanten (= ein Elefant) alleine? (Leonie 5) (Leonie 5) (Mathias 19) (Mathias 19) Die bisherigen Befunde sprechen somit dafür, daß die bei Annelie, Hannah, Leonie und Mathias beobachteten Distributionsbeschränkungen charakteristisch für eine frühe Entwicklungsphase sind. Dementsprechend sollten sie bei den sprachlich weiter entwickelten Kindern Andreas, Carsten und Svenja nicht mehr zu beobachten sein. Dies ist in der Tat der Fall. Andreas, Carsten und Svenja verwenden weit mehr als 10 verschiedene Types von Determinierer-Nomen-Kombinationen pro Aufnahme39 und kombinieren einen großen Teil der Nomina, die sie benutzen, mit verschiedenen Determinierern; vgl. u.a.: (21) (a) (b) (c) ein tier zwei tiere alle tiere unfall (Andreas) (Andreas) (Andreas) (22) (a) (b) (c) (d) (e) (f) (g) und da kommt ein auto rein der onkel der wäscht sein auto ich wasch'm wasch'm gleich mein auto und geh geh'n meine autos mama dann geb'n die autos aber dampf wi (= will) das kind viele autos? sonst wenn diese autos (/) (Carsten) (Carsten) (Carsten) (Carsten) (Carsten) (Carsten) (Carsten) (23) (a) (b) (c) hier ein hund und der hund da bellt ein düner (= grüner) hund (Svenja 3) (Svenja 3) (Svenja 3) Faßt man die Ergebnisse der zweistufigen Distributionsanalyse zusammen, so ergibt sich das folgende Bild: Sowohl die Variabilität von Prädikat-Determinierer- Verbindungen als auch die Variabilität von Determinierer-Nomen-Verbindungen unterliegt in frühen Erwerbsphasen 39 Die einzige Ausnahme stellt die sehr kurze zweite Aufnahme von Svenja dar, die insgesamt nur sechs adjektivlose Nominalphrasen mit obligatorischem Determiniererkontext enthält. Der Erwerb von D-Elementen 255 Beschränkungen. Dabei scheinen Prädikat-Determinierer-Formeln - außer bei Mathias, bei dem sich solche Verbindungen nicht ermitteln lassen - eine zentrale Rolle zu spielen. Eine Steigerung der Variabilität ist sowohl für Elemente, die dem Determinierer folgen, als auch für Elemente, die ihm vorangehen, erst nach dem vorübergehenden Einschnitt bei der Determiniererrealisierungsrate zu beobachten. Die bei der Distributionsanalyse erzielten Befunde unterstützen somit die Annahme, daß sich in diesem Zeitraum ein Übergang von unanalysierten zu analysierten Strukturen vollzieht und die frühen "D-Elemente" nicht auf zielsprachlichen Repräsentationen basieren. 2.3.4 Die Kombinierbarkeit von D-Elementen und Adjektiven Weitere Evidenz für die Hypothese, daß frühe "D-Elemente" Pseudo-Determinierer sind, kann - wie bereits diskutiert - die komplementäre Distribution von Determinierern und Adjektiven in frühen Erwerbsphasen liefern. Daher habe ich alle Nominalphrasen mit Adjektiven und obligatorischen Kontexten für Determinierer im Hinblick auf die overte Realisierung von Determinierern analysiert. Die Ergebnisse dieser Analysen finden sich in Tab.D-1 bis Tab.D-7 im Anhang. Wie diese Tabellen zeigen, treten bei allen untersuchten Kindern bereits sehr früh attributive Adjektive in Nominalphrasen mit obligatorischem Determiniererkontext auf. In der frühen Phase vor dem vorübergehenden Anstieg der Determiniererauslassungsrate lassen Annelie, Hannah, Leonie und Mathias die erforderlichen Determinierer jedoch in allen 46 Nominalphrasen mit attributivem Adjektiv aus. Dabei produzieren die Kinder das D-Element auch dann nicht, wenn die unmittelbar vorangehende Äußerung ein solches Element enthält; vgl. u.a.: (24) (a) (b) S.E.: Leonie: S.E.: Leonie: Und eine kleine Blume. Und was macht er noch? deiner bume (= kleiner blume) Wo's denn der kleine Hund? da deine (= kleine) hund (Leonie 2) (Leonie 3) Determinierer und Adjektive sind somit komplementär verteilt. Diese Beobachtung läßt sich nicht durch die Annahme von Beschränkungen der Verarbeitungskapazität erfassen. Eine Beschränkung auf zwei Worte pro Nominalphrase würde nur Determinierer-AdjektivNomen-Kombinationen ausschließen. Reine Determinierer-Adjektiv-Kombinationen wie die Der Erwerb von D-Elementen 256 rote sollten hingegen möglich sein. In der Phase vor dem vorübergehenden Anstieg der Determiniererauslassungsrate wird aber selbst in Nominalphrasen, die nur aus einem Adjektiv bestehen, das D-Element ausgelassen (vgl. Tab.D-2, Tab.D-4, Tab.D-5 und Tab.D-6 im Anhang). Auch durch die Annahme, daß die untersuchten Kinder nur Zwei-Wort-Sätze bilden können, kann man die beobachtete komplementäre Distribution von D-Elementen und Adjektiven nicht erklären. Zum einen sind die untersuchten Kinder in der betreffenden Phase durchaus in der Lage, Sätze mit drei oder mehr Wörtern zu produzieren (vgl. u.a. (25)); zum anderen wird auch in Äußerungen, die nur aus einem Adjektiv bestehen, das D-Element konsequent ausgelassen. (25) (a) (b) (c) (d) papa in pielpatz (= Spielplatz) fahren da tut weh tun in das da doch julia will schere haben (Annelie 1) (Hannah 1) (Leonie 1) (Mathias 12) Determinierer-Adjektiv-Kombinationen treten erst während bzw. nach dem vorübergehenden Einschnitt bei der Determiniererrealisierungsrate auf: bei Annelie ab Aufnahme 6, bei Hannah ab Aufnahme 5, bei Leonie ab Aufnahme 3, bei Mathias ab Aufnahme 19 (vgl. die Tab.D-2, Tab.D-4, Tab.D-5 und Tab.D-6 im Anhang). In den Daten der sprachlich weiter entwickelten Kinder Andreas, Carsten und Svenja läßt sich keine komplementäre Distribution von D-Elementen und Adjektiven beobachten (vgl. die Tab.D-1, Tab.D-3 und Tab.D-7 im Anhang). Vielmehr können diese Elemente frei kombiniert werden. Die untersuchten Daten liefern somit nicht nur Evidenz für eine frühe Phase, in der D-Elemente und Adjektive komplementär verteilt sind; es besteht auch ein Zusammenhang zwischen dem Auftreten von Determinierer-Adjektiv-Kombinationen und den übrigen Veränderungen in der Distribution von Determinierern, die ich als Evidenz für den Übergang von unanalysierten zu analysierten Strukturen interpretiert habe. Dies bestätigt die Analysen von Clahsen, Eisenbeiß und Vainikka (1994) und Müller (1994). Insgesamt betrachtet haben die verschiedenen Distributionsanalysen gezeigt, daß der vorübergehende Einschnitt bei der Rate overter D-Elemente mit einer Veränderung in der Distribution der overten D-Elemente einhergeht: Die "D-Elemente", die vor diesem Einschnitt auftreten, unterliegen Distributionsbeschränkungen, die im Verlauf der weiteren sprachlichen Der Erwerb von D-Elementen 257 Entwicklung aufgehoben werden. Dies spricht dafür, daß der beobachtete Einschnitt in der Determiniererrealisierungsrate durch einen Übergang von unanalysierten Strukturen zu zielsprachlichen Repräsentationen bedingt ist. Somit sind die bisherigen Befunde nicht mit einer starken Version der Hypothese der vollständigen Kompetenz vereinbar, d.h. mit der Annahme, daß Kinder bereits in der frühen Zwei-Wort-Phase D-Elemente produzieren, die auf zielsprachlichen Repräsentationen beruhen. Vielmehr liefern sie Evidenz für die Arbeitshypothese E-II, d.h. für die Annahme, daß die von Kindern im Erwerbsverlauf erzeugten Repräsentationen anfangs noch unterspezifiziert sein können. Ob die Entwicklung zielsprachlicher Repräsentationen durch den Erwerb von D-Elementen und ihren Spezifikationen oder aber durch Reifungsprozesse gesteuert wird, ist damit allerdings noch nicht geklärt. Dazu muß noch Arbeitshypothese E-III getestet werden. D.h., es muß untersucht werden, ob beim Erwerb der einzelnen D-Elemente Entwicklungsdissoziationen bestehen, die auf einen graduellen Lernprozeß und den unabhängigen Erwerb von funktionalen Elementen hindeuten. Dies würde die Idee des merkmalsbasierten Strukturaufbaus unterstützen. Bei einem einheitlichen Reifungsprozeß für alle funktionalen Kategorien und ihre Merkmale sollten hingegen alle D-Elemente zur selben Zeit erworben werden; und ein fester Reifungsplan für die verschiedenen D-Elemente ließe erwarten, daß die einzelnen D-Elemente in einer zielsprachunabhängigen Reihenfolge erworben werden. 2.3.5 Entwicklungsdissoziationen Um zu überprüfen, ob beim Erwerb der einzelnen D-Elemente Entwicklungsdissoziationen bestehen, habe ich untersucht, ob sich die jeweiligen Anteile der verschiedenen D-Elemente im Entwicklungsverlauf verändern. Für jede Aufnahme von Andreas, Annelie, Carsten, Hannah, Leonie, Mathias und Svenja habe ich zunächst die Anzahl aller overten und ausgelassenen pränominalen D-Elemente ermittelt. Hierzu habe ich alle adjektivlosen Nominalphrasen mit obligatorischem Kontext für D-Elemente und alle Nominalphrasen mit Eigennamen und Determinierern zusammengezählt.40 40 D.h., es wurden sowohl expletive als auch semantisch motivierte bestimmte Artikel in die Berechnung einbezogen. Wie ich im folgenden nachweisen werde, besteht für diese Elemente kein Unterschied im Erwerbszeitpunkt. Der Erwerb von D-Elementen 258 Ausgehend von dieser Grundgesamtheit, habe ich dann jeweils die Anteile der verschiedenen D-Elemente sowie den Anteil von Determiniererauslassungen berechnet. Die Ergebnisse dieser Analyse finden sich in den Tab.E-1 bis Tab.E-7 im Anhang. In den Abb.III-15 bis Abb.III-18 sind die Werte für die drei frequentesten Typen von D-Elementen - bestimmte Artikel, unbestimmte Artikel und Possessivpronomina - graphisch dargestellt. Dabei habe ich mich auf die Kinder beschränkt, bei denen der Übergang von der frühen Zwei-Wort-Phase zur Mehrwortphase zu beobachten ist (Annelie, Hannah, Leonie und Mathias). Außerdem habe ich nur die Aufnahmen nach dem vorübergehenden Einschnitt bei der Realisierungsrate für D-Elemente berücksichtigt. Abb.III-15: Possessivpronomina, bestimmte und unbestimmte Artikel in obligatorischen Kontexten für D-Elemente - Annelie 41 100 in % 80 60 40 20 0 4 5 6 Aufnahme best.Art. 41 unbest.Art. Poss.pron. Zur Berechnung der Werte in den folgenden Abbildungen vgl. die Erläuterungen zu Anhang E. Für alle Abbildungen wurden nur diejenigen Aufnahmen berücksichtigt, in denen mindestens 10 obligatorische Kontexte für D-Elemente vorliegen. Der Erwerb von D-Elementen 259 Abb.III-16: Possessivpronomina, bestimmte und unbestimmte Artikel in % in obligatorischen Kontexten für D-Elemente - Hannah 100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 5 6 7 8 Aufnahme best.Art. unbest.Art. Poss.pron. Abb.III-17: Possessivpronomina, bestimmte und unbestimmte Artikel in obligatorischen Kontexten für D-Elemente - Leonie 100 in % 80 60 40 20 0 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 Aufnahme best.Art. unbest.Art. Poss.pron. Der Erwerb von D-Elementen 260 Abb.III-18: Possessivpronomina, bestimmte und unbestimmte Artikel in obligatorischen Kontexten für D-Elemente - Mathias 42 100 in % 80 60 40 20 0 19 21 22 23 24 25 26 27 Aufnahme best.Art. unbest.Art. Poss.pron. Die Abb.III-15 bis Abb.III-18 verdeutlichen, daß der prozentuale Anteil von Possessivpronomina bei allen drei Kindern im untersuchten Zeitraum nicht mehr entscheidend zunimmt, sondern nur noch gewisse Schwankungen zeigt.43 Der Anteil von unbestimmten Artikeln liegt bereits zu Beginn dieses Zeitraums bei Werten von 35% (Annelie) bis 50% (Hannah). Darüber hinaus erhöht er sich im Verlauf der weiteren Entwicklung nicht mehr wesentlich, sondern geht sogar noch etwas zurück. Der Anteil von bestimmten Artikeln steigt hingegen noch deutlich an: Zu Beginn des Untersuchungszeitraums bewegen sich die entsprechenden Prozentwerte nur zwischen 3% (Leonie) und 33% (Mathias), gegen Ende dieses Zeitraums zwischen 48% (Leonie) und 61% (Annelie). Dabei dominieren bei Annelie, Hannah und Mathias am Ende des Untersuchungszeitraums die bestimmten Artikel. Bei Leonie treten bestimmte und unbestimmte Artikel hingegen annähernd gleich häufig auf. Zusammengenommen deuten diese 42 43 Es wurden nur diejenigen Aufnahmen berücksichtigt, in denen mindestens 10 obligatorische Kontexte für D-Elemente vorliegen. Aufnahme 20 liegt für Mathias nicht vor. Daß Hannah während des gesamten Untersuchungszeitraums so wenige pränominale Posses sivpronomina produziert, liegt meines Erachtens daran, daß Hannah Possessivrelationen - wie eine eingehendere Betrachtung der aufgezeichneten Diskurse ergibt - nur sehr selten thematisiert. Das gesamte Korpus enthält nur zwei Possessivkonstruktionen und nur fünf pronominal verwendete Posses sivpronomina - drei davon in Aufnahme 3, d.h. während des Einschnitts bei der Realisierungsrate für D-Elemente. Der Erwerb von D-Elementen 261 Befunde somit darauf hin, daß bestimmte Artikel später erworben werden als unbestimmte Artikel und Possessivpronomina. Weitere Unterstützung für diese Annahme liefern die Daten der sprachlich relativ weit fortgeschrittenen Kinder Andreas, Carsten und Svenja. Wenn bestimmte Artikel relativ spät erworben werden und in späteren Phasen dominieren, sollten bestimmte Artikel bei diesen Kindern häufiger auftreten als unbestimmte Artikel und Possessivpronomina. Dies sollte sich bei Carsten und Svenja noch deutlicher zeigen als bei Andreas, da diese beiden Kinder älter und sprachlich weiter entwickelt sind als Andreas. Wie man anhand der Tab.E-1, Tab.E-3 und Tab.E-7 im Anhang erkennen kann, ist dies in der Tat der Fall: Andreas produziert in 17% aller analysierten Kontexte Possessivpronomina. Der Anteil von bestimmten Artikeln ist mit 21% nur wenig höher und liegt noch unter dem Anteil von unbestimmten Artikeln (43%). Bei Carsten und Svenja liegt der Anteil bestimmter Artikel mit 41% bzw. 41% bis 80% hingegen bereits deutlich höher als der Anteil von Possessivpronomina (14% bzw. 0% - 18%) und unbestimmten Artikeln (21% bzw. 3% - 44%). Insgesamt betrachtet sprechen die Befunde zum Erwerb von Artikeln und Possessivpronomina somit dafür, daß bestimmte Artikel später erworben werden als unbestimmte Artikel und Possessivpronomina. Damit liefern sie nicht nur Evidenz für Entwicklungsdissoziationen; sie bestätigen auch die bereits diskutierten Befunde aus Erwerbsstudien zum Deutschen. Die Hypothese von Penner und Weissenborn (1996), daß expletive bestimmte Artikel vor semantisch motivierten Artikeln erworben werden, läßt sich hingegen nicht bestätigen. Um diese Hypothese zu überprüfen, habe ich für alle untersuchten Aufnahmen die Anzahl von Eigennamen ermittelt, die mit einem Determinierer kombiniert werden können. Davon ausgehend habe ich den prozentualen Anteil von Determinierer-Eigennamen-Kombinationen berechnet. Diese Angaben finden sich in den Tab.E-1 bis Tab.E-7 im Anhang. Den Tab.E-1 bis Tab.E-7 kann man entnehmen, daß Annelie, Hannah, Leonie und Mathias erst dann nicht-formelhafte expletive Artikel produzierten, wenn sie bereits regelmäßig nichtformelhafte semantisch motivierte bestimmte Artikel benutzten (Annelie: ab Aufnahme 4, Hannah: ab Aufnahme 6, Leonie: ab Aufnahme 9, Mathias: ab Aufnahme 21). In den Aufnahmen davor wurden Eigennamen entweder überhaupt nicht mit Determinierern kombiniert (Hannah, Leonie, Mathias) oder das Auftreten von expletiven Artikeln war auf die formelhafte Struktur da-ist-bestimmter-Artikel+X beschränkt (Annelie). Die fortgeschritteneren Kinder Der Erwerb von D-Elementen 262 Andreas, Carsten und Svenja verwendeten sowohl expletive als auch semantisch motivierte bestimmte Artikel regelmäßig und häufig. Dabei lag bei Andreas sowohl der Anteil semantisch motivierter Artikel als auch der Anteil expletiver Artikel bei Eigennamen niedriger als bei Svenja und Carsten. 2.4 Diskussion Insgesamt betrachtet liefern die diskutierten Untersuchungen zum Erwerb von D-Elementen die folgenden empirischen Befunde: (i) (ii) (iii) (iv) (v) (vi) In den Korpusanalysen und in Erwerbsstudien zum Deutschen, Berndeutschen, Französischen, Niederländischen, Englischen, Spanischen und Griechischen konnte eine frühe (nahezu) determiniererlose Phase dokumentiert werden (vgl. Mills 1985:154, Penner/ Weissenborn 1996, Clark 1985, Müller 1994, Wijnen/Krikhaar/den Os 1994, Brown 1973, Radford 1990, Schnell de Acedo 1994, Marinis 1998, 2000, 2002b). Ein U-förmiger Entwicklungsverlauf für den Anteil overter D-Elemente zeigte sich sowohl bei den Korpusanalysen als auch bei Analysen zur deutschen, englischen, französischen, griechischen, italienischen und schwedischen Kindersprache: Nach einer Phase, in der diese Elemente häufiger auftraten, sank die Realisierungsrate vorübergehend, bevor sie sich zielsprachlichen Werten näherte (Penner/Weissenborn 1996, Brown 1973, Granfeld 2000, Marinis 2000, 2002b, Pizzuto/Caselli 1992, Bohnacker 1997). In den Korpusanalysen und in Untersuchungen zum Erwerb des Deutschen, Englischen und Griechischen wurden syntaktische und lexikalische Distributionsbeschränkungen für D-Elemente beobachtet, die aufgehoben wurden, sobald der Anteil overter D-Elemente nach seinem vorübergehenden Absinken wieder anstieg (Penner/Weissenborn 1996, Brown 1973, Pine/Martindale 1996, Pine/Lieven 1997, Marinis 2000, 2002b). D-Elemente und Adjektive sind in der frühen deutschen, englischen, niederländischen, griechischen und französischen Kindersprache anfangs komple mentär distribuiert (vgl. u.a. Mills 1985, Clahsen/Eisenbeiß/Vainikka 1994, Bittner 1997, Brown 1973, Radford 1990:62ff., deHouwer/Gillis 1998:37, Stephany 1997:266f., Müller 1994, 2000, Granfeldt 2000). Die Korpusanalysen haben gezeigt, daß diese Distributionsbeschränkung nach dem vorübergehenden Einschnitt bei der Determiniererrealisierungsrate aufgehoben wird. Weder die Korpusanalysen noch Reanalysen der Daten von Penner und Weissenborn (1996) und Analysen griechischer Erwerbsdaten (Marinis 1998) konnten Evidenz für die Priorität von expletiven Artikeln gegenüber semantisch motivierten Artikeln erbringen. Sowohl die Analysen der deutschen Korpora als auch Studien zum Erwerb des Deutschen, Englischen, Französischen, Griechischen und Niederländischen haben ergeben, daß unbestimmte Artikel vor bestimmten Artikeln zielsprachliche Realisierungsraten erreichen (Scpuin/Scupin 1907, Stern/Stern 1928, Bittner 1997, Leopold 1949, Zehler/ Brewer 1982, Abu-Akel/Bailey 2000, Müller 1994, Köhn 1994, deHouwer/Gillis 1998). Der Erwerb von D-Elementen (vii) (viii) (ix) 263 Italienische, spanische und schwedische Kinder produzieren bestimmte Artikel vor unbestimmten Artikeln (Bottari et al. 1998, 2001, Hernandez-Pina 1984, Schnell de Acedo 1994, Bohnacker 1997). Beim Erwerb des Italienischen und Spanischen sind D-Elemente früher zu beobachten als beim Erwerb des Deutschen und Englischen (Müller et al. 2002, Lleo/Demuth 1999). Dies gilt auch für Kinder, die das Deutsche und das Italienische parallel erwerben (Müller et al. 2002). In Studien zum Erwerb des Englischen, Italienischen, Niederländischen und Schwedischen zeigte sich ein Zusammenhang zwischen dem Anteil overter D-Elemente und den prosodischen Eigenschaften dieser Elemente bzw. ihrer Kontexte (Gerken 1996, Crisma/ Tomasutti 2000, Wijnen/Krikhaar/den Os 1994, Santelmann 1998). Dabei ließen sich allerdings nur in späteren Erwerbsphasen sämtliche beobachteten Abweichungen von der Zielsprache auf prosodische Eigenschaften der involvierten Strukturen zurückführen. Daß zumindest einige Kinder zu Beginn der syntaktischen Entwicklung eine (nahezu) determiniererlose Phase durchlaufen (vgl. (i)), spricht gegen starke Varianten der Hypothese der vollständigen Kompetenz, denen zufolge die DP bereits zu Beginn der Zwei-Wort-Phase syntaktisch aktiv ist und sich sämtliche Determiniererauslassungen allein durch pragmatische oder prosodische Faktoren erfassen lassen. Wie in Kapitel III.2.1 erläutert, haben Vertreter der Hypothese der vollständigen Kompetenz angesichts solcher Befunde versucht nachzuweisen, daß eine determiniererlose Phase nicht universell ist und daß Kinder bereits in der frühen Zwei-Wort-Phase systematisch zielsprachliche Strukturen mit D-Elementen gebrauchen (vgl. z.B. Bohnacker 1997, Hyams 1999). Dabei wurde der jeweilige Entwicklungsstand und -verlauf der einzelnen Kinder meiner Auffassung nach aber nicht ausreichend berücksichtigt. So fassen z.B. Abu-Akel und Bailey (2000) bei ihrer Analyse Daten von 17 englischen Kindern zusammen, so daß sich zwar Werte für verschiedene Altersbereiche ergeben, aber keine Aussagen zu individuellen Entwicklungsverläufen treffen lassen. Bohnacker (1997) macht bei ihrer Analyse des EmblaKorpus zwar Angaben zu einzelnen Aufnahmen aus einer Einzelfallstudie, geht aber nicht auf den U-förmigen Entwicklungsverlauf für overte D-Elemente (vgl. (ii)) und seine möglichen Implikationen ein. Den individuellen Entwicklungsverlauf vernachläßigt auch Hyams (1999) bei ihrer Argumentation für die Optionalität von D-Elementen in der frühen Zwei-Wort-Phase. Hyams faßt nämlich die Daten von Adam (Brown 1973) aus dem Altersbereich von 2;3 bis 3;0 zusammen und berechnet für diesen Zeitraum eine Determiniererrealisierungsrate von 48%. Außerdem gelangt sie durch die Zusammenfassung der Daten von Claudia (1;4-2;4), Francesco (1;5- Der Erwerb von D-Elementen 264 2;10) und Marco (1;5-3;0) (Pizzuto/Caselli 1992) zu Werten von 78%, 60% bzw. 64%. Dabei geht sie nicht darauf ein, daß bei allen vier Kindern ein U-förmiger Entwicklungsverlauf zu beobachten ist (vgl. (ii)). Außerdem stellt Hyams die einzelnen Werte relativ kommentarlos nebeneinander und berücksichtigt nicht, daß sich Pizzuto und Caselli auf die Analyse von korrekt flektierten bestimmten Artikeln beschränkt haben, während bei den übrigen Analysen auch andere D-Elemente einbezogen wurden. Die fehlende Berücksichtigung des jeweiligen Entwicklungsstandes zeigt sich auch daran, daß Hyams Daten aus der Untersuchung von Clahsen, Eisenbeiß und Penke (1996) der Phase der "earliest multi-word utterances" (Hyams 1999:401) zuordnet. Bei diesen Daten handelt es sich aber um späte Aufnahmen von Simone, Annelie, Hannah und Mathias. In früheren Aufnahmen aus diesen Korpora sind Auslassungsraten für D-Elemente deutlich höher, wie die Analysen in diesem Kapitel und die Studien von Clahsen, Eisenbeiß und Vainikka (1994) sowie Penner und Weissenborn (1996) zeigen. Berücksichtigt man die Struktur des Entwicklungsverlaufs, ergibt sich somit, daß die empirischen Befunde, die Vertreter der Hypothese der vollständigen Kompetenz zur Unterstützung dieser Hypothese vorgebracht haben, zumindest z.T. auf Daten aus späteren Entwicklungsphasen beruhen. Darüber hinaus liefern der U-förmige Entwicklungsverlauf (vgl. (ii)) und die anfänglichen Distributionsbeschränkungen für D-Elemente (vgl. (iii) und (iv)) Evidenz gegen die Annahme, daß die D-Elemente, die sich in der frühen Zwei-Wort-Phase beobachten lassen, bereits auf zielsprachlichen Repräsentationen basieren. Diese Befunde deuten nämlich darauf hin, daß die betreffenden Kinder anfangs unanalysierte Strukturen mit Pseudo-Determinierern benutzen, die unanalysierten Strukturen nach einer gewissen Zeit aber reanalysieren und dann vorübergehend alle D-Elemente auslassen, für die sie noch nicht die entsprechende zielsprachliche Repräsentation erworben haben. Diese Annahme wird auch durch die Beobachtung unterstützt, daß die Distributionsbeschränkungen aufgehoben wurden, sobald der Anteil overter D-Elemente nach seinem vorübergehenden Rückgang wieder stieg (vgl. (iii) und (iv)). Durch die Annahme, daß zumindest einige Kinder anfangs unanalysierte Strukturen mit Pseudo-Determinierern benutzen, lassen sich darüber hinaus auch einige der Unterschiede zwischen den einzelnen Kindern erklären, die man nicht durch den Entwicklungsstand dieser Der Erwerb von D-Elementen 265 Kinder erfassen kann. 44 Dies verdeutlicht z.B. der Vergleich der Daten von Hannah und Mathias. Beide Kinder haben zu Beginn des Untersuchungszeitraums einen ähnlichen MLUWert, wobei der MLU-Wert von Mathias (1,25) noch geringfügig höher ist als Hannahs MLU-Wert (1,18). Dennoch durchläuft Mathias zu Beginn des Untersuchungszeitraums eine nahezu determiniererlose Phase, während Hannah bereits in den ersten beiden Aufnahmen in mehr als der Hälfte aller obligatorischen Kontexte ein D-Element produziert. Dies läßt sich darauf zurückführen, daß Hannah in den ersten Aufnahmen zahlreiche Strukturen des Typs noch-unbestimmter-Artikel+N produziert, während Mathias als einziges Kind der Studie in der frühen Zwei-Wort-Phase keine Prädikat-Determinierer-Verbindungen verwendet, die sich als formelhaft analysieren lassen. Die bislang diskutierten Befunde bestätigen zwar die Vorhersagen, die sich aus der Strukturaufbauhypothese ergeben; sie wären aber für sich genommen auch mit den Analysen von Penner und Weissenborn (1996) zu vereinbaren, denen zufolge Kinder zwar bereits früh zielsprachliche DP-Repräsentationen aufbauen, D-Elemente aber noch auslassen, da sie noch nicht über die entsprechenden morphologischen Repräsentationen verfügen. Für die spezifischen Hypothesen von Penner und Weissenborn (1996) fand sich aber keine Evidenz. Insbesondere konnte nicht gezeigt werden, daß expletive D-Elemente vor semantisch motivierten D-Elementen auftreten (vgl. (v)). Andere Entwicklungsdissoziationen zwischen den einzelnen Typen von D-Elementen wurden hingegen in einer Reihe von Studien bestätigt (vgl. (vi-viii)). Diese Entwicklungsdissoziationen werden weder von der Hypothese der vollständigen Kompetenz noch von kategorienbasierten Strukturaufbauansätzen vorhergesagt: Wenn alle nominalen grammatischen Merkmale bereits in der frühen Zwei-Wort-Phase realisiert werden könnten (Bohnacker 1997, Hoekstra/Hyams/Becker 1997, Hyams 1999, Abu-Akel/Bailey 2000), oder zu einem bestimmten Zeitpunkt durch Reifungsprozesse verfügbar würden (Radford 1990), sollten die verschiedenen Typen von D-Elementen parallel erworben werden. Wenn man davon ausgeht, daß alle Typen von D-Elementen prinzipiell zum selben Zeitpunkt verfügbar sind bzw. werden, 44 Für eine ausführlichere Diskussion zu interindividuellen Unterschieden bei der Verwendung von formelhaften Strukturen und ihren Konsequenzen vgl. z.B. Peters/Menn (1993), Peters (2001b), Veneziano (2001). Der Erwerb von D-Elementen 266 muß man somit Zusatzannahmen machen, um die beobachteten Entwicklungsdissoziationen und die Variabilität der Erwerbsreihenfolgen erfassen zu können. Im Rahmen eines Reifungsansatzes könnte man zwar einen Reifungsplan für die verschiedenen Typen von D-Elementen oder ihre Merkmale annehmen; dann würde man aber erwarten, daß die verschiedenen Typen von D-Elementen stets in einer bestimmten, zielsprachunabhängigen Reihenfolge auftreten. Daß dies nicht der Fall ist, zeigt die Beobachtung, daß unbestimmte Artikel im Deutschen, Englischen, Niederländischen und Griechischen sowie beim bilingualen Erwerb des Deutschen und Französischen vor bestimmten Artikeln erworben werden, während beim Erwerb des Italienischen, Spanischen und Schwedischen die umgekehrte Reihenfolge zu beobachten ist. Wenn man die Idee des merkmalsbasierten Strukturaufbaus zugrunde legt, sind Entwicklungsdissoziationen und variable Erwerbsreihenfolgen der zu erwartende "Normalfall". Dann sollten die einzelnen nominalen grammatischen Merkmale nämlich prinzipiell unabhängig voneinander instantiiert und in entsprechende Lexikoneinträge integriert werden können (vgl. Arbeitshypothese E-III). Entwicklungsdissoziationen sollten dabei immer dann zu beobachten sein, wenn sich die betreffenden Elemente in ihrer Inputfrequenz, in ihren semantischen Eigenschaften oder in ihren phonologischen Eigenschaften voneinander unterscheiden. Für die beobachteten Erwerbsreihenfolgen von bestimmten und unbestimmten Artikeln scheint die Inputfrequenz dieser Elemente allerdings keine entscheidende Rolle zu spielen:45 Sowohl im Deutschen und Griechischen als auch im Spanischen und Schwedischen sind bestimmte Artikel - wie in den vorangegangenen Kapiteln bereits erwähnt - frequenter als unbestimmte Artikel. Dennoch werden sie im Spanischen und Schwedischen später erworben als unbestimmte Artikel. Eine semantische Erklärung für Entwicklungsdissoziationen zwischen den verschiedenen Typen von D-Elementen schlägt Bittner (1997) in ihrer Studie zum Erwerb deutscher D-Elemente vor. Ihr zufolge ist die beobachtete Erwerbsreihenfolge "unbestimmte Artikel < Possessivpronomina < bestimmte Artikel" auf den unterschiedlich starken Beitrag dieser Elemente zur semantischen Spezifizierung der nominalen Referenz zurückzuführen: Durch eine Nominalphrase mit einem unbestimmten Artikel (z.B. ein Ball) wird Bittners Auffassung nach irgendein 45 Daß die Inputfrequenz für die Erwerbsreihenfolge von bestimmten und unbestimmten Artikeln keine entscheidende Rolle spielt, könnte daran liegen, daß diese Elemente sich zwar in ihrer Frequenz unterscheiden, aber beide hochfrequent sind. Der Erwerb von D-Elementen 267 Vertreter bzw. irgendeine Teilmenge der betreffenden Klasse herausgegriffen. Eine Nominalphrase mit einem Possessivpronomen (z.B. mein Ball) referiert auf irgendeinen Vertreter bzw. irgendeine Teilmenge der Klasse, die zum POSSESSOR gehört, und Nominalphrasen mit bestimmten Artikeln beziehen sich auf einen individuellen Vertreter bzw. eine spezielle Teilmenge der betreffenden Klasse. Eine solche Analyse erfaßt zwar die Erwerbsreihenfolgen für das Deutsche, Französische, Englische, Niederländische und Griechische; die Erwerbsreihenfolgen für italienische, spanische und schwedische Determinierer lassen sich durch eine solche semantische Analyse aber nicht erklären.46 Vielmehr scheinen die prosodischen Eigenschaften der D-Elemente eine entscheidende Rolle zu spielen (vgl. (ix)). Wie die Diskussion in Kapitel III.2.2.3 ergeben hat, hängen die Realisierungsraten der einzelnen D-Elemente u.a. davon ab, ob das betreffende Element ein Suffix ist oder aber ein einsilbiges oder mehrsilbiges betontes Element realisiert. Außerdem scheinen die Auslassungsraten von D-Elementen dadurch beeinflußt zu werden, ob diese Elemente mit dem vorangehenden oder nachfolgenden Element einen prosodischen Fuß bilden können. Diesen Faktor machen z.B. Lleo und Demuth (1999) für die Diskrepanz zwischen dem relativ frühen Auftreten von D-Elementen in romanischen Sprachen und dem relativ späten Auftreten dieser Elemente in germanischen Sprachen verantwortlich. Prosodische Faktoren könnten auch erklären, warum italienische, spanische und schwedische Kinder bestimmte Artikel vor unbestimmten Artikeln produzieren: Im Schwedischen sind bestimmte Artikel nämlich Suffixe, deren Auftreten mit dem vorherrschenden trochäischen Betonungsmuster kompatibel ist, während es sich bei unbestimmten Artikeln um unbetonte freie Morpheme handelt, deren Auftreten das im Schwedischen dominante trochäische Betonungsmuster für lexikalische Elemente verletzen kann (vgl. Santelmann 1998). Ein ähnlicher Unterschied in den prosodischen Eigenschaften der verschiedenen D-Elemente zeigt sich auch, wenn man bestimmte und unbestimmte Artikel im Italienischen und Spanischen miteinander vergleicht: In diesen beiden Sprachen tragen unbestimmte Artikel nämlich im allgemeinen eine zusätzliche Silbe bei, die in die prosodische Struktur integriert 46 Meines Wissens nach läßt sich auch kein semantischer Faktor angeben, der z.B. deutschen, griechischen, französischen und niederländis chen bestimmten Artikeln gemeinsam ist und diese Elemente von den entsprechenden Elementen im Italienischen, Spanischen und Schwedischen unterscheidet. Der Erwerb von D-Elementen 268 werden muß, während zumindest einige Formen des bestimmten Artikels auf einen Konsonanten reduziert und klitisiert werden können. Dadurch tragen sie keine zusätzliche Silbe zur prosodischen Struktur bei, was ihre Realisierung erleichtern könnte.47 Im Deutschen, Englischen, Niederländischen und Griechischen besteht kein entsprechender Unterschied zwischen bestimmten und unbestimmten Artikeln.48 Dies könnte erklären, warum in diesen Sprachen bestimmte Artikel nicht früher erworben werden als unbestimmte Artikel. Unklar bleibt dann aber, warum sich beim parallelen Erwerb des Deutschen und Französischen (vgl. Müller 1994, Köhn 1994) kein Unterschied zwischen den Erwerbsreihenfolgen für die deutschen und die französischen Artikel nachweisen läßt, obwohl die französischen Artikel ähnliche prosodische Eigenschaften aufweisen wie die italienischen und spanischen Artikel. Diese Frage läßt sich an dieser Stelle nicht beantworten, da meines Wissens bislang noch unklar ist, ob sich die Befunde zum bilingualen Erwerb auf den monolingualen Erwerb des Französischen generalisieren lassen. Bei den vorliegenden Studien zum Erwerb des französischen Artikelsystems, die sich explizit mit dem Erwerb der Distinktion zwischen unbestimmten und bestimmten Artikeln befassen, handelt es sich um experimentelle Studien mit älteren Kindern, die bereits beide Typen von Artikeln produzieren (vgl. Clark 1985 für einen Überblick). Insgesamt betrachtet sprechen die diskutierten Untersuchungen aber dafür, daß prosodische Faktoren einen Einfluß auf die Realisierungsraten der verschiedenen D-Elemente in den jeweiligen Zielsprachen haben. Wie in Kapitel III.2.2.3 erläutert, sind für diesen Befund aber mindestens drei Erklärungen möglich: Die diskutierten prosodischen Faktoren könnten bestimmen, wann D-Elemente erworben werden. Sie könnten aber auch zur Verwendung von prosodisch bedingten Füllerelementen führen, die noch nicht auf zielsprachlichen Repräsentationen beruhen. Beide Annahmen wären mit der Idee des merkmalsbasierten Strukturaufbaus vereinbar. 47 48 Wie in Kapitel III.2.2.3 diskutiert, könnte die Klitisierung in bestimmten Kontexten aber auch zu Auslassungen führen (vgl. Crisma/Tomasutti 2000). Eine ausführliche Diskussion der einzelnen prosodischen Faktoren und ihrer Interaktion würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen. Wichtig ist an dieser Stelle nur, daß sich die verschiedenen Typen von Artikeln in ihren prosodischen Eigenschaften unterscheiden und daß dieser Unterschied einen Erklärung für die beobachteten Entwicklungsdissoziationen liefern könnte. Unbestimmte Artikel sind zwar im Deutschen gelegentlich zweisilbig, während bestimmte Artikel stets nur aus einer Silbe bestehen. In der Umgangssprache, d.h. im Input von Kindern, werden zweisilbige unbestimmte Artikel aber meistens auf eine Silbe reduziert (z.B. 'ne statt eine). Dadurch wird der Unterschied zwischen bestimmten und unbestimmten Artikeln aufgehoben. Der Erwerb von D-Elementen 269 Mit der von Gerken (1996) und Crisma und Tomasutti (2000) vertretenen Variante der Hypothese der vollständigen Kompetenz sind diese Erklärungen hingegen nicht kompatibel. Diesem Ansatz zufolge sollten Kinder vielmehr unabhängig von den prosodischen Eigenschaften der zu erwerbenden D-Elemente bereits in der frühen Zwei-Wort-Phase über zielsprachliche Repräsentationen für diese Elemente verfügen. Dementsprechend sollten sie diese Elemente bereits sehr früh realisieren, wenn sie problemlos in die vorherrschenden metrischen Muster der jeweiligen Zielsprache zu integrieren sind. Somit sollten prosodische Faktoren selbst in frühen Erwerbsphasen ausreichen, um die beobachteten Auslassungen von D-Elementen zu erklären. Wie ich in Kapitel III.2.2.3 gezeigt habe, ist dies aber nicht der Fall. Vielmehr scheinen sich nur in späteren Erwerbsphasen sämtliche beobachteten Abweichungen von der Zielsprache auf prosodische Eigenschaften der involvierten Strukturen zurückführen zu lassen (vgl. (ix)). Insgesamt betrachtet erlauben es die Befunde in (i) bis (ix) somit, die Einwände, die Vertreter der Hypothese der vollständigen Kompetenz gegen die Strukturaufbauhypothese vorgebracht haben, zu widerlegen: Erstens scheinen die Belege für die systematische Verwendung von D-Elementen häufig aus relativ späten Erwerbsphasen zu stammen oder auf formelhaften Strukturen mit unanalysierten "D-Elementen" zu beruhen. Zweitens konnte ich nachweisen, daß sich die spezifischen Vorhersagen, die sich aus den Analysen von Penner und Weissenborn (1996), Gerken (1996) sowie Crisma und Tomasutti (2000) ergeben, nicht empirisch bestätigen lassen. Vielmehr unterstützen die diskutierten empirischen Befunde die Strukturaufbauhypothese. Darüber hinaus konnte ich zeigen, daß sich die konzeptuellen Probleme, die sich in kategorienbasierten Strukturaufbauansätzen bei der Erklärung des Übergangs zu zielsprachlichen Repräsentationen stellen, zumindest teilweise vermeiden lassen, wenn man von Arbeitshypothese E-III ausgeht, d.h. vom unabhängigen Erwerb und der unabhängigen Projektion von Lexikoneinträgen. Wenn man diese Hypothese zugrunde legt, kann man nämlich z.B. die Beobachtung erfassen, daß deutsche Kinder bereits zielsprachliche Anteile overter unbestimmter Artikel zeigen, bei bestimmten Artikeln aber noch keine zielsprachlichen Realisierungsraten erreicht haben. Insgesamt betrachtet bestätigen die Befunde in (i) bis (ix) somit die Arbeitshypothesen E-II und E-III. Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 3 270 Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz Wenn die bislang diskutierten Befunde tatsächlich auf die anfängliche Inaktivität von DPMerkmalen zurückzuführen sind, sollten zu Beginn der Nominalphrasenentwicklung nicht nur D-Elemente fehlen; es sollten sich auch keine morphologischen Realisierungen von Genus-, Numerus- und Kasusmerkmalen beobachten lassen. Dies scheint auch tatsächlich der Fall zu sein: Kasusmarkierungen und nominalphraseninterne Kongruenzmarkierungen sind in der frühen Kindersprache in der Tat häufig nicht-zielsprachlich. Insbesondere fand man, wie bereits zu Beginn von Kapitel III erwähnt, in vielen Studien zur deutschen und englischen Kindersprache statt der zielsprachlichen Flexionsformen häufig Formen mit ausgelassener oder inadäquater Flexion (z.B. *zwei huhn, *him go oder *der auto) sowie phonetisch reduzierte Formen von Artikeln (z.B. de; vgl. u.a. Clahsen/Eisenbeiß/Vainikka 1994, Eisenbeiß 1994a, Müller 1994, 2000, Müller et al. 2002 bzw. Radford 1990). So berichten z.B. Clahsen, Eisenbeiß und Vainikka (1994), daß Simone im Alter von 1;10,20 bis 2;0,23 in 80% aller Nominalphrasen mit Adjektiven nicht die zielsprachlichen Flexionsformen produzierte. Solche Beobachtungen unterstützen auf den ersten Blick die Annahme, daß die DP, die in der Zielsprache als Träger der Flexionsmerkmale fungiert, noch nicht syntaktisch aktiv ist. Vertreter der Hypothese der vollständigen Kompetenz haben aber eine Reihe von empirischen und konzeptuellen Argumenten gegen eine solche Interpretation der Daten vorgebracht. Insbesondere haben sie dafür argumentiert, daß Kinder anfangs zwar phonetisch reduzierte oder unflektierte Formen gebrauchen, flektierte Formen aber von Anfang an weitestgehend korrekt einsetzen (vgl. z.B. Schütze 1996, 1997). Angesichts solcher Einwände möchte ich ähnlich wie bei der Diskussion zum Determinierererwerb - zeigen, daß die vorgelegten Analysen z.T. auf Daten aus relativ späten Erwerbsphasen beruhen oder formelhafte Strukturen mit unanalysierten Elementen involvieren. Hierzu werde ich die Verwendung von flektierten D-Elementen (Kapitel III.3.1), von Postpositionen und Nominalaffixen (Kapitel III.3.2) sowie von Personalpronomina (Kapitel III.3.3) untersuchen. Dabei werde ich nicht nur versuchen, meine Arbeitshypothese E-II zu bestätigen, der zufolge Nominalphrasen anfangs unterspezifiziert sein können; ich werde auch erläutern, wie man in einem Strukturaufbauansatz erfassen kann, daß Kinder beim Übergang zu zielsprach- Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 271 lichen Strukturen sowohl zielsprachlich flektierte als auch nicht-zielsprachliche Strukturen verwenden (vgl. u.a. die Diskussion in Schütze 1996). Im Rahmen dieser Diskussion sollen nicht nur - wie in Kapitel III.2 - Entwicklungsdissoziationen zwischen verschiedenen lexikalischen Elementen nachgewiesen werden (vgl. Arbeitshypothese E-III), sondern ich werde auch Evidenz für Entwicklungsdissoziationen zwischen verschiedenen Merkmalen erbringen (vgl. Arbeitshypothese E-IV). Zugleich werde ich zeigen, daß morphologische Markierungen anfangs lexikalischen Beschränkungen unterliegen können. Dies unterstützt nämlich die Arbeitshypothese E-V, der zufolge Kinder zuerst Lexikoneinträge für flektierte Vollformen und erst später dekomponierte Einträge für Stämme und Affixe schaffen. Außerdem möchte ich meine Arbeitshypothesen zum Ordnungsproblem und zum Bootstrappingproblem testen: In Kapitel III.3.1, Kapitel III.3.2 und Kapitel III.3.3 soll die Arbeitshypothese O-I überprüft werden, der zufolge Genusdistinktionen erst dann vorgenommen werden, wenn Kinder beim Aufbau von Trägerelementparadigmen auf zwei Formen stoßen, die um eine Zelle konkurrieren. Bei der Auseinandersetzung mit dieser Hypothese soll zugleich untersucht werden, unter welchen Bedingungen eine Trägerelementform unabhängig von den funktionalen und relationalen Merkmalsspezifikationen anderer Trägerelementformen positiv spezifiziert werden kann (vgl. die Arbeitshypothesen B-III, B-IV und B-V). In Kapitel III.3.4 soll zum einen festgestellt werden, ob Kinder Kasusmarkierungen bei transitiven und intransitiven Verben unabhängig voneinander erwerben; zum anderen soll ermittelt werden, ob sie sich bei der Analyse von Kasusmarkierungen anfangs auf AGENS-, ACTOR-, PATIENS- oder GOAL-Argumente beschränken (vgl. Arbeitshypothese B-I bzw. B-II). Darüber hinaus werde ich in Kapitel III.3.1, Kapitel III.3.2, Kapitel III.3.3 und Kapitel III.3.4 nachweisen, daß der Dativ der Defaultkasus für das mittlere Argument dreiwertiger Verben ist, und nicht vor dem Erwerb der Nominativ/Akkusativ- bzw. Absolutiv/Ergativdistinktion etabliert wird (vgl. die Arbeitshypothesen O-II und O-III). Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 272 3.1 Flektierte D-Elemente In Kapitel III.2 hatte ich dafür argumentiert, daß es sich bei den ersten "D-Elementen" um Pseudo-Determinierer handelt. Demnach sollten diese Elemente auch keine systematischen morphologischen Realisierungen zielsprachlicher funktionaler, relationaler und formaler Merkmale aufweisen. 3.1.1 Linguistische Analysen und Vorhersagen für den Erwerb D-Elemente tragen nicht in allen Sprachen, deren Erwerb in Kapitel III.2 diskutiert wurde, morphologische Markierungen grammatischer Merkmale. So sind in Sprachen wie dem Englischen an D-Elementen überhaupt keine morphologischen Distinktionen zu beobachten.49 Das Französische hat hingegen Numerus- und Genusmarkierungen; und Determinierer im Griechischen und Deutschen flektieren für KASUS, NUMERUS und GENUS. Darüber hinaus kann das Auftreten von Determiniereraffixen sowohl vom Typ des flektierten Elements als auch von seinem syntaktischen Kontext abhängen: So sind z.B. die Formen des bestimmten Artikels im Deutschen als Suppletivformen zu analysieren und weisen starke formale Ähnlichkeiten zu den Personalpronomina der 3.Ps. auf (vgl. Tab.III-10). Tab.III-10: Bestimmte Artikel im Deutschen Singular Nominativ Akkusativ Dativ Genitiv Maskulin Neutrum Feminin der den dem des das das dem des die die der der Plural die die den der Demonstrativpronomina (dies-, jen-), Quantoren (viel-, all-, jed-) und das Interrogativpronomen welch- sind keine Suppletivformen. Sie tragen vielmehr reguläre Affixe (vgl. Tab.III-11). Die mit Hilfe dieser Affixe gebildeten Formen haben eine starke Ähnlichkeit zu 49 Lediglich Demonstrativpronomina werden im Englischen flektiert - und auch dies nur für NUMERUS (this actor vs. these actors). Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 273 Personalpronomina und bestimmten Artikeln, weshalb man die Flexion dieser D-Elemente traditionell als "pronominale" Flexion bezeichnet. Tab.III-11: Die pronominale Flexion des Deutschen Nominativ Akkusativ Dativ Genitiv Maskulin Singular Neutrum Feminin dies-er dies-en dies-em dies-es dies-es dies-es dies-em dies-es dies-e dies-e dies-er dies-er Plural dies-e dies-e dies-en dies-er Bei D-Elementen, die auf -ein enden (unbestimmte Artikel, Possessivpronomina50 und das Negationselement kein-), hängt das Flexionsverhalten vom syntaktischen Kontext ab: Wird ein solches D-Element pronominal gebraucht, zeigt es das in Tab.III-11 dargestellte pronominale Flexionsmuster (vgl. (26a)). Verwendet man es hingegen attributiv, d.h. in Kombination mit einem Adjektiv oder Nomen, sind seine Nom.Mask./Neut.Sg.- und Akk.Neut.Sg.-Formen affixlos (vgl. Tab.III-12 sowie (26b)): Tab.III-12: Die Flexion von attributiven D-Elementen auf -ein im Deutschen Nominativ Akkusativ Dativ Genitiv (26) (a) (b) Maskulin Singular Neutrum Feminin mein-0 mein-en mein-em mein-es mein-0 mein-0 mein-em mein-es mein-e mein-e mein-er mein-er Plural mein-e mein-e mein-en mein-er Wessen Huhn ist das? Das ist mein(e)s. Das ist mein (neues) Huhn. Angesichts ihres unterschiedlichen Flexionsverhaltens muß man bei Analysen zur deutschen Determiniererflexion somit zum einen zwischen Elementen auf -ein und Elementen mit anderen Endungen unterscheiden; zum anderen muß man attributive und pronominale Elemente getrennt behandeln. Damit ergeben sich die folgenden vier Typen von D-Elementen: 50 Im Gegensatz zu den Possessivpronomina mein-, dein- und sein- enden die Posses sivpronomina unser-, euer- und ihr- nicht auf -ein. Sie flektieren aber auf dieselbe Weise. Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz (27) (a) 274 [-EIN,-PRO(nominal)] Attributive D-Elemente, deren Stamm nicht auf -ein endet, z.B. das alte (Huhn), welches Huhn [-EIN,+PRO] Pronominale D-Elemente, deren Stamm nicht auf -ein endet, z.B. der, welches [+EIN,-PRO] Attributive D-Elemente, deren Stamm auf -ein endet, z.B. ein altes (Huhn), mein Huhn [+EIN,+PRO] Pronominale D-Elemente, deren Stamm auf -ein endet, z.B. einer, meine (b) (c) (d) Für den Erwerb von flektierten D-Elementen lassen sich aus den diskutierten Ansätzen der Spracherwerbsforschung und den in Kapitel II.4 entwickelten Arbeitshypothesen eine Reihe von Vorhersagen ableiten. Diese betreffen (i) das Entwicklungsproblem und (ii) das Ordnungsproblem und das Bootstrappingproblem. ad (i) Vorhersagen zum Entwicklungsproblem Da flektierte D-Elemente funktionale, relationale und formale Merkmale overt realisieren, spricht es auf den ersten Blick für die Strukturaufbauhypothese, wenn Kinder bei solchen Elementen die entsprechenden Markierungen auslassen oder nicht zielsprachlich gebrauchen (vgl. u.a. Radford 1990, Clahsen/Eisenbeiß/Vainikka 1994, Eisenbeiß 1994a, Müller 1994, 2000). Abweichungen von der zielsprachlichen Morphologie sind aber auch zu erwarten, wenn Kinder in der frühen Zwei-Wort-Phase zwar bereits sämtliche syntaktischen Eigenschaften funktionaler Projektionen erworben haben, die morpho-phonologische Entwicklung aber noch nicht abgeschlossen ist (vgl. u.a. Penner/Weissenborn 1996, Bottari/Cipriani/Chilosi 1993, Lleo 2001). Aus einem niedrigen Anteil zielsprachlicher Formen kann man allerdings noch nicht direkt auf das Fehlen der entsprechenden morphologischen Repräsentationen und Spezifikationen schließen: Erstens muß man sicherstellen, daß das betreffende Kind nicht bloß Probleme mit einzelnen Formen hat - z.B. weil diese Formen sehr selten sind oder eine große Ähnlichkeit zu Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 275 anderen Formen aufweisen. 51 Zweitens könnten niedrige Korrektheitsraten durch phonetische Reduktionsprozesse zustande kommen, die zu Formen wie de oder e führen. So hat z.B. Schütze (1996) gezeigt, daß Andreas zwar Formen wie de anstelle von Formen wie der oder den benutzt, die Formen den und einen aber stets zielsprachlich einsetzt. Dies deutet darauf hin, daß Andreas bereits über die zielsprachlichen Kasusdistinktionen verfügt, auch wenn er sie nicht immer morphologisch realisiert. Aus dem zielsprachlichen Gebrauch von flektierten D-Elementen kann man aber ebensowenig auf das Vorliegen zielsprachlicher Repräsentationen schließen, wie man aus Flexionsfehlern folgern kann, daß die entsprechenden Repräsentationen noch nicht erworben sind. Bei zielsprachlich flektierten D-Elementen könnte es sich auch um frequente Formen handeln, die Kinder unanalysiert verwenden, um Anforderungen an die prosodische Struktur von Nominalphrasen zu erfüllen. Wenn Kinder Flexionsformen zielsprachlich einsetzen, könnte dies aber auch daran liegen, daß sie - wie es die Befunde aus Kapitel III.2 nahelegen - unanalysierte Prädikat-Determinierer-Verbindungen oder unanalysierte Determinierer-Nomen-Verbindungen benutzen. So wäre z.B. die Artikelform ein in den Formeln da's-ein+N oder wo's-ein+N sowohl bei Maskulina als auch bei Neutra zielsprachlich (da's-ein+Hahn/Küken). Ein Kind, das viele solcher Formeln verwendet, hätte damit auch ohne zielsprachliche Repräsentationen eine relativ gute Chance, viele korrekte Formen zu produzieren. Es wären aber auch Fehler möglich, da die Form des "Artikels" in da's-ein+N oder wo's-ein+N nicht mit allen Nomina vereinbar ist (vgl. z.B. wo/da's-ein+Henne). Ebenso könnte ein Kind, das über unanalysierte Verbindungen wie das-huhn oder dieEier verfügt, diese Verbindungen in Nom.Sg.- und Akk.Sg.-Kontexten fehlerfrei gebrauchen und so hohe Korrektheitsraten erzielen. Abweichungen von der Zielsprache sollten in diesem Fall nämlich nur dann zu beobachten sein, wenn das entsprechende Nomen in Kontexten vorkommt, in denen eine andere D-Elementform erforderlich ist (z.B. *mit das-huhn/die-eier). Sowohl unanalysierte Prädikat-Determinierer-Verbindungen als auch unanalysierte Determinierer-Nomen-Verbindungen sollten irgendwann reanalysiert werden. Dies könnte zu einem 51 Eine Form, bei der solche Probleme zu erwarten sind, ist z.B. die Form dem, die nur in Dat.Mask./Neut.Sg.-Kontexten vorkommt und der Akk.Mask.Sg.-Endung den sowie der Dat.Pl.Endung den ähnelt (vgl. u.a. Mills 1985, Eisenbeiß 1991). Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 276 U-förmigen Entwicklungsverlauf bei der Korrektheitsrate für flektierte D-Elemente führen. Es wäre allerdings auch möglich, daß das betreffende Kind eine gewisse Zeit lang fast gar keine D-Elemente mehr produziert - wie dies z.B. Hannah tut (vgl. Abb.III-5 in Kapitel III.2.3.1). Dann sollte sich kein vorübergehender Anstieg bei der Fehlerrate zeigen, sondern ein entsprechender Anstieg bei der Auslassungsrate für D-Elemente. U-Kurven sollten hingegen nicht auftreten, wenn Kinder bereits zu Beginn der grammatischen Entwicklung über zielsprachliche morphologische Repräsentationen verfügen und sämtliche Abweichungen von der Zielsprache rein prosodisch bedingt sind (Gerken 1996, Crisma/ Tomasutti 2000). In diesem Fall wären anfängliche Auslassungen von unbetonten Flexiven oder phonetische Reduktionen von Flexionsformen zu erwarten (z.B. *ich sehe ein/dies/de Hahn); alle overten Flexive sollten aber von Anfang an zielsprachlich sein und der Anteil dieser zielsprachlichen Formen sollte im Entwicklungsverlauf allmählich ansteigen. Vertritt man eine Variante der Hypothese der vollständigen Kompetenz, bei der Abweichungen von der Zielsprache pragmatisch bedingt sind, ist mit einem Nebeneinander von unterspezifizierten und vollspezifizierten Nominalphrasen zu rechnen (vgl. u.a. Hoekstra/Hyams 1995, 1996, 1998, Hoekstra/Hyams/Becker 1997, Hyams 1999, Abu-Akel/Bailey 2000). Dabei sollte die Unterspezifikation Hoekstra und Hyams (1995, 1996, 1998) zufolge primär die Dimension NUMERUS betreffen. Dementsprechend sollten diese Autoren Auslassungen, phonetische Reduktionen oder nicht-zielsprachliche Verwendungen von D-Elementformen vorhersagen, die Numerusinformationen enthalten. Numerusinformationen werden allerdings nicht immer durch ein reines Numerusmorphem realisiert. Sie können auch zusammen mit Kasus- und Genusinformationen durch ein einziges Portmanteau-Morphem realisiert werden, wie dies z.B. bei Formen wie den oder die der Fall ist. Dann könnte die Unterspezifikation in bezug auf NUMERUS auch zu Problemen bei der Realisierung der übrigen grammatischen Merkmale führen - d.h. zu Auslassungen oder Reduktionen von Flexionsformen, zum unsystematischen Gebrauch der verfügbaren Formen oder zur nicht-distinktiven Verwendung einer einzigen Form. Will man zwischen den angesprochenen Analysen entscheiden, genügt es somit nicht, Korrektheitsraten für die Flexion von D-Elementen zu berechnen. Man muß auch die Struktur des Entwicklungsverlaufs analysieren und feststellen, auf welche Erwerbsphase sich die Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 277 angegebenen Werte beziehen. Zugleich muß man ermitteln, über welche Flexionsformen das betreffende Kind verfügt und ob es sie jeweils zielsprachlich angemessen verwendet. Darüber hinaus muß man, wenn man die Strukturaufbauhypothese aufrechterhalten möchte, auch eine Erklärung für den Übergang zu zielsprachlichen Repräsentationen liefern. Geht man von der Reifungshypothese aus (vgl. z.B. Radford 1990), sollten nicht nur alle D-Elemente, sondern auch alle ihre grammatischen Merkmale unabhängig von der jeweiligen Zielsprache gleichzeitig erworben werden können, sobald D durch Reifungsprozesse verfügbar wird. Alternativ dazu könnte man einen Reifungsplan für die einzelnen Merkmale und eine entsprechende universelle Erwerbsreihenfolge postulieren. Wenn man einen graduellen DP-Aufbau durch lexikalisches Lernen annimmt (vgl. u.a. Clahsen/Eisenbeiß/Vainikka 1994, Müller 1994, 2000), steht man - ebenso wie bei der Erklärung des Determinierererwerbs - vor dem Problem, wie man dem Nebeneinander von zielsprachlichen und nicht-zielsprachlichen Formen in der Übergangsphase gerecht wird. Dieses Problem läßt sich meines Erachtens auch in diesem Fall vermeiden, wenn man die Idee des merkmalsbasierten Strukturaufbaus zugrunde legt: Aus dieser Idee läßt sich nämlich nicht nur die Hypothese ableiten, daß die Lexikoneinträge für die einzelnen lexikalischen D-Elemente und ihre Flexionsformen unabhängig voneinander erworben werden (vgl. Arbeitshypothese E-III). Man kann auch von einer unabhängigen Instantiierung der einzelnen Merkmalsspezifikationen ausgehen (vgl. Arbeitshypothese E-IV). Dadurch könnte es zum Aufbau von Lexikoneinträgen für "Proto-Determinierer" kommen, die nur einen Teil der zielsprachlichen Spezifikationen aufweisen.52 Beispielsweise könnte ein Kind beim Erwerb des Deutschen Numerusmerkmale vor Kasusmerkmalen instantiieren und in Lexikoneinträge für D-Elemente integrieren. Dann sollte man eine Phase beobachten können, in der die entsprechenden D-Elemente bereits für Numerus, aber noch nicht für Kasus spezifiziert sind. In dieser Phase sollten dementsprechend Kasusfehler auftreten (z.B. Ersetzungen von den durch der in Akk.Mask.Sg.-Kontexten); es sollten aber keine Numerusfehler (z.B. Ersetzungen von die durch der in Nom./Akk.Pl.-Kontexten) mehr zu beobachten sein. 52 Solche Proto-Determinierer, die im Laufe der sprachlichen Entwicklung schrittweise ausdifferenziert werden, werden auch in Ansätzen angenommen, die nicht auf minimalistischen Grammatikmodellen beruhen, sondern im Rahmen der Natürlichen Morphologie formuliert sind (vgl. u.a. Dressler/KilaniSchoch 2001 und die dort zitierte Literatur). Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 278 Somit folgt aus den Arbeitshypothesen E-III und E-IV die Vorhersage, daß das System der D-Elementformen sich schrittweise ausdifferenziert, wobei es zu Entwicklungsdissoziationen zwischen den einzelnen Formen und ihren Merkmalsspezifikationen kommen kann. ad (ii) Vorhersagen zum Ordnungsproblem und zum Bootstrappingproblem Für den Verlauf des Ausdifferenzierungsprozesses lassen sich aus den in Kapitel II.4 entwickelten Arbeitshypothesen eine Reihe von Vorhersagen ableiten. Erstens sollten Dativmarkierungen nicht vor der Etablierung der Nominativ/Akkusativ- bzw. Absolutiv/Ergativdistinktion erworben werden. Wenn Arbeitshypothese O-III zutrifft, sind zum Dativerwerb nämlich Inputdaten mit dreiwertigen Verben und ihren Argumenten erforderlich. Diese liefern zugleich Evidenz für die Nominativ/Akkusativ- bzw. Absolutiv/Ergativdistinktion. Zum Erwerb dieser Distinktionen genügen Inputdaten mit transitiven und intransitiven Verben und ihren Argumenten, die nicht zum Dativerwerb beitragen können. Somit sollten die Inputdaten für den Dativerwerb schwerer zugänglich sein als die Inputdaten für den Nominativ- und Akkusativerwerb. Dementsprechend sollten Dativmarkierungen nicht vor der Etablierung der Nominativ/ Akkusativ- bzw. Absolutiv/Ergativdistinktion erworben werden. Zweitens sollten Kinder Arbeitshypothese O-I zufolge Genusdistinktionen erst dann vornehmen, wenn sie beim Aufbau von D-Elementparadigmen auf zwei Formen stoßen, die um eine Zelle konkurrieren. Dies bedeutet u.a., daß Kinder die Formen der, die und das in Nom.Sg.-Kontexten nicht distinktiv verwenden sollten, bevor sie beginnen, diese Formen mit anderen Formen zu kontrastieren (z.B. mit der Pluralform die). Außerdem lassen sich aus den in Kapitel II.1.2 diskutierten Annahmen zur lexikalischen Repräsentation Vorhersagen dafür ableiten, wann Genusspezifikationen für die konkurrierenden D-Elementformen in einer Paradigmenzelle unabhängig von Merkmalsspezifikationen anderer D-Elementformen erfolgen können: In Kapitel II.1.2 wurde für den Verzicht auf die Annahme von Nullaffixen sowie für eine Beschränkung auf positive Spezifikationen in Lexikoneinträgen argumentiert. Wenn man diese Annahmen zugrunde legt, können nur overte morphologische Elemente spezifiziert werden, und diese Elemente müssen stets einen positiven Wert erhalten. Daher kann beispielsweise bei einem Kontrast zwischen einer morphologisch markierten D-Elementform wie meine und einer Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 279 morphologisch unmarkierten D-Elementform wie mein nur die morphologisch markierte Form meine eine positive Spezifikation erhalten (vgl. Arbeitshypothese B-III). Dementsprechend sollte der Kontrast zwischen den Formen mein und meine erworben werden können, sobald Kinder die Nom.Sg.-Zelle mit diesen beiden Formen aufgebaut haben - z.B. durch den Kontrast mit der Pluralform meine. Außerdem sollte eine D-Elementform unabhängig von Merkmalsspezifikationen anderer DElementformen positiv spezifiziert werden können, wenn ihr Auftreten auf eine Klasse von Nomina beschränkt ist, deren Elemente durch eine bestimmte phonologische, morphologische oder semantische Eigenschaft charakterisiert sind, während die übrigen D-Elementformen keine solchen Beschränkungen erkennen lassen (Arbeitshypothese B-IV). So könnten Kinder z.B. D-Elementformen, die nur bei Nomina mit einem bestimmten Auslaut vorkommen (z.B. mit einem Schwa), eine positive Spezifikation zuweisen, wenn die konkurrierende D-Elementform mit Nomina kombiniert wird, die unterschiedliche Auslaute aufweisen. Wenn keine dieser beiden Möglichkeiten gegeben ist, kann eine D-Elementform dennoch eine positive Spezifikation erhalten. Dazu müssen den Überlegungen in Kapitel II zufolge dann aber Informationen über andere D-Elementformen berücksichtigt werden. Beispielsweise konkurrieren in der Nom.Sg.-Zelle des Paradigmas für Demonstrativa die drei Formen dieser, diese und dieses miteinander. Alle drei Formen sind flektiert, so daß man keine positiven Spezifikationen auf der Basis von Kontrasten zwischen markierten und unmarkierten Formen zuweisen kann. Außerdem lassen sich zumindest für Maskulina und Neutra keine eindeutigen phonologischen oder semantischen Kriterien angeben, die Nomina dieser beiden Klassen voneinander abgrenzen würden. 53 Maskulina zeigen aber im Gegensatz zu Neutra und Feminina einen Nominativ/Akkusativkontrast (dieser/diesen vs. dieses/dieses vs. diese/diese; vgl. Tab.III-11). Wenn man diese Kasusdistinktion erfassen will, muß man eine entsprechende Spezifikation in den Lexikoneintrag für -en integrieren ([+hr] im gewählten Merkmalssystem; vgl. Kapitel II.3.5). Durch 53 Feminina lassen sich hingegen auf der Basis phonologischer Kriterien relativ gut von Maskulina und Neutra abgrenzen. Insbesondere handelt es sich bei Nomina, die auf Schwa enden, im Deutschen im allgemeinen um Feminina (vgl. u.a. Mills 1986 und die dort zitierte Literatur). Außerdem läßt sich das Merkmal [±FEM] z.B. bei Possessiva oder unbestimmten Artikeln etablieren, da dort ein Kontrast zwischen morphologisch markierten Formen wie (m)ein-e und unmarkierten Formen wie (m)ein vorliegt (s.o.). Für das Merkmal [±MASK] besteht diese Möglichkeit nicht. Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 280 diese Spezifikation erhält die Form diesen in Akkusativkontexten den Vorrang vor der unterspezifizierten Form dieser. Damit -en nicht auf Akk.Neut.Sg.- und Akk.Fem.Sg.-Kontexte übergeneralisiert wird, muß man den Anwendungsbereich dieses Affixes durch eine entsprechende Inputspezifikation auf Maskulina beschränken. Dabei muß es sich dem Konzept der radikalen Unterspezifikation gemäß um eine positive Spezifikation handeln. Somit erzwingt erst der auf Maskulina beschränkte Kasuskontrast die Instantiierung einer [+MASK]-Spezifikation, die als Inputspezifikation für die Endung -en fungieren kann. Dies bedeutet, daß es zur Instantiierung des betreffenden Merkmals nicht ausreicht, die Formen in der relevanten D-Elementzelle zu berücksichtigen. Vielmehr müssen auch die benachbarten Zellen mit der entsprechenden Kasus- oder Numerusspezifikation aufgebaut werden (Arbeitshypothese B-V). Insbesondere kann das Merkmal [+MASK] in diesem Fall nicht unabhängig von der Nominativ/Akkusativdistinktion instantiiert werden. Daher sollten Kinder erst dann Maskulin- und Neutrumformen zielsprachlich spezifizieren und kontrastieren können, wenn sie auch Kasusmarkierungen distinktiv verwenden. Insgesamt ergeben sich aus den diskutierten Ansätzen zur Lösung des Entwicklungsproblems somit eine Reihe von Untersuchungsfragen, mit denen geklärt werden soll, ob Kinder in der frühen Zwei-Wort-Phase bereits über zielsprachliche Repräsentationen für flektierte D-Elemente verfügen: - Gibt es zu Beginn der syntaktischen Entwicklung eine Phase, in der keine flektierten D-Elemente vorliegen? - Verändert sich der jeweilige Anteil von zielsprachlich flektierten, nicht-zielsprachlich flektierten und phonetisch reduzierten D-Elementen im Entwicklungsverlauf? Ist dabei ein U-förmiger Entwicklungsverlauf zu beobachten? - Lassen sich Veränderungen in bezug auf Inventar und Verwendung von D-Elementformen beobachten? Welche D-Elementformen werden im Verlauf der Entwicklung verwendet? Werden diese Formen kontrastiv eingesetzt? - Welche Abweichungen von der Zielsprache kommen vor? Sind diese Abweichungen auf bestimmte Formen oder Merkmale beschränkt? - Treten beim Erwerb der einzelnen Formen von flektierten D-Elementen Entwicklungsdissoziationen auf? Ist dabei eine universelle Erwerbsreihenfolge zu beobachten? Außerdem ermöglichen die in Kapitel II.4 diskutierten Arbeitshypothesen zum Ordnungsproblem und zum Bootstrappingproblem Vorhersagen dazu, wie und in welcher Reihenfolge die einzelnen morphologischen Distinktionen an D-Elementen erworben werden sollten. Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 281 Insbesondere ergeben sich aus den Annahmen zur relativen Zugänglichkeit von Inputdaten für den Kasuserwerb sowie zur Instantiierung von Genusmerkmalen beim Paradigmenerwerb eine Reihe von Untersuchungsfragen: - Werden Dativmarkierungen erst nach der Etablierung der Nominativ/Akkusativ- bzw. Absolutiv/Ergativdistinktion erworben? - Sind Genusdistinktionen bei D-Elementformen erst dann zu beobachten, wenn Kinder beginnen, auf der Basis anderer Distinktionen - z.B. Numerusdistinktionen - die entsprechenden Paradigmenzellen aufzubauen? - Welche Entwicklungszusammenhänge sind zwischen dem Erwerb von Genusdistinktionen und dem Erwerb anderer Distinktionen zu beobachten? Insbesondere: Sind Genusdistinktionen erst dann zu beobachten, wenn Kinder die betreffenden Formen mit Formen aus benachbarten Paradigmenzellen kontrastieren? Unter welchen Bedingungen erfolgt der Erwerb von Genusdistinktionen innerhalb einer bereits etablierten Paradigmenzelle unabhängig vom Erwerb von Distinktionen in benachbarten Paradigmenzellen? 3.1.2 Vorliegende Befunde Im folgenden werde ich mich zunächst mit den Untersuchungsfragen zum Entwicklungsproblem befassen, die Aufschluß über die Verfügbarkeit von zielsprachlichen Merkmalsspezifikationen in der frühen Zwei-Wort-Phase geben sollen. Den Ausgangspunkt hierfür bildet die Frage nach einer frühen Phase, in der D-Elemente überwiegend phonetisch reduziert oder unflektiert sind. Wie bereits in Kapitel III.2.2 kurz angesprochen, wurde in zahlreichen Studien eine solche Phase dokumentiert: So berichten z.B. Penner und Weissenborn (1996) in ihrer Studie zum Erwerb der deutschen DP, daß 86% der 98 bestimmten Artikel, die Simone zwischen 1;10,20 und 2;0,1 gebrauchte, phonetisch reduziert waren. Zwischen 2;0,3 und 2;2,2 waren hingegen 78% der 255 vorkommenden bestimmten Artikel flektiert. Auch das berndeutsche Kind Juval verwendete Penner und Weissenborn zufolge den bestimmten Artikel anfangs (1;7) ausschließlich in der phonetisch reduzierten Form d-. Erst im Alter von 1;9,10 produzierte Juval erstmals die klitisierte Form -m in obliquen Kasuskontexten. Eine systematische Distribution der beiden Formen war Penner und Weissenborn zufolge zu diesem Zeitpunkt aber noch nicht zu erkennen. Weitere Evidenz für eine Phase mit überwiegend phonetisch reduzierten oder unflektierten D-Elementen liefern Studien zum Erwerb des Deutschen, Französischen, Italienischen und Griechischen (vgl. u.a. Clahsen 1984, Veneziano/Sinclair 2000, Bottari/Cipriani/Chilosi 1993, Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 282 Stephany 1997), die Untersuchung von Müller (1990, 1994, 2000) zum parallelen Erwerb des Deutschen und Französischen sowie Mills (1985) Überblick über die ersten deutschen Tagebuchstudien. Quantitative Angaben zur Verwendung von D-Element- und Adjektivformen finden sich beispielsweise in der Untersuchung zur deutschen Kindersprache, die Clahsen, Eisenbeiß und Vainikka (1994) anhand des Simone-Korpus durchgeführt haben: Zwischen 1;10,20 und 2;0,23 liegt bei Simone in 80% aller Nominalphrasen mit Adjektiven nicht die zielsprachliche Flexion vor. Dies haben Clahsen, Eisenbeiß und Vainikka als Evidenz dafür gewertet, daß Simone zu diesem Zeitpunkt noch nicht über die Genus-, Numerus- und Kasusspezifikationen des Deutschen verfügt. Für das anfängliche Fehlen zielsprachlicher Repräsentationen sprechen auch Abweichungen von der Zielsprache, die in Studien zum Deutschen dokumentiert wurden. Insbesondere lieferte Bittner (1997) eine Reihe von Belegen für die attributive Verwendung der Formen einer, meiner und meins, die in der Zielsprache nur pronominal gebraucht werden können. Vergleichbare Beispiele finden sich auch bei Andreas und in den frühen Aufnahmen von Leonie und Mathias: (28) (a) (b) (c) (d) (e) (f) (g) (h) (i) (j) (k) (l) (m) (n) (o) einer kuh einer hund einer baby einer auge einer buch meiner ente meiner aua meiner daumen meins auto meiner hu [\] hubschrauber hat tiere drin meiner buch meiner lappen keiner hube (= Hupe) auch eines eis meines auto (Sabrina 1;11) (Sabrina 1;11) (Sabrina 2;1) (Sabrina 2;1) (Sabrina 2;1) (Sabrina 2;1) (Sabrina 2;1) (Sabrina 2;1) (Verena 2;4) (Andreas) (Mathias 17) (Mathias 17) (Mathias 17) (Leonie 3) (Leonie 6) Solche Beispiele lassen sich nicht als Reduktionen von Flexionsformen, Affixauslassungen oder Übergeneralisierungen von Zitationsformen analysieren. Außerdem kann man sie nicht auf das Fehlen von lexemspezifischen Informationen über das Genus einzelner Nomina oder die Kasuseigenschaften einzelner Verben zurückführen. Daher legen Strukturen wie (28) die Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 283 Annahme nahe, daß zumindest ein Teil der verwendeten Formen in der frühen Zwei-WortPhase noch keine zielsprachlichen Merkmalsspezifikationen haben. Außerdem wurde in Studien zum Erwerb des Deutschen und Französischen nachgewiesen, daß die auftretenden flektierten D-Elementformen nicht von Anfang an auch kontrastiv gebraucht werden: So gaben Clahsen, Eisenbeiß und Vainikka (1994) an, daß Simone zu Beginn des Untersuchungszeitraums ausschließlich Nominativformen von D-Elementen benutzte - und zwar selbst dann, wenn Akkusativformen oder Dativformen erforderlich gewesen wären. Akkusativformen von bestimmten Artikeln fanden sich erst ab 2;0, und ihr Auftreten war anfangs nicht auf Akkusativkontexte beschränkt, wie (29) verdeutlicht (Clahsen/ Eisenbeiß/Vainikka 1994:115): (29) Kontext: welche Uhr ist schöner? Maxe hat zwei Uhren den uhr (Simone 2;0) Dies stimmt zum einen mit den Befunden von Clahsen (1984) und Tracy (1986) überein, die in ihren Daten zum Erwerb des Deutschen ebenfalls eine frühe Phase ohne Nominativ/Akkusativkontrast beobachtet haben; zum anderen entspricht es den Befunden von Müller (1994, 2000) und Köhn (1994), die in drei Korpora zum bilingualen Erwerb des Deutschen und Französischen zu Beginn des Untersuchungszeitraums (1;5 bzw. 1;6) ausschließlich die Artikelformen ein bzw. un fanden - und zwar unabhängig vom Genus- und Kasuskontext. Weitere Unterstützung für die Annahme, daß frühe D-Elemente nicht auf Repräsentationen mit zielsprachlichen Merkmalsspezifikationen beruhen, liefert die Beobachtung von Pizzuto und Caselli (1992), Clark (1985), López-Ornat (1988) sowie Restrepo und Gutierrez-Clellen (2001), daß die Entwicklung der Korrektheitsraten für flektierte D-Elemente bei italienischen bzw. spanischen Kindern einen U-förmigen Verlauf zeigt. Vertreter der Hypothese der vollständigen Kompetenz versuchen angesichts solcher Befunde nachzuweisen, daß Kinder bereits in der frühen Zwei-Wort-Phase über die zielsprachlichen morphologischen Distinktionen verfügen, auch wenn sie gelegentlich auf reduzierte Formen oder auf die unmarkierte Nominativform von D-Elementen zurückgreifen. So berichtet z.B. Schütze (1996), daß Andreas zwar 18% der Belege für die Nom.Mask.Sg.-Form der auf Akkusativkontexte übergeneralisiert, die Formen den und einen aber stets zielsprachlich einsetzt. Dies deutet für Schütze darauf hin, daß Andreas zwischen den verschiedenen Kasus Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 284 seiner Zielsprache unterscheidet und die entsprechenden D-Elementformen erworben hat, auch wenn er noch gelegentlich von der unmarkierten Nominativform Gebrauch macht, wenn eine markiertere Form angemessen gewesen wäre.54 Diese Befunde liefern meines Erachtens aber für sich genommen noch keine überzeugende Evidenz für die Hypothese der vollständigen Kompetenz. Den bisherigen Analysen des Andreas-Korpus zufolge stammen die Daten von Andreas nämlich überhaupt nicht aus der frühesten Phase der Grammatikentwicklung, auf die sich die Hypothese der vollständigen Kompetenz bezieht: Andreas hat in der betreffenden Aufnahme bereits einen MLU-Wert von 2,44, der deutlich über den Werten liegt, die für die frühe Zwei-Wort-Phase charakteristisch sind (MLU < 1,75).55 Außerdem verwendet er bereits in 87% aller adjektivlosen Nominalphrasen das geforderte D-Element und zeigt dabei keine syntaktischen oder lexikalischen Beschränkungen für die Kombination von Determinierern, Nomina und Adjektiven (vgl. Kapitel III.2.3). Im Gegensatz zu älteren Kindern wie Svenja oder Carsten produziert Andreas aber noch mehr unbestimmte als bestimmte Artikel (43% vs. 21%; vgl. Tab.E-1 im Anhang). Damit verhält sich Andreas in bezug auf die Distribution von D-Elementen ebenso wie Annelie, Hannah, Leonie und Mathias in den Aufnahmen kurz nach dem vorübergehenden Einschnitt bei der Rate overter D-Elemente.56 Daraus kann man den Schluß ziehen, daß Andreas gerade dabei ist, Lexikoneinträge für DElemente aufzubauen, diesen Prozeß aber noch nicht abgeschlossen hat. Dann sollte man erwarten, daß Andreas auch im Bereich der D-Elementflexion bereits erste morphologische Distinktionen zeigt, daß seine D-Elementflexion aber noch nicht völlig zielsprachlich ist. Diese Erwartung wird meiner Auffassung nach durch die vorliegenden Befunde und eine Analyse der entsprechenden Rohdaten bestätigt: In Nom./Akk.Fem.Sg.- und Nom./Akk.Pl.-Kontexten benutzt Andreas keine nicht-zielsprachlichen Formen mit den Endungen -s, -r, -n oder -m, 54 55 56 Für die folgende Diskussion zur Kontinuitätsfrage ist nur entscheidend, ob es bereits zu Beginn der grammatischen Entwicklung Evidenz für Kasusdistinktionen gibt - und nicht, unter welchen Bedingungen Nominativformen Schütze zufolge übergeneralisiert werden können. Vgl. Schütze (1997) für eine ausführlichere Diskussion dieser Frage. Vgl. Brown (1973) sowie Clahsen, Penke und Parodi (1993) zur Anwendung von Browns Phaseneinteilung auf das Deutsche sowie zu den Kriterien der MLU-Berechnung. Außerdem produziert Andreas in 50% aller Possessivkonstruktionen die erforderliche -s-Markierung (vgl. Kapitel III.4.4 sowie Tab.J-1 im Anhang). Auch dies deutet darauf hin, daß Andreas zwar erste Nominalphrasen mit funktionalen Projektionen produziert, daß seine Nominalphrasen aber noch nicht in der überwiegenden Mehrzahl aller Fälle zielsprachliche Repräsentationen aufweisen. Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 285 sondern überwiegend zielsprachliche Formen sowie einige phonetisch reduzierte Formen und Formen mit ausgelassener Endung (vgl. Tab.F-1 bis Tab.F-4 im Anhang). Zugleich treten nur 14 (= 11%) der 116 Formen auf -e in Mask.Sg.- oder Neut.Sg.-Kontexten auf. Dies spricht dafür, daß Andreas die Merkmale [±PL] und [±FEM] bereits instantiiert und in Lexikoneinträge integriert hat. Außerdem produziert Andreas sowohl in Nominativ- als auch in Akkusativkontexten bereits erste zielsprachliche Mask.Sg.- und Neut.Sg.-Formen. Wie man in Tab.F-1 bis Tab.F-4 im Anhang sehen kann, ist die Markierung in diesen Kontexten jedoch noch weitaus weniger konsistent als bei Feminina und Pluralen: Hier finden sich nicht nur Formen mit ausgelassener oder phonetisch reduzierter Flexion, sondern auch sieben Nominativformen auf -r in Akk.Mask.Sg.-Kontexten (30a), vier Neutrumformen auf -s in Mask.Sg.-Kontexten (30b) und eine Maskulinform auf -r in einem Nom.Neut.Sg.-Kontext (30c). (30) (a) (b) (c) ich möchte der Cäsar ich habe das kreisel mama das e der auto deht (= geht) haputt mama (Andreas) (Andreas) (Andreas) Darüber hinaus ließ Andreas bei 30 der 46 Akk.Mask.Sg.-Formen von [+EIN,-PRO]Elementen die erforderliche -n-Markierung aus und verwendete 10 phonetisch reduzierte Formen. Insgesamt betrachtet zeigt Andreas somit zwar erste Nominativ/Akkusativ- und Neutrum/Maskulinkontraste, aber noch keine völlig systematische Distribution von D-Elementformen in den betreffenden Kontexten. Dies legt die Interpretation nahe, daß Andreas gerade erst dabei ist, Lexikoneinträge mit den beiden Merkmalen [±MASK] und [±hr] aufzubauen. Dativformen von D-Elementen finden sich im Andreas-Korpus, wie man den Analysen von Eisenbeiß (1994a) sowie Tab.F-1 bis Tab.F-4 im Anhang entnehmen kann, überhaupt nicht, obwohl entsprechende Kontexte vorliegen. D.h., Andreas scheint noch keine Lexikoneinträge für D-Elemente geschaffen zu haben, die für das Merkmal [+lr] spezifiziert sind. Zusammengenommen lassen sich diese Ergebnisse meiner Auffassung nach am einfachsten durch die Annahme erklären, daß Andreas sich in einem Übergangsstadium von einer präfunktionalen Phase zu zielsprachlichen Repräsentationen befindet, in dem er bereits über einige Distinktionen verfügt ([±FEM], [±PL]), andere gerade etabliert ([±MASK], [±hr]) und wieder andere noch nicht in Lexikoneinträge für D-Elemente aufgenommen hat ([±lr]). Somit unterstützen die Befunde zum Andreas-Korpus nicht die Hypothese der vollständigen Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 286 Kompetenz. Sie sprechen vielmehr für eine Variante der Strukturaufbauhypothese, der zufolge das System der D-Elementflexion in der frühen Zwei-Wort-Phase erst schrittweise aufgebaut wird, wobei Kinder zeitweise "Proto-Determinierer" verwenden können, die nur eine Teilmenge der zielsprachlichen Merkmalsspezifikationen aufweisen. Die Befunde zur D-Elementflexion im Andreas-Korpus erlauben nicht nur Aussagen zum Entwicklungsproblem. Sie ermöglichen es auch, die Vorhersagen zum Erwerb der D-Elementflexion zu überprüfen, die in Kapitel III.3.1.1 aus den Arbeitshypothesen zum Ordnungsproblem und zum Bootstrappingproblem (vgl. Kapitel II.4) abgeleitet wurden: Daß sich bei den D-Elementen von Andreas bereits erste Hinweise auf die Nominativ/Akkusativdistinktion finden, während Dativformen noch völlig fehlen, ist zu erwarten, wenn die Inputdaten für den Dativerwerb schwerer zugänglich sind als die Inputdaten für den Nominativ- und Akkusativerwerb (vgl. Arbeitshypothese O-III). Weitere Unterstützung für diese Annahme liefert die Tatsache, daß auch Clahsen (1984), Tracy (1986), Eisenbeiß (1991, 1994a), Clahsen, Eisenbeiß und Vainikka (1994) und andere in Studien zur deutschen Kindersprache beobachtet haben, daß der Erwerb von dativisch markierten D-Elementen nicht vor der Etablierung der Nominativ/Akkusativdistinktion erfolgt, sondern gleichzeitig oder später. Der Befund, daß Andreas sowohl über die [±FEM]-Distinktion als auch über die [±PL]Distinktion verfügt, aber erst noch Lexikoneinträge mit den Merkmalen [±hr] und [±MASK] aufzubauen scheint, ist mit den Untersuchungen von Müller (2000) zum bilingualen Erwerb des Deutschen und Französischen kompatibel. Diese berichtet nämlich, daß sich die [±FEM]Distinktion zum selben Zeitpunkt wie die [±PL]-Distinktion beobachten läßt. Die Neutrum/ Maskulinkontraste, die für das Deutsche erworben werden müssen, zeigten sich Müller zufolge hingegen erst nach einer Phase mit Maskulinübergeneralisierungen. Zusammengenommen unterstützen diese Befunde die Arbeitshypothesen zum Genuserwerb: Der Kontrast zwischen morphologisch markierten [+FEM]-Formen wie meine und morphologisch unmarkierten [-FEM]-Formen wie mein sollte es einem Kind beim Erwerb des Deutschen nämlich ermöglichen, das Merkmal [±FEM] zu etablieren, sobald es auf der Basis des [±PL]-Kontrastes eine Sg.-Zelle geschaffen hat, um die Formen wie mein und meine konkurrieren. Außerdem scheinen Kinder Müller (2000) zufolge beim Erwerb des Deutschen bereits sehr früh sensitiv für die Generalisierung zu sein, daß Nomina, die auf Schwa enden, meistens mit Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 287 der Femininform des bestimmten Artikels kombiniert werden (vgl. auch MacWhinney 1978, Karmiloff-Smith 1979, Mills 1985, 1986). Diese Generalisierung könnte - neben dem Kontrast zwischen Formen wie (m)ein und (m)eine - einen Beitrag zur Etablierung des Merkmals [±FEM] dienen. Da Genuszuweisung im Deutschen nicht allein durch phonologische Charakteristika von Nomina bestimmt ist, würde diese Strategie zur Etablierung von Genusdistinktionen im Deutschen nicht zum Aufbau zielsprachlicher Repräsentationen ausreichen, sondern könnte höchstens beim Einstieg in das Genussystem eine unterstützende Funktion haben (vgl. die Diskussion zum Erwerb von hebräischen Pluralmarkierungen in Kapitel III.3.2.2). Das Merkmal [±MASK] kann hingegen - wie in Kapitel III.3.1.1 erläutert - beim Erwerb des Deutschen nicht auf der Basis von Kontrasten zwischen morphologisch markierten und unmarkierten Formen oder auf der Basis von phonologischen bzw. semantischen Kriterien instantiiert werden. Die Instantiierung dieses Merkmals sollte erst beim Erwerb des Merkmals [±hr] möglich sein. Dann sollten Kinder nämlich erkennen können, daß nur bei Maskulina eine Nominativ/Akkusativdistinktion vorliegt. Dementsprechend benötigt die Akkusativmarkierung -n nicht nur eine [+hr]-Spezifikation, sondern auch eine entsprechende Inputspezifikation, die -n auf die Kombination mit Maskulina beschränkt. Daß Kinder - so wie Andreas - die Neutrum/Maskulindistinktion des Deutschen erst dann berücksichtigen, wenn sie die Nominativ/Akkusativdistinktion erwerben, ist daher zu erwarten. Somit lassen sich die Befunde zur D-Elementflexion im Andreas-Korpus und in den diskutierten Studien zum Erwerb des Deutschen und Französischen ohne Zusatzannahmen erfassen, wenn man die Idee des merkmalsbasierten Strukturaufbaus und die in Kapitel II.4 entwickelten Arbeitshypothesen zum Entwicklungsproblem, zum Ordnungsproblem und zum Bootstrappingproblem zugrunde legt. Weitere Unterstützung für diese Hypothesen liefern die vorliegenden Untersuchungen zum Erwerb des Griechischen. Auch diese Studien sprechen nämlich für eine schrittweise Ausdifferenzierung des Systems der D-Elementflexion, bei der Genusdistinktionen einzeln und im Zusammenhang mit dem Erwerb anderer Distinktionen etabliert werden: Stephany (1997) berichtet, daß die D-Elemente in den von ihr untersuchten Korpora anfangs mit dem Nomenstamm in einer assimilierten Form amalgamiert oder phonetisch auf einen Vokal reduziert wurden, der keine Kasus-, Genus- und Numerusdistinktionen ausdrückt. Zwischen 1;10 und 2;10 wurden für bestimmte Artikel die Genusdistinktionen in Nom.Sg.- und Akk.Sg.-Kontexten und die Numerusdistinktion in Neut.Nom./Akk.- Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 288 Kontexten erworben. D.h., die untersuchten Kinder etablierten erst dann Genusdistinktionen, als sie auf der Basis von Numerusdistinktionen entsprechende Paradigmenzellen aufbauten. Die Aufspaltung der nicht-nominativischen Fem./Mask.Sg.-Formen in Akkusativformen und Genitivformen sowie die Aufspaltung der Femininformen in Singular- und Pluralformen erfolgte hingegen erst zwischen 2;4 und 2;10. Beim Erwerb des unbestimmten Artikels reduzierten die untersuchten Kinder das zielsprachliche dreigliedrige Genussystem anfangs auf ein System mit zwei Genera (Mask./Neut. vs. Fem.). Dieses zweigliedrige System wurde erst im Verlauf des dritten Lebensjahres durch die Hinzufügung der Nom.Mask.Sg.-Form zu einem dreigliedrigen Genussystem ausgebaut. Die genauen Zusammenhänge zwischen dem Erwerb der einzelnen Genus- und Kasusdistinktionen lassen sich anhand der Angaben von Stephany allerdings nicht bestimmen - u.a. auch deshalb, weil Stephany keine genaueren Aussagen dazu macht, ob und wie viele obligatorische Kontexte jeweils für die einzelnen Markierungen vorliegen. Insgesamt betrachtet zeigten sich in den vorliegenden Studien somit eine Phase mit reduzierter, ausgelassener oder nicht-zielsprachlicher D-Elementflexion sowie U-förmige Entwicklungsverläufe bei den Korrektheitsraten. Dies unterstützt die Annahme, daß Kinder in der frühen Zwei-Wort-Phase noch nicht über zielsprachliche Repräsentationen für die D-Elementflexion verfügen. Außerdem liefern die beobachteten Entwicklungsdissoziationen zwischen der Instantiierung von Merkmalsspezifikationen Evidenz für die Idee des merkmalsbasierten Strukturaufbaus, der zufolge Lexikoneinträge unabhängig voneinander aufgebaut und für die einzelnen Merkmale spezifiziert werden können. Die bei der Ausdifferenzierung des D-Elementflexionssystems beobachteten Zusammenhänge zwischen dem Genuserwerb und der Etablierung von Numerus- und Kasusdistinktionen sprechen dafür, daß der Erwerb von Genusdistinktionen durch Formkontraste ausgelöst wird, auf die Kinder beim Erwerb von Paradigmen für die Trägerelemente von Genusmarkierungen stoßen (vgl. Arbeitshypothese O-I). Dabei scheinen Genusdistinktionen unabhängig vom Aufbau weiterer Paradigmenzellen etabliert werden zu können, wenn eine morphologisch markierte D-Elementform mit einer morphologisch unmarkierten D-Elementform konkurriert oder wenn sich eine phonologische Eigenschaft angeben läßt, mit der sich eine Klasse von Nomina von anderen Klassen abgrenzen läßt (vgl. Arbeitshypothese B-III bzw. B-IV). Wenn dies nicht der Fall ist, scheinen hingegen Informationen über benachbarte Zellen erforderlich zu Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 289 sein, um D-Elementformen für Genusmerkmale spezifizieren zu können (Arbeitshypothese B-V). Außerdem unterstützt der relativ späte Erwerb von Dativmarkierungen die Annahme, daß die Inputdaten für den Erwerb von Dativmarkierungen weniger leicht zugänglich sind als die Inputdaten für die Etablierung der Nominativ/Akkusativdistinktion (vgl. Arbeitshypothese O-II und O-III). 3.1.3 Auswertung der Korpora Im folgenden sollen zunächst die Vorhersagen zum Entwicklungsproblem durch eigene Korpusanalysen überprüft werden, und es soll untersucht werden, ob sich in der frühen ZweiWort-Phase Evidenz für die Verfügbarkeit von zielsprachlichen morphologischen Distinktionen an D-Elementen finden läßt. Den Ausgangspunkt für die entsprechenden Flexionsanalysen bilden die Längsschnittkorpora, bei denen der Übergang von der frühen Zwei-Wort-Phase zur Mehrwortphase zu beobachten ist - d.h. die Korpora von Annelie, Hannah, Leonie und Mathias. Für jedes dieser Kinder habe ich ermittelt, in welchen Kasus-, Numerus- und Genuskontexten die flektierbaren D-Elemente in den einzelnen Phasen auftreten und in welcher Flexionsform sie jeweils erscheinen. Dabei habe ich angesichts der in Kapitel III.3.1.1 diskutierten Unterschiede im Flexionsverhalten der einzelnen D-Elemente zwischen pronominal verwendeten D-Elementen [+PRO] und attributiv verwendeten D-Elementen [-PRO] unterschieden. Zudem habe ich D-Elemente auf -ein [+EIN] und andere D-Elemente [-EIN] getrennt analysiert. Somit ergaben sich die vier in (27) beschriebenen Typen von D-Elementen: [-EIN,+PRO], [-EIN,-PRO], [+EIN, +PRO], [+EIN,-PRO]. Da nicht für alle Aufnahmen der sieben untersuchten Kinder genügend Belege für eine getrennte Analyse der vier D-Elementtypen vorlagen, habe ich die Aufnahmen auf der Basis der quantitativen Analysen in Kapitel III.2.3 vier Phasen der D-Elemententwicklung zugeordnet (vgl. Tab.III-13). Die Zuordnung der einzelnen Aufnahmen zu diesen vier Phasen kann man Tab.III-14 entnehmen. Um einen ersten Überblick über die Entwicklung der Flexion von D-Elementen zu gewinnen, habe ich zunächst für die vier Kinder, bei denen Daten aus allen vier Phasen der DElemententwicklung vorlagen, für jede dieser Phasen jeweils zunächst den Anteil von ziel- Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 290 sprachlichen, nicht-zielsprachlichen und reduzierten Flexionsformen ermittelt. Die Rohdaten und die Angaben zur Berechnungsweise finden sich in Tab.F-5 bis Tab.F-20, Tab.F-25 bis Tab.F-72 im Anhang. Diesen Tabellen kann man entnehmen, daß aufgrund der relativ hohen Determiniererauslassungsraten v.a. in den Phasen I und II nicht für jedes Kind in jeder Phase genügend Formen für eine quantitative Analyse vorlagen. Beispielsweise produzierte Hannah in Phase I überhaupt keine [-EIN,+PRO]-Elemente und in den Phasen II und III nur jeweils drei bzw. eines dieser Elemente. Um einen ersten Eindruck von den Korrektheitsraten zu erhalten, habe ich daher für jede Phase die entsprechenden Daten der vier Kinder zusammengefaßt und in Abb.III-19 graphisch dargestellt. Phase I II III IV Kriterien vor dem vorübergehenden Einschnitt bei der Rate overter D-Elemente; Verwendung von unanalysierten Prädikat-Determinierer- und Determinierer-Nomen-Verbindungen während des vorübergehenden Einschnitts bei der Rate overter D-Elemente während des Wiederanstiegs der Rate des Anteils overter D-Elemente; Rückgang des Anteils von unanalysierten Prädikat-Determinierer- und Determinierer-Nomen-Verbindungen während der Stabilisierung der Rate overter D-Elemente auf (nahezu) zielsprachlichem Niveau Tab.III-14: Zuordnung der Aufnahmen zu Phasen der DP-Entwicklung Kind Aufn. gesamt Alter MLU Annelie n = 6 2;4-2;9 Hannah n = 8 2;0-2;8 Leonie n = 15 1;11-2;11 Mathias n = 18 2;3-3;6 Svenja n = 15 2;9-3;3 Carsten n = 1 3;6 Andreas n = 1 2;1 gesamt Aufn. I Alter MLU 2,01-3,07 1-2 2;4-2;5 2,01-2,11 1,18-2,85 1-2 2;0-2;1 1,18-1,23 1,57-3,06 1-2 1;11-2;0 1,57-1,67 1,25-3,51 9-17 2;3-2;9 1,25-2,11 3,31-4,09 4,22 2,44 - Aufn. 3 3-4 3-4 18 - II Alter MLU Aufn. III Alter MLU Aufn. 2;6 2,53 4 2;7 2,61 5-6 2;2-2;3 1,23-1,38 5 2;4 1,65 6-8 2;1-2;2 1,60-1,66 5-8 2;3-2;5 1,86-2,08 9-15 2;10 2,57 19-21 2;11-3;0 2,62-2,65 22-27 2-16 1 1 2;1 2,44 - n = 64 1;11-3;6 1,18-4,22 n = 15 1;11-2;9 1,18-2,11 n = 6 2;1-2;10 1,23-2,57 n = 9 IV Alter MLU 2;8-2;9 2;6-2;8 2;6-2;11 3;1-3;6 2;9-3;3 3;6 - 2,54-3,07 2,45-2,85 2,12-3,06 2;91-3,51 3,31-4,09 4,22 - Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz Tab.III-13: Phasen der D-Elemententwicklung 2;3-3;0 1,65-2,65 n = 34 2;6-3;6 2,12-4,22 291 Kontext: [-EIN,+PRO] der [-EIN,-PRO] der Hahn [+EIN,+PRO] einer [+EIN,-PRO] ein Hahn 100 90 80 70 in % 60 50 40 30 20 10 0 I II III IV I II III IV I II III IV I II III IV Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz Abb.III-19: Die Verwendung zielsprachlicher D-Elementformen - Annelie, Hannah, Leonie, Mathias Phase zielsprachlich reduziert nicht-zielsprachlich 292 Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 293 Wie man in Abb.III-19 erkennen kann, sind vor dem vorübergehenden Einschnitt bei der Determiniererauslassungsrate (d.h. in Phase I) nur ca. die Hälfte der D-Elemente zielsprachlich flektiert. D.h., entgegen den Vorhersagen von starken Kontinuitätsansätzen ist der Anteil zielsprachlicher Formen anfangs relativ gering. Dies kann man nicht einfach darauf zurückführen, daß Kinder anfangs viele phonetisch reduzierte Formen gebrauchen, denn in Phase I finden sich - v.a. bei pronominalen D-Elementen - auch viele nicht-zielsprachliche Formen. Dabei kann man bei einem Vergleich der verschiedenen D-Elementtypen Unterschiede in bezug auf die Fehlerraten und ihre Entwicklung erkennen: Bei pronominalen D-Elementen liegt der Anteil von zielsprachlichen Formen an der Gesamtzahl der flektierten Formen in Phase I unabhängig vom D-Elementtyp bei 44% (= 23/52 bzw. 7/16). Im Verlauf der weiteren Entwicklung steigt der Anteil zielsprachlicher Formen bei [-EIN,+PRO]-Elementen aber auf 96% (= 374/391) an, während der Anteil zielsprachlicher Formen bei [+EIN,+PRO]-Elementen selbst in Phase IV nur 68% (= 43/63) erreicht. Ein Chi-Quadrat-Test bestätigt, daß dieser Unterschied in den Korrektheitsraten für Phase IV hochsignifikant ist (Chi-Quadrat = 51, Yates-korrigiert, p < 0,001). Die Beobachtung, daß die Korrektheitsraten für [+EIN,+PRO]- und [-EIN,+PRO]Elemente in Phase I identisch sind, sich aber in Phase IV signifikant unterscheiden, läßt sich meiner Auffassung nach auf einen Übergang von unanalysierten Strukturen zu zielsprachlichen D-Elementrepräsentationen zurückführen: Pronominale D-Elemente treten unabhängig vom D-Elementtyp in ähnlichen syntaktischen Kontexten auf und erfordern im Deutschen dieselben Endungen (vgl. die Diskussion in Kapitel III.3.1.1). Daher sollten sich für die [+EIN,+PRO]und [-EIN,+PRO]-Elemente vergleichbare Wahrscheinlichkeiten ergeben, auf der Basis unanalysierter Formen zielsprachlich aussehende Strukturen zu produzieren. Sobald Kinder beginnen, Repräsentationen für die einzelnen D-Elementtypen aufzubauen, könnten sich aber die spezifischen Eigenschaften der verschiedenen D-Elementtypen auswirken, insbesondere die Unterschiede zwischen [+EIN]-Elementen und [-EIN]-Elementen: Wie in Kapitel III.3.1.1 erläutert, sind [-EIN]-Elemente stets flektiert, während [+EIN]Elemente nur bei pronominalem Gebrauch in allen morpho-syntaktischen Kontexten ein Affix tragen. Bei attributiver Verwendung in Nom.Mask.Sg.- und Nom./Akk. Neut.Sg.-Kontexten bleiben [+EIN]-Elemente hingegen unflektiert (vgl. z.B. (m)einer vs. (m)ein Hahn). Diese Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 294 Besonderheit von [+EIN]-Elementen könnte dafür verantwortlich sein, daß die Fehlerraten für diese Elemente auch in späteren Entwicklungsphasen noch relativ hoch sind. Bei der überwiegenden Mehrzahl der nicht-zielsprachlichen [+EIN]-Formen in Phase IV handelt es sich nämlich um Auslassungen von Flexionsendungen (vgl. Tab.F-85 und Tab.F-92 im Anhang).57 Solche Auslassungen könnte man durch die Annahme erklären, daß Kinder das Flexionsverhalten von [+EIN]-Elementen zu regularisieren versuchen. Dies könnte nämlich dazu führen, daß sie [+EIN]-Elemente nicht nur bei attributiver Verwendung in Nom.Mask. Sg.- und Nom./Akk.Neut.Sg.-Kontexten unflektiert benutzen, sondern auch bei pronominalen [+EIN]-Elementen sowie in anderen Genus-, Kasus- und Numeruskontexten. Mit dieser Analyse kann man nicht nur die unterschiedliche Entwicklung von [+EIN]- und [-EIN]-Elementen erfassen, sondern auch die Beobachtung, daß der Anteil von nicht-zielsprachlichen Formen beim Übergang von Phase III zu Phase IV bei keinem der untersuchten Kinder deutlich geringer wird, sondern bei einigen Kindern sogar noch leicht steigt. Dies ist nämlich zu erwarten, wenn die bei [+EIN]-Elementen beobachteten "Fehler" durch einen Regularisierungsprozeß zustande kommen, der erst im Verlauf des Paradigmenaufbaus, d.h. in späteren Entwicklungsphasen, einsetzt. Hohe Fehlerraten in Phase IV sollten sich hingegen nicht zeigen, wenn sämtliche Flexionsfehler bei [+EIN]-Elementen allein durch das Fehlen von zielsprachlichen Merkmalsspezifikationen bedingt wären. Die vorliegenden Befunde lassen sich somit nicht durch die Analyse erfassen, die Müller (1994) in ihrer Studie zum parallelen Erwerb des Deutschen und Französischen vorgeschlagen hat. In dieser Studie hatte Müller systematische Affixauslassungen bei unbestimmten Artikeln beobachtet. Ihrer Auffassung nach kommen solche Auslassungen dadurch zustande, daß Kinder die Form ein anfangs als ein unflektiertes Numeral analysieren und dieses Element erst später rekategorisieren und flektieren, wenn sie auch andere D-Elemente häufiger verwenden. Mit Müllers Analyse könnte man hohe Fehlerraten bei unbestimmten Artikeln in Phase I oder II erfassen. Für sich genommen, bietet eine solche Analyse jedoch keine ausreichende Erklärung für das Verhalten von [+EIN]-Elementen. Erstens kann man mit ihr nicht erklären, warum in Phase IV bei [+EIN]-Elementen immer noch Abweichungen von der Zielsprache 57 In diesen Tabellen sind auch die Daten von Carsten und Svenja enthalten. Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 295 vorkommen, obwohl unbestimmte Artikel bereits in (nahezu) allen obligatorischen Kontexten verwendet werden und sich dabei eine zielsprachliche Distribution dieser Elemente zeigt. Zweitens sind die beobachteten Affixauslassungen nicht auf unbestimmte Artikel beschränkt; sie treten auch bei anderen [+EIN]-Elementen auf, insbesondere bei Possessivpronomina wie mein-, dein- oder sein-, die sich nicht als Numerale interpretieren lassen; vgl. z.B.: (31) (a) (b) (c) (d) (e) (f) (g) mein Hubs(chr)auber mache ich nur fertig das is mein tasse dann schleudert er doch nich mehr sein räder will mein faden abmachen ich kratz bei mein popo so du hast mein zuch kaputtmacht ich seh dein finger (Andreas) (Annelie 4) (Carsten) (Hannah 7) (Leonie 15) (Mathias 25) (Svenja 15) Wenn die unterschiedlichen Entwicklungen der Fehlerraten bei den einzelnen D-Elementen tatsächlich durch einen Übergang von unanalysierten Strukturen zu zielsprachlichen D-Elementrepräsentationen bedingt sind, sollte man auch U-förmige Entwicklungsverläufe erwarten. In Abb.III-19 zeigt sich auch in der Tat außer bei [+EIN,+PRO]-Elementen ein vorübergehender Anstieg des Anteils nicht-zielsprachlicher Formen. Dies könnte aber ein Artefakt der Zusammenfassung der vier Einzelkorpora sein. Daher habe ich die Daten der einzelnen Kinder (vgl. Tab.F-5 bis Tab.F-20, Tab.F-25 bis Tab.F-72 im Anhang) in Abb.III-20 bis Abb.III23 jeweils einzeln graphisch dargestellt und entsprechende Distributionsanalysen durchgeführt. Hierbei habe ich keine Anteile von zielsprachlichen, reduzierten und nicht-zielsprachlichen Formen berechnet, wenn das Kind für einen D-Elementtyp in der betreffenden Phase nicht mehr als drei Belege produzierte. Kontext: [-EIN,+PRO] der [-EIN,-PRO] der Hahn [+EIN,+PRO] einer [+EIN,-PRO] ein Hahn 100 90 80 70 in % 60 50 40 30 - 20 10 0 I II III IV I II III IV I II III IV I II III IV Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz Abb.III-20: Die Verwendung zielsprachlicher D-Elementformen - Annelie Phase zielsprachlich reduziert nicht-zielsprachlich 296 Kontext: [-EIN,+PRO] der [-EIN,-PRO] der Hahn [+EIN,+PRO] einer [+EIN,-PRO] ein Hahn 100 90 80 70 in % 60 50 40 30 20 10 - -- --- - 0 I II III IV I II III IV I II III IV I II III IV Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz Abb.III-21: Die Verwendung zielsprachlicher D-Elementformen - Hannah Phase zielsprachlich reduziert nicht-zielsprachlich 297 Kontext: [-EIN,+PRO] der [-EIN,-PRO] der Hahn [+EIN,+PRO] einer [+EIN,-PRO] ein Hahn 100 90 80 70 in % 60 50 40 30 20 10 -- -- 0 I II III IV I II III IV I II III IV I II III Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz Abb.III-22: Die Verwendung zielsprachlicher D-Elementformen - Leonie IV Phase zielsprachlich reduziert nicht-zielsprachlich 298 Kontext: [-EIN,+PRO] der [-EIN,-PRO] der Hahn [+EIN,+PRO] einer [+EIN,-PRO] ein Hahn 100 90 80 70 in % 60 50 40 30 - 20 10 -- - 0 I II III IV I II III IV I II III IV I II III IV Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz Abb.III-23: Die Verwendung zielsprachlicher D-Elementformen - Mathias Phase zielsprachlich reduziert nicht-zielsprachlich 299 Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 300 Bei einem Vergleich der einzelnen Abbildungen zeigen sich auf den ersten Blick relativ unterschiedliche Entwicklungsverläufe für die einzelnen Typen von D-Elementen. Wie der Überblick in Tab.III-15 verdeutlicht, lassen sich aber bestimmte Muster erkennen. Für Tab.III-15 habe ich erstens ermittelt, ob ein U-förmiger Entwicklungsverlauf vorliegt - oder ob ein Anstieg des Anteils zielsprachlicher Formen zu beobachten ist. Zweitens habe ich festgestellt, ob es sich bei einer U-Kurve um einen vorübergehenden Anstieg bei der Fehlerrate handelt - oder ob nach einer Phase mit relativ hohen Raten zielsprachlicher Formen zeitweise keine oder nur sehr wenige D-Elementformen auftreten. 58 Ebenso wurde untersucht, ob bei Entwicklungsverläufen ohne U-Kurve anfangs keine D-Elementformen vorlagen - oder ob nicht-zielsprachliche bzw. reduzierte D-Elementformen benutzt wurden. 58 Wie die Diskussion in Kapitel III.2.3.1 gezeigt hat, sind bei allen vier Kindern U-förmige Entwicklungsverläufe beim Anteil overter D-Elemente zu beobachten. Dadurch läßt sich der Entwicklungsverlauf bei der Korrektheitsrate nicht unabhängig von der Determiniererrealisierungsrate statistisch untersuchen. Insbesondere liegen für einzelne Phasen z.T. überhaupt keine Formen eines bestimmten Typs vor. So produziert z.B. Annelie in Phase I überhaupt keine zielsprachlich flektierten [-EIN,-PRO]-Elemente. Daher wurde an dieser Stelle statt einer rein statistischen Analyse der Entwicklungsverläufe eine ausführliche Distributionsanalyse vorgenommen, die von den graphischen Darstellungen in Abb.III-20 bis Abb.III-23 ausgeht und sowohl die Determiniererrealisierungsraten als auch die Fehlerraten und Fehlertypen berücksichtigt. Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 301 Tab.III-15: Überblick über den Entwicklungsverlauf bei den vier DElementtypen Abweichungen von der Zielsprache keine Formen vorhanden [+EIN] Annelie Hannah (III) nicht-zielsprachliche o. reduzierte Formen Struktur des Entwicklungsverlaufs U-Kurve Annelie Hannah Leonie Mathias Annelie Hannah Leonie Mathias Hannah (I, II) Leonie Mathias [+PRO] Annelie [-EIN] Hannah Leonie Mathias Annelie [+EIN] [-EIN] Annelie Hannah Hannah Mathias (II) [-PRO] Leonie Mathias keine U-Kurve Leonie Mathias (I) Annelie Hannah Leonie Mathias Annelie Hannah Leonie Mathias Wenn man Tab.III-15 betrachtet, fällt als erstes auf, daß U-förmige Entwicklungsverläufe sich nur bei attributiven D-Elementen zeigen, und nicht bei pronominal verwendeten D-Elementen. Dies könnte dadurch bedingt sein, daß attributive D-Elemente anfangs mit einem Nomen zusammen als unanalysierte Einheiten gespeichert werden können, während dies bei pronominalen Formen nicht möglich ist. Die Verwendung solcher Verbindungen könnte dann die relativ hohen Anteile von zielsprachlichen attributiven D-Elementformen in Phase I erklären, die bei einigen Kindern zu beobachten sind: Wie in Kapitel III.3.1.1 erläutert, könnte z.B. ein Kind, das über Verbindungen wie das-huhn oder die-Eier verfügt, diese Verbindungen in Nom./ Akk.Sg.-Kontexten fehlerfrei gebrauchen und so relativ hohe Korrektheitsraten erzielen. Abweichungen von der Zielsprache sollten in diesem Fall nämlich nur dann zu beobachten sein, wenn das entsprechende Nomen in Kontexten vorkommt, in denen eine andere D-Elementform erforderlich ist (z.B. *mit das-huhn/die-eier). Außerdem konnten in Kapitel III.2.3.3 auch eine Reihe von potentiell formelhaften Prädikat-Determinierer-Verbindungen (z.B. wo's- Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 302 ein+N) ermittelt werden, deren Reanalyse die Ursache für den beobachteten U-förmigen Verlauf bei attributiven D-Elementen sein könnte. Weitere Evidenz für diese Annahmen liefert der Vergleich der einzelnen Entwicklungsverläufe. Dieser deutet zugleich darauf hin, daß Kinder mit den funktionalen Elementen, mit denen sie ihr Input konfrontiert, auf unterschiedliche Weise umgehen: - Annelie tendiert von allen Kindern am meisten zum Gebrauch unanalysierter Strukturen: Sie benutzt schon sehr früh D-Elemente, die aber noch nicht auf zielsprachlichen Repräsentationen zu beruhen scheinen. Dementsprechend zeigen sich in ihren Daten bei pronominalen D-Elementen anfangs hohe Fehlerraten und bei attributiven D-Elementen sind U-Kurven zu beobachten. Daß solche U-Kurven sowohl bei [+EIN]- als auch bei [-EIN]-Elementen vorliegen, entspricht der Beobachtung in Kapitel III.2.3.3, daß sich im Annelie -Korpus nicht nur potentiell formelhafte Strukturen mit unbestimmtem Artikel (noch+unbestimmter Artikel) finden lassen, sondern auch potentiell formelhafte Strukturen mit bestimmtem Artikel (wo/da(i)s(t)+bestimmter Artikel). - Hannah gebraucht in frühen Phasen entweder überhaupt keine D-Elementformen, oder aber phonetisch reduzierte und nicht-zielsprachliche Formen. Dementsprechend kann man in ihren Daten bei keinem D-Elementtyp eine U-Kurve erkennen. Dies ist im Einklang mit der Beobachtung aus Kapitel III.2.3.3, daß im Hannah-Korpus nur die Kombination von noch mit der reduzierten Form des unbestimmten Artikels die Kriterien für potentiell formelhafte Strukturen erfüllt. - Leonie verwendet anfangs nahezu ausschließlich [+EIN]-Determinierer. Dabei produziert sie in pronominalen Kontexten anfangs überwiegend nicht-zielsprachliche Formen. In attributiven Kontexten zeigt sich hingegen eine U-Kurve, was dafür spricht, daß die frühen zielsprachlichen D-Elementformen auf unanalysierten Prädikat-Determinierer-Verbindungen basieren. Diese Annahme ist kompatibel mit der Beobachtung, daß Leonie von zwei potentiell formelhaften Prädikat-Determinierer-Verbindungen Gebrauch macht, die beide den unbestimmten Artikel enthalten (noch/auch+unbestimmter Artikel; vgl. Kapitel III.2.3.3). - Mathias greift nicht auf reduzierte Flexionsformen zurück. Außerdem ließen sich in seinen Daten keine potentiell formelhaften Prädikat-Determinierer-Verbindungen ermitteln (vgl. Kapitel III.2.3.3). Dies erklärt zum einen, warum er bei pronominalen D-Elementen anfangs hohe Fehlerraten, oder aber überhaupt keine entsprechenden Formen zeigt; zum anderen macht es verständlich, daß bei attributiven [+EIN]-Elementen keine U-Kurve zu erkennen ist. Der Entwicklungsverlauf für attributive [-EIN]-Elemente ist hingegen durch eine solche Kurve gekennzeichnet. Diese läßt sich nicht auf potentiell formelhafte Prädikat-Determinierer-Verbindungen zurückführen, da solche Verbindungen nicht vorliegen. Eine Analyse der verwendeten [-EIN]-Elemente ergibt aber, daß die relativ hohen Korrektheitsraten, die Mathias in Phase I zeigt, in erster Linie der häufigen Verwendung der Form diese zu verdanken sind, die sowohl in Nom./Akk.Fem.Sg.-Kontexten als auch in Nom./Akk.Pl.-Kontexten angemessen ist. Daher kann Mathias durch Kombinationen wie diese eisenbahn und diese gleise relativ hohe Korrektheitsraten erzielen. Es treten jedoch auch einige Fehler auf, wenn die Form diese nicht angemessen ist (z.B. diese bauch). Wenn die bisherigen Analysen zutreffen, sollten sich bei den sprachlich weiter entwickelten Kindern Andreas, Carsten und Svenja relativ hohe Korrektheitsraten für die D-Elementflexion Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 303 zeigen. Dabei könnte der Anteil nicht-zielsprachlicher Formen bei [+EIN]-Elementen allerdings noch relativ hoch sein, wenn die Überlegungen in Kapitel III.3.1.2 zutreffen. Dann sollte der Kontrast zwischen Formen wie Das ist mein(e)s vs. Das ist mein Ei nämlich zu Regularisierungsprozessen führen können, die Affixauslassung bei [+EIN]-Elementen bewirken. Außerdem könnte der Anteil zielsprachlicher Formen bei Andreas noch etwas niedriger liegen als bei den anderen beiden Kindern, denn Andreas verhält sich sowohl in bezug auf seine MLU-Werte als auch in bezug auf die Realisierung und Distribution von D-Elementen eher wie Annelie, Hannah, Leonie und Mathias in Phase III. In Abb.III-24 bis Abb.III-26 kann man erkennen, daß sich diese Hypothesen bestätigen lassen: Andreas produziert bei [-EIN]-Elementen 6% bzw. 11% und bei [+EIN]-Elementen 22% bzw. 20% nicht-zielsprachliche Formen. Bei Carsten liegen die entsprechenden Werte mit 4% für [-EIN,+PRO]-Elemente und 18% für die beiden Typen von [+EIN]-Elementen noch geringfügig niedriger. Lediglich bei [-EIN,-PRO]-Elementen zeigt Carsten eine für Phase IV relativ hohe Rate nicht-zielsprachlicher Formen. Wie man in Tab.F-21 im Anhang sehen kann, ist diese hohe Fehlerrate aber in erster Linie darauf zurückzuführen, daß viele [-EIN, -PRO]-Elemente in Dativkontexten vorkommen. Wie im folgenden noch gezeigt werden wird, hat Carsten bei diesen Formen noch Probleme, obwohl er andere Distinktionen bereits beherrscht. Svenja verwendet bei [-EIN]-Elementen weniger als 10% nicht-zielsprachliche Formen, sie zeigt allerdings bei [+EIN]-Elementen Werte von 12% ([+PRO]) bzw. 25% ([-PRO]).59 59 Der Anteil von 25% nicht-zielsprachlichen [+EIN,-PRO]-Formen steht im Gegensatz zu den hohen Korrektheitsraten, die Svenja bei anderen D-Elementtypen zeigt. Wie man in Tab.F-75 im Anhang erkennen kann, handelt es sich bei den meisten Abweichungen von der Zielsprache, die bei [+EIN, -PRO]-Elementen vorkommen, um Affixauslassungen in Singularkontexten. Diese Beobachtung läßt sich durch die oben diskutierte Annahme erklären, daß Kinder das Flexionsverhalten von [+EIN]Elementen zu regularisieren versuchen, indem sie bei [+EIN]-Elementen affixlose Formen nicht nur bei attributiver Verwendung in Nom.Mask.Sg.- und Nom./Akk.Neut.Sg.-Kontexten gebrauchen. Bei Svenja scheint die Übergeneralisierung affixloser Formen überwiegend attributive Elemente in Singularkontexten zu betreffen. Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 304 in % Abb.III-24: Die Verwendung ziel sprachlicher D-Elementformen - Andreas 100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 [-EIN,+PRO] [-EIN,-PRO] zielsprachlich [+EIN,+PRO] reduziert [+EIN,-PRO] nicht-zielsprachlich in % Abb.III-25: Die Verwendung ziel sprachlicher D-Elementformen - Carsten 100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 [-EIN,+PRO] [-EIN,-PRO] zielsprachlich [+EIN,+PRO] reduziert [+EIN,-PRO] nicht-zielsprachlich Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 305 in % Abb.III-26: Die Verwendung ziel sprachlicher D-Elementformen - Svenja 100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 [-EIN,+PRO] [-EIN,-PRO] zielsprachlich [+EIN,+PRO] reduziert [+EIN,-PRO] nicht-zielsprachlich Zusammengenommen sprechen die Befunde zu Fehlerraten und Entwicklungsverläufen somit gegen Varianten der Hypothese der vollständigen Kompetenz, der zufolge Kinder bereits in der frühen Zwei-Wort-Phase über zielsprachliche Determiniererrepräsentationen verfügen. Vielmehr deuten sie auf einen schrittweisen unabhängigen Aufbau von Lexikoneinträgen für die einzelnen D-Elemente hin. Man muß aber noch ausschließen, daß die relativ hohen Fehlerraten zu Beginn oder in der Mitte des Untersuchungszeitraums und die Unterschiede zwischen den einzelnen D-Elementen darauf zurückzuführen sind, daß die untersuchten Kinder bestimmte Flexionsformen bereits zielsprachlich verwenden, einige andere Formen aber noch nicht erworben haben. Daher habe ich für die sechs verschiedenen Endungen ermittelt, wie häufig sie in den Korpora von Annelie, Hannah, Leonie und Mathias zielsprachlich bzw. nicht-zielsprachlich verwendet werden. Die Ergebnisse dieser Analyse finden sich in Abb.III-27. Die Rohdaten für diese Abbildung können den entsprechenden Tabellen in Anhang F entnommen werden. Auf der Basis von Abb.III-27 soll im folgenden zunächst untersucht werden, welchen Aufschluß die Korrektheitsraten für die einzelnen Formen und ihre jeweilige Distribution über die zugrundeliegenden Repräsentationen geben. Davon ausgehend kann dann zum einen ermittelt werden, ob die D-Elementparadigmen im Erwerb tatsächlich schrittweise ausdifferenziert werden, wie es die in Kapitel II.4 entwickelten Arbeitshypothesen zum Entwicklungsproblem Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 306 erwarten lassen; zum anderen kann festgestellt werden, ob bei einem solchen Ausdifferenzierungsprozeß Erwerbsreihenfolgen zu beobachten sind, die den Arbeitshypothesen zum Ordnungsproblem und zum Bootstrappingproblem entsprechen. In Abb.III-27 kann man erkennen, daß jede D-Elementform zumindest zeitweise eine Fehlerrate von mehr als 10% aufweist: Insbesondere werden Formen auf -0 selbst in Phase IV noch in 37% aller Fälle nicht kontextangemessen gebraucht. Dieser Befund scheint auf den ersten Blick eindeutige Evidenz für die Strukturaufbauhypothese zu liefern. Es könnte aber auch sein, daß die untersuchten Kinder bereits über sämtliche zielsprachlichen Distinktionen verfügen, aus prosodischen Gründen aber noch häufig die Flexionsendungen von D-Elementen auslassen, da es sich bei diesen um unbetonte Silben handelt. Außerdem könnte man Affixauslassungen - wie oben diskutiert - darauf zurückführen, daß Kinder die Paradigmen von [+EIN]-Elementen zu regularisieren versuchen, indem sie bei [+EIN,-PRO]-Elementen in sämtlichen Singularkontexten affixlose Formen verwenden - und nicht nur in Nom.Mask.Sg.und Nom./Akk.Neut.Sg.-Kontexten. Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz Abb.III-27: Die zielsprachliche Verwendung von D-Elementformen - Annelie, Hannah, Leonie, Mathias produzierte Form: -0 -r -e -s -n -m 100 90 80 70 in % 60 50 40 30 20 10 0 I II III IV I II III IV I II III IV I II III IV I II III IV I II III IV Phase zielsprachlich nicht-zielsprachlich 307 Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 308 Die hohen Raten kontextunangemessener -0-Formen sind somit zwar mit der Strukturaufbauhypothese vereinbar; für sich genommen geben sie aber meines Erachtens keinen Aufschluß über die Verfügbarkeit von zielsprachlichen Merkmalsspezifikationen (vgl. auch Schütze 1996). Um Evidenz für die Strukturaufbauhypothese zu erbringen, muß man vielmehr die overten Markierungen untersuchen. D-Elemente mit der Endung -m treten in den Korpora von Annelie, Hannah, Leonie und Mathias in den Phasen I bis III nicht auf, obwohl entsprechende Kontexte vorhanden waren (vgl. Tab.F-77 bis Tab.F-79, Tab.F-81 bis Tab.F-83, Tab.F-85 bis Tab.F-87 bzw. Tab.F-89 bis Tab.F-91 im Anhang). Auch diese Beobachtung kann aber für sich genommen noch nicht als Evidenz gegen die Hypothese der vollständigen Kompetenz gewertet werden. Wie Mills (1985) und Eisenbeiß (1991) anmerken, könnten Probleme bei der Verwendung von -m auch dadurch bedingt sein, daß die Dat.Mask./Neut.Sg.-Endung -m der Akk.Mask. Sg.-Endung den sowie der Dat.Pl.-Endung den ähnelt, die beide benachbarte Paradigmenzellen einnehmen. Darauf, daß zumindest einige Ersetzungen von -m durch -n nicht auf dem Fehlen der zielsprachlichen Merkmalsspezifikationen beruhen, weisen die Befunde von Eisenbeiß (1991) hin: In ihren Experimenten sollten drei- bis fünfjährige Kinder Aktivsätze und Passivsätze mit dativfordernden Verben wie winken und helfen produzieren. Dabei benutzten viele Kinder im Aktivsatz statt der erforderlichen -m-Endung die Endung -n; vgl. (32a): (32) (a) (b) Ich winke den Mann. Der Mann wird gewunken. Bei einem Teil dieser Kinder fand sich in den entsprechenden Passivsätzen ein D-Element mit der Endung -r, die sich als Nominativmarkierung interpretieren läßt (vgl. (32b)). Diese Kinder behandelten die Markierung -n somit syntaktisch wie eine Akkusativmarkierung, die bei Passivierung der Kasusalternation unterliegt, d.h. durch eine Nominativmarkierung ersetzt wird (vgl. (33a) und (33b)). Daraus kann man den Schluß ziehen, daß diese Kinder noch nicht die lexemspezifischen Kasuszuweisungseigenschaften des Verbs winken gelernt haben und daher den Defaultkasus für das niedrigere Argument, d.h. den Akkusativ, zur Objektmarkierung verwendeten. 60 60 Vgl. Kapitel III.3.4 zur Diskussion über den Status der unterschiedlichen Typen von Dativmarkierungen. Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz (33) (a) (b) 309 Ich sehe [den Mann] AKK. [Der Mann] NOM wird gesehen. Die übrigen Kinder, bei denen das Muster in (33a) zu beobachten war, benutzten zwar die Markierung -n im Aktivsatz, behielten diese Markierung aber im Passivsatz bei (vgl. (34a) und (34b)). Sie gebrauchten -n also syntaktisch wie eine Dativmarkierung, die im Deutschen bei der Passivierung beibehalten wird (vgl. (35a) und (35b)): (34) (a) (b) Ich winke den Mann. Den Mann wird gewunken. (35) (a) (b) Ich winke [dem Mann] DAT . [Dem Mann] DAT wird gewunken. Kinder, die -n wie eine Dativmarkierung behandelten (vgl. (34)), produzierten auch bei Neutra keine D-Elementformen auf -m, sondern Formen auf -n (ich winke den nilpferd). Solche Ersetzungen von -n durch -m lassen sich nicht als Akkusativübergeneralisierung interpretieren, da Neutra im Akkusativ eine -s-Markierung verlangen (ich sehe das nilpferd). Außerdem zeigten Kinder, die -n bei Maskulina sowohl in Aktiv- als auch in Passivsätzen verwendeten, bei den Feminina im selben Experiment zielsprachliche Formen und keine Kasusalternation: (36) (a) (b) Ich winke [der Frau] DAT . [Der Frau] DAT wird gewunken. Zusammengenommen verdeutlichen die Befunde von Eisenbeiß (1991) somit, daß man aus dem Ausbleiben von -m-Markierungen in obligatorischen Kontexten noch nicht auf das Fehlen von zielsprachlichen Dativspezifikationen schließen kann, sondern auch das Verhalten in anderen Genus- und Numeruskontexten untersuchen muß. Tut man dies, so findet man in den Daten aus den Phasen I bis III sowie in Annelies Daten aus Phase IV keine einzige Dativform, obwohl entsprechende Kontexte vorhanden sind (vgl. Tab.F-77 bis Tab.F-79, Tab.F-81 bis Tab.F-83, Tab.F-85 bis Tab.F-87, Tab.F-89 bis Tab.F-91 bzw. Tab.F-17 bis Tab.F-20 im Anhang). Statt dessen kommen neben phonetisch reduzierten D-Elementen Formen vor, die sich als Nominativ- oder Akkusativformen analysieren lassen (vgl. z.B. (37)). In den Daten aus Phase IV, die für Carsten, Hannah, Leonie, Mathias und Svenja verfügbar sind, treten Dativformen in verschiedenen Genus- und Numeruskontexten auf (vgl. z.B. (38)): Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz (37) und jetzt mit die hose (38) (a) (b) (c) (d) jetzt will ich mit dem luf(t)ballon mit der Ina xxx noch schlüpft aus dem ei und wir mit den bauklötzen 310 (Annelie 6) (Svenja 8) (Leonie 15) (Hannah 7) (Mathias 27) Dabei liegen im Mathias-Korpus zwar trotz entsprechender Kontexte keine -m-Markierungen vor; es finden sich aber -n-Markierungen in Dat.Neut.Sg.-Kontexten (39a). Diese Formen kontrastieren mit den -s-Formen, die Mathias zu diesem Zeitpunkt bereits in Nom./Akk. Neut.Sg.-Kontexten benutzt (39b). Außerdem sprechen Äußerungen wie (39c) dafür, daß Mathias weiß, daß die Präposition mit den Dativ zuweist. (39) (a) (b) (c) da kann man mit den auto hinfahr ich hab das das essen schon da drin der kran mit der walz (Mathias 27) (Mathias 22) (Mathias 22) Eine solche Distribution von Formen deutet darauf hin, daß es sich bei dem Beleg in (39a) um eine rein phonetisch bedingte Ersetzung von -n durch -m handelt. Entsprechende Kombinationen von Belegen finden sich z.B. auch im Carsten-Korpus und im Svenja-Korpus: (40) (a) (b) (c) dann schenk ich den kind noch mehr autos wi(ll) das kind viele autos? dies stück kannste gleich der oma schenken (Carsten) (Carsten) (Carsten) (41) (a) (b) (c) die will mit den schiff fahrn b(r)aucht das schiff mit der Sonja (Svenja 5) (Svenja 8) (Svenja 4) Somit sprechen die Befunde zu den Korpora von Carsten, Hannah, Leonie, Mathias und Svenja dafür, daß diese Kinder in Phase IV zumindest über einige Lexikoneinträge für D-Elementformen verfügen, die für das Merkmal [+lr] spezifiziert sind. Der Erwerb von Lexikoneinträgen mit [+lr]-Spezifikation scheint jedoch bei Carsten, Leonie, Mathias und Svenja noch nicht abgeschlossen zu sein. Wie die entsprechenden Tabellen im Anhang F zeigen, lassen sich in den Daten dieser Kinder nämlich in Phase IV noch viele Fehler in Dativkontexten beobachten, die man nicht auf ähnlichkeitsbedingte Ersetzungen von -m durch -n zurückführen kann; vgl. z.B.: Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz (42) (a) (b) worum nich zu diese wohnung? und bei die männers 311 (Carsten) (Svenja 13) Im Gegensatz zu Formen auf -m kommen Formen auf -n zwar bereits in Phase I vor (vgl. Abb.III-27); die 17 Belege für Formen auf -n, die sich in Phase I finden, stammen aber alle von Annelie, die den als deiktisches Pronomen gebraucht. Dabei tritt den 15mal in Nominativkontexten auf und zweimal in Akk.Fem.Sg.- bzw. Akk.Neut.Sg.-Kontexten; vgl. z.B.: (43) R.L.: Annelie: die kocht, ne? und hier? den tochtet (= kocht) auch (Annelie 4) Die Form den wird somit zwar produziert, sie dient aber im Gegensatz zur Zielsprache nicht der Kennzeichnung von Nominalphrasen in Akk.Mask.Sg.- oder Dat.Pl.-Kontexten. Dies gilt auch für Annelies Daten aus Phase III (vgl. Tab.F-14 im Anhang). Bei Leonie und Mathias sind hingegen in Phase III bereits erste -n-Markierungen in Akk.Mask.Sg.-Kontexten zu beobachten (vgl. Tab.F-49, Tab.F-50 bzw. Tab.F-67 im Anhang).61 In Phase IV verwenden alle Kinder, für die entsprechende Kontexte verfügbar sind, -n-Markierungen in Akk.Mask.Sg.-Kontexten (vgl. (44)). Dies deutet darauf hin, daß in Phase III bei Leonie und Mathias und in Phase IV bei Annelie, Carsten, Hannah und Svenja Lexikoneinträge mit der Spezifikation [+hr] / [+Mask] vorliegen. (44) (a) (b) (c) (d) (e) (f) ich hör den nich und den deckel zumachen meinen regenschirm will ich haben i(ch) will den mast da dran machen der hat noch einen schuh hier ma soll ich ma den kleinen schwarzen schreiber dir geben? (Annelie 5) (Hannah 7) (Leonie 15) (Mathias 22) (Svenja 8) (Carsten) In Dat.Pl.-Kontexten findet sich -n hingegen erst in Phase IV bei Carsten, Hannah, Mathias und Svenja; vgl. z.B.:62 61 62 Für Hannah fehlen in Phase III entsprechende Kontexte. Leonie verwendet -n überhaupt nicht in Dat.Pl.-Kontexten. Allerdings gibt es bei Leonie auch nur einen einzigen entsprechenden Kontext in Phase IV. In diesem Kontext gebraucht Leonie eine Form auf -e, die sich als Nom./Akk.Pl.-Form analysieren ließe. Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz (45) (a) (b) (c) (d) mit beiden händen wollt i ja maln S.E.: und wem winkt der noch? Hannah: den vögel und wir mit den bauklötzen von meinen sachen 312 (Carsten) (Hannah 8) (Mathias 27) (Svenja 13) Insgesamt sprechen die Befunde zur Verwendung von Formen auf -n somit dafür, daß diese Formen anfangs keine zielsprachlichen Spezifikationen aufweisen. Zugleich liefern die Daten Evidenz dafür, daß -n als Dativmarkierung später erworben wird als die Akk.Mask.Sg.Endung -n. Diese Beobachtung unterstützt die Annahme, daß Dativmarkierungen nicht vor der Etablierung der Nominativ/Akkusativdistinktion erworben werden, da die entsprechenden Inputdaten weniger gut zugänglich sind (vgl. Arbeitshypothese O-III). Anders als für Formen auf -m und -n findet man für Formen auf -0, -r, -e und -s bereits in Phase I erste zielsprachliche Belege. Allerdings wird keine dieser Formen während des gesamten Untersuchungszeitraums weitestgehend zielsprachlich verwendet. Die Endung -s wird zwar in Phase I nur in Kontexten gebraucht, in denen diese Endung angemessen ist; ob die entsprechenden Formen produktiv verwendet wurden, ist meines Erachtens aber zweifelhaft: Zwei der Belege im Mathias-Korpus sind Antworten auf eine Frage der Mutter, in der diese die betreffende D-Elementform (dieses) gebraucht. Zwei weitere Belege stammen aus Aufnahme 17 des Mathias-Korpus - d.h. aus dem Zeitraum unmittelbar vor dem vorübergehenden Einschnitt bei der Determiniererrealisierungsrate (vgl. (46)). Vor diesem Zeitpunkt benutzte Mathias sowohl in Pluralkontexten (47a) als auch in Neut.Sg.-Kontexten die Form alle (47b). Dies deutet darauf hin, daß Mathias erst beim Übergang zu Phase II beginnt, Formen auf -s kontrastiv einzusetzen. (46) (a) (b) hier alles grün alles grün (Mathias 17) (Mathias 17) (47) (a) (b) alle puttmach das alle (sch)neid (Mathias 11) (Mathias 11) Bei den beiden anderen frühen Belegen für -s handelt es sich um die pronominale Form eins, die Annelie in Strukturen verwendete, die in Spielsituationen häufig auftreten und die daher als Einheiten gespeichert sein könnten (vgl. (48a) und (48b)). Zugleich steht eins in Phase I noch nicht in Kontrast zu anderen pronominalen Formen von ein: Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz (48) (a) (b) da is au(ch) eins und noch eins 313 (Annelie 1) (Annelie 2) Außerdem wird -s in Phase I und II nur bei [+PRO]-Formen zielsprachlich benutzt. [-EIN, -PRO]-Elemente in Nom./Akk.Sg.-Kontexten, die eine -s-Endung erfordern, tragen in dieser Zeit entweder die Endung -e oder die Endung -r, vgl. z.B. (49). Dies unterstützt die Vermutung, daß -s anfangs nur bei einigen nicht-kontrastiv verwendeten Formen bzw. in unanalysierten Formeln vorkommt.63 (49) (a) (b) (c) (d) diese eis der loch der auto der baby (Mathias 10) (Mathias 18) (Annelie 3) (Annelie 3) Dafür, daß die Verwendung von -s nicht auf zielsprachlichen Repräsentationen basiert, spricht nicht nur die Beschränkung dieser Endung auf bestimmte Kontexte, sondern auch der Uförmige Entwicklungsverlauf bei der Korrektheitsrate: In Phase II sinkt nämlich der Anteil zielsprachlich gebrauchter -s-Formen in den Korpora von Annelie, Hannah, Leonie und Mathias von 100% auf 56% und steigt in Phase III wieder auf 90% an (vgl. Abb.III-27). Wenn der Anteil zielsprachlicher -s-Formen in Phase III wieder ansteigt, produzieren Leonie und Mathias auch bei nicht-pronominalen D-Elementen zielsprachliche Formen auf -s. In den Korpora von Annelie und Hannah finden sich solche Formen hingegen erst in Phase IV. Dabei stehen -r und -s zu diesem Zeitpunkt in klarem Kontrast zueinander: Wie man den Tabellen in Anhang F entnehmen kann, finden sich in den Daten von Annelie und Hannah in Phase IV sowie in den Daten von Leonie und Mathias in den Phasen III und IV 164 -rFormen und 68 -s-Formen in Nom.Mask.Sg.- und Nom./Akk.Neut.Sg.-Kontexten. Dabei sind 98% der -r-Formen und 99% der -s-Formen kontextadäquat. Ähnlich hohe Korrektheitsraten zeigt auch Svenja (99,6% bzw. 100%). Carsten gebraucht zwar bereits -r und -s in Nom.Mask.Sg.- bzw. Nom./Akk. Neut.Sg.Kontexten; er übergeneralisiert aber noch relativ häufig Mask.Sg.-Formen auf Neut.Sg.- 63 Das Fehlen von [-EIN,-PRO]-Elementen auf -s läßt sich nicht einfach darauf zurückführen, daß Kinder Schwierigkeiten damit haben, die Form das sowohl als deiktisches Pronomen als auch als attributives D-Element zu gebrauchen. Strukturen wie (49a) zeigen nämlich, daß auch die -s-Formen anderer D-Elemente zu diesem Zeitpunkt nicht attributiv verwendet werden. Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 314 Kontexte, wobei er die Nominativ/Akkusativdistinktion respektiert: So findet sich die Nom. Mask.Sg.-Endung -r siebenmal in Nom.Neut.Sg.-Kontexten (50), und die Akk.Mask.Sg.Endung -n tritt 19mal in Akk.Neut.Sg.-Kontexten auf (51): (50) (a) (b) wo is denn der wasser? kann der auto sich auch noch reinparken! (Carsten) (Carsten) (51) (a) (b) dann hab'n se den loch zugemacht und dann muß i den nummernschild wieder abkleben (Carsten) (Carsten) Formen auf -e werden in Phase I nur in 65% aller Fälle zielsprachlich benutzt. Außerdem spricht die Distribution dieser Formen dafür, daß selbst die kontextangemessenen Instanzen von -e in Phase I nicht auf zielsprachlichen Repräsentationen beruhen: Annelie, die mehrere Formen auf -e produziert, gebraucht diese Formen nur in den Determinierer-Nomen-Kombinationen die annelie oder die mama. Zugleich handelt es sich bei den entsprechenden Äußerungen um Strukturen, die in Kapitel III.2.3.3 als potentiell formelhaft charakterisiert worden sind - oder um Teile solcher Strukturen; vgl. z.B.: (52) (a) (b) (c) (d) da is die ann(elie) da die mama da is die mama (2mal) is die Ann(elie) (Annelie 2) (Annelie 2) (Annelie 2) (Annelie 2) Außerdem scheint Annelie die Form die auf der Basis von Strukturen wie (52) und (53a) auf alle Eigennamen zu generalisieren (vgl. auch Bittner 1997). Dies führt selbst in Phase III noch gelegentlich zu nicht-zielsprachlichen Strukturen (vgl. (53b) bis (53d)): (53) (a) (b) (c) (d) und die ma [/] Annelie nich und die Christian nich und die Benni auch nich und die Benni auch (Annelie 4) (Annelie 4) (Annelie 4) (Annelie 4) Erst in Phase IV benutzt Annelie Formen auf -e mit verschiedenen Nomina, aber nur noch in Feminin- und Pluralkontexten, so daß man von der Etablierung der Merkmale [±FEM] und [±PL] ausgehen kann. Mathias gebraucht anfangs nur eine Form auf -e, nämlich die Form diese - und zwar nicht nur in Fem.Sg.-Kontexten (54a) und Nom./Akk.Pl.-Kontexten (54b), sondern auch in Nom.Mask.Sg.-Kontexten (54c) und Nom.Neut.Sg.-Kontexten (54d): Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz (54) (a) (b) (c) (d) diese kröte diese gleise diese mann diese eis 315 (Mathias 15) (Mathias 10) (Mathias 13) (Mathias 10) In den Phasen II, III und IV liegen bei Mathias 138 obligatorische Kontexte für -e vor, und er gebraucht -e in 93% dieser Kontexte. Zugleich übergeneralisierte er nur noch 4% der 137 -eFormen, die er insgesamt benutzt, auf Nom.Mask.Sg.-Kontexte und 3% auf Dat.Fem.Sg.Kontexte (vgl. Tab.F-61 bis Tab.F-72 im Anhang). Eine solche distinktive Verwendung von -e zeigt sich auch in den Daten von Hannah in Phase IV, die -e nur in solchen Kontexten gebraucht, in denen diese Form erforderlich ist. Allerdings kann man in Hannahs Fall keine klaren Aussagen über die Phasen I bis III machen, da hier kaum flektierte D-Elemente vorliegen. Leonie verwendet Formen auf -e in den Phasen I und II sowohl in Kontexten, in denen diese Formen angemessen sind, als auch bei Maskulina und Neutra. Daher beträgt der Anteil zielsprachlicher Verwendungen von -e-Formen in Phase I und II nur 50% (= 7/14) bzw. 56% (= 5/9). Dabei finden sich die meisten nicht-zielsprachlichen Belege von -e in Äußerungen, die in Kapitel III.2.3.3 als potentiell formelhaft eingestuft worden sind; vgl. z.B.: (55) (a) (b) (b) no(ch) eine gürtel auch eine päd (= Pferd) a(u)ch eine eis (Leonie 1) (Leonie 2) (Leonie 3) Diese Abweichungen von der Zielsprache scheinen somit dadurch bedingt zu sein, daß Leonie noch nicht über zielsprachliche Repräsentationen für die betreffende D-Elementform verfügt, sondern Einheiten wie noch+eine oder auch+eine mit Nomina kombiniert, ohne das Genus des jeweiligen Nomens zu berücksichtigen. In Phase III steigt der Anteil zielsprachlich verwendeter -e-Formen auf 83% (= 38/46) und erreicht in Phase IV 97% (= 273/281). Die Ergebnisse der Analysen zur Entwicklung der D-Elementflexion in den Korpora von Andreas, Annelie, Carsten, Hannah, Leonie, Mathias und Svenja sind in Tab.III-16 zusammengefaßt. Dabei habe ich ein "+" verwendet, um (Teil-)Korpora zu markieren, in denen die betreffenden Formen weitestgehend zielsprachlich und distinktiv sowie ohne erkennbare Distributionsbeschränkungen verwendet wurden. Die Markierung "(+)" zeigt hingegen an, daß im betreffenden (Teil-)Korpus zwar erste zielsprachliche Verwendungen der entsprechenden Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 316 Formen zu beobachten sind, aber noch systematische Fehler auftreten. Die Markierung "-" besagt, daß die entsprechenden Formen entweder überhaupt nicht vorkamen, obwohl obligatorische Kontexte vorlagen, oder daß sich keine distinktive Verwendung nachweisen ließ. Mit "???" habe ich die (Teil-) Korpora gekennzeichnet, für die aufgrund fehlender Kontexte keine Entscheidung über die Verfügbarkeit der betreffenden Merkmale getroffen werden konnte. Tab.III-16: Evidenz für die Verfügbarkeit von grammatischen Distinktionen Kind+Phase [±PL] [±FEM] [±hr] [±MASK] [±lr] Annelie I Hannah I Leonie I Mathias I Annelie II Leonie II Annelie III Hannah II Hannah III Mathias II Andreas III Leonie III Mathias III Annelie IV Carsten IV Leonie IV Mathias IV Svenja IV Hannah IV ??? ??? + + + + + + + + + + ??? ??? + + + + + + + + + + (+) + + + + + + + + (+) + + + (+) + + + + (+) (+) (+) (+) + Meines Erachtens liefern die in Tab.III-16 zusammengefaßten Befunde Evidenz gegen Varianten der Hypothese der vollständigen Kompetenz, der zufolge Kinder bereits in der frühen Zwei-Wort-Phase über zielsprachliche Determiniererrepräsentationen verfügen. Sie deuten nämlich auf einen schrittweisen unabhängigen Aufbau von Lexikoneinträgen für die einzelnen D-Elemente hin: Wie man in Tab.III-16 erkennen kann, kann man in den Daten aus Phase I keine der Distinktionen beobachten, die das System der deutschen D-Elementflexion charakterisieren. Vielmehr sprechen die diskutierten Befunde dafür, daß die untersuchten Kinder flektierte D-Elementformen in dieser Phase entweder überhaupt nicht benutzen oder sie nicht distinktiv gebrauchen. Zugleich konnte durch entsprechende Distributionsanalysen gezeigt werden, daß ein großer Teil der Äußerungen mit flektierten D-Elementformen in Phase I Strukturen involviert, die in Kapitel III.2.3.3 als potentiell formelhafte unanalysierte Einheiten Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 317 bewertet wurden. Daß solche D-Elementformen nicht auf zielsprachlichen Repräsentationen basieren, wird durch die Beobachtung unterstützt, daß sich in den entsprechenden Korpora U-förmige Entwicklungskurven für Korrektheitsraten bzw. Realisierungsraten beobachten lassen. Dabei zeigt Tab.III-16, daß beim Anstieg der Korrektheitsraten für die D-Elementflexion nicht alle Distinktionen zum gleichen Zeitpunkt verfügbar werden. Dies bestätigt die Arbeitshypothese E-IV, der zufolge Merkmale unabhängig voneinander instantiiert werden können, so daß es bei der Instantiierung der einzelnen Merkmale zu Entwicklungsdissoziationen kommen kann. Diese führen zu den angesprochenen systematischen Übergeneralisierungen von D-Elementformen - z.B. zu Übergeneralisierungen der Nom.Mask.Sg.-Endung -r auf Akk.Mask. Sg.-Kontexte, die -n-Formen erfordern, oder zu Übergeneralisierungen von Akkusativformen auf Dativkontexte.64 Die Reihenfolge, in der die einzelnen Merkmale instantiiert werden, scheint Tab.III-16 zufolge nicht völlig beliebig zu sein. Vielmehr bestätigen die erzielten Befunde die Vorhersagen, die sich aus den Arbeitshypothesen zum Ordnungsproblem und zum Bootstrappingproblem ergeben, die in Kapitel II.3.5, Kapitel II.3.6 sowie Kapitel II.4 entwickelt worden sind: Kinder, bei denen sich Genusdistinktionen beobachten lassen, scheinen stets auch über die [±PL]Distinktion zu verfügen. Wie Tab.III-16 zeigt, fand sich nämlich kein Korpus mit Anzeichen für die Verfügbarkeit der Merkmale [±FEM] oder [±MASK], aber ohne eine distinktive Verwendung von Singular- und Pluralformen. Somit sprechen die erzielten Befunde dafür, daß Kinder Genusmerkmale erst dann instantiieren können, wenn sie das Merkmal [±PL] in Lexikoneinträge integriert haben und so eine Singularzelle geschaffen haben, die mit einer Pluralzelle kontrastiert und mehr als eine Form enthält. Dies ist im Einklang mit der Arbeitshypothese O-I, der zufolge Genusdistinktionen erst dann etabliert werden, wenn Kinder beim Aufbau von morphologischen Paradigmen für die Trägerelemente von Genusmerkmalen auf zwei konkurrierende Formen stoßen, für die sie keine Unterschiede in der Funktion finden können. Außer einer Pluralzelle scheinen jedoch keine weiteren Trägerelementzellen für die Instantiierung des Merkmals [±FEM] erforderlich zu sein. Wie die Daten von Mathias aus Phase II 64 Übergeneralisierungen von Kasusformen sollen in Kapitel III.3.4 noch ausführlicher diskutiert werden. Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 318 zeigen, können [+FEM]- und [-FEM]-Formen distinktiv gebraucht werden, bevor eine Unterscheidung zwischen Maskulin- und Neutrumformen bzw. zwischen Nominativ- und Akkusativformen zu beobachten ist. Mathias benutzt nämlich in Phase II Formen auf -e ausschließlich in Feminin- oder Pluralkontexten. Formen auf -r und -s kommen hingegen sowohl in Maskulinals auch in Neutrumkontexten vor. Zugleich finden sich -r-Formen sowohl in Nominativ- als auch in Akkusativkontexten. Daß das Merkmal [+FEM] beim Erwerb des Deutschen unabhängig von weiteren Genusund Kasusdistinktionen etabliert werden kann, ist im Einklang mit den beiden Arbeitshypothesen B-III und B-IV. Arbeitshypothese B-III wurde in Kapitel II.3.6 und Kapitel II.4 aus dem Verzicht auf die Annahme von Nullaffixen und der Beschränkung auf positive Spezifikationen in Lexikoneinträgen abgeleitet: Wenn man von diesen Annahmen ausgeht, können nämlich nur overte morphologische Elemente spezifiziert werden, und diese Elemente müssen stets einen positiven Wert erhalten. Daher kann beispielsweise bei einem Kontrast zwischen einer morphologisch markierten D-Elementform wie meine und einer morphologisch unmarkierten D-Elementform wie mein nur die morphologisch markierte Form meine eine positive Spezifikation erhalten (vgl. Arbeitshypothese B-III). Dementsprechend sollte das Merkmal [±FEM] auf der Basis des Kontrastes zwischen Formen wie mein und meine instantiiert werden können, sobald Kinder die Nom.Sg.-Zelle mit diesen beiden Formen geschaffen haben - z.B. durch den Kontrast mit einer Pluralform wie meine. Zudem zeigten sich deutsche Kinder in den Studien von MacWhinney (1978), KarmiloffSmith (1979), Mills (1985, 1986) und Müller (2000) beim Erwerb des Deutschen bereits sehr früh sensitiv für die Generalisierung, daß Nomina, die auf Schwa enden (z.B. Henne), meistens mit der Femininform des bestimmten Artikels kombiniert werden. Diese Generalisierung würde zwar - wie oben diskutiert - als Basis für die Etablierung des Merkmals [±FEM] nicht ausreichen, da das Deutsche kein rein phonologisch motiviertes Genussystem hat; sie könnte aber einen Beitrag zur Etablierung von [±FEM] leisten, wenn Arbeitshypothese B-IV zutrifft. Diese besagt nämlich, daß konkurrierende Formen in einer Trägerelementzelle ihre Genusspezifikationen unabhängig von anderen Zellen erhalten können, wenn die Klasse von Nomina, mit denen eine dieser Formen kongruiert, sich durch eine bestimmte phonologische oder semantische Eigenschaft charakterisieren läßt. Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 319 Während die Instantiierung von [±FEM] möglich zu sein scheint, sobald die Singular/ Pluraldistinktion etabliert ist, sprechen die in Tab.III-16 zusammengefaßten Befunde dafür, daß nur Kinder, die über Lexikoneinträge mit einer [+hr]-Spezifikation verfügen, das Merkmal [±MASK] instantiiert haben. Um diese Generalisierung zu erfassen, muß man berücksichtigen, daß sich die Nom.Mask.Sg.- und Nom.Neut.Sg.-Formen von deutschen D-Elementen nicht in ihrer morphologischen Markiertheit unterscheiden (vgl. z.B. meiner vs. meins bzw. mein Hahn vs. mein Küken). Außerdem lassen sich auch keine eindeutigen phonologischen oder semantischen Kriterien angeben, die Maskulinnomina und Neutrumnomina voneinander abgrenzen würden. Dies bedeutet, daß keiner der in Kapitel II.3.6 und Kapitel II.4 diskutierten Mechanismen zur Anwendung kommen kann, mit dem man Merkmale unabhängig von einer oder mehreren weiteren Trägerelementzellen instantiieren könnte. Wie bereits erläutert, zeigen die Mask.Sg.-Formen der deutschen D-Elemente aber im Gegensatz zu den Neut.Sg.- und Fem.Sg.-Formen einen Nominativ/Akkusativkontrast (dieser/diesen vs. dieses/dieses vs. diese/diese). Kinder sollten daher beim Erwerb des Merkmals [±hr] erkennen können, daß die Akkusativmarkierung -n nicht nur eine [+hr]Spezifikation benötigt, sondern auch auf die Kombination mit Maskulina beschränkt werden muß. Dies kann die Basis für die Instantiierung des Merkmals [±MASK] bilden. Daß Kinder das Merkmal [±MASK] erst dann etablieren können, wenn sie Lexikoneinträge mit einer [+hr]-Spezifikation schaffen, ist somit im Einklang mit der Arbeitshypothese B-V. Dieser zufolge muß man nämlich bei der Instantiierung von Genusmerkmalen Nachbarzellen berücksichtigen, wenn eine positive Genusspezifikation nur dazu benötigt wird, um eine Trägerelementform auf einen bestimmten Kasus- oder Numeruskontext einzuschränken. Die Befunde in Tab.III-16 unterstützen nicht nur die Arbeitshypothesen zum Genuserwerb, sondern auch die Annahmen zum Ordnungsproblem beim Kasuserwerb. Sie zeigen nämlich, daß das Merkmal [±lr] erst in Lexikoneinträge für Dativmarkierungen integriert wird, wenn Kinder bereits über die Nominativ/Akkusativdistinktion und das entsprechende Merkmal ([±hr]) verfügen. Insbesondere findet man in den Daten von Andreas, Leonie und Mathias aus Phase III sowie in den Daten von Annelie aus Phase IV Kontraste zwischen Nominativ- und Akkusativformen, während Dativmarkierungen in den entsprechenden Kontexten fehlen. Außerdem sprechen die diskutierten Distributionsanalysen dafür, daß Leonie, Mathias und Svenja Nominativ- und Akkusativmarkierungen in Phase IV kontrastiv und produktiv Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 320 benutzen, Dativmarkierungen zu diesem Zeitpunkt aber nur gelegentlich und noch nicht in allen obligatorischen Kontexten verwenden. Wie in Kapitel II.3.5 und Kapitel II.4 erläutert, ist dies zu erwarten, wenn die Arbeitshypothese O-III zutrifft und zum Dativerwerb Inputdaten mit dreiwertigen Verben und ihren Argumenten erforderlich sind. Solche Daten liefern nämlich zugleich Evidenz für die Nominativ/ Akkusativ- bzw. Absolutiv/Ergativdistinktion. Zum Erwerb dieser Distinktionen genügen hingegen Inputdaten mit transitiven und intransitiven Verben und ihren Argumenten, die nicht zum Dativerwerb beitragen. Damit sollten die Inputdaten für den Dativerwerb schwerer zugänglich sein als die Inputdaten für den Nominativ- und Akkusativerwerb - was die beobachteten Verzögerungen beim Dativerwerb erkären könnte. 3.2 Postpositionen und nominale Affixe Einige der Sprachen, deren Erwerb ich in dieser Arbeit diskutieren werde, realisieren Kasusoder Numerusmerkmale durch Postpositionen oder nominale Affixe an Nomina bzw. am letzten Element der Nominalphrase. Dabei kann die Realisierung dieser Merkmale u.a. vom Genus des betreffenden Nomens abhängen. 3.2.1 Linguistische Analysen und Vorhersagen für den Erwerb Postpositionen weist z.B. das Japanische auf. Diese Elemente kodieren allerdings nur Kasusinformationen (Nominativ, Akkusativ und Dativ) und keine Numerusinformationen. Im Baskischen trägt das letzte Element der DP ein Morphem, das Numerus- und Kasusmerkmale (Absolutiv, Ergativ, Dativ und Genitiv) realisiert. Affixe am Kopfnomen von Nominalphrasen finden sich in den meisten der Sprachen, deren Erwerb ich im folgenden diskutieren werde. Dabei enthalten z.B. die Nominalsuffixe im Kaluli nur Kasusinformationen, während Nomina im Englischen, Französischen und Hebräischen ausschließlich für Numerus markiert sind. Nomina im Deutschen, Finnischen, Griechischen und Russischen weisen hingegen Markierungen auf, die sowohl Numerus- als auch Kasusinformationen kodieren. Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 321 Im Deutschen werden die Numerus- und Kasusspezifikationen dabei durch endungslose Formen, die vier Affixe -e, -er, -(e)n, und -s sowie durch den Umlaut overt realisiert.65 Pluralformen können endungslos sein (vgl. (56a)), tragen aber meistens eines der vier Pluralsuffixe -e, -er, -(e)n oder -s (vgl. (56b) bis (56e)). Dabei können sowohl die endungslosen Pluralformen als auch Pluralformen auf -e und -er mit dem Umlaut markiert werden (vgl. (56f) bis (56h)): (56) (a) (b) (c) (d) (e) (f) (g) (h) das Küken vs. die Küken das Hühnerbein vs. die Hühnerbein-e das Ei vs. die Ei-er die Henne vs. die Henne-n das Kikeriki vs. die Kikeriki-s die Mutter vs. die Mütter der Hahn vs. die Hähn-e das Huhn vs. die Hühn-er Im Gegensatz zu Pluralmarkierungen sind Kasusmarkierungen an Nomina im Deutschen relativ selten: Obligatorische Markierungen finden sich nur in Mask./Neut.Gen.Sg.-Kontexten (vgl. (57a) und (57b)) sowie bei Dat.Pl.-Formen von Nomina, die ihren Plural nicht auf -s oder -n bilden (vgl. (57c) und (57d)). Einige Maskulina tragen darüber hinaus auch in Akk./Dat.Sg.Kontexten Kasusmarkierungen; diese sind aber - zumindest bei Nomina, die nicht auf Schwa enden - optional und im Abbau begriffen (vgl. (57e)): (57) (a) (b) (c) (d) (e) der Hahn vs. des Hahn-s das Huhn vs. des Huhn-s die Hühn-er vs. den Hühn-er-n der Osterhase vs. dem Osterhase-n der Bär vs. dem Bär(-en) In bezug auf den Erwerb von Postpositionen und nominalen Affixen ergeben sich aus den diskutierten Ansätzen zum Entwicklungsproblem ähnliche Vorhersagen wie in bezug auf den Erwerb von flektierten D-Elementen: Strukturaufbauansätze (vgl. z.B. Radford 1990, Clahsen/ Eisenbeiß/Vainikka 1994, Müller 1994, 2000) und die Analysen von Bottari, Cipriani und Chilosi (1993), Penner und Weissenborn (1996) sowie Lleo (2001) sagen unterspezifizierte morphologische Repräsentationen voraus. Dementsprechend sollte es zu Auslassungen oder 65 Für eine ausführlichere Diskussion der verschiedenen nominalen Flexionsklassen vgl. u.a. Mugdan (1977), Wurzel (1984) und Eisenberg (1994). Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 322 phonetischen Reduktionen von Postpositionen und nominalen Affixen kommen. Es wäre aber auch möglich, daß Kinder eine einzige morphologisch markierte Form für alle Kontexte verwenden. Andere Hypothesen ergeben sich aus Varianten der Hypothese der vollständigen Kompetenz, die von früher morphologischer Entwicklung ausgehen: Wenn sämtliche Abweichungen von der Zielsprache - wie z.B. von Gerken (1996) und Crisma und Tomasutti (2000) angenommen - rein prosodische Gründe haben, sollten alle overt realisierten Flexive zielsprachlich eingesetzt werden. Dementsprechend sollten sich in den Erwerbsdaten keine Übergeneralisierungen von morphologischen Markierungen finden. Rein prosodisch bedingte Auslassungen oder phonetische Reduktionen von Postpositionen oder Affixen wären mit einem solchen Ansatz allerdings kompatibel. Ein Nebeneinander von unterspezifizierten und vollspezifizierten Nominalphrasen würde man erwarten, wenn man Abweichungen von der Zielsprache darauf zurückführt, daß Kinder anfangs neben grammatischen auch deiktische Mittel benutzen können, um die Referenz von Nominalphrasen festzulegen (vgl. u.a. Hoekstra/Hyams 1995, 1996, 1998, Hoekstra/Hyams/ Becker 1997, Hyams 1999, Abu-Akel/Bailey 2000). Hierbei sollte die Unterspezifikation Hoekstra und Hyams (1995, 1996, 1998) zufolge primär die Dimension NUMERUS betreffen. Daher sollten beim Erwerb von Sprachen ohne Numerusdistinktionen (z.B. beim Japanischerwerb) keine unterspezifizierten Nominalphrasen auftreten.66 Dementsprechend sollten sich in Erwerbsdaten aus solchen Sprachen keine Auslassungen oder Reduktionen von Postpositionen bzw. nominalen Affixen finden. Um diese Hypothesen zu überprüfen, muß man das Inventar und die Verwendung der einzelnen Formen in der frühen Zwei-Wort-Phase untersuchen, denn - ähnlich wie bei flektierten D-Elementen - kann man auch bei nominalen Affixen und Postpositionen aus einer niedrigen Korrektheitsrate nicht folgern, daß das betreffende Kind keine entsprechenden zielsprachlichen Repräsentationen besitzt. Beispielsweise könnte ein Kind bereits die Numerus- 66 Hoekstra und Hyams (1998) gehen selbst nicht näher auf die Frage nach Kasusmarkierungen in Sprachen ohne Numerusmarkierungen ein, da sie sich primär mit verbalen Markierungen befassen. Für diesen Phänomenbereich machen sie aber eine entsprechende Vorhersage: Finitheitsmarkierungen sollten ihrer Auffassung nach nur dann ausgelassen werden, wenn sie Numerusmerkmale involvieren. Dementsprechend würde man erwarten, daß ein Kind keine root-infinitives produziert, wenn es eine Sprache erwirbt, deren Verben nur Tempus- oder Personendistinktionen zeigen, aber keine Numerusdistinktionen aufweisen. Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 323 distinktionen seiner Zielsprache erworben haben, und nur für einzelne Nomina noch nicht die zielsprachliche Pluralform gelernt haben. Dann könnte es zur Übergeneralisierung von Pluralaffixen kommen (z.B. *Huhn-s). Außerdem könnte ein Kind zwar über alle zielsprachlichen Merkmale verfügen, aber noch Probleme bei der phonologischen Realisierung einer bestimmten Markierung haben. Daher muß man bei Analysen zum Erwerb von nominalen Affixen und Postpositionen neben den Korrektheitsraten stets auch den Fehlertyp ermitteln. Umgekehrt kann man aus einem hohen Anteil zielsprachlicher Formen nicht direkt auf das Vorliegen zielsprachlicher Repräsentationen schließen: Erstens könnten Kinder eine hohe Korrektheitsrate erzielen, wenn sie frequente Postpositionen oder nominale Affixe verwenden, um prosodischen Anforderungen an die Struktur von Phrasen zu genügen, obwohl sie noch nicht über die entsprechenden Merkmalsspezifikationen verfügen. Zweitens könnte eine hohe Korrektheitsrate auf einigen unanalysierten Nominalphrasen mit Nominalaffixen oder Postpositionen beruhen (z.B. ei-er), die in vielen Kontexten angemessen sind. Dann sollte das Inventar solcher Nominalphrasen stark eingeschränkt sein und es sollten Fehler auftreten, wenn diese Nominalphrasen in Kontexten vorkommen, in denen andere Affixe bzw. Postpositionen erforderlich sind (z.B. *da ist ei-er). Außerdem könnte in beiden Fällen der Anteil zielsprachlicher Strukturen vorübergehend sinken, sobald das Kind beginnt, die formelhaften Elemente zu analysieren und die Affixe bzw. Postpositionen produktiv zu verwenden. D.h., es könnte ein U-förmiger Entwicklungsverlauf zu beobachten sein. Somit genügt es nicht, Korrektheitsraten für die Verwendung von Postpositionen und Nominalaffixen in obligatorischen Kontexten zu berechnen, wenn man zwischen den diskutierten Analysen entscheiden will. Man muß auch die Struktur des Entwicklungsverlaufs analysieren und feststellen, auf welche Erwerbsphase sich die angegebenen Werte beziehen. Zugleich muß man ermitteln, über welche Elemente das betreffende Kind verfügt und ob es sie jeweils zielsprachlich angemessen verwendet. Außerdem muß man auch bei Analysen zum Erwerb von Postpositionen und nominalen Affixen eine Erklärung für den Übergang zu zielsprachlichen Repräsentationen anbieten können. Legt man die Reifungshypothese zugrunde (vgl. z.B. Radford 1990), sollten die einzelnen Postpositionen und nominalen Affixe entweder alle zum gleichen Zeitpunkt, oder aber nach einem festen Reifungsplan erworben werden. Geht man von einem graduellen DP-Aufbau aus, steht man - ebenso wie bei der Erklärung des Determiniererwerbs - vor dem Problem, wie Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 324 man dem Nebeneinander von zielsprachlichen und nicht-zielsprachlichen Flexionsformen in der Übergangsphase gerecht werden kann. Dieses Problem läßt sich meines Erachtens auch in diesem Falle im Rahmen eines merkmalsbasierten Strukturaufbauansatzes lösen, da man mit einem solchen Ansatz anfängliche lexikalische Beschränkungen für morphologische Markierungen erklären kann: Wenn Kinder - wie in Kapitel II.1.2 angenommen - tatsächlich zuerst Lexikoneinträge für flektierte Vollformen und erst später dekomponierte Einträge für Stämme und Affixe schaffen, könnten sie z.B. anfangs nur Lexikoneinträge für Singular- und Pluralformen von einzelnen hochfrequenten Nomina aufbauen und kontrastiv gebrauchen. Die übrigen Nomina sollten dann in Pluralkontexten so lange unmarkiert bleiben, bis entsprechende Vollformeinträge für Pluralformen bzw. Lexikoneinträge für Pluralmarkierungen vorhanden sind. Somit ergibt sich aus der Idee des merkmalsbasierten Strukturaufbaus die Vorhersage, daß beim Aufbau des Systems von Nominalaffixen und Postpositionen anfängliche lexikalische Beschränkungen für diese morphologischen Markierungen zu beobachten sein sollten. Außerdem kann man im Rahmen eines merkmalsbasierten Strukturaufbauansatzes annehmen, daß Kinder die einzelnen Lexikoneinträge für morphologische Markierungen unabhängig voneinander aufbauen können (Arbeitshypothese E-III). Wenn diese Annahme zuträfe, könnten Kinder beispielsweise eine Phase durchlaufen, in der sie Numerusmarkierungen, aber noch keine Kasusmarkierungen benutzen. So könnte ein deutsches Kind z.B. Singular- und Pluralformen wie Huhn und Hühn-er kontrastiv gebrauchen, aber in Dativkontexten noch die entsprechende Kasusmarkierung auslassen und Phrasen wie *mit Hühn-er produzieren. Außerdem ist die Idee des merkmalsbasierten Strukturaufbaus mit der Annahme eines unabhängigen Erwerbs der einzelnen Merkmalsspezifikationen vereinbar (vgl. Arbeitshypothese E-IV). Dies läßt sich am Beispiel des Pluralaffixes -(e)n erläutern: Dieses Affix ist in der Erwachsenensprache auf bestimmte Nomenklassen beschränkt. Insbesondere tritt es bei Feminina, die auf Schwa enden, sowie bei sog. "schwachen" Maskulina auf (z.B. Frau-en oder Hase-n).67 Zugleich tritt -n bei Nomina, die ihren Plural nicht auf -s oder -n bilden, in 67 Für die folgenden Analysen ist weder relevant, wie die Beschränkungen für das Pluralaffix -n genau zu definieren sind, noch ist es entscheidend, ob man mehr als ein Affix mit der Spezifikation [+PL] annehmen muß; vgl. u.a. Augst (1975), Mugdan (1977), Köpcke (1988), Sonnenstuhl (2001), Indefrey (2002) sowie Penke (2002) für eine ausführlichere Diskussion der Beschränkungen und entsprechende psycholinguistische Evidenz. Wichtig ist nur die Unterscheidung zwischen der "reinen" Pluralmarkierung und der Dat.Pl.-Markierung. Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 325 Dat.Pl.-Kontexten auf (z.B. Hühn-er-n). Um die Distribution von -n in Pluralkontexten zu erfassen, könnte man somit zwei verschiedene Lexikoneinträge annehmen: (i) einen Eintrag ohne Kasusspezifikation, der eine Inputbedingung aufweist, durch die sich die Beschränkung auf die entsprechenden Nomenklassen erfassen läßt, und (ii) einen Eintrag mit der Outputspezifikation [+hr,+lr] und der Inputspezifikation [+PL]. Ein spracherwerbendes Kind müßte dann nicht nur eine [+PL]-Spezifikation vornehmen, sondern auch die Inputbedingungen bzw. die Dativspezifikation erkennen. Wenn man von der Idee des merkmalsbasierten Strukturaufbaus ausgeht, müssen diese unterschiedlichen Spezifikationsprozesse nicht notwendigerweise zum selben Zeitpunkt erfolgen. Ein Kind könnte auch zunächst nur feststellen, daß das Affix -n bei Nomina ausschließlich in Pluralkontexten vorkommt, und einen Lexikoneintrag für dieses Affix schaffen, der lediglich eine [+PL]-Spezifikation enthält. Dementsprechend sollte es zwar Nomina, die einen -n-Plural aufweisen, korrekt markieren; es sollte das Affix -n aber auf Nomina übergeneralisieren, die ihren Plural nicht auf -n bilden. Solche Übergeneralisierungen können überwunden werden, wenn das Kind angesichts von Kontrasten wie Hühn-er vs. Hühn-er-n oder Hähn-e vs. Hähn-e-n erkennt, daß -n in Dat.Pl.-Kontexten überhaupt keine Pluralmarkierung ist, sondern eine Dativmarkierung, die nur in Pluralkontexten auftritt. Dann kann das Kind nämlich einen entsprechenden Lexikoneintrag für die Dativmarkierung in Pluralkontexten schaffen. Zugleich kann es erkennen, daß die Anwendung der Pluralmarkierung -n in nicht-dativischen Kontexten auf bestimmte Nomenklassen eingeschränkt ist, und die entsprechenden Inputbedingungen im Eintrag für die Pluralmarkierung -n vornehmen. Aus der Idee des merkmalsbasierten Strukturaufbaus läßt sich zwar die Arbeitshypothese ableiten, daß Kinder die einzelnen Lexikoneinträge für morphologische Markierungen unabhängig voneinander aufbauen können (Arbeitshypothese E-III); dies bedeutet aber nicht, daß es keine Beschränkungen für den Entwicklungsverlauf beim Erwerb von nominalen Affixen und Postpositionen gibt. Vielmehr sollten die Implikationsbeziehungen zwischen Merkmalsinstantiierungsprozessen, die ich in Kapitel II.4 diskutiert habe, auch für diesen Phänomenbereich Konsequenzen haben können. Insbesondere sollten Genusdistinktionen der Arbeitshypothese O-I zufolge erst dann vorgenommen werden, wenn Kinder beim Aufbau von Trägerelementparadigmen auf zwei Formen stoßen, die um eine Zelle konkurrieren. Dementsprechend sollten Kinder erst dann entdecken können, daß Genusdistinktionen als Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 326 Inputbedingungen für nominale Markierungen fungieren, wenn sie auf der Basis anderer Merkmale die entsprechenden Paradigmenzellen aufgebaut haben. Bevor dies geschieht, könnte es durch das Fehlen der Inputbedingungen zu Übergeneralisierungen von nominalen Markierungen auf Nomina mit anderem Genus kommen. Insgesamt ergeben sich aus den diskutierten Ansätzen zur Lösung des Entwicklungsproblems somit eine Reihe von Untersuchungsfragen, mit denen geklärt werden soll, ob Kinder in der frühen Zwei-Wort-Phase bereits über zielsprachliche Repräsentationen für Postpositionen und nominale Affixe verfügen: - Gibt es zu Beginn der syntaktischen Entwicklung eine Phase ohne Postpositionen oder nominale Affixe? - Verändert sich der jeweilige Anteil von Nominalphrasen mit zielsprachlich und nicht-zielsprachlich verwendeten Postpositionen bzw. nominalen Affixen im Entwicklungsverlauf? Ist dabei ein U-förmiger Entwicklungsverlauf zu beobachten? - Lassen sich Veränderungen in bezug auf Inventar und Verwendung von Postpositionen bzw. nominalen Affixen beobachten? Welche Markierungen werden im Verlauf der Entwicklung verwendet? Werden diese Markierungen kontrastiv eingesetzt? - Welche Abweichungen von der Zielsprache kommen vor? Sind diese Abweichungen auf bestimmte Markierungen oder Merkmale beschränkt? - Unterliegt die Verwendung von nominalen Affixen oder Postpositionen anfangs lexikalischen Beschränkungen? - Treten beim Erwerb von Postpositionen bzw. nominalen Affixen Entwicklungsdissoziationen auf? Ist dabei eine universelle Erwerbsreihenfolge zu beobachten? Die in Kapitel II.4 diskutierten Arbeitshypothesen zum Ordnungsproblem und zum Bootstrappingproblem ermöglichen Vorhersagen dazu, wie und in welcher Reihenfolge die einzelnen morphologischen Distinktionen erworben werden, die durch Postpositionen und nominale Affixe ausgedrückt werden. Insbesondere ergeben sich aus den Annahmen zur relativen Zugänglichkeit von Inputdaten für den Kasuserwerb sowie zur Instantiierung von Genusmerkmalen beim Paradigmenerwerb eine Reihe von Untersuchungsfragen: Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 327 - Werden Dativmarkierungen erst nach der Etablierung der Nominativ/Akkusativ- bzw. Absolutiv/Ergativdistinktion erworben? - Welche Entwicklungszusammenhänge sind zwischen dem Erwerb von Genusdistinktionen und dem Erwerb anderer Distinktionen zu beobachten? Insbesondere: Ab wann fungieren Genusspezifikationen als Inputspezifikationen für andere nominale Markierungen? 3.2.2 Vorliegende Befunde Eine frühe Phase zu Beginn der grammatischen Entwicklung, in der keine Postpositionen und nominale Affixe vorkommen, wurde für eine Reihe von typologisch sehr unterschiedlichen Sprachen dokumentiert: (i) (ii) (iii) (iv) (v) für das Japanische, das Kasuspostpositionen aufweist (Clancy 1985, Morikawa 1989), für das Baskische, das über DP-finale Morpheme mit Numerus- und Kasusinformationen verfügt (Meisel/Ezeizabarrena 1996, Larranaga 2000), für das Kaluli, das reine Kasussuffixe hat (Schieffelin 1985), für das Englische (vgl. u.a. Cazden 1973) und für das Französische (vgl. u.a. Köhn 1994), wo Nomina Numerusmarkierungen, aber keine Kasusmarkierungen tragen und für das Deutsche (Park 1978), das Finnische (Bowerman 1973) und das Griechische (Stephany 1997, Marinis 2000), die Markierungen mit Numerus- und Kasusinformationen zeigen. Ausführlichere Angaben zur weiteren Entwicklung des Systems von nominalen Affixen und Postpositionen finden sich in Studien zum (i) Englischen, (ii) Deutschen, (iii) Griechischen, (iv) Russischen, (v) Japanischen, (vi) Finnischen, (vii) Baskischen und (viii) Hebräischen. ad (i) Studien zum Erwerb des Englischen Die Analyse, die Peters und Menn (1993) mit den Daten des englischsprachigen Kindes Daniel (1;4-2;10) durchgeführt haben, zeigt, daß man das Fehlen von Markierungen an Nomina nicht einfach darauf zurückführen kann, daß keine Kontexte für overte Markierungen vorliegen. Daniel begann zwar im Alter von 2;1,7, nach einer Phase ohne Pluralmarkierungen, -s-Markierungen an Nomina zu gebrauchen; noch mit 2;2,19 konnte man bei Daniels Reaktionen auf Aufforderungen mit den Nomina car bzw. cars aber noch keine Sensitivität für den Unterschied zwischen den beiden Formen erkennen. Zugleich verwendete Daniel selbst beide Formen von car sowohl in Singular- als auch in Pluralkontexten. Außerdem ließ er bei der Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 328 Imitation der Nominalphrase pair of socks die Pluralmarkierung aus. Dies spricht dafür, daß die Verwendung von -s in diesem Zeitraum keine morpho-syntaktische Funktion erfüllte. Sie schien vielmehr rein phonologisch gesteuert zu sein, da sie auf Wörter mit bestimmten Silbenstrukturmustern und Auslauten beschränkt war (vgl. Peters/Menn 1993:756f.). Erst mit 2;3 begann Daniel, -s kontrastiv als Pluralmarkierung zu verwenden. Dabei war die Anwendung von -s zwischen 2;3,3 und 2;3,15 auf einige wenige frequente Nomina wie car beschränkt. Danach produzierte Daniel die erforderliche Markierung in nahezu allen obligatorischen Kontexten (= 29/31). Übergeneralisierungen von -s auf Pluralnomina, die dieses Affix in der Zielsprache nicht tragen, fanden sich aber erst ab 2;5,25. Ab diesem Zeitpunkt kam es auch wieder zu Auslassungen, v.a. in Kombinationen von Nomina mit Quantoren (z.B. two ball). Zusammengenommen deuten diese Beobachtungen darauf hin, daß Daniel -s erst zu diesem Zeitpunkt produktiv verwendete und die Regularitäten seiner Anwendung erlernte. ad (ii) Studien zum Erwerb des Deutschen Daß man aus dem Auftreten von Markierungen nicht auf das Vorliegen von zielsprachlichen Repräsentationen schließen kann, zeigen auch die vorliegenden Untersuchungen zum Erwerb des Deutschen. Mills (1985:153ff.) zufolge erscheinen Nomina in den von ihr diskutierten Tagebuchstudien (u.a. Stern/Stern 1928) zwar anfangs überwiegend in der unmarkierten Singularform; es finden sich aber schon in der frühen Zwei-Wort-Phase einige Pluralformen. Bei diesen Formen handelt es sich aber zum einen um Lexeme, die auch im Input überwiegend in der Pluralform vorkommen (wie z.B. schuhe); zum anderen werden diese Formen nicht kontrastiv verwendet. Der Übergang vom nicht-kontrastiven Gebrauch einzelner frequenter Pluralformen zur kontrastiven Verwendung und Übergeneralisierung von Pluralmarkierungen ist u.a. in den Studien von Behrens (2002) zum monolingualen Erwerb des Deutschen und in der Untersuchung von Köhn (1994) zum bilingualen Erwerb des Deutschen und Französischen dokumentiert (vgl. auch Müller 1994, 2000):68 Der von Behrens untersuchte deutsche Junge 68 Die meisten Untersuchungen zum Erwerb des deutschen Pluralssystems konzentrieren sich auf den Vergleich der einzelnen Pluralmarkierungen und ihrer Produktivität (vgl. u.a. Köpcke 1987, SchanerWolles 1988, Clahsen/Rothweiler/Woest 1990, Wegener 1992, Bartke 1998). Diese Frage ist für die Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 329 (1;11,13-4;0) produzierte zu Beginn des Untersuchungszeitraums (MLU: 1,1 in Worten) zwar bereits vier Pluralformen: Socken, Eier, Fässer, Lichter; morphologische Kontraste ließen sich aber erst ab 1;11,25 beobachten, obwohl das Korpus ca. fünf Stunden Audioaufnahmen pro Woche und zusätzliche Tagebuchnotizen umfaßte. Eine Woche nach dem Auftreten des ersten Kontrastes fanden sich dann die ersten Übergeneralisierungen von Pluralmarkierungen. Dabei handelte es sich anfangs überwiegend um Übergeneralisierungen des Pluralaffixes -n (z.B. fischen, bussen, broten). Wie in Kapitel III.3.2.1 erläutert, sind solche Übergeneralisierungen zu erwarten, wenn Kinder die Inputbedingungen für die Pluralmarkierung -n und die Unterscheidung zwischen der reinen Pluralmarkierung -n und der Dat.Pl.-Markierung -n erwerben müssen. Das bilinguale Kind Ivar gebrauchte Köhn (1994) zufolge mit 2;4 zwar bereits deutsche Pluralformen, zeigte aber noch keine Numeruskontraste: Erstens verwendete Ivar einige Formen unabhängig von ihrer Numerusspezifikation (vgl. Tab.III-17). Insbesondere benutzte er sechs Pluralformen und vier Singularformen sowohl in Singular- als auch in Pluralkontexten. Tab.III-17: Form und Referenz von Nomina bei Ivar (Köhn 1994:39) Form des Nomens Referenz des Nomens Anzahl (Types) Plural Singular Plural 6 Plural Singular 5 Plural Plural 5 Plural ??? 3 Singular Singular Plural 4 Singular Plural 1 Zweitens produzierte Ivar zu Beginn des Untersuchungszeitraums zwar für einige Nomina zwei unterschiedliche Formen, dabei bevorzugte er aber stets eine dieser Formen. Die jeweils andere Form verwendete er stets nur ein- oder zweimal und nicht kontrastiv. Es ließ sich kein einziges Nomen finden, für das Ivar die Singularform und die Pluralform kontrastiv einsetzte. Erst mit 2;6,6 begann Ivar, für eine größere Anzahl von Nomina beide Formen zu gebrauchen. folgende Diskussion zum Entwicklungs- und Ordnungsproblem nicht zentral. Wichtig ist hier primär festzustellen, ab wann Pluralmarkierungen kontrastiv verwendet werden, und Erwerbsreihenfolgen für Plural- und Kasusmarkierungen zu ermitteln. Daher werde ich mich im folgenden auf die Diskussion von entsprechenden Befunden beschränken. Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 330 Dabei kamen aber anfangs 50% der Pluralformen in Singularkontexten vor. Erst ab 2;6,27 fing Ivar an, Singular- und Pluralformen von Nomina kontrastiv zu benutzen. Übergeneralisierungen von Pluralformen auf Singularkontexte traten ab diesem Zeitpunkt in weniger als 10% aller Fälle auf. Außerdem waren diese Übergeneralisierungen weitestgehend auf Nomina beschränkt, für die Ivar die entsprechende Singularform noch nicht produziert hatte. Auch Übergeneralisierungen von Singularformen auf Pluralkontexte fanden sich in weniger als 10% der obligatorischen Kontexte. Evidenz für die produktive Verwendung von Pluralformen findet sich aber erst ab 3;6. Dann beginnt Ivar nämlich, die Pluralallomorphe -s und -n auf Nomina überzugeneralisieren, die in der Zielsprache ein anderes Pluralaffix erfordern (keksen, schuhen, ...). Kasusmarkierungen an Nomina finden sich im Deutschen, wie in Kapitel III.3.2.1 erläutert, nur in Dat.Pl.-Kontexten sowie bei schwach flektierenden Maskulina in Akk./Dat.Sg.Kontexten. Zum Erwerb von Dat.Pl.-Markierungen liegen meines Wissens bislang noch keine ausführlichen Analysen vor. Mills (1985:184) berichtet lediglich, daß der Sohn von Scupin und Scupin im Alter von 4;11 eine entsprechende Markierung verwendet. Den Erwerb der Akk./Dat.Sg.-Markierung bei Maskulina der schwachen Deklination hat Indefrey (2002) ausführlicher untersucht. In den von ihm untersuchten Spontansprachkorpora aus dem CHILDES-Korpus (http://cnts/uia/ac/be/childes/win/germanic/german) traten solche Markierungen erst relativ spät auf. Der früheste Beleg fand sich bei einem achtjährigen Kind: (58) den Burschen (Frederik 8;7) Außerdem sprechen die von Indefrey durchgeführten experimentellen Untersuchungen mit fünf- bis neunjährigen Kindern seiner Auffassung nach dafür, daß deutsche Kinder Akk./Dat. Sg.-Markierungen bei schwachen Nomina erst im Alter von neun Jahren produktiv verwenden (Indefrey 2002:66ff.): Zwar produzierten bereits die fünfjährigen Kinder bei 61,6% der bekannten maskulinen Nomina die erforderliche -n-Markierung in Akk./Dat.Sg.-Kontexten; bei den maskulinen Kunstwörtern mit Schwa-Auslaut verwendeten sie diese Markierung aber nur zu 15,2%. Auch der entsprechende Wert für die sechsjährigen Kinder lag nur geringfügig über diesem Wert. Erst die siebenjährigen Kinder produzierten signifikant mehr Kasusmarkierungen (43,0%). Ein weiterer signifikanter Anstieg zeigte sich beim Vergleich der acht- und neunjährigen Kinder. Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 331 Insgesamt betrachtet sprechen die diskutierten Befunde zum Erwerb der deutschen Nominalflexion somit für eine frühe Phase ohne kontrastive Markierungen und eine schrittweise Ausdifferenzierung des Systems, bei der sowohl Entwicklungsdissoziationen als auch anfängliche lexikalische Beschränkungen zu beobachten sind. ad (iii) Studien zum Erwerb des Griechischen Eine frühe Phase ohne kontrastive Markierungen und eine schrittweise Ausdifferenzierung des Systems mit Entwicklungsdissoziationen zwischen den einzelnen Markierungen zeigt sich, wie ich im folgenden erläutern werde, auch in den vorliegenden Untersuchungen zum Erwerb des Griechischen. Der Vergleich dieser Studien verdeutlicht aber, daß es keine universellen Erwerbsreihenfolgen für Numerus- und Kasusmarkierungen zu geben scheint - und daß Distributionsanalysen erforderlich sind, um die Produktivität von morphologischen Markierungen einschätzen zu können: Stephany (1997) berichtet, daß Numerusmarkierungen bei den von ihr untersuchten Kindern bereits zu Beginn des Untersuchungszeitraums auftreten und schneller generalisiert werden als Kasusmarkierungen: Ab der Mitte des dritten Lebensjahres verwendeten alle Kinder in sämtlichen obligatorischen Kontexten die erforderlichen Pluralmarkierungen. Eine konsistente Kasusmarkierung von Nomina ist hingegen erst ein bis zwei Jahre später zu beobachten. Dies spricht auf den ersten Blick dafür, daß Numerusmarkierungen ebenso wie beim Erwerb des Deutschen vor Kasusmarkierungen erworben werden. Die von Christofidou (1998) und Marinis (2002b) durchgeführten Reanalysen sowie ihre Distributionsanalysen für das Christos-Korpus ergeben jedoch ein anderes Bild: Nach einer Phase mit unmarkierten Nomina fing Christos (1;7-2;8) mit 1;9 an, Pluralformen zu produzieren. Diese Pluralformen waren aber entweder Teile von Imitationen, oder sie wurden auch in Singularkontexten eingesetzt, oder sie wurden zwar korrekt verwendet, kontrastierten aber nicht mit den entsprechenden Singularformen. Kontrastive Verwendungen von Singular- und Pluralnomina waren erst ab dem Alter von 2;4 zu beobachten, und erst mit 2;5 wurden alle vorkommenden Plural- und Singularformen konsistent zum Ausdruck von Numerusinformationen benutzt. Nominativ-, Akkusativ- und Genitivmarkierungen begann Christos hingegen schon mit 1;11 kontrastiv zu gebrauchen. Dies spricht dafür, daß Kasusdistinktionen im Griechischen - anders als im Deutschen - vor Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 332 Numerusdistinktionen etabliert werden. Weitere Unterstützung für diese Annahme liefern Marinis' Reanalysen der vorliegenden Studien zum Griechischen, denen zufolge keines der untersuchten Kinder Kasusdistinktionen nach Numerusdistinktionen erwirbt. In welcher Reihenfolge die einzelnen Kasusmarkierungen an Nomina ins System aufgenommen werden, geben allerdings weder Stephany (1997) noch Christofidou (1998) und Marinis (2002b) an. ad (iv) Studien zum Erwerb des Russischen Die Analysen zum Kasuserwerb,69 die Babyonyshev (1993) anhand der Längsschnittkorpora der beiden russischen Kinder Andrei (2;1-2;7) und Peter (1;6-2;0) durchgeführt hat, sprechen auf den ersten Blick gegen die Annahme, daß Kinder eine frühe Phase ohne produktive Markierungen an Nomina durchlaufen und ihr Nominalsystem schrittweise ausbauen. Wie man in den folgenden Tabellen erkennen kann, produzierten sowohl Peter als auch Andrei bereits zu Beginn des Untersuchungszeitraums kasusmarkierte Nomina - und nicht nur Nomina mit fehlender Kasusmarkierung oder onomatopoetische Nomina, die keine Kasusmarkierungen erfordern. Tab.III-18: Auslassungen von Kasusmarkierungen beim Erwerb des Russischen - Peter (Babyonyshev 1993) 69 Alter 1;8 1;9 1;6 1;7 fehlende Kasusmarkierung onomatopoetische Nomina 1 1 5 0 1 0 gesamt 9 13 29 1;10 2;0 0 0 0 0 0 0 23 31 149 Der Zusammenhang zwischen dem Erwerb von Numerus- und Kasusdistinktionen wird in den Studien, die im folgenden diskutiert werden sollen, nicht thematisiert. Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 333 Tab.III-19: Auslassungen von Kasusmarkierungen beim Erwerb des Russischen - Andrei (Babyonyshev 1993) 2;1 2;2 2;3 Alter 2;4 fehlende Kasusmarkierung onomatopoetische Nomina 0 1 8 7 1 11 0 1 4 16 15 11 22 11 gesamt 10 84 162 65 87 94 105 2;5 2;6 2;7 Dabei lagen in den meisten Kontexten zielsprachliche Formen vor: Peter und Andrei produzierten 99,5 % (= 597/600) zielsprachliche Formen in Nominativkontexten, 90% (= 27/30) zielsprachliche Formen in Akkusativkontexten, 87,5% (= 21/24) zielsprachliche Formen in Dativkontexten und 80% (= 8/10) zielsprachliche Formen in Genitivkontexten:70 Tab.III-20: Die Verwendung von zielsprachlichen Kasusmarkierungen beim Erwerb des Russischen - Peter (Babyonyshev 1993) Nominativ/obligatorische Kontexte Akkusativ/obligatorische Kontexte Dativ/obligatorische Kontexte Genitiv/obligatorische Kontexte 1;6 1;7 1;8 7/7 0/0 0/0 0/0 8/8 0/0 0/0 0/0 24/24 2/2 1/1 0/0 Alter 1;9 22/22 0/0 0/0 1/1 1;10 2;0 26/28 0/0 0/0 0/0 106/106 25/27 2/2 7/7 Tab.III-21: Die Verwendung von zielsprachlichen Kasusmarkierungen beim Erwerb des Russischen - Andrei (Babyonyshev 1993) Alter Nominativ/obligatorische Kontexte Akkusativ/obligatorische Kontexte Dativ/obligatorische Kontexte Genitiv/obligatorische Kontexte 70 2;1 2;2 2;3 2;4 2;5 2;6 2;7 9/9 0/0 0/0 0/0 64/65 0/0 1/1 0/0 113/113 1/2 3/6 1/3 52/52 1/1 4/4 2/2 50/50 1/2 8/8 2/2 58/58 0/0 0/0 2/5 57/57 2/2 2/2 6/9 Neben diesen Nominativ-, Akkusativ-, Dativ- und Genitivmarkierungen treten auch Instrumentalund Präpositionalkasus auf. Diese wurden aber wegen ihrer geringen Anzahl nicht analysiert. Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 334 Babyonyshev räumt ein, daß bei Andrei 24 der 428 und bei Peter fünf der 198 Nominativformen in nicht-nominativischen Kontexten auftreten. Dadurch kommen in immerhin 20% (= 29/145) der Kontexte, in denen eine andere Form erforderlich gewesen wäre, Nominativformen vor. Sie betont aber, daß 16 dieser 29 nicht-zielsprachlich gebrauchten Nominativformen sich in Kontexten für Nomina mit Possessivmarkierungen befinden. Diese Übergeneralisierungen sind Babyonyshevs Auffassung nach auf eine nicht-zielsprachliche Analyse der spezifischen Konstruktion zurückzuführen - und nicht auf fehlendes Wissen über das zielsprachliche Kasussystem (vgl. Babyonyshev 1993 für eine ausführlichere Diskussion). Selbst wenn man diese Argumentation akzeptiert, verbleibt noch ein Anteil von mehr als 10% an Nominativmarkierungen in nicht-nominativischen Kontexten (= 13/129), den es zu erklären gilt. Außerdem kann man in Tab.III-20 und Tab.III-21 erkennen, daß in den ersten beiden Aufnahmen des jüngeren Kindes (Peter) und in der ersten Aufnahme des älteren Kindes (Andrei) ausschließlich Nominativkontexte vorliegen. Man kann für diese Aufnahmen also nicht zeigen, daß die beiden Kinder bereits die Distinktionen zwischen Nominativ-, Akkusativ-, Dativ- und Genitivmarkierungen erworben haben. Vielmehr lassen sich die Daten aus diesen frühen Aufnahmen mindestens ebenso erklären, wenn man annimmt, daß die beiden Kinder Nomina mit Nominativmarkierungen anfangs als unanalysierte Einheiten behandeln und sie erst später dekomponieren und kontrastiv gebrauchen. Diese Annahme wäre dabei nicht nur mit der anfänglichen Beschränkung auf Nominativmarkierungen vereinbar, sondern auch mit den in späteren Aufnahmen beobachteten Nominativübergeneralisierungen. Mit dieser Annahme läßt sich zugleich auch der weitere Entwicklungsverlauf erfassen: Bei Peter steigt der Anteil ausgelassener Kasusmarkierungen nämlich unmittelbar vor dem Auftreten der ersten Kasusdistinktionen von 11% (= 1/9) auf 38% (= 5/13) an und sinkt danach wieder auf Werte zwischen 0% und 3%. Bei der Rate overter Kasusmarkierungen ist somit ein U-förmiger Entwicklungsverlauf zu beobachten. Zugleich werden die Kasusmarkierungen, die nach dem Anstieg der Realisierungsrate für Kasusmarkierungen auftreten, weitestgehend zielsprachlich und distinktiv verwendet. Dies deutet meines Erachtens darauf hin, daß hier ein Übergang von unanalysierten Strukturen zu analysierten Strukturen stattfindet. Ein solcher Übergang sollte nämlich dazu führen, daß Peter die anfangs unanalysierten Nominativ- Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 335 markierungen vorübergehend ausläßt, bevor er beginnt, sie kontrastiv und zielsprachlich einzusetzen. Bei Andrei zeigen sich ab der zweiten Aufnahme erste Kontraste zwischen Nominativformen und anderen Kasusformen. Ab dieser Aufnahme steigt aber auch der Anteil von Formen ohne zielsprachliche Kasusmarkierung: Zum einen weist keine der 10 analysierten Nominalphrasen in der ersten Aufnahme eine ausgelassene oder inkorrekte Markierung auf; in den folgenden sechs Aufnahmen wurde hingegen in 50 von 597 (= 8%) Nominalphrasen die Kasusmarkierung ausgelassen. Dabei lag der Anteil ausgelassener Kasusmarkierungen in den beiden letzten Aufnahmen sogar bei 16% (= 15/94) bzw. 21% (= 22/105). Außerdem fanden sich von der zweiten Aufnahme an auch nicht-zielsprachliche Kasusmarkierungen. Dies deutet auf einen Übergang von unanalysierten "Nominativformen" zu einem graduellen Erwerb der zielsprachlichen Distinktionen hin. In welcher Reihenfolge die einzelnen Kasusdistinktionen erworben werden, kann man anhand der Daten von Andrei und Peter allerdings nicht ermitteln, da sich aufgrund der Seltenheit von Dativkontexten keine Erwerbsreihenfolgen für Akkusativ- und Dativmarkierungen bestimmen lassen. Es läßt sich lediglich festhalten, daß Nominativmarkierungen vor den übrigen Kasusmarkierungen belegt sind. Die Längsschnittstudie, die Voeikova und Savickiene (2001) zum Erwerb des Russischen und Litauischen durchgeführt haben, spricht hingegen eindeutig dafür, daß Dativmarkierungen nach der Etablierung der Nominativ/Akkusativdistinktion erworben werden. Voeikova und Savickiene (2001) konzentrierten sich in ihrer Längsschnittstudie auf die Analyse von zielsprachlich kasusmarkierten Nomina, die in den untersuchten Korpora jeweils in mindestens zwei verschiedenen Formen vorlagen. Dabei stellten sie fest, daß das russische Kind Fillip (1;4-2;9) 71% der Nomina, die es sowohl als Nominativform als auch als Akkusativform verwendete, zuerst in der Nominativform produzierte. Dabei ging die Verwendung der Nominativform dem Auftreten der Akkusativform im Durchschnitt 136 Tage voraus. Von den Nomina, die Fillip als Nominativform und als Dativform benutzte, markierte er sogar 73% zuerst nominativisch. Dabei erfolgte die Verwendung der Nominativform im Durchschnitt 195 Tage vor dem Auftreten der Dativform. Dasselbe Bild ergab die Analyse der Längsschnittdaten des litauischen Kindes Ruta (1;72;6): Sie verwendete 78% der Nominativ/Akkusativnomina und 95% der Nominativ/Dativ- Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 336 nomina zuerst als Nominativform. Dabei ging die Verwendung der Nominativform der Produktion der Akkusativform nur um durchschnittlich 81 Tage voraus, während der zeitliche Abstand zwischen der Verwendung der Nominativform und der Verwendung der Dativform 93 Tage betrug. ad (v) Studien zum Erwerb des Japanischen Dafür, daß Dativmarkierungen nicht unabhängig vom Erwerb der Nominativ/Akkusativdistinktion instantiiert werden, sprechen auch die vorliegenden Studien zum Erwerb des japanischen Kasussystems. Diese stimmen darin überein, daß die Nominativpostposition ga vor der Akkusativpostposition o und der Dativposition ni erscheint und am häufigsten verwendet wird (vgl. Miyahara 1974, Iwatate 1981, Clancy 1985, Yokohama/Schaefer 1986, Morikawa 1989, Matsuoka 1998). Die Erwerbsreihenfolge für ni und o ist hingegen auf den ersten Blick weniger eindeutig. Die Postposition ni erscheint zwar bei einigen Kindern vor der Postposition o; sie wird aber anfangs nur als lokative Postposition verwendet und erst später zur Markierung von Dativobjekten gebraucht (Clancy 1985, Yokohama/Schaefer 1986). Dieser Befund wird auch durch die quantitative Analyse bestätigt, die Matsuoka (1998) mit drei Längsschnittkorpora japanischer Kinder (Aki 1;5-3;0, Sumihare 1;11-2;3, Kan 2;2-3;0) durchgeführt hat: Matsuoka zufolge treten o und ni im Kan-Korpus im selben Monat auf, während ni in den beiden anderen Korpora früher zu beobachten ist als o. Dabei fungiert ni aber in allen drei Korpora anfangs ausschließlich als lokale Postposition. Als Kasusmarkierung bei indirekten Objekten benutzen alle drei Kinder ni hingegen erst relativ spät: Dativmarkierungen an indirekten Dativobjekten erscheinen sowohl im SumihareKorpus als auch im Kan-Korpus deutlich nach dem ersten Auftreten der Akkusativmarkierung. Außerdem kommt Morikawa (1989:86ff.) bei ihrer Analyse des Sumihare-Korpus zu dem Schluß, daß dieses Kind o ab 2;4, die Dativmarkierung ni hingegen erst ab 3;3 produktiv verwendet. Vor diesem Zeitpunkt liegen nämlich jeweils weniger als fünf einzelne Belege der betreffenden Kasusmarkierung vor und es finden sich Übergeneralisierungen von Nominativmarkierungen in Kontexten für andere Markierungen, was für die fehlende Verfügbarkeit der entsprechenden Kasusdistinktionen spricht. Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 337 Anders als im Sumihare- und im Kan-Korpus erscheint die Dativmarkierung ni bei Objekten Matsuoka (1998) zufolge im Aki-Korpus nicht später als o, sondern kurz vor dem ersten Auftreten dieser Markierung. Dies könnte aber ein Artefakt der Datenerhebung sein, da o in der japanischen Umgangssprache meistens ausgelassen werden kann. Dies gilt auch für das Aki-Korpus: Sowohl in Akis Input als auch in seinen eigenen Äußerungen ist der Anteil von o (15% bzw. 5%) deutlich niedriger als der Anteil von ni (50% bzw. 41%) und ga (44% bzw. 54%). Daher könnte es Zufall sein, daß die Postposition o in dem relativ kurzen Zeitraum zwischen dem ersten Auftreten von ni bei Dativobjekten und dem ersten Vorkommen von o nicht belegt ist. Für diese Annahme spricht, daß o auch in den späteren Aufnahmen von Aki stets weniger als 10mal und häufig überhaupt nicht belegt ist. Insgesamt betrachtet sind die Befunde zum Erwerb des Japanischen somit kompatibel mit der Arbeitshypothese O-III, der zufolge die Inputdaten, die zum Erwerb von Dativmarkierungen erforderlich sind, leichter zugänglich sind als die Daten, die ein Kind zur Etablierung der Nominativ/Akkusativdistinktion benötigt. ad (vi) Studien zum Erwerb des Finnischen Angaben zu Erwerbsreihenfolgen für Kasusmarkierungen liegen auch für den Erwerb des Finnischen vor, wo Kasusdistinktionen nicht durch Postpositionen, sondern durch Flexive markiert werden: Bowerman (1973) berichtet, daß die von ihr untersuchten finnischen Kinder Seppo (MLU: 1,42 bzw. 1,81) und Rina (MLU: 1,83) in der frühen Zwei-Wort-Phase invariante Formen von Nomina verwendeten, die nicht mit anderen Formen desselben Nomens kontrastierten. Bei diesen Formen handelte es sich im allgemeinen um die Nom.Sg.-Form des betreffenden Nomens. Pluralmarkierungen waren nicht zu beobachten. Seppo verwendete zwar gelegentlich Nomina mit einem gelängten Vokal, wie er für Partitivformen von Nomina auf -a, -o oder -u charakteristisch ist; diese Längung markierte aber Bowerman zufolge nicht den Partitiv. Sie trat vielmehr besonders häufig bei Nomina auf, die in Isolation verwendet wurden und schien den Charakter eines phonologischen Spiels zu haben. Diese Annahme wird durch die Beobachtung unterstützt, daß Seppo nur zwei Partitivformen verwendete, deren Partitivform nicht durch die Längung des finalen Vokals gebildet wird. Die kontrastierenden Nominativformen dieser Nomina benutzte Seppo aber nicht. Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 338 Darüber hinaus kombinierte Seppo gelegentlich die Nominativform eines Adjektivs mit der Partitivform eines Nomens. Aufschluß über die weitere Entwicklung geben die Studien von Tovainen: Der Reanalyse von Clahsen, Eisenbeiß und Vainikka (1994) zufolge produzieren die 18 von Toivainen (1980) untersuchten finnischen Kinder die ersten Partitivformen signifikant früher (im Durchschnitt mit 1;10) als die ersten Genitivformen (2;1) und die ersten Elativformen (2;7). Toivainen (1997) gibt an, daß die von ihm untersuchten 25 finnischen Kinder (1;4-4;0) die ersten Partitivformen sowie die ersten lokativen Kasusmarkierungen (Illativ, Adessiv, Inessiv) mit 1;8 gebrauchten. Mit 2;0 verwendeten sie die ersten Genitiv-, Akkusativ- und Allativmarkierungen sowie die Pluralmarkierungen im Nominativ. Im Alter von 2;4 waren bei den Kindern sowohl zusätzliche lokale Kasus (Essiv und Translativ) als auch Pluralformen lokaler Kasus zu beobachten. Somit scheint der Erwerb der finnischen Nominalflexion ein schrittweiser Ausdifferenzierungsprozeß zu sein. ad (vii) Studien zum Erwerb des Baskischen Das Baskische verfügt, wie in Kapitel III.3.2.1 bereits erwähnt, über nominalphrasenfinale Morpheme, die sowohl Numerus- als auch Kasusmerkmale (Absolutiv, Ergativ, Dativ) realisieren. In den mir vorliegenden Untersuchungen zum Erwerb der baskischen Nominalflexion konzentrierte man sich jedoch auf den Erwerb des ergativen Kasussystems. Dies gilt auch für die Studien zum Baskischerwerb der beiden Kinder Mikel (1;7-3;9) und Peru (1;11-4;3), die Spanisch und Baskisch parallel erwerben (Meisel/Ezeizabarrena 1996, Larranaga 2000). In diesen Untersuchungen zeigte sich, daß Absolutivformen in beiden Korpora von Anfang an vorkommen. Da diese Formen eine Nullmarkierung aufweisen, ist es allerdings schwer festzustellen, ab wann tatsächlich kasusmarkierte Formen vorliegen. Kontexte für Ergativmarkierungen gibt es bei beiden Kindern ab 1;11. Die ersten eindeutigen Belege für Ergativmarkierungen produzierten Mikel und Peru Larranaga (2000: 126ff.) zufolge allerdings erst mit 2;0 bzw. 2;5. Dabei war bei Mikel ab 2;2 eine langsame, aber stetige Zunahme dieser Markierungen zu beobachten. Peru erreichte hingegen bereits sehr schnell eine hohe Realisierungsrate für Ergativmarkierungen; ab 3;7 ließ er Ergativmarkierungen jedoch wieder vermehrt aus. Larranaga (2000:128) zufolge sind diese späten Auslassungen aber phonetisch bedingt, da sie Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 339 nur bei Nominalphrasen in finaler Position vorkamen. Die ersten eindeutigen und nicht-imitativen Dativmarkierungen benutzten sowohl Mikel als auch Peru mit 2;7, d.h. deutlich nach der Etablierung der Absolutiv/Ergativdistinktion. Somit liefern die Daten zum Erwerb des baskischen Kasussystems zum einen Evidenz für eine frühe Phase ohne Kasusmarkierungen; zum anderen sprechen sie für eine schrittweise Ausdifferenzierung des Kasussystems, bei der die Etablierung der Absolutiv/Ergativdistinktion dem Erwerb von Dativmarkierungen vorangeht. ad (viii) Studien zum Erwerb des Hebräischen Für einen solchen schrittweisen Übergang zum Erwachsenensystem sprechen auch die vorliegenden Befunde zum Erwerb des Hebräischen: Berman (1985:267) berichtet, daß Kinder zwar bereits in der Ein-Wort-Phase gelegentlich Pluralformen von Nomina gebrauchen. Bei diesen Formen handelt es sich aber ausschließlich um Nomina, die typischerweise im Plural gebraucht werden (z.B. naalayim 'Schuhe' oder kubiyot 'Klötze'). Kontrastive Verwendungen von Pluralmarkierungen an Nomina sind Berman zufolge hingegen erst im dritten Lebensjahr zu beobachten. Der Gebrauch dieser Markierungen kann Aufschluß über die Interaktion zwischen dem Genuserwerb und der Etablierung anderer morphologischer Distinktionen geben, da sich die Wahl der Pluralmarkierung im Hebräischen nach dem Genus des betreffenden Nomens richtet: Feminina enden im Plural auf -ot, Maskulina hingegen auf -im (vgl. u.a. Levy 1983). Dies ließe sich durch eine entsprechende Inputbedingung im Eintrag für die beiden Pluralmarkierungen erfassen. Wenn Kinder Pluralformen von Nomina erwerben, müssen sie somit Genusdistinktionen berücksichtigen. Wenn der Genuserwerb unabhängig von anderen morphologischen Distinktionen, d.h. allein auf der Basis von distributionaler Information, erfolgen könnte, sollte dies kein prinzipielles Problem darstellen. Dann könnten Kinder nämlich bereits vor dem Erwerb von nominalen Pluralmarkierungen erkennen, daß die Wahl der Kongruenzmarkierungen an Adjektiven oder Verben im Hebräischen davon abhängt, mit welchem Nomen das betreffende Adjektiv bzw. Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 340 Verb kongruiert.71 So sollten Kinder Genusdistinktionen an Adjektiven und Verben in Singularkontexten erwerben können. Diese Distinktionen könnten dann die Basis für den Erwerb der zielsprachlichen Inputbedingungen für Pluralmarkierungen an Nomina bilden. Wenn Arbeitshypothese O-I zutrifft, sind hingegen Probleme beim Erwerb von hebräischen Pluralmarkierungen und Genusdistinktionen zu erwarten: Genusdistinktionen sollten in diesem Fall erst dann etabliert werden können, wenn Kinder beim Aufbau von Paradigmen für die Trägerelemente von Genusmarkierungen auf kontrastierende Adjektiv- bzw. Verbformen stoßen, die um dieselbe Paradigmenzelle konkurrieren. Dazu müßten sie aber bereits entsprechende Zellen aufgebaut haben - nämlich Zellen für Singular- und Zellen für Pluralformen von Adjektiven bzw. Verben. D.h., Numerusdistinktionen für Adjektive und Verben wären eine Voraussetzung für den Genuserwerb. Numerusdistinktionen bei Adjektiven und Verben hängen aber wiederum von dem Nomen ab, mit dem die betreffenden Elemente jeweils kongruieren. Daher sollten sie nicht unabhängig von den Numerusdistinktionen an Nomina etabliert werden können. Demnach müßten Kinder die Numerusdistinktionen an Nomina erworben haben, um Paradigmen für Adjektive oder Verben aufbauen und die Genusdistinktionen in diesen Paradigmen entdecken zu können. Somit müßten Kinder auf der einen Seite über Genusdistinktionen verfügen, um beim Pluralerwerb der Distribution der einzelnen Pluralmarkierungen gerecht zu werden. Auf der anderen Seite sollte der Pluralerwerb von Nomina eine Voraussetzung für den Aufbau von Trägerelementparadigmen und damit für den Genuserwerb zu sein. Diese gegenseitige Abhängigkeit von Genus- und Numeruserwerb sollte zu Problemen beim Erwerb der zielsprachlichen Markierungen führen. Dies scheint auch in der Tat der Fall zu sein: Levy (1983) zufolge berücksichtigte das von ihr untersuchte Kind Arnon beim Erwerb der hebräischen Pluralmarkierungen an Nomina 71 Als Alternative zu einem distributionsorientierten Erwerbsmechanis mus könnte man annehmen, daß Kinder das natürliche Geschlecht von Nomenreferenten dazu benutzen, um Instanzen von Genuskategorien im Input zu identifizieren, und dann das Genus von Nomina mit unbelebten Referenten durch distributionelles Lernen erschließen (vgl. z.B. Pinker 1982). Wenn diese Hypothese zuträfe, sollten Genusdistinktionen zuerst bei Nomina mit belebten Referenten zu beobachten sein, und bei Nomina mit unbelebten Referenten sollten anfangs relativ viele Genusfehler auftreten (vgl. Pinker 1984:172f). Wie ich bereits in Kapitel II.3.6 erläutert habe, scheint dies aber nicht der Fall zu sein (vgl. u.a. MacWhinney 1978, Maratsos/Chalkey 1980, Mills 1986, Müller 2000 sowie Levy 1983 zum Hebräischerwerb). Daher werden semantisch basierte Erwerbsmechanis men für Genusdistinktionen im folgenden nicht weiter diskutiert. Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 341 anfangs keine Genusdistinktionen, sondern verwendete das Mask.Pl.-Affix -im unabhängig vom Genus des betreffenden Nomens. Arnon schien somit noch keine Genusspezifikationen in die Lexikoneinträge für Pluralmarkierungen aufgenommen zu haben. Erst in einem zweiten Schritt unterschied Arnon diese Form von der Fem.Pl.-Endung -ot. Dabei war die Distribution der beiden Pluralmarkierungen anfangs jedoch noch nicht durch die Genusspezifikationen bestimmt, die das betreffende Nomen in der Zielsprache aufweist. Vielmehr schien die Distribution der beiden Markierungen rein phonologisch determiniert zu sein: Anfangs benutzte Arnon die Pluralmarkierung -ot nur bei Nomina auf -a, die im Hebräischen typischerweise Feminin sind. In einem zweiten Schritt dehnte er diese Markierung auf Nomina mit der Endung -t aus, die ebenfalls in der Zielsprache typischerweise Feminina sind. Eine zielsprachliche Distribution der beiden Pluralmarkierungen, die allein auf dem Genus der betreffenden Nomina und nicht auf ihrer Endung beruht, ließ sich erst ab 2;5 beobachten. Dies ist im Einklang mit der Annahme, daß Genusdistinktionen beim Erwerb des Hebräischen erst dann erworben werden können, wenn die Numerusdistinktionen an Nomina etabliert und davon ausgehend Singular- und Pluralzellen für die Adjektive und Verben aufgebaut worden sind, die mit den Nomina kongruieren und als Trägerelemente für Genusmarkierungen fungieren. Vor diesem Zeitpunkt sollten Kinder - so wie Arnon dies tut - den Kontrast zwischen den unterschiedlichen Pluralmarkierungen ignorieren und nur eine der Pluralformen von Nomina gebrauchen. Alternativ dazu könnten sie statt der Genusmerkmale, die in ihrer Zielsprache als Inputbedingungen dienen, andere Inputbedingungen für Pluralmarkierungen annehmen. Dies scheint Arnon in einer zweiten Phase zu tun. Daß er dabei den Auslaut des Nomens im Singular als Inputbedingung wählt, ist nicht erstaunlich, da der Nomenauslaut im Singular sehr stark mit dem Genus des betreffenden Nomens korreliert - und daher auch mit der zielsprachlichen Inputbedingung für Pluralmarkierungen. Dementsprechend besteht auch in den Äußerungen, die Kinder hören, ein enger Zusammenhang zwischen dem Auslaut eines Nomens im Singular und seiner Pluralendung. Dieser könnte die Basis für Arnons nicht-zielsprachliche Generalisierungen in der Übergangsphase bilden. Der Nomenauslaut im Singular sollte allerdings im weiteren Erwerbsverlauf nicht mehr als Inputbedingung fungieren, sondern durch Genusmerkmale ersetzt werden. Dies sollte möglich sein, sobald das betreffende Kind die Numerusdistinktion an Nomina sowie die Numerus- Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 342 kongruenz zwischen Nomen und Adjektiv bzw. Verb erworben und davon ausgehend Adjektivparadigmen und Verbparadigmen mit Singular- und Pluralzellen geschaffen hat. Dann sollte das Kind nämlich auf die Formkontraste in diesen Zellen stoßen und auf dieser Basis die zielsprachlichen Genusmerkmale etablieren können. Auch diese Vorhersage wird durch die Daten von Arnon bestätigt: Der Erwerb von Pluralmarkierungen hatte Levy (1983:115) zufolge Auswirkungen auf den Gebrauch der Kongruenzmarkierungen an Adjektiven und Verben, der vor diesem Zeitpunkt noch weitestgehend unsystematisch war: "working out the plurals helped the child immensely in figuring out agreement forms". Außerdem berichtet Levy, daß Numerusdistinktionen bei der Adjektiv- und Verbkongruenz früher respektiert wurden als Genuskontraste. Dies ist zu erwarten, wenn man annimmt, daß Kinder von den Numerusdistinktionen an Nomina ausgehen, dann Singular- und Pluralzellen für Adjektive und Verben schaffen und erst in einem weiteren Schritt die Genusdistinktionen in diesen Zellen etablieren. Sind die Genusmerkmale auf der Basis der Formkontraste in den Adjektiv- und Verbparadigmen erst einmal etabliert, kommen sie auch als Inputbedingungen für nominale Pluralmarkierungen in Frage. Es stellt sich aber die Frage, warum ein Kind seine ursprüngliche, phonologisch basierte Inputbedingung aufgeben und durch eine Genusspezifikation als Inputbedingung ersetzen sollte. Als Auslöser für einen solchen Prozeß kämen Inputäußerungen in Frage, bei denen die Pluralmarkierung am Nomen der Genusspezifikation entspricht, aber nicht dem Auslaut des Nomens im Singular. Wie sich dieser Prozeß im einzelnen vollzieht, ist für die Bewertung der Arbeitshypothesen zum Entwicklungsproblem und Ordnungsproblem nicht zentral. Entscheidend ist nur, daß die hebräischen Erwerbsdaten Evidenz für die Annahme liefern, daß Kinder zu Beginn der grammatischen Entwicklung noch nicht über Genusdistinktionen verfügen und diese Distinktionen auch nicht unabhängig vom Erwerb anderer Distinktionen etablieren können. Für diesen Zusammenhang und den relativ späten Erwerb der Genusdistinktionen im Singular gibt es zumindest keine offensichtliche Erklärung, wenn man davon ausgeht, daß Kinder die Genusdistinktionen unabhängig von anderen morphologischen Distinktionen erwerben können. Aus der Idee des merkmalsbasierten Strukturaufbaus und den in Kapitel II.4 entwickelten Arbeitshypothesen folgt dieser Zusammenhang hingegen direkt. Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 343 Insgesamt betrachtet haben die diskutierten Studien keine Evidenz für die Vorhersagen von Varianten der Hypothese der vollständigen Kompetenz geliefert, der zufolge Kinder bereits in der frühen Zwei-Wort-Phase über zielsprachliche morphologische Repräsentationen verfügen. Es konnte nämlich eine Phase beobachtet werden, in der nominale Affixe oder Postpositionen entweder ganz fehlten, oder aber nicht kontrastiv verwendet wurden. Außerdem unterstützen die vorgelegten Befunde die Annahme, daß das System von nominalen Affixen bzw. Postpositionen schrittweise aufgebaut wird: Erstens zeigten sich beim Erwerb nominaler Affixe anfängliche lexikalische Beschränkungen, die dafür sprechen, daß Kinder im Verlauf der morphologischen Entwicklung zuerst Vollformeinträge für flektierte Formen aufbauen und erst später separate Einträge für Stämme und Affixe schaffen. Zweitens waren bei der Instantiierung der einzelnen Markierungen Entwicklungsdissoziationen zu beobachten, die auf eine graduelle Ausdifferenzierung des morphologischen Systems hindeuten. Dabei ließ sich keine feste universelle Entwicklungsreihenfolge für die Merkmalsinstantiierung ermitteln, wie man sie z.B. bei einem universellen Reifungsplan erwarten würde. Es konnte auch keine Evidenz für die Annahme von Hyams und Hoekstra (1995, 1996, 1998) gefunden werden, daß die in frühen Erwerbsphasen beobachtbaren Abweichungen von der Zielsprache primär durch die Unterspezifikation der Dimension NUMERUS bedingt sind. Die Arbeitshypothesen zum Ordnungsproblem konnten jedoch bestätigt werden: Zum einen wurden Dativmarkierungen vor der Etablierung der Nominativ/Akkusativ- bzw. Absolutiv/ Ergativdistinktion nicht verwendet; zum anderen sprechen die beobachteten Entwicklungszusammenhänge zwischen Genusdistinktionen und anderen morphologischen Distinktionen dafür, daß die Genera der Zielsprache erst dann unterschieden werden, wenn Kinder auf der Basis anderer Merkmalsspezifikationen Paradigmen für Trägerelemente aufbauen. Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 3.2.3 344 Auswertung der Korpora Um die erzielten Befunde zu überprüfen und Entwicklungszusammenhänge zwischen der Entwicklung der D-Elementflexion und der Nominalflexion zu untersuchen, habe ich die Pluralund Kasusmarkierungen an Nomina in den vier Phasen analysiert, die sich bei der Untersuchung des D-Elementerwerbs ergeben hatten. Da die in Kapitel III.3.2.2 diskutierten Studien zum Erwerb des Deutschen darin übereinstimmen, daß Pluralmarkierungen an Nomina vor Kasusmarkierungen an diesen Elementen erworben werden, werde ich im folgenden zunächst auf den Erwerb von Pluralmarkierungen eingehen. Hierbei werde ich zum einen ermitteln, ab wann Kinder beginnen, Pluralmarkierungen kontrastiv zu gebrauchen; zum anderen werde ich untersuchen, ob die ersten Pluralmarkierungen lexikalischen Beschränkungen unterliegen - oder ob Kinder Pluralmarkierungen von Anfang an produktiv gebrauchen und dabei auch Übergeneralisierungen produzieren. Zur Beantwortung dieser Fragen habe ich Nomina in Singular- und Pluralkontexten analysiert, die im Plural eine overte Pluralmarkierung erfordern. Für diese Nomina habe ich ermittelt, wie viele Singular- und wie viele Pluralformen jeweils in Singular- und Pluralkontexten auftreten. Hierbei habe ich drei Typen von Pluralformen unterschieden: (i) (ii) (iii) Pluralformen mit Kontrast: Pluralformen mit einem zielsprachlichen Pluralaffix (z.B. Hühner), für die in derselben Aufnahme oder in einer der vorangegangenen Aufnahme die entsprechende Singularform (z.B. Huhn) vorkam, Pluralformen ohne Kontrast: Pluralformen mit dem zielsprachlichen Pluralaffix, für die sich weder in derselben Aufnahme noch in einer vorangegangenen Aufnahme eine korrespondierende Singularform finden ließ, Pluralübergeneralisierung: Pluralformen mit einer nicht-zielsprachlichen Pluralmarkierung (z.B. *Hühnerbein-s statt Hühnerbein-e oder *Hühn-er-s statt Hühn-er). Die Ergebnisse dieser Auswertungen finden sich in Tab.G-1 bis Tab.G-7 im Anhang. Um einen Überblick über den Entwicklungsverlauf zu erhalten, habe ich die entsprechenden Werte für die Längsschnittstudien von Annelie, Hannah, Leonie und Mathias, die alle vier Phasen der DP-Entwicklung umfassen, in Abb.III-28 bis Abb.III-31 graphisch dargestellt. Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 345 Abb.III-28: Die Distribution von Singular - und Pluralformen von Nomina Annelie 100% 80% 60% 40% 20% 0% Sg. Pl. Sg. Pl. Sg. Pl. Sg. Pl. Kontext Singularform (ii) Pluralform ohne Kontrast (i) Pluralform mit Kontrast (iii) Pluralübergeneralisierung Abb.III-29: Die Distribution von Singular - und Pluralformen von Nomina Hannah 100% 80% 60% 40% 20% 0% Sg. Pl. Sg. Pl. Sg. Pl. Sg. Pl. Kontext Singularform (ii) Pluralform ohne Kontrast (i) Pluralform mit Kontrast (iii) Pluralübergeneralisierung Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 346 Abb.III-30: Die Distribution von Singular - und Pluralformen von Nomina Leonie 100% 80% 60% 40% 20% 0% Sg. Pl. Sg. Pl. Sg. Pl. Sg. Pl. Kontext Singularform (ii) Pluralform ohne Kontrast (i) Pluralform mit Kontrast (iii) Pluralübergeneralisierung Abb.III-31: Die Distribution von Singular- und Pluralformen von Nomina Mathias 100% 80% 60% 40% 20% 0% Sg. Pl. Sg. Pl. Sg. Pl. Sg. Pl. Kontext Singularform (ii) Pluralform ohne Kontrast (i) Pluralform mit Kontrast (iii) Pluralübergeneralisierung Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 347 Sowohl Annelie als auch Leonie verwenden bereits vor dem vorübergehenden Einschnitt bei der Determiniererrealisierungsrate Pluralformen in Pluralkontexten. Diese Formen stehen jedoch anfangs nicht im Kontrast zu den entsprechenden Singularformen. Sie treten sogar gelegentlich in Singularkontexten auf; vgl. z.B. (59). Kontrastiv gebrauchte Formen finden sich bei beiden Kindern erst in Phase II, d.h. während des vorübergehenden Einschnitts bei der Determiniererrealisierungsrate, der auf einen Übergang von unanalysierten Strukturen zu zielsprachlichen Nominalphrasenrepräsentationen hindeutet (vgl. z.B. (60) und (61)). (59) (a) (b) ein suhe (= ein Schuh) guck mal suhe (= Schuhe) (Annelie 1) (Annelie 1) (60) (a) (b) in schuh maus (= die Maus ist im Schuh) und schuhe auch (Annelie 3) (Annelie 3) (61) (a) (b) auch eine bonbon kleine bonbons (Leonie 4) (Leonie 4) Bei Hannah und Mathias sind bereits in Phase I für fünf bzw. sechs Nomina kontrastiv verwendete Formen zu beobachten (vgl. (62)). Dabei gebraucht Mathias Pluralformen allerdings erst ab Aufnahme 12 distinktiv; vgl. (62c) und (62d): (62) (a) (b) (c) (d) heile hand hände auto männer reintan da autos rein (Hannah 2) (Hannah 2) (Mathias 12) (Mathias 12) Dies bedeutet allerdings nicht, daß die beiden Kinder bereits ab Phase I eine systematische Distinktion von Singular- und Pluralformen zeigen: Wie man in Abb.III-29 und Abb.III-31 erkennen kann, finden sich bei Hannah in Phase I und II sowie bei Mathias in Phase I, II und IV Singularformen in Pluralkontexten oder Pluralformen in Singularkontexten. Es könnte also sein, daß Pluralmarkierungen anfangs noch lexikalischen Beschränkungen unterliegen, so daß Hannah und Mathias für einige Nomina bereits in Phase I einen Singular/Pluralkontrast etabliert haben, für andere hingegen noch nicht. Für diese Annahme spricht z.B. die Beobachtung, daß Hannah in Phase I die Singular- und Pluralformen der Wörter Auge und Vogel zielsprachlich und kontrastiv benutzt, während sie die entsprechenden Formen des Wortes Note kontextunabhängig gebraucht. Außerdem findet Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 348 man Übergeneralisierungen von Pluralmarkierungen, die auf einen produktiven Gebrauch von Pluralmarkierungen hinweisen, bei Hannah erst in Phase II und bei Mathias erst in Phase III. Bei den übergeneralisierten Pluralmarkierungen, die in den Korpora von Annelie, Hannah, Leonie, Mathias sowie in den Korpora von Andreas, Carsten und Svenja vorkommen, handelt es sich in erster Linie um -n und -s (vgl. z.B. (63) bzw. (64)). Andere Übergeneralisierungstypen sind nur vereinzelt zu beobachten; vgl. z.B. (65): (63) (a) (b) (c) (d) ja leuten (= Leute) kindern tieren hin? (= Wo sind die Tiere hin?) meine bildern komm da hein (= rein) (Hannah 4) (Leonie 4) (Leonie 7) (Annelie 6) (64) (a) (b) (c) (d) (e) s (= jetzt) müssen die onkels ich mit n onkel thomas ma auch knallers kaufen wollte und für meine malers geht dein anspitzer nur für mich und die tellers und das die männers die männers sitzen hier kind (Carsten) (Carsten) (Carsten) (Svenja 4) (Svenja 13) (65) (a) (b) leuchttürmer da sind deine (= kleine) hemde (Mathias 21) (Annelie 5) Wenn man sich die Beispiele für -n-Übergeneralisierungen in (63) ansieht, so fällt auf, daß es sich stets um Pluralformen handelt, die in Dat.Pl.-Kontexten angemessen wären (vgl. z.B. mit den Leuten/Kindern/Tieren/Bildern). Pluralformen auf -n, für die eine solche Analyse nicht möglich ist, sind in den untersuchten Korpora hingegen nicht belegt. Beispielsweise liegen keine Formen wie kind-en oder bild-en vor. Statt dessen finden sich Formen wie kindern und bildern.72 Es könnte also sein, daß Formen wie bildern zumindest bei einigen Kindern und in bestimmten Phasen überhaupt keine Übergeneralisierungen von Pluralmarkierungen auf bereits pluralmarkierte Nomina sind, wie in der angesprochenen Literatur zum Pluralerwerb im allgemeinen angenommen wird, sondern Pluralformen, für die Kinder nur eine [+PL]-Spezifikation, aber noch keine [+hr,+lr]-Spezifikation vorgenommen haben. Dies wäre im Einklang mit der Überlegung, daß Kinder beim Erwerb des deutschen Pluralsystems nicht nur zwischen Singular- und Pluralformen unterscheiden müssen, sondern auch noch zwischen der reinen Pluralmarkierung -n, die auf bestimmte Klassen von Nomina 72 Dieselbe Generalisierung gilt z.B. auch für die Listen von nicht-zielsprachlichen Pluralen auf -n, die Park (1978:243) angibt. So benutzt das von ihm untersuchte Kind Björn die Pluralformen räder-n, kind-er-n, männ-er-n, hörn-er-n und nicht die Formen rad-en, kind-n, mann-en, horn-en. Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 349 beschränkt ist,73 und der Dativmarkierung -n bei Pluralnomina, die einen Nullplural, eine -eoder eine -er-Markierung tragen (vgl. Kapitel III.3.2.1). Solange sie dies nicht getan haben, sollten sie -n auch auf Nomina übergeneralisieren, die nicht die Inputbedingungen für dieses Pluralaffix erfüllen. Sobald sie die "reine" Pluralmarkierung -n von der Dativmarkierung unterscheiden und mit der entsprechenden Inputbedingung versehen haben, sollten sich -n-Übergeneralisierungen hingegen nur noch bei Nomina finden, bei denen die Inputbedingungen für die Pluralmarkierung -n erfüllt sind. Ansonsten sollten sich entweder keine Übergeneralisierungen oder -s-Übergeneralisierungen beobachten lassen. 74 Um diese Hypothese zu überprüfen, habe ich den Erwerb von Kasusmarkierungen in Dat.Pl.-Kontexten untersucht. Hierzu habe ich zunächst die Anzahl von Nomina in Dat.Pl.Kontexten ermittelt, die eine -n-Markierung erfordern und berechnet, in wieviel Prozent dieser Kontexte diese Markierung vorkommt. Dabei wurden Nomina, die ihren Plural auf -n bilden (z.B. Hennen), nicht in die Berechnung einbezogen. Außerdem wurden Nominalphrasen wie mit deine malers (Carsten) von der Analyse ausgeschlossen, da die übergeneralisierte Pluralmarkierung -s nicht mit der Dativendung -n kombinierbar ist. Die Ergebnisse für die einzelnen Korpora finden sich in Tab.G-1 bis Tab.G-7 im Anhang. Tab.III-22 gibt einen Überblick über die Gesamtzahl obligatorischer Kontexte für die Dat.Pl.-Markierung und ihr Vorkommen in diesen Kontexten. Tab.III-22: Kasusmarkierungen an Nomina Annelie, Andreas, Carsten, Hannah, Leonie, Mathias und Svenja gesamt Phase 73 74 Akk./Dat.Sg. Dat.Pl. n zielsprachlich (in %) n zielsprachlich (in %) n zielsprachlich (in %) I II III IV 1 1 5 38 0 0 0 32 1 1 4 19 0 0 0 5 1 19 0 58 gesamt 45 27 25 4 20 55 Für die folgenden Analysen ist es, wie bereits erwähnt, nicht relevant, wie die Beschränkungen für das Pluralaffix -n genau zu definieren sind; vgl. u.a. Augst (1975), Mugdan (1977), Köpcke (1988), Sonnenstuhl (2001) sowie Penke (2002) für eine ausführlichere Diskussion der Beschränkungen und entsprechende psycholinguistische Evidenz. Außerdem könnten natürlich auch Übergeneralisierungen auftreten, die auf der Ähnlichkeit zu hochfrequenten irregulären Pluralen beruhen. Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 350 Wie Tab.III-22 zeigt, treten in den Phasen I bis III überhaupt keine Dat.Pl.-Markierungen auf. Es liegt allerdings auch nur ein entsprechender Kontext in Phase III vor (vgl. (66)). In Phase IV sind zwar immerhin 19 Nomina in Dat.Pl.-Kontexten zu beobachten, die eine entsprechende Markierung erfordern; diese Markierung kommt aber nur in 58% dieser Fälle vor (vgl. (67)). In den übrigen Fällen trägt die betreffende Form zwar die erforderliche Pluralendung, aber keine Kasusmarkierung (vgl. (68)). (66) mama i(st) nich inne haare naß (Annelie 4) (67) (a) (b) und wir mit den Bauklötzen der kann nich schiff fahrn mit s(ch)uhn (Mathias 27) (Leonie 11) (68) (a) (b) mit fisse (= Fischen) immer mit de hände (Leonie 10) (Mathias 25) Wie man in Tab.G-1 bis Tab.G-7 im Anhang sehen kann, verwendet keines der untersuchten Kinder in allen obligatorischen Kontexten die geforderte -n-Markierung. Außerdem zeigt ein Vergleich mit den Befunden zur Entwicklung der D-Elementflexion, daß alle Kinder, die eine Dat.Pl.-Markierung gebrauchten, auch Dativformen von D-Elementen verwendeten. Die Daten deuten somit darauf hin, daß Dativmarkierungen an Nomina nicht vor dativisch markierten D-Elementen erworben werden. Ob Dativmarkierungen an Nomina später erworben werden als Dativformen von D-Elementen läßt sich nicht entscheiden: Bei Hannah, die Dativformen von D-Elementen bereits zielsprachlich gebraucht, trat zwar keine -n-Markierung in Dat.Pl.-Kontexten auf. Es fand sich aber auch nur ein einziger entsprechender Kontext. Die vorliegenden Daten geben jedoch Aufschluß über den angesprochenen Zusammenhang zwischen Plural- und Kasusmarkierung an Nomina. Wie man in Tab.III-23 sieht, übergeneralisiert keines der Kinder, die noch nicht über die Dat.Pl.-Markierung -n verfügen, das Pluralaffix -s auf Nomina, die ein anderes Affix erfordern. Zugleich finden sich in den Daten von Annelie und Hannah sowie in den frühen Daten von Leonie Übergeneralisierungen von -n, die obligatorische -n-Markierung in Dat.Pl.-Kontexten wird hingegen stets ausgelassen. Außerdem verdeutlicht Tab.III-23, daß Leonie in Phase IV noch den -n-Plural übergeneralisiert, aber bereits erste Dat.Pl.-Markierungen produziert. Eine genauere Analyse der einzelnen Auf- Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 351 nahmen zeigt allerdings, daß Leonie bereits in Aufnahme 13 die letzte -n-Übergeneralisierung produziert, d.h. kurz nach dem Auftreten der ersten Dat.Pl.-Markierung in Aufnahme 11. Tab.III-23: Zusammenhänge zwischen Numerus- und Kasusmarkierungen an Nomina Korpus -n-Markierung in Dat.Pl.-Kontexten Übergeneralisierung des Pluralaffixes -n Übergeneralisierung des Pluralaffixes -s Annelie Hannah Leonie III Leonie IV Andreas Carsten Svenja Mathias + keine Kontexte + + + + + + + - + + + - Somit sind die in Tab.III-23 zusammengefaßten Befunde mit den obigen Überlegungen zum Zusammenhang zwischen Plural- und Kasusmarkierung vereinbar: Die Unterscheidung zwischen der Dat.Pl-Markierung -n und der auf bestimmte Nomenklassen beschränkten Pluralmarkierung -n scheint - wie angenommen - zu bewirken, daß -n nur noch auf Nomina angewendet wird, bei denen die entsprechende Inputbedingung erfüllt ist. Daß der Erwerb von Inputbedingungen für morphologische Markierungen verzögert sein kann, verdeutlicht die Analyse der Akk./Dat.Sg.-Markierungen an sog. "schwachen" Maskulina. Wie man Tab.III-22 entnehmen kann, finden sich in den analysierten Korpora zwar insgesamt 25 entsprechende Kontexte, aber nur eine einzige Dat.Sg.-Nominalphrase mit einer overten -n-Markierung am Nomen (vgl. (69)). Selbst diese Nominalphrase wurde aber im vorangegangenen Diskurs bereits von Leonies Gesprächspartnerin mit der Dativmarkierung verwendet, so daß eine Imitation nicht ausgeschlossen werden kann. In den übrigen Fällen wird die Markierung ausgelassen (vgl. (70)). (69) 'm bärn geben (70) (a) (b) sin da da bilder da d(r)auf mit den junge? das tind (= Kind) kriegt nich den elefant (Leonie 12) (Svenja 8) (Svenja 8) Somit bestätigt die Analyse der Korpora die Beobachtung von Indefrey (2002), daß Kasusmarkierungen an schwachen Nomina erst im Schulalter produktiv gebraucht werden. Zugleich Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 352 sind diese Befunde sowie die Befunde der diskutierten Studien zum Erwerb von nominalen Affixen und Postpositionen mit den Arbeitshypothesen zum Entwicklungsproblem und zum Bootstrappingproblem kompatibel, die in Kapitel II.4 entwickelt wurden. Diese Befunde unterstützen nämlich die Annahme, daß Kinder anfangs noch unterspezifizierte Repräsentationen erzeugen und diese erst allmählich ausdifferenzieren, wobei Dativmarkierungen erst nach der Etablierung der Nominativ/Akkusativ- bzw. Ergativ/Absolutivdistinktion erworben werden. Außerdem scheint der Erwerb der Genusdistinktionen erst dann erfolgen zu können, wenn Kinder auf der Basis anderer Merkmale Paradigmen aufbauen und dabei auf Formkontraste stoßen, für die sie keine entsprechenden Funktionskontraste entdecken können. 3.3 Personalpronomina Personalpronomina wie ich oder ihr fungieren als Proformen für vollständige DPs mit ihren jeweiligen funktionalen, relationalen und formalen Merkmalen. Daher lassen sich aus ihrer Verwendung sowohl Rückschlüsse auf die Verfügbarkeit einer DP-Projektion als auch auf die syntaktische Aktivität dieser Merkmale in der frühen Zwei-Wort-Phase ziehen. 3.3.1 Linguistische Analysen und Vorhersagen für den Erwerb In allen Sprachen, deren Erwerb ich im folgenden diskutieren werde, sind Personalpronomina für die Dimensionen PERSON (1.Ps. vs. 2.Ps. vs. 3.Ps.) und NUMERUS ([±PL]) spezifiziert; sie unterscheiden sich aber in den verfügbaren Kasus- und Genusspezifikationen. So weist z.B. das Finnische keine Genera auf, besitzt aber ein reiches Kasussystem mit 15 Kasus. Das Englische hat hingegen drei Genera, aber nur zwei Kasus. Das Deutsche, dessen Erwerb im Mittelpunkt der folgenden Analysen steht, verfügt über ein Pronominalsystem mit drei Personen, zwei Numeri, vier Kasus und drei Genera: Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 353 Tab.III-24: Personalpronomina im Deutschen Nominativ Akkusativ Dativ Genitiv 1.Ps. Sg. Pl. ich wir mich uns mir uns meiner unser 2.Ps. Sg. Pl. du ihr dich euch dir euch deiner euer Maskulin Neutrum Feminin Pl. er es sie sie ihn es sie sie ihm ihm ihr ihnen seiner seiner ihrer ihrer 3.Ps. Sg. Wenn sämtliche grammatischen Merkmale der DP bereits in der frühen Zwei-Wort-Phase syntaktisch aktiv wären, sollten Personalpronomina bereits in der frühen Zwei-Wort-Phase auftreten können. Dabei lassen die Analysen von Hoekstra und Hyams (1995, 1996, 1998) erwarten, daß es durch die Unterspezifikation von Nominalphrasen in bezug auf Numerusmerkmale zu Auslassungen oder nicht-zielsprachlichen Verwendungen von Personalpronomina kommt, die solche Merkmale involvieren. Geht man hingegen davon aus, daß Abweichungen von der Zielsprache rein prosodisch bedingt sind (vgl. z.B. Gerken 1996 und Crisma/Tomasutti 2000), sollten zumindest betonte Personalpronomina nicht ausgelassen werden. Außerdem sollten alle overten Personalpronomina zielsprachlich eingesetzt werden. Aus dem Auftreten von Personalpronomina kann man für sich genommen allerdings noch nicht direkt auf das Vorliegen zielsprachlicher Repräsentationen schließen: Bei "Pronomina" in der frühen Zwei-Wort-Phase könnte es sich nämlich um unanalysierte Teile formelhafter Strukturen handeln (z.B. ich auch+X, du nicht+X, da ist er oder das gehört mir). Solche Pseudo-Pronomina sollten anfangs zwar relativ häufig auftreten, in ihrem Auftreten aber auf einige wenige formelhafte Strukturen beschränkt sein. Außerdem sollte der Anteil von "Pronomina" an der Gesamtzahl von Nominalphrasen vorübergehend wieder absinken, sobald das Kind erkennt, daß die anfänglich unanalysierten Strukturen Elemente enthalten, die es nicht analysieren kann. Dann sollte es solche Elemente nicht mehr verwenden, bis es die entsprechende zielsprachliche Repräsentation erworben hat. Dementsprechend wären ein U-förmiger Entwicklungsverlauf und anfängliche Distributionsbeschränkungen zu erwarten, wenn frühe "Pronomina" unanalysierte Teile formelhafter Strukturen wären. Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 354 Bei den ersten Belegen für "Pronomina" könnte es sich auch um NP-Proformen handeln, d.h. um Formen, die für eine reine NP stehen (vgl. Radford 1990). Dann sollten diese Proformen keine Kasus-, Genus- und Numerusdistinktionen zeigen. Vielmehr sollten nur einzelne Pronomenformen auftreten, die nicht distinktiv verwendet werden. Weder "Personalpronomina" in formelhaften Strukturen noch reine NP-Proformen involvieren eine DP-Projektion und entsprechende Merkmale. Daher wäre ihr Auftreten in frühen Erwerbsphasen sowohl mit Strukturaufbauansätzen als auch mit Varianten der Hypothese der vollständigen Kompetenz vereinbar, die von einer Verzögerung der morphologischen Entwicklung ausgehen. (vgl. z.B. Radford 1990, Clahsen/Eisenbeiß/Vainikka 1994, Müller 1994, 2000 bzw. Bottari/Cipriani/Chilosi 1993, Penner/Weissenborn 1996, Lleo 2001). Dabei ergeben sich aus den einzelnen Analysen, die von morphologischer Entwicklung ausgehen, unterschiedliche Vorhersagen für den Verlauf dieser Entwicklung: Wenn die Reifungshypothese zuträfe (vgl. z.B. Radford 1990), sollten die einzelnen Personalpronomina entweder alle zum gleichen Zeitpunkt oder nach einem universellen Reifungsplan erworben werden. Geht man hingegen von der Idee des merkmalsbasierten Strukturaufbaus aus, sollten Kinder die einzelnen Lexikoneinträge für Personalpronomina bzw. die einzelnen Merkmalsspezifikationen unabhängig voneinander erwerben können (vgl. Arbeitshypothese E-III bzw. E-IV). Somit wäre mit einer schrittweisen Ausdifferenzierung des Pronomensystems und Entwicklungsdissoziationen zwischen den einzelnen Pronomenformen zu rechnen. Im Verlauf dieses Ausdifferenzierungsprozesses könnten Kinder Lexikoneinträge für "Proto-Pronomina" aufbauen, die nur einen Teil der zielsprachlichen Spezifikationen aufweisen. Außerdem sollten bei Personalpronomina - ebenso wie bei D-Elementen - Dativformen nicht vor der Etablierung der Nominativ/Akkusativ- bzw. Absolutiv/Ergativdistinktion erworben werden, wenn die Inputdaten für den Dativerwerb schwerer zugänglich sind als die Inputdaten für den Erwerb der anderen Kasusmarkierungen. Dies sollte der Fall sein, wenn zum Dativerwerb Inputdaten mit dreiwertigen Verben erforderlich sind, die zugleich Evidenz für die Nominativ/Akkusativ- bzw. Absolutiv/Ergativdistinktion liefern, während zum Erwerb dieser Distinktionen Inputdaten mit transitiven und intransitiven Verben genügen, die ihrerseits nicht zum Dativerwerb beitragen können (vgl. Arbeitshypothese O-III). Außerdem sollten Kinder Arbeitshypothese O-I zufolge Genusdistinktionen erst dann vornehmen, wenn sie beim Aufbau von D-Elementparadigmen auf zwei Formen stoßen, die um eine Zelle konkurrieren. Dement- Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 355 sprechend sollte der Erwerb von Genusdistinktionen nicht unabhängig von der Etablierung anderer Distinktionen erfolgen können. Insgesamt ergeben sich aus den diskutierten Ansätzen zur Lösung des Entwicklungsproblems somit eine Reihe von Untersuchungsfragen, mit denen geklärt werden soll, ob Kinder in der frühen Zwei-Wort-Phase bereits über zielsprachliche Repräsentationen für flektierte DElemente verfügen: - Durchlaufen Kinder zu Beginn der syntaktischen Entwicklung eine Phase ohne Personalpronomina? - Verändert sich der Anteil von Personalpronomina und lexikalischen Nominalphrasen im Entwicklungsverlauf? Ist dabei ein U-förmiger Entwicklungsverlauf zu beobachten? - Verändert sich der jeweilige Anteil von zielsprachlich fle ktierten, nicht-zielsprachlich flektierten und phonetisch reduzierten Personalpronomina im Entwicklungsverlauf? Ist dabei ein U-förmiger Entwicklungsverlauf zu beobachten? - Lassen sich Veränderungen in bezug auf Inventar und Verwendung von Personalpronomina beobachten? Welche Pronomina werden im Verlauf der Entwicklung verwendet? Werden diese Pronomina kontrastiv eingesetzt? - Welche Abweichungen von der Zielsprache kommen vor? Sind diese Abweichungen auf bestimmte Pronomenformen oder Merkmale beschränkt? - Zeigen Personalpronomina anfangs Distributionsbeschränkungen? - Treten beim Erwerb von Personalpronomina Entwicklungsdissoziationen auf? Ist dabei eine universelle Erwerbsreihenfolge zu beobachten? Außerdem ermöglichen die in Kapitel II.4 diskutierten Arbeitshypothesen zum Ordnungsproblem und zum Bootstrappingproblem Vorhersagen dazu, wie und in welcher Reihenfolge die einzelnen morphologischen Distinktionen an D-Elementen erworben werden sollten. Insbesondere ergeben sich aus den Annahmen zur relativen Zugänglichkeit von Inputdaten für den Kasuserwerb sowie zur Instantiierung von Genusmerkmalen beim Paradigmenerwerb eine Reihe von Untersuchungsfragen: - Werden Dativformen von Personalpronomina erst nach der Etablierung der Nominativ/Akkusativ- bzw. Absolutiv/Ergativdistinktion erworben? - Welche Entwicklungszusammenhänge sind zwischen dem Erwerb von Genusdistinktionen und dem Erwerb anderer Distinktionen zu beobachten? Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 3.3.2 356 Vorliegende Befunde Evidenz für eine frühe Phase ohne Personalpronomina liefern eine Reihe von Erwerbsstudien zu typologisch sehr unterschiedlichen Sprachen - vgl. z.B. Mills (1985:155, 230f.) zum Deutschen, Stenzel (1994:172ff.) zum bilingualen Erwerb des Deutschen und Französischen, Clark (1985:708) zum Französischen, Pizzuto und Caselli (1992: 520f.) zum Italienischen, Bowerman (1973:109) zum Englischen, Berman (1985:303) zum Hebräischen, Bowerman (1973:109) zum Finnischen und Clancy (1985:451) zum Japanischen. Diese Befunde sprechen gegen Varianten der Hypothese der vollständigen Kompetenz, die von einer frühen Verfügbarkeit zielsprachlicher morphologischer Repräsentationen ausgehen. Bohnacker (1997), die einen solchen Ansatz vertritt, versucht daher anhand der Daten des schwedischen Kindes Embla zu zeigen, daß nicht alle Kinder eine Phase ohne Personalpronomina durchlaufen. Ihr zufolge sind 21% der Nominalphrasen, die Embla zwischen 1;8,2 und 2;1,2 produziert, Pronomina. Eine Reanalyse der Daten ergibt aber, daß Embla in der ersten Aufnahme überhaupt keine Pronomina verwendet. D.h., auch in diesen Daten findet sich Evidenz für eine frühe Phase ohne Pronomina. Außerdem sprechen die Daten von Embla dafür, daß die frühen "Pronomina", die Bohnacker als Evidenz für die Hypothese der vollständigen Kompetenz anführt, auf formelhaften Strukturen beruhen, die erst im Verlauf der weiteren sprachlichen Entwicklung analysiert werden: Erstens zeigt sich in Emblas Daten für Pronomina eine U-förmige Entwicklungskurve. Diese Kurve zeigt denselben Verlauf wie die U-förmige Entwicklungskurve für overte D-Elemente, die man in Emblas Daten beobachten kann (vgl. Abb.III-2): In der zweiten bis vierten Aufnahme erreicht der Anteil overter Pronomina an der Gesamtzahl von Nominalphrasen zwar bereits Werte zwischen 11% und 17%; in den Aufnahmen 5 und 6 sinkt er aber wieder auf Werte zwischen 5% und 6%. Erst ab Aufnahme 7 steigt der Anteil von Pronomina wieder. Dabei erreicht er erst gegen Ende des Untersuchungszeitraums einen Wert von 42%, der mit dem entsprechenden Wert für Emblas erwachsene Kommunikationspartner (= 53%) vergleichbar ist. Zweitens markieren die Pronomina, die vor dem Einschnitt in der fünften und sechsten Aufnahme auftreten, keine Person- und Numerusdistinktionen. Bei den meisten dieser Pronomina handelt es sich Bohnacker (1997:74) zufolge nämlich um die deiktischen Elemente den 'es' und det 'das', gelegentlich kommt auch das Personalpronomen der 1.Ps.Pl. vor. Genauere Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 357 quantitative Angaben zu diesem Pronomen fehlen zwar, es steht zu diesem Zeitpunkt aber auf alle Fälle noch nicht im Kontrast zu anderen Personalpronomina. Die Personalpronomina der 1.Ps.Sg. und der 3.Ps.Sg. erscheinen Bohnacker zufolge nämlich erst in der siebten Aufnahme, d.h. nach dem vorübergehenden Einschnitt bei der Rate overter Pronomina und D-Elemente. Klare Evidenz für eine Person- und Numerusdistinktion bei Pronomina gibt es somit erst in der Phase, in der sich der Anteil overter Personalpronomina und D-Elemente - nach einem vorübergehenden Rückgang - den zielsprachlichen Werten annähert. Somit spricht die Reanalyse von Bohnackers schwedischen Erwerbsdaten dafür, daß die frühen "Pronomina", die Bohnacker als Evidenz für die Hypothese der vollständigen Kompetenz anführt, auf formelhaften Strukturen beruhen, die erst im Verlauf der weiteren sprachlichen Entwicklung analysiert werden. Darauf, daß zumindest einige frühe Pronomina auf formelhaften Strukturen beruhen, deuten auch die Vertauschungen von Pronomina der 1.Ps. und 2.Ps. hin, die u.a. bei deutschen und englischsprachigen Kindern beobachtet wurden. Solche Fehler sind sehr selten und treten nicht bei allen untersuchten Kindern im entsprechenden Altersbereich auf (vgl. Charney 1980, Chiat 1982, Dale/Crain-Thoreson 1993). So produzierten Dale und Crain-Thoreson (1993) zufolge nur 57% der 30 untersuchten Kinder im Alter von 1;8 mindestens eine Pronomenvertauschung pro 250 - 300 Äußerungen. Dies spricht dafür, daß sie nicht auf einer systematischen Fehlanalyse von Pronomina beruhen. Vielmehr scheinen zumindest einige dieser Pronomenvertauschungen dadurch zustande zu kommen, daß das betreffende Kind bestimmte Phrasen mit Personalpronomina als unanalysierte Einheiten behandelt und unabhängig davon verwendet, wer gerade Sprecher oder Adressat ist (vgl. die Diskussion in Charney 1980, Chiat 1982, Mills 1985). Einen Beleg für eine solche Verwendung von Personalpronomina geben z.B. Reimann und Budwig (1992:72) an: Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz (71) 358 ich statt du (Alter: 2;3,19) (a) Situation: Das Kind baute einen Kreis aus Bausteinen und stellte sich rein. Der Vater kam zum Kind und wollte auch in den Kreis rein. Erwachsener: Ich auch, Thomas! (b) Situation: Das Kind verließ den Kreis und wollte, daß nun der Vater in den Kreis hineingeht. Es schob den Vater rein, blieb aber selbst draußen. Dabei äußerte es: Kind: papa ich auch! Weitere Evidenz dafür, daß die ersten Personalpronomenformen nicht auf zielsprachlichen Repräsentationen beruhen, liefern Radford (1990) zufolge die nicht-nominativischen Formen von Personalpronomina, die in zahlreichen Untersuchungen zur englischen Kindersprache in der Subjektposition beobachtet wurden; vgl. z.B. Vainikka (1993) und Schütze (1997) für einen Überblick über entsprechende Studien. Äußerungen wie him going oder her go treten jedoch nicht zu Beginn der syntaktischen Entwicklung auf, sondern erst nach einer Phase, in der Kinder entweder überhaupt keine Pronomina, oder aber eine kleine Zahl von Pronomina korrekt verwenden (vgl. u.a. Huxley 1970, Brown 1973, Tanz 1974, Vainikka 1993). Dies deutet darauf hin, daß Kinder, die Strukturen wie me going produzieren, bereits begonnen haben, Pronomina produktiv und systematisch zu verwenden. Dafür spricht auch die in zahlreichen Studien beobachtete Asymmetrie in bezug auf die Verwendung nominativischer und nicht-nominativischer Pronomenformen: Für Übergeneralisierungen von Nominativformen auf Kontexte für Akkusativformen gibt es in den vorliegenden Studien zur englischen Kindersprache nur einzelne Belege; Übergeneralisierungen von Akkusativformen oder Possessivpronomina auf Subjektkontexte treten dagegen häufiger auf. So benutzt z.B. das englischsprachige Kind Nina Schütze (1997) zufolge die Nominativform I stets korrekt, verwendet aber die Form me in 20% aller Fälle in unangemessenen Kontexten. Diese Asymmetrie bei der Distribution von nominativischen und nicht-nominativischen Pronomina liefert Evidenz gegen die Annahme, daß Kinder, die Strukturen wie me go verwenden, die Kasusformen ihrer Zielsprache in freier Variation gebrauchen. Wie die asymmetrische Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 359 Distribution der Pronomenformen zustande kommt, ist zur Zeit zwar noch umstritten;75 für die folgende Diskussion ist meines Erachtens aber nur wichtig, daß die nicht-nominativischen Pronomenformen, die beim Erwerb des Englischen auftreten, die Strukturaufbauhypothese weder widerlegen noch bestätigen können, da sie nicht aus der frühesten Phase der grammatischen Entwicklung zu stammen scheinen. Die Befunde, die zu dieser Phase vorliegen, unterstützen - wie bereits diskutiert - die Strukturaufbauhypothese. Dies gilt insbesondere für das Vorliegen einer frühen pronomenlosen Phase sowie für die Belege für nicht-zielsprachliche Pronomenverwendungen, die auf das Vorliegen formelhafter Strukturen hinweisen. Diese Befunde reichen allerdings nicht aus, um zwischen den verschiedenen Varianten der Strukturaufbauhypothese zu unterscheiden. Insbesondere muß man die weitere Entwicklung der Pronomenverwendung untersuchen. Dabei muß man erstens feststellen, ob sich Entwicklungsdissoziationen zwischen den einzelnen Merkmalsspezifikationen feststellen lassen. Zweitens muß man ermitteln, ob eine universelle Erwerbsreihenfolge zu beobachten ist, wie man sie bei einem festen Reifungsplan erwarten würde, oder ob die Erwerbsreihenfolgen prinzipiell variabel sind und nur den Beschränkungen unterliegen, die sich aus den in Kapitel II.4 entwickelten Arbeitshypothesen zum Ordnungsproblem ergeben. Außerdem muß man die Hypothese von Hyams und Hoekstra (1995, 1996, 1998) testen, daß die Abweichungen von der Zielsprache, die in der frühen Zwei-Wort-Phase zu beobachten sind, primär durch die Unterspezifikation von Numerusmerkmalen bedingt sind. Angaben über das erste Auftreten von Personalpronomina, ihre produktive Verwendung und ihre Interpretation finden sich in einer Reihe von Untersuchungen. So berichten Mills (1985), Brown (1973), deHouwer und Gillis (1998) sowie Ricard, Girouard und Decarie (1999) zum einen, daß deutsche, englische, niederländische und französische Kinder zuerst die Nom.Sg.-Formen der Personalpronomina produzieren; zum anderen geben sie an, daß diese 75 So argumentieren z.B. Schütze und Wexler (1996) sowie Schütze (1997) dafür, daß Kinder, die Strukturen wie me going produzieren, bereits erkannt haben, daß die Form me im Englischen die Zitationsform ist, die in Kontexten ohne overten Kasuszuweiser vorkommen kann. Daher können diese Kinder me in Äußerungen benutzen, bei denen kein finites Verb - und damit kein Kasuszuweiser für den Subjektkasus vorliegt. Rispoli (1994, 1998, 1999, 2000) zufolge sind die beobachteten Asymmetrien in der Distribution der Pronomenformen durch die Struktur der Pronomenparadigmen bedingt. Insbesondere wird seiner Auffassung nach her häufiger für she substituiert als umgekehrt, da she eine reine Nominativform ist, während die Form her sowohl als Objektpronomen als auch als Possessivpronomen vorkommt. Dadurch kann der lexikalische Zugriff auf die Form her Rispoli zufolge leichter erfolgen als der lexikalische Zugriff auf die Form she. Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 360 Kinder in der 3.Ps.Sg. keine Genusdistinktionen markieren, sondern nur eine einzige Form verwenden. Dabei gebrauchen z.B. englische Kinder das 3.Ps.Sg.Neutr.-Pronomen it (Brown 1973) und niederländische Kinder das 3.Ps.Sg.Mask.-Pronomen hij (deHouwer/Gillis 1998). Dies deutet darauf hin, daß zumindest einige Kinder eine Phase durchlaufen, in der nur Personmerkmale etabliert sind - aber noch keine Numerus-, Kasus- oder Genusdistinktionen. Informationen zur Etablierung von Kasusdistinktionen finden sich u.a. in den Studien von Clahsen (1984), Mills (1985), Tracy (1986), Parodi (1990b) und Clahsen/Eisenbeiß/Vainikka (1994) zum mono- und bilingualen Erwerb des Deutschen. Diese Studien stimmen erstens darin überein, daß kasusmarkierte Personalpronomina vor Kasusmarkierungen an D-Elementen auftreten. Dies unterstützt die Arbeitshypothese E-III, der zufolge Lexikoneinträge für funktionale Elemente nicht zum selben Zeitpunkt erworben werden müssen, sondern unabhängig voneinander projizieren können. Zweitens bestätigen die vorliegenden Studien zum Erwerb kasusmarkierter Pronomina die aus Arbeitshypothese O-III abgeleitete Vorhersage, daß Dativformen von Personalpronomina erst nach der Etablierung der Nominativ/Akkusativdistinktion zu beobachten sind. Vor dem Erwerb dieser Formen - und zum Teil auch später - werden Akkusativformen auf Dativkontexte übergeneralisiert.76 Somit scheint die Reihenfolge, in der die einzelnen Distinktionen vorgenommen werden, Beschränkungen zu unterliegen; es zeichnet sich aber keine feste Erwerbsreihenfolge für die einzelnen Distinktionen ab, wie sie sich aus einem angeborenen Reifungsplan für funktionale Elemente bzw. für die entsprechenden Distinktionen ergeben würde. Insbesondere gibt es keinen Hinweis auf die Universalität der beim Erwerb des Deutschen, Englischen, Französischen und Niederländischen beobachteten Phase, in der nur Persondistinktionen auftreten. Bei Erwerb des Hebräischen und Griechischen gehören Persondistinktionen zwar auch zu den ersten Distinktionen, die vorgenommen werden; ihr Erwerb erfolgt aber z.T. parallel zum Erwerb von anderen Distinktionen: 76 Für eine ausführlichere Diskussion von Akkusativübergeneralisierungen auf Dativkontexte vgl. Kapitel III.3.4. Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 361 Die von Stephany (1997) untersuchten griechischen Kinder verwenden anfangs nur das Pronomen der 3.Ps.Sg.Neut.Nom./Akk. Dann werden die erste Persondistinktion (1.Ps. vs. 3.Ps.) und die erste Numerusdistinktion (3.Ps.Sg. vs. 3.Ps.Pl.) vorgenommen. Den nächsten Schritt bilden die Etablierung der zweiten Persondistinktion (2.Ps. vs. 1.Ps. und 3.Ps.), die Markierung der Genusdistinktionen im Singular und die Etablierung der ersten Kasusdistinktionen (Nominativ vs. Oblique bei der 1.Ps.Sg. und der 2.Ps.Sg.). Im Anschluß daran wird die Nominativ/Akkusativdistinktion bei der 3.Ps.Sg.Mask. etabliert. Erst danach sind die ersten Genusdistinktionen im Plural der 3.Ps. zu beobachten. Beim Erwerb des Hebräischen erscheinen Berman (1985:303f.) zufolge zuerst die Pronomina der 1.Ps.Sg. und der 3.Ps.Sg.Mask. Etwas später folgt das Pronomen der 3.Ps. Sg.Fem. - und damit die erste Markierung einer Genusdistinktion. Auch später, wenn die Pronomina der 2.Ps. und Pluralformen von Personalpronomina auftreten, kommen aber noch zahlreiche Übergeneralisierungen von Maskulinformen vor - v.a. in Pluralkontexten, wo Genusdistinktionen später zu beobachten sind als in Singularkontexten (Berman 1985:273). Diese Übergeneralisierungen sprechen dafür, daß das anfängliche Fehlen einer Genusopposition nicht einfach durch das Fehlen von Femininkontexten bedingt ist. Zugleich ist die Beobachtung, daß Genusdistinktionen im Hebräischen nicht unabhängig von anderen Distinktionen erworben werden, kompatibel mit den entsprechenden Befunden zum Erwerb nominaler Affixe im Hebräischen (vgl. Kapitel III.3.2.2). Zusammengenommen liefern die vorliegenden Studien zum Pronomenerwerb somit Evidenz für die Existenz einer frühen Phase ohne zielsprachliche Personalpronomina. Zugleich sprechen der beim Erwerb des Schwedischen beobachtete U-förmige Entwicklungsverlauf und die Kontexte, in denen Fehler bei der Verwendung von Pronomina auftraten, dafür, daß diese Elemente nicht auf zielsprachlichen Repräsentationen beruhen, sondern Teile unanalysierter Strukturen bzw. reine NP-Proformen sind. Darüber hinaus zeigten Analysen des Entwicklungsverlaufs, daß das Inventar von Pronomina anfangs noch sehr eingeschränkt ist und erst allmählich durch die schrittweise Hinzufügung weiterer Distinktionen erweitert wird. Dabei konnte keine feste universelle Erwerbsreihenfolge beobachtet werden. Bestätigt werden konnten allerdings die aus den Arbeitshypothesen zum Ordnungsproblem und zum Bootstrappingproblem abgeleiteten Vorhersagen zum relativ späten Erwerb von Dativformen und zur Abhängigkeit des Genuserwerbs von der Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 362 Etablierung anderer morphologischer Distinktionen im Pronomenparadigma. Außerdem weisen die vorliegenden Befunde darauf hin, daß Persondistinktionen zu den ersten Distinktionen zu gehören, die vorgenommen werden. 3.3.3 Auswertung der Korpora Um die erzielten Befunde zu überprüfen, habe ich die Verwendung von Personalpronomina in den vier Phasen analysiert, die sich bei der Untersuchung des D-Elementerwerbs ergeben hatten. Dazu wurde zunächst für alle sieben untersuchten Kinder festgestellt, welche Pronomenformen in den einzelnen Aufnahmen vorkamen und in welchen morpho-syntaktischen Kontexten sie gebraucht wurden. 77 Die Ergebnisse dieser Berechnungen finden sich in Tab.H-1 bis Tab.H-21 im Anhang. Für die Längsschnittkorpora, bei denen man Zusammenhänge zwischen dem Verlauf des D-Elementerwerbs und dem Erwerbsverlauf bei der Pronomenentwicklung untersuchen kann (Annelie, Hannah, Leonie, Mathias, Svenja), habe ich auf der Basis der Tabellen in Anhang H festgestellt, wie viele Personalpronomina jeweils in den einzelnen Aufnahmen vorlagen. Zugleich wurde für jede Aufnahme die Gesamtzahl aller lexikalischen Nominalphrasen berechnet, die einen obligatorischen Kontext für ein D-Element, oder aber einen Eigennamen enthielten. Davon ausgehend habe ich den relativen Anteil von Personalpronomina an der Gesamtzahl dieser beiden Nominalphrasentypen ermittelt. Die Ergebnisse dieser Berechnungen sind in Abb.III-32 bis Abb.III-36 als Kurve dargestellt. Sie ermöglichen die Beantwortung der Fragen nach der Existenz einer frühen pronomenlosen Phase und der Entwicklung des Anteils pronominaler Nominalphrasen. Um die Werte für den Gebrauch von Personalpronomina in Bezug zu den Werten für die Verwendung von D-Elementen zu setzen, habe ich in Abb.III-32 bis Abb.III-36 auch die 77 Formen, für die sich der entsprechende Kontext nicht eindeutig feststellen ließ, wurden von der Berechnung ausgeschlossen. Solche Formen waren aber selten und traten primär in späteren Erwerbsphasen auf. Daher hätte die Einbeziehung dieser Formen nicht zu anderen Ergebnissen in bezug auf die Produktion von Personalpronomina in Phase I geführt. Lediglich bei Mathias zeigte sich ein systematisches Muster der Pronomenverwendung, das in Tab.H-16 bis Tab.H-18 im Anhang und in Abb.III-35 nicht erfaßt wird: die nicht-zielsprachliche Verwendung der Form er in Sätzen, in denen bereits ein anderes, kontextangemessenes Pronomen vorlag (z.B. ich kann er nich baue). Auf solche Strukturen werde ich in der folgenden Diskussion noch näher eingehen. Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 363 Werte für die Realisierung von D-Elementen in obligatorischen Kontexten integriert, die ich in Kapitel III.2.3.1 ermittelt und in Abb.III-4 bis Abb.III-7 präsentiert hatte. Abb.III-32: Personalpronomina und lexikalische Nominalphrasen mit overtem D-Element oder obligatorischem Kontext für D-Element - Annelie 78 100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 1 2 3 4 5 6 Aufnahme overtes D-Element (% obligatorischer Kontexte) Personalpronomina (% DPs) 78 Zur Berechnung der Werte in den folgenden Abbildungen vgl. die Erläuterungen zu Anhang H. Für alle Abbildungen wurden nur diejenigen Aufnahmen berücksichtigt, in denen mindestens 10 obligatorische Kontexte für D-Elemente vorliegen. Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 364 Abb.III-33: Personalpronomina und lexikalische Nominalphrasen mit overtem D-Element oder obligatorischem Kontext für D-Element - Hannah 100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 1 2 3 4 5 6 7 8 Aufnahme overtes D-Element (% obligatorischer Kontexte) Personalpronomina (% DPs) Abb.III-34: Personalpronomina und lexikalische Nominalphrasen mit overtem D-Element oder obligatorischem Kontext für D-Element - Leonie 100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 Aufnahme overtes D-Element (% obligatorischer Kontexte) Personalpronomina (% DPs) Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 365 Abb.III-35: Personalpronomina und lexikalische Nominalphrasen mit overtem D-Element oder obligatorischem Kontext für D-Element - Mathias 79 100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 21 22 23 24 25 26 27 Aufnahme overtes D-Element (% obligatorischer Kontexte) Personalpronomina (% DPs) Abb. III-36: Personalpronomina und lexikalische Nominalphrasen mit overtem D-Element oder obligatorischem Kontext für D-Element - Svenja 100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 Aufnahme overtes D-Element (% obligatorischer Kontexte) Personalpronomina (% DPs) 79 Aufnahme 20 liegt für Mathias nicht vor. Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 366 Wie man in Abb.III-33 und Abb.III-35 erkennen kann, finden sich in Hannahs Daten aus den Phasen I und II sowie in den ersten Aufnahmen von Mathias aus Phase I überhaupt keine Personalpronomina. Somit läßt sich anhand dieser Korpora die Vorhersage von Strukturaufbauansätzen bestätigen, daß Kinder zu Beginn der grammatischen Entwicklung eine Phase ohne Personalpronomina durchlaufen können. Zugleich zeigt sich ein Zusammenhang zwischen dem Erwerb von D-Elementen und dem Pronomenerwerb: Bei Hannah treten die ersten Personalpronomina in Aufnahme 5 auf, d.h. in der Phase, wo auch die Determiniererrealisierungsrate ansteigt. Danach liegt der Anteil von Personalpronomina an der Gesamtzahl lexikalischer und pronominaler Nominalphrasen stets über 19%, während die Rate overter D-Elemente sich bei Werten zwischen 91% und 99% stabilisiert. Bei Mathias enden sowohl die Phase, in der nahezu keine Pronomina vorkommen, als auch die weitestgehend determiniererlose Phase in der Mitte von Phase I (Aufnahme 14 bzw. 13). Ein Zusammenhang zwischen der Realisierung von D-Elementen und der relativen Häufigkeit von Personalpronomina deutet sich auch in Abb.III-32 und Abb.III-34 an: Sowohl bei Annelie als auch bei Leonie steigt der Anteil von Personalpronomina nach dem vorübergehenden Einschnitt bei der Determiniererrealisierungsrate an. Dieser Anstieg ist bei Leonie allerdings weniger deutlich als bei Annelie. Daher habe ich eine Spearman-Korrelationsanalyse durchgeführt, um zu ermitteln, ob bei Annelie, Hannah, Leonie, Mathias und Svenja tatsächlich ein signifikanter Zusammenhang zwischen der D-Elemententwicklung und dem Pronomenerwerb besteht - und wie stark dieser Zusammenhang ist; vgl. Tab.III-25. Die ersten beiden Spalten dieser Tabelle enthalten den Namen des betreffenden Kindes sowie die Anzahl der Aufnahmen, die für dieses Kind verfügbar waren. In der dritten Spalte ist der Spearman-Korrelationskoeffizient angegeben, der die Stärke des Zusammenhangs zwischen der relativen Häufigkeit von Personalpronomina und der Determiniererrealisierungsrate angibt. Der vierten Spalte von Tab.III-25 kann man entnehmen, ob der beobachtete Zusammenhang signifikant ist (ungerichtete Fragestellung). Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 367 Tab.III-25: Korrelation zwischen dem Anteil von Personal pronomi na und dem Anteil von overten D-Elementen Korpus Anzahl der Aufnahmen SpearmanKorrelationskoeffizient Signifikanz Annelie Hannah Leonie Mathias Svenja 6 8 15 18 15 0,829 0,862 0,646 0,656 0,161 p = 0,042 p = 0,006 p = 0,009 p = 0,003 p = 0,567 Wie man in Tab.III-25 erkennen kann, bestätigt die Korrelationsanalyse, daß bei Annelie, Hannah, Leonie und Mathias ein signifikanter Zusammenhang zwischen Pronomenerwerb und D-Elemententwicklung besteht. Dieser Zusammenhang, der auf eine parallele Entwicklung der beiden Typen von funktionalen Elementen hinweist, ist - wie die Korrelationskoeffizienten zeigen - bei Annelie und Hannah stärker als bei Leonie und Mathias. Bei Svenja, die bereits in Phase IV der D-Elemententwicklung ist, läßt sich hingegen keine signifikante Korrelation zwischen D-Elementrealisierung und Pronomengebrauch erkennen: Die Determiniererrealisierungsrate liegt zu Beginn des Untersuchungszeitraums bereits bei 83% und stabilisiert sich ab der dritten Aufnahme bei Werten über 90%. Der Anteil von Personalpronomina schwankt hingegen sehr stark, sinkt dabei allerdings in keiner Aufnahme unter 19%.80 Somit ist in beiden Bereichen keine entscheidende Entwicklung mehr zu erkennen. Dies ist bei einem Kind in Phase IV zu erwarten. Zusammengenommen deuten diese Befunde auf parallele Entwicklungen beim Pronomenund D-Elementerwerb hin, die in Phase IV weitestgehend abgeschlossen sind. Es zeigen sich aber trotz der beobachteten starken Korrelation Unterschiede in den Entwicklungskurven. So zeigt z.B. Hannah bei D-Elementen eine U-förmige Kurve, beim Anteil von Pronomina aber einen Anstieg nach einer pronomenlosen Phase. Dies könnte darauf hindeuten, daß D-Elemente bei Hannah eher Teile formelhafter Äußerungen sind als Personalpronomina. Um Aufschluß über die Repräsentationen zu erlangen, auf denen die Äußerungen mit Personalpronomina beruhen, muß man untersuchen, über welches Inventar von Pronomenformen 80 Eine signifikante Korrelation läßt sich auch dann nicht beobachten, wenn man das Svenja-Korpus in zwei Teilkorpora aufteilt (Aufnahmen 1-8 vs. Aufnahmen 9-15). Daß die Pronomenrate in den ersten Aufnahmen stärker schwankt als in den letzten Aufnahmen, scheint somit keinen Einfluß auf das Ergebnis des Korrelationstests zu haben. Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 368 die einzelnen Kinder in den vier Phasen der DP-Entwicklung verfügen. Tab.III-26 gibt einen Überblick über die Verwendung von zielsprachlichen und nicht-zielsprachlichen Pronomenformen in den einzelnen Teilkorpora aller sieben Kinder. In dieser Tabelle zeigt ein "+" das Vorliegen von zielsprachlichen Pronomenformen an, und ein "-" markiert, daß im entsprechenden Kontext nicht-zielsprachliche Formen auftraten. Dabei sind "+" und "-" in Klammern gesetzt, wenn im betreffenden Teilkorpus weniger als drei entsprechende Kontexte vorhanden sind. Liegen überhaupt keine Kontexte vor, bleibt die entsprechende Zelle leer. In Tab.III-26 und den entsprechenden Tabellen im Anhang H kann man nicht nur sehen, daß Hannah - wie bereits erwähnt - in Phase I überhaupt keine Personalpronomina benutzt; man kann auch erkennen, daß das Pronomeninventar in Phase I der Kinder, die Pronomina gebrauchen, im Vergleich zu späteren Phasen noch sehr eingeschränkt ist: Erstens lassen sich in Phase I bei keinem Kind Kasuskontraste beobachten. Alle Kinder verwenden nämlich ausschließlich Nominativformen oder Formen wie es, die sowohl in Nominativ- als auch in Akkusativkontexten eingesetzt werden können. In Phase II treten bei Annelie und Leonie erstmals eindeutig nicht-nominativische Formen auf ((72a), (72b) und (73a)), die mit Nominativformen kontrastieren ((72c) und (73b)): (72) (73) (a) (b) (c) (a) (b) da für dich clown! (zweimal) ich zeig dir mal R.E.: und was mach ich hier gerade? Annelie: reingießen. du da eingieß S.E.: wem gehört der? Leonie: mir ich auch (Leonie 4) (Annelie 3) (Annelie 2) (Leonie 3) (Leonie 3) Nominativ 1.Ps. 2.Ps. Phase Kind Sg. Pl. Sg. + (+) + I Annelie Hannah Leonie Mathias II III IV (+) + Annelie Hannah Leonie Mathias + Andreas Annelie Hannah Leonie Mathias + + + + Annelie Carsten Hannah Leonie Mathias Svenja + + + + + + Akkusativ 3.Ps. Pl. 1.Ps. Sg. Pl. +/- (+) Sg. Dativ 2.Ps. Pl. Sg. 3.Ps. Pl. Sg. 1.Ps. Pl. Sg. 2.Ps. Pl. Sg. 3.Ps. Pl. Sg. Pl. (-) (+) + (+) + (+) (+) + + (+) (+) (+) +/+ + (+) + + + + + + + + +/+ + + (+) + + + + + + (+) + + +/(+) + (+) + (+/-) - (+) +/- (+) (+) (-) + +/+ (+) + + (+) +/- + + + + (+) + (+) +/- (+) + + + +/+/+/- (+) + + + + + (-) + + Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz Tab.III.-26: Zielsprachliche ("+") und nicht-zielsprachliche ("-") Formen von Personalpronomina (+) 369 Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 370 Wie produktiv die Äußerungen mit den nicht-nominativischen Formen sind, ist jedoch schwer einzuschätzen, da es sich nur um insgesamt vier Äußerungen handelt, die noch dazu frequente Strukturen wie für dich involvieren. Außerdem benutzen sowohl Annelie als auch Leonie erst in Phase IV wieder Formen, bei denen es sich eindeutig nicht um Nominativformen handelt - und dies, obwohl Phase III bei Leonie immerhin vier Aufnahmen umfaßt. In Phase III finden sich in nicht-nominativischen Kontexten nur die Nominativ/Akkusativform es bei Annelie und die Formen mir, mich, dir und dich bei Andreas. Dabei respektiert Andreas zwar die Distinktion zwischen nominativischen und nicht-nominativischen Formen (vgl. auch Schütze 1996); er übergeneralisiert aber noch Akkusativformen auf Dativkontexte (vgl. (74a)) und umgekehrt (vgl. (74b)). Dies entspricht der Beobachtung, daß Andreas auch bei D-Elementen noch keine Akkusativ/Dativdistinktion zeigt (vgl. Kapitel III.2.3): (74) (a) (b) papa mich (= mir) ges(ch)enkt laß mir hein (= rein) (Andreas) (Andreas) In Phase IV sind für alle Kinder, bei denen Daten aus dieser Phase vorliegen, Kontraste zwischen nominativischen und nicht-nominativischen Formen sowie zwischen Akkusativ- und Dativformen belegt. Annelie, Leonie, Mathias und Svenja produzieren allerdings noch eine Reihe von nicht-zielsprachlichen Strukturen, die darauf hinweisen, daß sie gerade erst dabei sind, das Merkmal [±lr] in Lexikoneinträge für Dativformen von Personalpronomina zu integrieren und Dativformen von Akkusativformen zu unterscheiden; vgl. u.a.: (75) (a) (b) muß mir da tecken (= ich muß mich da verstecken) da freß ich dich die zuckerkluntje auf (Annelie 5) (Mathias 26) Diese Kinder zeigen somit in Dativkontexten bei Pronomina dasselbe Verhalten wie bei DElementen (vgl. Tab.III-16). Auch die Daten zum Pronomenerwerb bestätigen somit die Arbeitshypothese O-III, der zufolge die Inputdaten für den Dativerwerb weniger gut zugänglich sind als die Inputdaten für den Erwerb der Nominativ/Akkusativdistinktion. Zweitens liefern die Daten aus Phase I keine Evidenz für systematische Numerusdistinktionen: Annelie, Leonie und Mathias produzieren Singularformen, Pluralformen finden sich hingegen nur jeweils einmal im Annelie-Korpus und im Mathias-Korpus. Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz (76) (77) R.L.: jetzt können wir's mal zusammen gucken Annelie: wir beide hier sind se raus 371 (Annelie 2) (Mathias 15) Dabei kommen beide Pluralformen in beiden Fällen nicht in der ersten Aufnahme vor, und bei Annelie wurde die Form wir vorgegeben, auch wenn es sich bei (76) nicht um eine direkte Imitation handelte. Pluralformen der 1.Ps.Sg. liegen in Phase III für Andreas und Annelie und in Phase IV für alle Kinder vor. Daß wir in Phase I nur einmal belegt ist, kann man nicht einfach auf Diskursfaktoren zurückführen. Beispielsweise gebraucht Leonie in den Phasen I bis III nicht ein einziges Mal die Form wir, obwohl die Spielsituation in den Aufnahmen aus Phase I dieselbe ist wie bei den Aufnahmen aus Phase IV, in denen wir immerhin 65mal auftritt. Daß Pluralformen der 2.Ps. und der 3.Ps. nur von Svenja bzw. Carsten mehr als einmal produziert werden, könnte hingegen ein Artefakt der Datenerhebung sein: Statt den 3.Ps.Pl.Formen sie und ihnen werden in der Umgangssprache nämlich häufig die D-Elemente die bzw. denen als Pronomina verwendet. Und die relative Seltenheit von Pluralformen der 2.Ps. könnte dadurch bedingt sein, daß bei vielen Aufnahmen nur ein Gesprächspartner vorhanden war, auf den sich das betreffende Kind mit einem Personalpronomen der 2.Ps. beziehen konnte. Bei der Aufnahme von Carsten sowie bei einem Teil der Aufnahmen von Svenja waren allerdings mehrere Personen anwesend. Dies könnte erklären, warum für diese Kinder in Phase IV Belege für ihr vorliegen, während dies z.B. für Hannah, die ansonsten ein relativ großes Pronomeninventar zu haben scheint, nicht der Fall ist. Zusammengenommen sprechen die vorliegenden Befunde somit dafür, daß Numerusdistinktionen erst in Phase III bzw. in Phase IV etabliert werden. Darüber hinaus treten bei keinem der drei Kinder, die in Phase I Pronomina benutzen, Pronomina aller drei Personen auf: Bei Annelie kommen zwar sowohl ich als auch du von Anfang an vor; Belege für Pronomina der 3.Ps. finden sich hingegen in Phase I überhaupt nicht. Bei Leonie und Mathias zeigen sich zu Beginn des Untersuchungszeitraums überhaupt keine Kontraste in bezug auf die Dimension PERSON. Leonie verwendet nämlich in der ersten Aufnahme ausschließlich das 2.Ps.Sg.-Pronomen du und produziert auch in der zweiten Aufnahme nur einen Beleg für das 1.Ps.Sg.-Pronomen ich. Bei Mathias finden sich anfangs nur Pronomina der 1.Ps., Pronomina der 3.Ps. erscheinen erst ab Aufnahme 15, d.h. kurz vor dem vorübergehenden Einschnitt bei der Determiniererrealisierungsrate. Dabei benutzt Mathias Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 372 anfangs nur das Mask.Sg.-Pronomen er und das Neut.Sg.-Pronomen es und übergeneralisiert die Form er auf Fem.Sg.- und auf Neut.Sg.-Kontexte. Solche Übergeneralisierungen sprechen dafür, daß es nicht nur am Fehlen entsprechender Kontexte liegt, wenn Kinder bestimmte Pronomina nicht benutzen. Eine genauere Analyse dieser Formen und der Vergleich mit zielsprachlichen Verwendungen von er deutet zudem darauf hin, daß zumindest die frühen Belege für er nicht auf zielsprachlichen Repräsentationen beruhen (vgl. auch Clahsen 1982, 1988). Bei der überwiegenden Mehrzahl der Belege in Phase I und II handelt es sich nämlich um die Äußerungen (78a) bis (78e) oder um Varianten dieser Äußerungen: (78) (a) (b) (c) (d) (e) hier is er weg is er da is er das is er kann er nich (Mathias 16) (Mathias 16) (Mathias 17) (Mathias 18) (Mathias 18) Dieser Äußerungstyp findet sich in den Phasen III und IV nicht mehr, und es liegen nur insgesamt zwei Belege für er vor. Hierbei handelt es sich in beiden Fällen nicht um Varianten von (78). Dies deutet auf einen Übergang zu zielsprachlichen Repräsentationen und produktiver Verwendung hin. (79) (a) (b) bald wird er groß jetz hat er mir hand stexxx (Mathias 21) (Mathias 22) Weitere Unterstützung für die Annahme, daß die frühen Belege für er nicht auf zielsprachlichen Repräsentationen beruhen, liefern Varianten der Strukturen in (78a) bis (78e), bei denen er mit einem weiteren Pronomen zusammen auftritt ((80a) und (80b)) oder mit einer Nominalphrase kombiniert wird (80c).81 Solche Kombinationen wären mit zielsprachlichen Personalpronomina nämlich nicht möglich. Vergleichbare Äußerungen finden sich auch im AndreasKorpus; vgl. (81). (80) (a) (b) (c) ich kann er nich an i kann er nich baue hier is er schaufel rote (Mathias 18) (Mathias 18) (Mathias 18) 81 Solche Strukturen wurden nicht in die Berechnungen für die Form es aufgenommen, da unklar ist, wie sie zu analysieren sind. Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz (81) (a) (b) (c) da is(t) er streichhölzer da is er a meiner # drunter da is(t) er ein wasserball 373 (Andreas) (Andreas) (Andreas) Somit finden sich in Phase I nur bei Annelie Daten, die für das Vorliegen einer Persondistinktion sprechen. Aber selbst bei ihr ist die Markierung der Dimension PERSON auf die Unterscheidung zwischen ich und du beschränkt. Bei Hannah finden sich überhaupt keine Personalpronomina, Leonie produziert anfangs ausschließlich die Form du, und Mathias verwendet zwar neben der Form ich auch die Form er, aber diese Strukturen scheinen nicht auf zielsprachlichen Repräsentationen zu basieren. Insgesamt betrachtet sprechen die Analysen der Korpora von Andreas, Annelie, Carsten, Hannah, Leonie, Mathias und Svenja daher erstens dafür, daß zumindest einige Kinder eine Phase ohne Personalpronomina durchlaufen können. Zweitens zeigt sich in den Daten eine zunehmende Ausdifferenzierung des Pronomensystems. Hierbei scheint der Erwerb von Persondistinktionen dem Erwerb der übrigen Distinktionen - insbesondere dem Erwerb von Genusdistinktionen - vorauszugehen. Außerdem haben die Analysen Evidenz für die Annahme geliefert, daß Dativmarkierungen nicht unabhängig von der Etablierung der Nominativ/Akkusativdistinktion erworben werden können. Die erzielten Befunde sind somit mit den Befunden der diskutierten Studien zum Pronomenerwerb kompatibel und bestätigen die Vorhersagen, die sich aus der Idee des merkmalsbasierten Strukturaufbaus und den daraus entwickelten Arbeitshypothesen ergeben. 3.4 Der Einstieg ins Kasussystem Die in den vorangegangenen Kapiteln diskutierten Befunde unterstützen zwar die Annahme eines schrittweisen, merkmalsbasierten Aufbaus des Flexionssystems, und sie geben auch Aufschluß darüber, wie Genusmerkmale instantiiert werden; sie lassen aber für sich genommen noch keine Rückschlüsse auf die Prozesse bei der Etablierung von Kasusmerkmalen zu. Insbesondere müssen noch die Annahmen zum Bootstrappingproblem beim Kasuserwerb und die daraus resultierenden Arbeitshypothesen empirisch überprüft werden. Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 3.4.1 374 Linguistische Analysen und Vorhersagen für den Erwerb Die Arbeitshypothesen zum Bootstrappingproblem beim Kasuserwerb, die in Kapitel II.3.5 und II.4 diskutiert wurden, beruhen auf der Annahme von Pinker (1984, 1989), daß Beziehungen zwischen konzeptuellen und morpho-syntaktischen Repräsentationen eine zentrale Rolle beim Einstieg in das zielsprachliche grammatische System spielen. In Kapitel II habe ich jedoch zu zeigen versucht, daß man zur Erklärung des Kasuserwerbs nicht - wie Pinker dies tut - angeborene explizite Verbindungen zwischen Konzepten und grammatischen Kategorien oder angeborene Abbildungs- und Kasusmarkierungsregeln postulieren muß. Dabei habe ich zugleich die konzeptuellen Vorzüge eines merkmalsbasierten minimalistischen Ansatzes erläutert, der ohne solche Annahmen auskommt. Aus diesen Überlegungen folgt aber noch nicht, daß der als Alternative vorgeschlagene merkmalsbasierte minimalistische Ansatz auch den Erwerbsbefunden besser gerecht wird als ein kategorienbasierter Ansatz. Daher werde ich im folgenden kurz die verschiedenen Ansätze und ihre Erwerbsvorhersagen vergleichen, um sie dann empirisch zu überprüfen. Wie in Kapitel II.3.5 erläutert, beruht die Analyse von Pinker (1984) auf der Annahme, daß Kinder die Θ-Rollen der Nominalphrasen in ihrem Input ermitteln, und die Kasusmarkierungen dieser Nominalphrasen dann mit Hilfe der folgenden Korrelationen zwischen Kasuskategorien und Θ-Rollen identifizieren: (82) (a) (b) (c) (d) AGENS einer transitiven Handlung PATIENS einer transitiven Handlung ACTOR einer intransitiven Handlung GOAL, BENEFIZIENS NOMINATIV/ERGATIV AKKUSATIV/ABSOLUTIV NOMINATIV/ABSOLUTIV DATIV So können sie z.B. bei einer AGENS-Nominalphrase im Input davon ausgehen, daß es sich bei der entsprechenden Markierung um eine Nominativmarkierung oder um eine Absolutivmarkierung handelt. Um zwischen diesen beiden Alternativen zu entscheiden, müssen sie allerdings noch die Kasusmarkierungen an AGENS-, PATIENS- und ACTOR-Argumenten miteinander vergleichen. Nur so können sie nämlich feststellen, ob ihre Zielsprache ein Akkusativsystem aufweist (ACTOR = AGENS), oder aber ein Ergativsystem (ACTOR = PATIENS). Somit involviert der Erwerbsprozeß in Pinkers Analyse neben dem eigentlichen Bootstrappingprozeß zusätzliche Vergleiche von Kasusmarkierungen an Argumenten transitiver und intransitiver Verben. Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 375 Daher sollten Kinder Pinker (1984) zufolge Kasusmarkierungen nicht direkt auf alle Typen von Argumenten generalisieren können. Welche Art von Untergeneralisierungen zu erwarten sind, hängt davon ab, welche Strategie Kinder beim Vergleich der Kasusmarkierungen an den verschiedenen Argumenttypen verfolgen (vgl. Bowerman (1985) zur Diskussion): Bei der "transitiv→intransitiv"-Strategie lernen Kinder zunächst, die Kasusmarkierungen für Argumente transitiver Verben zu unterscheiden, und vergleichen diese dann mit den Kasusmarkierungen für Argumente intransitiver Verben. Dementsprechend sollten Kasusmarkierungen anfangs ausschließlich bei Argumenten transitiver Verben zu beobachten sein. Zu derselben Vorhersage führt auch Pinkers (1984) Vorschlag, nur zwei Kasus - "Ergativ" und "Akkusativ" anzunehmen, die Kinder anhand von Argumenten transitiver Verben erwerben und dann auf Subjekte intransitiver Verben generalisieren. Würden Kinder hingegen der "intransitiv→ transitiv"-Strategie folgen, sollten sie anfangs nur Argumente intransitiver Verben morphologisch markieren und erst später Markierungen an Argumenten transitiver Verben vornehmen. Eine weitere Vorhersage folgt aus der Verwendung von atomaren Θ-Rollen wie AGENS oder PATIENS. Pinkers (1984) Auffassung nach suchen Kinder nämlich anfangs nur nach Markierungen für GOAL-, AGENS-, ACTOR- und PATIENS-Argumente - und generalisieren diese Markierungen erst später auf Argumente mit anderen thematischen Rollen, die in der betreffenden Zielsprache auf unterschiedliche Weise realisiert werden. Dementsprechend sollten z.B. Kasusmarkierungen an LOCATION-, EXPERIENCER- oder POSSESSORArgumenten erst relativ spät zu beobachten sein. Eine dritte Vorhersage aus der Analyse von Pinker (1984) ergibt sich daraus, daß die in (82) dargestellten Zusammenhänge zwischen Kasusmarkierungen und Θ-Rollen, wie in Kapitel II.3.5 erläutert, nur in sog. Basissätzen zutreffen, d.h. in pragmatisch neutralen, uneingebetteten deklarativen Aktivsätzen mit minimal flektierten Hauptverben. Pinker (1984) muß daher annehmen, daß Kinder sich beim Kasuserwerb auf die Analyse von Basissätzen beschränken, in denen die für den Kasuserwerb erforderlichen Korrelationen gelten. Dies könnte dazu führen, daß sie sich auch bei der Produktion von Kasusmarkierungen anfangs auf Basissätze beschränken. Pinker (1989) versucht, ohne die Annahme einer Beschränkung auf Basissätze auszukommen (vgl. Kapitel II.3.5). Hierzu nimmt er an, daß Kinder für Aktiv- und Passivsätze, die dasselbe Ereignis beschreiben, zwar dieselben konzeptuellen Repräsentationen haben, aber Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 376 unterschiedliche semantische Repräsentationen aufbauen. Aus diesen können sie dann mit Hilfe universeller Abbildungsregeln korrespondierende morpho-syntaktische Repräsentationen ableiten. So wird z.B. bei einer semantischen Repräsentation "X acts on Y" das erste Argument von ACT als Subjekt und das zweite Argument von ACT als direktes Objekt realisiert. Für die Zuweisung von Kasusmarkierungen an das Subjekt bzw. Objekt postuliert Pinker (1989) angeborene Kasusmarkierungsregeln (vgl. Chomsky 1981), die dem Subjekt in Akkusativsprachen eine Nominativmarkierung und dem direkten Objekt eine Akkusativmarkierung zuweisen. In Ergativsprachen wird hingegen das Subjekt transitiver Verben mit dem Ergativ markiert, während Subjekte intransitiver Verben und direkte Objekte Absolutivmarkierungen aufweisen. Dementsprechend muß ein spracherwerbendes Kind herausfinden, welche Kasusmarkierungsregeln in der betreffenden Zielsprache gelten. Dazu müßte es Kasusmarkierungen an Argumenten transitiver und intransitiver Verben vergleichen. Damit involviert der Erwerbsprozeß auch in Pinkers neuerer Analyse, neben dem eigentlichen Bootstrappingprozeß, den Vergleich von Kasusmarkierungen an Argumenten transitiver und intransitiver Verben. Somit sind auch bei dieser Analyse Untergeneralisierungen zu erwarten - wenn auch keine Untergeneralisierungen auf bestimmte Θ-Rollen wie AGENS oder PATIENS. Wenn man den in Kapitel II entwickelten merkmals- und formbasierten Ansatz zugrunde legt, der auf den Merkmalsanalysen von Wunderlich (1997) und Stiebels (2002) beruht, sind hingegen weder Beschränkungen auf Basissätze noch Untergeneralisierungen von Kasusmarkierungen auf Argumente mit bestimmten semantischen Rollen oder syntaktischen Funktionen zu erwarten. Dann sollten Kinder nämlich, wie in Kapitel II.3.5 erläutert, feststellen können, welche Ereignispartizipanten Kontrolle über ein sprachlich beschriebenes Ereignis ausüben. Dies sollte es den Kindern ermöglichen, semantische Repräsentationen aufzubauen, bei denen die einzelnen Argumente für das Merkmal [±c(ontrol)] spezifiziert sind. Außerdem habe ich angenommen, daß Kinder ermitteln können, welche asymmetrischen Abhängigkeitsbeziehungen zwischen den Ereignispartizipanten bestehen. Diese Abhängigkeitsbeziehungen sollten die Kinder dann isomorph auf eine semantische Argumenthierarchie abbilden, da das Relationserhaltungsprinzip eine solche isomorphe Abbildung zwischen Repräsentationen fordert. Die beiden Merkmale [±hr] und [±lr], durch die sich die Positionen in einer solchen Hierarchie charakterisieren lassen, ermöglichen zugleich - anders als die von Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 377 Pinker verwendeten Kategorien und atomaren Θ-Rollen - eine Erfassung der Klassen von Argumenten, die bei der Kasusmarkierung zu berücksichtigen sind: Zum einen lassen sich akkusativisch markierte [+hr]-Argumente von nominativisch markierten [-hr]-Argumenten abgrenzen; zum anderen kann man [+lr]-Argumente, die andere Argumente dominieren und eine Ergativmarkierung haben, von [-lr]-Argumenten unterscheiden, die Absolutivmarkierungen aufweisen. Dementsprechend sollten Kinder beim Kasuserwerb lediglich feststellen müssen, ob das Auftreten der einzelnen Kasusmarkierungen mit dem Vorliegen von positiven Spezifikationen für die Merkmale [±hr], [±lr] oder [±c] einhergeht - und gegebenenfalls die entsprechenden positiven Spezifikationen in den Lexikoneintrag für die jeweiligen Markierungen aufnehmen. Darüber hinaus muß man, wenn man generelle Merkmale wie [±hr], [±lr] und [±c] verwendet, nicht - wie Pinker (1984) - annehmen, daß Kinder sich bei der Analyse von Kasusmarkierungen anfangs auf Argumente mit den Θ-Rollen AGENS, ACTOR, PATIENS oder GOAL beschränken und die so erworbenen Markierungen erst später durch distributionelles Lernen auf Argumente mit anderen Θ-Rollen generalisieren. Der vorgeschlagene Ansatz läßt zwar weder Untergeneralisierungen von Kasusmarkierungen noch eine anfängliche Beschränkung auf Basissätze erwarten; aus einem solchen Ansatz ergibt sich meines Erachtens aber die Vorhersage, daß Übergeneralisierungen auftreten sollten, wenn ein und dieselbe morphologische Markierung auch noch an einer zweiten Argument-DP auftritt; vgl. z.B.: (83) Dieser Hahn ist/bleibt/wurde sein liebster Wecker. In Fällen wie (83) wird nämlich die Beschränkung verletzt, daß zwei DP-Argumente desselben Verbs stets unterschiedliche relative Positionen in der Argumenthierarchie einnehmen und dementsprechend unterschiedliche morphologische Markierungen tragen sollten. Man sollte daher erwarten, daß Kinder in solchen Fällen das Defaultmarkierungsmuster ihrer Zielsprache übergeneralisieren und so beispielsweise beim Erwerb des Deutschen Übergeneralisierungen wie in (84) produzieren: (84) Dieser Hahn ist/bleibt/wurde seinen liebsten Wecker. Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 378 Darüber hinaus lassen sich aus Arbeitshypothese O-II Vorhersagen für den Erwerb von Dativmarkierungen ableiten: Arbeitshypothese O-II besagt nämlich, daß der Dativ als Defaultkasus für das mittlere Argument dreiwertiger Verben fungiert - eine Annahme, die u.a. auch den Analysen von Jakobson (1936/1971), Czepluch (1988), Wegener (1990, 1991), Fanselow (1992b) und Wunderlich (1997) zugrunde liegt. Wenn diese Annahme zutrifft, sollten sich Dativmarkierungen an indirekten Objekten im Erwerb wie Nominativmarkierungen an Subjekten bzw. Akkusativmarkierungen an direkten Objekten verhalten, die ebenfalls Defaultkasusmarkierungen sind: Sie sollten ohne weitere Probleme generalisiert werden. Zudem sollten sie - sobald die Kontraste zwischen den betreffenden Kasusformen erworben sind nicht durch andere Markierungen ersetzt werden. Wie in den vorangegangenen Kapiteln gezeigt, besteht allerdings die Möglichkeit, daß der Erwerb von Dativmarkierungen gegenüber dem Erwerb der übrigen verbalen Kasusmarkierungen verzögert ist (vgl. Arbeitshypothese O-III). Außerdem hören Kinder selbst in Sprachen wie dem Deutschen, bei denen Argumente im allgemeinen overt realisiert werden, dreiwertige Verben ohne mittleres Argument (Jetzt gib doch mal!) oder mit einem morphologisch unmarkierten mittleren Argument (Gib Berta doch schon mal das Hühnerfutter!). Beim Erwerb von Sprachen mit massiver Argumentauslassung - beispielsweise beim Erwerb des Japanischen - ist dieses Problem noch ausgeprägter; vgl. die Diskussion in Kapitel IV.2. Dadurch könnte der Fall eintreten, daß Kinder bereits über dreiwertige Verben verfügen, aber noch nicht die Markierungen für das mittlere Argument erworben haben. Auch in diesem Falle sollten Kinder keine anderen Kasusmarkierungen auf das mittlere Argument übergeneralisieren. Wenn Kinder dennoch dreiwertige Verben gebrauchen, bleiben ihnen demnach nur die folgenden drei Möglichkeiten: (i) sie könnten die Anzahl der Argumente durch Argumentauslassungen reduzieren, so daß die Anzahl der zu markierenden Argumente nicht die Anzahl der entsprechenden Markierungen übersteigt (vgl. (85a)), (ii) sie könnten statt eines kasusmarkierten Arguments ein deiktisches Element zur Charakterisierung des GOALs verwenden, das keine Kasusmarkierung erfordert (vgl. (85b)), oder sie könnten einen zusätzlichen Kasuszuweiser - z.B. eine Präposition - einführen, so daß die Kasusmarkierung des dritten Arguments gewährleistet ist (vgl. (85c)). Alle drei Optionen würden im Deutschen zwar bei den meisten dreiwertigen Verben zu nicht-zielsprachlichen oder zumindest markierten Strukturen führen, da diese Verben andere Anforderungen an ihre Argumente stellen. Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 379 Strukturen wie (85a) bis (85c) würden aber keines der angenommenen Metaprinzipien verletzen. (85) (a) (b) (c) ???Das Mädchen gibt das Futter. ??? Das Mädchen gibt das Futter hier. ??? Das Mädchen gibt das Futter für die Henne. Andere Vorhersagen ergeben sich hingegen, wenn Dativmarkierungen bei verbalen Argumenten stets allein auf den lexemspezifischen Eigenschaften der betreffenden Verben beruhen, wie z.B. Haider (1985, 1993b), Haegeman (1991) sowie Heinz und Matiasek (1994) annehmen. Dann wären nämlich bei allen verbalen Dativargumenten Übergeneralisierungen des jeweiligen Defaultkasus zu erwarten. Dies bedeutet, daß bei Argumenten intransitiver Verben, die eine Dativmarkierung erfordern (z.B. Mir wird übel), Nominativmarkierungen zu beobachten sein sollten. Bei Verben mit dativisch markiertem Objekt sollten hingegen Akkusativmarkierungen auftreten - und zwar unabhängig davon, um welchen Typ von Dativobjekt es sich jeweils handelt. Unterschiede zwischen Verbtypen sind hingegen zu erwarten, wenn man die in Kapitel II vorgestellten Merkmalsanalysen zugrunde legt: Da Dativmarkierungen der Analyse von Joppen und Wunderlich (1995) und Wunderlich (1997) zufolge zwei Merkmalsspezifikationen aufweisen, nämlich [+hr] und [+lr], kann man mit dieser Analyse zwei Typen von lexikalischen Dativmarkierungen unterscheiden: Die Dativmarkierung bei Objekten von Verben wie winken oder helfen läßt sich erfassen, wenn man von einer lexikalischen [+lr]-Spezifikation am niedrigeren Argument ausgeht, die aus einem akkusativisch markierten [+hr,-lr]-Argument ein dativisch markiertes [+hr,+lr]-Argument macht. Semantisch läßt sich eine solche Markierung dadurch motivieren, daß diese Verben keine einseitige Abhängigkeitsbeziehung beschreiben, sondern eine Beziehung, bei der dem Partizipanten, auf den das niedrigere Argument referiert, auch eine gewisse Kontrolle zugeschrieben wird.82 Bei solchen Verben würde man erwarten, daß Kinder das Dativargument solange mit dem Akkusativ markieren, bis sie die lexikalische [+lr]-Spezifikation erworben haben, die der Dativmarkierung zugrunde liegt. 82 Eine ausführlichere Diskussion der semantischen Motivation lexikalischer Markierungen würde den Rahmen der vorliegenden Arbeit sprengen; vgl. Joppen/Wunderlich (1995) sowie Wunderlich (1997) für entsprechende Überlegungen. Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 380 Die Dativmarkierung bei psychologischen Verben (z.B. schmecken) oder bei Verben des Besitzes (z.B. gehören) kann man hingegen auf eine lexikalische [+hr]-Spezifikation zurückführen, die dafür sorgt, daß aus einem nominativisch markierten [-hr,+lr]-Argument ein [+hr,+lr]-Argument wird. Solange diese [+hr]-Spezifikation noch nicht erworben ist, sollten bei diesen Verben Nominativübergeneralisierungen am Dativargument zu beobachten sein. Auf den Erwerb von Kasusmarkierungen bei Präpositionen geht Pinker weder in seiner Analyse von 1984 noch in seiner späteren Analyse von 1989 ein. Zumindest für das Deutsche würde eine Übertragung der Analyse von Pinker (1984) auf präpositionale Kasusmarkierungen Probleme beim Kasuserwerb erwarten lassen. Pinker (1984) zufolge sollten Kinder nämlich z.B. GOAL-Nominalphrasen im Input suchen und die Markierungen, die sie in diesen Nominalphrasen finden, dann als Dativmarkierungen analysieren. Dies würde beim Erwerb des Deutschen zu Problemen führen, wenn die Kinder nicht zwischen der Kasusmarkierung durch Verben und der Kasusmarkierung durch Präpositionen unterscheiden könnten. Im Deutschen gibt es nämlich zahlreiche Präpositionen, die sowohl Dativ als auch Akkusativkomplemente haben können, z.B. die Präposition auf. Bei diesen Präpositionen geht die Dativmarkierung stets mit der lokalen Lesart einher (auf dem Tisch); die Verwendung einer Akkusativmarkierung führt dagegen zu einer direktionalen Interpretation der betreffenden Präpositionalphrase (auf den Tisch). D.h., die GOAL-Lesart ist in diesem Falle mit der Akkusativmarkierung verbunden. Würde ein Kind nun, wie von Pinker angenommen, sämtliche Kasusmarkierungen an GOAL-Argumenten als Dativmarkierungen interpretieren, sollte es Akkusativmarkierungen in Präpositionalphrasen wie auf den Tisch als Dativmarkierungen analysieren. In dem hier zugrundegelegten Merkmalssystem sollten hingegen Komplemente von Präpositionen - ebenso wie direkte Objekte von Verben - als [+hr] spezifiziert sein. Dementsprechend sollten sie z.B. in einer Akkusativsprache per Default akkusativisch markiert sein (vgl. Stiebels 2002). Damit wären Dativmarkierungen an Präpositionen lexikalische Markierungen, und im Erwerb sollten so lange Akkusativübergeneralisierungen auftreten, bis das betreffende Kind die zielsprachliche [+lr]-Spezifikation erworben hat. Daß der Akkusativ im Deutschen der Defaultkasus für Präpositionen sein soll ist umstritten. So argumentiert z.B. Bierwisch (1988) dafür, daß der Dativ der Defaultkasus für Präpositionskomplemente ist, während Akkusativ- und Genitivmarkierungen in Präpositionalphrasen lexikalisch determiniert sind. Für eine solche Analyse, die Dativübergeneralisierungen erwarten Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 381 läßt, scheint zu sprechen, daß die Mehrzahl der Präpositionen in Korpora der deutschen Erwachsenensprache den Dativ zuweisen (vgl. Folsom 1984). In anderen Analysen werden hingegen sowohl der Akkusativ als auch der Dativ bei Komplementen von Präpositionen als lexikalische Kasusmarkierungen angenommen, da weder Akkusativ noch Dativ und Genitiv in Präpositionalphrasen voll prädiktabel sind (vgl. z.B. Haegemann 1991, Heinz/Matiasek 1994, Müller 1999). Insgesamt ergeben sich somit die folgenden Untersuchungsfragen zum Einstieg von Kindern ins jeweilige zielsprachliche Kasussystem: - Gibt es eine frühe Erwerbsphase, in der Kasusmarkierungen für Subjekte und direkte Objekte auf AGENS-, ACTOR- und PATIENS-Argumente beschränkt sind? - Werden Kasusmarkierungen für Subjekte anfangs auf Subjekte intransitiver oder transitiver Verben untergeneralisiert? - Wird das Defaultkasusmuster für Argumente zweiwertiger Verben auf Äußerungen mit zwei Argumenten übertragen, die in der Zielsprache identische Kasusmarkierung aufweisen (z.B. auf Äußerungen mit prädikativen Konstruktionen)? - Welche Fehlerraten sind bei Dativmarkierungen an indirekten Objekten, Argumenten ein- und zweiwertiger Verben sowie bei Präpositionskomplementen zu beobachten? Sind diese Fehlerraten mit den Fehlerraten bei Nominativ- und Akkusativmarkierungen bei Subjekten bzw. Objekten zu vergleichen, oder liegen sie höher? - Welche Abweichungen von der Zielsprache kommen bei den verschiedenen Typen von dativisch markierten Argumenten vor? 3.4.2 Vorliegende Befunde Empirische Studien, die Aufschluß über den Einstieg ins Kasussystem und den Status von Dativmarkierungen geben, liegen meines Wissens bislang für (i) das Russische, (ii) das Kaluli, (iii) das Baskische, (iv) das Japanische und (v) das Deutsche vor.83 83 Auf Studien zum Erwerb des englischen Pronomenkasus gehe ich an dieser Stelle nicht näher ein, da sich die vorliegenden Studien auf die Interaktion zwischen Subjektmarkierung und Finitheit bzw. Paradigmenstruktur konzentrieren und z.B. keinen systematischen Vergleich zwischen Argumenten transitiver und intransitiver Verben ermöglichen. Für eine kurze Zusammenfassung der Diskussion zum Erwerb englischer Pronomina vgl. Kapitel III.3.3.2. Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz ad (i) 382 Der Erwerb des Russischen Slobin (1985:1176) berichtet, daß Akkusativmarkierungen in den Tagebuchdaten von Gvozdevs Sohn Zhenya anfangs auf PATIENS-Argumente von prototypischen Handlungsverben wie geben, tragen oder werfen beschränkt sind. Diese Befunde konnten aber meines Wissens bislang nicht durch quantitative Untersuchungen repliziert werden. Voeikova und Savickiene (2001) dokumentieren in ihrer Längsschnittstudie zum Erwerb des Russischen und Litauischen zwar eine anfängliche Phase, in der die beiden von ihnen untersuchten Kinder ausschließlich Nominativformen verwenden; sie beobachten aber keine systematischen Untergeneralisierungen von Kasusmarkierungen auf Argumente mit bestimmten Θ-Rollen oder syntaktischen Funktionen. Vielmehr betonen sie sogar ausdrücklich, daß die untersuchten Kinder kaum Fehler bei der Produktion von Kasusmarkierungen machten und daß das Auftreten der ersten Akkusativmarkierungen gleichzeitig bei verschiedenen Stämmen und in verschiedenen Kontexten erfolgte (Voeikova/Savickiene 2001:178). Einen relativ geringen Anteil von Kasusfehlern fand auch Babyonyshev (1993) in ihrer Analyse der Längschnittdaten der russischen Kinder Andrei (2;1-2;7) und Peter (1;6-2;0), die ich in Kapitel III.3.2.2 bereits ausführlicher diskutiert habe: Ihr zufolge produzieren die beiden Kinder Nominativmarkierungen in 99,5% aller 600 obligatorischen Kontexte und Akkusativmarkierungen bei 90% aller 30 direkten Objekte, die eine solche Markierung erforderten. ad (ii) Der Erwerb des Kaluli Im Kaluli, einer [+pro-drop]-Sprache, die durch ein akkusativisches Verbkongruenzsystem und ein ergativisches Kasussystem gekennzeichnet ist, sind Ergativmarkierungen obligatorisch, wenn das PATIENS dem AGENS vorangeht. In Sätzen mit der unmarkierten Abfolge "AGENS < PATIENS" finden sich hingegen meist keine Ergativmarkierungen. Diese sind nur dann zu beobachten, wenn zwischen AGENS- und PATIENS-Nomina keine klare Belebtheitsunterschiede vorliegen, z.B. wenn es sich bei beiden Argumenten um Eigennamen oder Verwandtschaftsbezeichnungen handelt. In allen anderen Kontexten treten Absolutivmarkierungen auf. D.h., es liegen sowohl positionale als auch kategoriale Distributions- Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 383 beschränkungen für Ergativmarkierungen vor, die sich durch entsprechende Inputbedingungen erfassen lassen. Beim Erwerb des Kasussystems im Kaluli müssen Kinder dementsprechend zum einen die Position, zum anderen den Typ der Nominalphrasen berücksichtigen, an dem diese Markierungen auftreten. Darüber hinaus müssen sie die Lernbarkeitsprobleme bewältigen, die sich daraus ergeben, daß das Kaluli eine [+pro-drop]-Sprache ist, d.h. Auslassungen von Argumenten erlaubt. Schieffelin (1985) hat den Erwerb von Kasusmarkierungen im Kaluli anhand von drei Längsschnittkorpora von Kindern im Alter von zwei bis drei Jahren untersucht. Schieffelins Angaben zufolge begannen diese Kinder im Alter von 25 bis 28 Monaten kasusmarkierte Nominalphrasen zu produzieren. Dabei wurden Ergativmarkierungen anfangs z.T. ausgelassen oder durch Absolutivmarkierungen ersetzt. Solche Untergeneralisierungen von Ergativmarkierungen waren Schieffelin (1985:561ff.) zufolge insbesondere bei den Verben sama 'sagen' und e(len)gab '(so) tun' zu beobachten. Slobin (1985:1176) interpretiert dies als Evidenz für die von ihm und Pinker (1984) vertretene Annahme, daß Kasusmarkierungen anfangs auf Argumente prototypischer Handlungsverben beschränkt sind. Schieffelin (1985:562f.) selbst gibt aber an, daß die Verben, bei denen Ergativmarkierungen systematisch fehlen, im Input meistens ohne Objekt vorkommen. Außerdem berichtet Schieffelin (1985:543), daß die untersuchten Kinder im Alter von 30 Monaten die obligatorischen Ergativmarkierungen in Äußerungen mit overtem Objekt immer verwenden, während diese Markierungen in Sätzen ohne Objekt-DP häufig fehlen. D.h., Kinder lassen Ergativmarkierungen am Subjekt aus, wenn die entsprechenden Verben im Input nicht mit einem Objekt kombiniert werden bzw. wenn sie selbst diese Verben nicht zusammen mit einem Objekt verwenden. Diese Beobachtung ließe sich durch die Annahme erklären, daß Kinder manche Verben angesichts des Fehlens von Objekten im Input fälschlicherweise als intransitive Verben analysieren und dann auch so gebrauchen - nämlich ohne Objekt und mit einer Absolutivmarkierung. Diese Erklärung ist meiner Auffassung nach der Annahme von thematisch bedingten Beschränkungen beim Erwerb von Kasusmarkierungen vorzuziehen. Sie erfaßt nämlich nicht nur die beobachteten Untergeneralisierungen bei bestimmten Verben; sie erklärt auch, warum Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 384 die beobachteten Untergeneralisierungen von Ergativmarkierungen mit Objektauslassungen einhergehen. Außerdem setzt zumindest Pinkers (1984) Version des semantischen Bootstrappings voraus, daß Kinder bei der Analyse von Kasusmarkierungen an AGENS- oder PATIENSArgumenten nur Basissätze berücksichtigen, d.h. Sätze mit minimal flektierten Hauptverben. Hierfür liefern die Daten von Schieffelin aber keinen Hinweis. Schieffelin (1985:561ff.) zufolge verwenden die von ihr untersuchten Kinder in Past-Tense-Kontexten sogar mehr Ergativmarkierungen als in Präsenskontexten. Darüber hinaus findet sich in den Daten von Schieffelin keinerlei Evidenz für anfängliche Beschränkungen von Kasusmarkierungen auf Argumente transitiver oder intransitiver Verben. Solche Beschränkungen wären aber zu erwarten, wenn Kinder eine der drei von Slobin, Pinker und Bowerman diskutierten Strategien zur Akkusativ/ Ergativunterscheidung einsetzen würden. Zusammengenommen lassen sich die Untergeneralisierungen von Ergativmarkierungen beim Erwerb des Kaluli, die Slobin (1985) als Evidenz für seine Analyse anführt, somit besser erfassen, wenn man von dem vorgeschlagenen merkmalsbasierten Ansatz ausgeht. Zugleich bestätigen die Daten zum Erwerb des Kaluli keine der übrigen Vorhersagen zu Abweichungen von der Zielsprache, die sich aus dem Ansatz von Pinker (1984) ergeben. Neben den diskutierten Untergeneralisierungen zeigen sich beim Erwerb des Kaluli auch Übergeneralisierungen von Kasusmarkierungen. Diese sprechen für einen merkmalsbasierten Ansatz, dem zufolge Kinder Kasusmarkierungen übergeneralisieren sollten, so lange sie die Inputbedingung für diese Markierungen nicht erworben haben: In Sätzen mit der unmarkierten Abfolge "AGENS < PATIENS" markierten die von Schieffelin untersuchten Kinder das AGENS anfangs überhaupt nicht. Dann traten Ergativmarkierungen auf, und zwar auch dann, wenn die entsprechenden Nomina keine Eigennamen oder Verwandtschaftsbezeichnungen waren. Diese Übergeneralisierungen wurden von allen drei von Schieffelin untersuchten Kindern im Alter von 32 Monaten überwunden. Von diesem Zeitpunkt an beschränkte sich das Auftreten von Ergativmarkierungen wieder auf "PATIENS < AGENS"-Abfolgen sowie auf "AGENS < PATIENS"-Äußerungen mit Eigennamen oder Verwandtschaftsbezeichnungen. Ergativmarkierungen wurden zu keinem Zeitpunkt auf das einzige Argument intransitiver Verben übergeneralisiert. Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 385 ad (iii) Der Erwerb des Baskischen Für den Erwerb des Baskischen haben Meisel und Ezeizabarrena (1996:231) sowie Larranaga (2000) keine systematischen Beschränkungen von Kasusmarkierungen auf bestimmte Θ-Rollen oder Verbtypen dokumentiert. Absolutivformen wurden sowohl mit transitiven als auch bei intransitiven Verben kombiniert. Dies ist für sich genommen allerdings noch nicht sehr aussagekräftig, da Absolutivformen keine overte Markierung tragen. Sowohl im Mikel-Korpus (1;7-3;9) als auch im Peru-Korpus (1;11-4;3) fanden sich zwar Belege für Auslassungen von Ergativmarkierungen; diese Auslassungen scheinen aber nicht durch anfängliche Untergeneralisierungen auf bestimmte Θ-Rollen oder Verbtypen bedingt zu sein (vgl. Larranaga 2000:128ff.): Erstens traten die Ergativauslassungen z.T. erst relativ spät auf`, und sie fanden sich auch bei Verben, die in früheren Aufnahmen bereits mit Ergativmarkierungen kombiniert wurden. Zweitens kamen Larranaga zufolge Ergativmarkierungen nicht nur bei prototypischen Handlungsverben vor, sondern auch bei Verben wie ukan 'haben', balio 'gelten', euki 'besitzen' und jakin 'wissen'. Drittens verwendete Peru viele Subjekte von prototypischen Handlungsverben ohne Ergativmarkierung, z.B. das Verb bota 'werfen'. In bezug auf den Erwerb von Dativmarkierungen berichtet Larranaga (2000:135), daß die ersten Dative, die Mikel und Peru verwendeten, obligatorische Argumente waren. Fakultative Dativobjekte finden sich erst in späteren Aufnahmen. Eindeutige Fälle von Auslassungen, Ersetzungen oder Übergeneralisierungen von Dativmarkierungen, aus denen man Aufschluß über den Status von Dativmarkierungen erlangen könnte, gab es Larranaga (2000:135) zufolge zwar nicht; daraus kann man allerdings nicht schließen, daß der Dativerwerb bei allen Verbtypen problemlos verläuft. Dativfordernde psychologische Verben fanden sich in den Daten von Peru nämlich nur einmal und in den Daten von Mikel nur zweimal. Die Datenbasis reicht somit für weitergehende Schlüsse nicht aus. Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 386 ad (iv) Der Erwerb des Japanischen Die vorliegenden Studien zum Japanischen erlauben ebenfalls keine Generalisierungen über den Erwerb von Dativmarkierungen, da die Spontansprachdaten auch hier zu wenige Belege für die einzelnen Verbtypen enthielten. In der Studie, die Morikawa (1989) auf der Basis des Sumihare-Korpus (1;11-3;3) durchgeführt hat, finden sich jedoch explizite quantitative Analysen zu Untergeneralisierungen von Kasusmarkierungen in der frühen Zwei-Wort-Phase. Wie Abb.III-37 verdeutlicht, konnte Morikawa keine anfänglichen Beschränkungen der japanischen Subjektpostposition ga beobachten. Vielmehr verwendete Sumihare ga von Anfang an sowohl für intransitive als auch für transitive Verben. in % Abb.III-37: Subjektmarkierung mit ga bei Sumihare (Morikawa 1989) 100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 1 2 3 4 5 6 Aufnahme transitiv ad (v) intransitiv Der Erwerb des Deutschen Systematische Untergeneralisierungen von Kasusmarkierungen, wie man sie im Rahmen eines kategorienbasierten Ansatzes erwarten sollte, wurden in den vorliegenden Studien zur deutschen Kindersprache nicht dokumentiert. Es wurden aber auch keine entsprechenden quantitativen Analysen vorgenommen. In bezug auf Übergeneralisierungen berichten die meisten Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 387 Erwerbsstudien zum Deutschen, daß die untersuchten Kinder Akkusativmarkierungen nicht auf Nominativkontexte übergeneralisieren (vgl. z.B. Clahsen 1984, Tracy 1986, Clahsen/Eisenbeiß/Vainikka 1994, Schütze 1996, 1997). In einigen Untersuchungen wurden aber vereinzelte Akkusativübergeneralisierungen auf Nominativkontexte dokumentiert. Dabei handelt es sich bei den mir vorliegenden Beispielen ausnahmslos um Äußerungen mit Verben, die zwei Nominativargumente erlauben. So produziert z.B. das von Leopold (1949:844) untersuchte Kind Hildegard, das Englisch und Deutsch parallel erwirbt, im Alter von 5;1 mehrere Übergeneralisierungen in Äußerungen mit den Verben sein und klingeln (= klingen) (vgl. (86)), und Parodi (1990b:183) zitiert ein Beispiel für eine Akkusativübergeneralisierung bei sein (vgl. (87)): (86) (a) (b) (c) (d) denAKK (korr.: dasNOM) buch ist auch da dies ist denAKK (korr.: die NOM) tür denAKK (korr.: die NOM) uhr klingelt wie Bratfisch-Bratfisch wo ist denAKK (korr.: derNOM) ball (87) is denAKK (korr.: derNOM) (mo-moto)rrad paputt (Hildegard 5;1) (Hildegard 5;1) (Hildegard 5;1) (Hildegard 5;1) (Chr. 3;0) Diese Übergeneralisierungen lassen sich auf die Annahme zurückzuführen, daß zwei DPArgumente desselben Verbs stets unterschiedliche relative Positionen in der Argumenthierarchie einnehmen und dementsprechend unterschiedliche morphologische Markierungen tragen sollten. Wie in Kapitel III.3.4.1 diskutiert, ergibt sich aus dieser Annahme nämlich die Vorhersage, daß Kinder in solchen Fällen das Defaultmarkierungsmuster ihrer Zielsprache übergeneralisieren - d.h. im Deutschen das Nominativ/Akkusativmuster. Nominativübergeneralisierungen auf direkte Akkusativobjekte wurden selbst nach dem Auftreten von Kontrasten zwischen Nominativ- und Akkusativmarkierungen noch häufig beobachtet (Clahsen 1984, Mills 1985, Tracy 1986, Eisenbeiß 1991, Clahsen/Eisenbeiß/ Vainikka 1994, Schütze 1996, 1997). Dies ist unerwartet, wenn der Akkusativ mit seiner [+hr]-Spezifikation der Defaultkasus für direkte Objekte ist. Dann sollte er dem Spezifizitätsprinzip gemäß nämlich stets Vorrang vor dem unterspezifizierten Nominativ haben. Eine genauere Betrachtung der vorliegenden Befunde zeigt aber, daß es sich bei den Belegen für Nominativübergeneralisierungen, die in den entsprechenden Studien angegeben wurden, überwiegend um unflektierte [+EIN]-Elemente in Akk. Mask.Sg.-Kontexten handelte; vgl. u.a. die Beispiele von Clahsen (1984:9): Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz (88) (a) (b) noch ein fisch malen der hat kein teddybär 388 (Julia 2;4) (Mathias 3;0) Wie in Kapitel III.3.1 diskutiert, könnten solche Auslassungen von Affixen bei [+EIN]Elementen durch den Versuch bedingt sein, das Paradigma dieses D-Elementtyps zu regularisieren. Deshalb kann man sie nicht eindeutig als Übergeneralisierungen von Nominativformen klassifizieren. Außerdem wurde in den meisten vorliegenden Studien nicht zwischen Äußerungen mit einem overten kasuszuweisenden Verb und elliptischen Äußerungen ohne ein solches Element unterschieden. Daher könnte zumindest ein Teil der beobachteten Nominativübergeneralisierungen auf das Fehlen eines overten Kasuszuweisers zurückzuführen sein. Angesichts dieser Probleme haben Clahsen, Eisenbeiß und Penke (1996) Daten aus Phase IV im Hinblick auf die Kasusmarkierung bei direkten Objekten untersucht und hierbei sowohl direkte Objekte mit [+EIN]-Elementen als auch Äußerungen ohne kasuszuweisendes Verb ausgeschlossen.84 Dabei gelangten sie zu dem Ergebnis, daß 97% der 121 direkten Objekte die erforderliche Akkusativmarkierung trugen. Dieser Befund unterstützt die Annahme, daß Akkusativmarkierungen bei direkten Objekten auf Defaultkasusmarkierungen beruhen und problemlos auf alle Verbtypen generalisiert werden, die ein direktes Objekt aufweisen. Ein ähnliches Bild ergibt sich für indirekte Objekte. Auch hier waren in früheren Studien zahlreiche Übergeneralisierungen von Akkusativmarkierungen dokumentiert worden (vgl. z.B. Clahsen 1984, Mills 1985). Zumindest einige der Belege für "Akkusativmarkierungen" bei indirekten Objekten könnten jedoch auf ähnlichkeitsbedingte Ersetzungen der Dativmarkierung -m durch die Endung -n zurückzuführen sein (vgl. Kapitel III.3.1 sowie Mills 1985 und Eisenbeiß 1991). Daher haben Clahsen, Eisenbeiß und Penke (1996) bei ihrer Flexionsanalyse für indirekte Objekte in Phase IV "Akkusativübergeneralisierungen", die durch die Ersetzung von -m durch -n bewirkt sein könnten, sowie alle Kasusmarkierungen an [+EIN]-Elementen und alle elliptischen Äußerungen ohne overtes kasuszuweisendes Verb von der Analyse ausgenommen. Dadurch ergab sich für indirekte Objekte eine Korrektheitsrate von 94%. 84 Die von Clahsen, Eisenbeiß und Penke (1996) analysierten Korpora umfassen eine Teilmenge der hier untersuchten Daten sowie Daten aus dem Simone-Korpus (Miller 1976). Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 389 Außerdem berichtet Eisenbeiß (1994a), daß es zwar unter den von ihr untersuchten Kindern sowie bei den 16 drei- bis fünfjährigen Kindern, deren Daten Eisenbeiß (1991) analysiert hat, einige gab, die noch nicht in allen obligatorischen Kontexten Dativmarkierungen benutzten. Selbst bei diesen Kindern ließen sich aber keine systematischen Übergeneralisierungen von Akkusativmarkierungen beobachten, die man nicht auf -m/-n-Vertauschungen hätte zurückführen können. Vielmehr machten diese Kinder von den drei in Kapitel III.3.4.1 diskutierten Möglichkeiten Gebrauch: Sie ließen Argumente aus, so daß die Anzahl der zu markierenden Argumente nicht die Anzahl der entsprechenden Markierungen überstieg (vgl. (89)), oder sie verwendeten eine Präposition als Kasuszuweiser für das mittlere Argument (vgl. (90)). Ein ähnlicher Beleg findet sich auch in der Tagebuchstudie von Scupin und Scupin (1907:146; vgl. (91)): (89) (a) (b) wir müssen das sente (= schenken) gib meine puppa (Svenja) (Simone) (90) (a) (b) dann hau ich bei die Joana eine für'n papa sollste aber den schenken (Svenja) (Carsten) (91) was hat denn die mama in die tante gesagt? (Scupin 2;7) Für Dativmarkierungen am niedrigeren Argument von Verben wie winken, konnte Eisenbeiß (1991) in einer experimentellen Studie mit 16 drei- bis fünfjährigen deutschen Kindern zeigen, daß zumindest ein Teil der untersuchten Kinder nicht nur -m durch -n ersetzte, sondern auch bei Feminina und Neutra statt der erforderlichen Dativformen Nominativ/Akkusativformen benutzte (ich winke die frau, …). Diese Kinder behandelten die Markierung -n zugleich syntaktisch wie eine Akkusativmarkierung, die bei Passivierung der Kasusalternation unterliegt, d.h. durch eine Nominativmarkierung ersetzt wird (ich winke den mann vs. der mann wird gewunken; vgl. Kapitel III.3.1.2 für eine ausführlichere Diskussion). In diesen Fällen scheint somit eine "echte" Akkusativübergeneralisierung vorzuliegen. Solche Übergeneralisierungen von Akkusativmarkierungen auf das niedrigere Argument von zweiwertigen Verben scheinen lexemspezifisch zu sein. Ein Vergleich der drei Verben, die den Kindern präsentiert wurden, ergab nämlich unterschiedliche Übergeneralisierungsmuster für die drei untersuchten Verben: Dabei zeigte eines der Kinder, bei denen "echte" Akkusativübergeneralisierungen auftraten, nur bei winken, aber nicht bei helfen und danken solche Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 390 Abweichungen von der Zielsprache; zwei andere Kinder verwendeten hingegen Akkusativmarkierungen nur bei dem Verb danken. Dativmarkierungen am höheren Argument eines zweiwertigen Verbs scheinen nicht durch Akkusativmarkierungen ersetzt zu werden, sondern durch Nominativmarkierungen. So führt Eisenbeiß (1994a) z.B. die folgenden Beispiele aus dem Simone-Korpus und den von ihr analysierten acht Aufnahmen des Svenja-Korpus an, um zu zeigen, daß Kinder bei diesem Verb systematisch und trotz massiver Korrekturen den Nominativ auf das Dativargument übergeneralisieren: (92) Vater: Wem gehört der Löffel? V: Wem gehört der Löffel? V: Wem gehört der Löffel? V: Mir. Wem gehört der Löffel? V: Wem gehört der Löffel? V: Mir. Und das bist Du. ne? V: Wem gehört der Löffel? V: Mir. Wem gehört der Löffel? V: Wem gehört der Löffel? V: Wem gehört die Flasche? V: ... Und wem gehört der Pullovernacht (= Schlafanzug)? V: Mir! V: Hast Du verstanden. Ne? Wem gehört die Hose? V: Wem gehört der Lala (= Schnuller)? V: Mir heißt das doch. V: Wer ist denn mir? V: Wem gehört'n der Lala? V: Mir. (93) (a) (b) wer das gehört der hört (= gehört) den noch nich Simone: ich S: ich. ja. S: ich. S: mir. S: mir. S: ja. gehört mir.(...) S: ich. S: ich. S: mir. S: mone. S: ich. S: mir heißt das. mir. S: ich. (...) S: ich. (...) S: mir. S: ich. S: mone. S: mir. (Svenja) (Svenja) Daß sich bei Verben wie danken und winken Akkusativübergeneralisierungen, bei Verben wie gehören hingegen Nominativübergeneralisierungen zeigen, unterstützt die Annahme, daß es sich bei den Dativmarkierungen an den Argumenten dieser Verben um zwei unterschiedliche Typen von lexikalischen Spezifikationen handelt: um eine [+lr]-Spezifikation am niedrigeren Argument von Verben wie danken und winken und um eine lexikalische [+hr]-Spezifikation am höheren Argument von gehören. Die Daten zum Erwerb dieser Verben sprechen somit gegen eine Analyse, bei der die Kasuszuweisung nicht von der Argumentstruktur abhängt, sondern alleine von der syntaktischen Funktion des betreffenden Arguments. Wenn eine solche Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 391 rein syntaxbasierte Analyse korrekt wäre, sollten nämlich alle Dativobjekte zweiwertiger Verben den Defaultkasus für direkte Objekte - d.h. den Akkusativ - tragen, so lange das Kind noch nicht die lexemspezifischen Kasuszuweisungseigenschaften des betreffenden Verbs erworben hat. Für Dativmarkierungen am einzigen Argument intransitiver Verben machen ein syntaktisch basierter und der argumentstrukturbasierte Ansatz dieselben Vorhersagen: Das einzige Argument eines intransitiven Verbs sollte - so lange die verbspezifischen Eigenschaften noch nicht erworben sind - als Subjekt bzw. als [-hr,-lr]-Argument interpretiert werden und daher die Defaultmarkierung für diese Argumente erhalten - d.h. den Nominativ. Diese Hypothese konnte in der Studie von Eisenbeiß (1994a) bestätigt werden, denn in dem dort analysierten Teil des Svenja-Korpus fanden sich entsprechende Belege: (94) (a) (b) der wird nich mehr kalt (= dem Clown wird nicht mehr kalt) dann wird die wieder kalt (Svenja) (Svenja) Bei Präpositionen wie für oder durch, die ausschließlich den Akkusativ zuweisen, wurden Mills (1985:188f.) zufolge nur wenige Fehler beobachtet: In den von ihr reanalysierten umfangreichen Tagebuchdaten von Preyer (1882) und Stern und Stern (1928) findet sich jeweils nur eine einzige Dativübergeneralisierung (vgl. (95a) und (95b)). Beide involvieren die Präposition für. Dies gilt auch für die von Stenzel (1994) dokumentierten Dativübergeneralisierungen bei Präpositionskomplementen (vgl. (96)): (95) (a) (b) für'm Axel für dir (96) (a) (b) für dir und (für/von) mir ein für dich (N.N. 2;4) (N.N. 3;2) (Pascal 2;5,5) (Pascal 2;9,13) Für dativfordernde Präpositionen sind hingegen zahlreiche Fehler dokumentiert (vgl. z.B. (97)). Dabei handelt es sich fast ausschließlich um Übergeneralisierungen der Akk.Mask.Sg.Endung -n oder um Übergeneralisierungen von Formen, die sowohl als Nominativform oder als Akkusativform interpretiert werden können (z.B. die oder das). Mills fand in den von ihr reanalysierten Tagebuchdaten nur zwei Beispiele, die sich als Nominativübergeneralisierungen interpretieren lassen. Zumindest in (97a) könnte aber auch ein Genusfehler vorliegen Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 392 (Dat.Fem.Sg. -r statt Dat.Mask.Sg. -m). Eindeutige Nominativübergeneralisierungen wie mit du/ich sind nicht belegt. (97) (a) (b) der geht auf der stuhl das ist der schornstein von mein brauner baukasten (N.N. 3;0) (N.N. 4;7) Bei Präpositionen, die sowohl mit dem Akkusativ als auch mit dem Dativ auftreten können, sind Mills (1985:192) zufolge ebenfalls Akkusativübergeneralisierungen, aber keine Dativübergeneralisierungen zu beobachten. Zusammengenommen unterstützen diese Befunde somit nicht die Annahme, daß der Akkusativ bei Präpositionen ein lexikalischer Kasus ist (Bierwisch 1988). Die systematischen Akkusativübergeneralisierungen sprechen dafür, daß der Akkusativ der Defaultkasus für niedrigere Argumente ist und daher so lange übergeneralisiert wird, bis die lexemspezifischen Kasuszuweisungseigenschaften des betreffenden Verbs oder der betreffenden Präposition verfügbar sind. Insgesamt betrachtet ließen sich somit in den vorliegenden Studien zum Deutschen keine systematischen Untergeneralisierungen von Kasusmarkierungen auf Argumente mit bestimmten Θ-Rollen oder syntaktischen Funktionen nachweisen. Lediglich das Auftreten von zwei Nominativmarkierungen in prädikativen Strukturen schien Kindern Probleme zu bereiten und zu Akkusativübergeneralisierungen auf eines der beiden Argumente zu führen. Außerdem waren die Fehlerraten bei Nominativmarkierungen an Subjekten, bei Akkusativmarkierungen an Verb- bzw. Präpositionskomplementen sowie bei indirekten Dativobjekten sehr niedrig, wenn konfundierende morphologische Faktoren und elliptische Äußerungen ausgeschlossen wurden. Zugleich ließen sich systematische Übergeneralisierungen von Nominativund Akkusativmarkierungen auf Argumente mit Dativmarkierungen beobachten. Hierbei schien das zu beobachtende Übergeneralisierungsmuster von der relativen hierarchischen Position des betreffenden Arguments in der semantischen Repräsentation abzuhängen: Bei höheren Argumenten zweistelliger Verben sowie beim einzigen Argument intransitiver Verben fanden sich übergeneralisierte Nominativformen; bei niedrigeren Argumenten von Verben und Präpositionen traten hingegen Akkusativmarkierungen auf. Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 3.4.3 393 Auswertung der Korpora Zur Ergänzung der vorliegenden Studien habe ich quantitative Analysen der Kasusmarkierungen an den einzelnen Typen von Argumenten durchgeführt. Dabei habe ich zunächst untersucht, ob Kinder Kasusmarkierungen anfangs nur bei Argumenten mit bestimmten Θ-Rollen oder syntaktischen Funktionen verwenden, wie man es im Rahmen von Pinkers (1984, 1989) Analysen erwarten würde. Hierzu habe ich ermittelt, ob Kinder in obligatorischen Kontexten reduzierte, zielsprachliche oder nicht-zielsprachliche Nominativformen von D-Elementen und Pronomina verwenden.85 Die Ergebnisse der Analysen sind in Abb.III-38 graphisch dargestellt: Abb.III-38: Nominativmarkierung in obligatorischen Kontexten in % Annelie Hannah Leonie Mathias Andreas 100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 II III II III II III II III III Phase transitiv intransitiv Wie man in Abb.III-38 erkennen kann, läßt sich keine anfängliche Beschränkung von Nominativmarkierungen auf Argumente mit einer bestimmten syntaktischen Funktion feststellen. Bereits in Phase II, d.h. während des vorübergehenden Einschnitts bei der Determiniererrealisierungsrate, der den Beginn produktiver D-Elementverwendungen anzeigt, produzieren 85 Für die Berechnung des Anteils zielsprachlicher und nicht-zielsprachlicher Formen wurden dieselben Kriterien verwendet wie bei den Auswertungen in Abb.III-39. Vgl. die entsprechenden Ausführungen in Anhang I. Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 394 Kinder die erforderlichen Nominativmarkierungen unabhängig vom betreffenden Argumenttyp in nahezu allen obligatorischen Kontexten. In Phase III finden sich bei Andreas, Hannah und Leonie zwar etwas mehr phonetisch reduzierte D-Elemente bei Argumenten intransitiver Verben als bei Argumenten transitiver Verben; bei Annelie und Mathias ist dies aber nicht der Fall. Nominativmarkierungen treten nicht nur von Anfang an bei Argumenten beider Verbtypen auf; in den Daten zeigt sich auch keine anfängliche Beschränkung von Akkusativmarkierungen auf PATIENS-Argumente prototypischer Handlungsverben, wie man sie im Rahmen von Pinkers (1984) Analyse erwarten würde. Vielmehr sind bereits unter den ersten Akkusativmarkierungen, die in den Korpora der einzelnen Kinder in den Phasen III bzw. IV auftreten, Markierungen an Argumenten zu beobachten, die keine prototypische PATIENS-Rolle tragen: (98) ich hab so einen (99) (a) (b) (c) ich hör den ich hör den nich ich ruf den doch (100) S.E.: und was hab ich? Leonie: klein'n ball (Andreas) (Annelie 5) (Annelie 5) (Annelie 5) (Leonie 8) Somit sprechen die vorliegenden Befunde für eine frühe Generalisierung von Kasusmarkierungen auf Argumente unterschiedlicher Verbtypen und unterstützen damit die vorgeschlagene merkmalsbasierte Analyse. Wenn diese zutrifft, sollte es sich bei Dativmarkierungen an indirekten Objekten und bei Akkusativmarkierungen in Präpositionalphrasen ebenso wie bei Nominativmarkierungen und bei Akkusativmarkierungen an direkten Objekten um Defaultkasusmarkierungen handeln. Dementsprechend wären für indirekte Objekte und PPs mit akkusativfordernder Präposition niedrige Fehlerraten zu erwarten. Dativmarkierungen in Präpositionalphrasen sowie Dativmarkierungen an Argumenten ein- oder zweiwertiger Verben sollten hingegen höhere Fehlerraten aufweisen. Dabei müßten sich in Präpositionalphrasen und bei Dativmarkierungen am niedrigeren Argument von Verben wie winken Akkusativübergeneralisierungen beobachten lassen, Dativmarkierungen am einzigen Argument intransitiver Verben oder am höheren Argument von zweiwertigen Verben wie gehören sollten hingegen durch Nominativmarkierungen ersetzt werden. Um diese Vorhersagen zu überprüfen, habe ich zunächst die Korrektheitsraten für die angesprochenen Typen von Kasusmarkierungen ermittelt. Hierbei habe ich mich auf Daten aus Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 395 Phase IV beschränkt, da man erst in dieser Phase bei allen untersuchten Kindern von der Verfügbarkeit der Nominativ/Akkusativdistinktion ausgehen kann (vgl. die Befunde in Kapitel III.3.1.3, Kapitel III.3.2.3 sowie Kapitel III.3.3.3). Außerdem wurden phonetisch reduzierte Formen, [+EIN]-Elemente, Ersetzungen von -m durch -n sowie Strukturen ohne overte Kasusmarkierung ausgeschlossen. Hierdurch sollte verhindert werden, daß die Ergebnisse der Analysen durch Faktoren beeinflußt werden, die nichts mit dem jeweiligen Status der einzelnen Kasusmarkierungen zu tun haben. Die Angaben zu den einzelnen Kindern finden sich in Tab.I-1 bis Tab.I-7 im Anhang. In Abb.III-39 wurden sie zusammengefaßt und graphisch dargestellt. Abb.III-39: Kasusmarkierungen in Phase IV 100% 80% 60% 40% 20% 0% NOM DO-AKK IO-DAT zielsprachlich DO-DAT PP-AKK PP-DAT nicht-zielsprachlich Wie man in Abb.III-39 erkennen kann, werden Nominativmarkierungen (NOM), Akkusativmarkierungen an direkten Objekten (DO-AKK) und in Präpositionalphrasen (PP-AKK) sowie Dativmarkierungen an indirekten Objekten (IO-DAT) nur sehr selten durch andere Formen ersetzt. Dativmarkierungen in Präpositionalphrasen (PP-DAT) sowie Dativmarkierungen an Argumenten ein- oder zweiwertiger Verben (DO-DAT) weisen hingegen höhere Fehlerraten auf. Somit ergeben sich für Dativmarkierungen an indirekten Objekten dieselben Korrektheitsraten wie für Nominativ- und Akkusativmarkierungen. In Kontexten für die Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 396 übrigen Dativmarkierungen finden sich hingegen, wie man dies bei lexemspezifischen Kasusmarkierungen erwarten würde, höhere Fehlerraten. Diese Beobachtung ließ sich statistisch bestätigen: Ein Wilcoxon-Test ergab, daß sich die Fehlerrate für Dativmarkierungen bei indirekten Objekten (95,1%) nicht signifikant von der Fehlerrate für Nominativ- und Akkusativmarkierungen unterscheidet (99,8%; z = -0,944, p > 0,05, ungerichtete Fragestellung). Die Fehlerrate für Dativmarkierungen bei Präpositionsargumenten sowie bei Argumenten ein- und zweiwertiger Verben (68,9%) weicht hingegen signifikant von diesem Wert ab (z = -1,992, p < 0,05, ungerichtete Fragestellung). Die als morphologische Realisierungen von Defaultkasus bzw. lexikalischem Kasus analysierten Kasusmarkierungen unterscheiden sich allerdings nicht nur in bezug auf die Fehlerhäufigkeit, sondern auch in bezug auf die zu beobachtenden Fehlertypen: Bei den drei der insgesamt 2669 analysierten Subjekt-DPs handelt es sich um Übergeneralisierungen einer Akkusativmarkierung auf ein Argument des Verbs sein: (101) (a) (b) (c) und den sitz is raus is den koffer von die von de(r) sascha den schumpf (= Strumpf) is ein bißchen (g)erutscht (Carsten) (Svenja 13) (Svenja 15) Diese Fehler sind parallel zu den in Kapitel III.3.4.2 erwähnten Akkusativübergeneralisierungen auf Nominativkontexte, die ebenfalls nur für Argumente von prädikativen Verben wie sein belegt sind. Neben den Äußerungen in (101) fanden sich in den analysierten Daten aus Phase IV noch weitere Äußerungen mit sein, in denen nicht-nominativische Markierungen in Nom.Mask.Sg.-Kontexten auftraten (vgl. (102)). Diese Beispiele waren nicht in die Berechnungen für Abb.III-39 eingegangen, da sie [+EIN]-Elemente oder Adjektive mit -n-Markierung involvierten (vgl. (102)) oder das prädikative Verb ausgelassen war (vgl. (103)). Entsprechende Strukturen mit anderen Verben konnten in den untersuchten Daten nicht beobachtet werden. Akkusativübergeneralisierungen scheinen somit nur in Äußerungen mit prädikativen Verben vorzukommen. Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz (102) (a) (b) (c) (d) (e) (f) (g) das is doch nich dein'n das i mein neuen schreiber das is doch nich dein'n wos'n roten? wo's mein kaputten schnuller denn? das's ein kaputten stuhl is da kleinen sachen drin (103) (a) (b) das mein'n klein'n tanklastwagen da das mein'n klein'n lang' n tanklastwagen da 397 (Carsten) (Carsten) (Carsten) (Leonie 11) (Leonie 13) (Leonie 14) (Leonie 13) (Carsten) (Carsten) Dies bestätigt die Vorhersage der merkmalsbasierten Analyse, daß Kinder bei prädikativen Verben das Defaultkasusmuster für Verben mit zwei Argumenten verwenden, auch wenn in der Zielsprache an beiden Argumenten Nominativmarkierungen erforderlich sind. Auch die Befunde zu Kasusmarkierungen an indirekten Objekten unterstützen die Annahmen zum Status dieser Markierungen: Obwohl nur Hannah in Phase IV Dativformen produktiv benutzt und systematisch kontrastiv einsetzt (vgl. Kapitel III.3.1.3 und Kapitel III.3.3.3), tragen von den 122 analysierten indirekten Objekten weniger als 5% eine Akkusativmarkierung. Statt Akkusativübergeneralisierungen finden sich neben den bereits von Eisenbeiß (1994) dokumentierten Äußerungen mit Argumentauslassungen oder präpositionalen indirekten Objekten (vgl. Kapitel III.3.4.2) weitere Äußerungen dieses Typs (vgl. (104) bzw. (105)). Außerdem produzieren die untersuchten Kinder statt eines dativisch markierten indirekten Objekts gelegentlich ein deiktisches Element zur Realisierung des GOAL-Arguments (vgl. (106)). (104) (a) (b) (c) die bäckersfrau hat nachtisch schenkt die hannah schenkt des das hat oma marlies ges(ch)enkt de puppe (= das hat Oma Marlies mir geschenkt, die Puppe) gib die jetz kindchen gi gib mal den teller (Hannah 7) (Hannah 8) (Leonie 9) (105) (a) (b) (c) (d) geb auch a(n) Pauline zu ente geben schenk ich bei taun (= Clown) die feder in die (\) die mama geben (Leonie 9) (Leonie 12) (Svenja 5) (Svenja 16) (106) (a) (b) (c) geb auch hier eine große schenkse hier ich geb die bei hier (d) (e) (Svenja 4) (Svenja 13) (Leonie 9) (Svenja 3) (Svenja 2) Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 398 Darüber hinaus bestätigen die Daten zu Dativmarkierungen an zweiwertigen Verben die Annahme, daß man zwei Typen dieser Markierungen unterscheiden muß: Dativmarkierungen am niedrigeren Argument von Verben wie winken oder helfen, die durch eine lexikalische [+lr]Spezifikation bewirkt werden, und Dativmarkierungen am höheren Argument von Verben wie gehören, die durch eine lexikalische [+hr]-Spezifikation bewirkt werden. In beiden Fällen finden sich in den untersuchten Daten Abweichungen von der Zielsprache, die sich auf das Fehlen der jeweiligen lexikalischen Spezifikation zurückführen lassen: Akkusativübergeneralisierungen bei Dativmarkierungen am niedrigeren Argument (vgl. (107)) und Nominativübergeneralisierungen bei Dativmarkierungen am höheren Argument (vgl. (108)). Bei beiden Argumenttypen finden sich gelegentlich auch Strukturen mit Präpositionalphrasen (vgl. (109)). Solche Strukturen könnten ein Übergangsstadium markieren: Das betreffende Kind hat zwar noch nicht die lexemspezifischen Kasuszuweisungseigenschaften der betreffenden Verben erworben; es scheint aber bereits erkannt zu haben, daß die Asymmetrie in der Beziehung zwischen den Ereignispartizipanten sowohl bei Verben wie helfen als auch bei Verben wie gehören nicht so stark ausgeprägt ist wie bei Verben, die das Nominativ/Akkusativmuster aufweisen. Um diese Hypothese zu überprüfen, wären allerdings weitere Untersuchungen erforderlich, bei denen verschiedene Verb- bzw. Ereignistypen miteinander verglichen werden. (107) (a) (b) ich hab mich da wehgetan an backe hab ich mich weggetan (Leonie 15) (Leonie 15) (108) (a) (b) der (ge)hört das nich der (ge)hört das (Svenja 16) (Svenja 16) (109) (a) (b) (c) die (ge)hört bei dir das schiff gehört bei dir dann noch bei Sonja helfen (Svenja 4) (Svenja 5) (Svenja 9) Auf lexemspezifischen Informationen scheinen auch die Dativmarkierungen am einzigen Argument intransitiver Verben zu beruhen. Bei dativfordernden intransitiven Verben treten nämlich gelegentlich Nominativmarkierungen auf - d.h. die Markierungen, die man sowohl in syntaktisch basierten als auch in argumentstrukturbasierten Analysen als Defaultmarkierungen für dieses Argument analysieren würde: Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz (110) (a) (b) (c) ich bin kalt (= mir ist kalt) dann da weil wird der talt (= dann da, weil dem kalt wird) je jetz wird die (= Frau) nich mehr kalt 399 (Leonie 13) (Svenja 6) (Svenja 15) Bei Dativmarkierungen in Präpositionalphrasen treten Akkusativmarkierungen oder Markierungen auf, bei denen man nicht entscheiden kann, ob es sich um eine Nominativform oder aber um eine Akkusativform handelt (vgl. (111)): (111) (a) (b) ich reite mit das und jetzt mit die hose (Svenja 16) (Annelie 6) Belege für eindeutige Nominativformen sind hingegen nicht zu beobachten. Diese Befunde sprechen - zusammen mit dem Fehlen von nicht-zielsprachlichen Formen bei akkusativfordernden Präpositionen - für die Annahme, daß der Akkusativ nicht nur der Defaultkasus für verbale Argumente, sondern auch der Defaultkasus für Präpositionskomplemente ist, während Dativmarkierungen lexikalisch basiert sind. 3.5 Diskussion Die im vorangegangenen Kapitel diskutierten Untersuchungen zum Erwerb von flektierten D-Elementen, Personalpronomina, Nominalaffixen und Postpositionen haben Implikationen für (i) (ii) (iii) (iv) (v) (vi) ad (i) die Debatte um die Strukturaufbauhypothese und die Hypothese der vollständigen Kompetenz, die Erfassung des Übergangs zum zielsprachlichen Flexionssystem, die Diskussion zum Ordnungsproblem beim Genuserwerb, Lösungsansätze zum Bootstrappingproblem beim Genuserwerb, Analysen zum Ordnungsproblem beim Kasuserwerb sowie Analysen zum Einstieg ins zielsprachliche Kasussystem. Die Strukturaufbauhypothese und die Hypothese der vollständigen Kompetenz Zur Entscheidung zwischen der Strukturaufbauhypothese und der Hypothese der vollständigen Kompetenz können die folgenden empirischen Befunde beitragen: Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz (i) (ii) (iii) (iv) (v) (vi) 400 Sowohl in den Korpusanalysen als auch in vorliegenden Studien zur berndeutschen, deutschen, französischen, griechischen und italienischen Kindersprache wurde eine Phase beobachtet, in der D-Elemente phonetisch reduziert, unflektiert oder überwiegend nichtzielsprachlich flektiert sind (vgl. u.a. Penner/Weissenborn 1996, Clahsen 1984, Mills 1985, Clahsen/Eisenbeiß/Vainikka 1994, Müller 1990, 1994, 2000, Veneziano/Sinclair 2000, Stephany 1997, Bottari/Cipriani/Chilosi 1993). Eine Phase ohne Postpositionen bzw. nominale Affixe wurde dokumentiert: - für das Japanische, das Kasuspostpositionen aufweist (Clancy 1985, Morikawa 1989), - für das Baskische, das über DP-finale Morpheme mit Numerus- und Kasusinformationen verfügt (Meisel/Ezeizabarrena 1996, Larranaga 2000), - für das Kaluli, das reine Kasussuffixe hat (Schieffelin 1985), - für das Englische (vgl. u.a. Cazden 1973) und für das Französische (vgl. u.a. Köhn 1994), wo Nomina Numerusmarkierungen, aber keine Kasusmarkierungen tragen und - für das Deutsche (Park 1978; vgl. auch die entsprechenden Korpusanalysen), das Finnische (Bowerman 1973) und das Griechische (Stephany 1997, Marinis 2000), die Markierungen mit Numerus- und Kasusinformationen zeigen. Die Korpusstudien sowie Untersuchungen zum Erwerb des Deutschen, Englischen, Französischen, Italienischen, Hebräischen, Finnischen und Japanischen lieferten Evidenz für die Existenz einer frühen Phase ohne Personalpronomina (Mills 1985, Stenzel 1994, Clark 1985, Pizzuto/Caselli 1992, Bowerman 1973, Berman 1985, Clancy 1985). Eine Phase ohne morphologische Kontraste zeigte sich bei Analysen von: - flektierten D-Elementen in den deutschen Korpora sowie in Studien zum Erwerb des Deutschen und Französischen (vgl. u.a. Clahsen 1984, Tracy 1986, Clahsen/Eisenbeiß/Vainikka 1994, Müller 1994, 2000, Köhn 1994), - flektierten Nomenformen in den deutschen Korpora sowie in vorliegenden Studien zum Deutschen (Köhn 1994, Müller 1994, 2000, Behrens 2002) und - Personalpronomina in den deutschen Korpora sowie in Studien zum Schwedischen und Griechischen (Bohnacker 1997, Stephany 1997). Die Korpusanalysen und die Studie von Bittner (1997) zeigen, daß Formen wie einer, meiner und meins, die in der Zielsprache nur pronominal gebraucht werden können, in der frühen Zwei-Wort-Phase von einigen Kindern auch attributiv verwendet werden (z.B. einer baby). U-förmige Entwicklungsverläufe ergaben sich: - für den Anteil zielsprachlich flektierter D-Elemente in Studien zur italienischen und spanischen Kindersprache (Pizzuto/Caselli 1992, Clark 1985, López-Ornat 1988, Restrepo/Gutierrez-Clellen 2001), - für die Korrektheitsraten von attributiv verwendeten D-Elementen in den deutschen Korpora, - für den Anteil overter bzw. zielsprachlicher Kasusmarkierungen in der russischen Kindersprache (Babyonyshev 1993), - für den Anteil von Personalpronomina an der Gesamtzahl der lexikalischen und pronominalen Nominalphrasen in den deutschen Korpora sowie bei einer Reanalyse der vorliegenden Daten zum Schwedischen (Bohnacker 1997). Die Befunde in (i) bis (vi) ergänzen die in Kapitel III.2 erzielten Befunde zum Erwerb von D-Elementen. Zusammengenommen sprechen diese Befunde nämlich dafür, daß Kinder eine Phase durchlaufen können, in der sie flektierte D-Elemente, Nominalaffixe, Postpositionen und Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 401 Personalpronomina auslassen, phonetisch reduzieren oder sie weder kontrastiv noch kontextangemessen gebrauchen. Da flektierte D-Elemente, Nominalaffixe, Postpositionen und Personalpronomina als Realisierungen von funktionalen, relationalen oder formalen Merkmalen fungieren, liefern die Befunde in (i) bis (iv) somit auf den ersten Blick Evidenz für die Strukturaufbauhypothese (vgl. u.a. Radford 1990, Clahsen/Eisenbeiß/Vainikka 1994, Eisenbeiß 1994a, Müller 1994, 2000, Granfeldt 2000). Abweichungen von der zielsprachlichen Morphologie sind aber auch zu erwarten, wenn Kinder in der frühen Zwei-Wort-Phase zwar bereits sämtliche syntaktischen Eigenschaften funktionaler Projektionen erworben haben, die morpho-phonologische Entwicklung aber noch nicht abgeschlossen ist (vgl. u.a. Penner/ Weissenborn 1996, Bottari/Cipriani/Chilosi 1993, Lleo 2001). Außerdem haben Vertreter der Hypothese der vollständigen Kompetenz eine Reihe von empirischen und konzeptuellen Argumenten gegen den Versuch vorgebracht, die Befunde (i) bis (vi) im Rahmen einer Strukturaufbauanalyse zu erfassen. Insbesondere haben sie dafür argumentiert, daß Kinder anfangs zwar phonetisch reduzierte oder unflektierte Formen gebrauchen, flektierte Formen aber von Anfang an weitestgehend korrekt einsetzen (vgl. u.a. Schütze 1996). Das Auftreten von Kombinationen wie einer baby (vgl. (v)) zeigt jedoch, daß durchaus auch Abweichungen von der Zielsprache auftreten, die man nicht einfach als Reduktionen von Flexionsformen, Affixauslassungen oder Übergeneralisierungen von Zitationsformen analysieren kann. Solche Strukturen lassen sich auch nicht durch die Annahme erfassen, daß Nominalphrasen anfangs in bezug auf die Dimension NUMERUS unterspezifiziert sein können (vgl. Hoekstra/Hyams 1995, 1996, 1998). Man könnte versuchen, solche Formen durch die Annahme zu erklären, daß die Nominalphrasen anfangs in bezug auf die Dimension NUMERUS unterspezifiziert bleiben können - und daß dies zu nicht-zielsprachlichen Formen von Elementen führt, die Numerusinformationen enthalten. Mit einer solchen Annahme ließe sich aber nicht die Beobachtung erfassen, daß Abweichungen von der Zielsprache auch bei Sprachen auftreten, die überhaupt keine Numerusmarkierungen aufweisen, wie z.B. das Japanische (vgl. (ii)). Darüber hinaus konnte in den vorangegangenen Kapiteln Evidenz für die Annahme erbracht werden, daß die Analysen, die zur Unterstützung der Hypothese der vollständigen Kompetenz vorgelegt wurden, auf Daten aus relativ späten Erwerbsphasen beruhen oder Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 402 unanalysierte Strukturen involvieren. So wurde beispielsweise in Kapitel III.3.1.2 gezeigt, daß die Daten von Andreas, für die Schütze (1996) eine kontrastive Verwendung von Nominativund Akkusativformen nachgewiesen hat, überhaupt nicht aus der frühesten Phase der Grammatikentwicklung stammen, auf die sich die Hypothese der vollständigen Kompetenz bezieht: Erstens liegt der MLU-Wert von Andreas mit 2,44 deutlich über den Werten, die für die frühe Zwei-Wort-Phase charakteristisch sind. Zweitens verhält sich Andreas den Analysen aus Kapitel III.2 zufolge in bezug auf die Distribution von D-Elementen ebenso wie Annelie, Hannah, Leonie und Mathias in Phase III, d.h. in den Aufnahmen kurz nach dem vorübergehenden Einschnitt bei der Rate overter D-Elemente. Damit sind auch die Befunde zur Flexion im Andreas-Korpus vereinbar: Es zeigen sich zwar bereits erste morphologische Distinktionen - z.B. zwischen Nominativ- und Akkusativformen - aber noch kein zielsprachliches Nominalflexionssystem - insbesondere keine systematische Unterscheidung zwischen Akkusativ- und Dativformen. Für die Annahme, daß die Befunde, die zur Unterstützung der Hypothese der vollständigen Kompetenz vorgebracht wurden, z.T. auf formelhaften Strukturen beruhen, sprechen die UKurven, die für die Korrektheits- bzw. Realisierungsraten nominaler Elemente beobachtet wurden. Diese deuten nämlich darauf hin, daß Kinder anfangs unanalysierte Strukturen mit Pseudo-Determinierern, Pseudo-Pronomina und unanalysierten Flexionsformen von Nomina benutzen, diese unanalysierten Strukturen nach einer gewissen Zeit aber reanalysieren. Dann sollten sie nämlich vorübergehend alle bislang unanalysierten Flexionselemente entweder auslassen, phonetisch reduzieren oder übergeneralisieren, bis sie die entsprechende zielsprachliche Repräsentation erworben haben. U-Kurven sollten hingegen nicht auftreten, wenn Kinder bereits zu Beginn der grammatischen Entwicklung über zielsprachliche morphologische Repräsentationen verfügen und sämtliche Abweichungen von der Zielsprache rein prosodisch bedingt sind (Gerken 1996, Crisma/ Tomasutti 2000). In diesem Fall wären anfängliche Auslassungen von unbetonten Flexiven oder phonetische Reduktionen von Flexionsformen zu erwarten (z.B. *ich sehe ein/dies/de Hahn); alle overten Flexive sollten aber von Anfang an zielsprachlich sein und der Anteil dieser zielsprachlichen Formen sollte im Entwicklungsverlauf allmählich ansteigen. Zusammengenommen sprechen die beobachteten Auslassungen, Reduktionen und nichtzielsprachlichen Verwendungen von Flexionsformen sowie das anfängliche Fehlen morpho- Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 403 logischer Kontraste somit dafür, daß in der frühen Zwei-Wort-Phase noch keine zielsprachlichen morpho-syntaktischen Repräsentationen von Nominalphrasen vorliegen. Darüber hinaus konnte durch Analysen des Entwicklungsverlaufs gezeigt werden, daß die Analysen, die zur Unterstützung der Hypothese der vollständigen Kompetenz vorgelegt wurden, auf Daten aus relativ späten Erwerbsphasen beruhen oder unanalysierte Strukturen involvieren. ad (ii) Der Übergang zur Zielsprache Auch wenn man angesichts der diskutierten Befund für eine Strukturaufbauanalyse des Nominalphrasenerwerbs plädiert, muß man noch erklären, wie sich der Übergang zu zielsprachlichen Repräsentationen vollzieht. Die folgenden Befunde können hierzu einen Beitrag leisten: (i) (ii) (iii) (iv) (v) (vi) (vii) In den untersuchten Korpora zur deutschen Kindersprache sowie in Untersuchungen zur griechischen und finnischen Kindersprache konnte eine schrittweise Erweiterung des Inventars von D-Elementformen, Personalpronomina bzw. kasusmarkierten Nomenformen beobachtet werden (Clahsen/Eisenbeiß/Vainikka 1994, Stephany 1997, Toivainen 1980, 1997). Sowohl bei den Analysen der deutschen Korpora als auch in vorliegenden Studien zum Erwerb des Deutschen, Englischen, Französischen und Niederländischen konnte eine Phase dokumentiert werden, in der sich zwar Persondistinktionen, aber noch keine Numerus-, Kasus- oder Genusdistinktionen beobachten ließen (Mills 1985, Brown 1973, deHouwer/Gillis 1998, Ricard/Girouard/Decarie 1999). Beim Erwerb des Hebräischen und Griechischen gehören Persondistinktionen zu den ersten Distinktionen, die vorgenommen werden; ihr Erwerb erfolgt aber z.T. parallel zum Erwerb von anderen Distinktionen (Berman 1985, Stephany 1997). Beim Erwerb des Deutschen zeigen sich Numerusdistinktionen an Nomina vor Kasusmarkierungen an Nomina (vgl. die Korpusanalysen sowie Mills 1985, Indefrey 2002). Beim Erwerb der griechischen Nomenflexion geht der Kasuserwerb dem Pluralerwerb voraus (Christofidou 1998, Marinis 2002b). Bei den Korpusanalysen zum Deutschen ergab sich ein Zusammenhang zwischen dem Erwerb von zielsprachlichen Numerus- und Kasusmarkierungen an Nomina: Übergeneralisierungen der Pluralmarkierung -s finden sich nur bei Kindern, die bereits über die Dat.Pl.-Markierung -n verfügen. Bei Kindern, die das Dat.Pl.-Affix -n noch nicht erworben haben, finden sich -n-Übergeneralisierungen. In den Korpusanalysen zum Deutschen sowie in der Untersuchung von Peters und Menn (1993) zum Englischen zeigten sich anfängliche lexikalische Beschränkungen für Pluralmarkierungen an Nomina. Die Befunde in (i) bis (v) liefern Evidenz für Entwicklungsdissoziationen beim Aufbau von Lexikoneinträgen für Flexionselemente sowie bei der Instantiierung von grammatischen Merkmalen und ihrer Integration in lexikalische Repräsentationen. Diese Entwicklungsdissoziationen Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 404 werden weder von der Hypothese der vollständigen Kompetenz noch von kategorienbasierten Strukturaufbauansätzen vorhergesagt. Wenn alle nominalen grammatischen Merkmale bereits in der frühen Zwei-Wort-Phase realisiert werden könnten (Bohnacker 1997, Hoekstra/ Hyams/Becker 1997, Hyams 1999, Abu-Akel/Bailey 2000), oder zu einem bestimmten Zeitpunkt durch Reifungsprozesse verfügbar würden (Radford 1990), sollten nämlich alle morphologischen Distinktionen zum selben Zeitpunkt beobachtet werden können. Im Rahmen eines Reifungsansatzes könnte man zwar einen Reifungsplan für die verschiedenen Merkmale annehmen; dann würde man aber erwarten, daß die verschiedenen Distinktionen sich stets in einer bestimmten, zielsprachunabhängigen Reihenfolge zeigen. Das scheint aber nicht der Fall zu sein: Erstens zeigen die Befunde in (ii) und (iii), daß bestimmte Distinktionen - z.B. Person- und Numerusdistinktionen - entweder parallel oder sukzessive etabliert werden können. Zweitens sprechen die Befunde in (iv) und (v) dafür, daß selbst Sprachen, die über dieselben Distinktionen verfügen, sich in der Reihenfolge unterscheiden können, in der diese Distinktionen erworben werden. Wenn man die Idee des merkmalsbasierten Strukturaufbaus zugrunde legt, sind solche Entwicklungsdissoziationen und variable Erwerbsreihenfolgen der zu erwartende "Normalfall". Dann sollten die einzelnen nominalen grammatischen Merkmale nämlich prinzipiell unabhängig voneinander instantiiert und in entsprechende Lexikoneinträge integriert werden können (vgl. Arbeitshypothese E-II sowie E-III). Beschränkungen für Erwerbsreihenfolgen sollten sich allein aus Implikationsbeziehungen zwischen Merkmalsinstantiierungsprozessen und der Zugänglichkeit der jeweiligen Inputdaten ergeben (vgl. die folgende Diskussion zum Ordnungsproblem). Eine solche Variabilität von Erwerbsreihenfolgen sollte allerdings zu Problemen im Erwerb führen können. Erstens könnte ein Merkmal M1 später instantiiert werden als ein Merkmal M2, obwohl M1 in der Zielsprache als Inputbedingung für Lexikoneinträge mit der Outputspezifikation M2 fungiert. Dieser Fall liegt bei den hebräischen Pluralmarkierungen vor, die eine Genusspezifikation als Inputbedingung aufweisen, die später erworben wird als die Markierungen selbst und ihre Pluralspezifikation (vgl. Kapitel III.3.2.2 sowie die folgende Diskussion zum Ordnungsproblem beim Genuserwerb). Zweitens kann der Fall eintreten, daß ein Merkmal, das zwei homophone Lexikoneinträge für morphologische Markierungen voneinander unterscheidet, relativ spät instantiiert wird. Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 405 Dann könnte es vorkommen, daß ein Kind vorübergehend nur über einen statt über zwei Lexikoneinträge für die betreffende morphologische Markierung verfügt. Dies ist den Analysen in Kapitel III.3.2.2 zufolge z.B. bei Numerus- und Kasusmarkierungen an deutschen Nomina der Fall: Das Pluralaffix -(e)n ist in der Erwachsenensprache auf bestimmte Nomenklassen beschränkt (deren exakte Definition für die Diskussion zu Erwerbsreihenfolgen für Kasus- und Numerusmarkierungen nicht relevant ist). Zugleich tritt -n bei Nomina, die ihren Plural nicht auf -s oder -n bilden, in Dat.Pl.-Kontexten auf (z.B. Hühn-er-n). Diese Distribution von -n könnte man durch zwei verschiedene Lexikoneinträge erfassen: (i) einen Eintrag ohne Kasusspezifikation, der eine Inputbedingung aufweist, durch die sich die Beschränkung auf die entsprechenden Nomenklassen erfassen läßt, und (ii) einen Eintrag mit der Outputspezifikation [+hr,+lr] und der Inputspezifikation [+PL]. Ein spracherwerbendes Kind müßte daher nicht nur eine [+PL]-Spezifikation vornehmen, sondern auch die Inputbedingungen bzw. die Dativspezifikation erkennen, um die beiden Markierungen zu unterscheiden und die nicht-dativische -n-Markierung auf die entsprechenden Nomenklassen einzuschränken. Daher sollten sich Probleme ergeben, wenn Kasusmerkmale - wie im Deutschen - nach Numerusmerkmalen instantiiert werden: Ein Kind könnte dann nämlich zunächst nur feststellen, daß das Affix -n bei Nomina ausschließlich in Pluralkontexten vorkommt, und einen Lexikoneintrag für dieses Affix schaffen, der lediglich eine [+PL]-Spezifikation enthält. Dementsprechend sollte es zwar Nomina, die einen -n-Plural aufweisen, korrekt markieren; es sollte das Affix -n aber auf Nomina übergeneralisieren, die ihren Plural nicht auf -n bilden. Solche Übergeneralisierungen könnten erst dann überwunden werden, wenn das Kind angesichts von Kontrasten wie Hühn-er vs. Hühn-er-n oder Hähn-e vs. Hähn-e-n erkennt, daß -n in Dat.Pl.-Kontexten überhaupt keine Pluralmarkierung ist, sondern eine Dativmarkierung, die nur in Pluralkontexten auftritt. Dann kann das Kind nämlich einen entsprechenden Lexikoneintrag für die Dativmarkierung in Pluralkontexten schaffen. Zugleich sollte es in der Lage sein zu erkennen, daß die Anwendung der Pluralmarkierung -n in nicht-dativischen Kontexten auf bestimmte Nomenklassen eingeschränkt ist, und die entsprechenden Inputbedingungen im Eintrag für die Pluralmarkierung -n vornehmen. Dies sollte zu einer Einschränkung der Pluralmarkierung -n führen. Zugleich könnte es jetzt zu Übergeneralisierungen der Pluralmarkierung -s kommen, die im Gegensatz zu -n nicht auf bestimmte Nomenklassen eingeschränkt ist. Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 406 Wenn diese Analyse zutrifft, sollten sich Übergeneralisierungen der Pluralmarkierung -s v.a. bei Kindern finden, die bereits über die Dat.Pl.-Markierung -n verfügen. Bei Kindern, die das Dat.Pl.-Affix -n noch nicht erworben haben, sollte man hingegen primär -n-Übergeneralisierungen beobachten. Diese Vorhersagen konnten auf der Basis der vorliegenden Daten bestätigt werden. Die Annahme von Entwicklungsdissoziationen und variablen Reihenfolgen bei der Instantiierung von Merkmalen sowie die Unterscheidung zwischen Input- und Outputspezifikationen ermöglichen somit eine Erklärung für die viel diskutierte Beobachtung, daß sich in Korpora zur deutschen Kindersprache sowohl systematische -n-Übergeneralisierungen als auch systematische -s-Übergeneralisierungen beobachten lassen (vgl. u.a. Köpcke 1987, Schaner-Wolles 1988, Clahsen/Rothweiler/Woest 1990, Wegener 1992, Bartke 1998, Clahsen 1999, Behrens 2002). Zugleich ergeben sich aus dieser Erklärung explizite Vorhersagen zum zeitlichen Verlauf des Pluralerwerbs, die durch weitere Korpus- und Elizitationsstudien überprüft werden sollten, da die Frequenz von Dat.Pl.-Markierungen in Spontansprachkorpora relativ gering ist. Wenn die Idee des merkmalsbasierten Strukturaufbaus zutrifft, sollten Kinder nicht nur die einzelnen grammatischen Merkmale prinzipiell unabhängig voneinander instantiieren und in Lexikoneinträge integrieren. Der Arbeitshypothese E-V zufolge sollten sie dabei auch zuerst Lexikoneinträge für flektierte Vollformen und erst später dekomponierte Einträge für Stämme und Affixe schaffen. Dadurch sollte das Auftreten von morphologischen Markierungen anfangs auf diejenigen lexikalischen Elemente beschränkt sein, für die entsprechende Vollformeinträge vorliegen. Lexikalische Beschränkungen, wie sie für nominale Pluralmarkierungen beobachtet wurden (vgl. vii), werden also explizit vorhergesagt, wenn man von der Idee des merkmalsbasierten Strukturaufbaus ausgeht. Insgesamt betrachtet lassen sich die beim Übergang zu zielsprachlichen Strukturen beobachteten Entwicklungsdissoziationen, -reihenfolgen und -zusammenhänge somit ohne weitere Zusatzannahmen erfassen, wenn man von einem unabhängigen Aufbau von Lexikoneinträgen, einer prinzipiell unabhängigen Instantiierung von Merkmalen sowie von der Unterscheidung zwischen Vollformeinträgen und dekomponierten Repräsentationen für Stämme und Affixe ausgeht (vgl. die Arbeitshypothesen E-III bis E-V). Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 407 ad (iii) Das Ordnungsproblem beim Genuserwerb Daß sich bei den vorgestellten Analysen zum Erwerb der Nominalphrasenflexion keine festen universellen Erwerbsreihenfolgen zeigten bedeutet - wie bereits in Kapitel II.4 erläutert - nicht, daß die Erwerbsreihenfolgen bei der morphologischen Entwicklung keinerlei Beschränkungen unterlagen. Dies verdeutlichen die folgenden Beobachtungen: (i) (ii) (iii) (iv) In den Korpusanalysen zum Deutschen sowie in entsprechenden Studien zum Erwerb des Französischen und Griechischen ließen sich Genusdistinktionen bei D-Elementen nur bei Kindern nachweisen, bei denen sich auch Evidenz für Numerusdistinktionen fand (Müller 2000, Stephany 1997). Sowohl bei den Analysen der deutschen Korpora als auch in vorliegenden Studien zum Erwerb des Englischen, Deutschen, Französischen, Griechischen, Hebräischen und Niederländischen waren Genusdistinktionen bei Personalpronomina erst dann zu beobachten, wenn auch sich auch andere Distinktionen (insbesondere Persondistinktionen) nachweisen ließen (Brown 1973, Mills 1985, Berman 1985, Stephany 1997, deHouwer/ Gillis 1998, Ricard/Girouard/Decarie 1999). Eine systematische Kongruenzflexion an den Adjektiven und Verben, die mit Nomina kongruieren, zeigte sich in Levys (1983) Studie zum Erwerb des Hebräischen erst dann, als sich auch eine systematische Verwendung von Pluralmarkierungen an Nomina nachweisen ließ. Dabei waren Numerusdistinktionen bei der Kongruenzflexion vor Genusdistinktionen zu beobachten. Die Genusspezifikationen, die in der hebräischen Erwachsenensprache als Inputbedingungen für nominale Pluralmarkierungen fungieren, wurden Levy (1983) zufolge beim Erwerb dieser Markierungen anfangs nicht berücksichtigt. Vielmehr wurde das Mask.Pl.-Affix für Nomina beider Genera des Hebräischen gebraucht. Danach war zwar ein Kontrast zwischen zwei Pluralaffixen der Zielsprache zu beobachten; die Distribution dieser beiden Formen richtete sich aber nicht nach dem Genus des betreffenden Nomens, sondern nach dem Auslaut seiner Singularform. Die Befunde in (i) bis (iii) bestätigen die Arbeitshypothese O-I, der zufolge Genusdistinktionen vorgenommen werden, wenn Kinder beim Aufbau von Trägerelementparadigmen auf Formdistinktionen stoßen, die nicht aus Unterschieden in den Outputspezifikationen der kontrastieren Formen abgeleitet werden können. Aus dieser Arbeitshypothese folgt nämlich, daß Kinder Genusmerkmale erst dann etablieren, wenn sie relationale oder funktionale Merkmale instantiieren und auf der Basis dieser Merkmale morphologische Paradigmen aufbauen. So sollten vor dem Auftreten der ersten Person-, Numerus- oder Kasusdistinktionen keine Genusdistinktionen erkennbar sein. Dies erklärt die Befunde (i) und (ii). Die Beobachtungen in (i) und (ii) sind hingegen nicht zu erwarten, wenn man davon ausgeht, daß der Genuserwerb völlig unabhängig von anderen morphologischen Distinktionen erfolgt. Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 408 Diese Annahme liegt sowohl rein distributionalen als auch semantisch basierten Analysen des Genuserwerbs zugrunde: Im Rahmen eines rein distributionalen Ansatzes sollte es zum Genuserwerb genügen festzustellen, daß einige Nomina meistens mit der Artikelform die kombiniert werden, während andere Nomina häufig mit der Form der auftreten und wieder andere Nomina meistens mit der Form das vorkommen (Reiß-Held 1999, vgl. bereits MacWhinney 1978, Maratsos/Chalkey 1980 für eine ausführlichere Diskussion der Vorzüge und Probleme solcher Analysen). Dementsprechend sollten Kinder schon vor der Etablierung anderer Merkmale erkennen können, daß die Wahl von morphologischen Markierungen davon abhängt, mit welchem Nomen das Element kombiniert wird. Dies sollte zur Etablierung von Genusklassen ausreichen. Als Alternative zu rein distributionsorientierten Erwerbsmechanismen hat Pinker (1982) die Annahme diskutiert, daß Kinder das natürliche Geschlecht von Nomenreferenten dazu benutzen, um Instanzen von Genuskategorien im Input zu identifizieren, und dann das Genus von Nomina mit unbelebten Referenten durch distributionelles Lernen erschließen. Wenn diese Hypothese zuträfe, sollte der Genuserwerb zum einen unabhängig vom Erwerb anderer Distinktionen sein; zum anderen sollten Genusdistinktionen zuerst bei Nomina mit belebten Referenten zu beobachten sein, und bei Nomina mit unbelebten Referenten sollten anfangs relativ viele Genusfehler auftreten (vgl. Pinker 1984:172f.). Wie ich bereits in Kapitel II.3.6 erläutert habe, läßt sich diese Hypothese aber nicht bestätigen (vgl. u.a. MacWhinney 1978, Maratsos/Chalkey 1980, Mills 1986, Müller 2000 sowie Levy 1983). Der vorgeschlagene Bootstrappingmechanismus für Genusmerkmale erklärt nicht nur die Befunde in (i) bis (iii), die sich in rein distributionsbasierten oder semantisch basierten Ansätzen nur mit Zusatzannahmen erfassen ließen. Aus der Arbeitshypothese O-I ergibt sich auch eine einheitliche Erklärung für die Befunde (iii) und (iv) - insbesondere für die eher überraschende Generalisierung, daß der Erwerb von Pluralendungen an Nomina im Hebräischen eine Voraussetzung für die Produktion von zielsprachlichen Kongruenzmarkierungen an Adjektiven und Verben zu sein scheint. Wie in Kapitel III.3.2 erläutert, ergibt sich aus Arbeitshypothese O-I nämlich die Vorhersage, daß Genusdistinktionen an hebräischen Adjektiven und Verben erst dann erworben werden können, wenn die Numerusdistinktionen an Nomina etabliert und davon ausgehend Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 409 Singular- und Pluralzellen für die Adjektive und Verben aufgebaut worden sind, die mit den Nomina kongruieren und als Trägerelemente für Genusmarkierungen fungieren. Vor diesem Zeitpunkt stünden Genusmerkmale nicht als Inputbedingungen für Pluralmarkierungen an Nomina zur Verfügung. Daher sollten Kinder nur eine der beiden Pluralmarkierungen für Nomina gebrauchen oder eine andere Inputbedingung wählen. Dies scheint auch tatsächlich der Fall zu sein: Anfangs wurde das Mask.Pl.-Affix für Nomina beider Genera des Hebräischen gebraucht. Danach war zwar ein Kontrast zwischen zwei Pluralaffixen der Zielsprache zu beobachten; die Distribution dieser beiden Formen richtete sich aber nach dem Auslaut seiner Singularform (vgl. (iv)). Insgesamt betrachtet liefern die Befunde zu Entwicklungszusammenhängen zwischen dem Genuserwerb und anderen Merkmalsinstantiierungsprozessen somit Evidenz für die Arbeitshypothese O-I, der zufolge Genusdistinktionen erst dann vorgenommen werden, wenn Kinder beim Aufbau von Trägerelementparadigmen auf zwei Formen stoßen, die um eine Zelle konkurrieren. ad (iv) Das Bootstrappingproblem beim Genuserwerb Wenn man davon ausgeht, daß Kinder Genusmerkmale instantiieren, wenn sie Trägerelementparadigmen aufbauen, stellt sich die Frage, unter welchen Bedingungen die Instantiierung der einzelnen Merkmale unabhängig von der Instantiierung weiterer Merkmale erfolgen kann. Um diese Frage beantworten zu können, hatte ich in Kapitel III.3.1 bis Kapitel III.3.3 Entwicklungszusammenhänge zwischen der Etablierung von Genusdistinktionen und dem Erwerb anderer Distinktionen zu ermitteln versucht. Dabei ergaben sich die folgenden Befunde: (i) (ii) (iii) Beim Erwerb von deutschen D-Elementen läßt sich die [±FEM]-Distinktion zum selben Zeitpunkt beobachten wie die [±PL]-Distinktion (vgl. die Korpusanalysen sowie Müller 2000). Kinder sind beim Erwerb des Deutschen bereits sehr früh sensitiv für die Generalisierung, daß Nomina, die auf Schwa enden, meistens mit Femininformen von D-Elementen kombiniert werden (vgl. MacWhinney 1978, Karmiloff-Smith 1979, Mills 1986, Müller 2000). Die [±MASK]-Distinktion zeigt sich beim Erwerb von deutschen D-Elementen später als die Unterscheidung zwischen [+FEM]- und [-FEM]-Formen (vgl. Müller 2000) - und zwar erst dann, wenn auch das Merkmal [±hr] etabliert ist. Dadurch kommt es anfangs Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 410 zu Vertauschungen von Maskulin- und Neutrumformen oder zu einer systematischen Übergeneralisierung von Maskulinformen auf Neutrumkontexte. Der Befund in (i) läßt sich ohne Zusatzannahmen erfassen, wenn man auf die Annahme von Nullaffixen verzichtet und von einer Beschränkung auf positive Spezifikationen in Lexikoneinträgen ausgeht. Dann können nämlich nur overte morphologische Elemente spezifiziert werden, und diese Elemente müssen stets einen positiven Wert erhalten. Dementsprechend kann beispielsweise bei einem Kontrast zwischen einer morphologisch markierten D-Elementform wie meine und einer morphologisch unmarkierten D-Elementform wie mein nur die morphologisch markierte Form meine eine positive Spezifikation erhalten (vgl. Arbeitshypothese B-III). Daher sollte der Kontrast zwischen morphologisch markierten [+FEM]-Formen wie meine und morphologisch unmarkierten [-FEM]-Formen wie mein es einem Kind beim Erwerb des Deutschen ermöglichen, das Merkmal [±FEM] zu etablieren, sobald es auf der Basis des [±PL]-Kontrastes eine Sg.-Zelle geschaffen hat, um die Formen wie mein und meine konkurrieren. Außerdem sollte eine D-Elementform Arbeitshypothese B-IV zufolge unabhängig von Merkmalsspezifikationen anderer D-Elementformen positiv spezifiziert werden können, wenn ihr Auftreten auf eine Klasse von Nomina mit bestimmten phonologischen, morphologischen oder semantischen Eigenschaften beschränkt ist, während die übrigen D-Elementformen keine solchen Beschränkungen erkennen lassen. So könnten Kinder z.B. D-Elementformen, die nur bei Nomina mit Schwa als Auslaut vorkommen, eine positive Spezifikation zuweisen, wenn die konkurrierende D-Elementform mit Nomina kombiniert wird, die unterschiedliche Auslaute aufweisen. Diese Möglichkeit zur Instantiierung von Genusmerkmalen könnte bei der Etablierung des Merkmals [±FEM] im Deutschen eine unterstützende Rolle spielen: Kinder scheinen (ii) zufolge beim Erwerb des Deutschen nämlich bereits sehr früh sensitiv für die Generalisierung zu sein, daß Nomina, die auf Schwa enden, meistens mit der Femininform des bestimmten Artikels kombiniert werden. Da Genuszuweisung im Deutschen nicht allein durch phonologische Charakteristika von Nomina bestimmt ist, würde diese Strategie im Deutschen allerdings nicht zum Aufbau zielsprachlicher Repräsentationen ausreichen, sondern könnte höchstens beim Einstieg in das Genussystem eine unterstützende Funktion haben. Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 411 In manchen Fällen ist allerdings keine dieser beiden Möglichkeiten gegeben - wie z.B. bei dem weder semantisch noch phonologisch motivierten Kontrast zwischen der Nom.Mask.Sg.Form dieser und der Nom.Neut.Sg.-Form dieses. Dann müssen den Überlegungen in Kapitel II zufolge Informationen über andere D-Elementformen berücksichtigt werden - beispielsweise die Tatsache, daß Maskulina im Gegensatz zu Neutra und Feminina einen Nominativ/Akkusativkontrast zeigen (dieser/diesen vs. dieses/dieses vs. diese/diese). Wenn man diese Kasusdistinktion erfassen will, muß man den Anwendungsbereich des Akkusativaffixes -n durch eine entsprechende Inputspezifikation auf Maskulina beschränken. Dabei muß es sich dem Konzept der radikalen Unterspezifikation gemäß um eine positive Spezifikation handeln. Somit erzwingt erst der auf Maskulina beschränkte Kasuskontrast die Instantiierung einer [+MASK]Spezifikation, die als Inputspezifikation für die Endung -en fungieren kann. Dies erklärt, warum sich die [±MASK]-Distinktion beim Erwerb von deutschen D-Elementen später als die Unterscheidung zwischen [+FEM]- und [-FEM]-Formen zeigt - und zwar erst dann, wenn auch das Merkmal [±hr] etabliert ist. Zusammengenommen sprechen die beobachteten Zusammenhänge zwischen dem Genuserwerb und der Etablierung von Numerus- und Kasusdistinktionen somit dafür, daß Genusdistinktionen beim Aufbau von Trägerelementparadigmen unabhängig vom Aufbau weiterer Paradigmenzellen etabliert werden können, wenn eine morphologisch markierte D-Elementform mit einer morphologisch unmarkierten D-Elementform konkurriert oder wenn sich eine phonologische Eigenschaft angeben läßt, mit der sich eine Klasse von Nomina von anderen Klassen abgrenzen läßt (vgl. Arbeitshypothese B-III bzw. B-IV). Wenn dies nicht der Fall ist, scheinen hingegen Informationen über benachbarte Zellen erforderlich zu sein, um D-Elementformen für Genusmerkmale spezifizieren zu können (Arbeitshypothese B-V). ad (v) Das Ordnungsproblem beim Kasuserwerb Die folgenden Befunde können zur Klärung der Frage beitragen, ob der Dativ der Defaultkasus für das mittlere Argument dreiwertiger Verben ist - und ob er vor dem Erwerb der Nominativ/Akkusativ- bzw. Absolutiv/Ergativdistinktion etabliert wird (vgl. die Arbeitshypothesen O-II und O-III): Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz (i) (ii) (iii) (iv) (v) (vi) (vii) (viii) 412 Die Korpusanalysen zur Kasusmarkierung an D-Elementen und Personalpronomina in Phase IV ergaben für Dativmarkierungen bei indirekten Objekten ebenso hohe Korrektheitsraten wie für Nominativ- und Akkusativmarkierungen bei verbalen und präpositionalen Argumenten (vgl. auch Clahsen/Eisenbeiß/Penke 1996). Bei den Korpusanalysen zeigte sich, daß einige Kinder Dativmarkierungen noch nicht in allen obligatorischen Kontexten produzieren. Diese Kinder ließen bei Äußerungen mit dreiwertigen Verben wie geben entweder das indirekte Objekt aus, oder sie verwendeten anstelle des indirekten Objekts ein deiktisches Element wie hier bzw. eine Präpositionalphrase wie bei die joana zur Charakterisierung des GOAL-Arguments (vgl. auch Eisenbeiß 1994a). Für Dativmarkierungen in Präpositionalphrasen sowie für Argument ein- und zweiwertiger Verben wurden bei den Korpusanalysen zu Phase IV signifikant niedrigere Korrektheitsraten ermittelt als für Nominativ- und Akkusativmarkierungen. Bei einwertigen Verben wie sein und bei zweiwertigen Verben mit Dativmarkierungen am höheren Argument (z.B. gehören) wurden in den deutschen Erwerbskorpora sowie in der Studie von Eisenbeiß (1994a) Nominativübergeneralisierungen auf das dativisch zu markierende Argument beobachtet. Bei zweiwertigen Verben wie winken, die eine Dativmarkierung am niedrigeren Argument erfordern, fanden sich bei der Korpusanalyse sowie in den Studien von Eisenbeiß (1991, 1994a) Akkusativmarkierungen anstelle der Dativmarkierungen. Sowohl bei den Korpusanalysen als auch in vorliegenden Studien zur deutschen Kindersprache (vgl. u.a. Mills 1985 und Clahsen/Eisenbeiß/Vainikka 1994) kamen häufig Akkusativübergeneralisierungen auf Komplemente dativzuweisender Präpositionen vor - aber keine systematischen Dativübergeneralisierungen auf Komplemente akkusativzuweisender Präpositionen. Beim Erwerb des Deutschen, Russischen, Litauischen und Japanischen werden Dativmarkierungen später erworben als die Nominativ/Akkusativdistinktion (Clahsen 1984, Tracy 1986, Parodi 1990b, Eisenbeiß 1991, Clahsen/Eisenbeiß/Vainikka 1994, Voeikova/ Savickiene 2001, Morikawa 1989, Matsuoka 1998). Beim Erwerb des Baskischen und Kaluli folgt der Erwerb von Dativmarkierungen der Etablierung der Absolutiv/Ergativdistinktion (Meisel/Ezeizabarrena 1996, Larranaga 2000, Schieffelin 1985). Wenn der Dativ als Defaultkasus für das mittlere Argument dreiwertiger Verben fungiert (Arbeitshypothese O-II; vgl. auch Jakobson 1936/1971, Czepluch 1988, Wegener 1990, 1991, Fanselow 1992b, Wunderlich 1997), sollten sich Dativmarkierungen an indirekten Objekten ebenso wie Nominativmarkierungen an Subjekten bzw. Akkusativmarkierungen an direkten Objekten verhalten, die ebenfalls Defaultkasusmarkierungen sind. Außerdem sollten Dativmarkierungen an indirekten Objekten nicht durch andere Markierungen ersetzt werden und zwar auch dann nicht, wenn der Erwerb von Dativmarkierungen gegenüber dem Erwerb der übrigen verbalen Kasusmarkierungen verzögert ist. Wie die Befunde in (i) und (ii) zeigen, ist dies auch tatsächlich der Fall: Bei indirekten Objekten finden sich ebensowenig Übergeneralisierungen anderer Kasusmarkierungen wie bei Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 413 Subjekten und direkten Akkusativobjekten. Vielmehr spricht die Beobachtung (ii) dafür, daß Kinder, die nicht über Dativmarkierungen verfügen, Optionen zur Realisierung von Strukturen mit dreiwertigen Verben wählen, die zwar zu nicht-zielsprachlichen oder zumindest markierten Strukturen führen, aber keines der angenommenen Metaprinzipien verletzen. Anders als indirekte Objekte scheinen die Komplemente von Präpositionen und ein- oder zweiwertigen Verben lexikalische Dativmarkierungen zu tragen. Hierfür sprechen nicht nur die niedrigen Korrektheitsraten, die für diese Markierungen ermittelt wurden, sondern auch die beobachteten Nominativ- und Akkusativübergeneralisierungen. Diese lassen sich nämlich als Übergeneralisierungen des jeweiligen Defaultkasus interpretieren. Wenn man dies tut, geben die unterschiedlichen Übergeneralisierungsmuster, die für die einzelnen Typen von Dativmarkierungen beobachtet wurden, Aufschluß über den Status dieser Markierungen: Die Befunde zu Dativmarkierungen an zweiwertigen Verben (vgl. (iv) und (v)) lassen sich meines Erachtens am besten erklären, wenn man annimmt, daß die Dativmarkierungen bei Verben wie winken durch eine lexikalische [+lr]-Spezifikation am niedrigeren Argument bewirkt wird, bei Verben wie gehören hingegen durch eine [+hr]-Spezifikation am höheren Argument (vgl. Wunderlich 1997). Dann sollten nämlich bei winken-Verben vor dem Erwerb der [+lr]-Spezifikation Akkusativmarkierungen am Dativargument zu beobachten sein, denn dieses Argument trägt die Defaultspezifikation [+hr,-lr] und sollte demnach mit einem [+hr]Affix markiert werden. Bei gehören-Verben sollten hingegen die unmarkierten Nominativmarkierungen am Dativargument auftreten, da dieses Argument die Defaultspezifikation [-hr,+lr] aufweist. Mit Analysen, die Dativmarkierungen bei beiden Verbtypen als lexikalische [+DAT]Markierungen an einem direkten Akkusativobjekt analysieren (vgl. z.B. Haegeman 1991), lassen sich die Befunde in (iv) und (v) nicht erfassen. Aus einer solchen syntaxbasierten Analyse ergibt sich nämlich die unzutreffende Vorhersage, daß bei beiden Verbtypen der Defaultkasus für direkte Objekte, nämlich der Akkusativ übergeneralisiert wird. Das Auftreten von Nominativmarkierungen bei Argumenten einwertiger Verben ist hingegen sowohl mit einer argumentstrukturbasierten Analyse als auch mit einer syntaxbasierten Analyse kompatibel: Das einzige Argument eines intransitiven Verbs sollte in beiden Fällen den Defaultkasus Nominativ erhalten, solange die lexemspezifischen Kasusmarkierungseigenschaften des betreffenden Verbs noch nicht erworben sind. Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 414 Der Befund, daß sich bei Komplementen dativzuweisender Präpositionen in den deutschen Kindersprachdaten häufig Akkusativübergeneralisierungen zeigten, liefert Evidenz für die Hypothese, daß der Akkusativ - wie z.B. von Stiebels (2002) angenommen - im Deutschen der Defaultkasus für das niedrigere Argument von Verben und Präpositionen ist. Wäre der Dativ als Defaultkasus für Präpositionskomplemente zu analysieren (vgl. u.a. Bierwisch 1988), hätten systematische Dativübergeneralisierungen auf Komplemente akkusativzuweisender Präpositionen vorkommen sollen. Dies war jedoch nicht der Fall. Insgesamt betrachtet sprechen die Befunde zu Fehlerraten und Fehlertypen beim Kasuserwerb somit zum einen dafür, daß Dativmarkierungen eine [+hr,+lr]-Spezifikation tragen und daher als Defaultkasusmarkierungen für indirekte Objekte fungieren können; zum anderen deuten diese Befunde darauf hin, daß Dativmarkierungen bei verbalen und präpositionalen Komplementen durch [+hr]-Spezifikationen an einem höheren Argument oder durch [+lr]Spezifikationen an einem niedrigeren Argument zustande kommen können. Somit ist für Dativmarkierungen eine einheitliche lexikalische Repräsentation anzunehmen, die Basis für die Verwendung dieser Markierungen ist aber nicht einheitlich. Vielmehr können Dativmarkierungen sowohl auf Defaultspezifikationen basieren als auch auf zwei Typen von lexikalischen Spezifikationen. Wenn der Dativ tatsächlich der Defaultkasus für das mittlere Argument dreiwertiger Verben ist, sollten zu seinem Erwerb Inputdaten mit dreiwertigen Verben und ihren Argumenten erforderlich sein. Solche Daten können den Überlegungen in Kapitel II.3.5 und Kapitel II.4 zufolge zugleich Evidenz für die Nominativ/Akkusativ- bzw. Absolutiv/Ergativdistinktion liefern. Zum Erwerb dieser Distinktionen genügen hingegen Inputdaten mit transitiven und intransitiven Verben und ihren Argumenten, die nicht zum Dativerwerb beitragen können. Somit sollten die Inputdaten für den Dativerwerb weniger leicht zugänglich sein als die Inputdaten für den Erwerb der Nominativ/Akkusativ- bzw. Absolutiv/Ergativdistinktion. Dativmarkierungen sollten daher nicht vor der Etablierung dieser Distinktionen erworben werden. Dies scheint tatsächlich der Fall zu sein, wie die Befunde (vii) und (viii) zeigen. Dabei scheint die Beobachtung, daß Dativmarkierungen erst nach dem Erwerb von Markierungen für Subjekte und direkte Objekte auftreten, sowohl für Akkusativsysteme als auch für Ergativsysteme zu gelten. Außerdem scheint sie unabhängig davon zu sein, wie die betreffenden Kasus morphologisch realisiert werden: durch Flexive am Nomen selbst (Russisch, Litauisch), Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 415 durch Postpositionen (Japanisch), durch eine Portmanteau-Markierung (KASUS+NUMERUS) am letzten Element der Nominalphrase (Baskisch) oder aber durch PortmanteauMarkierungen (KASUS+NUMERUS(+GENUS)) an D-Elementen, Adjektiven und Nomina (Deutsch). Es handelt sich somit um eine Generalisierung, die sich nicht einfach auf die Salienz oder auf morphologische Eigenschaften der einzelnen Markierungen zurückführen läßt. Der relativ späte Dativerwerb und die beobachteten Übergeneralisierungen anderer Kasusformen auf Dativkontexte können auch nicht einfach durch die relative Frequenz der verschiedenen Kasusmarkierungen bedingt sein: Für das Japanische hat Matsuoka (1989:69) den Input analysiert, den die von ihr untersuchten Kinder erhielten. Dabei zeigte sich, daß der prozentuale Anteil der Postposition ni, die als Dativmarkierung fungiert, mit 48% (= 2516/5236) höher ist als der Anteil der Nominativmarkierung ga (2087/5236 = 40%) und den Anteil der Akkusativmarkierung o (633/5236 = 12%) weit übersteigt. Dieser hohe Anteil von ni in den Korpora kommt nicht allein dadurch zustande, daß ni auch als lokale Postposition dienen kann. Die relativ hohe Frequenz von ni ist auch durch die unterschiedlichen Bedingungen für die overte Realisierung der einzelnen Kasusmarkierungen bedingt: Erstens wird die Dativmarkierung im Gegensatz zur Nominativmarkierung und zur Akkusativmarkierung nicht durch die Topikmarkierung wa ersetzt wird, wenn das betreffende Argument als Topik fungiert. Vielmehr werden wa und ni kombiniert. Zweitens werden v.a. Akkusativmarkierungen, aber auch Nominativmarkierungen in der Umgangssprache sehr viel häufiger ausgelassen als Dativmarkierungen. Insbesondere kann die Dativmarkierung bei indirekten Objekten nicht wegfallen (vgl. z.B. Matsuoka 1998:117). Direkte Akkusativobjekte tragen hingegen in Äußerungen mit Basiswortstellung meistens keine overte Akkusativmarkierung. Für das Deutsche liegen zwar keine Frequenzangaben zu Kasusmarkierungen im Input von Kindern vor. Meiers (1967:199) Auswertung eines ca. 500.000 Wörter umfassenden Korpus aus verschiedenen Texttypen ergab aber, daß Dativmarkierungen mit einem prozentualen Anteil von 24,9% zwar seltener sind als Nominativmarkierungen (41,6%), aber frequenter als Akkusativmarkierungen (24,1%) und Genitivmarkierungen (9,4%). Außerdem konnte Folsom (1984) in seiner Zusammenfassung verschiedener Korpusstudien zum Deutschen zeigen, daß es sich bei 46% der analysierten Vorkommen von Präpositionen um Präpositionen handelte, die ausschließlich den Dativ regieren (z.B. mit); 40% erlaubten den Dativ oder den Akkusativ (z.B. auf), 12% nahmen stets Akkusativkomplemente (z.B. für) und 2% wiesen den Genitiv Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 416 zu (wegen). Zugleich berichtete Folsom (1984:225ff.), daß 73% der Belege von Präpositionen, die Dativ oder Akkusativ zuweisen können, mit dem Dativ auftraten. Dativmarkierungen sind somit sowohl in der japanischen als auch in der deutschen Erwachsenensprache keineswegs seltener als Akkusativmarkierungen, sondern sogar häufiger. Wenn Kinder frequentere Kasusmarkierungen früher erwerben als weniger häufige Kasusmarkierungen, sollten sie daher Dativmarkierungen vor Akkusativmarkierungen beherrschen. Dies ist jedoch nicht der Fall, wie die Befunde (vii) und (viii) zeigen. Diese Befunde lassen sich auch nicht im Rahmen von Pinkers Ansatz erklären: In beiden Varianten seiner Analyse werden Dativmarkierungen direkt aus der Θ-Rolle abgeleitet; für die übrigen Kasusmarkierungen sind hingegen spezielle Strategien erforderlich, um zwischen Nominativ- und Akkusativmarkierungen auf der einen Seite und Absolutiv- und Ergativmarkierungen auf der anderen Seite zu entscheiden. Daher sollte man eher erwarten, daß Dativmarkierungen relativ früh erworben werden. ad (vi) Das Bootstrappingproblem beim Kasuserwerb Evidenz gegen die Annahme, daß Kinder - wie von Pinker (1984, 1989) angenommen - beim Einstieg ins Kasussystem spezielle Vergleichsstrategien benötigen, um festzustellen, ob sie eine Akkusativ- oder aber eine Ergativsprache sprechen, liefern auch die folgenden Befunde: (i) (ii) (iii) (iv) Die vorliegenden Studien zum Erwerb des Kaluli (Schieffelin 1985) und Japanischen (vgl. u.a. Morikawa 1989) sowie die Korpusanalysen zum deutschen Kasussystem zeigen, daß Kasusmarkierungen von Anfang an sowohl bei Argumenten transitiver Verben als auch bei Argumenten intransitiver Verben verwendet werden. Slobins (1985) Angabe, daß Akkusativmarkierungen beim Erwerb des Russischen anfangs auf PATIENS-Argumente von prototypischen Handlungsverben beschränkt sind, ließ sich in quantitativen Studien zum Erwerb des russischen Kasussystems nicht bestätigen (vgl. Babyonyshev 1993, Voeikova/Savickiene 2001). Bei Untersuchungen zum Baskischerwerb (Meisel/Ezeizabarrena 1996, Larranaga 2000) sowie in den Korpusanalysen zum Deutschen konnte keine Evidenz für eine anfängliche Beschränkung von Kasusmarkierungen auf Argumente von prototypischen Handlungsverben geliefert werden. Vielmehr zeigte sich in den Analysen zur deutschen Kindersprache sogar, daß Objekte von Wahrnehmungsverben wie hören zu den ersten Verbargumenten mit Akkusativmarkierungen gehören. Die von Schieffelin (1985) untersuchten Kinder verwendeten beim Erwerb des Kaluli in Past-Tense-Kontexten mehr Ergativmarkierungen als in Präsenskontexten. Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz (v) 417 Bei der Korpusanalyse fanden sich Akkusativübergeneralisierungen auf Argumente in prädikativen Konstruktionen, die eine Nominativmarkierung erforderten. Die in anderen Studien zum Deutschen angegebenen Belege für Akkusativübergeneralisierungen auf Nominativkontexte involvierten ebenfalls prädikative Konstruktionen (vgl. u.a. Leopold 1949, Parodi 1990b). Die Befunde in (i) bis (v) bestätigen keine der Vorhersagen, die sich aus einem kategorienund konzeptbasierten Ansatz zum Kasuserwerb ableiten lassen: Ein solcher Ansatz, wie er z.B. von Pinker (1984, 1989) vertreten wird, beruht auf der Annahme, daß Kinder von Konzepten ausgehen und im Input nach Realisierungen der korrespondierenden grammatischen Kategorien suchen. In einem solchen Ansatz fehlen, wie in Kapitel II.3.5 und Kapitel II.4 erläutert, Konzepte oder Merkmale, mit denen man erfassen könnte, daß Argumente intransitiver Verben bei der Kasusmarkierung sowohl mit dem AGENS als auch mit dem PATIENS transitiver Verben natürliche Klassen bilden können, die sich durch eine einheitliche Kasusmarkierung auszeichnen (Nominativ bzw. Absolutiv). Dementsprechend läßt sich keine konzeptuelle Basis für den Erwerb von Kasusmarkierungen für diese Argumentklassen angeben. Pinker ist daher gezwungen anzunehmen, daß Kinder die Kasusmarkierungen für die drei Argumenttypen getrennt erwerben und miteinander vergleichen müssen. Dazu wären spezielle Strategien zur Absolutiv/Ergativunterscheidung erforderlich. Die Annahme solcher Strategien ließe aber anfängliche Beschränkungen von Kasusmarkierungen auf Argumente transitiver oder intransitiver Verben erwarten: Bei der von Bowerman (1985) vorgeschlagenen "transitiv→ intransitiv"-Strategie und bei Pinkers (1984) Zwei-Kasus-Strategie sollten Kinder Kasusmarkierungen für AGENS- und PATIENS-Argumente anhand von Argumenten transitiver Verben erwerben und dann auf Subjekte intransitiver Verben generalisieren. Würden Kinder hingegen der von Bowerman (1985) diskutierten "intransitiv→transitiv"-Strategie folgen, sollten sie anfangs nur Argumente intransitiver Verben morphologisch markieren und erst später Markierungen an Argumenten transitiver Verben vornehmen. Keiner dieser Vorhersagen ließ sich jedoch empirisch bestätigen: Wie man in (i) sehen kann, zeigen Analysen zu Akkusativsprachen, daß Nominativmarkierungen von Anfang an sowohl bei transitiven als auch bei intransitiven Subjekten verwendet werden, und Untergeneralisierungen von Absolutivmarkierungen auf transitive oder intransitive Verben wurden meines Wissens bislang ebenfalls noch für keine Ergativsprache dokumentiert. Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 418 Außerdem liefern die Befunde in (i) bis (v) keinerlei Evidenz für die Untergeneralisierungen von Kasusmarkierungen, die man erwarten würde, wenn man von der Analyse Pinkers (1984) ausgeht. Die Befunde (ii) bis (iii) deuten nämlich darauf hin, daß der Erwerb des zielsprachlichen Kasussystems nicht darauf beruht, daß Kinder im Input nach Markierungen für Argumente mit bestimmen thematischen Rollen wie AGENS oder PATIENS suchen. Wenn dies der Fall wäre, sollten sie Kasusmarkierungen nämlich anfangs auf Argumente von prototypischen Handlungsverben beschränken. Dies scheint jedoch nicht zu geschehen. Ebensowenig scheinen Kinder sich bei der Analyse und Produktion von Kasusmarkierungen an AGENS- oder PATIENS-Argumenten anfangs auf Basissätze zu beschränken, d.h. auf pragmatisch neutrale uneingebettete Sätze, die minimale Präsuppositionen voraussetzen, mit Deklarativintonation geäußert werden und minimal flektierte Hauptverben aufweisen. Eine anfängliche Beschränkung von Kasusmarkierungen auf Basissätze würde nämlich ausschließen, daß Kinder - wie beim Erwerb des Kaluli - Kasusmarkierungen häufiger in Past-Tense-Kontexten verwenden als in Präsenskontexten (vgl. (iv)). Wenn Kinder tatsächlich von Anfang an nicht nur Basissätze berücksichtigen, läßt sich der Kasuserwerb im Rahmen von Pinkers (1984) Ansatz nicht erfassen. Nur in Basissätzen gelten nämlich die engen Zusammenhänge zwischen Kasusmarkierungen und Θ-Rollen (z.B. zwischen Nominativ/Ergativ und AGENS), die für Pinker den Einstieg ins Kasussystem ermöglichen. Mit dem in Kapitel II.3.5 und Kapitel II.4 vorgeschlagenen Ansatz zum Bootstrappingproblem beim Kasuserwerb lassen sich die Beobachtungen in (i) bis (v) ohne Zusatzstrategien und mit weitaus weniger Annahmen zu angeborenen Universalien erfassen als in den Analysen von Pinker: Das in Kapitel II diskutierte Relationserhaltungsprinzip sollte es Kindern nämlich erlauben, die ermittelten Abhängigkeitsbeziehungen zwischen Ereignispartizipanten auf die Hierarchie von Argumenten in semantischen Repräsentationen abzubilden, die sich durch die beiden Merkmale [±h(igher)r(ole)] und [±l(ower)r(ole)] erfassen. Mit diesen beiden Merkmalen kann man die natürlichen Klassen von Argumenten bei der Kasusmarkierung charakterisieren, die in einem kategorienbasierten Ansatz nicht erfaßt werden können: Zum einen lassen sich akkusativisch markierte [+hr]-Argumente von nominativisch markierten [-hr]-Argumenten abgrenzen; zum anderen kann man [+lr]-Argumente, die andere Argumente dominieren und eine Ergativmarkierung haben, von [-lr]-Argumenten unterscheiden, die Absolutiv- Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 419 markierungen aufweisen. Dementsprechend sollten Kinder auf der Basis von semantischen Repräsentationen mit [±hr]- und [±lr]-Spezifikationen ohne weitere Zusatzstrategien die zielsprachlichen Kasusmarkierungen und ihre jeweiligen Spezifikationen erwerben können. Dazu müßten sie lediglich feststellen, ob das Auftreten der einzelnen Kasusmarkierungen mit dem Vorliegen von positiven Spezifikationen für die Merkmale [±hr] und [±lr] einhergeht, und dann gegebenenfalls die entsprechenden positiven Spezifikationen in den Lexikoneintrag für die jeweiligen Markierungen aufnehmen. Zugleich muß man, wenn man generelle Merkmale wie [±hr] und [±lr] verwendet, nicht annehmen, daß Kinder sich bei der Analyse von Kasusmarkierungen anfangs auf Argumente mit den Θ-Rollen AGENS, ACTOR, PATIENS oder GOAL beschränken, die in Basissätzen vorkommen, und die so erworbenen Markierungen erst später durch distributionelles Lernen auf andere Argumente in anderen Strukturen generalisieren. Der vorgeschlagene Ansatz läßt weder Untergeneralisierungen von Kasusmarkierungen noch eine anfängliche Beschränkung auf Basissätze erwarten; in einem solchen Ansatz sollten allerdings zwei DP-Argumente desselben Verbs stets unterschiedliche relative Positionen in der Argumenthierarchie einnehmen und dementsprechend im Defaultfall unterschiedliche morphologische Markierungen tragen. Daher sollten Übergeneralisierungen auftreten, wenn ein und dieselbe morphologische Markierung auch noch an einer zweiten Argument-DP auftritt. Dies ist beispielsweise in prädikativen Konstruktionen der Fall. Somit ist es nicht erstaunlich, daß Kinder in solchen Fällen das Defaultmarkierungsmuster ihrer Zielsprache übergeneralisieren und so beim Erwerb des Deutschen Übergeneralisierungen von Akkusativmarkierungen produzieren (vgl. (v)). Erstaunlich ist angesichts der hohen Frequenz von Prädikativkonstruktionen mit Verben wie sein eher, daß solche Strukturen bislang noch nicht systematisch dokumentiert und ausführlicher diskutiert worden sind. Das Fehlen einer solchen Diskussion ist meines Erachtens durch zwei Faktoren bedingt: Erstens zeigt sich die Nominativ/Akkusativdistinktion nur bei D-Elementen, Adjektiven und 3.Ps.-Pronomina in Mask.Sg.-Kontexten sowie bei Personalpronomina der 1.Ps. und der 2.Ps. Dementsprechend wären z.B. Akkusativübergeneralisierungen bei Nom.Fem.Sg.-Argumenten in prädikativen Konstruktionen nicht zu erkennen, da die Nominativform von der Akkusativform nicht zu unterscheiden wäre (vgl. z.B. die vs. die). Zweitens werden prädikative Verben häufig mit [+EIN]-Elementen zu Äußerungen wie das ist (m)ein X kombiniert. Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 420 Bei diesem D-Elementtyp haben Kinder aber, wie in Kapitel III.3.1 gezeigt, selbst in Phase IV noch Probleme mit der Akkusativmarkierung und lassen diese aus (*das kind sieht ein hahn). Daher könnten Kinder in Prädikativkonstruktionen mit einem [+EIN]-Element zwar eine Akkusativform intendieren, aber das entsprechende Affix aufgrund der morphologischen Probleme mit der Markierung von [+EIN]-Elementen auslassen. Wenn diese Faktoren für die relativ niedrige Zahl dokumentierter Akkusativübergeneralisierungen verantwortlich sind, sollten sich bei älteren Kindern wie Carsten, die nicht mehr so ausgeprägte Probleme mit der Akkusativmarkierung von [+EIN]-Elementen haben, sowie in Korpora, die mit entsprechenden Elizitationsverfahren erhoben worden sind (z.B. im Leonieund im Svenja-Korpus) mehr entsprechende Fehler zeigen. Dies ist in der Tat der Fall, wie ein Blick auf die Daten in Kapitel III.4.3 zeigt. Daher wäre zu vermuten, daß die beobachteten Akkusativübergeneralisierungen nur der sichtbare Teil eines systematischeren, aber häufig verborgenen Verhaltens sind. Insgesamt betrachtet bestätigen die Befunde zum Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz somit die Arbeitshypothesen E-II bis E-V sowie die Arbeitshypothesen zum Ordnungsproblem (O-I bis O-III) und die Arbeitshypothesen zum Bootstrappingproblem (B-I bis B-V). Zugleich zeigen sie, daß die vorgeschlagene merkmalsund formbasierte Analyse, die ohne die Annahme von angeborenen Θ-Rollen, Kategorien, Regeln und Zusatzstrategien auskommt, nicht nur ökonomischer ist als eine Analyse, in der man solche Annahmen machen muß; sie wird auch den empirischen Befunden besser gerecht. Der Erwerb der Possessivkonstruktion 4 422 Der Erwerb der Possessivkonstruktion Den Hintergrund für die Untersuchung des Erwerbs von Possessivkonstruktionen wie Helenes Huhn bildet die Beobachtung, daß deutsche und englischsprachige Kinder in der frühen ZweiWort-Phase Possessivmarkierungen auslassen, obwohl Kontexte für diese Markierung vorliegen (Brown 1973, deVilliers/deVilliers 1973, Radford 1990, Radford/Galasso 1998, Clahsen/Eisenbeiß/Vainikka 1994). Dies zeigen z.B. die folgenden Belege von Clahsen, Eisenbeiß und Vainikka (1994:97) sowie Radford (1990:89): (112) (a) (b) julia schere weg mommy mouth (Mathias 2;5) (Jonathan 2;0) Wie in Kapitel I.6.1 erläutert, können Possessivmarkierungen als overte Realisierungen der funktionalen Kategorie D analysiert werden (vgl. auch Kapitel III.4.1). Die Auslassung von Possessivmarkierungen in der deutschen und englischen Kindersprache wurde daher von Vertretern der Strukturaufbauhypothese als Evidenz für die syntaktische Inaktivität von D angeführt; es ist aber umstritten, wie systematisch solche Auslassungen auftreten und wie sie zu interpretieren sind (vgl. z.B. Bohnacker 1997): Zum einen beruhen die bisherigen Befunde zum Deutschen und Englischen auf Einzelfallstudien (z.B. Clahsen/Eisenbeiß/Vainikka 1994, Radford/Galasso 1998) oder auf Untersuchungen, bei denen auf eine quantitative Analyse der Daten verzichtet wurde (z.B. Radford 1990); zum anderen ist die bisherige Datenbasis für Aussagen über Auslassungen von Possessivmarkierungen relativ klein, da Possessivkonstruktionen in Spontansprachkorpora eher selten sind (vgl. Kapitel III.1). Außerdem könnte man Auslassungen von Possessivmarkierungen, selbst wenn sie sich als systematisch erweisen sollten, zumindest in einigen Varianten der Hypothese der vollständigen Kompetenz auf prosodische oder pragmatische Faktoren oder auf Verzögerungen der morphologischen Entwicklung zurückführen (vgl. Kapitel III.4.1). Um Evidenz gegen die Hypothese der vollständigen Kompetenz zu erbringen, muß man daher auch zeigen, daß die syntaktischen Prozesse, die Positionen innerhalb funktionaler Projektionen involvieren, zu Beginn der syntaktischen Entwicklung noch nicht zu beobachten sind. Dies ist bei Possessivkonstruktionen möglich, da sie verschiedene Serialisierungsmöglichkeiten bieten, die sich durch die Annahme von Bewegungsprozessen erfassen lassen (vgl. z.B. das Huhn Helenes vs. Helenes Huhn). Der Erwerb der Possessivkonstruktion 423 Innerhalb der theoretischen Linguistik besteht allerdings keine Einigkeit darüber, welche Phrasenstrukturpositionen und Bewegungsprozesse Possessivkonstruktionen involvieren. Insbesondere debattiert man, ob man linksverzweigende syntaktische Repräsentationen annehmen muß, um unterschiedliche Abfolgen von POSSESSOR und POSSESSUM zu erfassen, wie sie z.B. im Deutschen möglich sind. Wenn dies der Fall wäre, würde dies gegen meine Arbeitshypothese L-I sprechen, der zufolge syntaktische Repräsentationen universell rechtsverzweigend sind. Daher werde ich im folgenden zunächst die verschiedenen vorgeschlagenen Analysen für Possessivkonstruktionen diskutieren und zeigen, daß sich alle beobachtbaren Linearisierungen prinzipiell sowohl durch linksverzweigende als auch durch rechtsverzweigende syntaktische Repräsentationen erfassen lassen. Davon ausgehend sollen die Erwerbsvorhersagen diskutiert und überprüft werden, die sich aus den vorgestellten linguistischen Analysen und den unterschiedlichen Annahmen zur Kontinuitätsfrage im Spracherwerb ergeben. Dabei werde ich dafür argumentieren, daß sich die empirischen Befunde zum Erwerb von Possessivkonstruktionen am besten erfassen lassen, wenn man von universeller Rechtsverzweigung ausgeht und annimmt, daß das Relationserhaltungsprinzip, aus dem ich in Kapitel II.2 die Rechtsverzweigung von Phrasenstrukturrepräsentationen abgeleitet habe, auch in frühen Erwerbsphasen gilt. D.h., ich werde Evidenz für die Arbeitshypothesen L-I und E-I liefern. Zugleich werde ich darlegen, wie man die Erwerbsbefunde ohne die Annahme von morphologischen Auslösern für Bewegungsprozesse erklären kann (vgl. Arbeitshypothese L-II). Darüber hinaus möchte ich mit den Analysen zum Erwerb von Possessivkonstruktionen Evidenz für meine Arbeitshypothesen E-II und E-V liefern. Hierzu werde ich zum einen nachweisen, daß grammatische Repräsentationen für Possessivkonstruktionen anfangs noch unterspezifiziert sein können; zum anderen werde ich zeigen, daß die Verwendung von Possessivmarkierungen anfangs lexikalischen Beschränkungen unterliegt, die dafür sprechen, daß Kinder Merkmale zuerst in Lexikoneinträge für flektierte Vollformen integrieren und erst später dekomponierte Einträge für Stämme und Affixe schaffen. Der Erwerb der Possessivkonstruktion 424 4.1 Linguistische Analysen In Analysen, die Nominalphrasen im Anschluß an Abney (1987) als Projektionen funktionaler Kategorien oder Merkmale ansehen, werden Possessivmarkierungen als overte Realisierungen einer nominalen funktionalen Projektion betrachtet (vgl. Bhatt 1990, Lindauer 1995, 1998 und Siloni 1997 für einen Überblick). Es ist zwar umstritten, ob es sich bei der morphologischen Markierung am POSSESSOR um eine Genitivmarkierung oder aber um ein Possessivaffix handelt; dies ist für die Debatte um die Aktivität funktionaler Kategorien in der frühen Kindersprache aber nicht relevant. Wichtig ist nur, daß die Possessivmarkierung funktionale grammatische Merkmale involviert und ihr Auftreten so Evidenz für die Aktivität dieser Merkmale darstellt. Die Sprachen, mit deren Erwerb ich mich im folgenden befassen werde, verfügen alle über overte Possessivmarkierungen. Sie unterscheiden sich aber darin, welche Abfolgen von POSSESSOR und POSSESSUM sie erlauben: In Sprachen wie dem Deutschen und dem Griechischen (vgl. Marinis 2000:164) sind zwei Oberflächenabfolgen von POSSESSOR und POSSESSUM möglich: (113) (a) (b) Helenes Huhn das Huhn Helenes (114) (a) Pira tu Niku to vivlio. nahm des Niku das Buch. 'Ich nahm Nikus Buch.' Pira to vivlio tu Niku. nahm das Buch des Niku. 'Ich nahm das Buch Nikus.' (b) In Sprachen wie dem Englischen, dem Schwedischen und dem Japanischen ist nur die Abfolge "POSSESSOR < POSSESSUM" verfügbar: (115) (a) (b) Helen's chicken *the chicken Helen's (116) (a) Emblas mamma 'Emblas Mama' *mamma Emblas (b) Der Erwerb der Possessivkonstruktion (117) (a) (b) 425 otoosan no kuruma Vater POSS Auto 'Vaters Auto' *kuruma otoosan no Auto Vater POSS Das Hebräische weist hingegen in sog. freien Genitivkonstruktionen nur die Abfolge "POSSESSUM < POSSESSOR" auf (Armon-Lotem 1998:20): (118) pe shel buba Mund POSS Puppe 'der Mund der Puppe' Um diese Abfolgemöglichkeiten zur erfassen, wurden eine Reihe von Analysen vorgeschlagen, die sich in den angenommenen Basispositionen und Bewegungsoperationen unterscheiden. Diese unterscheiden sich primär darin, ob sie eine linksverzweigende Nominalphrasenstruktur annehmen (vgl. z.B. Bhatt 1990, Lindauer 1995) oder ob sie eine rechtsverzweigende Struktur zugrunde legen (vgl. z.B. Horrocks/Stavrou 1987, Ritter 1991, 1992, Penner/Weissenborn 1996, Lindauer 1998, Alexiadou 1999, Radford 2000). Außerdem machen die einzelnen Analysen unterschiedliche Annahmen dazu, welche Position als Basisposition für POSSESSOR-Phrasen zu betrachten ist: (i) (ii) (iii) (iv) eine rechtsperiphere KomplementNP-Position (vgl. z.B. Penner/Weissenborn 1996, Horrocks/Stavrou 1987), eine rechtsperiphere SpecNP-Position (vgl. z.B. Bhatt 1990, Lindauer 1995), eine linksperiphere SpecNP-Position (vgl. z.B. Ritter 1991, 1992, Lindauer 1998) und eine linksperiphere SpecPossP-Position (vgl. z.B. Alexiadou 1999, Radford 2000). Diese Analysen werde ich im folgenden am Beispiel des Deutschen erläutern, das beide Abfolgen von POSSESSUM und POSSESSOR erlaubt. Dabei werde ich zeigen, daß sich alle beobachtbaren Linearisierungen durch eine rechtsverzweigende Nominalphrasenrepräsentation erfassen lassen. Der Erwerb der Possessivkonstruktion ad (i) 426 POSSESSOR-Phrasen in rechtsperipheren KomplementNP-Positionen Daß POSSESSOR-Phrasen - ebenso wie DP-interne AGENS-Phrasen - in einer rechtsperipheren KomplementNP-Position generiert werden (vgl. (119)), postulieren z.B. Horrocks und Stavrou (1987) für das Griechische sowie Penner und Weissenborn (1996) in ihrer Studie zum Erwerb von deutschen Possessivkonstruktionen. (119) DP SpecDP D' D0 NP SpecNP N' N0 SpecDP (a) (b) D0 das SpecNP Helenes i KomplementNP N0 Huhn Huhn KomplementNP Helenes ti Diese Analyse beruht auf einer rechtsverzweigenden syntaktischen Repräsentation und ist daher mit meiner Arbeitshypothese vereinbar, daß alle syntaktischen Repräsentationen eine rechtsverzweigende Struktur aufweisen. Die Struktur in (119) eignet sich aber nicht zur Erfassung von Nominalphrasen mit zwei Argumenten, z.B. mit einer POSSESSOR/AGENS- und einer PATIENS-Phrase (NorbertsPOSSESSOR/AGENS Inszenierung IphigeniesPATIENS). In einer solchen Struktur können nämlich nicht beide Argumente in der Komplementposition basisgeneriert werden. Vielmehr muß eines von ihnen die Komplementposition und eines die Spezifiziererposition einnehmen. Wenn die POSSESSOR/AGENS-Phrase die Komplementposition besetzt, verbleiben bei einer Analyse wie (119) nur noch die SpecNP-Position oder die Spec DP-Position als Basispositionen für das PATIENS. In beiden Fällen nähme das PATIENS eine höhere Position ein als die POSSESSOR/AGENS-Phrase. Dies ist nicht mit der Beobachtung zu vereinbaren, daß das PATIENS in der postnominalen Position verbleiben muß, wenn eine der beiden Nominalphrasen pränominal und die andere postnominal realisiert wird: (120) (a) (b) Norberts Inszenierung Iphigenies *Iphigenies Inszenierung Norberts Der Erwerb der Possessivkonstruktion 427 Diese Beobachtung deutet nämlich darauf hin, daß die POSSESSOR/AGENS-Phrase höher angesiedelt ist als das PATIENS und so die Bewegung des PATIENS in die SpecDP-Position blockieren kann. Dies ließe sich durch eine Analyse erfassen, in der die POSSESSOR/ AGENS-Phrase die SpecNP-Position oder eine höhere Spezifiziererposition einnimmt und das PATIENS die Komplementposition der NP besetzt. Bei solchen Analysen können POSSESSOR/AGENS-Phrasen entweder in einer rechtsperipheren oder in einer linksperipheren Spezifiziererposition generiert werden. ad (ii) POSSESSOR-Phrasen in rechtsperipheren SpecNP-Positionen Für eine rechtsperiphere SpecNP-Position wie in (121) plädieren z.B. Bhatt (1990) und Lindauer (1995): (121) DP SpecDP D' D0 NP N' N0 SpecDP (a) (b) (c) (d) (e) (f) Helenes i Norberts i Norberts i SpecNP KomplementNP D0 das N0 Huhn Huhn die Inszenierung die Inszenierung Inszenierung Inszenierung KomplementNP SpecNP Helenes ti Norberts Iphigenies Iphigenies ti ti Diese Analyse steht im Widerspruch zu der Arbeitshypothese, daß Phrasenstrukturen universell rechtsverzweigend sind (vgl. Kapitel II sowie Haider 1992b, 1993b, 2000, 2001, 2002, Kayne 1994, Chomsky 1995, 2001). Durch diese Analyse lassen sich aber nicht nur Nominalphrasen mit ein und zwei Argumenten parallel beschreiben. Mit ihr kann man auch Konstruktionen mit Adjektiven (z.B. Norberts beste Inszenierung Iphigenies) erfassen. Hierzu Der Erwerb der Possessivkonstruktion 428 muß man lediglich eine Projektion zwischen der DP und der NP annehmen, die Adjektive aufnehmen kann. ad (iii) POSSESSOR-Phrasen in linksperipheren SpecNP-Positionen Geht man davon aus, daß POSSESSOR/AGENS-Phrasen in einer linksperipheren SpecNPPosition basisgeneriert werden, läßt sich die Abfolge in Strukturen wie das Huhn Helenes nicht einfach auf die Serialisierung in der Basisstruktur der DP zurückführen. In der Basisstruktur geht der POSSESSOR Helenes nämlich dem Kopfnomen Huhn voraus. Wenn man annimmt, daß Bewegung stets nach links gerichtet ist, muß man zur Erklärung dieser Abfolge postulieren, daß das Kopfnomen Huhn über die POSSESSOR/AGENS-Phrase hinwegbewegt wird. Dabei kommt D0 nicht als Landeposition in Frage, wenn diese Position bereits durch das D-Element besetzt ist. Dieses Problem ließe sich durch die Annahme lösen, daß D-Elemente und die POSSESSOR/AGENS-Phrasen mit ihrer Possessivmarkierung -s die SpecDP-Position besetzen (vgl. z.B. die Analyse von Gallmann 1996).86 Auch mit einer solchen Analyse könnte man aber nicht erfassen, daß Adjektive zwischen dem Artikel oder dem POSSESSOR/AGENS und dem Kopfnomen stehen (vgl. (122a) bis (122f)). Zwischen einem Determinierer in SpecDP und einem POSSESSUM in D0 wäre nämlich keine Position verfügbar, die das Adjektiv aufnehmen könnte. Dieses Problem läßt sich durch die Verwendung (mindestens) einer zusätzlichen funktionalen Projektion zwischen DP und NP lösen - wie man in (122) erkennen kann.87 Eine solche Strategie verfolgen z.B. Ritter (1991, 86 87 Durch die Positionierung von D-Elementen und POSSESSOR-Phrasen in derselben Position (SpecDP) läßt sich nicht nur erfassen, daß stets nur eines dieser Elemente dem Kopfnomen vorangehen kann; eine solche Analyse trägt auch der Tatsache Rechnung, daß bestimmte Artikel und POSSESSOR-Phrasen eine ähnliche Funktion bei der referentiellen Verankerung der betreffenden Nominalphrase haben (vgl. Löbner 1985). Die Basis generierung von D-Elementen in SpecDP ist mit der von Abney (1987) vorgeschlagenen DP-Analyse vereinbar: "D is the site of AGR in the noun phrase. By 'Determiner', on the other hand, I mean lexical determiners, leaving open the question whether in fact D = determiner." (Abney 1987:59) "XP" ist eine willkürlich gewählte Bezeichnung für die zusätzliche nominale funktionale Projektion in (122). Bei einer Analyse wie (122) ist es für die Erfassung der angesprochenen Linearisierungsmöglichkeiten von Posses sivkonstruktionen nicht relevant, ob D-Elemente in SpecDP oder aber in D0 generiert werden. Wie man in (122) erkennen kann, wird das Kopfnomen stets aus seiner Basis position bewegt. Daher kann man an der Oberflächenabfolge nicht ablesen, ob diese Basisposition der Basisposition des NP-Komplements vorausgeht - oder umgekehrt. Die diskutierten Daten erlauben somit keine Entscheidung zwischen einer Analyse mit strikter Spezifizierer-Kopf-Komplement-Abfolge (vgl. Kayne Der Erwerb der Possessivkonstruktion 429 1992), die von einer Projektion NumP für nominale Numerusmerkmale ausgeht (vgl. auch Bernstein 1991, 1993, Valois 1991), sowie Lindauer (1998), der eine Projektion AgrNP für nominale Kongruenzmerkmale und zusätzlich eine Projektion FP postuliert. (122) DP SpecDP D' D0 XP SpecXP X' X0 NP SpecNP N' N0 SpecDP (a) (b) (c) (d) (e) (f) D0 das Helenes i die die Norberts i Norberts i SpecXP erste erstes beste beste beste beste X0 SpecNP Huhnj Helenes Huhnj ti Inszenierungj Norberts Inszenierungj Inszenierungj ti Inszenierungj ti KomplementNP N0 tj tj tj tj tj tj KomplementNP Iphigenies Iphigenies ad (iv) POSSESSOR-Phrasen in linksperipheren SpecPossP-Positionen In einer Reihe von aktuellen Analysen zur Nominalphrasenstruktur werden nicht nur mehrere funktionale Projektionsstufen für DPs angenommen; es wird auch zwischen POSSESSORPhrasen und nominalen AGENS-Argumenten unterschieden (vgl. u.a. Alexiadou 1999 für das Griechische und Radford 2000 für das Englische): Dabei wird das AGENS als NP-intern generiertes Argument des Nomens analysiert. POSSESSOR-Phrasen werden in solchen 1994) und einer Analyse, die auf universeller Rechtsverzweigung basiert aber Komplement-KopfAbfolgen zuläßt (vgl. Haider 1992b, 1993b, 2000, 2001, 2002, Chomsky 2001). Für die weitere Diskussion ist diese Entscheidung nicht relevant, da es nur darum geht, Strukturen auszuschließen, bei denen die Komplementposition links von der Spezifiziererposition angesiedelt ist. Der Erwerb der Possessivkonstruktion 430 Analysen hingegen in der linksperipheren Spec-Position einer Projektion PossP generiert, die oberhalb der NP angesiedelt ist. Ansonsten unterscheiden sich die Repräsentationen für Possessivkonstruktionen nicht prinzipiell von der Repräsentation in (122). Somit lassen sich die beobachteten Abfolgen von POSSESSOR und POSSESSUM sowohl durch linksverzweigende Strukturen mit einer funktionalen Projektion erfassen, in denen der POSSESSOR in einer rechtsperipheren SpecNP-Position generiert wird (121), oder durch eine rechtsverzweigende Struktur mit mindestens zwei funktionalen Projektionen, bei der POSSESSOR-Phrasen in einer linksperipheren SpecNP- oder SpecPossP-Position angesiedelt sind (122). Dabei ist nur die zweite Möglichkeit mit meiner Arbeitshypothese L-I vereinbar, daß alle Phrasenstrukturrepräsentationen rechtsverzweigend sind. Wie ich im folgenden zeigen werde, können Erwerbsdaten einen Beitrag zur Entscheidung zwischen den beiden Alternativen liefern. 4.2 Vorhersagen für den Erwerb Wie bereits erläutert geht man in allen Ansätzen, die auf der Hypothese der vollständigen Kompetenz beruhen, davon aus, daß Kinder bereits in der frühen Zwei-Wort-Phase Nominalphrasen mit zielsprachlichen Phrasenstrukturrepräsentationen und nominalphraseninternen Bewegungsprozessen produzieren. Dementsprechend sollten spracherwerbende Kinder von Anfang an stets sämtliche Linearisierungsmöglichkeiten nutzen, die ihnen die jeweilige Sprache zur Verfügung stellt - z.B. "POSSESSOR < POSSESSUM" im Englischen, Schwedischen und Japanischen, "POSSESSUM < POSSESSOR" im Hebräischen und beide Abfolgen im Deutschen und Griechischen. Wenn dies der Fall wäre, könnten Erwerbsdaten allerdings ebensowenig Aufschluß über die Basisposition des POSSESSOR-Arguments geben wie Daten aus den jeweiligen Erwachsensprachen. Eine etwas andere Vorhersage ergibt sich aus der Variante der Hypothese der vollständigen Kompetenz, die Hyams, Hoekstra und Kollegen vertreten (vgl. z.B. Hoekstra/Hyams 1995, 1996, 1998, Hoekstra/Hyams/Becker 1997, Hyams 1999). Ihnen zufolge produzieren spracherwerbende Kinder von Beginn der syntaktischen Entwicklung an nämlich sowohl vollspezifizierte Nominalphrasen als auch Nominalphrasen, die für Numerusmerkmale unterspezifiziert sind. Numerusmerkmale sind in den diskutierten Analysen von Possessivkonstruktionen Der Erwerb der Possessivkonstruktion 431 entweder in der DP oder in einer eigenen funktionalen Projektion zwischen DP und NP angesiedelt. Wenn Nominalphrasen für Numerusmerkmale unterspezifiziert sind, könnte es daher sein, daß die Spezifizierer- und Kopfposition der entsprechenden Projektion nicht als (Zwischen-)Landeposition für POSSESSOR bzw. POSSESSUM fungieren kann. Dann müßten diese Elemente in ihrer Basisposition verbleiben. Dementsprechend sollte man in Daten aus frühen Erwerbsphasen neben Possessivkonstruktionen mit zielsprachlicher Linearisierung auch unterspezifizierte Strukturen mit Basisabfolge finden. Dabei sollten in den unterspezifizierten Strukturen mit Basisabfolge die Possessivmarkierungen ausgelassen werden, da diese Markierungen Bewegungsprozesse erfordern. Wenn POSSESSOR-Phrasen in einer rechtsperipheren Position generiert werden, sollten dementsprechend auch beim Erwerb von Sprachen mit strikter "POSSESSOR < POSSESSUM"-Abfolge anfangs "POSSESSUM < POSSESSOR"-Strukturen auftreten können. Beim Erwerb des Englischen, des Schwedischen und des Japanischen sollten somit neben zielsprachlichen Strukturen wie mommy's mouth auch nicht-zielsprachliche Konstruktionen wie *mouth mommy zu beobachten sein. Wenn POSSESSOR-Phrasen hingegen in einer linksperipheren SpecNP- oder Spec PossP-Position basisgeneriert werden, sollten selbst beim Erwerb von Sprachen mit fester "POSSESSUM < POSSESSOR"-Abfolge anfangs gelegentlich "POSSESSOR < POSSESSUM"-Strukturen produziert werden. Beim Erwerb des Hebräischen sollten dementsprechend neben zielsprachlichen Possessivkonstruktionen wie pe shel buba auch unterspezifizierte Strukturen wie buba pe auftreten, die weder die zielsprachliche Linearisierung noch eine Possessivmarkierung aufweisen. Aus der Hypothese des Strukturaufbaus ergibt sich hingegen die Vorhersage, daß spracherwerbende Kinder unabhängig von den jeweiligen zielsprachlichen Linearisierungsoptionen anfangs Possessivkonstruktionen mit der Basisabfolge produzieren. So würde eine anfängliche Beschränkung auf die Abfolge "POSSESSUM < POSSESSOR" dafür sprechen, daß POSSESSOR-Argumente immer in einer rechtsperipheren Position generiert werden und zu Beginn der syntaktischen Entwicklung noch nicht aus dieser Position herausbewegt werden können. Umgekehrt würde eine universelle "POSSESSOR < POSSESSUM"-Abfolge in frühen Erwerbsphasen die Annahme unterstützen, daß POSSESSOR-Argumente stets in einer rechtsperipheren Position generiert werden und zu Beginn der syntaktischen Entwicklung noch Der Erwerb der Possessivkonstruktion 432 nicht aus dieser Position herausbewegt werden können. Eine universelle initiale Beschränkung auf "POSSESSOR < POSSESSUM"-Strukturen würde somit nicht nur Evidenz für die Hypothese des Strukturaufbaus liefern; sie würde auch für die Annahme einer rechtsverzweigenden Nominalphrasenstruktur sprechen, bei der sämtliche Spezifiziererpositionen links vom Kopf angesiedelt sind. Damit wäre sie mit meiner aus dem Relationserhaltungsprinzip abgeleiteten Arbeitshypothese L-I vereinbar. Zugleich würde sie die Arbeitshypothese E-I bestätigen, der zufolge die angenommenen Metaprinzipien zu keinem Zeitpunkt im Erwerbsverlauf verletzt werden. Wenn man die Hypothese des Strukturaufbaus zugrunde legt, stellt sich nicht nur die Frage nach der Verfügbarkeit von Bewegungsprozessen. Man muß auch angeben, wie die zielsprachliche DP-Struktur und die DP-internen Bewegungsprozesse erworben werden. Clahsen, Eisenbeiß und Vainikka (1994) diskutieren daher, ob der Erwerb der morphologischen Possessivmarkierung den Aufbau der zielsprachlichen DP-Struktur auslöst. Falls diese Annahme zuträfe, sollten Kinder erst dann die zielsprachlichen Bewegungsprozesse zeigen, wenn sie morphologische Possessivmarkierungen erworben haben. Wenn man von der Idee des merkmalsbasierten Strukturaufbaus ausgeht, würde es zum Erwerb nominalphraseninterner Bewegungsprozesse hingegen genügen festzustellen, ob das POSSESSUM sich weiter links befindet als der POSSESSOR, obwohl die Basisposition des POSSESSORS hierarchisch höher anzusiedeln ist als die Basisposition des POSSESSUMS. Dementsprechend sollten die zielsprachlichen Linearisierungsmöglichkeiten unabhängig von der morphologischen Entwicklung erworben werden können (vgl. Arbeitshypothese L-II). Darüber, wann die morphologische Possessivmarkierung erworben wird, besteht bislang noch keine Einigkeit. Vertreter der Strukturaufbauhypothese sagen eine Phase ohne Possessivmarkierungen vorher (vgl. u.a. Radford 1990, Radford/Galasso 1998, Clahsen/Eisenbeiß/ Vainikka 1994). Wenn man, wie Gerken (1996) und Crisma und Tomasutti (2000), postuliert, daß sämtliche Abweichungen von der Zielsprache rein prosodisch bedingt sind, sollten Auslassungen von Possessivmarkierungen hingegen entweder überhaupt nicht vorkommen oder auf bestimmte prosodische Kontexte beschränkt sein. 88 88 Welche Kontexte dies sein könnten, ist dabei allerdings unklar, da die betreffenden Autoren sich meines Wissens noch nicht mit Possessiv markierungen befaßt haben. Die Erklärungen, die für Determiniererauslassungen vorgeschlagen wurden, lassen sich auf jeden Fall nicht ohne weiteres Der Erwerb der Possessivkonstruktion 433 Hoekstra und Hyams (1995, 1996, 1998), Hoekstra, Hyams und Becker (1997), Hyams (1999) sowie Abu-Akel und Bailey (2000) zufolge treten in der frühen Zwei-Wort-Phase sowohl vollspezifizierte als auch unterspezifizierte Nominalphrasen auf. Wie bereits oben diskutiert, könnte die von Hyams, Hoekstra und Kollegen angenommene NUMERUS-Unterspezifikation dabei dazu führen, daß POSSESSOR und POSSESSUM in ihren Basispositionen verbleiben müssen und ihre grammatischen Merkmale nicht überprüft werden können. Dies könnte auch Auslassungen von Possessivmarkierungen bewirken. Dementsprechend würde man ein Nebeneinander von morphologisch markierten Possessivkonstruktionen mit zielsprachlicher Wortstellung und unmarkierten Strukturen mit Basisabfolge erwarten. Penner und Weissenborn (1996) sagen hingegen explizit eine Phase ohne overte Possessivmarkierungen vorher. Ihnen zufolge sollte die DP zwar bereits früh syntaktisch aktiv sein; der Erwerb morphologischer Markierungen kann aber verzögert sein. Bottari, Cipriani und Chilosi (1993) und Lleo (2001) machen zwar keine expliziten Aussagen zu Possessivkonstruktionen, sie nehmen aber - ähnlich wie Penner und Weissenborn (1996) - an, daß die syntaktischen Eigenschaften funktionaler Projektionen vor ihren morpho-phonologischen Realisierungen erworben werden. Daher wäre auch ihr Ansatz mit einer Phase mit nominalphraseninterner Bewegung, aber ohne Possessivmarkierungen vereinbar. Aus der hier vertretenen Idee des merkmalsbasierten Strukturaufbaus ergibt sich nicht nur die Vorhersage, daß Possessivkonstruktionen anfangs sowohl syntaktisch als auch morphologisch unterspezifiziert sein können (vgl. Arbeitshypothese E-II). Aus meiner Arbeitshypothese E-V läßt sich darüber hinaus die Vorhersage ableiten, daß die ersten Possessivmarkierungen lexikalischen Beschränkungen unterliegen: Wenn Kinder anfangs tatsächlich zunächst wortformspezifische Lexikoneinträge für einzelne Flexionsformen schaffen, sollten sie nämlich nur für die Äußerungen Possessivmarkierungen produzieren können, für die sie auf Vollformeinträge mit der entsprechenden Markierung zugreifen können. Erst später, wenn sie über eigenständige lexikalische Repräsentationen für Stämme und Possessivmarkierungen verfügen, sollten sie für jeden beliebigen Namen eine Form mit Possessivmarkierung bilden können. Insgesamt betrachtet ergeben sich aus den diskutierten Ansätzen somit die folgenden Untersuchungsfragen zur Entwicklung von Possessivkonstruktionen: auf Auslassungen von Possessiv markierungen im Deutschen und Englischen übertragen, da Posses sivmarkierungen dem POSSESSOR normalerweise keine Silben hinzufügen. Der Erwerb der Possessivkonstruktion 434 - Gibt es eine frühe Erwerbsphase ohne Possessivmarkierungen? - Unterliegen die ersten Instanzen der Possessivmarkierung lexikalischen oder phonologischen Beschränkungen? - Wie werden POSSESSOR und POSSESSUM serialisiert? - Verändert sich die Serialisierung im Verlauf des Erwerbs? - Besteht ein Zusammenhang zwischen dem Auftreten von Possessivmarkierungen und der Serialisierung von POSSESSOR und POSSESSUM? 4.3 Vorliegende Befunde Nahezu alle Studien zur Entwicklung von Possessivkonstruktionen stimmen darin überein, daß Kinder zu Beginn der Zwei-Wort-Phase keine Possessivmarkierungen bzw. Kasusmarkierungen am POSSESSOR produzieren, obwohl entsprechende Kontexte vorliegen (vgl. u.a. Clahsen/Eisenbeiß/Vainikka 1994 und Penner/Weissenborn 1996 zum Deutschen, Marinis 2000, 2002a zum Griechischen, Brown 1973, Cazden 1973, Radford 1990 und Radford/ Galasso 1998 zum Englischen, Clancy 1985 zum Japanischen sowie Berman 1985 und Armon-Lotem 1998 zum Erwerb des Hebräischen). So ließ beispielsweise das deutsche Kind Simone zwischen 1;10,20 und 2;0,23 das obligatorische Possessivaffix -s in allen 15 Possessivkonstruktionen aus (Clahsen/Eisenbeiß/Vainikka 1994), und das englische Kind Nicholas produzierte im Zeitraum von 2;3 bis 3;1 kein einziges -s-Affix, obwohl 118 Kontexte vorlagen (Radford/Galasso 1998). Bohnacker (1997) versucht in ihrer Studie zur schwedischen Kindersprache zwar nachzuweisen, daß das Auftreten einer Phase ohne Possessivmarkierungen nicht universell ist; die Evidenz, die sie zur Unterstützung ihrer Hypothese anführt, ist aber nicht überzeugend. Erstens ist die Datenbasis zu gering: In dem von Bohnacker untersuchten Korpus des schwedischen Kindes Embla (1;8-2;1) liegen nur 14 Markierungen in 17 obligatorischen Kontexten vor, die noch dazu über 10 Aufnahmen verteilt sind. Zweitens sind zu Beginn des Untersuchungszeitraums überhaupt keine Possessivmarkierungen zu beobachten. Insgesamt betrachtet sprechen die dargestellten Befunde somit für die Annahme einer Phase, in der die Possessivrelation nicht morphologisch markiert wird. Der Übergang von dieser Phase zum zielsprachlichen System scheint sich nicht abrupt zu vollziehen, wie man dies z.B. bei einem Reifungsansatz erwarten würde. Vielmehr deuten die bislang vorliegenden Studien auf eine schrittweise Generalisierung der Possessivmarkierung hin: Untersuchungen zum Der Erwerb der Possessivkonstruktion 435 Deutschen, Englischen, Japanischen und Hebräischen zeigen nämlich, daß zielsprachliche Possessivkonstruktionen eine Zeitlang neben solchen mit ausgelassener Possessivmarkierung auftreten (vgl. z.B. Brown 1973, Berman 1985, Clancy 1985, Peters/Menn 1993, Clahsen/ Eisenbeiß/Vainikka 1994, Penner/Weissenborn 1996, Armon-Lotem 1998, Radford/Galasso 1998): So produzierte das deutsche Kind Simone zwischen 2;0,25 und 2;2,21 nur in 33 von 49 Possessivkonstruktionen das obligatorische Possessivaffix -s (Clahsen/Eisenbeiß/Vainikka 1994); und das englische Kind Nicholas verwendete zwischen 3;2 und 3;6 nur in 14 von 60 obligatorischen Kontexten die erforderliche -s-Markierung (Radford/Galasso 1998). Dabei handelt es sich bei den zitierten frühen POSSESSOR-Nomina mit Possessivmarkierung meist um Verwandtschaftsbezeichnungen wie mamas oder papas, um den Namen der betreffenden Kinder oder um den Namen von Personen, die den Kindern nahestehen (vgl. u.a. Clancy 1985:458, Mills 1985:185, Radford 1990:89, Peters/Menn 1993:757ff., Clahsen/ Eisenbeiß/Vainikka 1994:97ff., Stenzel 1994:196f., Radford/Galasso 1998:37). Dies könnte zwar ein zufälliges Resultat der Beispielauswahl sein; es könnte aber auch darauf hinweisen, daß das Auftreten von Possessivmarkierungen anfangs auf Nomina beschränkt ist, die im Input häufig mit einer Possessivmarkierung vorkommen. Diese Vermutung wird dadurch unterstützt, daß Übergeneralisierungen von -s auf Nomina, die dieses Affix in der Zielsprache nicht tragen können (vgl. (123)), nur für ältere Kinder dokumentiert sind; vgl. u.a. Mills (1985:185): (123) (a) (b) (c) (d) das is männers wagen hier is männers wohnung da tut männers bauch weh an elefantes zähne (Scupin 3;1) (Scupin 4;3) (Scupin 4;4) (Scupin 5;8) Außerdem liefert die Studie, die Peters und Menn (1993) mit dem englischsprachigen Kind Daniel durchgeführt haben, sowohl Evidenz für Reanalysen von scheinbar zielsprachlichen Strukturen als auch Evidenz für anfängliche lexikalische Beschränkungen: Im Alter zwischen 2;0,22 und 2;2,15 verwendete Daniel nämlich bereits drei Formen auf -s in Possessivkonstruktionen; bei dieser Endung scheint es sich aber nicht um ein grammatisches Morphem zu handeln. Zum einen fanden sich in diesem Zeitraum auch drei Possessivkonstruktionen ohne -s; zum anderen gebrauchte Daniel -s auch in Kontexten, die kein entsprechendes Affix erfordern (vgl. z.B. *butters, *dirtys). Dabei war diese Endung Peters und Menn zufolge auf Wörter mit bestimmten Silbenstrukturmustern und Auslauten beschränkt. Dies spricht dafür, Der Erwerb der Possessivkonstruktion 436 daß die Verwendung von -s in diesem Zeitraum keine morpho-syntaktische Funktion erfüllte, sondern rein phonologisch gesteuert war. Erst mit 2;3, nach einer Phase mit morphologisch unmarkierten Possessivkonstruktionen, gab Daniel die phonologisch bedingte Verwendung von -s auf und begann, -s kontrastiv als Plural- und Possessivmarkierung zu verwenden. Dabei war die Verwendung von -s als Possessivmarkierung anfangs auf bestimmte Nomina beschränkt: Für das Nomen Mike fanden sich in der Zeit zwischen 2;3 und 2;6 z.B. sowohl neun Belege für Possessivkonstruktionen mit dem zielsprachlich markierten POSSESSOR-Nomen Mike als auch sieben zielsprachliche Belege für die unmarkierte Form Mike (z.B. in Vokativkontexten). Für das Nomen mommy benutzte Daniel hingegen erst ab 2;3,5 gelegentlich die Possessivmarkierung -s. Vor diesem Zeitpunkt gebrauchte er mommy auch in Possessivkonstruktionen stets unflekiert. Erst zwischen 2;5,25 und 2;6,10 verwendete Daniel die Possessivmarkierung unabhängig vom POSSESSOR-Nomen in allen Possessivkonstruktionen, die in diesem Zeitraum vorlagen.89 Somit sind die vorliegenden Befunde zum Erwerb von Possessivmarkierungen nicht nur mit den Vorhersagen von Strukturaufbauansätzen vereinbar. Das Vorliegen von lexikalischen Beschränkungen für Possessivmarkierungen bestätigt auch die hier vertretene Arbeitshypothese, daß Kinder grammatische Merkmale zuerst in Lexikoneinträge für flektierte Vollformen integrieren und erst später auf der Basis solcher Vollformeinträge dekomponierte Einträge für Stämme und Affixe schaffen. Weitere Unterstützung für die in Kapitel II.4 entwickelten Arbeitshypothesen liefern die vorliegenden Befunde zur Linearisierung von Köpfen und Argumenten in Possessivkonstruktionen: Bei Untersuchungen zum Erwerb des Englischen, des Japanischen und des Schwedischen, die eine strikte "POSSESSOR < POSSESSUM"-Abfolge aufweisen, wurden keinerlei Abweichungen von der zielsprachlichen "POSSESSOR < POSSESSUM"-Abfolge 89 Nach dieser Phase zielsprachlicher Possessivkonstruktionen durchläuft Daniel Peters und Menn (1993) zufolge eine Phase, in der er die Possessiv markierung nur in Konstruktionen ohne POSSESSUM verwendet und sie in Konstruktionen mit POSSESSUM ausläßt: (i) that mommy's and Mike's (Daniel 2;6,21) (ii) mommy car (Daniel 2;6,24) Diese vorübergehende Fehlanalyse ist meines Erachtens für die Diskussion über die syntaktische Aktivität funktionaler Kategorien in frühen Erwerbsphasen nicht relevant, da es sich um eine spätere Entwicklung handelt (für eine ausführlichere Diskussion vgl. Peters/Menn 1993:760ff.). Der Erwerb der Possessivkonstruktion 437 dokumentiert (vgl. u.a. Brown 1973, Radford 1990, Radford/Galasso 1998, Clancy 1985, Bohnacker 1997). In Studien zum Erwerb des Hebräischen, das nur die Abfolge "POSSESSUM < POSSESSOR" zuläßt, wurden hingegen nicht-zielsprachliche Linearisierungen beobachtet: In zwei der von Armon-Lotem (1998) untersuchten Längsschnittkorpora (401 Aufnahmen von vier Kindern im Alter von 1;7 bis 3;3) treten zu Beginn des Untersuchungszeitraums Possessivkonstruktionen mit der nicht-zielsprachlichen Abfolge "POSSESSOR < POSSESSUM" auf; vgl. z.B.: (124) (a) (b) yael sefer Yael Buch 'Yaels Buch' buba pe Puppe Mund 'der Mund einer Puppe' (Smadar 1;6,5) (Smadar 1;6,11) Die zielsprachliche "POSSESSUM < POSSESSOR"-Abfolge ist erst später belegt. Dabei fehlt in allen vier Korpora anfangs jedoch noch die Genitivmarkierung shel (vgl. (125a)). Diese ist erst später zu beobachten (vgl. (125b)). Dies spricht dafür, daß der Erwerb von Bewegungsprozessen unabhängig vom Erwerb der Possessivmorphologie erfolgt. (125) (a) (b) sefer miryam Buch Miriam Miriams Buch arik shel miryami Miriams Arik (= Ernie) (Smadar 1;7,7) (Smadar 1;10,19) Daß Kinder beim Erwerb des Hebräischen Possessivkonstruktionen mit nicht-zielsprachlichen Linearisierungen produzieren, berichtet auch Berman (1985:309f.). Sie macht allerdings keine quantitativen Angaben zu diesen Strukturen. Beim Erwerb des Griechischen, das beide Abfolgen von POSSESSOR und POSSESSUM zuläßt, konnte Marinis (2000, 2002a) keine Phase beobachten, in der Kinder ausschließlich die Abfolge "POSSESSOR < POSSESSUM" verwenden. Vielmehr zeigen bereits die ersten Possessivkonstruktionen die Linearisierung "POSSESSUM < POSSESSOR". Allerdings stammen diese Strukturen aus einer relativ späten Phase, in der die betreffenden Kinder bereits angefangen haben, Kasusmarkierungen an Nomina zu produzieren. Vor diesem Der Erwerb der Possessivkonstruktion 438 Zeitpunkt sind keine Kombinationen von POSSESSUM und POSSESSOR belegt, sondern nur isolierte POSSESSOR-Phrasen. Somit läßt sich anhand der vorliegenden Daten zum Griechischen nicht feststellen, ob es auch beim Erwerb dieser Sprache eine anfängliche Beschränkung auf "POSSESSOR < POSSESSUM"-Abfolgen gibt - auch hier zeigt sich somit wieder die Notwendigkeit der Elizitation von vollständigen Possessivkonstruktionen in frühen Erwerbsphasen. Die vorliegenden Untersuchungen zur deutschen Kindersprache stimmen darin überein, daß frühe Possessivkonstruktionen - unabhängig von der morphologischen Markierung der Possessivrelation - stets die Abfolge "POSSESSOR < POSSESSUM" aufweisen (vgl. z.B. Mills 1985:187, Penner/Weissenborn 1996). Darüber, wann die ersten Possessivkonstruktionen mit der Abfolge "POSSESSUM < POSSESSOR" auftreten, werden keine Aussagen gemacht. Insgesamt betrachtet liefern die vorliegenden Studien zum Erwerb von Possessivkonstruktionen somit Evidenz für eine frühe Phase ohne Possessivmarkierungen sowie für anfängliche lexikalische Beschränkungen für diese Markierungen. Zugleich sind die Befunde dieser Studien mit der Annahme einer frühen Phase zu vereinbaren, in der Kinder nur Possessivkonstruktionen mit der Abfolge "POSSESSOR < POSSESSUM" produzieren. Dabei zeigen die Studien zum Deutschen und Hebräischen, daß diese Linearisierung von POSSESSOR und POSSESSUM auch dann zu beobachten ist, wenn die Zielsprache andere Linearisierungen erlaubt bzw. erfordert. Darüber hinaus deuten die Befunde zum Hebräischen darauf hin, daß die nominalphraseninternen Bewegungsprozesse unabhängig vom Erwerb der morphologischen Markierungen erworben werden. 4.4 Auswertung der Korpora 90 Zur Absicherung der erzielten Befunde habe ich zunächst die Korpora von Andreas, Annelie, Hannah, Leonie, Mathias und Svenja im Hinblick auf den Entwicklungsverlauf und lexikalische Beschränkungen für Possessivmarkierungen analysiert.91 Dabei habe ich für jede Aufnahme die Anzahl von Possessivkonstruktionen mit und ohne -s sowie die verwendeten 90 91 Ein Teil der Befunde in diesem Kapitel wurde bereits in Eisenbeiß (2000) diskutiert. Die Querschnittdaten von Carsten enthalten überhaupt keine Possessivkonstruktionen. Der Erwerb der Possessivkonstruktion 439 POSSESSOR-Nomina ermittelt. Die Ergebnisse dieser Analyse finden sich in den Tab.J-1 bis Tab.J-6 im Anhang. Tab.III-27 gibt einen Überblick über das Auftreten von Possessivmarkierungen in den Korpora der untersuchten Kinder. Tab.III-27: Possessivmarkierung in obligatorischen Kontexten Kind systematische Auslassung -s/n Aufnahmen Andreas Annelie Hannah Leonie Mathias Svenja 0/5 0/22 0/3 - gesamt 0/30 2-4 1-3 11-13 - Optionalität -s/n Aufnahmen 2/4 35/38 - 1 4-7 - 37/42 obligatorische Verwendung -s/n Aufnahmen 2/2 21/21 5/5 21/21 5-6 8-15 22-27 3-16 49/49 Tab.III-27 verdeutlicht, daß die Possessivmarkierung in den frühen Aufnahmen von Annelie, Leonie und Mathias nicht auftritt, obwohl insgesamt 30 obligatorische Kontexte vorliegen. Dabei wird das -s-Affix selbst dann ausgelassen, wenn die unmittelbar vorangehende Äußerung eine zielsprachlich flektierte Form enthält; vgl. u.a.:92 (126) (a) (b) S.E.: Leonie: S.E.: Leonie: Papas Hut papa hut Und Papas Hose brauchen wir noch. da papa hose (Leonie 1) (Leonie 3) Bei den übrigen Kindern läßt sich - wie man Tab.III-27 entnehmen kann - keine Phase ohne Possessivmarkierungen beobachten. Dies scheint jedoch ein Artefakt der Datenerhebung zu sein: In den ersten vier Aufnahmen von Hannah liegen überhaupt keine Possessivkonstruktionen mit obligatorischen Kontexten für -s vor, und Andreas und Svenja sind - wie ihre MLU-Werte und die Befunde in Kapitel III.2 und Kapitel III.3 verdeutlicht haben - sprachlich 92 Im Rahmen der Elizitationsspiele wurde zwar versucht, explizite Vorgaben der Zielstrukturen zu vermeiden, da eine möglichst natürliche Kommunikationssituation gewährleistet werden sollte, war dies aber nicht immer möglich. Wie die Beispiele in (126) zeigen, wurden vorgegebene Possessivkonstruktionen nicht einfach imitiert, sondern wiesen dieselbe morphologische Form auf wie spontan produzierte Possessivkonstruktionen in der betreffenden Aufnahme. Dies spricht dafür, daß mit Hilfe der gewählten Elizitationsverfahren im allgemeinen selbst dann keine Strukturen elizitiert werden, über die das Kind noch nicht verfügt, wenn Muster zur Imitation bereitgestellt werden (vgl. die Diskussion in Kapitel III.5). Der Erwerb der Possessivkonstruktion 440 weiter fortgeschritten als Annelie, Mathias und Leonie zu Beginn des Untersuchungszeitraums. Daß Andreas und Svenja bereits Possessivmarkierungen verwenden, ist daher zu erwarten. Die untersuchten Daten liefern aber nicht nur Evidenz für das Vorliegen einer frühen Phase ohne Possessivmarkierungen, sondern auch für anfängliche lexikalische Beschränkungen. Wie man in Tab.III-27 erkennen kann, treten Possessivkonstruktionen bei Andreas und in der vierten bis siebten Aufnahme von Leonie sowohl mit -s als auch ohne -s auf. Andreas verwendet bei dem POSSESSOR-Nomen papa stets die zielsprachliche Markierung, bei mama läßt er sie hingegen aus: (127) (a) (b) hm papas gürtel e mama ticktack is(t) das (Andreas) (Andreas) Dabei unterscheiden sich die markierten und unmarkierten POSSESSOR-Nomina weder in ihrer phonologischen Struktur noch in ihrer syntaktischen Distribution: Beide sind zweisilbige Nomina mit Erstsilbenbetonung und Vollvokal am Ende und treten in Possessivkonstruktionen mit POSSESSOR und POSSESSUM auf. Leonie kombiniert das Suffix -s anfangs nur mit vertrauten Namen und Verwandtschaftsbezeichnungen, die an anderen Stellen im Input bereits mit Possessivmarkierungen aufgetreten waren (peters, mamis, leonies; vgl. z.B. (128a) bis (128c)). Bei dem Namen Sonja, der dem Kind vor Beginn der Aufnahmen nicht bekannt war, wird das -s-Affix anfangs ausgelassen und zwar selbst dann, wenn es unmittelbar zuvor präsentiert wurde (vgl. z.B. (128d) und (128e)): (128) (a) (b) (c) (d) (e) da(s) peters schuhe is mamis nenes (= Leonies) bett S.E.: Und welches ist Sonjas Auto? Leonie: sonja autos das (ist) sonja tasse (Leonie 4) (Leonie 4) (Leonie 6) (Leonie 6) (Leonie 7) Auch bei Leonie scheinen die Auslassungen der Possessivmarkierung nicht phonologisch bedingt zu sein. So handelt es sich beispielsweise sowohl bei dem morphologisch markierten POSSESSOR in (128b) und in (129) als auch bei dem unmarkierten POSSESSOR in (128e) um ein zweisilbiges Nomen, das die Betonung auf der ersten Silbe trägt und einen Vollvokal am Ende aufweist; und das POSSESSUM ist in beiden Fällen ein zweisilbiges Nomen mit Der Erwerb der Possessivkonstruktion 441 Betonung auf der ersten Silbe. Außerdem verwendet Leonie bei dem Nomen mami das Possessivaffix auch in Kontexten, in denen es schwer auszusprechen ist; vgl. z.B.: (129) S.E.: Und die Schuhe, wem gehören die Schuhe? Kumma, das sind? Leonie: mamis ssuh (Leonie 5) Bei Leonie zeigt sich zugleich, daß der Übergang zur obligatorischen Verwendung von Possessivmarkierungen mit der Ausweitung des Anwendungsbereichs von -s einhergeht. In späteren Erwerbsphasen kommt es dabei gelegentlich zu Übergeneralisierungen von -s auf Nomina, die in der Zielsprache nicht mit diesem Affix kombiniert werden können (vgl. (130)). Solche Übergeneralisierungen finden sich auch in den Daten von Svenja, die bereits zu Beginn des Untersuchungszeitraums nur Possessivkonstruktionen mit morphologischer Markierung produziert (vgl. (131) sowie Tab.J-6 im Anhang). (130) (a) (b) (c) Situation: Spiel, bei dem Tieren Lebensmittel zugeordnet werden S.E.: Das is? Leonie: affes banane (Leonie 7) Situation: Spiel, bei dem Gegenstände zugeordnet werden Leonie: das babys (= das ist Babys) (Leonie 9) Situation: Leonie erzählt, was sie in einen Koffer packt Leonie: clowns hut (Leonie 11) (131) das is junges gürtel (Svenja 13) Auch in bezug auf die Serialisierung von POSSESSOR und POSSESSUM unterstützt die Analyse der Korpora von Andreas, Annelie, Hannah, Leonie, Mathias und Svenja die bisherigen Befunde: Alle 89 kompletten Possessivkonstruktionen, die in den Daten dieser Kinder vorkommen, weisen die Abfolge "POSSESSOR < POSSESSUM" auf. Es liegt nur eine Struktur mit einem rechtsperipheren POSSESSOR vor (vgl. (132)), und diese Struktur scheint eine relativ späte Erwerbsphase zu repräsentieren. Sie stammt nämlich von Svenja, die bereits zu Beginn des Untersuchungszeitraums in 100% aller obligatorischen Kontexte eine Possessivmarkierung verwendete: (132) Situation: Spiel, bei dem Personen Kleidungsstücke zugeordnet werden S.E.: für den Sascha? Svenja: mhm die sascha die saschas ziehn wer erstmal an (Svenja 15) (= die Schuhe Saschas) Der Erwerb der Possessivkonstruktion 442 Diese Struktur enthält zwar kein overtes POSSESSUM-Nomen, aber ein D-Element, was in der Zielsprache charakteristisch für Strukturen mit "POSSESSUM < POSSESSOR"-Abfolge ist. Darüber hinaus spricht das Auftreten einer Selbstkorrektur dafür, daß es sich bei dieser Struktur nicht um eine unanalysierte Einheit handelt. Ähnliche Befunde ergeben sich auch bei einer Reanalyse der Auswertungen des SimoneKorpus, auf denen die Analysen von Clahsen, Eisenbeiß und Vainikka (1994) sowie Penner und Weissenborn (1996) basieren:93 Die ersten Possessivmarkierungen, die Simone produziert, treten bei Simones eigenem Namen und dem ihres Vaters auf; und Übergeneralisierungen wie puppas sind erst in einer Phase zu beobachten, in der Simone die Possessivmarkierung in mehr als 90% aller obligatorischen Kontexte verwendet. Klare Aussagen über lexikalische Beschränkungen lassen sich für das Simone-Korpus allerdings nicht treffen. Während der Phase, in der -s optional ist, referieren nämlich alle POSSESSOR-Nomina auf Personen, die Simone vertraut sind und deren Namen im Input mit und ohne Possessivmarkierung vorkommen. Außerdem ergibt die Reanalyse des Simone-Korpus, daß dieses Korpus im untersuchten Altersbereich (1;10,20-2;9,10) nur eine Nominalphrase mit der Abfolge "POSSESSUM < POSSESSOR" enthält (vgl. (133)). Diese Phrase produziert Simone erst mit 2;4, d.h. zu einem Zeitpunkt, an dem sie bereits über die zielsprachliche DP-Struktur und -Flexion verfügt (Clahsen/Eisenbeiß/Vainikka 1994, Penner/Weissenborn 1996). (133) Mar.: Sim.: Sag mal, was is'n das, Mensch? mones das sind die fisch94 mones (Simone 2;4) Insgesamt liefern die Auswertung der Korpora von Andreas, Annelie, Hannah, Leonie, Mathias und Svenja sowie die Reanalyse der Auswertungen zum Simone-Korpus somit zum einen Evidenz dafür, daß die Possessivmarkierungen erst nach einer Phase ohne solche Markierungen auftreten und anfangs lexikalisch beschränkt sind; zum anderen bestätigen diese Auswertungen die Hypothese, daß Kinder unabhängig von der betreffenden Zielsprache eine Phase durchlaufen, in der POSSESSOR-Argumente stets dem POSSESSUM vorangehen. 93 94 Ich danke Jürgen Weissenborn dafür, daß er das Spontansprachkorpus von Simone Miller (vgl. Miller 1976) dem LEXLERN-Projekt zur Verfügung gestellt und so diese Reanalyse ermöglicht hat. Der Null-Plural bei Fisch ist in dem Dialektgebiet, in dem Simone aufwächst, zielsprachlich. Der Erwerb der Possessivkonstruktion 443 4.5 Diskussion Zusammengenommen liefern die Untersuchungen zu Possessivmarkierungen und zur Serialisierung von POSSESSOR und POSSESSUM die folgenden empirischen Befunde: (i) (ii) (iii) (iv) (v) (vi) (vii) In den Korpusanalysen und vorliegenden Studien zum Deutschen, Englischen, Grie chischen, Hebräischen und Japanischen konnte eine frühe Phase ohne Possessivmarkierungen dokumentiert werden (Clahsen/Eisenbeiß/Vainikka 1994, Penner/Weissenborn 1996, Brown 1973, Cazden 1973, Radford 1990, Radford/Galasso 1998, Marinis 2000, 2002a, Berman 1985, Armon-Lotem 1998, Clancy 1985). In den Korpusanalysen zum Deutschen und in einer Untersuchung zum Englischen (Peters/Menn 1993) zeigten sich anfängliche lexikalische Beschränkungen für Possessivmarkierungen, die sich nicht durch phonologische Faktoren erklären lassen. Beim Erwerb des Englischen, Japanischen und Schwedischen ist von Anfang an nur die zielsprachliche "POSSESSOR < POSSESSUM"-Abfolge zu beobachten (Brown 1973, Cazden 1973, Radford 1990, Radford/Galasso 1998, Clancy 1985, Bohnacker 1997). Für den Erwerb des Hebräischen sind frühe, morphologisch unmarkierte Possessivkonstruktionen mit der Abfolge "POSSESSOR < POSSESSUM" belegt, obwohl die Zie lsprache nur die Wortstellung "POSSESSUM < POSSESSOR" zuläßt (Berman 1985, Armon-Lotem 1998). In den vorliegenden Studien zum Deutschen (Clahsen/Eisenbeiß/Vainikka 1994, Penner/ Weissenborn 1996) sowie in den Korpusanalysen sind in frühen Phasen nur linksperiphere POSSESSOR-Phrasen dokumentiert, obwohl das Deutsche sowohl links- als auch rechtsperiphere POSSESSOR-Phrasen erlaubt. Die Studien zum Erwerb griechischer Possessivkonstruktionen erlauben keine Aussagen über die Linearisierung von POSSESSOR und POSSESSUM in frühen Erwerbsphasen (Marinis 2000, 2002a). In Studien zum Hebräischerwerb wurde die zielsprachliche Wortstellung vor der morphologischen Markierung beobachtet (Armon-Lotem 1998). Die Existenz einer frühen Phase, in der die Possessivrelation nicht morphologisch markiert wird (vgl. (i)), spricht gegen Varianten der Hypothese der vollständigen Kompetenz, die davon ausgehen, daß die DP bereits zu Beginn der Zwei-Wort-Phase syntaktisch aktiv ist und uneingeschränkt overt realisiert werden kann (vgl. z.B. Bohnacker 1997). Zugleich liefert der Befund in (i) Evidenz gegen die von Hyams, Hoekstra und Kollegen vertretene Annahme, daß Kinder über zielsprachliche DP-Repräsentationen verfügen, aber aufgrund von Verzögerungen im Bereich der Pragmatikentwicklung noch ein Nebeneinander von unterspezifizierten und zielsprachlichen Strukturen erlauben (vgl. u.a. z.B. Hoekstra/Hyams 1995, 1996, 1998, Hoekstra/Hyams/Becker 1997, Hyams 1999). Wenn diese Annahme zuträfe, sollten Possessivkonstruktionen nämlich von Anfang an zumindest gelegentlich morphologische Markierungen tragen. Der Erwerb der Possessivkonstruktion 444 Der Befund in (ii) spricht gegen eine weitere Variante der Hypothese der vollständigen Kompetenz: Wenn Auslassungen funktionaler Elemente tatsächlich rein phonologisch bedingt wären, wie von Gerken (1996) und Crisma und Tomasutti (2000) angenommen, sollte das Auftreten von Possessivmarkierungen vom jeweiligen phonologischen Kontext abhängen. Dies scheint aber nicht der Fall zu sein. Vielmehr deutet die Beobachtung, daß Possessivmarkierungen anfänglich lexikalischen Beschränkungen unterliegen, darauf hin, daß Kinder anfangs zunächst Vollformeinträge für einzelne POSSESSOR-Nomina mit entsprechender Markierung schaffen und erst später eigenständige lexikalische Repräsentationen für Stämme und Possessivmarkierungen aufbauen, die es ihnen erlauben, für jeden POSSESSOR eine entsprechend markierte Form zu bilden. Die beobachteten lexikalischen Beschränkungen lassen sich somit direkt aus meiner Arbeitshypothese E-V ableiten, der zufolge Kinder zuerst Lexikoneinträge für flektierte Vollformen und erst später dekomponierte Einträge für Stämme und Affixe schaffen. Weder aus kategorienbasierten Strukturaufbauansätzen (vgl. Clahsen/Eisenbeiß/Vainikka 1994) noch aus den Varianten der Hypothese der vollständigen Kompetenz, die von Verzögerungen der morphologischen Entwicklung ausgehen (Bottari/Cipriani/Chilosi 1993, Penner/ Weissenborn 1996, Lleo 2001), ergibt sich eine vergleichbare Vorhersage ohne Zusatzannahmen. Außerdem kann keine Variante der Hypothese der vollständigen Kompetenz den Befunden zur Wortstellung in frühen Possessivkonstruktionen gerecht werden. Die Befunde in (iii) bis (vi) deuten nämlich darauf hin, daß spracherwerbende Kinder anfangs nur Possessivkonstruktionen mit der Abfolge "POSSESSOR < POSSESSUM" produzieren - und zwar auch dann, wenn die Zielsprache andere Linearisierungen erlaubt bzw. erfordert. Im Rahmen der Analysen zum Erwerb des Griechischen konnte zwar keine Evidenz für eine solche Phase erbracht werden (vgl. Marinis 2000, 2002a); wie ich in Kapitel III.4.3 gezeigt habe, liegen für das Griechische aber auch keine sehr frühen Kombinationen von POSSESSOR und POSSESSUM vor, deren Linearisierung untersucht werden könnte. Die anfängliche Beschränkung auf "POSSESSOR < POSSESSUM"-Strukturen spricht gegen die Hypothese der vollständigen Kompetenz, die eine frühe Beherrschung der jeweiligen zielsprachlichen Linearisierungsmöglichkeiten erwarten läßt. Daß Kinder beim Erwerb des Deutschen nicht von Anfang an von den beiden in der Zielsprache zugelassenen Lineari- Der Erwerb der Possessivkonstruktion 445 sierungsmöglichkeiten für POSSESSOR und POSSESSUM Gebrauch machen, ließe sich darauf zurückführen, daß "POSSESSUM < POSSESSOR"-Strukturen (das Huhn Helenes) relativ selten sind. Für den Befund zum Erwerb des Hebräischen (iv) kommt eine solche frequenzbasierte Erklärung aber nicht in Frage. In diesem Fall verwenden die Kinder nämlich statt der im Input vorliegenden Struktur eine Linearisierungsoption, die im Input überhaupt nicht auftritt. Die Beobachtungen in (iii) bis (vi) sind auch nicht mit der Annahme vereinbar, daß POSSESSOR-Argumente in einer rechtsperipheren Position generiert werden und zu Beginn der syntaktischen Entwicklung noch nicht aus dieser Position herausbewegt werden können. Wenn diese Vorhersage zuträfe, sollten in frühen Erwerbsphasen nämlich unabhängig von der jeweiligen Zielsprache Possessivkonstruktionen mit der Abfolge "POSSESSUM < POSSESSOR" zu beobachten sein. Die initiale Beschränkung auf "POSSESSOR < POSSESSUM"-Strukturen unterstützt vielmehr die Annahme, daß POSSESSOR-Argumente in einer linksperipheren SpecPossP- oder SpecNP-Position generiert werden und zu Beginn der syntaktischen Entwicklung noch nicht aus dieser Position herausbewegt werden können. D.h., die Befunde in (iii) bis (vi) liefern nicht nur Evidenz für die Arbeitshypothese E-II, der zufolge syntaktische Repräsentationen anfangs noch unterspezifiziert sein können; sie sprechen auch für die Annahme einer rechtsverzweigenden Nominalphrasenstruktur, bei der SpecNP bzw. SpecPossP links vom Kopf der betreffenden Phrase angesiedelt sind (vgl. Arbeitshypothese L-I). Zugleich deuten sie darauf hin, daß Metaprinzipien - wie das Relationserhaltungsprinzip, das der Rechtsverzweigung zugrunde liegt - bereits in frühen Entwicklungsphasen gelten (vgl. Arbeitshypothese E-I). Damit unterstützen die Erwerbsbefunde eine Analyse, die auf den ersten Blick weniger ökonomisch zu sein scheint als eine Analyse, bei der AGENS/POSSESSOR-Phrasen in einer rechtsperipheren SpecNP-Position generiert werden. Wie die Diskussion in Kapitel III.4.1 gezeigt hat, muß man bei einer strikt rechtsverzweigenden DP-Struktur nämlich mindestens eine zusätzliche funktionale Projektion annehmen, um die verschiedenen Linearisierungsoptionen erfassen zu können. Eine rechtsverzweigende Struktur ist aber nicht nur die einzige Option zur Erfassung der Erwerbsdaten; sie beruht auch auf restriktiveren Annahmen zum Erwerbsmechanismus, da alle ihre strukturellen Eigenschaften sich aus einem einzigen Prinzip, nämlich dem Relationserhaltungsprinzip, herleiten lassen (vgl. die Diskussion in Kapitel II.2). Der Erwerb der Possessivkonstruktion 446 Außerdem gewährleistet das Prinzip der Repräsentationsökonomie, daß stets nur die kleinsten grammatischen Strukturen projiziert werden, die zur Repräsentation des verwendeten lexikalischen Materials und seiner Merkmale, sowie zur Erfüllung der entsprechenden Lizensierungsforderungen erforderlich sind (vgl. (17) in Kapitel II.2). Damit werden auch bei Possessivkonstruktionen sämtliche Positionen, die nicht für lexikalisches Material oder Bewegungsprozesse benötigt werden, nicht projiziert. Insbesondere muß man weder leere Komplementpositionen für Possessivkonstruktionen ohne PATIENS (z.B. Helenes Huhn) postulieren, noch muß man eine PossP für Nominalphrasen annehmen, die keinen POSSESSOR enthalten. Wie die DP-internen Bewegungsprozesse erworben werden, läßt sich auf der Basis der Befunde in (iii) bis (vii) nicht feststellen. Der Befund in (vii) liefert allerdings einen ersten Hinweis darauf, daß zum Erwerb dieser Bewegungsprozesse möglicherweise kein morphologischer Auslöser erforderlich ist. Kinder, die das Hebräische erwerben, scheinen nicht die morphologische Form der Possessivmarkierung analysieren zu müssen, um festzustellen, daß der POSSESSOR (und eventuell auch das POSSESSUM-Argument) bewegt werden muß. Wenn dies der Fall wäre, sollte die zielsprachliche Wortstellung nicht vor der Possessivmarkierung zu beobachten sein; vielmehr sollten Kinder beim Erwerb des Hebräischen erst dann Possessivkonstruktionen mit der zielsprachlichen Abfolge produzieren, wenn sie die Possessivmarkierung erworben haben. Inwieweit dieser Befund auf andere Sprachen zu generalisieren ist, bleibt noch zu untersuchen. Außerdem muß man, wenn man auf die Annahme von morphologischen Auslösern verzichtet, noch genauer erklären, auf der Basis welcher Informationen die nominalphraseninternen Bewegungsprozesse erworben werden können. Die in Kapitel II.4 entwickelten Arbeitshypothesen bilden eine Basis für entsprechende Spekulationen: Wenn syntaktische Strukturen universell rechtsverzweigend sind, sollten die Spezifiziererpositionen von Projektionen den Komplementpositionen in der Basisstruktur stets vorangehen. Daher sollten POSSESSOR-Phrasen in Basisstrukturen stets links von POSSESSUM-Phrasen stehen. Wenn ein Kind - wie beim Hebräischerwerb - feststellt, daß das POSSESSUM links vom POSSESSOR steht, kann es daher erkennen, daß das POSSESSUMArgument aus seiner Basisposition rechts vom POSSESSOR bewegt worden sein muß. Diese Information könnte das Kind somit nutzen, um die zielsprachliche "POSSESSUM < POSSESSOR"-Abfolge zu erwerben. Außerdem könnte ihm die Abfolge "POSSESSUM < Adjektiv" zeigen, daß das POSSESSUM-Argument vor das Adjektiv bewegt worden ist. Der Erwerb der Possessivkonstruktion 447 Im Deutschen entspricht die Oberflächenabfolge von POSSESSOR und POSSESSUM in einfachen Possessivkonstruktionen ihrer Basisabfolge (Helenes Huhn). Um festzustellen, daß der POSSESSOR overt in die SpecDP-Position bewegt wird, sind somit zusätzliche Informationen nötig. Solche Informationen könnten z.B. Strukturen mit Adjektiven wie Helenes erstes Huhn liefern, bei denen das POSSESSOR-Argument dem Adjektiv vorangeht, obwohl es in einer tiefer eingebetteten Position basisgeneriert wird. Der Erwerb der unterschiedlichen Abfolgen von POSSESSOR, POSSESSUM und Adjektiven in den untersuchten Sprachen läßt sich somit auch ohne die Annahme eines morphologischen Auslösers erklären, wenn man von den in Kapitel II entwickelten Arbeitshypothesen zum logischen Problem ausgeht und annimmt, daß Phrasenstrukturrepräsentationen stets rechtsverzweigend sind. Diese Annahme ist mit den Befunden in (iii) bis (vii) vereinbar, die dafür sprechen, daß spracherwerbende Kinder anfangs von einer universellen Basiswortstellung "POSSESSOR < POSSESSUM" in einer rechtsverzweigenden Nominalphrasenstruktur ausgehen. Insgesamt betrachtet bestätigen die Befunde in (i) bis (vii) somit die Arbeitshypothesen L-I, L-II, E-I, E-II und E-V. Die Effektivität und Validität der verwendeten Elizitationsverfahren 5 448 Die Effektivität und Validität der verwendeten Elizitationsverfahren Wie in Kapitel III.1 erläutert, kamen bei der Erhebung der Daten von Leonie und Svenja sowie bei einer Aufnahme von Hannah die von Eisenbeiß (1994b) beschriebenen Elizitationsverfahren zum Einsatz. Mit diesen Verfahren sollten in natürlichen Kommunikationssituationen Kontexte für Strukturen geschaffen werden, die in den vorliegenden Spontansprachkorpora wie in Kapitel III.1 gezeigt - nur relativ selten vorkommen: (i) (ii) (iii) (iv) Nominalphrasen mit Kontexten für D-Elemente Nominalphrasen mit Adjektiven und Kontexten für D-Elemente Possessivkonstruktionen Dativobjekte mit Kontexten für D-Elemente Im folgenden soll nun verdeutlicht werden, daß sich die Datenbasis für quantitative Analysen durch die Verwendung der Elizitationsverfahren entscheidend vergrößert hat; zum anderen soll gezeigt werden, daß die empirischen Generalisierungen aus Kapitel III nicht nur für die elizitierten Daten gelten, sondern auch für Spontansprachdaten aus entsprechenden Entwicklungsphasen. Hierzu habe ich zunächst ermittelt, wie häufig die Zielstrukturen der Elizitationsverfahren in den Spontansprachdaten und in den elizitierten Daten auftreten. Davon ausgehend habe ich die Unterschiede zwischen den beiden Datentypen durch die Verteilung von Punkten in einem Koordinatensystem visualisiert (vgl. Abb.III-40 bis Abb.III-43).95 Dabei wird jede Aufnahme durch einen Punkt dargestellt. Die X-Koordinate dieses Punktes entspricht jeweils dem MLU;96 die Y-Koordinate gibt jeweils an, wie viele Nominalphrasen eines bestimmten Typs pro 100 Äußerungen vorliegen. Punkte, die Spontansprachaufnahmen symbolisieren, sind 95 96 Da die Datenerhebung nicht auf einen systematischen Methodenvergleich hin angelegt war, ist es nicht möglich, die relative Häufigkeit bestimmter Strukturen in den beiden Datentypen direkt mit Hilfe statistischer Verfahren zu vergleichen. Zum einen stammen die Daten aus den einzelnen Aufnahmen z.T. von denselben, z.T. von anderen Kindern; zum anderen tragen die einzelnen Kinder bzw. die Aufnahmen aus den verschiedenen MLU-Bereichen unterschiedlich stark zur Grundgesamt heit bei. Der MLU wurde berücksichtigt, da die Chance, einen bestimmten Typ von Nominalphrase zu elizitieren, bei Kindern, die bereits längere Sätze mit mehreren Nominalphrasen bilden können, höher ist als die Chance, solche Nominalphrasen bei Kindern in der Zwei-Wort-Phase zu elizitieren. Die Effektivität und Validität der verwendeten Elizitationsverfahren 449 durch unausgefüllte Symbole dargestellt; Aufnahmen, die mit Hilfe von Elizitationsverfahren erhoben wurden, werden durch ausgefüllte Symbole repräsentiert. Wenn die Elizitationsverfahren effektiv sind, weisen die entsprechenden Aufnahmen einen höheren Anteil von Zielstrukturen auf. Dementsprechend sollten sich die ausgefüllten Symbole für die Aufnahmen mit Elizitationsverfahren im oberen Teil der Graphik befinden; die unausgefüllten Symbole für die Spontansprachaufnahmen sollten hingegen im unteren Teil der Graphik angesiedelt sein. Wenn für eine Aufnahme überhaupt keine entsprechende Struktur vorliegt, befindet sich das betreffende Symbol direkt auf der X-Achse. ad (i) Nominalphrasen mit Kontexten für D-Elemente In Abb.III-40 werden die Spontansprachkorpora und die elizitierten Daten zunächst in bezug auf das Auftreten von Nominalphrasen mit Kontexten für D-Elemente verglichen. Abb.III-40: Nominalphrasen mit Kontexten für D-Elemente % aller analysierbaren Äußerungen 50 KORPUS sve 40 sve 30 mat leo 20 han car 10 ann 0 1.0 and 1.5 2.0 2.5 3.0 MLU 3.5 4.0 4.5 Die Effektivität und Validität der verwendeten Elizitationsverfahren 450 Abb.III-40 verdeutlicht, daß Nominalphrasen mit Kontexten für D-Elemente in Spontansprachdaten selbst in frühen Erwerbsphasen auftreten und mit steigendem MLU häufiger werden (vgl. Tab.III-2 in Kapitel III.1): Für die unausgefüllten Symbole ist ein Aufwärtstrend auf relativ hohem Niveau zu beobachten. Zugleich zeigt sich, daß bei dieser recht häufigen Struktur nur ein geringer Elizitationseffekt zu beobachten ist: Die unausgefüllten Symbole setzen sich - anders als in den folgenden Abbildungen (vgl. Abb.III-41, Abb.III-42 und Abb.III-43) - nur relativ wenig von den ausgefüllten Symbolen ab. Daß ein Elizitationseffekt eintritt, kann man am deutlichsten bei einer Analyse der Daten von Svenja erkennen. Für dieses Kind liegen nämlich sowohl elizitierte als auch naturalistische Daten aus demselben Alters- und MLU-Bereich vor. In den elizitierten Daten von Svenja weisen 30% aller Äußerungen eine Nominalphrase mit Kontext für ein D-Element auf. In den Spontansprachkorpora enthalten hingegen nur 21% aller Äußerungen eine solche Struktur. Insgesamt betrachtet hat der Vergleich von Spontansprachdaten und elizitierten Daten somit ergeben, daß man die relative Häufigkeit von Nominalphrasen mit Kontexten für D-Elemente durch die gewählten Elizitationsverfahren zumindest geringfügig erhöhen kann. Dabei scheint die Verwendung dieser Verfahren nicht zu qualitativen Veränderungen im Gebrauch von D-Elementen zu führen: Ab der dritten Aufnahme ließ Svenja unabhängig vom Datentyp weniger als 10% D-Elemente in obligatorischen Kontexten aus, dabei dominierten in allen Aufnahmen bestimmte Artikel (vgl. Tab.B-7 und Tab.E-7 im Anhang). Damit gleicht ihr Determinierergebrauch sowohl in den Aufnahmen mit Elizitationsverfahren als auch in den Spontansprachaufnahmen dem von Carsten, der sich in einem vergleichbaren Entwicklungsstadium befindet, für den aber nur Spontansprachdaten vorliegen (vgl. Kapitel III.2.3 sowie Tab.B-3 und Tab.E-3 im Anhang). Daß die Verwendung der Elizitationsverfahren keine qualitativen Veränderungen im Gebrauch von D-Elementen bewirkt, zeigt auch ein Vergleich der elizitierten Daten von Leonie mit den Daten von Annelie, Hannah und Mathias, die ebenso wie Leonie alle in Kapitel III.2.3 diskutierten Phasen der Nominalphrasenentwicklung durchlaufen: Zum einen zeigten sich in allen vier Korpora ein U-förmiger Entwicklungsverlauf für den Anteil overter D-Elemente sowie anfängliche syntaktische und lexikalische Distributionsbeschränkungen für D-Elemente; zum anderen ließen sich in allen vier Korpora Entwicklungsdissoziationen zwischen den verschiedenen Typen von D-Elementen beobachten, wobei unbestimmte Artikel vor bestimmten Die Effektivität und Validität der verwendeten Elizitationsverfahren 451 Artikeln zielsprachliche Realisierungsraten erreichten (vgl. Tab.E-1, Tab.E-4, Tab.E-5 und Tab.E-6 im Anhang). Auch auf die Verwendung zielsprachlich flektierter D-Elementformen scheint sich die Elizitation von Nominalphrasen mit Kontexten für D-Elemente nicht auszuwirken (vgl. Kapitel III.3.1.3): Unabhängig davon, ob bei der Datenerhebung Elizitationsverfahren eingesetzt wurden, fanden sich nämlich in allen sieben Korpora bei [+EIN]-Elementen mehr nicht-zielsprachlich flektierte Formen als bei [-EIN]-Elementen. Zudem zeigten sich in den elizitierten Daten von Leonie nur Entwicklungsmuster, die auch bei anderen Kindern zu beobachten waren: [-EIN]-Elemente gebrauchte Leonie ebenso wie Hannah kaum, produzierte dann aber nahezu ausschließlich zielsprachliche Formen (vgl. Abb.III-21 bzw. Abb.III-22). Leonies Flexionsentwicklung bei [+EIN]-Elementen glich hingegen eher der Entwicklung von Annelie: Beide zeigten bei pronominalen [+EIN]-Elementen einen geringfügigen Anstieg in der Korrektheitsrate und bei attributiven [+EIN]-Elementen eine U-förmige Entwicklung (vgl. Abb.III-20 bzw. Abb.III-22). ad (ii) Nominalphrasen mit Adjektiven und Kontexten für D-Elemente Eine quantitative Verbesserung der Datenbasis, die nicht mit qualitativen Veränderungen einhergeht, ist auch beim Einsatz von Elizitationsverfahren für Nominalphrasen mit Adjektiven zu erkennen: Wie in Abb.III-41 zu sehen ist, kommen in sämtlichen Aufnahmen, die mit Hilfe solcher Elizitationsverfahren erhoben wurden, entsprechende Nominalphrasen vor. Dagegen treten in acht der 39 Spontansprachaufnahmen (= 21%) überhaupt keine Nominalphrasen dieses Typs auf. Außerdem finden sich in 76% (= 19/25) der Aufnahmen mit Elizitationsverfahren, aber nur in 10% (= 4/39) der Spontansprachaufnahmen mindestens 10 Nominalphrasen mit Adjektiven und Kontexten für D-Elemente. Darüber hinaus setzen sich die ausgefüllten Symbole in allen MLU-Bereichen von den unausgefüllten Symbolen ab. In den elizitierten Daten finden sich somit mehr Nominalphrasen mit Adjektiv und Kontexten für D-Elemente als in den Spontansprachkorpora. Daß dieser Effekt nicht nur auf Unterschieden zwischen einzelnen Kindern aus unterschiedlichen Studien beruht, zeigt eine Analyse der Daten von Svenja, für die abwechselnd Aufnahmen mit und ohne Elizitationsverfahren gemacht wurden: Während in den elizitierten Daten Die Effektivität und Validität der verwendeten Elizitationsverfahren 452 insgesamt 116 der 2814 Äußerungen (= 4%) Nominalphrasen mit Adjektiv und D-ElementKontext aufweisen, kommt dieser Phrasentyp in den 997 Äußerungen der Spontansprachaufnahmen insgesamt nur 13mal vor (= 1%). Die Verwendung der Elizitationsverfahren bewirkt somit eine Vervierfachung der relativen Häufigkeit von Nominalphrasen mit Adjektiven und Kontexten für D-Elemente. Abb.III-41: Nominalphrasen mit Adjektiv und Kontexten für D-Elemente 25 % aller analysierbaren Äußerungen KORPUS sve 20 sve 15 mat leo 10 han car 5 ann 0 1.0 and 1.5 2.0 2.5 3.0 3.5 4.0 4.5 MLU Der Einsatz der entsprechenden Elizitationsverfahren scheint jedoch nicht zu Artefakten zu führen: Obwohl es nicht zu vermeiden war, daß Leonie im Rahmen der entsprechenden Elizitationsspiele auch eine Reihe von Nominalphrasen mit Adjektiven und D-Elementen hörte, durchlief sie vor dem vorübergehenden Einschnitt bei der Determiniererrealisierungsrate eine Phase, in der D-Elemente und Adjektive komplementär verteilt waren, d.h. in Nominalphrasen mit Adjektiven keine D-Elemente vorkamen. Damit verhielt Leonie sich in bezug auf Nominalphrasen mit Adjektiven wie Annelie, Hannah und Mathias sowie die Kinder aus den in Kapitel III.2.2 diskutierten Studien (Brown 1973, Mills 1985, Radford 1990, Clahsen/Eisenbeiß/ Die Effektivität und Validität der verwendeten Elizitationsverfahren 453 Vainikka 1994, Müller 1994, Bittner 1997, Stephany 1997, deHouwer/Gillis 1998, Granfeldt 2000). ad (iii) Possessivkonstruktionen Ein deutlicher Elizitationseffekt zeigt sich auch bei Possessivkonstruktionen mit Kontexten für das possessive -s-Affix; vgl. Abb.III-42.97 Abb.III-42: Possessivkonstruktionen KORPUS 6 % aller analysierbaren Äußerungen sve 5 sve mat 4 leo 3 leo han 2 car 1 ann and 0 1.0 1.5 2.0 2.5 3.0 3.5 4.0 4.5 MLU Possessivkonstruktionen mit Kontexten für das possessive -s-Affix treten in 31 der 44 Aufnahmen ohne entsprechende Elizitationsverfahren (= 70%) überhaupt nicht auf; in den übrigen Spontansprachdaten sind sie nie mehr als viermal pro Aufnahme belegt. Demgegenüber 97 Die Aufnahmen von Leonie und Svenja, bei denen auf Verfahren zur Elizitation von pränominalen possessiven Genitiven verzichtet wurde, werden in Abb.III-42 wie Spontansprachdaten behandelt, d.h. durch ein unausgefülltes Symbol dargestellt. Die Effektivität und Validität der verwendeten Elizitationsverfahren 454 enthalten alle Aufnahmen mit elizitierten Daten mindestens eine Possessivkonstruktion. In 14 dieser 20 Aufnahmen liegen sogar mindestens drei dieser Strukturen vor. Darüber hinaus zeigt sich bei Svenja und Leonie, für die sowohl Aufnahmen mit als auch Aufnahmen ohne entsprechende Elizitation vorliegen, ein deutlicher Elizitationseffekt für Possessivkonstruktionen: In den Spontansprachdaten von diesen Kindern finden sich überhaupt keine Nominalphrasen dieses Typs. In den Aufnahmen mit Elizitationsverfahren haben hingegen immerhin 1,1% bzw. 2,0% der analysierbaren Äußerungen Kontexte für das -s-Affix. Zugleich wurde durch die Strukturierung der Spielsituation auch die Interpretation der einzelnen Äußerungen erleichtert. Wie in Kapitel III.1 erläutert, ist dies insbesondere für Zweiwortäußerungen wie in (134) notwendig. (134) (a) (b) (c) S.E.: Leonie: S.E.: Leonie: S.E.: Leonie: Und Papas Hose brauchen wir noch. da papa hose Papas Hut papa hut Und welches ist Sonjas Auto? sonja autos (Leonie 3) (Leonie 1) (Leonie 6) Solche Äußerungen lassen nämlich selbst in Situationen, in denen es um den Anspruch des Vaters auf bestimmte Kleidungsstücke geht, für sich genommen eine Vielzahl von Interpretationen und zielsprachlichen Entsprechungen zu: Das ist Papas Hut, Gib Papa den Hut, Papa will den Hut, ... . Durch Kontexte wie in (134c) ist die Interpretation aber eindeutig. Zugleich zeigen Beispiele wie (134), daß Leonie das -s-Affix selbst dann ausließ, wenn die unmittelbar vorangehende Äußerung eine zielsprachlich flektierte Form enthielt. Dies unterstützt die Annahme, daß man mit den gewählten Elizitationsverfahren im allgemeinen selbst dann keine Strukturen elizitieren kann, über die das Kind noch nicht verfügt, wenn Muster zur Imitation bereitgestellt werden. Darüber hinaus fanden sich in den elizitierten Daten neben Markierungsauslassungen nur ein Fehlertyp - nämlich die Übergeneralisierungen der Possessivmarkierung auf Nomina, die eine solche Markierung in der Erwachsenensprache nicht zulassen (vgl. (135) und (136)). Diese Abweichungen von der Zielsprache waren aber auch in Spontansprachdaten zu beobachten; vgl. u.a. (137): Die Effektivität und Validität der verwendeten Elizitationsverfahren (135) Situation: Spiel, bei dem Tieren Lebensmittel zugeordnet werden S.E.: Das is? Leonie: affes banane 455 (Leonie 7) (136) das is junges gürtel (Svenja 13) (137) (a) (b) (c) (d) (Scupin 3;1) (Scupin 4;3) (Scupin 4;4) (Scupin 5;8) das is männers wagen hier is männers wohnung da tut männers bauch weh an elefantes zähne ad (iv) Dativobjekte mit Kontexten für D-Elemente Daß der Einsatz von Elizitationstechniken auch die relative Häufigkeit von Dativobjekten mit Kontexten für D-Elemente erhöht, zeigt sich in Abb.III-43: Die ausgefüllten Symbole setzen sich deutlich von den unausgefüllten Symbolen ab. Viele der 38 Aufnahmen ohne Elizitationsverfahren für Dativobjekte mit Determiniererkontext sind mehrere hundert Äußerungen lang. Dennoch findet sich in 35 von ihnen (= 92%) überhaupt keine entsprechende Struktur. Hingegen enthalten immerhin 11 der 26 Aufnahmen mit Elizitationsverfahren (= 42%) mindestens eine Nominalphrase dieses Typs. Unterschiede zwischen naturalistischen und elizitierten Daten zeigen sich auch bei der Analyse der Korpora von Hannah und Svenja, die beide Datentypen aufweisen: In Aufnahme 8, in der ein Verfahren zur Elizitation von Dativobjekten bei winken pilotiert wurde, produzierte Hannah in 3% der analysierbaren Äußerungen ein Dativobjekt mit einem Determiniererkontext. In den anderen Aufnahmen, in denen dieses Verfahren nicht eingesetzt wurde, verwendete Hannah keine einzige Struktur dieses Typs. Bei Svenja treten in den Aufnahmen ohne Dativobjektelizitation überhaupt keine Dativobjekte mit Determinierern auf. In den elizitierten Daten enthalten immerhin durchschnittlich 0,5% aller analysierbaren Äußerungen solche Strukturen. Die Effektivität und Validität der verwendeten Elizitationsverfahren 456 Abb.III-43: Dativobjekte mit Kontexten für D-Elemente Korpus 4 % aller analysierbaren Äußerungen sve sve 3 mat leo 2 han han 1 car ann 0 1.0 and 1.5 2.0 2.5 3.0 3.5 4.0 4.5 MLU Daß nicht noch mehr Nominalphrasen dieses Typs vorkommen, scheint weniger auf Schwächen des Elizitationsverfahrens zurückzuführen zu sein als auf Svenjas Probleme beim Erwerb der Dativflexion von D-Elementen. Dafür sprechen u.a. die folgenden Beobachtungen: Erstens zeigen sich in sämtlichen Aufnahmen von Svenja, bei denen es nicht gelang, die Zielstruktur zu elizitieren, Probleme bei der Dativmarkierung in Präpositionalphrasen (vgl. z.B. (138c)). Sobald Svenja begann, Dativformen zielsprachlich zu verwenden, produzierte sie auch häufiger Dativobjekte mit Kontexten für Determinierer. Dies war auch bei Leonie der Fall. Zweitens produzierte Svenja in den Aufnahmen, in denen Elizitationstechniken eingesetzt wurden, häufiger Dativobjekte oder Dativ-zuweisende Verben als in Spontansprachaufnahmen. Sie schien allerdings die Struktur zu vermeiden, bei der eine strukturelle Dativmarkierung an einem Determinierer realisiert werden mußte. Statt dessen benutzte sie pronominale Objekte, deiktische Pronomina oder Präpositionalphrasen: Die Effektivität und Validität der verwendeten Elizitationsverfahren (138) (a) (b) (c) ich schenk dir nichts eine große schenkse hier und das das schenk ich bei die jujana jana (= Indianer) 457 (Svenja 13) (Svenja 3) (Svenja 8) Daß nicht-zielsprachliche Strukturen wie (138c) kein Artefakt der Elizitation sind, zeigen vergleichbare Strukturen aus Spontansprachkorpora (vgl. Scupin/Scupin 1907: 146 sowie die Diskussion in Kapitel III.3.4): (139) (a) (b) was hat denn die mama in die tante gesagt für'n papa sollste aber den schenken (Scupin 2;7) (Carsten) Insgesamt betrachtet verdeutlicht der Vergleich von Spontansprachdaten und elizitierten Daten somit zum einen, daß die empirischen Generalisierungen, die ich zur Unterstützung meiner Arbeitshypothesen angeführt habe, sowohl für die Spontansprachdaten als auch für die elizitierten Daten gelten; zum anderen wurde deutlich, daß die relative Häufigkeit der untersuchten Strukturen durch die gewählten Elizitationsverfahren erhöht werden konnte, ohne daß es zu Artefakten oder qualitativen Veränderungen von Erwerbsverläufen kam. Dabei unterschätzt man bei dem gewählten Analyseverfahren sogar noch das Potential der verwendeten Elizitationsverfahren: Zum einen wurden sämtliche Verfahren in den ersten Aufnahmen der Längsschnittstudie pilotiert und im Verlauf der Aufnahmen noch weiter verbessert; zum anderen enthalten die Transkripte für die elizitierten Daten auch spontane Äußerungen, die das betreffende Kind außerhalb der eigentlichen Elizitationsspiele gemacht hat. Darüber hinaus habe ich bei jeder Aufnahme mehrere Typen von Nominalphrasen elizitiert, um einen Gesamteindruck der Entwicklung im nominalen Bereich zu erhalten. Bei einer Konzentration auf einzelne Strukturen wären noch stärkere Elizitationseffekte für die betreffenden Strukturen zu erwarten gewesen. Zusammenfassung 6 458 Zusammenfassung Wie die Diskussion zum Erwerb von D-Elementen, Nominalflexion und Possessivkonstruktionen verdeutlicht hat, bestätigen die empirischen Befunde zur Nominalphrasenentwicklung die Arbeitshypothesen, die in Kapitel II.4 aus der Idee des merkmalsbasierten Strukturaufbaus abgeleitet wurden: Erstens deutet die anfängliche Beschränkung auf "POSSESSOR < POSSESSUM"Abfolgen, die beim Erwerb von Possessivkonstruktionen beobachtet wurde, darauf hin, daß Phrasenstrukturrepräsentationen strikt rechtsverzweigend sind, so daß die Spezifiziererposition der Kopf- und Komplementposition bei allen Typen syntaktischer Phrasen vorausgeht (Arbeitshypothese L-I). Daher können Kinder auch ohne einen morphologischen Auslöser erkennen, ob ein Element aus seiner Basisposition bewegt worden ist (Arbeitshypothese L-II). Diese Annahme wird durch die Beobachtung unterstützt, daß die zielsprachlichen Linearisierungsmuster im Entwicklungsverlauf vor den morphologischen Possessivmarkierungen auftreten. Zweitens fanden sich bei den diskutierten Analysen zu keinem Zeitpunkt irgendwelche Abweichungen von der Zielsprache, die man auf eine Verletzung der angenommenen Metaprinzipien zurückführen müßte (Arbeitshypothese E-I). Die beobachteten Auslassungen und phonologischen Reduktionen von D-Elementen und morphologischen Markierungen sowie die fehlende Evidenz für nominalphraseninterne Bewegungsprozesse in der frühen Zwei-WortPhase liefern jedoch Evidenz für die Annahme, daß die von Kindern im Erwerbsverlauf erzeugten Repräsentationen anfangs noch unterspezifiziert sein können - d.h. noch nicht alle Merkmalsspezifikationen der Zielsprache aufweisen (Arbeitshypothese E-II). Dabei sprechen das Auftreten von Entwicklungsdissoziationen zwischen den verschiedenen D-Elementtypen und das Fehlen einer universellen Erwerbsreihenfolge für die einzelnen Determinierer dafür, daß die Lexikoneinträge für funktionale Elemente nicht zum selben Zeitpunkt erworben werden müssen und unabhängig voneinander projizieren können (Arbeitshypothese E-III). Zugleich bestätigen die Entwicklungsdissoziationen, die zwischen den morphologischen Realisierungen der einzelnen Merkmalsspezifikationen (z.B. zwischen Numerus- und Kasusmarkierungen) nachgewiesen werden konnten, die Arbeitshypothese E-IV. Dieser zufolge können die zielsprachlichen Merkmalsspezifikationen nämlich zu unterschiedlichen Zeitpunkten Zusammenfassung 459 instantiiert und in Lexikoneinträge für die entsprechenden Formen integriert werden. Außerdem war das Auftreten von Possessivmarkierungen, Numerus- und Kasusflexiven anfangs auf einzelne Nomina beschränkt. Dies deutet darauf hin, daß Kinder Merkmale zuerst in Lexikoneinträge für flektierte Vollformen wie Mamas integrieren und erst später auf der Basis solcher Vollformeinträge dekomponierte Einträge für Stämme und Affixe wie -s schaffen (Arbeitshypothese E-V). Drittens konnte durch Analysen zum Erwerb von flektierten D-Elementen und Personalpronomina Evidenz für die Annahme erbracht werden, daß Kinder Genusdistinktionen erst dann etablieren, wenn sie beim Aufbau von morphologischen Paradigmen für die Trägerelemente von Genusmerkmalen auf zwei konkurrierende Formen stoßen (Arbeitshypothese O-I). Dabei scheint die Merkmalszuweisung unabhängig von Merkmalsspezifikationen anderer Trägerelementzellen erfolgen zu können, wenn konkurrierende Formen in einer Trägerelementzelle ihre Genusspezifikationen aufgrund der phonologischen oder semantischen Eigenschaften der entsprechenden Nomina erhalten können (Arbeitshypothese B-IV): So zeigten z.B. Kinder, die das Deutsch erwerben, unabhängig vom Erwerb anderer Distinktionen bereits sehr früh eine Sensitivität für die Generalisierung, daß Nomina, die auf Schwa enden, mit der Femininform des Artikels kombiniert werden (vgl. Mills 1986 und die dort zitierte Literatur). Außerdem konnte nachgewiesen werden, daß deutsche Kinder die Nom.Sg.-Formen (m)ein und (m)eine distinktiv gebrauchen, auch wenn sie noch keine anderen Kasusformen dieser D-Elemente benutzen. Dies unterstützt die Arbeitshypothese B-III, der zufolge Kinder einer morphologisch markierten Form, die mit einer unmarkierten Form um eine Paradigmenzelle konkurriert, unabhängig von Merkmalsspezifikationen anderer Trägerelementzellen eine positive Genusspezifikation zuweisen zu können. Diese Genusspezifikation scheinen Kinder dann auch zur Unterscheidung der Nom.Fem.Sg.-Form die von den anderen Nom.Sg.-Formen benutzen zu können. Die Unterscheidung zwischen der Nom.Neutr.Sg.-Form das und der Nom.Mask.Sg.-Form der konnte aber nur bei Kindern beobachtet werden, die auch den auf Maskulina beschränkten Nominativ/Akkusativkontrast (der vs. den) zeigen. Dies spricht dafür, daß eine positive Genusspezifikation, die nur zur Einschränkung einer einzelnen D-Elementform auf einen bestimmten Kasuskontext benötigt wird, erst dann erworben werden kann, wenn nicht nur die betreffende Zusammenfassung 460 Trägerelementzelle selbst aufgebaut ist, sondern auch die benachbarte Zelle mit den entsprechenden Kasusspezifikationen (Arbeitshypothese B-V). Viertens sprechen die in Kapitel III.3.4 diskutierten Untersuchungen zum Kasuserwerb zum einen dafür, daß Kinder Kasusmarkierungen an Argumenten transitiver und intransitiver Verben nicht unabhängig voneinander erwerben (Arbeitshypothese B-I); zum anderen haben sie Evidenz dafür geliefert, daß Kinder sich beim Einstieg ins Kasussystem nicht auf die Analyse von Kasusmarkierungen an AGENS-, ACTOR-, PATIENS- oder GOAL-Argumenten beschränken (Arbeitshypothese B-II). Zugleich ergaben sich in diesen Untersuchungen für Dativmarkierungen an indirekten Objekten Korrektheitsraten, die den Korrektheitsraten für Nominativmarkierungen an Subjekten und Akkusativmarkierungen an direkten Objekten und Präpositionskomplementen entsprechen. Für Dativmarkierungen an Objekten ein- und zweiwertiger Verben und Präpositionskomplementen wurden hingegen signifikant niedrigere Korrektheitsraten und systematische Übergeneralisierungen von Nominativ- bzw. Akkusativmarkierungen beobachtet. Dies läßt sich durch die Annahme erfassen, daß der Dativ der Defaultkasus für das mittlere Argument dreiwertiger Verben ist, während alle anderen Dativmarkierungen auf lexemspezifischen Eigenschaften der jeweiligen Kasusmarkierer beruhen, die Verb für Verb bzw. Präposition für Präposition erlernt werden müssen (Arbeitshypothese O-II). Wenn diese Annahme zutrifft, sollten zum Dativerwerb Äußerungen mit drei Verbargumenten erforderlich sein. Solche Äußerungen liefern aber zugleich Evidenz für die Nominativ/Akkusativ- bzw. Absolutiv/ Ergativdistinktion, während zum Erwerb dieser Distinktionen Inputdaten mit einem und zwei Verbargumenten genügen, die nicht zum Dativerwerb beitragen (Arbeitshypothese O-III). Dementsprechend sollten Dativmarkierungen erst dann zu beobachten sein, wenn sich in den entsprechenden Daten auch Evidenz für die Nominativ/Akkusativ- bzw. Absolutiv/ Ergativdistinktion finden läßt. Dies konnte bestätigt werden. Darüber hinaus konnte in Kapitel III.5 durch einen Vergleich der elizitierten Daten und Spontansprachdaten gezeigt werden, daß die Elizitationsverfahren, die bei einigen der untersuchten deutschen Kinder verwendet wurden, zu einer beträchtlichen quantitativen Erweiterung der Datenbasis geführt haben, die nicht durch Artefakte erkauft wurde. 461 IV Implikationen der Idee des merkmalsbasierten Strukturaufbaus What could it conceivably mean for an organism to possess half a symbol, or three quarters of a rule? Bates/Thal/Marchman (1990:31) Ausgehend von den im vorangegangenen Kapitel empirisch bestätigten Arbeitshypothesen, die in Kapitel II.4 aus der Idee des merkmalsbasierten Strukturaufbaus abgeleitet wurden, werde ich in Kapitel IV.1 bis Kapitel IV.4 darlegen, welche Möglichkeiten sich aus diesen Hypothesen für den Umgang mit dem logischen Problem, dem Entwicklungsproblem, dem Ordnungsproblem und dem Bootstrappingproblem ergeben. Dabei möchte ich zeigen, daß die entsprechenden Analysen auch mit den in Kapitel I diskutierten Befunden zur Entwicklung von Verbflexion und Satzstruktur vereinbar sind. Anschließend sollen in Kapitel IV.5 mögliche Implikationen der vorgeschlagenen Analysen diskutiert werden. Das logische Problem 1 462 Das logische Problem Das logische Problem des Spracherwerbs besteht, wie in Kapitel I.4.4 erläutert, darin zu erklären, wie Kinder die komplexen grammatischen Regularitäten einer beliebigen natürlichen Sprache erwerben können, obwohl ihr Input aus einer endlichen Menge von Einzelsätzen besteht (vgl. u.a. Baker 1979). Dadurch sind sie nämlich gezwungen, Generalisierungen über einer endlichen Menge von konkreten Daten vorzunehmen, die mit einer Vielzahl verschiedener Generalisierungen vereinbar sind. Darunter sind auch solche, die nur auf der Basis von negativer Evidenz zurückgewiesen werden können, d.h. aufgrund von Informationen über die Ungrammatikalität bestimmter Strukturen. Die in Kapitel I.4.4 diskutierten Untersuchungen zu Input und Lernbarkeit haben zwar gezeigt, daß der Input nicht so defizitär und ungrammatisch ist wie von Chomsky (1965) ursprünglich angenommen, negative Evidenz scheint aber nicht systematisch verfügbar zu sein und kann auch nicht durch vereinfachte Inputstrukturen oder semantische Informationen ersetzt werden (vgl. Pinker 1989, Marcus 1993). Daher ist der Erwerb der zielsprachlichen Grammatik den diskutierten Untersuchungen zufolge nur zu erklären, wenn (i) (ii) (iii) ad (i) sämtliche grammatische Strukturen und Operationen angeborenen Wohlgeformtheitsbedingungen unterliegen, Kinder beim Spracherwerb von begrenzter typologischer Varia tion ausgehen können, und der Erwerb der zielsprachlichen Grammatik allein auf der Basis einfacher, gut zugänglicher positiver Daten erfolgt, die eine systematische Modifikation spezifischer Teile der Grammatik bewirken. Angeborene Wohlgeformtheitsbedingungen Angeborene Wohlgeformtheitsbedingungen, die den Hypothesenraum spracherwerbender Kinder beschränken, spielen in allen generativen Ansätzen eine entscheidende Rolle. Dies ist auch bei der hier vertretenen Variante der Idee des merkmalsbasierten Strukturaufbaus der Fall. Die Beschränkungen des Hypothesenraums, die man in vielen generativen Ansätzen durch domänenspezifische Regeln oder Prinzipien erfaßt, wurden aber in den vorangegangenen Kapiteln aus generellen Metaprinzipien wie (1) bis (5) abgeleitet, deren grammatische Das logische Problem 463 Konsequenzen sich erst aus ihrer Anwendung auf sprachliche Elemente und Strukturen ergeben. 1 (1) Das Spezifizitätsprinzip (a) Inputspezifizität Wenn der Anwendungsbereich einer Operation O1 eine Obermenge des Anwendungsbereichs der Operation O2 ist, darf O1 nicht in der Domäne von O2 angewendet werden. (b) Outputspezifizität Wenn der Funktionsbereich einer Operation O1 eine Obermenge des Funktionsbereichs der Operation O2 ist, darf O1 nicht in der Domäne von O2 angewendet werden. (2) Das Strukturabhängigkeitsprinzip Sämtliche Operationen, die eine Repräsentation betreffen, beziehen sich ausschließlich auf die funktionalen Einheiten dieser Repräsentationen und die zwischen ihnen bestehenden Rela tionen. (3) Das Repräsentationsökonomieprinzip Repräsentationen haben keine überflüssigen Symbole. (4) Das Derivationsökonomieprinzip Operationen werden nur ausgeführt, wenn es zur Erfüllung von Wohlgeformtheitsbedingungen erforderlich ist. (5) Das Relationserhaltungsprinzip Bei der Abbildung einer Repräsentation auf eine andere Repräsentation bleiben asymmetrische Relationen zwischen den involvierten Elementen erhalten. Sowohl die beiden Ökonomieprinzipien als auch das Strukturabhängigkeitsprinzip und das Spezifizitätsprinzip sind Generalisierungen von domänenspezifischen Prinzipien, die man durch linguistische Untersuchungen, Erwerbsstudien oder Computersimulationen unabhängig motivieren konnte und nicht nur in generativen Ansätzen verwendet (vgl. Kapitel II.2). Unklarer ist hingegen der Status des Relationserhaltungsprinzips. Aus diesem Metaprinzip lassen sich zwar die X-bar-Prinzipien der PPT ableiten - und damit die zentralen Generalisierungen über Phrasenstrukturrepräsentationen; aus dem Relationserhaltungsprinzip oder vergleichbaren Prinzipien ergeben sich aber auch einige Annahmen zur Phrasenstruktur, die noch umstritten sind. 1 Vgl. Kapitel I.7 für die Herleitung dieser Prinzipien aus domänenspezifischen Prinzipien wie Chomskys Strukturabhängigkeitsprinzip (Chomsky 1971) und Kiparskys (1982) Elsewhere-Prinzip. Das logische Problem 464 Insbesondere erfüllen nur rechtsverzweigende syntaktische Strukturen die Anforderungen des Relationserhaltungsprinzips; denn nur in solchen Strukturen ist gewährleistet, daß jede asymmetrische hierarchische Relation in einer syntaktischen Repräsentation auf eine entsprechende asymmetrische lineare Relation in der entsprechenden phonologischen Repräsentation abgebildet wird. Ein Element α, das in der Syntax eine höhere Position einnimmt als ein Element β, geht nämlich nur in rechtsverzweigenden Strukturen auch tatsächlich dem Element β voraus (vgl. auch Haider 1992b, 1993b, 2000, 2002, Kayne 1994, Chomsky 1995, 2001). Somit ergab sich aus der Diskussion zum Relationserhaltungsprinzip in Kapitel II die Arbeitshypothese, daß Phrasenstrukturrepräsentationen strikt rechtsverzweigend sind, so daß die Spezifiziererposition stets der Kopfposition und der Komplementposition vorausgeht (L-I). Diese Arbeitshypothese konnte in Kapitel III.4 durch Evidenz aus Erwerbsstudien zu deutschen, englischen, hebräischen und japanischen Possessivkonstruktionen (z.B. Hannahs Huhn bzw. das Huhn Hannahs) bestätigt werden: Die in diesen Studien untersuchten Kinder produzierten nämlich anfangs nur Possessivkonstruktionen, in denen der hierarchisch höher angesiedelte POSSESSOR dem niedriger positionierten POSSESSUM voranging - und zwar auch dann, wenn die Zielsprache andere Linearisierungen erlaubt bzw. erfordert. Diese anfängliche Abfolgebeschränkung spricht zum einen dafür, daß der POSSESSOR seiner höheren syntaktischen Position entsprechend links vom POSSESSUM generiert wird; zum anderen deutet dieser Befund darauf hin, daß Kinder POSSESSOR und POSSESSUM zu Beginn der syntaktischen Entwicklung noch nicht aus dieser Position herausbewegen müssen. Die Befunde zum Erwerb von Possessivkonstruktionen bestätigen somit die Arbeitshypothese L-I, der zufolge die Spezifiziererposition stets der Kopfposition vorangeht.2 Die untersuchten Konstruktionen enthalten allerdings keine Argumente, die in der Komplementposition von Nominalphrasen generiert werden können (wie z.B. das PATIENS-Argument von Nominalphrasen wie die Inszenierung Iphigenies). Dementsprechend können die analysierten Daten keinen Beitrag zur Klärung der Frage leisten, ob es eine universelle Spezifizierer-KopfKomplement-Abfolge gibt (vgl. u.a. Kayne 1994, Chomsky 1995) oder ob die Serialisierung von Kopf und Komplement variabel ist (vgl. u.a. Haider 1992b, 1993b, 2000, 2001, 2002, 2 Außerdem liefern sie Evidenz für die Arbeitshypothese E-II, der zufolge syntaktische Repräsentationen anfangs noch unterspezifiziert sein können, d.h. noch nicht alle Merkmale und Projektionen der Zielsprache aufweisen müssen; vgl. Kapitel III.4. Das logische Problem 465 Chomsky 2001). Andere psycholinguistische Daten, die klare Evidenz für bzw. gegen eine universelle Kopf-Komplement-Abfolge liefern, liegen meines Wissens nicht vor. Somit sind die verfügbaren psycholinguistischen Befunde mit dem Relationserhaltungsprinzip oder den Analysen von Haider bzw. Chomsky (2001) kompatibel, die keine feste Kopf-KomplementAbfolge postulieren. Wenn man keine universelle Linearisierung von Köpfen und Komplementen annimmt, muß man aber erklären, warum Kinder bereits in der frühen Zwei-Wort-Phase nahezu keine Fehler in bezug auf die relative Position von Kopf und Komplement machen (vgl. u.a. Hirsh-Pasek/ Golinkoff 1996). Hierzu nehmen Mazuka (1996), Nespor, Guasti und Christophe (1996), Guasti et al. (2001), Höhle et al. (2001) und andere an, daß Kinder bei der Ermittlung der zielsprachlichen Kopf-Komplement-Abfolge Gebrauch von prosodischen Informationen in ihrem Input machen können. Wenn der Kopf dem Komplement vorangeht, wie z.B. im Französischen, ist nämlich dasjenige phonologische Wort am prominentesten, das die rechte Grenze der betreffenden phonologischen Phrase bildet; bei rechtsköpfigen Sprachen wie dem Türkischen ist hingegen das linksperiphere Wort einer phonologischen Phrase am prominentesten (Nespor/Vogel 1986, Hayes/Lahiri 1991). Dementsprechend genügt es zur Ermittlung der zielsprachlichen Kopf-Komplement-Abfolge, das vorherrschende prosodische Muster phonologischer Phrasen zu identifizieren. Darauf, daß Kinder dazu lange vor dem Beginn der syntaktischen Entwicklung in der Lage sind, deuten erste experimentelle Befunde hin, die hier nicht ausführlicher diskutiert werden können (vgl. u.a. Guasti et al. 2001, Höhle et al. 2001). Wenn sich diese Befunde bestätigen ließen, würden sich aus der Annahme einer variablen Kopf-Komplement-Abfolge keine Lernbarkeitsprobleme ergeben: Die Spezifizierer-Kopf-Abfolge müßte nicht erlernt werden, da sie sich aus einem angeborenen Metaprinzip ergibt, und die Linearisierung von Köpfen und Komplementen könnten Kinder auf der Basis prosodischer Informationen erwerben. Dementsprechend müßten sie zum Erwerb der zielsprachlichen Serialisierungsmuster "nur" noch feststellen, ob ein Element bewegt worden ist. Wie sie dies tun können, wurde in Kapitel II.4 diskutiert. Dort wurde aus dem Relationserhaltungsprinzip die Arbeitshypothese L-II abgeleitet, der zufolge Kinder in rechtsverzweigenden Strukturen ohne morphologischen Auslöser erkennen können, daß ein Element bewegt worden ist, wenn es weiter links auftritt, als es aufgrund seiner hierarchischen Position zu Das logische Problem 466 erwarten ist. Dafür, daß diese Annahme zutrifft, spricht die Beobachtung, daß Kinder beim Erwerb des Hebräischen nach einer Phase mit nicht-zielsprachlichen "POSSESSOR < POSSESSUM"-Strukturen die zielsprachliche "POSSESSUM < POSSESSOR"-Abfolge verwenden, bevor sie die morphologische Possessivmarkierung gebrauchen (vgl. Kapitel III.4). Diese Beobachtung deutet nämlich darauf hin, daß Kinder die Bewegungsprozesse, die für die zielsprachliche Linearisierung von POSSESSOR und POSSESSUM erforderlich sind, allein auf der Basis distributionaler Informationen und unabhängig vom Erwerb der entsprechenden morphologischen Markierung entdecken können. Die Annahme, daß Bewegungsprozesse auch ohne morphologischen Auslöser erworben werden können, steht auf den ersten Blick im Widerspruch zu der Beobachtung, daß sowohl in typologischer Hinsicht als auch im Erwerbsprozeß enge Zusammenhänge zwischen dem Vorliegen morphologischer Markierungen an Verben und dem Auftreten von Verbbewegung bestehen (vgl. Kapitel I). Zur Erfassung dieser Zusammenhänge muß man aber keine morphologischen Auslöser für die Entdeckung von Bewegungsprozessen annehmen; die vorliegenden Befunde deuten lediglich darauf hin, daß die morphologische Entwicklung bei der Generalisierung von Bewegungsprozessen im Erwerb eine Rolle spielt:3 Erstens haben typologische Studien zur Verbbewegung zwar nachgewiesen, daß diese häufig mit "reicher" Flexion einhergeht (vgl. u.a. Platzack/Holmberg 1989, Rohrbacher 1994, Vikner 1994, 1995); es gibt aber auch Sprachen mit overter Verbbewegung, die keine reiche Kongruenzflexion aufweisen (z.B. Afrikaans; Raidt 1983). Somit genügt es nicht, die morphologische Realisierung eines Elements zu analysieren, um festzustellen, ob es overt bewegt worden ist. Dies macht die Annahme plausibel, daß der Erwerb der Verbbewegung auf der Basis von distributionalen Informationen erfolgt und nicht durch morphologische Analysen ausgelöst wird. Durch solche Überlegungen ist aber noch nicht ausgeschlossen, daß zumindest bei Sprachen wie dem Deutschen, die sowohl morphologische Finitheitsmarkierungen als auch V2-Bewegung aufweisen, dem Erwerb der Verbmorphologie eine auslösende Funktion beim Erwerb der Verbbewegung zukommen könnte (vgl. Clahsen/Penke 1992). Dabei könnte der 3 Vgl. auch die Argumentation von Clahsen, Eisenbeiß und Penke (1996:143) für einen indirekten Effekt des Flexionserwerbs auf den Wortstellungserwerb. Das logische Problem 467 Morphologieerwerb entweder die Entdeckung der Verbbewegung auslösen oder aber eine Rolle bei der Generalisierung der entsprechenden Bewegungsprozesse spielen. Gegen die Annahme, daß der Erwerb der zielsprachlichen Verbmorphologie zur Entdeckung der Verbbewegung führt, spricht die Beobachtung, daß die Unterscheidung zwischen zwei Verbpositionen bereits vor der Beherrschung des verbalen Kongruenzparadigmas zu beobachten ist. So stammen z.B. die Daten in Tab.IV-1 bis Tab.IV-5 aus einer Phase, in der noch nicht alle Formen des verbalen Paradigmas produktiv verwendet werden und in der in weniger als 90% der obligatorischen Kontexte die zielsprachlichen Flexionsformen vorliegen (vgl. Clahsen/Eisenbeiß/Penke 1996, Eisenbeiß/Penke 1996 für die entsprechenden Auswertungen); finite Verben nehmen aber bereits bevorzugt die vordere Position ein, während Verben ohne morphologische Finitheitsmarkierung in der finalen Position verbleiben (für ähnliche Befunde vgl. u.a. Wexler 1999, 2002): Tab.IV-1: Verbstellung und Verbflexion bei Andreas (Poeppel/Wexler 1993:6) morphologisch finit morphologisch nicht-finit in V2-Position in finaler V-Position 216 (= 77%) 7 (= 2%) 15 (= 5%) 44 (= 16%) Tab.IV-2: Verbstellung und Verbflexion bei Simone (Clahsen/Eisenbeiß/Penke 1996:138) morphologisch finit morphologisch nicht-finit in V2-Position in finaler V-Position 511 (= 93%) 4 (= 2%) 41 (= 7%) 189 (= 98%) Tab.IV-3: Verbstellung und Verbflexion bei Mathias (Clahsen/Eisenbeiß/Penke 1996:138) morphologisch finit morphologisch nicht-finit in V2-Position in finaler V-Position 69 (= 87%) 1 (= 2%) 10 (= 13%) 52 (= 98%) Das logische Problem 468 Tab.IV-4: Verbstellung und Verbflexion bei Annelie (Clahsen/Eisenbeiß/Penke 1996:138) morphologisch finit morphologisch nicht-finit in V2-Position in finaler V-Position 117 (= 88%) 1 (= 1%) 16 (= 12%) 52 (= 99%) Tab.IV-5: Verbstellung und Verbflexion bei Hannah (Clahsen/Eisenbeiß/Penke 1996:138) morphologisch finit morphologisch nicht-finit in V2-Position in finaler V-Position 4 (= 80%) 0 1 (= 20%) 0 Außerdem scheint das Auftreten von Finitheitsmarkierungen nicht immer von Anfang an mit Verbbewegung einherzugehen: Morphologisch finite Verben werden zumindest in einigen Korpora anfangs in mehr als 10% aller Fälle nicht bewegt (vgl. z.B. Tab.IV-3, Tab. IV-4, Tab.IV-5 sowie Fritzenschaft et al. 1990, Schaner-Wolles 1994, Clahsen/Eisenbeiß/Penke 1996, Tracy 2002). Der umgekehrte Fall, nicht-finite Verbformen in V2-Position, ist in Tab.IV-1 bis Tab.IV-5 weniger häufig vertreten (ca. 1% - 2%). Auch dieser Fall ist aber zumindest für einige Korpora in mehr als 10% aller Fälle belegt (vgl. z.B. Schaner-Wolles 1994). So treten z.B. nicht-kongruierende Verbformen auf -n bei Simone im Zeitraum zwischen 1;11,23 und 2;0,5 in 39% aller Fälle in der V2-Position auf (Clahsen/Penke 1992:203). Die Verfügbarkeit der zielsprachlichen verbalen Flexionsformen scheint somit keine notwendige Bedingung für den Erwerb der V2-Stellung darzustellen. Zugleich kann der Flexionserwerb für sich genommen keine hinreichende Bedingung für den V2-Erwerb sein. Zum Erwerb dieser Stellungsregularität muß ein Kind nämlich feststellen, daß die Verbbewegung in seiner Sprache in die C0-Position (und nicht in die I0-Position) erfolgt. Dies läßt sich allein anhand der Flexion aber nicht ermitteln. Zusammengenommen sprechen die bislang diskutierten Befunde somit dafür, daß der Erwerb der zielsprachlichen Verbparadigmen weder eine notwendige noch eine hinreichende Bedingung für die Entdeckung von Bewegungsprozessen und die Identifikation ihrer jeweiligen Landepositionen ist. Dies unterstützt die Annahme, daß zum Verbstellungserwerb auch Das logische Problem 469 distributionale Informationen erforderlich sind (vgl. die Diskussion in Clahsen 1988, 1990, Weissenborn 1990, Clahsen/Kursawe/Penke 1996). Wenn man für deutsche Sätze eine rechtsverzweigende Struktur mit Negation/Adverb < Subjekt < Objekt < Verb-Basisstellung zugrunde legt (vgl. Arbeitshypothese L-I), sollten einfache uneingebettete Sätze diese Informationen bereitstellen können: Aus Sätzen mit Subjekt < Verb < Negation/Adverb (< Objekt)-Abfolge wie (6a) bzw. (6b) kann man schließen, daß das Verb und das Subjekt vor die Negation - d.h. in eine funktionale Projektion oberhalb der VP - bewegt worden sind, und anhand von Sätzen mit der Abfolge Objekt < Verb < Subjekt < Negation/Adverb (6c) kann man erkennen, daß das Verb nicht in der I0-Position, d.h. hinter dem Subjekt, verbleibt, sondern die C0-Position einnimmt, während das satzinitiale Objekt die Spezifiziererposition der CP besetzt. (6) (a) (b) (c) Der Hahn kräht nicht. Das Huhn frißt nicht gerne Körner. Körner frißt das Huhn nicht gerne. Auch wenn Kinder die Verbbewegungsprozesse ihrer Zielsprache ohne morphologischen Auslöser entdecken können, bedeutet dies nicht, daß der Verbstellungserwerb völlig unabhängig von der morphologischen Entwicklung erfolgt. Insbesondere deuten zahlreiche Befunde darauf hin, daß die morphologische Entwicklung einen Einfluß auf die Generalisierung von Verbbewegungsprozessen haben kann. So konnte z.B. Clahsen (1988) zeigen, daß Mathias im Alter von 3;1 begann, das Flexiv -s produktiv zu gebrauchen und damit das gesamte Inventar verbaler Kongruenzflexive zu benutzen. Hierbei erreichte er dann auch Korrektheitsraten von um die 90%. Dieser Einschnitt in der morphologischen Entwicklung ging mit einem sprunghaften Anstieg des Anteils von Verben in V2-Position von 64% auf 97% einher (für ähnliche Befunde vgl. u.a. Clahsen 1990, Clahsen/Penke 1992, Clahsen/Eisenbeiß/Penke 1996:143, Clahsen/Kursawe/Penke 1996:9). Die angesprochenen Beobachtungen lassen sich erfassen, wenn man annimmt, daß Kinder durch Kontraste zwischen der Positionierung von finiten Verbformen und Infinitiven (vgl. z.B. Der Junge darf den Hahn nicht füttern oder Den Hahn darf der Junge nicht füttern) erkennen, daß nur finite Verben bewegt werden. Dann sollten sie nämlich bereits relativ früh zwischen einer vorderen Position für finite Verben und einer satzfinalen Position für nicht-finite Das logische Problem 470 Formen unterscheiden. Dies würde die Distribution von Verbformen in Tab.IV-1 bis Tab.IV5 erklären. Daß Kinder dennoch nicht von Anfang an in allen Äußerungen finite Verben verwenden und in die V2-Position bewegen, kann man darauf zurückführen, daß sie anfangs noch nicht für alle Verben über die erforderlichen finiten Verbformen verfügen, sondern nur einzelne Lexikoneinträge für morphologisch finite Verben haben. 4 Dabei sollte es sich bei den finiten Verben um eine begrenzte Menge von hochfrequenten Verbformen handeln, die bevorzugt in der V2-Position vorkommen, d.h. insbesondere um Modalverben, Kopulaverben und Auxiliare sowie um einige Vollverbformen auf -t. Dies scheint auch tatsächlich der Fall zu sein, wie zahlreiche Untersuchungen zur deutschen Kindersprache zeigen (vgl. u.a. Clahsen 1988, 1990, Clahsen/Penke 1992, Clahsen/Penke/Parodi 1993, Clahsen/Eisenbeiß/Penke 1996). Außerdem müssen die einzelnen Lexikoneinträge für finite Verbformen in der V2-Position, wenn man von der Idee des merkmalsbasierten Strukturaufbaus ausgeht, noch nicht alle zielsprachlichen Person-, Numerus- und Tempusspezifikationen aufweisen. Vielmehr lassen die Arbeitshypothesen E-III und E-IV eine unabhängige Instantiierung der einzelnen Merkmale und ihre unabhängige Integration in Lexikoneinträge für Vollformen erwarten. Dies entspricht der oben erwähnten Beobachtung, daß Kinder anfangs ein eingeschränktes Inventar von Flexionsformen und Distinktionen aufweisen und z.B. noch nicht das Affix -st zur Markierung der 2.Ps.Sg. gebrauchen (vgl. u.a. Clahsen 1988, 1990, Clahsen/Penke 1992). Zugleich sollte die Finitheitsmarkierung und die mit ihr verbundene Positionierung erst dann generalisiert werden, wenn Kinder auf der Basis der Vollformeinträge für finite und nicht-finite Verben dekomponierte Einträge für Stämme und Affixe schaffen (vgl. Arbeitshypothese E-V). Diese Vorhersage wird durch die angesprochenen Befunde zum Erwerb der deutschen V2Stellung bestätigt, denen zufolge ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen dem Erwerb regulärer verbaler Flexionsparadigmen und der Generalisierung der Verbbewegung besteht (vgl. u.a. Clahsen 1988, 1990, Clahsen/Penke 1992, Clahsen/Eisenbeiß/Penke 1996). Insgesamt betrachtet sprechen die diskutierten Befunde somit dafür, daß Kinder von Anfang an von rechtsverzweigenden Strukturen ausgehen und so distributionale Informationen 4 Außerdem können natürlich zumindest Teile der frühen V2-Strukturen mit morphologisch finiten Formen auf unanalysierten oder teilweise unanalysierten formelhaften Strukturen beruhen, wie sie in Kapitel III für den nominalen Bereich dokumentiert wurden (vgl. auch Tomasello 1992, 2001). Das logische Problem 471 nutzen können, um Bewegungsprozesse ohne morphologische Auslöser zu erwerben. Zugleich deuten die Befunde zu zeitlichen Zusammenhängen zwischen dem Flexionserwerb und dem Erwerb zielsprachlicher Stellungsmuster darauf hin, daß der Flexionserwerb einen indirekten Einfluß auf die Generalisierung von Bewegungsprozessen ausüben kann (vgl. auch Clahsen/ Eisenbeiß/Penke 1996:143). Damit läßt sich die Verwendung des Relationserhaltungsprinzips nicht nur dadurch rechtfertigen, daß man aus ihm die X-bar-Prinzipien der PPT herleiten kann. Die Vorhersagen, die sich aus ihm ergeben, sind auch mit den Befunden zum Erwerb von Possessivkonstruktionen sowie zum Verbstellungserwerb kompatibel. Darüber hinaus hat sich das Relationserhaltungsprinzip bei der Erklärung des Kasuserwerbs bewährt (vgl. Kapitel II.3.5 und Kapitel III.3.4 sowie die Diskussion in Kapitel IV.4). Damit sind alle angenommenen Metaprinzipien durch linguistische und psycholinguistische Untersuchungen motiviert. Zugleich hat die Diskussion in Kapitel III verdeutlicht, daß man zur Erklärung der diskutierten empirischen Befunde keine weiteren Prinzipien benötigt. Dies deutet darauf hin, daß man die Beschränkungen des Hypothesenraums, die man in vielen generativen Ansätzen durch domänenspezifische Regeln oder Prinzipien erfaßt hat, möglicherweise tatsächlich allein aus generellen Metaprinzipien wie (1) bis (5) ableiten kann, deren grammatische Konsequenzen sich erst aus ihrer Anwendung auf sprachliche Elemente und Strukturen ergeben. ad (ii) Begrenzungen für die typologische Variation Die in Kapitel I.4.4 diskutierten lernbarkeitstheoretischen Untersuchungen haben gezeigt, daß man Beschränkungen der typologischen Variation annehmen muß, um den Grammatikerwerb ohne die Annahme systematischer negativer Evidenz zu erklären. Hierzu hat man in der PPT Parameter verwendet. Wie in Kapitel I.6 erläutert, erwiesen sich die "traditionellen" Parameter aber schon bald als nicht flexibel genug, um die beobachtete typologische Variation differenziert zu erfassen. Dies galt insbesondere für die globalen Parameter wie den V2-Parameter oder den pro-drop-Parameter, mit denen man im Rahmen der PPT versuchte, ein ganzes Bündel scheinbar nicht zusammenhängender Phänomene auf einen einzigen Parameterwert zurückzuführen. Gleichzeitig waren viele Parameter, insbesondere die vorgeschlagenen Wortstellungsparameter, nicht restriktiv genug, um Beschränkungen der typologischen Variation zu Das logische Problem 472 erklären, z.B. die Beobachtung, daß Subjekte in den meisten Sprachen der Welt dem direkten Objekt vorausgehen (vgl. z.B. Greenberg 1963b, Pullum 1977). Angesichts dieser Probleme leitet man einzelsprachliche grammatische Eigenschaften sowohl in merkmalsbasierten minimalistischen Ansätzen als auch in der HPSG und der LFG aus der Interaktion von universellen Prinzipien mit einzelsprachspezifischen Merkmalsspezifikationen ab. Dabei werden typologische Unterschiede allein durch Unterschiede in (Klassen von) Lexikoneinträgen und ihren Merkmalen erfaßt. Bei einem solchen Vorgehen vermeidet man nicht nur die empirischen und konzeptuellen Probleme, die sich aus dem traditionellen Parameterkonzept ergeben; man kann auch die in Kapitel I.6.2 diskutierten Anforderungen an Analysen der typologischen Variation erfüllen: Der Erwerb der zielsprachlichen Grammatik basiert in einem merkmals- und lexikonbasierten Modell nämlich allein auf der Speicherung und Gewichtung von einfachen Strukturinformationen, die mit Kopfelementen verbunden sind, sowie auf der Verbindung solcher Informationen mit lexikalischen Elementen. Zugleich ergeben sich alle Beschränkungen der typologischen Variation allein aus den ohnehin anzunehmenden Kategorisierungsprädispositionen. Dabei muß man kein universelles Merkmalsinventar postulieren. In Kapitel II hatte ich im Anschluß an Slobin (1997) dafür argumentiert, daß nur solche Dimensionen grammatikalisiert werden, die (i) eine zentrale Rolle für die Repräsentation und Speicherung der unterschiedlichsten Typen von Ereignissen spielen, und sich (ii) auf eine Domäne beziehen, die sich eindeutig und vollständig in eine kleine Anzahl von Subdomänen aufteilen läßt. Daß die Zuordnung zu den jeweiligen Subdomänen hierbei keinen großen Berechnungsaufwand erfordert, läßt sich durch eine Beschränkung auf binäre Merkmale (vgl. u.a. Jakobson 1936/1971, Bierwisch 1967) erfassen. Nur solche Merkmale teilen nämlich die entsprechende Domäne entlang der betreffenden Dimension eindeutig und vollständig in einen "+"-Bereich und einen "-"-Bereich auf und gewährleisten so, daß jedes kategorisierte Element in einen dieser beiden Bereiche fällt und entsprechend markiert wird. Weitergehende Beschränkungen für grammatikalisierbare Distinktionen wurden in Kapitel II nicht postuliert. Vielmehr wurde versucht, die Beschränkungen des Merkmalsinventars für eine bestimmte Dimension aus den Eigenschaften der betreffenden Domäne und den Eigenschaften der Argumentstrukur lexikalischer Elemente abzuleiten. Als Basis für kategoriale Merkmale wurde dabei eine Prädisposition angenommen, lexikalische Elemente aufgrund ihrer Das logische Problem 473 Distribution und ihrer semantischen Eigenschaften den Kategorien NOMEN, VERB, ADJEKTIV und PRÄPOSITION zuzuordnen und zwei binäre kategoriale Merkmale zu instantiieren, durch die sich die vier Kategorien erfassen lassen (vgl. u.a. Chomsky 1970, Jackendoff 1977, Bresnan 1982, Hale/Keyser 1995, Wunderlich 1996). Diese Merkmale müssen nicht stipuliert werden, sondern lassen sich aus zwei zentralen Aspekten der Argumentstruktur lexikalischer Elemente ableiten (Wunderlich 1996): Das Merkmal ([±ART(iculated)]) unterscheidet Verben und Präpositionen, die eine komplexe Argumentstruktur und obligatorische Argumente aufweisen ([+ART]), von Nomina und Adjektiven, die eine einfachere Argumentstruktur und nur optionale Argumente haben können ([-ART]).5 Das zweite Merkmal ([±DEP(endent)]), das nicht in allen natürlichen Sprachen instantiiert zu sein scheint (vgl. Kapitel II.3.3), grenzt Verben und Nomina, deren referentielles Argument eine Verankerung im nicht-sprachlichen Kontext gewährleistet [-DEP], von Präpositionen und Adjektiven [+DEP] ab, die kein eigenständiges referentielles Argument haben und primär als Modifikatoren von [-DEP]-Kategorien fungieren. Dabei kann das referentielle Argument von Nomina, die im allgemeinen auf Individuen referieren, durch Spezifikationen für eine Reihe von funktionalen Merkmalen modifiziert werden insbesondere durch Definitheits-, Person- und Numerusmerkmale. Verben dienen hingegen prototypischerweise zur Beschreibung von Ereignissen, die einerseits zeitlich verankert und andererseits auf eine bestimmte mögliche Welt bezogen sind. Dementsprechend kann ihr referentielles Argument durch Tempus-, Aspekt-, Modus- und Satzmodusspezifikationen modifiziert werden. Zur Erfassung dieser Spezifikationen muß man, wie in Kapitel II.3.4 dargelegt, nicht notwendigerweise eine feste angeborene Liste von Merkmalen annehmen. Die entsprechenden Beschränkungen lassen sich zumindest zum Teil aus entsprechenden Beschränkungen der konzeptuellen Domänen ableiten. So kann man z.B. die Fähigkeit zur Grammatikalisierung von Numerusdistinktionen auf die Verfügbarkeit von sehr einfachen Konzepten numerischer Quantität ("Einsheit", "Zweiheit", "Dreiheit") in der frühen Kindheit beziehen (vgl. Stephany 1998, Butterworth 1999). 5 Vgl. Hurford (2002) für Spekulationen über eine mögliche neuronale Basis für die Unterscheidung zwischen Elementen, die primär Prädikatsfunktionen erfüllen und obligatorische Argumente aufweisen ([+ART]), und Elementen, die als Argumente dieser Prädikate fungieren oder solche Argumente modifizieren ([-ART]). Das logische Problem 474 Neben referentiellen Argumenten können lexikalische Elemente auch Individuenargumente haben, die durch Nominalphrasen realisiert werden. Diese Argumente können durch morphologische Kasusmarkierungen, durch Kongruenzmarkierungen sowie durch die Positionierung in einer bestimmten syntaktischen Position gebunden werden (vgl. u.a. Kiparsky 1992, 1997, 2001 Wunderlich 1997). Die Distribution der entsprechenden Markierungen bzw. die Positionierung der Argumente läßt sich durch relationale Merkmale erfassen. Dies wurde in Kapitel II.3.5 und Kapitel III.3.4 am Beispiel von Kasusmarkierungen erläutert und untersucht. Dabei wurden die entsprechenden Prädispositionen auf die Fähigkeit zurückgeführt festzustellen, welche Ereignispartizipanten Kontrolle über das betreffende Ereignis ausüben und welche asymmetrischen Abhängigkeitsbeziehungen zwischen diesen Partizipanten bestehen: Die Fähigkeit, Kontrolleigenschaften zu ermitteln, ermöglicht den Aufbau semantischer Repräsentationen, bei denen die einzelnen Argumente für das Merkmal [±c(ontrol)] spezifiziert sind, das die Kasusdistribution in Aktiv/Inaktivsprachen regelt: [+c]-Argumente erhalten Aktivmarkierungen und [-c]-Argumente tragen Inaktivmarkierungen. Werden die ermittelten Abhängigkeitsbeziehungen zwischen Ereignispartizipanten mit Hilfe des Relationserhaltungsprinzips auf eine Hierarchie von Argumenten in semantischen Repräsentationen abgebildet, lassen sich aus dieser Hierarchie Spezifikationen für die beiden Merkmale [±h(igher)r(ole)] und [±l(ower)r(ole)] ableiten. Mit diesen beiden Merkmalen kann man zugleich die Klassen von Argumenten charakterisieren, die bei der Kasusmarkierung zu beobachten sind: Zum einen lassen sich akkusativisch markierte [+hr]-Argumente von nominativisch markierten [-hr]-Argumenten abgrenzen; zum anderen kann man [+lr]-Argumente, die andere Argumente dominieren und eine Ergativmarkierung haben, von [-lr]-Argumenten unterscheiden, die Absolutivmarkierungen aufweisen. Wenn man Wortstellungsrestriktionen, Kasus- und Kongruenzmarkierungen für Argumente auf relationale Merkmale zurückführt, die sich direkt aus der Argumentstruktur ergeben, kann man nicht nur - wie in Kapitel II.3.5 und Kapitel III.3.4 gezeigt - auf die Annahme eines angeborenen Inventars von Kasuskategorien wie NOMINATIV oder ERGATIV verzichten. Mit einer solchen Analyse kann man darüber hinaus auch Beschränkungen für die maximale Anzahl von Argumenten lexikalischer Elemente erfassen, die den Hypothesenraum spracherwerbender Kinder begrenzen sollten: Durch ein binäres Merkmal wie [±c] lassen sich nämlich maximal zwei Argumente unterscheiden - ein [+c]-Argument und ein [-c]-Argument. Dementsprechend Das logische Problem 475 können in einer Sprache, die nur die Kontrolleigenschaften von Partizipanten grammatikalisiert, höchstens zwei Argumente Defaultkasus- oder Kongruenzmarkierungen tragen bzw. positional lizensiert werden. In einem System, bei dem die Abhängigkeitsbeziehungen zwischen Ereignispartizipanten kodiert werden, können hingegen maximal drei Argumente eines lexikalischen Elements durch Defaultkasusmarkierungen oder Kongruenzmarkierungen unterschieden werden: das höchste Argument ([-hr,+lr]), das niedrigste Argument ([+hr,-lr]) sowie ein mittleres Argument, das über zwei positive Merkmalsspezifikationen verfügt (vgl. Abb.II-1). Somit können Prädikate natürlicher Sprachen höchstens drei Argumente mit Defaultkasusbzw. Kongruenzmarkierungen aufweisen (zur Diskussion vgl. z.B. Comrie 1976, Joppen 1999). Dies läßt sich nicht einfach auf Beschränkungen der Verarbeitungskomplexität zurückführen. Wie Sprachen mit reichen Kasussystemen zeigen (z.B. Russisch), können Sprecher natürlicher Sprachen nämlich durchaus mehr als nur drei Kasus voneinander unterscheiden. Diese Kasusmarkierungen dienen aber nicht zur Unterscheidung von mehr als drei DP-Argumenten; sie werden vielmehr als semantische Kasusmarkierungen verwendet. Solche Markierungen (z.B. Lokativmarkierungen) gehen mit einer bestimmten semantischen Rolle einher, können keine Kongruenz am Verb auslösen und werden durch syntaktische Operationen wie Passivierung nicht affiziert. Außerdem sind Sprecher natürlicher Sprachen durchaus in der Lage, Sätze mit mehr als drei Argumentnominalphrasen zu produzieren: Zum einen kann man Argument-DPs mit denselben Θ-Rollen koordinieren (vgl. (7)); zum anderen besteht in vielen Sprachen die Möglichkeit, Strukturen mit mehr als drei Argumenten zu erzeugen. Dabei kann allerdings nicht allen drei Argumenten eine Defaultkasusmarkierung zugewiesen werden. Statt dessen müssen die zusätzlichen Argumente mit einem semantischen Kasus markiert werden. 6 So erlaubt z.B. das 6 Semantische Kasusmarkierungen - insbesondere Instrumentalmarkierungen und die verschiedenen lokalen Kasusmarkierungen - lassen sich durch die relationalen Merkmale [±c], [±hr] und [±lr] nicht erfassen. Beschränkungen für die entsprechenden Distinktionen lassen sich möglicherweise ähnlich wie bei Tempusmerkmalen - aus Beschränkungen der entsprechenden Domänen ableiten. Diese Beschränkungen muß man ohnehin annehmen, um den Erwerb der korrespondieren Präpositionen oder relationalen Nomina zu erfassen, mit deren Hilfe man in anderen Sprachen die entsprechenden Konzepte ausdrückt (vgl. u.a. Bierwisch/Lang 1987). Der Erwerb der zielsprachlichen Distinktionen sollte dabei ebenso wie bei anderen grammatischen Distinktionen nicht durch die Suche nach bestimmten Konzepten ausgelöst werden, sondern durch die Entdeckung von Formkontrasten gesteuert werden (vgl. Choi/Bowerman 1991 zur Diskussion). Das logische Problem 476 Baskische die Kausativierung von dreiwertigen Verben und damit die Herstellung von Strukturen mit vier Argumenten (vgl. Joppen 1999). Dabei erhält das eingebettete AGENS die Dativmarkierung für mittlere Argumente, und das Verb trägt entsprechende Kongruenzmarkierungen für ein indirektes Objekt. Diese Markierungen stehen dann nicht mehr für das eingebettete REZIPIENS zur Verfügung, das im Ausgangssatz das mittlere Argument ist und dementsprechend eine Dativmarkierung und eine Kongruenzmarkierung für indirekte Objekte verlangt. Daher muß das eingebettete REZIPIENS mit einem semantischen Kasus markiert werden, der nicht mit Objektkongruenzmarkierungen einhergeht (vgl. (8)). (7) Der Bauer und die Bäuerin geben dem Hahn und seinen Hühnern zwar ausreichend Futter und Wasser, aber viel zu wenig Auslauf. (8) Apaiza-k Der PriesterERG pobre-ei den ArmenDAT eman-araz-i gebenKAUS-PER z-i-da-n 3.ERG-3.ABS diru-a GeldABS habenDAT-1.Sg.DAT -PAST ni-ri mirDAT 'Der Priester ließ mich den Armen Geld geben.' Die vorgeschlagene Erklärung für die Beschränkung auf maximal drei Argumente mit Defaultkasusmarkierung basiert auf der Annahme, daß es für die entsprechende Domäne eine maximale Anzahl von Distinktionen gibt, die allerdings nicht in jeder Sprache auch alle vorgenommen werden müssen. Für Merkmale, die sich - wie Genus- oder Nominalklassenmerkmale - auf formale Eigenschaften lexikalischer Elemente beziehen, wurde diese Annahme in Kapitel II.3 nicht gemacht. Es wurde lediglich auf außergrammatische Faktoren der Sprachverarbeitung verwiesen, die verhindern, daß natürliche Sprachen eine beliebig große Anzahl von Nomenklassen aufgrund ihres Kongruenzverhaltens unterscheiden. Die entsprechenden Distinktionen beruhen nämlich weder auf Distinktionen, die sich aus der Argumentstruktur der betreffenden lexikalischen Elemente ergeben, noch auf Distinktionen, die durch die entsprechenden konzeptuellen (Teil-)Systeme beschränkt werden. Sie ergeben sich vielmehr allein aus dem Kongruenzverhalten der betreffenden Nomina (Hockett 1958, Corbett 1991): Zwei Nomina A und B weisen dasselbe Genus auf, wenn das Nomen A in jedem morpho-syntaktischen Kontext und bei jedem mit ihm kongruierenden lexikalischen Element dieselbe Kongruenzmarkierung bewirkt wie das Nomen B. Das logische Problem 477 Daher können Kinder Genusmerkmale instantiieren, wenn sie Paradigmen für Trägerelemente von Genusmerkmalen aufbauen. Hierbei können sie nämlich in manchen Zellen des Trägerelementparadigmas auf mehr als eine phonologisch distinkte Form desselben Lexems stoßen - z.B. auf die Formen der, die und das in der Nom.Sg.-Zelle des deutschen bestimmten Artikels. Wenn sie für diese Formkontraste keine positiven funktionalen oder relationalen Merkmalsspezifikationen finden, in bezug auf die sich die kontrastierenden Formen unterscheiden, zwingt das Spezifizitätsprinzip Kinder dazu, nach Inputbedingungen für diese unterschiedlichen Formen zu suchen. So können sie herausfinden, daß das Auftreten einer bestimmten morphologischen Markierung davon abhängt, welches Nomen das markierte Element modifiziert. Davon ausgehend können sie feststellen, wie viele Genusmerkmale in ihrer jeweiligen Zielsprache syntaktisch aktiv sind und welche Elemente im Input positive Spezifikationen für diese Merkmale tragen. Unabhängig davon, um welchen Typ von Merkmal es sich jeweils handelt, sollten beim Grammatikerwerb keine Hypothesen aufgestellt werden, die nur mit Hilfe von negativer Evidenz verworfen werden könnten. Dem wurde in Kapitel II durch die Annahme Rechnung getragen, daß sämtliche grammatischen Prozesse und Strukturen allein durch lexikalisch gespeicherte Merkmalsspezifikationen determiniert werden und alle lexikalischen Repräsentationen radikal unterspezifiziert sind, d.h. nur positive Spezifikationen enthalten. Wenn dies der Fall ist, sollten spracherwerbende Kinder nämlich von der Nullhypothese ausgehen können, daß die betreffende Sprache keine entsprechenden Distinktionen und Spezifikationen aufweist. Das Verwerfen dieser Nullhypothese, d.h. die Instantiierung positiver Merkmalsspezifikationen, erfolgt ausschließlich auf der Basis von Formkontrasten, d.h. aufgrund von eindeutiger positiver Evidenz; und negative Spezifikationen ergeben sich durch die paradigmatische Opposition zu positiv spezifizierten Flexionsformen. Somit sagt ein merkmalsbasierter Strukturaufbauansatz, wie er in den vorangegangenen Kapiteln entwickelt wurde, voraus, daß Kinder zu keinem Zeitpunkt nicht-zielsprachliche Spezifikation vornehmen, die sie dann revidieren müßten. Vielmehr sollten sich alle beobachtbaren Abweichungen von der Zielsprache aus der Unterspezifikation von Repräsentationen ableiten lassen. Dies scheint auch tatsächlich der Fall zu sein: Erstens lieferten die in Kapitel I angesprochenen Studien keine überzeugende Evidenz für nicht-zielsprachliche Spezifikationen in frühen Erwerbsphasen. So ließ sich beispielsweise die These von Hyams (1986), daß der Das logische Problem 478 pro-drop-Parameter anfänglich auf den Wert [+pro-drop] festgelegt ist, nicht bestätigen. Vielmehr scheint die Distribution leerer Argumente bereits sehr früh durch die jeweilige Zielsprache beeinflußt zu sein (vgl. u.a. Valian 1991, Clahsen/Kursawe/Penke 1996, Austin et al. 1997). Zweitens ließen sich alle Abweichungen von der Zielsprache, die bei den Analysen in Kapitel III festgestellt wurden, auf die Unterspezifikation der betreffenden Repräsentationen zurückführen. Es waren zwar anfängliche Auslassungen oder phonetische Reduktionen von funktionalen Elementen und morphologischen Markierungen zu beobachten, die für die syntaktische Inaktivität der entsprechenden zielsprachlichen Merkmale sprachen; es fand sich aber z.B. keine Evidenz für einen Akkusativ/Ergativparameter, der anfangs auf einen der beiden Werte festgelegt ist. Vielmehr entsprach die Distribution von Kasusmarkierungen ab der ersten kontrastiven Verwendung dieser Markierungen dem jeweiligen zielsprachlichen Kasussystem. Nicht-zielsprachliche Verwendungen von Kasusmarkierungen lagen zwar vor; diese Abweichungen von der Zielsprache ließen sich aber in allen Fällen durch die Annahme erklären, daß die Kinder lexemspezifische Eigenschaften einiger Kasuszuweiser bzw. Kasusträger noch nicht erworben hatten. So kann man beispielsweise die beobachteten Übergeneralisierungen von Akkusativmarkierungen auf Argumente einer dativfordernden Präposition wie mit darauf zurückführen, daß das betreffende Kind noch nicht gelernt hat, daß diese Präposition nicht den Defaultkasus für Präpositionalargumente zuweist, sondern den Dativ. Kinder scheinen somit relativ schnell die grundlegenden Charakteristika ihrer jeweiligen Zielsprache zu erwerben. Dies wäre angesichts der Menge potentieller Merkmale und der Möglichkeiten ihrer Interaktion erstaunlich, wenn der Hypothesenraum nur durch die diskutierten formalen Universalien und Kategorisierungsprädispositionen begrenzt wäre, aber keinerlei interne Struktur aufwiese. In Kapitel II hatte ich daher die in Unique-Trigger-Ansätzen vertretene Vorstellung aufgegriffen, daß der Hypothesenraum eine interne Struktur aufweist, die sich aus Implikationsbeziehungen zwischen Erwerbsprozessen und aus der Zugänglichkeit von Inputdaten ergibt (vgl. Nishigauchi/Roeper 1987, Roeper/Weissenborn 1990, Roeper/ deVilliers 1992, Penner 1994, Penner/Weissenborn 1996). Wenn man von dieser Vorstellung ausgeht, hat dies nicht nur Konsequenzen für die Analysen zum Ordnungsproblem (vgl. Kapitel IV.3). Wenn der Hypothesenraum spracherwerbender Kinder tatsächlich eine interne Struktur aufweist, müssen diese nämlich nicht zu jedem Zeitpunkt alle Hypothesen überprüfen, Das logische Problem 479 die mit den angenommenen Prinzipien und Kategorisierungsprädispositionen vereinbar sind. So müssen Kinder den Überlegungen in Kapitel II.3.6 und Kapitel II.4 zufolge z.B. keine Hypothesen zu Genusmerkmalen überprüfen, bevor sie Paradigmen für Träger dieser Merkmale aufbauen und dabei auf Formkontraste stoßen, die sie nicht auf Unterschiede in der Funktion der betreffenden Formen beziehen können. Weitere Beschränkungen ließen sich aus der Annahme ableiten, daß der Hypothesenraum spracherwerbender Kinder durch unidirektionale Abhängigkeitsbeziehungen zwischen Merkmalsspezifikationen beschränkt ist, die sich aus der Beziehung zwischen Prädikaten und Argumenten ergeben (vgl. Aikhenvald/Dixon 1998): Erstens legt das Prädikat nicht nur die Anzahl, sondern auch den Typ seiner Argumente fest. Daher können die funktionalen Merkmalsspezifikationen des Prädikats Einfluß auf die Spezifikationen seiner Argumente haben, aber nicht umgekehrt. So markiert man in vielen Sprachen einige Persondistinktionen nur in bestimmten Tempora. Beispielsweise werden die 1.Ps.Sg. und die 3.Ps.Sg. im Deutschen im Präsens unterschieden (ich füttere vs. er füttert), im Präteritum fallen sie hingegen zusammen (ich/er fütterte). Tempusdistinktionen sind hingegen stets unabhängig von Spezifikationen in bezug auf die Dimension PERSON (Aikhenvald/Dixon 1998:70f.). Zweitens ist zu erwarten, daß relationale Merkmalsspezifikationen unidirektional von den funktionalen Merkmalsspezifikationen der involvierten Prädikate und Argumente abhängen, da die zueinander in Beziehung gesetzten Elemente konstitutiv für die zwischen ihnen hergestellten Relationen sind (Aikhenvald/Dixon 1998). Dementsprechend bestimmen z.B. in Sprachen mit einem sog. "gespaltenen" Ergativsystem die jeweiligen Tempus-, Aspekt- oder Personspezifikationen, ob ein Akkusativ- oder ein Ergativsystem zur Markierung der Argumente verwendet wird (vgl. Kapitel II.3.5). So zeigt z.B. das Hindi nur in Perfektkontexten ein ergatives Kasussystem, bei anderen Aspektspezifikationen treten Nominativ- und Akkusativmarkierungen auf. Nicht dokumentiert sind hingegen Sprachen, bei denen das Auftreten von bestimmten funktionalen Merkmalsspezifikationen durch die Kasusspezifikationen der involvierten Argumente beschränkt wird. Weder in den diskutierten Studien noch bei der Analyse der in Kapitel III diskutierten Daten ergaben sich irgendwelche Hinweise darauf, daß Kinder die angenommenen Beschränkungen des Hypothesenraums verletzen. Dies deutet darauf hin, daß der Hypothesenraum spracherwerbender Kinder tatsächlich nicht nur durch die angenommenen formalen Das logische Problem 480 Universalien und Kategorisierungsprädispositionen begrenzt ist, sondern auch intern strukturiert ist. Dabei tragen die diskutierten Beziehungen zwischen Merkmalsspezifikationen auf unterschiedliche Weise zur Strukturierung des Hypothesenraums bei: Die unidirektionalen Abhängigkeitsbeziehungen zwischen Merkmalsspezifikationen, die sich aus der Beziehung zwischen Prädikaten und Argumenten ergeben, gewährleisten, daß spracherwerbende Kinder bestimmte Hypothesen über den Status morphologischer Markierungen erst gar nicht aufstellen und testen müssen. Die Implikationsbeziehungen zwischen Merkmalsinstantiierungsprozessen und die Unterschiede in der Zugänglichkeit von Inputdaten sorgen hingegen dafür, daß ein spracherwerbendes Kind nicht zu jedem Zeitpunkt und in jedem Kontext alle potentiellen Merkmalsspezifikationen berücksichtigen muß. Außerdem garantiert der formbasierte Erwerbsmechanismus ohnehin, daß Kinder nur dann Hypothesen über ihre Zielsprache aufstellen und überprüfen müssen, wenn sie auf Formkontraste stoßen. Wenn Kinder von Konzepten ausgingen und nach Realisierungen dieser Konzepte im Input suchten, müßten sie hingegen zu jedem Zeitpunkt im Erwerb nach möglichen Realisierungen für alle diese Konzepte suchen. ad (iii) Die Interaktion des Erwerbsmechanismus mit dem Input Wenn der Erwerb der zielsprachlichen Grammatik tatsächlich allein auf der Basis von Formkontrasten erfolgt, setzt dies voraus, daß Kinder solche Formkontraste im Input leicht entdecken und mit Funktionskontrasten oder Unterschieden im Anwendungsbereich der betreffenden Formen in Beziehung setzen können. Ein idealer Input für einen solchen Erwerbsmechanismus müßte daher eine große Anzahl von Äußerungen mit kontrastierenden Formen in vergleichbaren Kontexten bieten. Hierbei sollte der zeitliche Abstand zwischen den entsprechenden Äußerungen möglichst gering sein, und die einzelnen Formen bzw. Äußerungen sollten nach Möglichkeit mehrfach dargeboten werden. Dies würde den Gedächtnisaufwand beim Vergleich verschiedener Formen relativ gering halten. Außerdem sollte es sich bei den Äußerungen, in denen die jeweils kontrastierenden Formen vorkommen, idealerweise um echte Minimalpaare handeln, die sich nur in bezug auf die entsprechenden Formen und die korrespondierenden Funktionen unterscheiden. Das logische Problem 481 Empirische Untersuchungen haben gezeigt, daß ein solches Idealbild des Inputs tatsächlich näher an der Realität ist als die Vorstellung von systematischer Korrektur: Wie in Kapitel I.4.4 dargelegt, konnte zwar keine Evidenz für die systematische Verwendung von negativer Evidenz erbracht werden; es zeigte sich aber, daß der Input, den Kinder erhalten, einige universelle Charakteristika aufweist, die eine Rolle im Erwerbsprozeß zu spielen scheinen (vgl. u.a. Ingram 1989:132, Locke 1995:288f.): Erstens ist der Input von Kindern durch eine stark übertriebene Sprachmelodie, eine überdeutliche Betonung markanter Satzteile sowie durch eine höhere Stimmlage gekennzeichnet. Diese prosodischen Eigenschaften des Inputs können nicht nur - wie oben erläutert - einen Beitrag zur Ermittlung der Kopf-Komplement-Abfolge leisten (vgl. Mazuka 1996, Nespor/ Guasti/Christophe 1996, Guasti et al. 2001, Höhle et al. 2001); sie erhöhen auch die Salienz der betonten Satzteile und ermöglichen die Segmentierung von Lautketten sowie die Etablierung von Konstituentengrenzen (vgl. u.a. Gerken 1996, Jusczyk 1997). Dadurch können sie helfen, einzelne Formen im Input zu identifizieren und davon ausgehend Formkontraste zu ermitteln. Zweitens beschränken sich Diskurse mit Kindern im allgemeinen auf einfache Sachverhalte im Hier und Jetzt. Diese Beschränkung erlaubt zwar nicht immer eine eindeutige Identifikation der Ereignisse bzw. Partizipanten, auf die sich die betreffenden Verben und Nomina beziehen (vgl. Gleitman 1990 sowie Kapitel IV.4 für eine ausführlichere Diskussion). Die thematische Einschränkung des Diskurses sollte den semantischen Erwerb aber zumindest erleichtern - und damit auch die Ermittlung der Funktionskontraste, die mit den Formkontrasten im Input von Kindern einhergehen. Drittens ist der Input von Kindern durch die Verwendung kurzer, wohlgeformter Sätze mit wenigen Einbettungen sowie durch einen hohen Redundanzgrad charakterisiert. Dies erhöht die Wahrscheinlichkeit dafür, daß der Input echte Minimalpaare wie z.B. Da ist ein Hahn vs. Da ist der Hahn und Satzpaare wie Da ist ein Hahn vs. Da ist eine Henne enthält, die eine Instantiierung von grammatischen Merkmalen erlauben (in diesem Falle die Instantiierung von [±DEF] bzw. [+FEM]): Zum einen ist die Wahrscheinlichkeit, daß sich zwei Sätze nur in einem Wort unterscheiden umso höher, je weniger Wörter diese Sätze aufweisen; zum anderen gewährleistet der hohe Redundanzgrad des Inputs, daß dieselben lexikalischen Elemente immer wieder in unterschiedlichen morpho-syntaktischen Kontexten auftreten. Das logische Problem 482 Dadurch, daß derselbe Inhalt in aufeinanderfolgenden Äußerungen wiederholt und rephrasiert wird, kommen nämlich sog. Variationssequenzen zustande (vgl. u.a. Küntay/Slobin 1996, Bowerman et al. 2002). Bei diesen handelt es sich um Abfolgen von mehreren Erwachsenenäußerungen, denen eine konstante kommunikative Intention zugrunde liegt, und die eine Reihe von Eigenschaften aufweisen: lexikalische Substitution und Rephrasierung (vgl. (9c) vs. (9d)), die Hinzufügung oder Tilgung von spezifischer Referenz (vgl. (9b) vs. (9c) bzw. (9d)) sowie die Umstellung von Konstituenten (vgl. (9a) vs. (9d); vgl. Küntay/Slobin 1996:267): (9) (a) (b) (c) (d) (e) Who did we see when we went out shopping today? Who did we see? Who did we see in the store? Who did we see today? When we went out shopping, who did we see? Solche Variationssequenzen sind in der Kommunikation mit Kindern keine seltenen Ausnahmefälle. So waren z.B. 21% (= 667/3167) bzw. 35% (= 377/1072) der Erwachsenenäußerungen in den von Küntay und Slobin analysierten türkischen Mutter-Kind-Korpora (Alter der Kinder: 1;8-2;3 bzw. 1;6-1;11) Teile von Variationssequenzen (vgl. Küntay/Slobin 1996, Bowerman et al. 2002). Dafür, daß Kinder in solchen Variationssequenzen dasselbe Nomen in verschiedenen Kasuskontexten hören, spricht z.B. die Beobachtung von Küntay und Slobin (1996:274), daß das Nomen el 'Hand' in dem von ihnen untersuchten türkischen Korpus (1;8-2;3) 57mal auftrat - und zwar sowohl ohne overte Markierung als auch mit Akkusativ-, Dativ-, Instrumental-, Lokativ- und Genitivmarkierungen. Außerdem konnte in Studien zum Erwerb typologisch sehr unterschiedlicher Sprachen gezeigt werden, daß Variationssequenzen nicht nur im europäischen und nordamerikanischen Kulturkreis eine zentrale Rolle spielen, sondern auch beim Erwerb der indischen Sprachen Hindi und Tamil und der Mayasprache Tzeltal (vgl. z.B. Bowerman et al. 2002). Daß der Input von deutschen Kindern Variationssequenzen mit Formkontrasten enthält, die für den Erwerb der Nominalphrasenstruktur und -flexion entscheidend sind, läßt sich am Beispiel einer längeren Diskurssequenz aus dem Andreas-Korpus verdeutlichen. Im Mittelpunkt dieser Sequenz, in der Andreas mit seiner Mutter, seinem Opa, der Untersucherin Annette sowie mit seinem Bruder Thorsten interagiert, steht der Gummidelphin "Flipper" (vgl. Anhang K für die entsprechenden Ausschnitte aus dem Transkript). Das logische Problem 483 Gleich zu Beginn der Sequenz findet sich ein Minimalpaar, das den Vergleich zwischen dem pronominalen Gebrauch des D-Elements und seiner attributiven Verwendung erlaubt ((10a) vs. (10c)). Kontraste zwischen pronominalen und attributiven D-Elementformen finden sich aber auch an anderen Stellen und für andere Kasuskontexte, vgl. z.B. (11a) vs. (11b): (10) (11) (a) Thorsten: (b) (c) Opa: Thorsten: aber wir haben noch (ei)n(en) Flipper, den haben xxx wir noch verwahrt.7 ja? den Flipper haben wir noch verwahrt. (a) (b) Annette: Annette: nein, der Thors ten wollte den Flipper, der hat sich ja den Flipper gesucht. Zugleich wird die Akk.Mask.Sg.-Form den mit der Nom.Mask.Sg.-Form des bestimmten Artikels kontrastiert, und zwar sogar bei Äußerungen, die dasselbe Nomen (Flipper) und dasselbe Verb (haben) enthalten. Dabei werden sowohl die Äußerungen mit den als auch die Äußerungen mit der wiederholt: (12) (a) (b) (c) (d) (e) Thorsten: Thorsten: Opa: Andreas: Opa: guck mal, ich hab(e) den Flipper. […] ich hab(e) den Flipper. […] der Flipper hat ja gar keine Zähne, guck mal. ich möchte nich(t). der Flipper hat ja gar keine Zähne, aber der (= Hase) hat (ei)n(en) Mund. Die Akk.Sg.-Form den steht aber nicht nur im Kontrast mit der entsprechenden Nom.Sg.Form der, sondern auch mit der Akk.Sg.-Form des unbestimmten Artikels. Auch hierbei finden sich Satzpaare mit demselben Verb und Nomen: (13) (a) Thorsten: (b) Thorsten: aber wir haben noch (ei)n(en) Flipper, den haben xxx wir noch verwahrt. ich hab(e) den Flipper. Die folgenden Äußerungen bieten einen Kontrast zwischen verschiedenen Objekten des Verbs haben, wobei wieder Wiederholungen von Äußerungen (vgl. (14a) und (14c) sowie (14f) und (14i)) sowie Umstellungen und Expansionen von Nominalphrasen (vgl. (14d) vs. (14h)) zu 7 Im folgenden sind die kontrastierenden Formen fett gedruckt. Minimalpaare sind durch doppelte Unterstreichung hervorgehoben; und Nomina(lphrasen) bzw. Verben, die in allen Äußerungen mit kontrastierenden Formen vorkommen, sind durch einfache Unterstreichung gekennzeichnet. Das logische Problem 484 beobachten sind. Außerdem handelt es sich bei dem Subjekt der betreffenden Sätze stets um die Phrase der Flipper oder das pronominale D-Element der. Somit ermöglichen die Äußerungen in (14) nicht nur den Vergleich zwischen verschiedenen D-Elementen und Nomina in Akkusativkontexten, sondern auch den Vergleich zwischen dem pronominalen Gebrauch der Nom.Mask.Sg.-Form des bestimmten Artikels und seiner attributiven Verwendung. (14) (a) (b) (c) (d) (e) (f) (g) (h) (i) Opa: Andreas: Opa: Opa: Opa: Opa: Thorsten: Opa: Opa: der Flipper hat ja gar keine Zähne, guck mal. ich möchte nich(t). der Flipper hat ja gar keine Zähne , aber der (= Hase) hat (ei)n(en) Mund. […] guck mal, eine Rübe hat der. […] der Flipper ist ja krank, der hat Zahnschmerzen. hä? oh, guck mal, einen ganz dicken Mund hat der, oh, der hat Zahnschmerzen. Umgekehrt liefert die ausgewählte Sequenz auch Kontraste zwischen verschiedenen Verben mit demselben Subjekt (ich) und Objekt (den Flipper), wobei wiederum einige der Äußerungen wiederholt werden ((15a) und (15b) sowie (15e), (15g) und (15h)). (15) (a) (b) (c) (d) (e) (f) (g) (h) Thorsten: Thorsten: Thorsten: Opa: Thorsten: Andreas: Thorsten: Thorsten: guck mal, ich hab(e) den Flipper. [...] ich hab(e) den Flipper. […] ich möchte lieber den Flipper. Andreas ... ich krieg(e) den Flipper. niiiiiche fei (= nicht zwei). ich krieg(e) den Flipper, ich krieg(e) den Flipper. Die gewählte Diskurssequenz enthält somit eine Reihe von Variationssequenzen mit Formkontrasten, die für den Erwerb der Nominalphrasenstruktur und -flexion entscheidend sind. Um nachzuweisen, daß Variationssequenzen mit Formkontrasten eine zentrale Rolle beim Erwerb von grammatischen Distinktionen spielen, müßte man eigentlich für Daten aus verschiedenen Sprachfamilien und Kulturkreisen entsprechende quantitative Analysen durchführen. Die angesprochenen Studien zu Variationssequenzen deuten allerdings bereits auf die systematische Verwendung von Formkontrasten hin (vgl. insbesondere Küntay/Slobin 1996). Das Entwicklungsproblem 2 485 Das Entwicklungsproblem Wie in Kapitel I.6.2 erläutert, rückte die zeitliche Struktur des Erwerbsverlaufs erst in den Mittelpunkt der Spracherwerbsforschung, als man in der PPT zu diskutieren begann, warum sich der Grammatikerwerb über mehrere Jahre erstreckt, wenn Kinder tatsächlich bereits über angeborene Kategorien, Prinzipien und Parameter verfügen. Dabei befaßte man sich zunächst vor allem mit der Frage, ob die Prinzipien, die den Hypothesenraum spracherwerbender Kinder beschränken, erst aufgrund von genetisch bedingten neuronalen Reifungsprozessen verfügbar werden oder von Anfang an zur Verfügung stehen. Später wurde diese Diskussion durch die Frage ergänzt, ob spracherwerbende Kinder bereits in der frühen Zwei-Wort-Phase über zielsprachliche Repräsentationen verfügen (Hypothese der vollständigen Kompetenz) oder nicht (Strukturaufbauhypothese). Außerdem wurde im Rahmen von Strukturaufbauansätzen diskutiert, wie der Übergang zu zielsprachlichen Repräsentationen erfolgt - durch neuronale Reifungsprozesse oder aber durch lexikalisches Lernen. Alle drei Fragen habe ich in den vorangegangenen Kapiteln untersucht. Die dabei erzielten Ergebnisse sprechen (i) für die Kontinuität des Erwerbsmechanismus, (ii) für die Strukturaufbauhypothese sowie (iii) für einen graduellen, merkmals- und lexikongesteuerten Strukturaufbau. ad (i) Die Kontinuität des Erwerbsmechanismus Die Befunde der in Kapitel I und Kapitel II.2 angesprochenen Studien lieferten keine überzeugende Evidenz für die "Reifung" formaler Prinzipien. Vielmehr unterstützen sie die Kontinuitätshypothese, der zufolge die Prinzipien, die den Hypothesenraum spracherwerbender Kinder beschränken, bereits zu Beginn der grammatischen Entwicklung verfügbar sind (vgl. u.a. Pinker 1984, Crain 1991). Zugleich wurden bei den Analysen der Nominalphrasenentwicklung in Kapitel III keine empirischen Befunde erzielt, die man auf Verletzungen der angenommenen (Meta-)Prinzipien zurückführen könnte. Außerdem konnten nicht-zielsprachliche Strukturen beobachtet werden, die darauf hindeuten, daß Kinder im Erwerbsverlauf Repräsentationen aufbauen können, die zwar von der Zielsprache abweichen, aber dennoch denselben Prinzipien unterliegen wie die Erwachsenen- Das Entwicklungsproblem 486 sprache. Insbesondere spricht es, wie im vorangegangenen Kapitel dargelegt, für die frühe Verfügbarkeit des Relationserhaltungsprinzips, daß Kinder anfangs nur Possessivkonstruktionen produzieren, in denen der hierarchisch höher angesiedelte POSSESSOR dem niedriger positionierten POSSESSUM vorangeht - und zwar auch dann, wenn die Zielsprache andere Linearisierungen erlaubt bzw. erfordert. Insgesamt betrachtet unterstützen die vorliegenden Befunde somit die Arbeitshypothese E-I, der zufolge die angenommenen (Meta-)Prinzipien zu keinem Zeitpunkt im Erwerbsverlauf verletzt werden (vgl. u.a. Pinker 1984, Crain 1991 sowie Arbeitshypothese E-I). ad (ii) Die Strukturaufbauhypothese Die in Kapitel III diskutierten Auslassungen und phonetischen Reduktionen von funktionalen Elementen sowie die fehlende Evidenz für nominalphraseninterne Bewegungsprozesse in der frühen Zwei-Wort-Phase lieferten Evidenz für die Annahme, daß die von Kindern im Erwerbsverlauf erzeugten Repräsentationen anfangs noch unterspezifiziert sein können - d.h. noch nicht alle Merkmalsspezifikationen der Zielsprache aufweisen (Arbeitshypothese E-II). Den Ausgangspunkt für die entsprechenden Analysen bildeten die drei folgenden Beobachtungen zur frühen deutschen und englischen Kindersprache (vgl. u.a. Clahsen/Eisenbeiß/ Vainikka 1994, Eisenbeiß 1994, Müller 1994, 2000, Müller et al. 2002 bzw. Brown 1973, Radford 1990, Radford/Galasso 1998): (16) Nominalphrasen in der frühen deutschen und englischen Kindersprache (a) (b) (c) D-Elemente (Determinierer, Quantoren, Possessivpronomina u.a.) sind optional und treten in komple mentärer Distribution mit Adjektiven auf: Es finden sich Kombinationen von D-Elementen und Nomina sowie Verbindungen von Nomina mit Adjektiven, aber keine Kombinationen von D-Elementen und Adjektiven. Die Kasusflexion und die nominalphraseninterne Kongruenzflexion sind nicht zielsprachlich. Anstelle der zielsprachlich flektierten Formen produzieren Kinder häufig Formen mit ausgelassener oder inadäquater Flexion (z.B. *zwei huhn, *two car, *him go oder *der auto) sowie phonetisch reduzierte Formen von Artikeln (z.B. e oder de). In Possessivkonstruktionen wie Leonies Huhn wird die Possessivmarkierung -s ausgelassen. Die Beobachtungen in (16) scheinen auf den ersten Blick klar zu zeigen, daß die DP, die in der Zielsprache D-Elemente, nominale Flexive und Possessivmarkierungen aufnimmt, noch nicht Das Entwicklungsproblem 487 zur Verfügung steht. Gegen diese Interpretation haben Vertreter der Hypothese der vollständigen Kompetenz aber eine Reihe von empirischen und konzeptuellen Argumenten vorgebracht, die in Kapitel III ausführlich diskutiert worden sind: So haben z.B. Höhle und Weissenborn (1999, 2000) versucht, durch experimentelle Studien Evidenz für die Annahme zu liefern, daß Kinder selbst dann für D-Elemente in Texten sensitiv sind, wenn sie selbst noch nicht in allen obligatorischen Kontexten die entsprechenden grammatischen Morpheme produzieren. Dabei konnten sie z.B. nachweisen, daß Kinder, die selbst noch keine Artikel produzieren, bereits Texten länger zuhören, wenn diese Texte einen Artikel enthalten, der ihnen zuvor mehrfach in Isolation präsentiert worden ist. Aus solchen Befunden kann man meiner Auffassung nach aber lediglich den - mit der Strukturaufbauhypothese vereinbaren - Schluß ziehen, daß Kinder möglicherweise bereits vor der frühen ZweiWort-Phase bestimmte Kookkurrenzmuster erworben haben und diese als "Ankerpunkte" für die weitere Segmentierung und Kategorisierung des Inputs verwenden können. Aus der frühen Sensitivität für funktionale Elemente in Texten allein kann aber nicht gefolgert werden, daß die betreffenden Kinder bereits über zielsprachliche relationale, funktionale und formale Merkmalsspezifikationen für diese Elemente verfügen. Daher bemühen sich Vertreter der Hypothese der vollständigen Kompetenz zum einen, alternative Erklärungen für die beobachteten Abweichungen von der Zielsprache zu geben; zum anderen versuchen sie nachzuweisen, daß Kinder bereits in der frühen Zwei-Wort-Phase systematisch zielsprachliche Strukturen gebrauchen, die funktionale Projektionen involvieren. Angesichts dieser Studien habe ich in Kapitel III dargelegt, daß sich die empirischen Befunde zur Nominalphrasenstruktur und -flexion in der frühen Zwei-Wort-Phase nicht durch die vorgeschlagenen Erklärungen erfassen lassen. Zugleich habe ich durch Analysen des Entwicklungsverlaufs sowie durch Distributionsanalysen gezeigt, daß die Analysen, die zur Unterstützung der Hypothese der vollständigen Kompetenz vorgelegt wurden, z.T. auf Daten aus relativ späten Erwerbsphasen beruhen oder formelhafte Strukturen mit unanalysierten Elementen involvieren: Den Ausgangspunkt für die entsprechenden Analysen bildete der Nachweis einer Phase ohne overte Realisierungen von DP-Merkmalen - d.h. ohne D-Elemente, Personalpronomina, morphologische Kasus- oder Kongruenzmarkierungen und Possessivmarkierungen. Die in dieser Phase beobachteten Abweichungen von der Zielsprache beschränkten sich nicht - wie Das Entwicklungsproblem 488 z.B. von Gerken (1996) sowie Crisma und Tomasutti (2000) angenommen - auf rein prosodisch bedingte Auslassungen unbetonter Silben. Vielmehr deuten entsprechende Reanalysen der Daten von Gerken, Crisma und Tomasutti, die ich in Kapitel III.2.2 vorgenommen habe, darauf hin, daß sich nur in späteren Erwerbsphasen sämtliche beobachteten Abweichungen von der Zielsprache auf prosodische Eigenschaften der involvierten Strukturen zurückführen lassen. In frühen Entwicklungsphasen sind hingegen neben Auslassungen funktionaler Elemente und phonetisch reduzierten Formen auch nicht-zielsprachliche Verwendungen von nominalen funktionalen Elementen zu beobachten - z.B. kontextunangemessene Flexionsformen (vgl. z.B. einer baby) oder Kombinationen von D-Elementen mit Elementen, die eine solche Kombination in der Zielsprache nicht zulassen (z.B. firetruck want a this). Solche Abweichungen von der Zielsprache lassen sich auch nicht durch die Hypothese von Hoekstra und Hyams (1995, 1996, 1998) erfassen, daß Kinder zwar über zielsprachliche DP-Repräsentationen verfügen, aber noch Strukturen produzieren können, die lediglich in bezug auf die Dimension NUMERUS unterspezifiziert sind. Aus einer solchen Analyse würde außerdem die Vorhersage folgen, daß nominale funktionale Elementen, die keine Numerusinformationen enthalten, stets zielsprachlich gebraucht werden. Diese Vorhersage wurde in Kapitel III widerlegt - insbesondere durch die Beobachtung, daß beim Erwerb des Japanischen systematisch Postpositionen ausgelassen werden, obwohl im Japanischen überhaupt keine Numerusinformationen kodiert werden. Man könnte versuchen, das Auftreten der angesprochenen nicht-zielsprachlichen Strukturen zu erklären, indem man eine Variante der Hypothese der vollständigen Kompetenz vertritt, die mit Verzögerungen der morphologischen Entwicklung kompatibel ist (vgl. u.a. Penner/Weissenborn 1996, Bottari/Cipriani/Chilosi 1993, Lleo 2001). Solche Ansätze sagen aber vorher, daß Bewegungsprozesse bereits in der frühen Zwei-Wort-Phase zu beobachten sein sollten. Hierfür konnte aber zumindest bei den Analysen zum Erwerb von nominalphraseninternen Bewegungsprozessen (vgl. Kapitel III.4) keinerlei Evidenz erbracht werden. Somit gelingt es keinem der vorgeschlagenen Ansätze, den angesprochenen empirischen Befunden gerecht zu werden. Außerdem ergaben Reanalysen von Studien, die für eine frühe Beherrschung von DP-Strukturen zu sprechen schienen, daß die entsprechenden Daten aus relativ späten Erwerbsphasen stammen oder daß Daten aus einem längeren Zeitraum Das Entwicklungsproblem 489 zusammengefaßt wurden, ohne daß Veränderungen in den Realisierungs- und Korrektheitsraten berücksichtigt wurden. Insbesondere konnte ich zeigen, daß die von Hyams (1999) angeführten hohen Determiniererrealisierungsraten und die von Schütze (1996) diskutierten hohen Korrektheitsraten für die Kasusflexion auf Daten beruhten, deren MLU-Werte für die Zuordnung zur "frühesten Phase der grammatischen Entwicklung" zu hoch sind. Zugleich konnte ich nachweisen, daß man selbst aus hohen Realisierungs- und Korrektheitsraten in sehr frühen Entwicklungsphasen nicht einfach auf das Vorliegen von zielsprachlichen Repräsentationen schließen kann. Insbesondere konnte ich für eine Reihe von Phänomenen U-förmige Entwicklungsverläufe dokumentieren - z.B. für die Determiniererrealisierungsrate, für den Anteil zielsprachlich flektierter Formen sowie für den Anteil von Personalpronomina an der Gesamtzahl lexikalischer und pronominaler Nominalphrasen. Solche UKurven deuten darauf hin, daß die betreffenden nominalen funktionalen Elemente anfangs unanalysierte Teile formelhafter Strukturen sind, die zwar zu zielsprachlich aussehenden Äußerungen führen können, im Verlauf der wieteren sprachlichen Entwicklung aber reanalysiert werden. Diese Reanalyse kann dann den vorübergehenden Einschnitt bei den Realisierungsund Korrektheitsraten erklären: Sobald das Kind erkennt, daß die anfänglich unanalysierten Strukturen Elemente enthalten, die es nicht analysieren kann, sollte es solche Elemente nämlich vorübergehend auslassen, bis es die entsprechende zielsprachliche Repräsentation erworben hat. Weitere Unterstützung für die Annahme eines Übergangs von unanalysierten Strukturen zu zielsprachlichen Repräsentationen brachten die Distributionsanalysen, die ich für D-Elemente und morphologische Markierungen durchgeführt habe. Diese Analysen zeigten nämlich, daß das Auftreten dieser Elemente anfangs weitestgehend auf einige wenige Verbindungen wie noch-ein+X beschränkt war, die möglicherweise als Einheiten gespeichert sind. Dies unterstützt die Hypothese, daß es sich bei diesen Elementen nicht um zielsprachliche Realisierungen von DP-Merkmalen handelt, sondern z.B. um Pseudo-Determinierer oder Pseudo-Pronomina - d.h. um Elemente, die wie D-Elemente oder Pronomina aussehen, aber nicht auf zielsprachlichen Repräsentationen basieren. Insgesamt betrachtet konnte somit durch entsprechende Reanalysen gezeigt werden, daß die Belege für frühe zielsprachliche Strukturen, die zur Unterstützung der Hypothese der vollständigen Kompetenz vorgelegt wurden, z.T. aus relativ späten Erwerbsphasen stammen. Das Entwicklungsproblem 490 Außerdem konnte durch quantitative Distributionsanalysen und Analysen des Erwerbsverlaufs nachgewiesen werden, daß diese Daten z.T. formelhafte Strukturen mit unanalysierten Elementen involvierten. Somit unterstützen diese Befunde die Arbeitshypothese E-II, der zufolge die von Kindern im Erwerbsverlauf erzeugten Repräsentationen anfangs noch unterspezifiziert sein können - d.h. noch nicht alle Merkmalsspezifikationen der Zielsprache aufweisen. ad (iii) Merkmalsbasierter Strukturaufbau Wenn die Strukturaufbauhypothese zutrifft, wie es die diskutierten Befunde nahelegen, muß man eine Erklärung dafür anbieten können, wie sich der Übergang zu zielsprachlichen Repräsentationen vollzieht. Geht man von der Reifungshypothese aus, sollten alle Instantiierungen der funktionalen Kategorie D erworben werden können, sobald die funktionale Kategorie D durch Reifungsprozesse verfügbar wird (vgl. z.B. Radford 1990). Alternativ dazu könnte man einen Reifungsplan postulieren, der festlegt, wann bestimmte Merkmale oder Kategorien erworben werden können. Dann sollten diese Elemente stets in einer bestimmten, von der jeweiligen Zielsprache unabhängigen Reihenfolge auftreten. Vertreter der Hypothese des Lexikalischen Lernens nehmen keinen abrupten, reifungsgesteuerten Übergang von unterspezifizierten zu zielsprachlichen Repräsentationen an (vgl. u.a. Clahsen/Eisenbeiß/Vainikka 1994, Müller et al. 2002). Vielmehr gehen sie von einer Übergangsphase aus, in der sich bereits erste Belege für die distinktive Verwendung verschiedener funktionaler Elemente finden, solche Elemente aber noch in weniger als 90% aller obligatorischen Kontexte auftreten. Wie ich in Kapitel III dargelegt habe, kann man eine solche Übergangsphase mit atomaren grammatischen Kategorien, Phrasenstrukturschablonen, Regeln oder globalen Parametern nur unzureichend erfassen. Wenn man solche Erklärungskonzepte verwendet, muß man nämlich entweder davon ausgehen, daß ein Kind über eine Kategorie, eine Regel oder einen Parameterwert verfügt, oder man muß annehmen, daß diese vollständig fehlen. Die Idee des merkmalsbasierten Strukturaufbaus ermöglicht es hingegen, das Nebeneinander von zielsprachlichen und nicht-zielsprachlichen Strukturen in Übergangsphasen zu erfassen: Wenn sich die syntaktische Struktur von Sätzen nicht aus einem festen Inventar von Kategorien und Projektionen, grammatischen Regeln oder Satzstrukturschablonen ergibt, sondern Das Entwicklungsproblem 491 aus der Interaktion von Metaprinzipien und Lexikoneinträgen mit bestimmten Merkmalsspezifikationen, müssen spracherwerbende Kinder nämlich die Merkmalsspezifikationen der Zielsprache identifizieren und entsprechende Lexikoneinträge für Vollformen bzw. Affixe aufbauen, in die sie diese Spezifikationen integrieren können. Wie ich in Kapitel II.4 erläutert habe, läßt sich der Erwerbsprozeß auf der Basis dieser Annahmen als ein schrittweiser Prozeß konzipieren, bei dem es zu Entwicklungsdissoziationen, Übergeneralisierungen und Untergeneralisierungen kommen kann: Erstens gibt es in einem rein lexikonbasierten Grammatikmodell ohne Satzstrukturschablonen keinen Grund für die Annahme, daß alle Lexikoneinträge für funktionale Elemente zum selben Zeitpunkt erworben werden müssen (vgl. Roeper 1996). Dementsprechend sind Entwicklungsdissoziationen beim Erwerb von lexikalischen Elementen zu erwarten. Beispielsweise könnte ein Kind über einen Lexikoneintrag L1 für ein funktionales Element F1 verfügen, aber noch keinen Lexikoneintrag L2 für das funktionale Element F2 aufgebaut haben. Dann sollten zu diesem Zeitpunkt Strukturen mit der funktionalen Projektion L1P belegt sein, Projektionen von L2 sollten hingegen nicht vorkommen. Daß dies der Fall ist, habe ich in Kapitel III.2 am Beispiel von D-Elementen gezeigt, für die ich Entwicklungsdissoziationen zwischen unbestimmten Artikeln und bestimmten Artikeln nachgewiesen habe. Zweitens besteht in einem merkmalsbasierten Grammatikmodell ohne festes universelles Merkmalsinventar die Möglichkeit, daß in einer Sprache S1 zwei Merkmale M1 und M2 syntaktisch aktiv sind und projizieren, in einer Sprache S2 hingegen nur das Merkmal M1 und in einer Sprache S3 nur das Merkmal M2. Ebenso müssen zwei Merkmale M1 und M2, die in einer Sprache zusammen projizieren, im Erwerb nicht notwendigerweise zum selben Zeitpunkt instantiiert werden. Dementsprechend sind Entwicklungsdissoziationen bei der Instantiierung der zielsprachlichen Merkmale zu erwarten. So könnte ein Kind bereits über Lexikoneinträge mit dem Merkmal M1 verfügen und entsprechende Strukturen benutzen, während M2 noch nicht syntaktisch aktiv ist. Solche Entwicklungsdissoziationen habe ich u.a. für das System der deutschen D-Elementflexion dokumentiert: Zum einen habe ich nachgewiesen, daß die Instantiierung der [±FEM]Distinktion vor dem Erwerb der [±MASK]-Distinktion erfolgen kann - und daß diese Entwicklungsdissoziation zu vorübergehenden Übergeneralisierungen von Maskulinformen auf Neutrumkontexte führen kann; zum anderen habe ich gezeigt, daß das Merkmal [±lr] bei den Das Entwicklungsproblem 492 meisten untersuchten Kindern nach dem Merkmal [±hr] instantiiert wird - was zu systematischen Akkusativübergeneralisierungen auf Dativkontexte führt. Drittens habe ich in Kapitel II im Anschluß an Pinker (1984, 1999) angenommen, daß Kinder anfangs zunächst wortformspezifische Lexikoneinträge für einzelne Flexionsformen schaffen und erst später dekomponierte Repräsentationen für Stämme und Affixe aufbauen. Wenn dies der Fall ist, sollten Kinder eine Phase durchlaufen, in der sie zwar über einige Vollformeinträge mit Spezifikationen für ein Merkmal M1 verfügen, aber noch keinen separaten Affixeintrag mit einer Spezifikation für M1 haben. In dieser Phase sollte das betreffende Kind nur für diejenigen Lexeme Formen mit der entsprechenden Markierung produzieren, für die es entsprechend spezifizierte Vollformeinträge aufgebaut hat. Die overte Realisierung des Merkmals M1 sollte somit lexikalischen Beschränkungen unterliegen. Evidenz für solche anfänglichen lexikalischen Beschränkungen habe ich in Kapitel III u.a. bei der Analyse des Erwerbs von Nomenpluralen und Possessivmarkierungen erbracht. Somit läßt sich auf der Basis der Idee des merkmalsbasierten Strukturaufbaus ein Modell des Spracherwerbsmechanismus entwickeln, das auf der Interaktion von Prinzipien und Merkmalsspezifikationen beruht, Entwicklungsdissoziationen beim Aufbau von Lexikoneinträgen und bei der Merkmalsinstantiierung sowie anfängliche lexikalische Beschränkungen von morphologischen Markierungen erlaubt. In einem solchen Modell läßt sich der Erwerbsprozeß als ein schrittweiser Ausdifferenzierungsprozeß konzipieren, der durch den Aufbau von Lexikoneinträgen und die Integration von Merkmalsspezifikationen in diese Lexikoneinträge gesteuert wird. Damit ergibt sich die zeitliche Ausdehnung der sprachlichen Entwicklung ohne weitere Zusatzannahmen zu Reifungsprozessen direkt aus dem Aufbau lexikalischer Repräsentationen mit zielsprachlichen Merkmalsspezifikationen. Zugleich lassen sich die beobachtbaren Gemeinsamkeiten von Kinder- und Erwachsenensprache in einem solchen Modell auf verschiedene Faktoren zurückführen: (i) auf die frühe Verfügbarkeit der angenommenen Metaprinzipien, (ii) auf das Vorliegen von Lexikoneinträgen, die zumindest für einen Teil der zielsprachlichen Merkmale spezifiziert sind, sowie (iii) auf das Vorliegen von unanalysierten oder nur teilweise analysierten Strukturen, die im Verlauf der weiteren Entwicklung noch reanalysiert werden müssen, aber sich formal nicht von zielsprachlichen Strukturen unterscheiden (vgl. z.B. die zielsprachliche Verwendung der DeterminiererNomen-Kombination die-henne in einem Nominativkontext: da ist die-henne). Das Entwicklungsproblem 493 Für die Unterschiede zwischen Kinder- und Erwachsenensprache kann man hingegen die folgenden Ursachen angeben: (i) die fehlende Verfügbarkeit von Lexikoneinträgen, (ii) die Unterspezifikation von Lexikoneinträgen im Vergleich zu den entsprechenden Lexikoneinträgen der Zielsprache sowie (iii) die Verwendung von unanalysierten Strukturen in Kontexten, in denen diese Strukturen nicht angemessen sind (vgl. z.B. die nicht-zielsprachliche Verwendung der Determinierer-Nomen-Kombination die-henne in einem Dativkontext: mit die-henne). Auf den Erwerb der Satzstruktur und der Verbalmorphologie sollte sich ein solches Modell meines Erachtens ohne größere Modifikationen übertragen lassen: Auch in diesem Phänomenbereich fand man nämlich anfängliche lexikalische Beschränkungen - z.B. Beschränkungen von Finitheitsmarkierungen auf Modale oder die Kopula (vgl. u.a. Clahsen 1990). Außerdem zeigten sich auch hier Entwicklungsdissoziationen - z.B. zwischen dem relativ frühen Finitheitserwerb und dem relativ späten Auftreten von W-Elementen in Fragesätzen (vgl. u.a. Clahsen/ Penke/Parodi 1993, Clahsen/Kursawe/Penke 1996, Penke 2001). Diese Beobachtung ließe sich durch die Annahme erfassen, daß die Finitheitsmerkmale in C, die für die V2-Stellung verantwortlich sind, vor den W-Merkmalen in C instantiiert werden (vgl. u.a. Clahsen/Penke/ Parodi 1993, Clahsen/Eisenbeiß/Penke 1996). Die Position, in die finite Verben bewegt werden, entspräche bei einer solchen Analyse dann nicht der zielsprachlichen C0-Position, sondern wäre im Vergleich zu dieser unterspezifiziert. Das Ordnungsproblem 3 494 Das Ordnungsproblem Daß Merkmale prinzipiell unabhängig voneinander instantiiert werden können, bedeutet nicht, daß es keine Beschränkungen für die Reihenfolge der Instantiierungsprozesse geben kann. Außerdem ergaben sich bei den Analysen in Kapitel III einige Generalisierungen über Erwerbsreihenfolgen, die der Erklärung bedürfen. Die Frage, worauf solche Generalisierungen beruhen, ist eine zentrale Frage, mit der sich eigentlich jede Theorie des Spracherwerbs auseinandersetzen müßte. Dennoch spielt das Ordnungsproblem in der aktuellen psycholinguistischen Diskussion eine eher untergeordnete Rolle. Dies liegt meines Erachtens zum Teil am Scheitern der Theorie der derivationellen Komplexität, in der Entwicklungsabfolgen für syntaktische Konstruktionen allein aus der Anzahl involvierter Transformationen abgeleitet wurden (Miller/Chomsky 1963, Brown/Hanlon 1970). Wie in Kapitel I erläutert, stellte diese Theorie den ersten rein linguistisch basierten Versuch zur Erklärung von Entwicklungssequenzen dar. Zuvor hatte man die Struktur des Erwerbsverlauf entweder überhaupt nicht ausführlicher diskutiert, oder man hatte sie auf die generelle kognitive Entwicklung und den Erwerb der sprachlich ausgedrückten Konzepte zurückgeführt. Dementsprechend hoch waren dann auch die Erwartungen an die Theorie der derivationellen Komplexität - und um so größer war nach ihrem Scheitern auch die Skepsis gegenüber dem Versuch, Erwerbssequenzen aus der syntaktischen Komplexität der involvierten Strukturen herzuleiten. Diese Skepsis war meines Erachtens berechtigt: Zum einen war der Komplexitätsmaßstab der Theorie der derivationellen Komplexität - die Anzahl involvierter Transformationen - nicht direkt an das Auftreten von morphologischen oder syntaktischen Elementen gebunden und daher sehr theorieabhängig; zum anderen war diese Theorie nicht in ein generelleres Modell des Spracherwerbsmechanismus eingebettet. Dadurch blieb unklar, auf welche Weise die syntaktische Komplexität die Erwerbsreihenfolgen beeinflußt. Auch "klassische" Parameter bieten keine gute Ausgangsbasis für eine Lösung des Ordnungsproblems. Sie liefern nämlich weder einen Komplexitätsmaßstab noch sind sie per definitionem aufeinander bezogen. Daher postulierte man in der PPT zum einen Reifungspläne und zusätzliche Erwerbsprinzipien wie das Teilmengenprinzip; zum anderen versuchte man in Unique-Trigger-Ansätzen, Entwicklungsreihenfolgen auf Implikationsbeziehungen zwischen Das Ordnungsproblem 495 Parameterfixierungsprozessen, oder aber auf die Zugänglichkeit von Auslöserdaten zurückzuführen (vgl. Nishigauchi/Roeper 1987, Roeper/Weissenborn 1990, Roeper/deVilliers 1992, Penner 1994, Penner/Weissenborn 1996). Dabei wurde meines Wissens allerdings nie ein komplexeres System von implikativen Zusammenhängen zwischen Parameterfixierungsprozessen vorgeschlagen. Dazu hätte man die jeweiligen Auslöserdaten präzise benennen und erklären müssen, warum ihre Analyse die Fixierung anderer Parameter voraussetzt. Dies hat man in PPT-Ansätzen jedoch meist vermieden. In Kapitel II.4 habe ich die Idee, daß Erwerbsreihenfolgen durch Implikationsbeziehungen sowie durch die Zugänglichkeit von relevanten Inputdaten bedingt sind, auf das vorgeschlagene merkmalsbasierte Modell übertragen und davon ausgehend einige Arbeitshypothesen zu Erwerbsreihenfolgen beim Kasus- und Genuserwerb aufgestellt, die ich dann in Kapitel III getestet habe. Die erste Arbeitshypothese zum Ordnungsproblem, die empirisch überprüft wurde, beruhte auf der Annahme, daß Kinder Genusmerkmale instantiieren, wenn sie beim Paradigmenaufbau auf Formdistinktionen stoßen, die nicht aus Unterschieden in den Outputspezifikationen der kontrastieren Formen abgeleitet werden können und daher auf Unterschiede im Anwendungsbereich dieser Formen zurückgeführt werden müssen. Aus dieser Annahme folgt nämlich die Vorhersage, daß Kinder Genusmerkmale erst dann etablieren können, wenn sie beginnen, auf der Basis von relationalen und funktionalen Merkmalsspezifikationen morphologische Paradigmen für die Trägerelemente von Genusmerkmalen aufzubauen (vgl. Arbeitshypothese O-I). Diese Vorhersage konnte in Kapitel III.3 anhand von Untersuchungen zum D-Element- und Pronomenerwerb bestätigt werden: In diesen Untersuchungen konnte man nämlich eine schrittweise Ausdifferenzierung des D-Element- bzw. Pronomensystems beobachten, bei der sich Genusdistinktionen erst dann zeigten, wenn bereits andere Distinktionen etabliert waren. Daß der Erwerb von Genusdistinktionen an den Erwerb anderer Distinktionen gebunden ist, würde man hingegen nicht erwarten, wenn man von einer rein distributionalen oder von einer rein semantisch basierten Analyse des Genuserwerbs ausgeht (vgl. Kapitel III.3.1). Dann sollte der Genuserwerb nämlich völlig unabhängig von anderen morphologischen Distinktionen erfolgen können. Das Ordnungsproblem 496 Außerdem wäre es im Rahmen solcher Analysen nicht möglich zu erklären, warum der Erwerb von Pluralendungen an Nomina im Hebräischen eine Voraussetzung für die Produktion von zielsprachlichen Kongruenzmarkierungen an Adjektiven und Verben zu sein scheint (vgl. Kapitel III.3.2, Levy 1983). Diese Beobachtung läßt sich hingegen ohne Zusatzannahmen erfassen, wenn Kinder Genusdistinktionen erst dann etablieren, wenn sie auf der Basis anderer Distinktionen Trägerelementparadigmen schaffen. Somit sollten sie nämlich die Genusdistinktionen an hebräischen Adjektiven und Verben erst erwerben können, wenn die Numerusdistinktionen an Nomina etabliert und davon ausgehend Singular- und Pluralzellen für die Adjektive und Verben aufgebaut worden sind, die mit den Nomina kongruieren und als Trägerelemente für Genusmarkierungen dienen können. Vor diesem Zeitpunkt sollten die Genusmerkmale, die in der Zielsprache den Anwendungsbereich von nominalen Pluralmarkierungen beschränken, noch nicht die Distribution dieser Markierungen bestimmen können. Dies könnte zum einen erklären, warum das Mask.Pl.-Affix beim Hebräischerwerb anfangs für Nomina beider Genera gebraucht wird; zum anderen könnte man durch diese Annahme die Beobachtung erfassen, daß der Auslaut der Singularform - der stark mit dem Genus korreliert - so lange als Inputbedingung für die Pluralmarkierungen dient, bis die zielsprachlichen Genusspezifikationen erworben sind und als Inputbedingungen fungieren können. Die zweite Arbeitshypothese zum Ordnungsproblem ergab sich aus der Annahme, daß der Dativ der Defaultkasus für das mittlere Argument dreiwertiger Verben ist, während alle anderen Dativmarkierungen auf lexemspezifischen Eigenschaften der jeweiligen Kasusmarkierer beruhen, die Verb für Verb bzw. Präposition für Präposition erlernt werden müssen (Arbeitshypothese O-II). Wenn diese Annahme zutrifft, sollten zum Dativerwerb Äußerungen mit drei Verbargumenten erforderlich sein. Solche Äußerungen liefern aber zugleich Evidenz für die Nominativ/Akkusativ- bzw. Absolutiv/Ergativdistinktion, während zum Erwerb dieser Distinktionen Inputdaten mit einem und zwei Verbargumenten genügen, die nicht zum Dativerwerb beitragen (Arbeitshypothese O-III). Dementsprechend sollten Dativmarkierungen erst dann zu beobachten sein, wenn sich in den entsprechenden Daten auch Evidenz für die Nominativ/ Akkusativ- bzw. Absolutiv/Ergativdistinktion finden läßt. Diese Vorhersage konnte durch Erwerbsstudien zu Akkusativ- und Ergativsprachen bestätigt werden (vgl. Kapitel III.3). Zugleich ergaben sich bei den Untersuchungen zum Deutschen Das Ordnungsproblem 497 für Dativmarkierungen an indirekten Objekten Korrektheitsraten, die den Korrektheitsraten für die Defaultnominativmarkierungen an Subjekten und die Defaultakkusativmarkierungen an direkten Objekten und Präpositionskomplementen entsprachen. Dies unterstützt die Annahme, daß der Dativ der Defaultkasus für das mittlere Argument eines dreiwertigen Verbs ist. Für Dativmarkierungen an Objekten ein- und zweiwertiger Verben und Präpositionskomplementen wurden hingegen signifikant niedrigere Korrektheitsraten und systematische Übergeneralisierungen von Nominativ- bzw. Akkusativmarkierungen beobachtet - wie es zu erwarten ist, wenn Kinder erst noch die spezifischen Kasuszuweisungseigenschaften der betreffenden Verben bzw. Präpositionen erwerben müssen. Daß beim Erwerb von lexikalischen Elementen und bei der Etablierung von morphologischen Distinktionen an D-Elementen, Nomina und Pronomina Beschränkungen für Erwerbsreihenfolgen beobachtet wurden, läßt sich nicht auf das Vorliegen eines festen Reifungsplans zurückführen. Es gibt nämlich durchaus eine gewisse Variabilität in bezug auf den Entwicklungsverlauf: So konnte z.B. in Kapitel III.2 gezeigt werden, daß beim Erwerb des Deutschen, Englischen, Französischen, Griechischen und Niederländischen der unbestimmte Artikel vor dem bestimmten Artikel auftritt, während sich beim Erwerb des Italienischen, Spanischen und Schwedischen die umgekehrte Erwerbsreihenfolge zeigt. Außerdem konnte ich in Kapitel III.3.2 nachweisen, daß deutsche Kinder Numerusmarkierungen an Nomina vor Kasusmarkierungen an diesen Elementen erwerben. Bei griechischen Kindern ist hingegen die umgekehrte Abfolge zu beobachten. Insgesamt betrachtet sprechen die empirischen Untersuchungen zum Ordnungsproblem somit dafür, daß der Grammatikerwerb ein schrittweiser Prozeß ist, dessen zeitliche Struktur nicht durch einen festen Reifungsplan festgelegt ist, sondern nur durch Implikationsbeziehungen zwischen Erwerbsprozessen sowie durch Unterschiede in der Zugänglichkeit der jeweiligen Inputdaten beschränkt wird. Das Bootstrappingproblem 4 498 Das Bootstrappingproblem Wie ich bereits in Kapitel I.4 erläutert habe, reicht selbst die Annahme von angeborenen substantiellen und formalen Universalien für sich genommen noch nicht aus, um den Erwerb der zielsprachlichen Grammatik zu erfassen. Es muß nämlich noch geklärt werden, wie Kinder Instanzen dieser Kategorien im Input identifizieren. Der Lösungsansatz, den Pinker (1984) für dieses Problem vorgeschlagen hat, basiert auf der Hypothese des semantischen Bootstrapping. Dieser Hypothese zufolge können Kinder unabhängig vom Grammatikerwerb die Bedeutung einiger Inhaltswörter lernen und mit Hilfe von Kontextinformationen erste semantische Repräsentationen für Inputsätze konstruieren. Davon ausgehend können sie dann morphologische Realisierungen von angeborenen Kategorien im Input ermitteln, da sie bestimmte Korrelationen zwischen diesen Kategorien und angeborenen semantischen Konzepten erwarten. Die anfänglichen Annahmen über Korrelationen zwischen Konzepten und grammatischen Kategorien müssen Pinkers Auffassung nach im Verlauf des Erwerbs allerdings revidiert werden, da in natürlichen Sprachen keine strikten 1:1-Beziehungen zwischen Konzepten und grammatischen Kategorien bestehen. So werden zwar Handlungen prototypischerweise durch Verben ausgedrückt, und Namen von Personen oder Dingen werden im allgemeinen durch Nomina realisiert; zur Bezeichnung von Handlungen dienen aber nicht nur Verben wie tanzen, sondern auch Nomina wie Tanz. Daher müssen Kinder, nachdem sie die Grundstruktur ihrer Zielsprache ermittelt haben, durch strukturabhängiges distributionelles Lernen auch solche Elemente kategorisieren, für die keine einfachen Abbildungen von Konzepten auf grammatische Kategorien gelten - wie z.B. das Nomen Tanz. In den vorangegangenen Kapiteln hatte ich Pinkers Annahme übernommen, daß Beziehungen zwischen konzeptuellen und morpho-syntaktischen Repräsentationen eine zentrale Rolle beim Einstieg ins zielsprachliche grammatische System spielen; auf die Annahme angeborener Verknüpfungen von grammatischen Kategorien und grammatikalisierbaren Konzepten hatte ich aber verzichtet. Statt dessen habe ich für eine minimalistische Analyse argumentiert, bei der nur das Relationserhaltungsprinzip die Abbildungen zwischen konzeptuellen, semantischen und morpho-syntaktischen Repräsentationen und deren Erwerb beschränkt. Außerdem hatte ich zwei Modifikationen vorgenommen, die ich in den vorangegangenen Kapiteln konzeptuell und empirisch begründet habe: Zum einen habe ich keinen kategorien- Das Bootstrappingproblem 499 basierten Ansatz vertreten, sondern einen merkmalsbasierten; zum anderen habe ich nicht für einen konzeptbasierten Ansatz plädiert, dem zufolge Kinder von Konzepten ausgehen und im Input nach Realisierungen dieser Konzepte suchen. Vielmehr habe ich für einen formbasierten Ansatz argumentiert, dem zufolge das Spezifizitätsprinzip Kinder dazu zwingt, morpho-syntaktische Merkmale zu instantiieren, wenn sie bei der Analyse des sprachlichen Inputs auf minimale Formkontraste stoßen. Der Hauptvorzug eines merkmalsbasierten Ansatzes gegenüber einem kategorienbasierten Ansatz besteht meiner Auffassung nach darin, daß ein solcher Ansatz eine differenzierte Beschreibung von natürlichen Klassen grammatischer Elemente erlaubt und die Unterscheidung zwischen semantischem Bootstrapping und distributionellem Lernen sowie die Annahme von zusätzlichen Strategien überflüssig macht. Dies hat sich in erster Linie bei der Auseinandersetzung mit dem Kasuserwerb gezeigt (vgl. Kapitel II.3.5, Kapitel II.4 und Kapitel III.3.4): In Pinkers (1984, 1989) kategorienbasierten Analysen erfolgt der Kasuserwerb dadurch, daß Kinder im Input nach morphologischen Markierungen an Argumenten suchen, die eine bestimmte semantische Rollen tragen (z.B. AGENS oder PATIENS) bzw. als Argument eines bestimmten Prädikats fungieren (z.B. ACT). Dies genügt - wie in Kapitel III.3.4.1 ausführlich erläutert - für sich genommen aber noch nicht, um zu entscheiden, ob die betreffende Zielsprache ein Akkusativsystem aufweist, oder aber ein Ergativsystem. In dieser Analyse fehlen nämlich Konzepte oder Merkmale, mit denen man erfassen könnte, daß Argumente intransitiver Verben bei der Kasusmarkierung sowohl mit dem AGENS als auch mit dem PATIENS transitiver Verben natürliche Klassen bilden können, die sich durch eine einheitliche Kasusmarkierung auszeichnen (Nominativ bzw. Absolutiv). Dementsprechend läßt sich keine konzeptuelle Basis für den Erwerb von Kasusmarkierungen für diese Argumentklassen angeben, und Pinker muß annehmen, daß Kinder die Kasusmarkierungen für die drei Argumenttypen getrennt erwerben und miteinander vergleichen müssen. Solche Strategien involvieren stets den Vergleich zwischen Argumenten transitiver und intransitiver Verben. Damit setzen sie voraus, daß Kinder zwischen diesen beiden Typen von Argumenten stets unterscheiden können. Dies ist aber in [+pro-drop]-Sprachen wie dem Japanischen oder dem Baskischen problematisch. Bei solchen Sprachen werden nämlich nicht alle Argumente eines Verbs auch tatsächlich durch eine Nominalphrase overt realisiert. Daher können Kinder z.B. aus dem Nicht-Auftreten einer Objektnominalphrase bei einem transitiven Das Bootstrappingproblem 500 Verb wie tragen nicht schließen, daß das betreffende Verb intransitiv ist. Es könnte sich auch um eine Äußerung mit einem transitiven Verb handeln, bei der das Objekt ausgelassen wurde, da es aus dem Kontext rekonstruiert werden konnte. Diese Unklarheit über die Anzahl von Argumenten würde im Ansatz von Pinker (1984) insbesondere beim Erwerb von Ergativsprachen mit optionalen Argumenten zu Lernbarkeitsproblemen führen: Insbesondere könnte ein Kind beim Erwerb einer solchen Sprache viele Äußerungen mit ausgelassenem Objekt vorfinden und die Subjekte dieser Sätze nicht als Subjekte transitiver Verben analysieren, sondern als Subjekte intransitiver Verben. Dann könnte das betreffende Kind die Ergativmarkierung an diesen Subjekten fälschlicherweise als Nominativmarkierung analysieren. Ein kategorienbasierter Ansatz zum Kasuserwerb, wie ihn Pinker (1989) vertritt, ist somit nicht nur unökonomisch, weil er die Annahme zusätzlicher Lernstrategien erforderlich macht. Diese Lernstrategien würden auch zu Problemen beim Erwerb von Sprachen mit optionalen Argumenten führen. Daher habe ich in Kapitel II.3.5 eine merkmalsbasierte Erklärung des Kasuserwerbs vorgeschlagen. Diese beruht auf der Annahme, daß Kinder ermitteln können, welche Ereignispartizipanten Kontrolle über das betreffende Ereignis ausüben und welche asymmetrischen Abhängigkeitsbeziehungen zwischen diesen Partizipanten bestehen. Davon ausgehend sollten sie mit Hilfe des Relationserhaltungsprinzips semantische Repräsentationen aufbauen können, bei denen die einzelnen Argumente für das Merkmal [±c] sowie für die beiden Merkmale [±hr] und [±lr] spezifiziert sind, die für die Kasusdistribution in Aktiv/Inaktivsprachen bzw. Akkusativ- und Ergativsprachen verantwortlich sind. Mit diesen beiden Merkmalen lassen sich zugleich die Klassen von Argumenten charakterisieren, die bei der Kasusmarkierung zu beobachten sind: Insbesondere lassen sich bei den Sprachen, deren Erwerb ich diskutiert habe, akkusativisch markierte [+hr]-Argumente von nominativisch markierten [-hr]-Argumenten abgrenzen bzw. ergativisch markierte [+lr]-Argumente von [-lr]-Argumenten mit Absolutivmarkierungen unterscheiden. Um diese Spezifikationen zu erwerben, müssen Kinder lediglich feststellen, ob das Auftreten der einzelnen Kasusmarkierungen mit dem Vorliegen von positiven Spezifikationen für die Merkmale [±hr] oder [±lr] einhergeht. Gegebenenfalls müssen sie dann die entsprechenden positiven Spezifikationen in den Lexikoneintrag für die jeweiligen Markierungen aufnehmen. Sie sollten weder explizit Argumente verschiedener Verbtypen miteinander vergleichen Das Bootstrappingproblem 501 müssen, noch sollten sie sich bei der Analyse von Kasusmarkierungen anfangs auf Argumente mit den Θ-Rollen AGENS, ACTOR, PATIENS oder GOAL beschränken müssen und die so erworbenen Markierungen erst später durch distributionelles Lernen auf Argumente mit anderen Θ-Rollen generalisieren. Dabei stellen auch Äußerungen mit ausgelassenen Argumenten, die für [+pro-drop]Sprachen charakteristisch sind, kein Problem dar. Kinder müssen diesem Ansatz zufolge nämlich nicht für alle Äußerungen zwischen Argumenten transitiver und intransitiver Verben unterscheiden können. Sie müssen lediglich feststellen, ob eine morphologische Markierung, die sie an einem DP-Argument vorfinden, mit dem Vorliegen einer [+hr]-, [+lr]- oder [+c]-Spezifikation an diesem Argument einhergeht. Nur diese positiven Spezifikationen werden nämlich in den Lexikoneintrag für die entsprechende Kasusmarkierung integriert. Dabei werden positive [+hr]- und [+lr]-Spezifikationen für ein Argument A1 nur dann angenommen, wenn dieses Argument A1 im Kontrast mit einem höheren oder niedrigeren Argument A2 steht. Wird das Argument A2 nicht overt realisiert, erhält A1 keine positive Spezifikation für die Merkmale [±hr] bzw. [±lr]. Dementsprechend wird keine positive Spezifikation in den Eintrag für die Kasusmarkierung an A1 aufgenommen. Diese Markierung wird aufgrund des Prinzips der radikalen Unterspezifikation aber auch nicht explizit negativ spezifiziert. Somit werden keine Spezifikationen vorgenommen, die später wieder überschrieben werden müßten. D.h., auch die Optionalität von overten Argumenten führt nicht zu Fehlanalysen, die später revidiert werden müßten. Äußerungen mit ausgelassenen Argumenten liefern lediglich keine positive Evidenz für den Aufbau von Lexikoneinträgen für Kasusmarkierungen. Dies kann aber durch andere Äußerungen mit overten Argumenten wieder ausgeglichen werden, ohne daß Revisionen vorheriger Analysen vorgenommen werden müßten. Die Erwerbsstudien in Kapitel III.3.4 haben gezeigt, daß Kinder Kasusmarkierungen nicht auf Argumente mit bestimmten syntaktischen Funktionen oder Θ-Rollen untergeneralisieren, wie man es bei Pinkers Analyse erwarten würde. Außerdem traten beim Erwerb von [+prodrop]-Sprachen auch dann keine Erwerbsprobleme auf, wenn die betreffende Sprache - wie das Baskische - ein Ergativsystem aufwies. Dies spricht dafür, daß eine Analyse ohne distributionelles Lernen und zusätzliche Strategien nicht nur ökonomischer ist als Pinkers Analyse, sondern auch den empirischen Befunden besser gerecht wird. Das Bootstrappingproblem 502 Während sich bei Analysen des Kasuserwerbs in erster Linie die Vorteile eines merkmalsbasierten Ansatzes gegenüber einem kategorienbasierten Ansatz zeigten, wurden bei der Erklärung des Genuserwerbs besonders die Vorzüge eines formbasierten Ansatzes gegenüber einem konzeptbasierten Ansatz deutlich. Für Genera lassen sich nämlich nicht immer semantische Konzepte angeben, auf deren Basis man die entsprechenden Formen im Input identifizieren könnte. Außerdem scheinen Kinder beim Genuserwerb keine Probleme mit dem Erwerb von Genussystemen zu haben, in denen das natürliche Geschlecht nur eine untergeordnete Rolle bei der Wahl des entsprechenden Genus spielt (vgl. Levy 1983). Dies kann man im Rahmen der in Kapitel II.3.6 erläuterten formbasierten Analyse des Genuserwerbs erfassen. Diese basiert auf der Hypothese, daß Kinder Genusmerkmale instantiieren, wenn sie beim Aufbau von Paradigmen für die Trägerelemente von Genusmerkmalen auf Formkontraste stoßen, die sich nicht auf Unterschiede in der Funktion der betreffenden Formen zurückführen lassen. Dann zwingt sie nämlich das Spezifizitätsprinzip dazu, nach unterschiedlichen Inputspezifikationen für die kontrastierenden Formen zu suchen. Dabei wird, wie in Kapitel II.3.6 und Kapitel II.4 erläutert, eine positive Genusspezifikation vorgenommen, (i) (ii) (iii) wenn es sich bei der betreffenden Form um eine morphologisch markierte Form handelt, die mit einer unmarkierten Form kontrastiert, wenn das Auftreten der betreffenden Trägerelementform auf eine Klasse von Nomina beschränkt ist, die gemeinsame phonologische oder semantische Eigenschaften aufweisen, während die übrigen Trägerelementformen keine solchen Beschränkungen erkennen lassen, oder wenn eine positive Genusspezifikation erforderlich ist, um die betreffende Trägerelementform auf einen bestimmten Kasus- oder Numeruskontext einzuschränken. Dabei kann die Zuweisung von positiven Genusspezifikationen bei den Optionen (i) und (ii) unabhängig von der Instantiierung anderer Merkmale erfolgen. Bei Option (iii) kann die betreffende Spezifikation hingegen nur in Verbindung mit der Instantiierung eines anderen Merkmals zugewiesen werden. Daraus habe ich in Kapitel II.4 die Arbeitshypothese abgeleitet, daß Genusdistinktionen, die nicht durch die Optionen (i) und (ii) etabliert werden können, erst dann vorgenommen werden, wenn das entsprechende relationale oder funktionale Merkmal instantiiert wird. Diese Hypothese konnte in Kapitel III.3 bestätigt werden: Insbesondere sprechen die empirischen Befunde in Kapitel III.3.1 dafür, daß deutsche Kinder das Merkmal [±FEM] instantiieren, sobald sie zwischen einer Singular- und einer Pluralzelle für D-Elemente Das Bootstrappingproblem 503 unterscheiden. Diese Distinktion könnte auf der Basis von Kontrasten zwischen unmarkierten und markierten Formen etabliert werden (vgl. Option (i)). Die [±MASK]-Distinktion scheint hingegen erst erworben werden zu können, wenn Kinder Lexikoneinträge für die Akk.Mask. Sg.-Endung -n mit dem Merkmal [+hr] aufbauen und diese Markierung auf Maskulinkontexte einschränken müssen. Insgesamt betrachtet ist der vorgeschlagene form- und merkmalsbasierte Bootstrappingansatz somit nicht nur ökonomischer als die entsprechenden Analysen von Pinker, er kann auch die Erwerbsdaten besser erfassen. Dabei haben sich die Vorzüge der Merkmalsbasiertheit v.a. bei Analysen des Kasuserwerbs gezeigt, die Vorteile der Formbasiertheit v.a. bei Analysen zum Genuserwerb. Spracherwerbsforschung und theoretische Linguistik 5 504 Spracherwerbsforschung und theoretische Linguistik Ob man von der Idee des merkmalsbasierten Strukturaufbaus ausgeht - oder z.B. von einem kategorienbasierten Ansatz mit universellen Satzbauplänen, hat nicht nur Implikationen für die Entwicklung von Lösungsansätzen zum logischen Problem, zum Entwicklungsproblem, zum Ordnungsproblem und zum Bootstrappingproblem; es könnten sich auch Konsequenzen für die Interaktion von linguistischer und psycholinguistischer Theoriebildung ergeben. Wie ich in Kapitel I erläutert habe, begann diese Interaktion erst, als man im Strukturalismus begann, die Kindersprache als ein eigenständiges System mit formalen Gesetzmäßigkeiten zu betrachten. Eine Kooperation, die über die Anwendung linguistischer Analyseverfahren auf Erwerbsdaten hinausging, entwickelte sich allerdings erst, als man in der generativen Linguistik ein mental repräsentiertes, autonomes sprachliches Wissenssystem postulierte, das auf der Basis angeborener formaler und substantieller Universalien erworben und durch diese restringiert wird. Damit wurden die Grundlagen der formalen Gesetzmäßigkeiten der Zielsprache nämlich mit dem Spracherwerbsmechanismus gleichgesetzt. Dementsprechend konnte man nun davon ausgehen, daß Erwerbsuntersuchungen Aufschluß über die genetischen Grundlagen der menschlichen Sprachfähigkeit und die Struktur der Zielsprache geben können. Umgekehrt konnte man natürliche Sprachen auf ihre universellen und variablen Eigenschaften hin untersuchen, um so Informationen über den Spracherwerbsmechanismus zu erlangen. In der Psycholinguistik entwickelte man allerdings zunächst keine eigenständigen Modelle, sondern versuchte, den Spracherwerb direkt mit linguistischen Modellen oder mit unmittelbar aus ihnen abgeleiteten Hypothesen zu erklären - wie z.B. im Rahmen der Theorie der derivationellen Komplexität (vgl. Kapitel I.3). Umgekehrt bezog man in die Konstruktion linguistischer Modelle lediglich einige nicht näher überprüfte Grundannahmen zum Spracherwerb ein - z.B. die Annahme, daß der Input defizitär sei (vgl. z.B. Chomsky 1965). Aus dem Scheitern der Theorie der derivationellen Komplexität wurden in den verschiedenen linguistischen und psycholinguistischen Ansätzen unterschiedliche Konsequenzen gezogen (vgl. Kapitel I.4): In einer Reihe von Ansätzen verzichtet man weitestgehend auf eine Kooperation bei der Modellbildung. Zu diesen Ansätzen zählen auf der einen Seite formal orientierte linguistische Ansätze wie die GPSG und die HPSG und auf der anderen Seite die rein deskriptiv orientierte Kindersprachforschung, die sich auf eine nicht linguistisch basierte Beschreibung der spezifischen Charakteristika der Kindersprache konzentriert. Spracherwerbsforschung und theoretische Linguistik 505 In anderen Ansätzen werden hingegen die psycholinguistischen Prämissen der generativen Grammatik empirisch überprüft sowie formale lernbarkeitstheoretische Modelle und eigenständige Spracherwerbstheorien entwickelt. Dabei kann der interdisziplinäre Austausch (i) auf die Modellebene beschränkt bleiben - wie bei der Entwicklung der PPT und in der formalen Lernbarkeitstheorie - oder kann sich (ii) auf die Erstellung grammatischer Analysen erstrecken - wie z.B. im Rahmen der vorliegenden Arbeit. ad (i) Kooperation auf der Modellebene Bei einer Kooperation auf der Modellebene werden in der theoretischen Linguistik Beschränkungen für mögliche natürliche Sprachen aufgestellt und Modelle des sprachlichen Wissenssystems, seiner genetischen Basis und seiner Komponenten entwickelt; in der Spracherwerbstheorie befaßt man sich hingegen vor allem mit Beschränkungen für die Funktionsweise und Leistungsfähigkeit des Erwerbsmechanismus sowie mit der Beziehung zwischen dem Input und dem zu erwerbenden Wissenssystem. Dabei wird ein paralleles Forschungsprogramm verfolgt, und zur Beschreibung und Erklärung der menschlichen Sprach(erwerbs)fähigkeit werden dieselben Konzepte verwendet. Ziel einer solchen Kooperation kann es sein, zu integrativen Modellen der menschlichen Sprach(erwerbs)fähigkeit zu gelangen. Um hierbei zirkuläre Argumentationen zu vermeiden, müssen die Annahmen der in Bezug gesetzten linguistischen und psycholinguistischen Modelle allerdings nicht nur miteinander kompatibel sein; sie müssen auch jeweils durch Evidenz aus dem eigenen Untersuchungsbereich unabhängig motiviert werden. Dies gilt insbesondere für die in der theoretischen Linguistik angenommenen Kategorien und Mechanismen sowie für die psycholinguistischen Annahmen zu Inputcharakteristika und Erwerbsverlauf. Darüber hinaus ist der Erfolg der Kooperation auf der Modellebene - wie die Diskussion in den vorangegangenen Kapiteln verdeutlicht hat - von den Konzepten abhängig, die durch die Modelle der theoretischen Linguistik bereitgestellt werden. Diese müssen einerseits zur Erfassung der Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Kinder- und Erwachsenensprache geeignet sein; andererseits müssen sie Lösungsansätze für zentrale Probleme der Spracherwerbsforschung ermöglichen, insbesondere für das logische Problem, das Entwicklungsproblem, das Bootstrappingproblem und das Ordnungsproblem. Spracherwerbsforschung und theoretische Linguistik 506 So bot z.B. die Verbindung von Parametern und Prinzipien in der PPT eine Basis für Lösungsansätze zum logischen Problem. Zugleich konnte man die Unterschiede und Gemeinsamkeiten von Kinder- und Erwachsenensprache mit diesen Konzepten ebenso erfassen wie die typologische Variation bzw. universelle Eigenschaften natürlicher Sprachen. Dementsprechend entwickelte sich im Rahmen der PPT-basierten Grammatiktheorie und Psycholinguistik eine aktive interdisziplinäre Forschung, die durch die Suche nach Evidenz für universelle Prinzipien und parametrische Variation bestimmt war (vgl. Kapitel I.5.2). Die PPT lieferte allerdings z.B. keine geeigneten Konzepte zur Behandlung des Entwicklungsproblems, des Ordnungsproblems und des Bootstrappingproblems. Das Merkmalskonzept ermöglicht hingegen nicht nur eine differenziertere Erfassung der Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Kinder- und Erwachsenensprache als die entsprechenden Konzepte der PPT (domänenspezifische Prinzipien und Parameter); es bietet wie in den vorangegangenen Kapiteln dargelegt - auch eine bessere Ausgangsposition für Lösungsansätze zum Entwicklungsproblem, zum Ordnungsproblem und zum Bootstrappingproblem als das Konzept der grammatischen Kategorie. So habe ich z.B. in Kapitel III.3.4 gezeigt, daß man den Einstieg ins Kasussystem besser erfassen kann, wenn man keine komplexen Kasuskategorien wie NOMINATIV annimmt, sondern von Kasusmerkmalen ausgeht, mit denen sich die natürlichen Klassen erfassen lassen, die Argumente bei der Kasusmarkierung bilden. Neben solchen generellen Überlegungen können auch konkrete Daten aus psycholinguistischen Untersuchungen zur Modellbildung in der theoretischen Linguistik beitragen. So zeigten z.B. die Untersuchungen zum Kasuserwerb (vgl. Kapitel III.3.4), daß ein merkmalsbasierter Ansatz zum Bootstrappingproblem nicht nur ökonomischer ist als ein kategorienbasierter, sondern auch die in den Erwerbsdaten beobachteten Übergeneralisierungsmuster besser erfaßt. ad (ii) Kooperation bei der Erstellung grammatischer Analysen Spracherwerbsforschung und theoretische Linguistik können nicht nur bei der Entwicklung von Erklärungsmodellen kooperieren, sondern auch bei der Erstellung grammatischer Repräsentationen für Äußerungen von Erwachsenen und Kindern. Eine solche Kooperation ist nur dann Spracherwerbsforschung und theoretische Linguistik 507 möglich, wenn Erwachsenensprache und Kindersprache mit denselben Beschreibungseinheiten erfaßt werden können. Dies war z.B. in strukturalistischen Ansätzen nicht der Fall, da die Beschreibungskategorien in diesen Ansätzen aus der Analyse des jeweiligen Korpus gewonnen wurden (vgl. Kapitel I.2). Dementsprechend fand im Strukturalismus und in der Pivot-Grammatik keine Kooperation bei der Erstellung grammatischer Analysen statt. Die Kooperation beschränkte sich vielmehr auf die Verwendung linguistischer Verfahren für die Analyse von Erwerbsdaten. In der generativen Grammatik und der an ihr orientierten Erwerbsforschung wird hingegen ein einheitliches Inventar von Beschreibungselementen angenommen, das auf angeborene formale und substantielle Universalien zurückgeführt wird. Dieses einheitliche Inventar bildet den Ausgangspunkt für die Kooperation bei der Erstellung grammatischer Analysen für Kindersprachdaten und Äußerungen der Erwachsenensprache. Zugleich determiniert das angenommene Inventar von Beschreibungselementen, inwieweit linguistische Analysen der Zielsprache zur Erstellung grammatischer Analysen für Kindersprachdaten beitragen können (vgl. Kapitel I.7.2): Je differenzierter die Analysen sind, die diese Beschreibungseinheiten erlauben, desto differenzierter lassen sich auch die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Kinder- und Erwachsenensprache beschreiben. So habe ich z.B. dargelegt, daß die Verwendung von Merkmalen die Beschreibung von Entwicklungsdissoziationen ermöglicht, die bei Erwerbsuntersuchungen zu den unterschiedlichen Realisierungen von funktionalen Kategorien beobachtet wurden. Diese Dissoziationen ließen sich im Rahmen einer kategorienbasierten Analyse nicht erfassen, da eine funktionale Kategorie in einer solchen Analyse entweder nur als Einheit oder überhaupt nicht syntaktisch aktiv sein kann. Inwieweit Grammatiktheorie und Spracherwerbsforschung bei der Erstellung grammatischer Analysen kooperieren können, hängt - neben dem verfügbaren Inventar an Beschreibungselementen - in erster Linie davon ab, welchen Status man der Kindersprache zuschreibt. Wie ich in Kapitel I.6 dargelegt habe, ist der Beitrag der theoretischen Linguistik zur Analyse von Kindersprachdaten nämlich maximal, wenn man die Kindersprache mit denselben formalen Prinzipien beschreiben kann wie die Erwachsenensprache und Beschränkungen des Hypothesenraums spracherwerbender Kinder auf diese Prinzipien zurückführen kann. Spracherwerbsforschung und theoretische Linguistik 508 Dafür, daß dies möglich ist, sprechen die in Kapitel I.5. diskutierten empirischen Befunde aus experimentellen Studien zu frühen Erwerbsphasen sowie die Befunde zum Erwerb von Possessivkonstruktionen, die für eine frühe Verfügbarkeit des Relationserhaltungsprinzips sprechen (vgl. Kapitel III.4). Darüber hinaus handelt es sich bei den Metaprinzipien, die in dieser Arbeit und anderen minimalistischen Ansätzen angenommen werden, um extrem generelle formale Prinzipien, die sich aus grundlegenden Aspekten der neuronalen Organisation ergeben - wie z.B. das Spezifizitätsprinzip (vgl. Kapitel I.7). Daher ist es unplausibel anzunehmen, daß solche Prinzipien in frühen Erwerbsphasen nicht gelten. Dementsprechend kommt den in minimalistischen linguistischen Ansätzen postulierten Metaprinzipien eine zentrale Bedeutung für die Erfassung der Regularitäten von Kindersprachdaten zu. Vom Status der Kindersprache hängt es nicht nur ab, wie groß der Beitrag der theoretischen Linguistik zur Spracherwerbsforschung sein kann. Der Status von Erwerbsdaten entscheidet umgekehrt auch, ob und inwiefern Erwerbsdaten die Datenbasis der theoretischen Linguistik erweitern können: Wenn die formalen Prinzipien, denen die Zielsprache unterliegt, von Anfang an verfügbar sind, können Erwerbsdaten für linguistische Untersuchungen zu formalen Prinzipien herangezogen werden. Einen besonderen Status haben Kindersprachdaten aber nur dann, wenn die Übergangsgrammatiken zwar den Wohlgeformtheitsbedingungen für Grammatiken natürlicher Sprachen unterliegen, aber im Vergleich zur Zielsprache noch unterspezifiziert sind - d.h. nur, wenn sowohl die Arbeitshypothese E-I als auch die Arbeitshypothese E-II zutrifft. Dann können Erwerbsdaten nämlich einen Typ von Evidenz liefern, den man durch die Analyse von Erwachsenensprachen nicht erlangen kann. So können die Erwerbsdaten beispielsweise - wie in dieser Arbeit gezeigt - einen Beitrag zur Debatte um die syntaktische Struktur der DP und die Grundprinzipien der Phrasenstruktur sowie zur Debatte um den Status des Dativs leisten. Geht man von der Idee des merkmalsbasierten Strukturaufbaus aus, können Grammatiktheorie und Spracherwerbsforschung somit nicht nur auf der methodischen Ebene miteinander kooperieren, sondern auch bei der Entwicklung und Überprüfung von Erklärungsmodellen und strukturellen Analysen. Dabei könnte die Erwerbsforschung möglicherweise einen eigenständigen Beitrag zur lingustischen Theoriebildung leisten. 510 Schlußbemerkungen Der Ausgangspunkt für diese Arbeit war die zunehmende Annäherung von theoretischer Linguistik und Spracherwerbsforschung, die in den letzten zehn Jahren zur Entwicklung minimalistischer Modelle der menschlichen Sprach(erwerbs)fähigkeit geführt hat (vgl. u.a. Chomsky 1995, 2001, Wunderlich/Fabri 1995, Jackendoff 1997 sowie die Beiträge in Clahsen 1996, Friedemann/Rizzi 2000). Im Rahmen dieser Modelle, deren Hintergrund ich in Kapitel I erläutert habe, versucht man, sowohl den Anforderungen an linguistische Beschreibungen natürlicher Sprachen als auch den Anforderungen an realistische Modelle des Spracherwerbs gerecht zu werden. Da jede der beteiligten Disziplinen dabei ihre eigenen Erkenntnisinteressen, Fragestellungen, Methoden und Erklärungskonzepte in die Diskussion einbringt, stellt sich zum einen die Frage, welche dieser Konzepte dem Untersuchungsgegenstand selbst am besten gerecht werden können; zum anderen muß man sich mit den Implikationen dieser Konzepte für die Interaktionsmöglichkeiten von Spracherwerbsforschung und theoretischer Linguistik befassen. Hierzu sollte die vorliegende Arbeit einen Beitrag leisten. Im Mittelpunkt stand dabei die Idee des merkmalsbasierten Strukturaufbaus, die ich in Kapitel II dieser Arbeit diskutiert, konzeptuell weiterentwickelt und in Kapitel III anhand einer Untersuchung zum Erwerb der Nominalphrasenstruktur und -flexion empirisch überprüft habe. Die bei diesen Untersuchungen erzielten empirischen Befunde zum Nominalphrasenerwerb zeigen meines Erachtens die Fruchtbarkeit dieser Idee. Sie sprechen nämlich zusammengenommen dafür, daß der Hypothesenraum spracherwerbender Kinder durch angeborene formale, aber nicht domänenspezifische Metaprinzipien und angeborene Kategorisierungsprädispositionen begrenzt ist und durch Implikationsbeziehungen zwischen Merkmalsinstantiierungsprozessen sowie durch die Zugänglichkeit von Auslöserdaten intern strukturiert wird. Zugleich liefern sie Evidenz für die Annahme, daß die grammatischen Repräsentationen, die Kinder im Verlauf ihrer sprachlichen Entwicklung aufbauen, zwar von Anfang an durch die angenommenen formalen und substantiellen Universalien beschränkt sind, aber anfangs noch nicht den zielsprachlichen Repräsentationen entsprechen. Dabei scheint der Aufbau zielsprachlicher Repräsentationen durch einen form- und merkmalsbasierten Erwerbsmechanismus gesteuert zu sein und auf dem Aufbau von Lexikoneinträgen für funktionale Elemente und der Integration von Merkmalsspezifikationen in diese Lexikoneinträge zu beruhen. Schlußbemerkungen 510 Die Befunde dieser Arbeit unterstützen somit zwar die in Kapitel II ausgearbeitete Idee des merkmalsbasierten Strukturaufbaus, aus ihnen ergeben sich aber noch eine Reihe von Fragen, zu deren Beantwortung weitere empirische Untersuchungen erforderlich sind: - Inwieweit machen die vorgeschlagenen Analysen und Mechanismen zutreffende Vorhersagen für den Erwerb der Satzstruktur und Verbflexion? Insbesondere: Lassen sich die empirischen Befunde, die im Rahmen der Diskussion über den Status von root-infinitives vorgelegt wurden, durch die Arbeitshypothesen zum Entwicklungsproblem erfassen? - Welche Schritte sind bei der Reanalyse von formelhaften Strukturen zu unterscheiden und wodurch wird sie ausgelöst (vgl. u.a. Tracy 1991)? - Welche kognitiven und diskurspragmatischen Faktoren haben einen Einfluß darauf, wie Kinder Abhängigkeitsbeziehungen zwischen Ereignispartizipanten konstruieren? - Welche Konsequenzen haben die Optionalität von Argumenten und Kasusmarkierungen auf den Verlauf des Kasuserwerbs? - Welche Rolle spielen die Ereignisstruktur, die Verbsemantik und die "Semantik" von Kasusmarkierungen für die Motivaton und den Erwerb von lexemspezifischen Kasusmarkierungen (vgl. u.a. Jakobson 1936/1971, Klein 2002)? Unabhängig von der Beantwortung dieser und ähnlicher Fragen könnte der Rückgriff auf die Idee des merkmalsbasierten Strukturaufbaus Implikationen für die Annahmen zu der Frage haben, welchen Beitrag die Spracherwerbsforschung zur linguistischen Theoriebildung leisten kann. Wie die Diskussion in den vorangegangenen Kapiteln gezeigt hat, sollten Spracherwerbsbefunde nämlich gerade dann besonders interessant für die linguistische Theoriebildung sein, wenn die strukturellen Repräsentationen, die Kinder im Verlauf ihrer sprachlichen Entwicklung erzeugen, noch nicht denen der Erwachsenensprache entsprechen. Dann liefern Kindersprachdaten nämlich einen Typ von Evidenz, den die entsprechende Zielsprache nicht bereitstellt. Umgekehrt ist die Bedeutung der Grammatiktheorie für die Erwerbsforschung maximal, wenn für sprachliche Wissenssysteme von Anfang an dieselben formalen Prinzipien gelten wie für Erwachsenensprachen und man Beschränkungen des Hypothesenraums spracherwerbender Kinder auf diese Prinzipien zurückführen kann. Wenn es sich bei den angenommenen Prinzipien dabei nicht um rein sprachliche Prinzipien handelt, sondern um generellere formale Prinzipien der menschlichen Kognition, können die Ergebnisse der Kooperation zwischen theoretischer Linguistik und Spracherwerbsforschung darüber hinaus auch für die Entwicklungspsychologie relevant sein, da diese nach den generellen kognitiven Prinzipien sucht, die der Entwicklung mentaler Repräsentationen zugrunde liegen. Schlußbemerkungen 511 Wenn man für eine verstärkte Interaktion zwischen Spracherwerbsforschung und theoretischer Linguistik argumentieren will, sollte man dies somit tun können, indem man durch Spracherwerbsstudien Evidenz dafür erbringt, daß die grammatischen Repräsentationen, die Kinder in frühen Erwerbsphasen erzeugen, zwar noch nicht denen der Erwachsenensprache entsprechen, sich aber durch generelle formale Prinzipien der menschlichen Kognition erfassen lassen, mit denen man auch die Erwachsenensprache charakterisieren kann. Hierzu hoffe ich, in dieser Arbeit einen Beitrag geleistet zu haben. 512 jetzt gehn wir* *Letzte Äußerung des Leonie-Korpus. Literaturverzeichnis 513 Literaturverzeichnis Abney, Steven (1987). The English Noun Phrase in Its Sentential Aspect. Dissertation. Cambridge, MA: MIT. Abraham, Werner, Epstein, Samuel David, Thráinsson, Höskuldur & Zwart, C. Jan-Wouter (Eds.) (1996). Minimal Ideas: Syntactic Studies in the Minimalist Framework. Amsterdam: Benjamins. Abu-Akel, Ahmad & Bailey, Alison L. (2000). Acquisition and use of 'a' and 'the' in English by young children. In: S. Catherine Howell, Sarah A. Fish & Thea Keith-Lucas (Eds.), Proceedings of the 24th Annual Boston University Conference on Language Development. Somerville, MA: Cascadilla Press, 45-57. Aikhenvald, Alexandra & Dixon, Robert M. W. (1998). Dependencies between grammatical systems. Language 74, 56-80. Alexiadou, Artemis (1999). On the Syntax of Nominalization and Possession. Remarks on Patterns of Ergativity. 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Eisenbeiß 1994b) für: - Adj: Nominalphrasen mit Adjektiv und Kontext für D-Elemente - Dat: Dativobjekte mit Kontext für D-Elemente - Poss: Possessivkonstruktionen Tab.A-1: Überblick über die Daten - Andreas Nr. Alter MLU Äußerungen gesamt analysierbare Äußerungen 1 2;1 2,44 2.344 1.450 Tab.A-2: Überblick über die Daten - Annelie Nr. Alter MLU Äußerungen gesamt analysierbare Äußerungen 1 2 3 4 5 6 2;4 2;5 2;6 2;7 2;8 2;9 2,11 2,01 2,53 2,61 2,54 3,07 331 320 438 589 329 415 222 251 340 490 291 383 gesamt 2;4-2;9 2,01-3,07 2.422 1.977 Tab.A-3: Überblick über die Daten - Carsten Nr. Alter MLU Äußerungen gesamt analysierbare Äußerungen 1 3;6 4,22 2.314 1.795 Anhang A 558 Tab.A-4: Übe rblick über die Daten - Hannah Nr. Alter MLU Äußerungen gesamt analysierbare Äußerungen 1 2 3 4 5 6 7 8 (Dat) 2;0 2;1 2;2 2;3 2;4 2;6 2;7 2;8 1,18 1,23 1,23 1,38 1,65 2,45 2,85 2,52 283 269 281 218 96 226 360 245 221 221 203 152 54 147 223 168 gesamt 2;0-2;8 1,18-2,85 1.978 1.389 Tab.A-5: Überblick über die Daten - Leonie Alter MLU Äußerungen gesamt analysierbare Äußerungen 1 (Adj, Dat, Poss) 2 (Adj, Dat, Poss) 3 (Adj, Dat, Poss) 4 (Adj, Dat, Poss) 5 (Adj, Dat, Poss) 6 (Adj, Dat, Poss) 7 (Adj, Dat, Poss) 8 (Adj, Dat, Poss) 9 (Adj, Dat, Poss) 10 (Adj, Dat, Poss) 11 (Adj, Dat, Poss) 12 (Adj, Dat, Poss) 13 (Adj, Dat, Poss) 14 (Adj, Dat) 15 (Adj, Dat, Poss) 1;11 2;0 2;1 2;2 2;3 2;3 2;4 2;5 2;6 2;7 2;7 2;8 2;9 2;10 2;11 1,67 1,57 1,66 1,60 1,96 1,87 2,08 1,86 2,12 2,42 2,88 3,06 2,94 2,52 3,05 285 291 261 398 410 469 424 284 459 440 532 508 403 357 458 159 182 160 254 295 373 280 218 359 336 405 364 317 291 390 gesamt 1;11-2;11 1,57-3,06 5.979 4.383 Nr. Anhang A 559 Tab.A-6: Überblick über die Daten - Mathias 1 Nr. Alter MLU Äußerungen gesamt analysierbare Äußerungen 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 21 22 23 24 25 26 27 2;3 2;3 2;4 2;5 2;5 2;7 2;8 2;9 2;9 2;10 2;11 3;0 3;1 3;2 3;3 3;4 3;5 3;6 1,25 1,52 1,46 1,75 1,58 1,32 1,71 1,88 2,11 2,57 2,62 2,65 3,21 2,24 2,91 3,51 3,51 3,49 150 137 119 122 178 47 147 157 153 123 126 138 166 34 132 150 154 168 109 105 85 91 106 34 119 103 149 115 112 131 145 33 114 134 139 154 gesamt 2;3-3;6 1,25-3,51 2.401 1.978 Tab.A-7: Übe rblick über die Daten - Svenja Alter MLU Äußerungen gesamt analysierbare Äußerungen 2 (Adj, Dat) 3 (Adj, Dat, Poss) 4 5 (Adj, Dat, Poss) 6 (Adj, Dat) 7 8 (Adj, Dat) 9 (Adj, Dat, Poss) 10 11 (Adj, Dat, Poss) 12 13 (Adj, Dat, Poss) 14 15 (Adj, Dat, Poss) 16 (Adj, Dat, Poss) 2;9 2;9 2;9 2;10 2;10 2;11 3;0 3;0 3;1 3;1 3;1 3;2 3;2 3;2 3;3 3,58 3,47 3,68 3,88 3,31 3,37 3,96 3,74 3,58 3,99 3,66 3,98 3,66 4,09 3,99 76 200 371 281 129 142 681 211 208 327 296 550 286 579 574 57 139 287 230 99 98 495 168 162 276 232 442 218 448 460 gesamt 2;9-3;3 3,31-4,09 4.911 3.811 Nr. 1 Aufnahme 20 liegt für Mathias nicht vor. Anhang B 560 Anhang B D-Elemente in Nominalphrasen ohne Adjektiv Nr.: Nummer der Aufnahme gesamt: Gesamtheit aller adjektivlosen Nominalphrasen mit obligatorischem Kontext für D-Elemente (Artikel, Possessivpronomina, Quantoren, W-Elemente) Getrennt aufgeführt sind die Werte für: - NOM: Subjekte, Prädikatsnomina und Benennungen - AKK: direkte Akkusativobjekte - DAT: direkte und indirekte Dativobjekte - PP: Präpositionalphrasen mit overter oder ausgelassener Präposition n: Anzahl obligatorischer Kontexte für D-Elemente (z.B. die/einemeine/jedewelche Henne) Die folgenden Nominalphrasen wurden nicht gezählt: - pronominal verwendete D-Elemente (z.B. die, welches) - Einwortäußerungen, die aus einem Nomen bestehen - Onomatopoeia (z.B. bumm) - Nominalphrasen mit Adjektiven (z.B. die/viele große Hühner, welche kleinen) - Nominalphrasen mit Determinierer-Quantor-Kombinationen (z.B. meine vielen Hühner, die eine Henne, diese drei) - Nominalphrasen mit Eigennamen (z.B. die Susi) -D%: prozentualer Anteil von ausgelassenen D-Elementen Nominalphrasen, deren syntaktische Funktion unklar ist, bei denen jedoch eindeutig erkennbar ist, daß ein D-Element erforderlich ist, wurden bei der Berechnung der Gesamtauslassungsrate berücksichtigt. Die Werte für diese Nominalphrasen sind aber nicht getrennt aufgeführt. Tab.B-1: D-Elemente in Nominalphrasen ohne Adjektiv - Andreas Nr. 1 gesamt n -D% 364 13 n NOM -D% 186 5 n AKK -D% 127 17 n 5 DAT -D% 0 n 32 PP -D% 56 Tab.B-2: D-Elemente in Nominalphrasen ohne Adjektiv - Annelie Nr. 1 2 3 4 5 6 gesamt n -D% NOM n -D% AKK n -D% DAT n -D% PP n -D% 46 25 83 93 57 76 40 16 57 42 40 36 5 5 11 25 11 17 0 0 0 0 0 0 1 1 12 14 0 13 63 36 58 25 5 7 63 38 56 24 5 3 60 40 73 12 9 12 - 100 100 67 57 15 Anhang B 561 Tab.B-3: D-Elemente in Nominalphrasen ohne Adjektiv - Carsten Nr. 1 gesamt n -D% 661 9 NOM n -D% 267 3 AKK n -D% 212 10 DAT n -D% 2 0 PP n -D% 147 14 Tab.B-4: D-Elemente in Nominalphrasen ohne Adjektiv - Hannah Nr. 1 2 3 4 5 6 7 8 gesamt n -D% NOM n -D% AKK n -D% DAT n -D% PP n -D% 16 17 24 26 10 34 67 35 12 13 5 21 8 20 48 19 2 3 15 0 1 7 10 4 0 0 0 0 0 0 0 5 2 1 3 2 0 2 4 2 44 41 96 65 30 9 1 3 33 23 80 57 25 0 2 5 50 100 100 100 0 0 0 0 100 100 100 100 0 0 0 Tab.B-5: D-Elemente in Nominalphrasen ohne Adjektiv - Leonie Nr. gesamt n -D% n 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 17 10 19 13 31 65 56 31 62 72 97 73 76 75 90 15 5 11 4 14 26 31 26 29 36 35 37 25 47 37 65 40 63 69 42 29 27 16 11 14 10 3 5 5 10 NOM -D% 60 20 45 50 29 15 23 8 14 19 6 0 8 0 0 n AKK -D% 2 4 5 8 14 29 14 3 24 28 48 18 32 16 24 100 75 80 75 43 31 21 33 0 4 13 0 0 6 4 n DAT -D% 0 0 2 0 0 1 1 0 3 1 2 2 1 2 2 100 100 100 0 100 0 0 0 0 0 n 0 1 1 1 3 3 5 2 5 4 5 14 10 7 20 PP -D% 0 100 100 100 100 60 100 60 25 40 14 10 29 40 Anhang B 562 Tab.B-6: D-Elemente in Nominalphrasen ohne Adjektiv - Mathias Nr. gesamt n -D% NOM n -D% AKK n -D% DAT n -D% PP n -D% 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 21 22 23 24 25 26 27 11 29 17 23 29 3 31 14 21 18 30 37 52 9 33 36 42 32 6 13 10 11 17 3 18 6 11 8 27 14 24 4 13 13 20 16 2 15 7 8 7 0 8 6 6 6 2 20 21 2 8 11 12 3 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 4 0 0 2 0 0 4 0 0 0 2 2 1 0 0 5 3 9 5 8 9 100 93 100 100 93 100 90 86 38 78 13 14 8 33 21 0 10 6 100 92 100 100 94 100 89 83 27 75 11 14 4 0 15 0 15 0 100 93 100 100 100 100 83 50 67 50 15 5 50 25 0 0 33 0 - 100 100 100 100 100 40 67 33 0 13 11 Tab.B-7: D-Elemente in Nominalphrasen ohne Adjektiv - Svenja Nr. 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 gesamt n -D% 6 41 54 66 26 18 130 28 33 68 27 105 48 122 118 17 17 4 6 0 6 5 4 3 1 0 7 2 7 3 n NOM -D% 4 27 24 35 12 6 44 6 6 28 7 29 12 33 38 25 4 0 6 0 0 7 0 0 4 0 7 0 3 3 n AKK -D% 1 4 17 15 10 7 52 15 13 25 8 50 29 62 54 0 50 0 7 0 0 0 0 0 0 0 2 3 0 2 n 0 0 0 0 0 0 3 0 0 0 0 3 0 1 4 DAT -D% 0 0 0 0 n 0 9 10 12 2 5 19 3 8 13 8 20 3 19 16 PP -D% 44 20 8 0 20 21 33 13 0 0 20 0 37 6 Anhang C 563 Anhang C Lexikalische Beschränkungen für D-Elemente Nr.: +D: Nummer der Aufnahme Anzahl von Nominalphrasen mit overtem Determinierer in obligatorischen Kontexten (zur Berechnung vgl. die Erläuterungen zu Anhang B) Potentiell formelhafte Prädikat-Determinierer-Verbindungen n: %: Anzahl der Nominalphrasen, die die folgenden Kriterien für potentiell formelhafte Prädikat-Determinierer-Verbindungen erfüllen: - Ein bestimmter Determinierer wird mindestens dreimal in einer Aufnahme mit demselben Prädikat kombiniert. - Dabei zeigt in der betreffenden Aufnahme nur das Element, das dem Determinierer folgt, lexikalische Variation (vgl. u.a. da-ein+hund, da-ein+haus, da-ein+ball, da-ein+schuh, ...). - Die betreffende Prädikat-Determinierer-Verbindung findet sich in mindestens zwei Aufnahmen. prozentualer Anteil von potentiell formelhaften Prädikat-DeterminiererVerbindungen, bezogen auf die Anzahl von Nominalphrasen mit overtem Determinierer in obligatorischen Kontexten Verbleibende Determinie rer-Nomen-Verbindungen Tokens: Anzahl der Nominalphrasen, die die Kriterien für potentiell formelhafte PrädikatDeterminierer-Verbindungen nicht erfüllen Types: Anzahl der Types von Nominalphrasen, die die Kriterien für potentiell formelhafte Prädikat-Determinierer-Verbindungen nicht erfüllen Tab.C-1: Lexikalische Beschränkungen für D-Elemente - Annelie Nr. 1 2 3 4 5 6 +D 17 16 35 70 54 71 potentiell formelhafte Prädikat-DeterminiererVerbindungen verbleibende DeterminiererNomen-Verbindungen n % Tokens Types 10 6 5 2 3 6 59 38 14 3 6 8 7 10 30 68 51 65 7 7 25 56 37 47 Anhang C 564 Tab.C-2: Lexikalische Beschränkungen für D-Elemente - Hannah Nr. 1 2 3 4 5 6 7 8 +D 9 10 1 9 7 31 66 34 potentiell formelhafte Prädikat-DeterminiererVerbindungen verbleibende DeterminiererNomen-Verbindungen n % Tokens Types 6 8 0 6 0 0 0 0 67 80 0 67 0 0 0 0 3 2 1 3 7 31 66 34 3 2 1 3 5 23 47 31 Tab.C-3: Lexikalische Beschränkungen für D-Elemente - Leonie Nr. 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 +D 6 6 7 4 18 46 41 26 55 62 87 71 72 71 81 potentiell formelhafte Prädikat-DeterminiererVerbindungen verbleibende DeterminiererNomen-Verbindungen n % Tokens Types 4 4 4 3 8 6 2 5 8 6 8 0 2 4 5 67 67 57 75 44 13 5 19 15 10 9 0 3 6 6 2 2 3 1 10 40 39 21 47 56 79 71 70 67 76 2 2 3 1 10 26 26 17 36 38 58 54 42 47 52 Anhang C 565 Tab.C-4: Lexikalische Beschränkungen für D-Elemente - Mathias Nr. 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 21 22 23 24 25 26 27 +D 0 2 0 0 2 0 3 2 13 4 26 32 48 6 26 36 38 30 potentiell formelhafte Prädikat-DeterminiererVerbindungen verbleibende DeterminiererNomen-Verbindungen n % Tokens Types 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 2 0 0 2 0 3 2 13 4 26 32 48 6 26 36 38 30 0 2 0 0 2 0 3 2 10 4 21 23 37 6 23 27 35 28 Anhang D 566 Anhang D D-Elemente in Nominalphrasen mit Adjektiv Nr.: Nummer der Aufnahme gesamt: Gesamtheit aller Nominalphrasen mit Adjektiv und obligatorischem Kontext für D-Elemente (Artikel, Possessivpronomina, Quantoren, W-Elemente) Getrennt aufgeführt sind die Werte für: - Adjektiv+N: Nominalphrasen mit nominalem Kopf, die neben einem Adjektiv ein D-Element enthalten bzw. obligatorisch erfordern (z..B. die kleine Henne, großer Hahn). - Adjektiv: Nominalphrasen ohne nominalen Kopf, die neben einem Adjektiv ein D-Element enthalten bzw. obligatorisch erfordern (z.B. die kleine, großer) n: -D%: Anzahl obligatorischer Kontexte für D-Elemente (z.B. die kleine Henne, großer Hahn, die kleine, großer) prozentualer Anteil von ausgelassenen D-Elementen Tab.D-1: D-Elemente in Nominalphrasen mit Adjektiven- Andreas Nr. 1 gesamt n -D% 41 27 Adjektiv+N n -D% 13 38 Adjektiv n -D% 28 21 Tab.D-2: D-Elemente in Nominalphrasen mit Adjektiven - Annelie Nr. 1 2 3 4 5 6 gesamt n -D% 2 0 4 4 0 3 100 100 100 0 Adjektiv+N n -D% 2 0 4 1 0 1 100 100 100 0 Adjektiv n -D% 0 0 0 3 0 2 100 0 Tab.D-3: D-Elemente in Nominalphrasen mit Adjektiven - Carsten Nr. 1 gesamt n -D% 92 3 Adjektiv+N n -D% 65 5 Adjektiv n -D% 27 0 Anhang D 567 Tab.D-4: D-Elemente in Nominalphrasen mit Adjektiven - Hannah Nr. 1 2 3 4 5 6 7 8 gesamt n -D% 2 10 6 3 5 3 7 2 100 100 100 100 80 0 14 0 Adjektiv+N n -D% 0 0 0 2 1 3 7 1 100 0 0 14 0 Adjektiv n -D% 2 10 6 1 4 0 0 1 100 100 100 100 100 0 Tab.D-5: D-Elemente in Nominalphrasen mit Adjektiven - Leonie Nr. gesamt n -D% 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 5 19 19 18 27 23 14 16 17 31 39 25 70 39 32 100 100 95 100 96 96 57 63 65 42 28 8 9 5 6 Adjektiv+N n -D% 4 15 18 4 19 17 11 11 5 9 9 12 23 12 12 100 100 94 100 100 100 55 64 80 44 22 8 13 0 8 Adjektiv n -D% 1 4 1 14 8 6 3 5 12 22 30 13 47 27 20 100 100 100 100 88 83 67 60 58 41 30 8 6 7 5 Anhang D 568 Tab.D-6: D-Elemente in Nominalphrasen mit Adjektiven - Mathias Nr. gesamt n -D% 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 21 22 23 24 25 26 27 0 1 0 1 1 0 2 3 0 3 3 2 7 0 4 5 13 7 100 100 100 100 100 100 0 50 29 25 20 23 14 Adjektiv+N n -D% 0 1 0 0 1 0 1 3 0 3 1 1 5 0 2 2 7 4 100 100 100 100 100 0 0 40 50 50 29 25 Adjektiv n -D% 0 0 0 1 0 0 1 0 0 0 2 1 2 0 2 3 6 3 100 100 0 100 0 0 0 17 0 Tab.D-7: D-Elemente in Nominalphrasen mit Adjektiven - Svenja Nr. gesamt n -D% 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 4 10 3 10 3 0 9 4 1 8 5 23 4 25 20 0 0 0 10 0 0 0 0 0 0 9 0 4 0 Adjektiv+N n -D% 0 2 0 3 2 0 4 3 1 4 0 11 3 9 10 0 33 0 0 0 0 0 18 0 11 0 Adjektiv n -D% 4 8 3 7 1 0 5 1 0 4 5 12 1 16 10 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 Anhang E 569 Anhang E Typen von D-Elementen in Nominalphrasen ohne Adjektiv Nr.: Nummer der Aufnahme Gattungsnamen und Eigennamen n: Anzahl der obligatorischen bzw. potentiellen Kontexte für D-Elemente (Artikel, Possessivpronomina, Quantoren, W-Elemente) in adjektivlosen Nominalphrasen, die einen Gattungsnamen oder Eigennamen als Kopf haben Die folgenden Nominalphrasen wurden nicht gezählt: - Nominalphrasen mit Eigennamen, in denen kein Determinierer auftritt - pronominal verwendete D-Elemente (z.B. die, welches) - Einwortäußerungen, die aus einem Nomen bestehen - Onomatopoeia (z.B. bumm) - Nominalphrasen mit Adjektiven (z.B. die/viele große Hühner, welche kleinen) - Nominalphrasen mit Determinierer-Quantor-Kombinationen (z.B. meine vielen Hühner, die eine Henne, diese drei) B%: H%: P%: Q%: U%: K%: Z%: W%: -D%: prozentualer Anteil von bestimmten Artikeln prozentualer Anteil von Demonstrativpronomina prozentualer Anteil von Possessivpronomina prozentualer Anteil von flektierten Quantoren (z.B. viel-, all-, jed-) prozentualer Anteil von unbestimmten Artikeln prozentualer Anteil des Negationselements keinprozentualer Anteil von Zahlwörtern und unflektierten Quantoren (z.B. zwei, mehr, etwas) prozentualer Anteil des Interrogativpronomens welchprozentualer Anteil von ausgelassenen D-Elementen Eigennamen n: Anzahl der (potentiellen) Kontexte für D-Elemente (Artikel, Possessivpronomina, Quantoren, W-Elemente) in adjektivlosen Nominalphrasen, die einen Eigennamen als Kopf haben Die folgenden Typen von Nominalphrasen wurden in die Berechnung einbezogen: - alle Nominalphrasen, die aus einem Eigennamen und einem Determinierer bestehen (z.B. da ist die Susi) - alle Nominalphrasen, die nur aus einem Eigennamen bestehen, obwohl ein Determinierer im gegebenen Kontext erlaubt wäre (z.B. da ist Susi). Die folgenden Typen von Nominalphrasen wurden bei der Berechnung nicht berücksichtigt: - Eigennamen, die als Anrede oder als Possessor gebraucht werden (z.B. hallo Susi!, Susis ball) +D%: prozentualer Anteil von overten D-Elementen Anhang E 570 Tab.E-1: Typen von D-Elementen in Nominalphrasen ohne Adjektiv - Andreas Nr. 1 Gattungsnamen und Eigennamen Eigennamen n B% H% P% Q% U% K% Z% W% -D% n +D% 389 21 1 17 2 43 2 2 0 13 126 20 Tab.E-2: Typen von D-Elementen in Nominalphrasen ohne Adjektiv - Annelie Nr. 1 2 3 4 5 6 Gattungsnamen und Eigennamen Eigennamen n B% H% P% Q% U% K% Z% W% -D% n +D% 46 27 84 100 63 79 4 19 18 21 32 61 0 0 0 0 0 0 0 22 4 16 17 19 0 0 0 0 0 0 33 26 20 35 46 10 0 0 0 2 0 3 0 0 0 3 0 1 0 0 1 0 0 0 63 33 57 23 5 6 2 14 19 18 15 3 0 14 5 39 47 100 Tab.E-3: Typen von D-Elementen in Nominalphrasen ohne Adjektiv - Carsten Nr. 1 Gattungsnamen und Eigennamen Eigennamen n B% H% P% Q% U% K% Z% W% -D% n +D% 690 41 6 14 2 21 5 2 1 9 38 76 Tab.E-4: Typen von D-Elementen in Nominalphrasen ohne Adjektiv - Hannah Nr. 1 2 3 4 5 6 7 8 Gattungsnamen und Eigennamen Eigennamen n B% H% P% Q% U% K% Z% W% -D% n +D% 16 17 24 26 10 39 73 40 0 6 0 8 20 62 70 60 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 3 1 5 0 6 4 0 0 0 1 0 56 47 0 27 50 28 26 28 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 5 0 0 0 0 0 0 0 0 44 41 96 65 30 8 1 3 1 1 7 8 5 0 0 71 75 100 Anhang E 571 Tab.E-5: Typen von D-Elementen in Nominalphrasen ohne Adjektiv - Leonie Nr. 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 Gattungsnamen und Eigennamen Eigennamen n B% H% P% Q% U% K% Z% W% -D% n +D% 17 10 19 13 32 67 56 31 64 78 104 89 77 75 102 0 20 0 0 3 4 5 3 13 29 42 62 32 28 48 0 0 0 0 0 1 2 0 0 0 0 0 0 1 0 0 0 5 0 6 9 11 13 2 0 2 8 3 8 3 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 3 3 0 35 40 32 31 47 54 54 65 66 56 41 25 53 53 34 0 0 0 0 3 3 2 3 8 0 1 1 3 1 2 0 0 0 0 0 0 0 0 2 1 4 2 1 0 2 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 65 40 63 69 41 28 27 16 11 13 10 2 5 5 9 1 2 4 28 9 14 5 7 26 12 9 20 4 1 14 0 0 0 0 11 14 0 0 8 50 78 80 25 0 86 Tab.E-6: Typen von D-Elementen in Nominalphrasen ohne Adjektiv - Mathias Nr. 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 21 22 23 24 25 26 27 Gattungsnamen und Eigennamen Eigennamen n B% H% P% Q% U% K% Z% W% -D% n +D% 11 29 17 23 29 3 31 14 21 18 30 41 52 10 33 38 43 32 0 3 0 0 0 0 0 0 10 6 33 27 35 40 52 53 44 53 0 3 0 0 7 0 3 0 5 11 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 7 10 0 10 10 15 0 6 32 9 9 0 0 0 0 0 0 0 0 5 0 0 0 0 0 3 0 0 0 0 0 0 0 0 0 3 7 19 0 40 39 42 20 15 11 33 28 0 0 0 0 0 0 0 0 14 6 3 10 0 0 0 0 5 3 0 0 0 0 0 0 3 0 0 0 0 2 0 0 3 5 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 100 93 100 100 93 100 90 86 38 78 13 12 8 40 21 0 9 6 5 3 10 10 7 9 6 4 1 9 6 6 2 2 6 12 0 0 0 0 0 0 0 0 0 44 0 0 0 100 17 0 Anhang E 572 Tab.E-7: Typen von D-Elementen in Nominalphrasen ohne Adjektiv - Svenja Nr. 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 Gattungsnamen und Eigennamen Eigennamen n B% H% P% Q% U% K% Z% W% -D% n +D% 9 41 59 70 27 22 132 29 34 70 31 116 54 132 120 78 49 80 74 56 64 55 41 53 67 77 73 59 75 55 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 2 3 0 0 8 14 18 4 10 8 11 6 18 0 2 2 6 0 0 3 0 0 1 0 0 0 0 1 11 29 14 9 44 32 24 28 24 19 3 9 20 11 17 0 2 0 1 0 0 3 7 0 4 3 3 4 0 2 0 0 0 1 0 0 1 7 0 0 3 0 0 1 1 0 0 0 0 0 0 2 0 3 3 3 0 4 1 4 11 17 3 6 0 5 5 3 3 1 0 6 2 7 3 3 5 4 3 4 3 2 3 6 5 14 7 11 5 100 100 100 33 100 67 50 33 33 80 79 86 91 40 Anhang F 573 Anhang F Die Flexion von D-Elementen Für die Analysen in Tab.F-1 bis Tab.F-92 wurden die Korpora in Phasen eingeteilt. Dabei basierte die Phaseneinteilung auf den quantitativen Analysen in Kapitel III.3.1.3: Phase I: Phase II: Phase III: Phase IV: [+EIN]: [-EIN]: [+PRO]: [-PRO]: vor dem vorübergehenden Einschnitt bei der Rate overter D-Elemente; Verwendung von unanalysierten Prädikat-Determinierer- und DeterminiererNomen-Verbindungen während des vorübergehenden Einschnitts bei der Rate overter D-Elemente während des Wiederanstiegs der Rate overter D-Elemente; Rückgang des Anteils von unanalysierten Prädikat-Determinierer- und Determinierer-Nomen-Verbindungen während der Stabilisierung der Rate overter D-Elemente auf (nahezu) zielsprachlichem Niveau D-Elemente, deren Stamm auf -ein endet (unbestimmte Artikel, Possessivpronomina und das Negationselement kein-) D-Elemente, deren Stamm nicht auf -ein endet (bestimmte Artikel, Demonstrativpronomina, flektierte Quantoren wie viel-, alloder jed- und das Interrogativpronomen welch-) pronominal verwendete D-Elemente (z.B. da sind meine/viele) attributiv, d.h. mit einem Nomen und/oder Adjektiv auftretende D-Elemente (z.B. ein großer (Hahn), welche (kleine) Henne) Es wurden nur solche Flexionsformen analysiert, bei denen sich ein eindeutiger Kasus-, Genusund Numeruskontext ermitteln ließ. Einsilbige Verbindungen von Präpositionen und D-Elementen (im, ins, zur, zum, ...) wurden von der Analyse ausgeschlossen. Das Element das wurde nur dann in die Analyse einbezogen, wenn es als bestimmter Artikel bei einem Nomen oder Adjektiv auftrat (das rote, das Auto). Wurde das hingegen als deiktisches Pronomen benutzt (das mag ich nicht), wurde es nicht berücksichtigt. In der ersten Spalte jeder Tabelle ist jeweils der Kasuskontext angegeben, in dem die analysierten D-Elemente auftraten: N(ominativ), A(kkusativ) und D(ativ). Der entsprechende Genusbzw. Numeruskontext (Maskulin, Feminin, Neutrum oder Plural) ist der ersten Zeile zu entnehmen. Die Zahlen in den einzelnen Zellen geben an, wie oft das untersuchte Kind in dem entsprechenden Kontext die einzelnen Flexionsformen benutzt hat, die über der jeweiligen Spalte stehen (red(uziert), -0, -r, -e, -s, -n, -m). So kann man z.B. Tab.F-1 entnehmen, daß Andreas in Nom.Mask.Sg.-Kontexten 36 nicht-pronominale D-Elemente verwendet hat, die nicht auf -ein enden. Dabei waren 10 dieser Flexionsformen reduzierte Formen wie e oder de, eine Form war affixlos, 24 Formen endeten auf -r und eine Form auf -e. Die Schattierungen zeigen die reduzierten und die zielsprachlich angemessenen Formen an. Dementsprechend beziehen sich alle Angaben in unschattierten Feldern auf nicht-zielsprachliche Formen. Anhang F Andreas: Phase III Tab.F-1: Die Flexion von [-EIN,-PRO]-Elementen N A D red 10 5 3 -0 1 1 0 Maskulin -r -e -s 24 1 0 6 0 2 0 0 0 -n 0 9 0 -m 0 0 0 red 5 4 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Feminin -e 4 12 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 1 1 4 -0 0 0 0 -r 1 0 0 Neutrum -e -s 0 1 0 3 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 2 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Plural -e 7 0 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 1 0 0 -0 2 1 0 -r 0 0 0 Plural -e 20 5 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Plural -e 0 2 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Plural -e 0 0 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 Tab.F-2: Die Flexion von [-EIN,+PRO]-Elementen N A D red 1 1 0 -0 0 0 0 -r 9 0 0 Maskulin -e -s 0 0 1 0 0 0 -n 0 9 0 -m 0 0 0 red 1 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Feminin -e 3 11 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Neutrum -e -s 0 1 0 2 0 0 Tab.F-3: Die Flexion von [+EIN,-PRO]-Elementen N A D red 16 10 0 -0 60 30 0 -r 1 0 0 Maskulin -e -s 3 0 4 0 0 0 -n 0 2 0 -m 0 0 0 red 8 4 3 -0 3 2 0 -r 0 0 0 Feminin -e 25 21 1 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 4 5 0 -0 21 9 0 -r 0 0 0 Neutrum -e -s 3 0 1 0 0 0 Tab.F-4: Die Flexion von [+EIN,+PRO]-Elementen N A D red 0 0 0 -0 0 3 0 Maskulin -r -e -s 18 0 2 1 0 0 0 0 0 -n 0 1 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 1 0 0 -r 0 0 0 Feminin -e 3 2 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 1 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Neutrum -e -s 0 2 1 1 0 0 574 Anhang F Annelie: Phase I Tab.F-5: Die Flexion von [-EIN,-PRO]-Elementen N A D red 2 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Maskulin -e -s 0 0 0 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Feminin -e 5 0 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Neutrum -e -s 0 0 0 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Plural -e 0 0 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 Tab.F-6: Die Flexion von [-EIN,+PRO]-Elementen N A D red 1 0 0 -0 0 0 0 Maskulin -r -e -s 3 0 0 0 0 0 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 2 0 0 Feminin -e 0 0 0 -s 0 0 0 -n 0 1 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 Neutrum -r -e -s 1 0 0 0 0 0 0 0 0 -n 15 1 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Plural -e 2 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 1 0 0 -r 0 0 0 Plural -e 0 0 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Plural -e 0 0 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 Tab.F-7: Die Flexion von [+EIN,-PRO]-Elementen N A D red 1 0 0 -0 9 1 0 -r 0 0 0 Maskulin -e -s 1 0 0 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 5 0 0 -r 0 0 0 Feminin -e 2 2 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 1 2 0 -r 0 0 0 Neutrum -e -s 0 0 0 0 0 0 Tab.F-8: Die Flexion von [+EIN,+PRO]-Elementen N A D red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Maskulin -e -s 0 0 0 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Feminin -e 0 0 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Neutrum -e -s 0 2 0 0 0 0 575 Anhang F Annelie: Phase II Tab.F-9: Die Flexion von [-EIN,-PRO]-Elementen N A D red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 6 0 0 Maskulin -e -s 0 0 0 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 1 0 1 -0 0 0 0 -r 1 0 0 Feminin -e 0 0 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 3 0 2 Neutrum -e -s 0 0 0 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Plural -e 1 0 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 Tab.F-10: Die Flexion von [-EIN,+PRO]-Elementen N A D red 0 0 0 -0 0 0 0 Maskulin -r -e -s 5 0 0 0 0 0 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 9 0 0 Feminin -e 0 0 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 Neutrum -r -e -s 0 0 0 0 1 0 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Plural -e 3 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Plural -e 1 0 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Plural -e 0 0 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 Tab.F-11: Die Flexion von [+EIN,-PRO]-Elementen N A D red 0 0 0 -0 5 1 0 -r 0 0 0 Maskulin -e -s 2 0 0 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 2 1 0 -r 0 0 0 Feminin -e 2 0 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 1 -0 2 1 0 -r 0 0 0 Neutrum -e -s 0 0 0 0 0 0 Tab.F-12: Die Flexion von [+EIN,+PRO]-Elementen N A D red 0 0 0 -0 1 0 0 -r 2 2 0 Maskulin -e -s 0 0 0 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Feminin -e 0 0 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Neutrum -e -s 0 0 0 0 0 0 576 Anhang F Annelie: Phase III Tab.F-13: Die Flexion von [-EIN,-PRO]-Elementen N A D red 1 0 0 -0 0 0 0 -r 1 0 0 Maskulin -e -s 3 0 0 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 2 0 4 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Feminin -e 3 1 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 1 0 1 -0 0 0 0 -r 1 0 0 Neutrum -e -s 0 0 0 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 1 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Plural -e 0 0 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 Tab.F-14: Die Flexion von [-EIN,+PRO]-Elementen N A D red 0 0 0 -0 0 0 0 Maskulin -r -e -s 10 0 0 0 0 0 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Feminin -e 6 1 0 -s 0 0 0 -n 1 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 Neutrum -r -e -s 0 0 0 0 0 0 0 0 0 -n 7 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Plural -e 4 1 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Plural -e 0 0 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Plural -e 0 0 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 Tab.F-15: Die Flexion von [+EIN,-PRO]-Elementen N A D red 0 1 0 -0 4 1 1 -r 0 0 0 Maskulin -e -s 0 0 0 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 4 1 0 -0 7 9 0 -r 0 0 0 Feminin -e 3 2 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 1 0 0 -0 4 6 0 -r 0 1 0 Neutrum -e -s 0 0 0 0 0 0 Tab.F-16: Die Flexion von [+EIN,+PRO]-Elementen N A D red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Maskulin -e -s 0 0 0 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 1 0 -r 1 0 0 Feminin -e 0 5 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 2 0 -r 0 0 0 Neutrum -e -s 0 0 0 0 0 0 577 Anhang F Annelie: Phase IV Tab.F-17: Die Flexion von [-EIN,-PRO]-Elementen N A D red 0 0 0 -0 0 0 0 Maskulin -r -e -s 20 0 0 0 0 0 0 0 0 -n 0 0 2 -m 0 0 0 red 0 1 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Feminin -e 15 4 5 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Neutrum -e -s 0 5 0 3 0 0 -n 0 1 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Plural -e 0 4 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 Tab.F-18: Die Flexion von [-EIN,+PRO]-Elementen N A D red 0 0 0 -0 0 0 0 Maskulin -r -e -s 34 0 0 0 0 0 0 0 0 -n 0 7 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Feminin -e 24 9 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 Neutrum -r -e -s 0 0 0 0 0 2 0 0 0 -n 0 0 1 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Plural -e 19 15 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 1 0 -r 0 0 0 Plural -e 6 2 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 1 0 0 -r 1 0 0 Plural -e 7 1 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 Tab.F-19: Die Flexion von [+EIN,-PRO]-Elementen N A D red 0 0 0 -0 16 3 0 -r 0 0 0 Maskulin -e -s 0 0 0 0 0 0 -n 0 1 0 -m 0 0 0 red 0 0 1 -0 3 1 0 -r 0 0 0 Feminin -e 7 6 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 9 3 0 -r 0 0 0 Neutrum -e -s 0 0 0 0 0 0 Tab.F-20: Die Flexion von [+EIN,+PRO]-Elementen N A D red 0 0 0 -0 1 0 0 -r 0 0 0 Maskulin -e -s 0 0 0 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Feminin -e 0 0 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 2 0 -r 0 0 0 Neutrum -e -s 0 1 0 1 0 0 578 Anhang F Carsten: Phase IV Tab.F-21: Die Flexion von [-EIN,-PRO]-Elementen N A D red 0 0 0 -0 0 0 0 Maskulin -r -e -s 75 1 0 0 2 0 3 0 0 -n 1 50 18 -m 0 0 0 red 0 7 9 -0 0 0 0 -r 0 0 1 Feminin -e 33 18 8 -s 1 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 4 0 -r 6 0 0 Neutrum -e -s 0 15 0 11 0 0 -n 0 14 7 -m 0 0 1 red 0 1 1 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Plural -e 34 16 3 -s 0 0 0 -n 0 0 2 -m 0 0 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 Tab.F-22: Die Flexion von [-EIN,+PRO]-Elementen N A D red 0 0 0 -0 0 0 0 Maskulin -r -e -s 75 0 0 1 0 0 0 0 0 -n 0 25 2 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Feminin -e 13 10 2 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 Neutrum -r -e -s 1 0 4 0 0 7 0 0 0 -n 0 1 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Plural -e 29 25 1 -n 1 4 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 1 0 0 -r 0 0 0 Plural -e 5 16 3 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Plural -e 0 3 1 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 Tab.F-23: Die Flexion von [+EIN,-PRO]-Elementen N A D red 0 0 0 -0 47 29 1 -r 1 0 0 Maskulin -e -s 0 0 0 0 0 0 -n 2 25 3 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 2 2 0 -r 0 0 0 Feminin -e 27 46 3 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 1 0 -0 51 43 1 -r 0 0 0 Neutrum -e -s 3 0 0 0 0 0 Tab.F-24: Die Flexion von [+EIN,+PRO]-Elementen N A D red 0 0 0 -0 1 1 0 -r 9 0 0 Maskulin -e -s 0 0 0 0 0 0 -n 1 5 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Feminin -e 1 6 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 2 0 -r 0 0 0 Neutrum -e -s 0 0 0 4 0 0 579 Anhang F Hannah: Phase I Tab.F-25: Die Flexion von [-EIN,-PRO]-Elementen N A D red 1 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Maskulin -e -s 0 0 0 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Feminin -e 0 0 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Neutrum -e -s 0 0 0 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Plural -e 1 0 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 Tab.F-26: Die Flexion von [-EIN,+PRO]-Elementen N A D red 0 0 0 -0 0 0 0 Maskulin -r -e -s 0 0 0 0 0 0 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Feminin -e 0 0 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 Neutrum -r -e -s 0 0 0 0 0 0 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Plural -e 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Plural -e 0 0 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Plural -e 0 0 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 Tab.F-27: Die Flexion von [+EIN,-PRO]-Elementen N A D red 2 1 0 -0 2 0 0 -r 0 0 0 Maskulin -e -s 0 0 0 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 6 0 0 -0 2 0 0 -r 0 0 0 Feminin -e 1 0 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 3 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Neutrum -e -s 0 0 0 0 0 0 Tab.F-28: Die Flexion von [+EIN,+PRO]-Elementen N A D red 1 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Maskulin -e -s 0 0 0 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 3 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Feminin -e 0 0 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Neutrum -e -s 0 0 0 0 0 0 580 Anhang F Hannah: Phase II Tab.F-29: Die Flexion von [-EIN,-PRO]-Elementen N A D red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Maskulin -e -s 0 0 0 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Feminin -e 2 0 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Neutrum -e -s 0 0 0 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Plural -e 1 0 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 Tab.F-30: Die Flexion von [-EIN,+PRO]-Elementen N A D red 0 0 0 -0 0 0 0 Maskulin -r -e -s 0 0 0 0 0 0 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Feminin -e 0 0 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 Neutrum -r -e -s 0 0 0 0 0 0 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Plural -e 1 2 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Plural -e 0 0 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Plural -e 0 0 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 Tab.F-31: Die Flexion von [+EIN,-PRO]-Elementen N A D red 1 0 0 -0 4 0 0 -r 0 0 0 Maskulin -e -s 0 0 0 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 1 0 0 -r 0 0 0 Feminin -e 0 0 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 1 0 0 -r 0 0 0 Neutrum -e -s 0 0 0 0 0 0 Tab.F-32: Die Flexion von [+EIN,+PRO]-Elementen N A D red 0 0 0 -0 1 2 0 -r 0 0 0 Maskulin -e -s 0 0 0 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Feminin -e 0 0 0 -s 1 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 2 0 0 -r 0 0 0 Neutrum -e -s 0 0 0 0 0 0 581 Anhang F Hannah: Phase III Tab.F-33: Die Flexion von [-EIN,-PRO]-Elementen N A D red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Maskulin -e -s 0 0 0 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Feminin -e 1 0 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Neutrum -e -s 0 0 0 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Plural -e 0 0 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 Tab.F-34: Die Flexion von [-EIN,+PRO]-Elementen N A D red 0 0 0 -0 0 0 0 Maskulin -r -e -s 0 0 0 0 0 0 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Feminin -e 0 0 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 Neutrum -r -e -s 0 0 0 0 0 0 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Plural -e 1 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Plural -e 0 0 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Plural -e 0 0 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 Tab.F-35: Die Flexion von [+EIN,-PRO]-Elementen N A D red 0 0 0 -0 2 0 0 -r 0 0 0 Maskulin -e -s 0 0 0 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Feminin -e 0 0 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 4 0 0 -r 0 0 0 Neutrum -e -s 0 0 0 0 0 0 Tab.F-36: Die Flexion von [+EIN,+PRO]-Elementen N A D red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Maskulin -e -s 0 0 0 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Feminin -e 0 0 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Neutrum -e -s 0 2 0 0 0 0 582 Anhang F Hannah: Phase IV Tab.F-37: Die Flexion von [-EIN,-PRO]-Elementen N A D red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 9 1 0 Maskulin -e -s 0 0 0 0 0 0 -n 0 4 0 -m 0 0 0 red 1 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 3 Feminin -e 38 6 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 1 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 3 0 0 Neutrum -e -s 0 14 0 3 0 1 -n 0 1 0 -m 0 0 3 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Plural -e 6 1 0 -s 0 0 0 -n 0 0 1 -m 0 0 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 Tab.F-38: Die Flexion von [-EIN,+PRO]-Elementen N A D red 1 0 0 -0 0 0 0 Maskulin -r -e -s 4 0 0 0 0 0 0 0 0 -n 0 1 0 -m 0 0 2 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Feminin -e 11 0 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 Neutrum -r -e -s 0 0 0 0 0 1 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Plural -e 14 2 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Plural -e 1 0 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Plural -e 0 0 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 Tab.F-39: Die Flexion von [+EIN,-PRO]-Elementen N A D red 0 0 0 -0 9 4 0 -r 0 0 0 Maskulin -e -s 0 0 0 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 2 0 0 -r 1 0 0 Feminin -e 12 4 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 1 0 0 -0 8 1 0 -r 0 0 0 Neutrum -e -s 0 0 0 0 0 0 Tab.F-40: Die Flexion von [+EIN,+PRO]-Elementen N A D red 0 0 0 -0 0 2 0 -r 0 0 0 Maskulin -e -s 0 0 0 0 0 0 -n 0 1 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Feminin -e 0 0 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Neutrum -e -s 0 0 0 1 0 0 583 Anhang F Leonie: Phase I Tab.F-41: Die Flexion von [-EIN,-PRO]-Elementen N A D red 0 1 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Maskulin -e -s 0 0 0 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Feminin -e 0 0 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Neutrum -e -s 0 0 0 0 1 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Plural -e 0 0 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Plural -e 0 0 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Plural -e 0 0 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Plural -e 0 0 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 Tab.F-42: Die Flexion von [-EIN,+PRO]-Elementen N A D red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 1 0 0 Maskulin -e -s 0 0 0 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Feminin -e 1 0 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 1 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Neutrum -e -s 0 0 0 0 0 0 Tab.F-43: Die Flexion von [+EIN,-PRO]-Elementen N A D red 0 0 0 -0 3 0 0 -r 0 0 0 Maskulin -e -s 2 0 0 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Feminin -e 3 0 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Neutrum -e -s 2 0 0 0 0 0 Tab.F-44: Die Flexion von [+EIN,+PRO]-Elementen N A D red 0 0 0 -0 2 0 0 -r 0 0 0 Maskulin -e -s 0 0 0 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Feminin -e 0 3 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 5 0 0 -r 0 0 0 Neutrum -e -s 2 0 0 0 0 0 584 Anhang F Leonie: Phase II Tab.F-45: Die Flexion von [-EIN,-PRO]-Elementen N A D red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Maskulin -e -s 0 0 0 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Feminin -e 0 0 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Neutrum -e -s 0 0 0 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Plural -e 0 0 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Plural -e 0 0 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Plural -e 0 0 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Plural -e 0 0 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 Tab.F-46: Die Flexion von [-EIN,+PRO]-Elementen N A D red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 1 0 0 Maskulin -e -s 0 0 0 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Feminin -e 0 0 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Neutrum -e -s 0 0 0 2 0 0 Tab.F-47: Die Flexion von [+EIN,-PRO]-Elementen N A D red 0 0 0 -0 2 1 0 -r 0 0 0 Maskulin -e -s 1 0 0 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 1 0 -0 1 0 0 -r 0 0 0 Feminin -e 1 1 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 1 0 0 -r 0 0 0 Neutrum -e -s 2 1 0 0 0 0 Tab.F-48: Die Flexion von [+EIN,+PRO]-Elementen N A D red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Maskulin -e -s 1 1 0 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 1 0 -0 0 0 0 -r 0 1 0 Feminin -e 2 1 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Neutrum -e -s 0 0 0 2 0 0 585 Anhang F Leonie: Phase III Tab.F-49: Die Flexion von [-EIN,-PRO]-Elementen N A D red 0 2 0 -0 0 0 0 -r 2 0 0 Maskulin -e -s 0 0 0 0 0 0 -n 0 3 0 -m 0 0 0 red 1 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Feminin -e 1 1 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Neutrum -e -s 0 0 0 1 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Plural -e 0 0 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Plural -e 1 1 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Plural -e 3 0 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Plural -e 0 0 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 Tab.F-50: Die Flexion von [-EIN,+PRO]-Elementen N A D red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 3 0 0 Maskulin -e -s 0 0 0 0 0 0 -n 0 1 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Feminin -e 2 4 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Neutrum -e -s 0 2 0 6 1 0 Tab.F-51: Die Flexion von [+EIN,-PRO]-Elementen N A D red 2 1 0 -0 31 16 0 -r 0 0 0 Maskulin -e -s 6 0 0 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 1 0 0 -0 8 1 0 -r 0 0 0 Feminin -e 11 8 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 2 0 -0 23 12 0 -r 0 0 0 Neutrum -e -s 1 1 0 0 0 0 Tab.F-52: Die Flexion von [+EIN,+PRO]-Elementen N A D red 0 0 0 -0 1 1 0 -r 0 0 0 Maskulin -e -s 0 0 0 1 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Feminin -e 5 1 0 -s 0 1 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 3 0 0 -r 0 0 0 Neutrum -e -s 0 10 0 0 0 0 586 Anhang F Leonie: Phase IV Tab.F-53: Die Flexion von [-EIN,-PRO]-Elementen N A D red 10 5 4 -0 0 0 0 Maskulin -r -e -s 11 1 0 0 0 0 0 0 0 -n 0 32 10 -m 0 0 2 red 4 1 6 -0 0 0 0 -r 1 0 4 Feminin -e 57 32 1 -s 0 0 0 -n 0 0 1 -m 0 0 0 red 1 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Neutrum -e -s 1 13 0 10 0 0 -n 0 1 3 -m 0 0 1 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Plural -e 17 17 1 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 1 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Plural -e 19 28 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 1 0 -r 0 0 0 Plural -e 1 2 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Plural -e 0 0 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 Tab.F-54: Die Flexion von [-EIN,+PRO]-Elementen N A D red 2 0 0 -0 0 0 0 Maskulin -r -e -s 28 1 0 0 0 0 4 0 0 -n 0 36 6 -m 0 0 0 red 3 0 0 -0 0 0 0 -r 2 1 3 Feminin -e 26 20 0 -s 0 0 0 -n 0 0 1 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Neutrum -e -s 0 0 0 11 0 0 Tab.F-55: Die Flexion von [+EIN,-PRO]-Elementen N A D red 5 0 0 -0 97 72 4 -r 0 0 0 Maskulin -e -s 2 0 0 0 0 0 -n 0 3 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 30 18 2 -r 0 0 0 Feminin -e 26 21 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 2 1 0 -0 86 47 2 -r 0 0 0 Neutrum -e -s 0 0 0 0 0 1 Tab.F-56: Die Flexion von [+EIN,+PRO]-Elementen N A D red 0 0 0 -0 2 4 0 -r 2 0 0 Maskulin -e -s 0 0 0 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Feminin -e 3 4 0 -s 1 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 1 0 -r 0 0 0 Neutrum -e -s 0 5 1 6 0 0 587 Anhang F Mathias: Phase I Tab.F-57: Die Flexion von [-EIN,-PRO]-Elementen N A D red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Maskulin -e -s 1 0 0 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Feminin -e 2 1 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Neutrum -e -s 0 0 0 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Plural -e 1 1 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Plural -e 0 3 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Plural -e 0 0 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Plural -e 0 0 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 Tab.F-58: Die Flexion von [-EIN,+PRO]-Elementen N A D red 0 0 0 -0 1 0 0 -r 6 0 0 Maskulin -e -s 4 0 0 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Feminin -e 0 3 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 1 0 0 Neutrum -e -s 0 2 3 2 0 0 Tab.F-59: Die Flexion von [+EIN,-PRO]-Elementen N A D red 0 0 0 -0 3 0 0 -r 1 0 0 Maskulin -e -s 1 0 1 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 2 0 0 Feminin -e 0 2 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 1 0 0 -r 1 0 0 Neutrum -e -s 0 0 0 0 0 0 Tab.F-60: Die Flexion von [+EIN,+PRO]-Elementen N A D red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 2 0 0 Maskulin -e -s 0 0 0 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Feminin -e 0 0 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Neutrum -e -s 0 0 0 0 0 0 588 Anhang F Mathias: Phase II Tab.F-61: Die Flexion von [-EIN,-PRO]-Elementen N A D red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 1 0 0 Maskulin -e -s 0 0 0 1 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Feminin -e 0 0 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 1 0 0 Neutrum -e -s 0 0 0 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Plural -e 0 0 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Plural -e 0 1 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Plural -e 0 0 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Plural -e 0 0 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 Tab.F-62: Die Flexion von [-EIN,+PRO]-Elementen N A D red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 3 1 0 Maskulin -e -s 0 0 0 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Feminin -e 0 0 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Neutrum -e -s 0 0 0 1 0 0 Tab.F-63: Die Flexion von [+EIN,-PRO]-Elementen N A D red 0 0 0 -0 0 1 0 -r 0 0 0 Maskulin -e -s 0 0 0 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Feminin -e 0 0 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Neutrum -e -s 0 0 0 0 0 0 Tab.F-64: Die Flexion von [+EIN,+PRO]-Elementen N A D red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 1 0 Maskulin -e -s 0 0 0 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Feminin -e 1 0 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Neutrum -e -s 0 0 0 0 0 0 589 Anhang F Mathias: Phase III Tab.F-65: Die Flexion von [-EIN,-PRO]-Elementen N A D red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 4 1 0 Maskulin -e -s 0 0 0 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Feminin -e 4 3 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Neutrum -e -s 0 1 0 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Plural -e 6 0 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Plural -e 0 1 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Plural -e 0 0 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Plural -e 0 0 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 Tab.F-66: Die Flexion von [-EIN,+PRO]-Elementen N A D red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 6 0 0 Maskulin -e -s 0 0 0 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Feminin -e 4 1 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Neutrum -e -s 0 3 0 3 0 0 Tab.F-67: Die Flexion von [+EIN,-PRO]-Elementen N A D red 0 0 0 -0 13 3 0 -r 0 0 0 Maskulin -e -s 1 0 2 0 0 0 -n 0 2 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 1 0 0 -r 0 0 0 Feminin -e 5 4 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 6 3 0 -r 0 0 0 Neutrum -e -s 0 0 0 0 0 0 Tab.F-68: Die Flexion von [+EIN,+PRO]-Elementen N A D red 0 0 0 -0 1 0 0 -r 1 0 0 Maskulin -e -s 0 0 0 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Feminin -e 1 2 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Neutrum -e -s 0 0 0 0 0 0 590 Anhang F Mathias: Phase IV Tab.F-69: Die Flexion von [-EIN,-PRO]-Elementen N A D red 0 0 0 -0 0 0 0 Maskulin -r -e -s 17 0 1 0 0 0 1 1 0 -n 0 6 3 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 6 Feminin -e 17 10 4 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Neutrum -e -s 0 8 0 3 0 2 -n 0 0 2 -m 0 0 0 red 0 0 1 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Plural -e 5 4 0 -s 0 0 0 -n 0 0 2 -m 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Plural -e 9 1 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 2 0 -r 0 0 0 Plural -e 0 0 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Plural -e 0 0 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 Tab.F-70: Die Flexion von [-EIN,+PRO]-Elementen N A D red 0 0 0 -0 0 0 0 Maskulin -r -e -s 19 1 0 0 0 0 0 0 0 -n 0 1 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Feminin -e 14 8 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Neutrum -e -s 0 2 0 3 0 0 Tab.F-71: Die Flexion von [+EIN,-PRO]-Elementen N A D red 0 0 0 -0 18 11 3 -r 0 0 0 Maskulin -e -s 0 0 0 0 0 0 -n 0 4 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 4 5 0 -r 0 0 0 Feminin -e 15 6 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 12 14 0 -r 0 0 0 Neutrum -e -s 0 0 0 0 0 0 Tab.F-72: Die Flexion von [+EIN,+PRO]-Elementen N A D red 0 0 0 -0 1 0 0 -r 1 0 0 Maskulin -e -s 0 0 0 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Feminin -e 2 4 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 1 2 0 -r 0 0 0 Neutrum -e -s 0 3 0 1 0 0 591 Anhang F Svenja: Phase IV Tab.F-73: Die Flexion von [-EIN,-PRO]-Elementen N A D red 13 8 5 -0 0 0 0 Maskulin -r -e -s 70 2 0 0 0 1 0 2 0 -n 1 71 21 -m 0 0 13 red 1 9 14 -0 0 0 0 -r 0 0 15 Feminin -e 80 53 6 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 1 red 1 1 1 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Neutrum -e -s 0 40 0 41 0 5 -n 0 2 15 -m 0 0 1 red 0 3 3 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Plural -e 47 76 5 -s 0 0 0 -n 0 0 2 -m 0 0 0 -n 0 1 1 -m 0 0 1 red 0 0 0 -0 0 1 0 -r 0 0 0 Plural -e 165 93 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 1 3 0 -r 0 0 0 Plural -e 10 14 0 -s 0 0 0 -n 0 0 1 -m 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Plural -e 4 0 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 Tab.F-74: Die Flexion von [-EIN,+PRO]-Elementen N A D red 4 0 2 -0 0 0 0 Maskulin -r -e -s 144 1 0 1 0 0 8 0 0 -n 1 28 7 -m 0 0 0 red 2 2 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Feminin -e 61 33 4 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 1 0 -r 0 0 0 Neutrum -e -s 0 9 0 27 0 0 Tab.F-75: Die Flexion von [+EIN,-PRO]-Elementen N A D red 0 0 0 -0 38 40 4 -r 0 0 0 Maskulin -e -s 1 0 2 0 0 0 -n 0 9 1 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 6 8 1 -r 0 0 1 Feminin -e 32 37 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 36 46 6 -r 0 0 0 Neutrum -e -s 0 1 1 0 0 0 Tab.F-76: Die Flexion von [+EIN,+PRO]-Elementen N A D red 0 0 0 -0 0 1 0 Maskulin -r -e -s 12 0 0 0 0 0 4 0 0 -n 0 2 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 1 0 -r 0 0 0 Feminin -e 2 6 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Neutrum -e -s 0 9 0 10 0 0 592 Anhang F Alle Kinder Tab.F-77: Die Flexion von [-EIN,-PRO]-Elementen in Phase I N A D red 3 1 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Maskulin -e -s 1 0 0 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Feminin -e 7 1 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Neutrum -e -s 0 0 0 0 1 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Plural -e 2 1 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Plural -e 2 0 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 2 1 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Plural -e 13 0 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 4 5 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Plural -e 109 118 9 -s 0 0 0 -n 0 0 7 -m 0 0 0 Tab.F-78: Die Flexion von [-EIN,-PRO]-Elementen in Phase II N A D red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 7 0 0 Maskulin -e -s 0 0 0 1 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 1 0 1 -0 0 0 0 -r 1 0 0 Feminin -e 2 0 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 4 0 2 Neutrum -e -s 0 0 0 0 0 0 -n 0 0 0 Tab.F-79: Die Flexion von [-EIN,-PRO]-Elementen in Phase III N A D red 11 7 3 -0 1 1 0 Maskulin -r -e -s 31 4 0 7 0 2 0 0 0 -n 0 12 0 -m 0 0 0 red 8 4 4 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Feminin -e 13 17 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 2 1 5 -0 0 0 0 -r 2 0 0 Neutrum -e -s 0 2 0 4 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 Tab.F-80: Die Flexion von [-EIN,-PRO]-Elementen in Phase IV N A D red 23 13 9 -0 0 0 0 Maskulin -r -e -s 202 4 1 1 2 1 4 3 0 -n 2 163 54 -m 0 0 15 red 6 18 29 -0 0 0 0 -r 1 0 29 Feminin -e 240 123 24 -s 1 0 0 -n 0 0 1 -m 0 0 2 red 2 1 1 -0 0 4 0 -r 9 0 0 Neutrum -e -s 1 95 0 71 0 8 -n 0 19 27 -m 0 0 6 593 Anhang F Alle Kinder Tab.F-81: Die Flexion von [-EIN,+PRO]-Elementen in Phase I N A D red 1 0 0 -0 1 0 0 Maskulin -r -e -s 10 4 0 0 0 0 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 2 0 0 Feminin -e 1 3 0 -s 0 0 0 -n 0 1 0 -m 0 0 0 red 1 0 0 -0 0 0 0 -r 2 0 0 Neutrum -e -s 0 2 3 2 0 0 -n 15 1 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Plural -e 2 3 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Plural -e 4 3 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 1 0 0 -0 2 1 0 -r 0 0 0 Plural -e 26 8 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 1 0 -r 0 0 0 Plural -e 255 164 1 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 Tab.F-82: Die Flexion von [-EIN,+PRO]-Elementen in Phase II N A D red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 9 1 0 Maskulin -e -s 0 0 0 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 9 0 0 Feminin -e 0 0 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Neutrum -e -s 0 0 1 3 0 0 -n 0 0 0 Tab.F-83: Die Flexion von [-EIN,+PRO]-Elementen in Phase III N A D red 1 1 0 -0 0 0 0 Maskulin -r -e -s 28 0 0 0 1 0 0 0 0 -n 0 10 0 -m 0 0 0 red 1 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Feminin -e 15 17 0 -s 0 0 0 -n 1 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Neutrum -e -s 0 6 0 11 1 0 -n 7 0 0 -m 0 0 0 Tab.F-84: Die Flexion von [-EIN,+PRO]-Elementen in Phase IV N A D red 7 0 2 -0 0 0 0 Maskulin -r -e -s 304 3 0 2 0 0 12 0 0 -n 1 98 15 -m 0 0 2 red 5 2 0 -0 0 0 0 -r 2 1 3 Feminin -e 149 80 6 -s 0 0 0 -n 0 0 1 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 1 0 -r 1 0 0 Neutrum -e -s 0 15 0 51 0 0 -n 0 2 2 -m 0 0 2 594 Anhang F Alle Kinder Tab.F-85: Die Flexion von [+EIN,-PRO]-Elementen in Phase I N A D red 3 1 0 -0 17 1 0 -r 1 0 0 Maskulin -e -s 4 0 1 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 6 0 0 -0 7 0 0 -r 2 0 0 Feminin -e -s 6 0 4 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 3 0 0 -0 2 2 0 -r 1 0 0 Neutrum -e -s 2 0 0 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 1 0 0 -r 0 0 0 Plural -e 0 0 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Plural -e 1 0 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Plural -e 0 2 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 2 7 0 -r 0 0 0 Plural -e 23 34 3 -s 0 0 0 -n 0 0 1 -m 0 0 0 Tab.F-86: Die Flexion von [+EIN,-PRO]-Elementen in Phase II N A D red 1 0 0 -0 11 3 0 -r 0 0 0 Maskulin -e -s 3 0 0 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 1 0 -0 4 1 0 -r 0 0 0 Feminin -e 3 1 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 1 -0 4 1 0 -r 0 0 0 Neutrum -e -s 2 1 0 0 0 0 -n 0 0 0 Tab.F-87: Die Flexion von [+EIN,-PRO]-Elementen in Phase III N A D red -0 18 110 12 50 0 1 -r 1 0 0 Maskulin -e -s 10 0 6 0 0 0 -n 0 4 0 -m 0 0 0 red 13 5 3 -0 19 12 0 -r 0 0 0 Feminin -e 44 35 1 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 5 7 0 -0 58 30 0 -r 0 1 0 Neutrum -e -s 4 1 1 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 Tab.F-88: Die Flexion von [+EIN,-PRO]-Elementen in Phase IV N A D red -0 5 225 0 159 0 12 -r 1 0 0 Maskulin -e -s 3 0 2 0 0 0 -n 2 42 4 -m 0 0 0 red 0 0 1 -0 47 34 3 -r 1 0 1 Feminin -e 119 120 3 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red -0 3 202 2 154 0 9 -r 0 0 0 Neutrum -e -s 3 1 1 0 0 1 -n 1 4 0 -m 0 0 0 595 Anhang F Alle Kinder Tab.F-89: Die Flexion von [+EIN,+PRO]-Elementen in Phase I N A D red 1 0 0 -0 2 0 0 -r 2 0 0 Maskulin -e -s 0 0 0 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 3 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Feminin -e 0 3 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 5 0 0 -r 0 0 0 Neutrum -e -s 2 2 0 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Plural -e 0 0 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Plural -e 0 0 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 0 0 -r 0 0 0 Plural -e 0 0 0 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 1 0 0 -r 1 0 0 Plural -e 11 4 1 -s 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 Tab.F-90: Die Flexion von [+EIN,+PRO]-Elementen in Phase II N A D red 0 0 0 -0 2 2 0 -r 2 3 0 Maskulin -e -s 1 1 0 0 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 1 0 -0 0 0 0 -r 0 1 0 Feminin -e 3 1 0 -s 1 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 2 0 0 -r 0 0 0 Neutrum -e -s 0 0 0 2 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 Tab.F-91: Die Flexion von [+EIN,+PRO]-Elementen in Phase III N A D red 0 0 0 -0 2 4 0 Maskulin -r -e -s 19 0 2 1 0 1 0 0 0 -n 0 1 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 1 1 0 -r 1 0 0 Feminin -e 9 10 0 -s 0 1 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 1 0 -0 3 2 0 -r 0 0 0 Neutrum -e -s 0 14 1 1 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 Tab.F-92: Die Flexion von [+EIN,+PRO]-Elementen in Phase IV N A D red 0 0 0 -0 5 8 0 Maskulin -r -e -s 24 0 0 0 0 0 4 0 0 -n 1 8 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 0 1 0 -r 0 0 0 Feminin -e 8 20 0 -s 1 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 red 0 0 0 -0 1 7 0 -r 0 0 0 Neutrum -e -s 0 18 1 23 0 0 -n 0 0 0 -m 0 0 0 596 Anhang G 597 Anhang G Kasusmarkierungen an Nomina Für die Analysen in Tab.G-1 bis Tab.G-7 wurden die Korpora in Phasen eingeteilt. Für weitere Erläuterungen zur Phaseneinteilung siehe die Einleitung zu Anhang F. gesamt: Gesamtheit aller Nomina mit obligatorischem Kontext für eine overte Kasusmarkierung Getrennt aufgeführt sind die Werte für: - Akk./Dat.Sg.: Nomina in Akk./Dat.Sg.-Kontexten - Dat.Pl.: Nomina in Dat.Pl.-Kontexten n: obligatorische Kontexte für overte Kasusmarkierungen zielsprachlich (in%): prozentualer Anteil von Nomina mit zielsprachlicher Kasusmarkierung Tab.G-1: Kasusmarkierungen an Nomina - Andreas Phase IV n 0 gesamt zielsprachlich (in %) - Akk./Dat.Sg. zielsprachlich n (in %) 0 - n Dat.Pl. zielsprachlich (in %) 0 - Tab.G-2: Kasusmarkierungen an Nomina - Annelie Phase n gesamt zielsprachlich (in %) Akk./Dat.Sg. zielsprachlich n (in %) n Dat.Pl. zielsprachlich (in %) I/II III IV 0 1 1 0 0 0 0 1 0 0 1 0 0 - gesamt 2 0 1 0 1 0 Tab.G-3: Kasusmarkierungen an Nomina - Carsten Phase IV n 10 gesamt zielsprachlich (in %) 30 Akk./Dat.Sg. zielsprachlich n (in %) 6 0 n 4 Dat.Pl. zielsprachlich (in %) 75 Anhang G 598 Tab.G-4: Kasusmarkierungen an Nomina - Hannah Phase n gesamt zielsprachlich (in %) Akk./Dat.Sg. zielsprachlich n (in %) n Dat.Pl. zielsprachlich (in %) I II/III IV 1 0 1 0 0 1 0 0 0 - 0 0 1 0 gesamt 2 0 1 0 1 0 Tab.G-5: Kasusmarkierungen an Nomina - Leonie Phase n gesamt zielsprachlich (in %) Akk./Dat.Sg. zielsprachlich n (in %) n Dat.Pl. zielsprachlich (in %) I II III IV 0 1 2 14 0 0 50 0 1 2 6 0 0 17 0 0 0 8 75 gesamt 17 41 9 11 8 75 Tab.G-6: Kasusmarkierungen an Nomina - Mathias Phase n gesamt zielsprachlich (in %) Akk./Dat.Sg. zielsprachlich n (in %) n Dat.Pl. zielsprachlich (in %) I/II III IV 0 2 2 0 50 0 2 0 0 - 0 0 2 50 gesamt 4 25 2 0 2 50 Tab.G-7: Kasusmarkierungen an Nomina - Svenja Phase IV n 10 gesamt zielsprachlich (in %) 10 Akk./Dat.Sg. zielsprachlich n (in %) 6 0 n 4 Dat.Pl. zielsprachlich (in %) 25 Anhang H 599 Anhang H Personalpronomina Nr.: Nr. der Aufnahme Es wurden nur Personalpronomina analysiert, bei denen sich ein eindeutiger Person-, Kasus-, Genus- und Numeruskontext ermitteln ließ. Die erste Zeile jeder Tabelle gibt den jeweiligen Personkontext an. Den Genus- und Numeruskontext kann man der zweiten Zeile entnehmen. Die Zahlen in den einzelnen Zellen geben an, wie oft das untersuchte Kind in dem entsprechenden Kontext die einzelnen Formen der Pronomina benutzt hat, die über der jeweiligen Spalte stehen. So kann man z.B. in Tab.H-3 sehen, daß Andreas in 1.Ps.Sg.Dat.-Kontexten achtmal die Form mir und zweimal die Form mich verwendet hat. Die Schattierungen zeigen die zielsprachlich angemessenen Formen an. Dementsprechend beziehen sich alle Angaben in unschattierten Feldern auf nicht-zielsprachliche Formen. Es wurden nur für solche nicht-zielsprachlichen Formen Spalten eingefügt, die tatsächlich im betreffenden Kontext vorkamen. Tab.H-1: Personalpronomina in Nominativkontexten - Andreas 1.Ps. Nr. 1 2.Ps. Sg. ich Pl. wir Sg. du Pl. ihr Mask.Sg. er Fem.Sg. sie 172 3 56 0 32 0 3.Ps. Neut.Sg. es er 0 Pl. 1 sie er 1 1 Tab.H-2: Personalpronomina in Akkusativkontexten - Andreas 1.Ps. Nr. 1 Sg. 2.Ps. 3.Ps. Pl. Sg. Pl. Mask.Sg. Fem.Sg. Neut.Sg. Pl. mich mir uns dich euch ihn sie es sie 0 3 0 1 0 0 0 0 0 Tab.H-3: Personalpronomina in Dativkontexten - Andreas 1.Ps. Nr. 1 Sg. 2.Ps. 3.Ps. Pl. Sg. Pl. Mask.Sg. Fem.Sg. Neut.Sg. Pl. mir mich uns dir euch ihm ihr ihm ihnen 8 2 0 1 0 0 0 0 0 Anhang H 600 Tab.H-4: Personalpronomina in Nominativkontexten - Annelie 1.Ps. 2.Ps. Nr. Sg. ich Pl. wir Sg. du Pl. ihr Mask.Sg. er 1 2 3 4 5 6 7 5 17 50 30 46 0 1 1 3 1 5 4 9 6 29 20 29 0 0 0 0 0 0 0 0 2 3 1 0 3.Ps. Fem.Sg. Neut.Sg. sie es 0 0 0 3 0 1 0 0 0 0 0 0 Pl. sie 0 0 0 0 0 0 Tab.H-5: Personalpronomina in Akkusativkontexten - Annelie 1.Ps. Nr. Sg. 2.Ps. 3.Ps. Pl. Sg. Pl. Mask.Sg. Fem.Sg. Neut.Sg. Pl. mich mir uns dich euch ihn sie es sie 1-3 0 0 0 0 0 0 0 0 0 4 0 0 0 0 0 0 0 1 0 5 0 1 0 0 0 0 0 0 0 6 2 0 0 1 0 0 0 0 0 Tab.H-6: Personalpronomina in Dativkontexten - Annelie 1.Ps. 2.Ps. Nr. Sg. mir Pl. uns Sg. dir Pl. euch Mask.Sg. ihm 1-2 3 4 5 6 0 0 0 0 3 0 0 0 1 0 0 1 0 0 5 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 3.Ps. Fem.Sg. Neut.Sg. ihr ihm 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 Pl. ihnen 0 0 0 0 0 Tab.H-7: Personalpronomina in Nominativkontexten - Carsten 1.Ps. 2.Ps. Nr. Sg. ich Pl. wir Sg. du Pl. ihr Mask.Sg. er 1 310 28 91 1 46 3.Ps. Fem.Sg. Neut.Sg. sie es 4 9 Pl. sie 34 Anhang H 601 Tab.H-8: Personalpronomina in Akkusativkontexten - Carsten 1.Ps. 2.Ps. Nr. Sg. mich Pl. uns Sg. dich Pl. euch Mask.Sg. ihn 1 30 0 7 0 3 3.Ps. Fem.Sg. Neut.Sg. sie es 1 0 Pl. sie 0 Tab.H-9: Personalpronomina in Dativkontexten - Carsten 1.Ps. Nr. 1 2.Ps. 3.Ps. Sg. Pl. Sg. Pl. Fem.Sg. Neut.Sg. Pl. mir uns dir euch ihm Mask.Sg. ihn ihr ihm ihnen 38 4 10 0 0 1 0 0 1 Tab.H-10: Personalpronomina in Nominativkontexten - Hannah 1.Ps. 2.Ps. Nr. Sg. ich Pl. wir Sg. du Pl. ihr Mask.Sg. er 1-4 5 6 7 8 0 0 12 12 13 0 1 0 1 3 0 0 2 3 2 0 0 0 0 0 0 0 1 2 0 3.Ps. Fem.Sg. Neut.Sg. sie es 0 0 5 0 0 0 0 0 1 0 Pl. sie 0 0 0 0 0 Tab.H-11: Personalpronomina in Akkusativkontexten - Hannah 1.Ps. 2.Ps. Nr. Sg. mich Pl. uns Sg. dich Pl. euch Mask.Sg. ihn 1-8 0 0 0 0 0 3.Ps. Fem.Sg. Neut.Sg. sie es 0 0 Pl. sie 0 Tab.H-12: Personalpronomina in Dativkontexten - Hannah 1.Ps. 2.Ps. Nr. Sg. mir Pl. uns Sg. dir Pl. euch Mask.Sg. ihm 1-6 7 8 0 1 3 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 3.Ps. Fem.Sg. Neut.Sg. ihr ihm 0 0 0 0 0 0 Pl. ihnen 0 0 0 Anhang H 602 Tab.H-13: Personalpronomina in Nominativkontexten - Leonie 1.Ps. Nr. 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 2.Ps. 3.Ps. Sg. Pl. Sg. Pl. Mask.Sg. ich wir du ihr er 0 1 2 4 8 18 8 5 17 23 14 42 22 12 36 0 0 0 0 0 0 0 0 0 2 5 3 2 5 14 3 1 0 0 9 4 1 0 1 5 8 22 9 2 17 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 Fem.Sg. Neut.Sg. Pl. sie sie es sie 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 2 0 0 0 3 0 0 0 0 0 0 0 0 1 2 0 0 0 2 1 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 Tab.H-14: Personalpronomina in Akkusativkontexten - Leonie 1.Ps. 2.Ps. Nr. Sg. mich Pl. uns Sg. dich Pl. euch Mask.Sg. ihn 1-3 4 5-9 10 11 12 13 14 15 0 0 0 0 0 0 2 0 5 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 2 0 0 0 2 1 0 3 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 3.Ps. Fem.Sg. Neut.Sg. sie es 0 0 0 0 0 0 0 0 1 0 0 0 4 0 1 0 0 0 Pl. sie 0 0 0 0 0 0 0 0 0 Anhang H 603 Tab.H-15: Personalpronomina in Dativkontexten - Leonie 1.Ps. Nr. 1-2 3 4-8 9 10 11 12 13 14 15 2.Ps. mir Sg. ich mich Pl. uns Sg. dir Pl. euch Mask.Sg. ihm 0 1 0 0 0 0 8 3 4 3 0 0 0 1 0 1 0 1 0 0 0 0 0 0 0 2 0 0 0 2 0 0 0 0 0 0 2 0 1 0 0 0 0 0 0 0 1 3 3 2 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 3.Ps. Fem.Sg. Neut.Sg. ihr ihm 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 Pl. ihnen 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 Tab.H-16: Personalpronomina in Nominativkontexten - Mathias 1.Ps. 2.Ps. 3.Ps. Nr. Sg. ich Pl. wir Sg. du Pl. ihr Mask.Sg. er 9-10 11 12-13 14 15 16 17 18 19 21 22 23 24 25 26 27 0 1 0 2 8 5 15 11 8 15 29 2 25 34 26 24 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 6 5 2 13 0 0 0 0 0 0 0 0 0 7 7 0 9 12 6 15 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 8 11 0 1 1 0 0 0 0 0 Fem.Sg. sie er 0 0 0 0 0 0 0 1 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 2 0 4 0 0 0 0 0 0 0 0 Neut.Sg. es er 0 0 0 0 0 0 1 0 0 0 1 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 0 0 0 0 0 0 0 0 Pl. sie 0 0 0 0 1 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 Anhang H 604 Tab.H-17: Personalpronomina in Akkusativkontexten - Mathias 1.Ps. 2.Ps. 3.Ps. Nr. Sg. mich Pl. uns Sg. dich Pl. euch Mask.Sg. ihn Fem.Sg. sie Neut.Sg. es Pl. sie 9 10 11-14 15 16-21 22 23 24 25 26-27 0 0 0 0 0 0 1 0 1 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 0 0 0 1 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 Tab.H-18: Personalpronomina in Dativkontexten - Mathias Nr. mir 1.Ps. Sg. ich mich Pl. uns 2.Ps. Sg. dir dich Pl. euch Mask.Sg. ihm 3.Ps. Fem.Sg. Neut.Sg. ihr ihm Pl. ihnen 9-19 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 21 0 0 1 0 0 0 0 0 0 0 0 22 1 0 1 0 0 0 0 0 0 0 0 23 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 24 1 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 25 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 26 1 1 0 0 0 1 0 0 0 0 0 27 1 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 Anhang H 605 Tab.H-19: Personalpronomina in Nominativkontexten - Svenja 1.Ps. 2.Ps. Nr. Sg. ich Pl. wir Sg. du Pl. ihr Mask.Sg. er 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 12 4 34 15 7 15 63 58 24 31 56 80 52 64 76 0 1 1 6 7 0 34 17 9 13 12 34 18 60 49 8 4 20 8 1 18 46 10 16 42 38 30 34 52 35 0 0 0 0 0 0 3 0 0 0 4 4 1 1 0 0 2 0 2 0 4 0 0 2 1 2 0 3 0 1 3.Ps. Fem.Sg. Neut.Sg. sie es 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 Pl. sie 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 Tab.H-20: Personalpronomina in Akkusativkontexten - Svenja 1.Ps. Nr. 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 Sg. 2.Ps. mich mir Pl. uns 3 0 0 1 0 0 3 0 0 5 5 12 0 1 7 0 0 0 0 0 1 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 0 0 0 0 1 0 3 0 3.Ps. Sg. dich Pl. euch 0 0 2 0 0 0 14 1 1 0 2 4 1 6 3 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 0 0 0 0 Mask.Sg. ihn sie 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 Fem.Sg. sie Neut.Sg. es Pl. sie 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 2 0 0 0 1 0 0 1 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 0 0 0 0 Anhang H 606 Tab.H-21: Personalpronomina in Dativkontexten - Svenja 1.Ps. Nr. Sg. 2.Ps. 3.Ps. Pl. Sg. Pl. Mask.Sg. Fem.Sg. Neut.Sg. Pl. mir mich uns dir euch ihm ihr ihm ihnen 2 0 0 0 2 0 0 0 0 0 3 1 0 0 0 0 0 0 0 0 4 8 0 0 3 0 0 0 0 0 5 4 0 1 3 0 0 0 0 0 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 2 1 2 8 2 3 1 7 0 3 4 0 0 0 1 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 0 1 0 0 0 8 12 3 1 1 14 0 12 4 0 0 1 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 Anhang I Tab.I-1: Nominativmarkierung bei Argumenten von sein in Phase IV Kind ges. [-EIN,+PRO] Ann Car Han Leo Mat Sve 22 55 7 13 23 141 2 15 0 4 4 23 ges. 261 48 gesamt [-EIN,-PRO] zielsprachlich [-EIN,+PRO] [-EIN,-PRO] Pronomina ges. 3 18 1 5 9 27 17 22 6 4 10 91 22 54 7 13 23 139 2 15 0 4 4 22 63 150 258 47 nicht-zielsprachlich [-EIN,+PRO] [-EIN,-PRO] Pronomina ges. Pronomina 3 17 1 5 9 26 17 22 6 4 10 91 0 1 0 0 0 2 0 0 0 0 0 1 0 1 0 0 0 1 0 0 0 0 0 0 61 150 3 1 2 0 Tab.I-2: Nominativmarkierung bei Subjekten (ohne Argumente von sein) in Phase IV Kind ges. gesamt [-EIN,+PRO] [-EIN,-PRO] Pronomina ges. zielsprachlich [-EIN,+PRO] [-EIN,-PRO] Pronomina ges. nicht-zielsprachlich [-EIN,+PRO] [-EIN,-PRO] Pronomina Ann Car Han Leo Mat Sve 151 557 43 243 208 1206 29 59 3 19 13 111 13 49 2 0 3 26 109 449 38 224 192 1069 151 557 43 243 208 1206 29 59 3 19 13 111 13 49 2 0 3 26 109 449 38 224 192 1069 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 ges. 2408 234 93 2081 2408 234 93 2081 0 0 0 0 608 Anhang I Tab.I-3: Akkusativmarkierung bei direkten Objekten in Phase IV Kind ges. [-EIN,+PRO] Ann Car Han Leo Mat Sve 11 44 4 35 8 137 7 9 1 12 1 24 ges. 239 54 gesamt [-EIN,-PRO] zielsprachlich [-EIN,+PRO] [-EIN,-PRO] Pronomina ges. 0 16 3 11 4 44 4 19 0 12 3 69 10 44 3 35 8 136 7 9 1 12 1 23 78 107 236 53 nicht-zielsprachlich [-EIN,+PRO] [-EIN,-PRO] Pronomina ges. Pronomina 0 16 2 11 4 44 3 19 0 12 3 69 1 0 1 0 0 1 0 0 0 0 0 1 0 0 1 0 0 0 1 0 0 0 0 0 77 106 3 1 1 1 Tab.I-4: Akkusativmarkierung bei Komplementen von Präpositionen in Phase IV Kind ges. gesamt [-EIN,+PRO] [-EIN,-PRO] zielsprachlich [-EIN,+PRO] [-EIN,-PRO] nicht-zielsprachlich [-EIN,+PRO] [-EIN,-PRO] Pronomina ges. Pronomina ges. Ann Car Han Leo Mat Sve 0 51 1 4 2 9 0 6 0 0 0 0 0 26 1 2 2 3 0 19 0 2 0 6 0 50 1 4 2 9 0 5 0 0 0 0 0 26 1 2 2 3 0 19 0 2 0 6 0 1 0 0 0 0 0 1 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 Pronomina 0 0 0 0 0 0 ges. 67 6 34 27 66 5 34 27 1 1 0 0 609 Anhang I Tab.I-5: Dativmarkierung bei direkten Objekten in Phase IV Kind ges. [-EIN,+PRO] Ann Car Han Leo Mat Sve 0 0 0 5 2 21 0 0 0 1 0 5 ges. 28 6 gesamt [-EIN,-PRO] zielsprachlich [-EIN,+PRO] [-EIN,-PRO] Pronomina ges. 0 0 0 0 1 0 0 0 0 4 1 16 0 0 0 1 1 16 0 0 0 0 0 0 1 21 18 0 nicht-zielsprachlich [-EIN,+PRO] [-EIN,-PRO] Pronomina ges. Pronomina 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 1 16 0 0 0 4 1 5 0 0 0 1 0 5 0 0 0 0 1 0 0 0 0 3 0 0 0 18 10 6 1 3 Tab.I-6: Dativmarkierung bei indirekten Objekten in Phase IV Kind ges. gesamt [-EIN,+PRO] [-EIN,-PRO] zielsprachlich [-EIN,+PRO] [-EIN,-PRO] nicht-zielsprachlich [-EIN,+PRO] [-EIN,-PRO] Pronomina ges. Pronomina ges. Ann Car Han Leo Mat Sve 5 43 4 13 7 50 0 0 0 0 0 0 0 2 0 2 2 0 5 41 4 11 5 50 5 42 4 13 3 49 0 0 0 0 0 0 0 1 0 2 0 0 5 41 4 11 3 49 0 1 0 0 4 1 0 0 0 0 0 0 0 1 0 0 2 0 Pronomina 0 0 0 0 2 1 ges. 122 0 6 116 116 0 3 113 6 0 3 3 610 Anhang I Tab.I-7: Dativmarkierung bei Komplementen von Präpositionen in Phase IV Kind ges. [-EIN,+PRO] Ann Car Han Leo Mat Sve 10 25 4 9 11 80 3 2 0 2 0 2 ges. 139 9 gesamt [-EIN,-PRO] zielsprachlich [-EIN,+PRO] [-EIN,-PRO] Pronomina ges. 5 16 4 3 11 37 2 7 0 4 0 41 2 10 4 8 8 65 0 0 0 2 0 0 76 54 97 2 nicht-zielsprachlich [-EIN,+PRO] [-EIN,-PRO] Pronomina ges. Pronomina 0 3 4 2 8 24 2 7 0 4 0 41 8 15 0 1 3 15 3 2 0 0 0 2 5 13 0 1 3 13 0 0 0 0 0 0 41 54 42 7 35 0 611 Anhang J 612 Anhang J Possessivkonstruktionen Nr.: -s/n: Nummer der Aufnahme Gesamtzahl der Possessivkonstruktionen mit -s / Gesamtzahl der Possessivkonstruktionen mit obligatorischem Kontext für -s N + N: Anzahl der Strukturen mit POSSESSOR und POSSESSUM, aber ohne -s (z.B. leonie huhn) N´s + N: Anzahl der Strukturen mit Possessor, Possessum und -s (z.B. leonies huhn) N´s: Anzahl der Strukturen mit Possessor und -s, aber ohne Possessum (z.B. leonies) Tab.J-1: Possessivkonstruktionen - Andreas 2 Nr. -s/n N+N Possessor N's + N Possessor N's 1 2/4 2 mama 2 papas - Possessor Tab.J-2: Possessivkonstruktionen - Annelie Nr. -s/n N+N Possessor N's + N 1 2 3 0/1 0/1 1 1 annelie annelie - - 4 0/3 3 - - 5-6 - - - - gesamt 0/5 5 - - benni3 mama Possessor N's Possessor Tab.J-3: Possessivkonstruktionen - Hannah 2 3 Nr. -s/n N+N Possessor N's + N 1-4 5 6 7-8 1/1 1/1 - - 1 1 - gesamt 2/2 - 2 Possessor N's hannahs hannahs - Possessor - Im Korpus von Andreas liegt darüber hinaus eine Äußerung mit der Form mamas vor: was e mamas. Die Interpretation dieser Struktur ist allerdings unklar. Den Kontextangaben zufolge möchte Andreas wissen, was ihm seine Mutter mitgebracht hat. Benni ist ein Kind aus Annelies Kindergarten. Anhang J 613 Tab.J-4: Possessivkonstruktionen - Leonie Nr. 4 5 -s/n N+N 1 0/9 9 2 0/8 8 3 0/5 5 4 4/5 1 5 14/14 - 6 7/8 1 7 10/11 1 8 3/3 - Possessor omi mama papa peter4 mann mama mami peter papa peter leonie 5 peter N's + N sonja N's - - - - - - 1 9 sonja Possessor 6 peters mamis peters leonies mamis peters Possessor 3 peters 5 mamis 1 leonies 3 leonies 7 sonjas leonies mamas omas AFFES 2 leonies mamas 1 saschas sonjas peters leonies 9 7/7 - 3 10 3/3 - - 11 12 13 14 15 3/3 2/2 1/1 2/2 - 1 1 1 1 gesamt 56/81 25 28 4 3 CLOWNS peters leonies mamas 2 1 1 sonjas BABYS saschas klaras sonjas peters sonjas saschas mamas 28 Peter ist der Vater von Leonie. Die Varianten nene, nenes/nenech, die Leonie neben leonie bzw. leonies verwendet, werden in Tabelle J-4 wie die entsprechenden Vollformen behandelt. Anhang J 614 Tab.J-5: Possessivkonstruktionen - Mathias Nr. -s/n N+N Possessor N's + N 09-10 11 0/1 1 daniel6 - - 12 0/1 1 - - 13 14-21 0/1 - 1 - - - 22 2/2 - 2 23-24 25 26 27 1/1 1/1 1/1 - 1 1 1 gesamt 5/8 3 5 julia 7 julia Possessor daniels julias daniels daniels julias N's Possessor - Tab.J-6: Possessivkonstruktionen - Svenja 6 7 Nr. -s/n N+N 2 - - Possessor N's + N - 3 3/3 - 3 4 5 6-10 11 12 2/2 2/2 - - 1 2 - - 13 9/9 - 7 14 - - - 15 3/3 - 2 16 2/2 - 2 gesamt 21/21 - 17 Daniel ist der Bruder von Mathias. Julia ist die Schwester von Mathias. Possessor N's Possessor rudis papas mamas papas 1 - papas mamas annas papas mamas saschas JUNGES 2 annas mamas saschas papas saschas 1 4 mamas Anhang K 615 Anhang K Auszug aus dem Andreas-Korpus (Wagner 1985) Thorsten: Opa: Thorsten: Opa: Thorsten: Opa: Thorsten: […] Thorsten: Mutter: Opa: Thorsten: Opa: Opa: […] Thorsten: Opa: Thorsten: Andreas: Thorsten: Andreas: Andreas: Annette: Andreas: Opa: Andreas: Opa: Annette: Andreas: Annette: Andreas: Annette: […] Opa: Andreas: Opa: Thorsten: Andreas: Opa: Andreas: Thorsten: Andreas: Opa: aber wir haben noch (ei)n(en) Flipper, den haben xxx wir noch verwahrt. ja? den Flipper haben wir noch verwahrt. so? den Flipper. komm wieder in die Stube komm! [zu Andreas] komm such nach dem Flipper. [zu Andreas] guck mal, ich hab(e) den Flipper. wie geht (e)s dir? oh, wie immer. ich hab(e) den Flipper. ist das der Flipper? da guck mal, hat der da? [zu Andreas] ich möchte lieber den Flipper. Andreas ... ich krieg(e) den Flipper. niiiiiche fei (= nicht zwei). ich krieg(e) den Flipper, ich krieg(e) den Flipper. e ne du das (= ein anderes Tier) hab(e)n das. e deht e nich (= es geht nicht). doch. gib. www. e Thorst(e)n das hab(e)n. hab(e) (ei)ne, komm mal her, Andreas. www. e Thorst(e)n das # hab(e)n. nein. ne e Thorst(e)n Cäsar hab(e)n. nein, der Thorsten wollte den Flipper, der hat sich ja den Flipper gesucht. der Flipper hat ja gar keine Zähne, guck mal. ich möchte nich(t). der Flipper hat ja gar keine Zähne, aber der [%exp: meint den Hasen] hat (ei)n(en) Mund. ja. ha he. guck mal, eine Rübe hat der. ich möchte nich(t). guck mal, der Flipper. e Cäsar. der Flipper ist ja krank, der hat Zahnschmerzen. Anhang K Thorsten: Opa: Andreas: Opa: Opa: Andreas: […] Opa: Andreas: Thorsten: Opa: Thorsten: Opa: Thorsten: Opa: Thorsten: Opa: […] Mutter: Andreas: Andreas: Opa: Mutter: Andreas: 616 hä? oh, guck mal, einen ganz dicken Mund hat der, oh, der hat Zahnschmerzen. nein. guck mal, der (= Flipper) weint. dem laufen schon die Tränen. Mama ich e (= den) F(l)ipper aber Mama. ach gib ihm doch, Mann gib ihm doch den Flipper. eh # F(l)ipper. xxx. gib ihm doch den Flipper. nein. der Frosch und der Flipper +... der hat doch selber welche. die vertragen sich aber nicht, die vertragen sich nicht. doch, guck. nee, nee, nee, aber wenn die alleine sind, dann vertragen sie sich nicht. was möchtest du denn haben, den Frosch oder den Flipper? hm. # den. www. www. den # da. Lebenslauf Persönliche Angaben Name: Wohnort: Sonja Eisenbeiß Trautmannstr. 12, 66482 Zweibrücken Geburtsdatum: Geburtsort: Staatsangehörigkeit: Familienstand: 20. Oktober 1965 Zweibrücken deutsch ledig Schulbildung 1972 - 1975 1976 - 1985 Hilgard Grundschule, Zweibrücken Helmholtz Gymnasium, Zweibrücken Abschluß: Abitur 1983/1984 Austauschschülerin in Yorktown (Virginia) für zwei Monate Studium 1985 - 1991 1993 - 2000 Lehramtsstudium an der Universität zu Köln Fächer: Deutsch, Philosophie Abschluß: 1. Staatsexamen für die Lehrämter der Sekundarstufe II und I Promotionsstudium an der Universität Düsseldorf Fächer: Allgemeine Sprachwissenschaft, Germanistik, Philosophie Berufliche Tätigkeiten 1989 - 1991 1992 - 1994 1994 - 1999 1999 - 2003 seit 2003 Studentische Hilfskraft in dem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Projekt 'Lernbarkeit und Lexikalisches Lernen' (Prof. Dr. Harald Clahsen), Universität Düsseldorf Wissenschaftliche Mitarbeiterin in dem Projekt 'Lernbarkeit und Lexikalisches Lernen' Wissenschaftliche Mitarbeiterin in dem von der DFG geförderten Projekt 'Die Verarbeitung und Repräsentation von Flexionselementen im Deutschen' (Prof. Dr. Harald Clahsen und Prof. Dr. Dieter Wunderlich), Universität Düsseldorf Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Max-Planck-Institut für Psycholinguistik, Nijmegen Lecturer, Department of Language and Linguistics, University of Essex, Colchester, UK Versicherung 'Ich erkläre hiermit, daß ich die vorliegende Arbeit ohne Hilfe Dritter und ohne Benutzung anderer als der angegebenen Hilfsmittel angefertigt habe; die aus fremden Quellen direkt oder indirekt übernommenen Gedanken sind als solche kenntlich gemacht. Die Arbeit wurde bisher in gleicher oder ähnlicher Form keiner anderen Prüfungsbehörde vorgelegt und auch noch nicht veröffentlicht.' Düsseldorf, 15. November 2002