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Die Welt der Streichinstrumente Von Christoph Riedo Zur Beethoven-Zeit dominierten die Geigeninstrumente Violine, Viola, Violoncello und Kontrabass die Gruppe der Streichinstrumente. Die Vorherrschaft der Geigenfamilie sowie deren zentrale musikgeschichtliche Bedeutung gehen anschaulich aus Beethovens eigener Lebensgeschichte hervor. In jungen Jahren erhielt Beethoven, Sohn einer seit zwei Generationen am kurfürstlichen Hof in Bonn angestellten Musikerfamilie, von seinem Vater sowohl Klavier- als auch Violinunterricht. Später unterwies Franz Rovantini, ein Verwandter, Beethoven auf der Violine und der Viola. Beim ersten Geiger der Bonner Hofkapelle, dem geschätzten Franz Ries (1755-1846), setzte Beethoven ab 1785 seine Violinausbildung fort. Als Bratschist wird Beethoven 1789 schließlich selbst in die kurfürstliche Hofkapelle aufgenommen. Hier lernte er die international berühmten Streichervirtuosen und Vettern, den Violinisten Andreas Romberg (1767-1821) und den Cellisten Bernhard Romberg (1767-1841), kennen. l Es ist nicht erwiesen, ob Beethoven nebst der Violine und Bratsche weitere Streichinstrumente beherrschte. Doch wenn Beethoven heute praktisch ausschließlich als Pianist wahrgenommen wird, dann deshalb, weil er bis zu seiner fortgeschrittenen chwerhörigkeit auf diesem Instrument solistisch auftrat und seinerzeit als hervorragender Improvisator galt (nebst Klavier spielte Beethoven auch Orgel und Cembalo). Dabei geht jedoch vergessen, dass Beethoven von frühester Kindheit an ebenfalls Streicher war, was ihn mindestens so sehr prägte wie seine Ausbildung auf den Tasteninstrumenten. Während sich Beethoven dank seiner pianistischen Ausbildung die Harmonik erschloss, eröffnete ihm seine umfassende geigerische Erziehung die Welt der Streichinstrumente im weiteren Sinne. Dazu zählt zunächst das von ihm auf der Violine und Bratsche kennengelernte Musikrepertoire, welches sich von der Kammermusik in kleinerer und größerer Besetzung bis hin zu den Werken für Orchester erstreckte. Als Mitglied der Bonner Hofkapelle geriet Beethoven von 1789 bis zu seinem Wegzug nach Wien im November 1792 nachweislich mit dem kompletten Orchesterrepertoire in Kontakt, auch mit dem des Musiktheaters. Als versierter Violinist und Bratschist lag ihm der Zugang zu den beiden anderen Geigeninstrumenten Cello und Kontrabass nahe, weshalb er über sämtliche Geigeninstrumente ausgezeichnet Bescheid wusste. Die Empfänglichkeit für die idiomatischen Möglichkeiten der Streichbassinstrumente mag dem Orchesterbratscher umso leichter gefallen sein, als sich die Viola in der Klassik sehr stark an der Bassgruppe orientierte. Damit hatten Beethovens persönliche Erfahrungen als Streicher mindestens genauso weitreichende Auswirkungen auf sein kompositorisches Schaffen wie seine pianistische Ausbildung: Seine geigerischen Fähigkeiten schärften sein Gefühl für die Möglichkeiten der einzelnen Geigeninstrumente sowie die Intuition für das Potenzial und die Eignungen ganzer Instrumentengruppen innerhalb eines größeren Klangkörpers. Diese seit frühester Kindheit erworbenen Fertigkeiten kamen Beethoven nicht zuletzt in seinem orchestralen Schaffen zu Gute. 440 Klangwelt Wie aus Beethovens Biographie ex negativa ebenso hervorgeht, dominierten seinerzeit die Geigeninstrumente solchermaßen, dass andere Streichinstrumente lediglich ein Randdasein fristeten. Vereinzelt lebte die von Carl Friedrich Abel (1723-1787) oder Franz Xaver Hammer (1741-1817) gespielte Viola da Gamba weiter. Allerdings galt diese längst als antiquiert, weshalb Hammer in erster Linie als Cellist wahrgenommen wurde. 2 Zumindest während Beethovens Jugend blieb teilweise die in der Armhaltung gespielte Viola d'amore weiter in Gebrauch. Doch auch dieses Instrument verschwand allmählich und fand später nur noch vereinzelt Verwendung wie in der Bühnenmusik von Giacomo Meyerbeers (1791-1864) Hugenotten. Da man nun für Viole d'amore keine Verwendung mehr fand, wurden viele dieser Instrumente zu Bratschen umgebaut. Allerdings weist der Korpus der Viola d'amore, im Gegensatz zu den Geigeninstrumenten, abfallende Schultern auf (gleich wie die Viola da Gamba), weshalb aus zu Bratschen umfunktionierten Viole d'amore eine außergewöhnliche Mischung aus Geigen- und Gambeninstrumenten resultierte. Insofern lebten einzelne bauliche Eigenschaften der Gambenfamilie (wie die abfallenden Schultern oder die Wirbelkästen mit Tierköpfen) selbst nach dem eigentlichen Verschwinden der Viola d'amore und der Viola da Gamba auf gewissen Zwitterinstrumenten weiter. Erst an Beethovens Lebensende trat ein neues Streichinstrument in Erscheinung: 1823 erfand der Wiener Geigenbauer Johann Georg Stauffer (1776-1853) den Arpeggione. Franz Schubert (1797-1828) komponierte für das gitarrenförmige, aber wie ein Cello zwischen den Beinen gespielte Streichinstrument seine Sonate D 82l. Von dem in Wien entwickelten Instrument könnte Beethoven durchaus erfahren haben, obschon der Arpeggione bald wieder in Vergessenheit geriet. Insofern resultierte zur BeethovenZeit aus einer einstmals breiten Vielfalt an Geigen- und Gambeninstrumenten mit verschiedenen Korpusgrößen und mannigfachen Spielweisen immer mehr eine Dominanz der Geigeninstrumente. Lediglich an zu Bratschen umfunktionierten Viole d'amore oder an Kontrabässen mit abfallenden Schultern ließ sich erkennen, dass früher ebenfalls Gambeninstrumente die Streicherwelt geprägt hatten. Beethovens Begegnungen mit den verschiedenen Streicherschulen Über seinen Bonner Violinlehrer Franz Ries sowie den beiden Virtuosen Bernhard und Andreas Romberg geriet Beethoven bereits in jungen Jahren mit einer hochstehenden Streicherkultur in Kontakt. Weitere persönliche Begegnungen mit bedeutenden Virtuosen der Zeit erweiterten Beethovens Kenntnisse über die verschiedenen Streichertraditionen und beeinflussten sein kompositorisches Schaffen. Auf seiner Konzertreise nach Berlin lernte Beethoven 1796 den französischen Cellisten Jean-Louis Duport (1749-1819) kennen, den ersten Cellisten des Preußenkönigs. Vor Friedrich Wilhelm 11. führte Beethoven gemeinsam mit Duport die beiden für diesen Anlass komponierten Sonaten für Violoncello und Klavier op. 5 auf und widmete dem Monarchen den 1797 erschienenen Erstdruck. Der König war selber ein ausgezeichneter Cellist und nahm neben Duport auch dessen Cello spielenden Bruder Jean-Pierre Duport (1741-1818) sowie ab Die Welt der Streichinstrumente 441 86 Luigi Boccherini (1743-1805) in Dienst. Boccherini, der den Titel »compositeur e notre chambre« trug, schickte aus Madrid jährlich zwölf Kompositionen, vorwieoend Quartette und Quintette für zwei Violoncelli. Es war diese außerordentlich hochtehende Berliner Cellokultur, die Beethoven zu seinem op. 5 anspornte. In den beiden onaten hat sich die Cellostimme nicht nur komplett von ihrer ehemaligen Funktion als Generalbassinstrument gelöst, sondern sich zu einer eigenständigen solistischen Stimme und einem dem Tasteninstrument ebenbürtigen Partner entwickelt. In den punktierten echzehntelnoten der Einleitung der zweiten Sonate sieht Ares Rolf eine Anspielung an die Französische Ouvertüre, die »als Kompliment an den Widmungsträger das Entree des Königs als >roi soleil< ankündigt.«3 Zugleich können die punktierten Sechzehntel als Reverenz an seinen französischen Cellopartner gedeutet werden. Duport beschreibt in einem 1806 veröffentlichten Traktat Essai sur le doigte du violoncelle et sur la conduite de l'archet eine ausgesprochen idiomatische Cellotechnik, die, der allgemeinen Tendenz zur Emanzipation des Cellos Rechnung tragend, dem spieltechnischen Einfluss der Viola da Gamba und der Violine mittlerweile völlig entsagt. Den darin beschriebenen sequentiellen und diatonischen Fingersatz übernahmen viele zeitgenössische Cellisten. Außerdem lehrte Duport sein Cellospiel später am Pariser Konservatorium. Zwei Jahre nach dem Treffen mit Duport, 1798, traf Beethoven in Wien auch den berühmten französischen Violinisten Rodolphe Kreutzer (1766-1831). Gemeinsam mit Fierre Rode (1774-1830) und Pierre Baillot (1771-1842) gilt Kreutzer als Begründer der französischen Violinschule. Wie Graf Zinzendorf berichtet, musizierte der Cembalo spielende Beethoven am 5. April 1798 gemeinsam mit Kreutzer. 4 Später schrieb Beethoven im Brief vom 4. Oktober 1804 an den Hornisten und Musikverleger Nikolaus Sirnrock in Bonn: »dieser Kreutzer ist ein guter lieber Mensch, der mir bei seinem hiesigen Aufenthalte sehr viel Vergnügen gemacht, seine Anspruchslosigkeit und Natürlichkeit ist mir lieber als alles Exterieur ohne Interieur der meisten Virtuosen«.5 Im gleichen Schreiben lässt Beethoven ebenfalls wissen, dass er mit Kreutzer weiterhin in Kontakt stünde und die Sonate für Klavier und Violine op. 47 dem Franzosen widmen möchte. Die Erstaufführung der Sonate am 24. Mai 1803 fand allerdings noch mit dem Violinisten George Polgreen Bridgetower (1779-1860) statt. 6 Eigentlich sollte das Werk dem afro-europäischen Geiger gewidmet werden 7 , denn Beethovens Dedikation auf dem Manuskript lautet: »Sonata mulattica Composta per il Mulatto Brischdauer -:- gran pazzo e compositore mulattico.«8 Allerdings zerstritt sich Beethoven später mit diesem, änderte eine Meinung und widmete den 1805 erschienenen Druck letztlich Kreutzer, weswegen das op. 47 heute als Kreutzer-Sonate bekannt ist. Beim Komponieren hatte Beethoven jedoch ganz klar das Violinspiel seines damaligen Freundes Bridgetower vor Augen. Schließlich passt die Sonate überhaupt nicht zum Spiel Kreutzers, wie Louis Baron de Tremont (1779-1852) bemerkte: »Um zu zeigen, wie wenig Beethoven sich mit denjenigen befasste, die seine Musik ausführen sollten, reicht es, die große Sonate für Klavier und Violine zu betrachten, die seinem Freund Kreutzer gewidmet ist. Diese Widmung könnte fast als ein Epigramm verstanden werden, denn Kreutzer spielte stets mit geläufigern Bogen, den er stets auf der Saite hatte. Doch hier ist das gesamte Stück in getüpfelten und Springenden Tönen; deswegen hat Kreutzer es niemals gespielt.«9 Tremont bringt mit 442 Klangwelt seinem Kommentar die seinerzeit verschiedenen Streicherschulen zum Ausdruck. Wollen wir Berlioz' Kommentar Glauben schenken, soll Kreutzer die Beethoven-Sonate als »outrageusement inintelligible«lo bezeichnet und daher, dies meint Tremont, »niemals gespielt« haben, offenbar weil sie nicht zu seinem Geigenspiel passte. So wie seinerzeit Vokalkompositionen passend genau auf die Fähigkeiten und Vorlieben der Sänger komponiert wurden, verhielt es sich auch in der Instrumentalmusik, obschon Tremont Beethoven genau diese Leistung abspricht. Allerdings liegt Tremont deswegen daneben, weil er ignorierte, dass Kreutzer nicht der ursprüngliche Widmungsträger war. Während das Spiel »auf der Saite« Kreutzer auszeichnete, charakterisierten »getüpfelte und springende Töne« das Geigenspiel Bridgetowers. Erst durch die Umwidmung offenbart die Kreutzer-Sonate nun Charakteristiken, die überhaupt nicht der Spielweise des neuen Widmungsträgers entsprechen. Denn es versteht sich von selbst, dass Beethoven als ausgebildeter Streicher die damaligen spieltechnischen Unterschiede sehr bewusst wahrnahm und auf die Vorlieben seiner Musiker einging. Neun Jahre nach der Kreutzer-Sonate beendete Beethoven im Dezember 1812 seine letzte Sonate für Klavier und Violine op. 96, welche er für Pierre Rode (1774- 1830), einem anderen gerade in Wien weilenden Protagonisten der französischen VioHnschule, schrieb. Spieltechnische Eigenheiten Rodes treten heute vermutlich nicht mehr in ihrer ursprünglichen Form zu Tage, weil Beethoven die Sonate vor deren Publikation 1816 möglicherweise nochmals überarbeitete. l1 Doch die beiden persönlichen Begegnungen mit Kreutzer und Rode zeigen, dass die französische Violinschule Beethoven zweifellos prägte. Wie sich an der Gegenüberstellung Bridgetowers und Kreutzers zeigte, existierten seinerzeit verschiedene Streicherschulen, wobei in Wien nochmals eine andere vorherrschte. Solist bei der Uraufführung des Violinkonzerts op. 61 am 23. Dezember 1806 im Theater an der Wien war der Geiger Franz Clement (1780-1842), der als Wunderkind Konzertreisen bis nach England unternahm. Ein erhaltener Beethoven-Brief aus dem Jahre 1794 in Clements Stammbuch, einem Album mit Einträgen seiner Freunde, verrät, dass Beethoven Clement bereits als 14- Jährigen kannte und bewunderte. Unmittelbar vor der Uraufführung des Violinkonzerts traten die beiden mehrmals gemeinsam auf. Und weil Beethoven das Manuskript mit »Concerto par Clemenza pour Clement« überschrieb, sollte es umso mehr als respektvolle Geste an einen liebgewonnenen musikalischen Wegbegleiter verstanden werden. Clement, der in seiner Geburtsstadt Wien vom Vater, seinem Patenonkel sowie dem Wiener Geiger Franz Kurzweil ausgebildet wurde, erlernte eine seinerzeit in Wien vorherrschenden Geigentechnik und beeinflusste später als Konzertmeister am Theater an der Wien das lokale Violinspiel. über Clement berichtet die Allgemeine musikalische Zeitung am 9. April 1805: »Er spielt die Violin vortrefflich und ist in seiner Art vollkommen, vielleicht einzig. Aber freylich in seiner Art. Es ist nicht das markige, kühne, kräftige Spiel, das ergreifende, eindrin gende Adagio, die Gewalt des Bogens und Tones, welche die Rodesche und Viottische Schille charakterisirt: aber eine unbeschreibliche Zierlichkeit, Nettigkeit und Eleganz; eine äusserst liebliche Zartheit und Reinheit des Spiels, die Klement unstreitig unter die vollendetsten Violinspieler stellt. Dabey hat er eine ganz eigene Leichtigkeit, welche mit den unglaublichsten Die Welt der Streichinstrumente 443 Schwierigkeiten nur spielt, und eine Sicherheit, die ihn auch bey den gewagtesten und kühnsten Passagen nicht einen Augenblick verlässt.«12 1805 wurde Clements Violinspiel noch bewundert; dies änderte sich allerdings bald. Bereits 1813 vermeldet die gleiche Zeitung: »doch sein kurzer Bogenstrich und seine überhäuften Künsteleyen, die ihn gar nicht zu einem ausdrucksvollen Gesange kommen lassen, werden ihn immer vom Range unter den grossen Violinspielern abhalten.«13 1824, nach einem Auftritt in Stuttgart, wird über das Spiel des 44-Jährigen bereits berichtet: »Seine Methode, so wie die Art seinen Bogen zu führen, ist im Ganzen etwas veraltet, und sein Ton zuweilen etwas rauh und schneidend.«14 Die Kritik richtete sich folglich vor allem gegen Clements Bogentechnik (»die Art seinen Bogen zu führen«), die für den Klang verantwortlich war. Obschon Clement in Wien mehrfach Viottis Musik aufführte, entsprach sein Spiel überhaupt nicht der Rode- und Viotti-Schule, wie die Allgemeine musikalische Zeitung bereits 1805 vermeldete. Die französische Violinschule feierte allerdings inzwischen große internationale Erfolge, selbst in Wien, wo Louis Spohr (17841859) nach Clement Konzertmeister am Theater an der Wien wurde (1813-1815).15 Als Beethoven 1806 sein Violinkonzert komponierte, orientierte er sich jedoch am Spiel des Solisten, seines Freundes Clement. 16 Tatsächlich weisen Clements Violinkonzert in D-Dur (1805) und das Beethoven-Konzert op. 61 (1806), ebenfalls in D-Dur, große Ähnlichkeiten auf. Beethoven übertrug gewissermaßen das Figuren- und Passagenwerk aus elements Komposition, dem ein akkordisches Spiel ebenfalls abhandenkommt, in sein eigenes Violinkonzert. Brown verweist zudem auf die Ähnlichkeit, wie die Bindebögen gesetzt sindY Weil Clements Violinspiel im frühen 19. Jahrhundert aus der Mode kam, vermutet Brown, dass dieser ästhetische Wandel der Grund für das seinerzeit relativ geringe Interesse an Beethovens Violinkonzert gewesen war, da es eigentlich in einem veralteten Stil komponiert war. Denn nach weiteren, zum Teil nicht besonders erfolgreichen Aufführungen in Wien, Leipzig und Dresden (1815) wurde Beethovens op. 61 in den nächsten Jahrzehnten nur noch sporadisch aufgeführt. Erst ab den 1840er Jahren und ausgerechnet nach einer Revision der Bogenstriche durch Ferdinand David (1810-1873) und Joseph Joachim (1831-1907) sowie mit der tatkräftigen Unterstützung Mendelssohns wurde das Violinkonzert populär und in den musikalischen Kanon aufgenommen. 18 Folglich vermögen bogentechnische Gesichtspunkte sowohl Clements abnehmende Popularität im frühen 19. Jahrhundert als auch den Erfolg des Beethoven-Konzertes in den 1840er Jahren zu erklären. Der Bogen - ein wesentliches Differenzierungsmerkmal der verschiedenen Streicherschulen Bei der Klangerzeugung stellt der Streichbogen einen mindestens ebenso wichtigen Faktor wie das Instrument selbst dar. Zur Beethoven-Zeit waren mehrere Bogentypen in Gebrauch, wobei Leopold Mozart (1756) und Francesco Galeazzi (1791) bezeugen, dass jedes Bogenmodell eine andere Handhabung verlangt.19 Die Wahl des Bogens hing überdies 444 Klangwelt von der Schule ab, aus der ein Geiger stammte. 20 Dementsprechend wäre es falsch zu glauben, dass Streicher mehrere Bögen besessen hätten und die Bogenwahl vom Repertoire oder der Lokalität abhängig gewesen wäre. Ein noch mit Corelli (1653-1713), Somis (1686-1763) und Locatelli (1695-1764) assoziierter kurzer Bogentypus verschwand im Laufe des 18. Jahrhundert allmählich und wurde von einem längeren Bogenmodell abgelöst. Das lange Modell zeichnet sich ebenfalls durch eine nach außen gebogene Bogenstange sowie eine Hechtkopfspitze aus. Es wurde nachweislich von Leclair (1697-1764), Veracini (1690-1768) und Tartini (1692-1770) bevorzugt und blieb mindestens bis zum Ende des 18. Jahrhunderts in GebrauchY Trotz seines langen Bogens empfahl Tartini ein Spiel in der Bogenmitte, ohne allzu nahe an die Spitze oder den Frosch zu gelangen. 22 Der Klang der Tartini-Schüler Pietro Nardini (1722-1793) und Charles Albert Dupreille (1728-1796) soll schmal und wenig durchdringend gewesen sein, was an ihrer Bogentechnik, den langen Bögen und am (zumindest für Tartini belegten) sehr leichten Bogen lag. 23 Charles Burney (1726-1814) berichtet über Johann Georg Holzbogen (1727-1775), einen Schüler Tartinis: »Holzbogn besitzt eine grosse Fertigkeit in der Hand, zieht einen schönen Ton aus seinem Instrumente, und hat mehr Feuer, als man bey jemand aus der tartinischen Schule erwartet, welche sich mehr durch Delikatesse, Ausdruck und sehr feinen Vortrag, als durch Lebhaftigkeit und Abwechslung auszuzeichnen pflegt.«24 Nebst dem ab der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts dominierenden langen Modell traten ab den 1770er Jahren weitere Bogentypen auf, wobei London und Paris bei der Entwicklung neuer Streichbögen eine zentrale Rolle spielten. Diese neuen Bogentypen, welche in der Tradition des langen Modells stehen, bezeichnet Seletsky als Übergangsbögen (transitional bows). Im Vergleich zum langen Modell erhebt sich die Bogenspitze der Übergangsbögen und nimmt die Form eines Beiles, eines Hammers oder, etwas seltener, eines Schwanenkopfes an. Aus bildlichen Quellen geht hervor, dass Übergangsbögen, im Vergleich zu heute, sehr stark gespannt waren, sodass eine gerade oder sogar leicht nach Außen gespannte Bogenstange resultierte. Damals gab man den verschiedenen Bogenmodellen den Namen ihrer Vertreter (eines Bogenbauers oder eines Virtuosen). Der bedeutendste Übergangsbogen ist nach dem Violinisten Wilhelm Cramer (1745-1799) benannt, obschon Woldemar den Cramer-Bogen ebenfalls mit Ignaz Fränzl (1736-1811 ) assoziiert (sowohl Cramer als auch Fränzl waren Mitglieder der Mannheimer Hofkapelle). Der Cramer-Bogen wurde besonders für seine Qualitäten als Springbogen geschätzt. 25 Daher meinte Christian Friedrich Daniel Schubart nicht zufällig: »Niemand stakirt die Noten mit so ungemeiner Präzision wie Cramer.«26 In den 1780er Jahren entwickelte der Pariser Bogenbauer Fran'rois Tourte (17471835) ein neues Modell, das sowohl etwas länger als auch schwerer als praktisch alle anderen Übergangsbögen war. Der Tourte-Bogen zeichnet sich nun durch eine konvexe Krümmung aus, lediglich den Beilkopf übernahm Tourte von den Übergangsbögen. In den beiden Auflagen der Grande methode meint Woldemar, dass 1798 fast nur noch (»presque seul«) und 1803 ausschließlich (»seul«) der Tourte-Bogen verbreitet sei. 27 Allerdings bezieht sich Woldemar lediglich auf seine unmittelbare Umgebung in Frankreich und gibt daher ein verfalschtes Bild ab. Vielmehr existierte selbst das lange Bogenmodell weiter und der bedeutendste Übergangsbogen, der Cramer-Bogen, blieb Die Welt der Streichinstrumente 445 in ganz Europa bis weit über Beethovens Lebenszeit verbreitet. Noch um 1820 zeigt eine Lithographie Nicolo Paganini (1782-1840) mit einem frühen Typus eines Übergangsogens.28 Insofern war die Streicherlandschaft von der Koexistenz verschiedener Schulen und deren ästhetischen Idealen geprägt, was sich sowohl auf Virtuosen als auch auf Di1ettanten beziehen lässt. Allerdings setzte sich der Tourte-Bogen langfristig durch. Dieser Bogentyp wurde zum Standardmodell schlechthin, der, in leicht veränderter Form, bis heute in Gebrauch ist. Obschon Tourte zweifellos ein ausgezeichnetes und für sämtliche Geigeninstrumente geeignetes Bogenmodell entwickelte, liegt der Erfolg dieses Modells mindestens ebenso am Aufstieg der diesen Bogen propagierenden französischen Violin schule.29 Als erster und prominentester Vertreter des Tourte-Bogens, der ihm zugleich zum Erfolg verhalf, gilt Giovanni Battista Viotti (1755-1824). Später folgten ihm die Protagonisten der französischen Violinschule um Rode, Baillot und Kreutzer. Vor dem Hintergrund der verschiedenen damals existierenden Bogenmodelle und ihrer artikulatorischen und interpretatorischen Möglichkeiten erklären sich nun viele achverhalte der Beethoven -Zeit. Aufgrund des Aufstiegs der französischen Violin schule gerieten die Übergangsbogen immer mehr in Verruf, was den oben gesehenen Popularitätsverlust Clements erklärt sowie zugleich das geringe Interesse an Beethovens Violinkonzert. Denn Brown vermutet für Clement zurecht einen Übergangsbogen. 30 Diese Einschätzung deckt sich in gewisser Weise mit Carl Maria von Webers (17861826) Bemerkung, der das Spiel Clements als »geperlt« bezeichnete 3!, sowie mit dem Kommentar in der Allgemeinen musikalischen Zeitung, die den »kurze[n] Bogenstrich« elements und seine» Künsteleyen, die ihn gar nicht zu einem ausdrucksvollen Gesange kommen lassen«, beanstanden. Damit konnte nur der Übergangsbogen gemeint sein, auf den übrigens auch die »getüpfelten und springenden« Töne Bridgetowers passen. Doch ab dem frühen 19. Jahrhundert wurde der Staccatobogen immer mehr geringgeschätzt, was Bernhard Romberg in seiner Violoncell Schule deutlich zum Ausdruck bringt. 1840 hält er »zum springenden Bogenstrich« fest: »Ehemals war es der Solostrich sämmtlicher Virtuosen, alle Passagen wurden in dieser Strich art gemacht, die jedoch ein grossartiges Spiel nie zulässt; [ ... ] jetzt verlangt man mehr Gediegenheit, Seele und Ausdruck in der Musik. «32 Diesem Wandel hin zu »mehr Gediegenheit, Seele und Ausdruck« und »zu einem ausdrucksvollen Gesange« fielen sowohl Clement als auch Bridgetower zum Opfer. Schließlich hielt die Allgemeine musikalische Zeitung Clement bereits 1805 vor, dass ihm »das markige, kühne, kräftige Spiel, das ergreifende, eindringende Adagio, die Gewalt des Bogens und Tones, welche die Rodesche und Viottische Schule charakterisirt« abhandenkommt. Kreutzers »geläufiger Bogen« hingegen wird als »auf der Saite« beschrieben, was genauestens dem Tourte-Bogen entspricht. Den fehlenden Springbogen des Professors am Pariser Konservatorium sowie der anderen Vertreter der französischen Violinschule dürfen wir demnach nicht als Mangel oder bogentechnische Unvollkommenheit betrachten. Vielmehr stellte das Spiel »auf der Saite« das Charakteristikum der französischen Geigenschule dar, wobei dieses Klangideal eine Folge der Bogenwahl, des Tourte-Modells, war. In der Darstellung Des differens Stiles de plusieurs Grands Maitres vergleicht Woldemar die verschiedenen Artikulationsweisen einiger Virtuosen (Cramer, Lolli, Jarnowick, Viotti) miteinander und zeigt nochmals 446 Klangwelt Bernhard Romberg, Violoncell Schule, in zwei Abtheilungen. Der erste Theil ent hält alles, was zum ersten Unterricht in der Musik, so wie zur Mechanik auf dem Violoncell nöthig ist. Der zweite Theil handelt von der Ausbildung im Violoncellspiel, hieran schließt sich eine kurze Uebersicht der Harmonie für Liebhaber des Violoncellspiels, Berlin [1840], zwischen Seite 6 und 7. Lithographie (U niversitätsund Landesbibliothek, Münster) - Auf der Abbildung ist ein Tourte-Bogen zu sehen. Der Daumen der linken Hand befindet sich seitlich am Cellohals und ist som it sicht bar. Diese Daumenposition ist vom Geigenspiel entlehnt, denn bei der heute gängigen Cellotechnik liegt der Daumen unter dem Ha ls und ist nicht mehr erkennbar. Insofern repräsentiert die Illustration eine noch st ark am Geigenspiel orientierte Technik. Duport hingegen beschreibt in seinem 1806 publiziert en Traktat Essai sur le doigte du violoncelle et sur la conduite de I'archet bereits ein Cellospiel, das sich vom spieltechnischen Einfluss der Violine losgelöst hatte. deutlich auf, dass die Art des Artikulierens eine bestimmte Geigenschule repräsentierte und sich die verschiedenen Streicherschulen folglich auf Basis ihrer Artikulationsweise klassifizieren lassen. 33 Aufgrund seines hohen spezifischen Gewichts fand für die Bogenherstellung seit dem Ende des 18. Jahrhunderts fast ausschließlich Fernambukholz Verwendung. Zudem begann man, die Bögen um die Mitte des 18. Jahrhunderts mit einer Schraubmechanik auszustatten 34, mittels derer sich die Bogenspannung mechanisch regulieren ließ. Beim älteren Steckfroschprinzip konnte die Spannung nur geringfügig nachreguliert werden, da die Bogenhaare sowohl an der Spitze als auch am anderen Bogenende festgemacht waren. Bei diesem System wird der mobile Frosch dank einer Einkerbung an der Bogenstange eingerastet, wodurch der Haarbezug gespannt werden kann. Weil sich die Kerbe im Laufe der Zeit abnützte, sprang der Frosch bisweilen aus seiner Verankerung; daraus erklärt sich die Bezeichnung Frosch. Erst ab dem dritten Viertel des 18. Jahrhunderts wurde das Steckfroschprinzip allmählich durch die Schraubmechanik ersetzt. 35 Dennoch blieben Steckfroschbögen weiterhin in Gebrauch; bis zum Ende des 18. Jahrhunderts sind sie beispielsweise bei Ripienisten der Mannheimer und Münchner Hofkapelle belegt und in der Weimarer Hofkapelle sogar bis zum frühen 19. Jahrhundert. 36 Ältere Bögen wurden teilweise den neuen klanglichen und spieltechnischen Bedürfnissen angepasst, indem man die Spitze oder den Frosch mit Elfenbein beschwerte oder nachträglich eine Schraubmechanik eingebaute. Diese Eingriffe veränderten die Balance des Bogens sowie Die Welt der Streichinstrumente 447 den Klang. Allerdings erfuhren nicht nur die Bögen Anpassungen an die neuen Verhältnisse, sondern vor allem auch die Instrumente. Die Anpassung der Geigeninstrumente an eine neue Klangwelt Während bei Tasten-oder Blasinstrumenten die bauchtechnischen Entwicklungen des 18. und 19. Jahrhunderts von außen deutlich erkennbar sind, blieb der Korpus der Geigeninstrumente über die Jahrhunderte im Wesentlichen unverändert. Die baulichen Veränderungen der Violinfamilie sind subtilerer Art und betreffen insbesondere das Instrumenteninnere. Deswegen fällt es einem Laien schwerer, den Wandel im Geigenbau zu erkennen und nachzuvollziehen. Außerdem unterscheiden sich die Geigeninstrumente in einem weiteren Punkt: Bei den Blasinstrumenten führte die Entwicklung hin zu immer zahlreicheren Klappen langfristig dazu, dass ältere Instrumente obsolet wurden. Auf lange Sicht ersetzte auch das Hammerklavier mit seiner stets ausgereifteren Mechanik das Cembalo. Anders verhielt es sich bei den Geigeninstrumenten. Obschon die zeitgenössischen Streichinstrumentenbauer unaufhörlich neue Instrumente bauten, blieben gleichzeitig ältere, vor allem von namhaften Bauern der Barockzeit hergestellte Instrumente weiter in Verwendung. Sowohl der Geiger Rodolphe Kreutzer als auch der Cellist Jean-Louis Duport, um nur zwei direkte Weggenossen Beethovens zu nennen, sollen Instrumente Antonio Stradivaris (um 1644/48-1737) besessen haben. Besonders die in Cremona gebauten Instrumente von Guarneri, Stradivari und der Amati-Familie oder diejenigen des Tirolers Jacob Stainer (um 1618-1683) blieben weit über die Schaffenszeit ihrer Erbauer, und eigentlich bis heute, geschätzt und in Gebrauch. Allerdings überdauerten diese Instrumente, die aufgrund ihres Wertes entweder von Virtuosen oder vermögenden Dilettanten gespielt wurden, nur äußerst selten in originalem Zustand, sondern erfuhren über die Jahrhunderte zum Teil beträchtliche bauliche Anpassungen. Während die Forschung früher davon ausging, dass Umbauarbeiten erst gegen 1800 einsetzten, zeigen neuere Untersuchungen, dass die ersten derartigen Anpassungen bis in die frühen 1730er Jahre zurückreichen. 37 Im großen Stil wurden sie aber vor allem ab dem letzten Viertel des 18. Jahrhunderts durchgeführt. 38 Allerdings konnten vorher getätigte Reparaturarbeiten den Umbau einleiten, wodurch sich dieser schrittweise vollziehen konnte. Die baulichen Veränderungen wecken deswegen unser Interesse, weil wir an ihnen den sich langsam vollziehenden klanglichen Wandel erkennen. Gleichwohl lässt sich dieser nur ungenau mit Worten beschreiben. Immerhin wissen wir aus zeitgenössischen Berichten, dass anfangs, wegen ihres klaren Tones, vor allem Stainer-Instrumente bevorzugt wurden, während sich gegen Ende des 18. Jahrhunderts, aufgrund ihres voluminöseren Klanges, nun die Instrumente Stradivaris großer Beliebtheit erfreuten. 39 Veränderungen im Klavier- oder Blasinstrumentenbau mussten zwangsläufig zu Anpassungen im Geigenbau führen, da letztlich ein Gleichgewicht zwischen den Instrumenten angestrebt wurde. Insofern lässt sich eine allgemeine Tendenz zu immer klangvolleren Geigeninstrumenten erkennen. Ferner befanden sich die hier angesprochenen Barockinstrumente zumeist im Besitz von Virtuosen, die sich in immer größeren Konzertsälen 448 Klangwelt gegen ein anwachsendes Orchester durchsetzen mussten; die Instrumente der Ripienisten hingegen wurden sehr wahrscheinlich mit zeitlicher Verzögerung umgebaut, was sich oben am Beispiel der Schraubmechanik bei Bögen anschaulich belegen ließ. Bei alten und als minderwertig erachteten Streichinstrumenten wurde ein Umbau gar nicht erst in Erwägung gezogen. Diese sortierte man im 18. und 19. Jahrhundert entweder aus oder nahm sie komplett auseinander, um aus dem alten Holz neue Instrumente herzustellen. 40 Ein solch pragmatischer Umgang mit ungenügenden Geigeninstrumenten lässt umgekehrt erkennen, welche Wertschätzung diejenigen Instrumente erfuhren, die intakt belassen, aber in baulicher Hinsicht den neuen Verhältnissen angepasst wurd en. Nur ausgezeichnete Instrumente waren die Mühe eines Umbaus wert. Ein Umbau stellte in jedem Fall einen einschneidenden Eingriff in die bauliche Struktur und den Klang des Instruments dar. Das Ersetzen des Barockstegs durch einen klassischen Steg gehörte nur zu den kleinsten Interventionen. Um tiefgreifendere Eingriffe vorzunehmen, wurde der Instrumentenkorpus geöffnet. Am offenen Instrument konnte durch das Ausdünnen der Decke an der Innenseite die Deckenstärke verringert werden. Auch der Violinboden wurde so bearbeitet, wobei diese Eingriffe heute nur schwer nachweisbar sind, da letztlich Holz entfernt wurde. Außerdem tauschte man den Stimmstock aus und ersetzte d en alten, schlanken Bassbalken durch einen massiverenY All diese Eingriffe betreffen das Instrumenteninnere und sind von außen gar nicht sichtbar. Deutlich erkennbar ist einzig der Austausch des alten Griffbretts durch ein längeres, welches das Spiel in den hohen Lagen vereinfachen sollte. Selbst die Schulterstütze gehörte noch nicht zur allgemeinen Ausstattung der Violine, und Louis Spohr erfand den Prototyp eines Kinnhalter s erst zum Lebensende Beethovens. 42 Auf dem Cello wiederum setzte sich der Stachel nicht vor der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts durchY Bis dann wurde das Instrument zwischen den Knien eingeklemmt. Gleichwohl betraf die folgenschwerste Veränderung nicht den Instrumentenkorpus, sondern den Geigenhals. Beim Umbau wurde der Geigenhals komplett entfernt und durch einen dünneren ausgetauscht, wobei die originale Schnecke dank des Anschäftens an den neuen Hals erhalten blieb. Vor allem aber erhielt der neu eingesetzte Hals einen stärkeren NeigungswinkeL Wahrend bei Barockgeigen der Hals gerade oder beinah e gerade aus dem Geigenkorpus herausläuft, womit der Hals eine logische Verlängerung d es Instrumentenkorpus darstellt, erhielten die Geigenhälse im Laufe des 18. Jahrhun d erts immer mehr eine rückwärtsgewandte Neigung. 44 Dadurch stieg die Saitenspannung und somit der Druck auf den Instrumentenkorpus. Die Verstärkung der Halsneigung führte schließlich zur einschneidendsten klanglichen Veränderung. Obschon diese Umbauarbeiten anfangs lediglich an den wertvollen Barockinstrumenten vollzogen wurden, sollten im Laufe des 18. und 19. Jahrhunderts schließlich alle Instrumente, d.h. auch die neu gebauten Geigeninstrumente, diesem neuen Klangideal entsprechen. Insofern b e traf diese Entwicklung langfristig alle Violininstrumente. Der Geigenbauer Jean-Baptiste Vuillaume (1798-1875) und der Musikbiograph Franyois-Joseph Fetis (1784-1871) behaupteten, dass alte Bassbalken deswegen ersetzt werden mussten, weil seit dem frühen 18. Jahrhundert der Kammerton unaufhörlich gestiegen sei. Durch die erhöhte Saitenspannung sei zugleich der Druck auf den Die Welt der Streichinstrumente 449 Instrumentenkorpus gestiegen, weswegen letztlich der Bassbalken ausgetauscht werden musste.45 An dieser Darstellung ist sicher etwas Wahres, obschon Ursache und Wirkung durcheinandergebracht werden. In der Tat kann eine kontinuierliche Zunahme der Saitenspannung nicht bestritten werden. Allerdings war dafür wohl kaum (alleine) der gestiegene Kammerton verantwortlich, als vielmehr die bewusst gewollte Verstärkung der Halsneigung. Vuillaume und Fetis nennen letztlich eine Ursache (die gestiegene Saitenspannung), die mit dem Umbau ganz eindeutig intendiert war. Ein letzter organologischer Aspekt fehlt, um den Streicherklang der BeethovenZeit akkurater erfassen zu können. Einen entscheidenden Einfluss auf die Klangqualität und -stärke hatte die Besaitung. Violinen waren seinerzeit mit drei blanken Darmsaiten und einer silberumwickelten G-Saite aus Darm bezogen, obschon im 18. Jahrhundert zwischenzeitlich selbst mit umwickelten D-Saiten experimentiert wurde. Im deutschen Sprachgebiet zog man außerdem weniger dicke Saiten als in Frankreich oder England vor. Bei den Bratschen und Celli hingegen setzte sich die Besaitung aus zwei blanken und zwei silberumwickelten Darmsaiten zusammen. 46 Lediglich bezüglich Kontrabassbesaitung besteht wenig Klarheit. Dies liegt einerseits daran, dass zur Beethoven-Zeit mehrere Kontrabassstimmungen existierten und zudem keine klaren Informationen überliefert sind. 47 Die Darmsaiten bewirkten insgesamt einen weniger scharfen und durchdringenden, dafür aber wärmeren Klang. Verschiedene Geigenhaltungen - die Violintechnik im Wandel Wie oben dargelegt, ersetzte man im Zuge der Umbauarbeiten an alten Instrumenten die dicken Geigenhälse durch neue. Dass nun dünnere Hälse bevorzugt wurden, hatte seine Ursache im Wandel der Geigentechnik. Im 18. Jahrhundert konnte die Violine auf verschiedene Arten gehalten werden. 48 Viele Geiger der Barockzeit legten ihre Violinen beispielsweise nicht auf die Schulter, sondern drückten sie auf der Höhe der Brust gegen ihren Körper. Dies lässt sich nicht nur anhand von Traktaten oder anderen Beschreibungen belegen, sondern zudem über bildliche Darstellungen bestätigen. Francesco Geminiani (16871762) etwa empfiehlt in seinem 1751 in London erschienenen Traktat The Art of Playing on the Violin, das Instrument unterhalb des Schlüsselbeins anzusetzen: »The Violin must be rested just below the Collar-bone«. Außerdem meint er: »Observe also, that the Head of the Violin must be nearly Horizontal with that Part which rests against the Brest, that the Hand may be shifted with Facility and without any Danger of dropping the Instrument.«49 Die Brusthaltung barg in der Tat die Gefahr, dass die Violine beim Lagenwechsel entglitt und zu Boden fiel, da das Instrument nicht mit dem Kinn eingeklemmt werden konnte. Leopold Mozart (1719-1787), der in seinem 1756 erschienenen Versuch einer gründlichen Violinschule zwei Geigenhaltungen beschreibt, kennt dieses Problem auch: )} Die erste Art die Violin zu halten, hat etwas angenehmes und sehr gelassenes. [... ] Es wird nämlich die Geige ganz ungezwungen an der Höhe der Brust seitwärts, und so gehalten: daß die Striche des Bogens mehr in die Höhe als nach der Seite gehen. Diese Stellung ist ohne 450 Klangwelt Zweifel in den Augen der Zuseher ungezwungen und angenehm; vor den Spielenden aber etwas schwer und ungelegen: weil, bey schneller Bewegung der Hand in die Höhe, die Geige keinen Halt hat, folglich nothwendig entfallen muß; wenn nicht durch eine lange Uebung der Vortheil, seIbe zwischen dem Daume und Zeigefinger zu halten, eroberet wird.«50 Obschon Mozart diese Haltung als »etwas schwer und ungelegen« bezeichnet, falls sie »nicht durch eine lange Uebung [ ... ] eroberet« wurde, brachten zahlreiche Geigenvirtuosen des 18. Jahrhunderts diese Technik zur allerhöchsten Meisterschaft und spielten auf diese Weise die virtuosesten Stücke. Über Pietro Antonio Locatelli (1695-1764) wird nämlich berichtet: »He holds his Fiddle always upon his Breast.«51 Zusätzlich zeigen zahlreiche glaubwürdige bildliche Darstellungen, etwa von Corelli oder Francesco Maria Veracini, dass die Brusthaltung nicht nur von italienischen Virtuosen (Corelli, Geminiani, Veracini und Locatelli)52, sondern bis in die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts generell von unzähligen Geigern praktiziert wurde. Wahrend Geminiani 1751 in seinem Traktat lediglich die Brusttechnik erwähnt, nennt Leopold Mozart noch eine zweite Geigenhaltung: »Die zwote ist eine bequeme Art. [... ] Es wird nämlich die Violin so an den Hals gesetzet, daß sie am vordersten Theile der Achsel etwas auflieget, und jene Seite, auf welcher das (E) oder die kleinste Seyte ist, unter das Kinn kömmt: dadurch die Violin, auch bey der stärkesten Bewegung der hinauf und herab gehenden Hand, an seinem Orte allezeit unverrückt bleibet.«53 Bei Mozarts »bequemen Art« wurde die Geige unter das Kinn geklemmt, wodurch die Violine »allezeit unverrückt bleibet« und sich der Lagenwechsel einfacher realisieren ließ. Hierbei handelte es sich zweifellos um die in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts verbreitetste Geigenhaltung. Allerdings vermutete die Barockgeigerin Monosoff, dass Leopold Mozart, der das Geigenspiel in den 1720er Jahren in Augsburg erlernte, noch die erste von ihm beschriebene Geigenhaltung praktizierte und somit das Instrument gegen die Brust hielt. 54 Insofern blieben selbst in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts weiterhin beide Techniken in Gebrauch, so wie es Mozart 1756 in seinem Traktat ausführlich beschrieb. Doch selbst in den Neuauflagen der Jahre 1770, 1787 und 1791 seiner Violinschule sowie in der Wiener Ausgabe von 1800 werden weiterhin beide Geigenhaltungen aufgeführt. 55 Dabei hätte dieser Abschnitt, falls eine Korrektur notwendig gewesen wäre, problemlos korrigiert werden können, umso mehr als Leopold 1787 gestorben war. Erst in der Leipziger Auflage von 1817, bei der es sich um eine» neue umgearbeitete Ausgabe« handelt, wurde der entsprechende Absatz vollständig redigiert. Diese Ausgabe füh rt einzig Mozarts zweite Art auf. Im komplett redigierten Paragraph steht lapidar: »Die Geige wird in die linke Hand, der Bogen mit der rechten Hand genommen. Die Geige ruht unter dem Kinn am Halse auf dem Schlüsselbein der linken Schulter, der Hals derselben aber in der linken Hand.«56 Da sich in der Zwischenzeit die zweite Geigenhaltung, die jedermann geläufig war, längst durchgesetzt hatte, gab es keine Verwirrung mehr, weshalb nun eine knappe Beschreibung genügte. Gleichwohl blieben bis mindestens gegen Ende des 18. Jahrhunderts selbst unter professionellen Musikern beide Haltungen verbreitet. 57 Die Welt der Streichinstrumente 451 Dies belegt nicht nur Leopold Mozart selbst, sondern ebenso ein Gemälde von PierreAlexandre Monsigny (1729-1817) aus dem Jahre 1778, das den Komponisten beim Geigespielen zeigt. Dabei ist sehr deutlich zu erkennen, dass dieser die Geige auf Brusthöhe ansetzt und sie mit dem Kinn nicht erreichen kann. 58 Monsigny, der von adeliger Abstammung war, lernte diese Technik in den 1730er Jahren. Sein langes Leben ist Beleg dafür, dass die Brusthaltung über das ganze 18. Jahrhundert in Gebrauch blieb, obschon sie 1778, als Monsigny porträtiert wurde, zweifellos veraltet war. Das Fortbestehen dieser Technik erklärt schließlich, weshalb in Mozarts Violinschule bis 1800 beide Haltungen beschrieben werden. Leopold Mozarts Ausführungen besagen, dass die Brusthaltung »etwas angenehmes und sehr gelassenes« hätte und »ohne Zweifel in den Augen der Zuseher ungezwungen und angenehm« sei. In der Tat verlieh diese Technik eine vornehme Erscheinung, weil sie dem Spieler durch ein lockeres Auflegen der Geige auf Brusthöhe eine aufrechte Haltung und eine erhabene Präsenz erlaubten, ohne dass dieser seinen Körper verrenken musste. Der Nachteil der Brusthaltung lag allerdings darin, dass sie »etwas schwer und ungelegen« war, weil das Instrument nicht fixiert werden konnte und nur bei sehr guter Beherrschung der Technik beim Lagenwechsel nicht zu Boden fiel. Dabei spielt nicht einmal eine Rolle, wo genau auf der Höhe des Brustkorbes die Geige (und im 18. Jahrhundert sehr selten auch die Viola) auflag. Denn alleine dadurch, dass das Instrument nicht vom Kinn festgehalten werden konnte, lassen sich sämtliche Haltungen irgendwo auf Brusthöhe nur durch eine gekonnte Beherrschung der linken Hand meistern. Allerdings vereinfacht ein dicker Geigenhals den Lagenwechsel erheblich, weil ein massiverer und damit schwererer Hals mehr Stabilität und Sicherheit in der linken Hand verleiht. Umgekehrt, wenn die Violine unter das Lambertus Antonius C1aessens (Drucker) und Adriaan de Lelie (Maler), Two Men and 0 Woman Making Music, ca. 1792- 1834, Stich (Rijksmuseu m, Amsterdam) - Gemäß Druck soll es sich um eine Gruppe von Stadtmusikern handeln, wobei der Geiger sein Instrument auf Brusthöhe hält und einen seinerzeit keinesfa lls veralteten Überga ngsbogen spielt. Zur Beethoven-Zeit war es nicht unüblich, dass Stadtmusiker in einem höfischen Orchester engagiert wurden . 452 Klangwelt Kinn eingeklemmt wird, ist ein grober Geigenhals keine Notwendigkeit mehr und stört sogar. Nun bietet das Kinn diese Stabilität, weshalb ein dünnerer Hals handlicher ist und bevorzugt wird. Daher ist der Wandel vom dicken, barocken Geigenhals zum dünneren auch die Folge eines geigentechnischen Wandels. Der Instrumentenbau passte sich somit laufend den Veränderungen in der Instrumentaltechnik an. Der 1770 geborene Beethoven war mit dieser breiten Palette an Haltungen und Spielweisen direkt konfrontiert und wird diese Vielfalt sehr bewusst wahrgenommen haben. In seinen Kompositionen berücksichtigte er nicht nur die verschiedenen Streicherschulen der Virtuosen, sondern beachtete ebenso die Tatsache, dass selbst innerhalb eines professionellen Orchesters verschiedene spieltechnische Niveaus, Geigenhaltungen und -techniken vertreten waren. 59 Die Bratschenstimmen seiner frühen Sinfonien lassen sich beispielsweise komplett in der ersten Lage spielen, wodurch sich weniger erfahrene und versierte Streicher in ein professionelles Orchester integrieren ließen. Erst in seinen späteren Sinfonien verlangt Beethoven von den Bratschen gelegentliche Lagenwechsel. Auch die zweiten Violinen werden in den frühen Sinfonien nur sporadisch zu Lagenwechseln gedrängt; der größte Teil ihres Parts ist in der ersten Lage spielbar. 60 Damit konnten zugleich Spieler mit archaischer Brusttechnik oder solche, die im Spiel in den hohen Lagen nicht besonders sicher waren, im Orchester Platz finden. Schließlich war auch Beethoven als Jugendlicher Mitglied der Bonner Hofkapelle, gemeinsam mit den Vettern Andreas und Bernhard Romberg. Dies soll nicht bedeuten, dass Beethoven kein versierter Geiger und Bratscher gewesen wäre. Vielmehr zeigt das Beispiel, dass Beethoven Teil eines Orchesters war, dem ebenso zwei der bald darauf größten Solisten der Zeit angehörten. Das Streichorchester stellte insofern ein äußerst heterogenes Gebilde dar, als es sowohl aus virtuosen Spielern - den ersten Geigen und den Stimmführern - sowie bisweilen auch aus weniger versierten Ripienisten bestand. 61 Beethovens Orchesterwerke berücksichtigen diese Tatsache, was sich deutlich an der Aufteilung der instrumentaltechnischen Anforderungen an die verschiedenen Streicherregister zeigt. Anmerkungen 4 M. Blindow, Bernhard Romberg (1767-1841). Leben und Wirken des großen Violoncello- Virtuosen, (Musikwissenschaftliche Schriften 47), München und Salzburg 2013. Besonders gut ist die über die Jahrhunderte wandelbare soziale Stellung der Viola da Gamba in England dokumentiert, siehe P. Holman, Life after death: the viola da gamba in Britain f rom Purcell to Dolmetsch, Woodbridge und Rochester 2010. A. Rolf, »Kammermusik für Klavier und Streichinstrumente«, in: S. Hiemke (Hrsg.), Beethoven Handbuch, Kassel u. a. 2009, S. 454-494, hier S. 478. K. M. Kopitz und R. Cadenbach (Hrsg.), Beethoven aus der Sicht seiner Z eitgenossen in Tagebüchern, Briefen, Gedichten und Erinnerungen, München 2009, Bd. 2, S. 1115. E. Kastner (Hrsg.), Ludwig van Beethovens sämtliche Briefe. Nachdruck der völlig umgearbeiteten und wesentlich vermehrten Neuausgabe von Dr. Julius Kapp, Tutzing 1975, S. 83. Die Welt der Streichinstrumente 453 K. M. Kopitz und R. Cadenbach (Hrsg.), Beethoven aus der Sicht seiner Zeitgenossen, Bd. 1, S. 127, Fußnote 3. Siehe C. D. Panton, George Augustus Polgreen Bridgetower, violin virtuoso and composer of color in late 18th century Europe (Studies in the history and interpretation for music, Bd. 115), Lewiston 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 2005. K. M. Kopitz und R. Cadenbach (Hrsg.), Beethoven aus der Sicht seiner Zeitgenossen, Bd. 1, S. 127, Fußnote 1. Ebenda, Bd. 2, S. 1020. A. Rolf, »Kammermusik für Klavier und Streichinstrumente«, S. 454-494, S. 472. Ebenda, S. 474. Allgemeine musikalische Zeitung, 9. April 1805, Bd. 7, Nr. 31, S. 500-501. Nachfolgend zitiert nach F. Clement, Violin Concerto in D Major (1805), hrsg. von C. Brown (Recent Researches in the Music of the Nineteenth and Early Twentieth Centuries, Bd. 41), Middleton 2005, S. vii-xii. Hier jedoch mit einer englischen Übersetzung des Herausgebers. Allgemeine musikalische Zeitung, 16. Juni 18l3, Bd. 15, Nr. 24, S. 400. Allgemeine musikalische Zeitung, 3. Juni 1824, Bd. 26, Nr. 23, S. 366-367. C. Brown, Louis Spohr: eine kritische Biographie, aus dem Englischen von Wolfram Boder, Ber!in 2009. Spohr gilt als deutscher Vertreter der französischen Violinschule, da er nachhaltig vom Spiel des Franzosen Pierre Rode (1774-1830) geprägt war, einem Meisterschüler Giovanni Battista Viottis (1755-1824). Es ist bekannt, dass beispielsweise Mozart den Gesangssolisten die Arien gewissermaßen auf den Leib komponiert hatte, wobei er die Stimmlage und spezifischen Fähigkeiten der Sänger berücksichtigte. Darauf verweist Zaslaw, indem er Mozarts Brief vom 28. Februar 1778 zitiert: »denn ich liebe daß die aria einem sänger so accurat angemessen sey, wie ein gutgemachts kleid.« Anhand der für Rosa Cannabich komponierten Klaviersonate KV 309 zeigt Zaslaw zudem auf, dass dies auch für Instrumentalisten galt. Siehe N. Zaslaw, »Mozart's orchestras: applying historical knowledge to modern performances«, in: Early Music XXI2 (1992), S. 197-205, S. 200. F. Clement, Violin Concerto in D Major (1805), S. xi. Ebenda. L. Mozart, Versuch einer gründlichen Violinschule, Augsburg 1756, S. 129. F. Galeazzi, Elementi teorico-pratici di musica con un saggio sopra l'arte di suonare il violino, tomo primo, Roma 1791, S. 76-77 (»DelfArco, e di alcune altre notizie spettanti al Violino«). H. e hr. Koch, Musikalisches Lexikon, welches die theoretische und praktische Tonkunst, encydo- pädisch bearbeitet, alle alten und neuen Kunstwörter erklärt, und die alten und neuen Instrumente beschrieben, enthält, Frankfurt am Main 1802, S. 261, Artikel »Bogen«. F. Galeazzi, Elementi teorico-pratici di musica, tomo primo, edizione seconda, Ascoli 1817, S. 72. R. E. Seletsky, »New light on an old bow«, in: Early Music xxxii/2 (2004), S. 286-301. G. Tartini, Traite des agrements de la musique. Abhandlung über die Verzierungen in der Musik. Treatise on ornaments in music. Ungekürzt, mit Erläuterungen, einem Anhang, mehreren photographischen Reproduktionen und einer Beilage mit dem Faksimile des italienischen Originaltextes, hrsg. von E. R. Jacobi, Celle und New York 1961, S. 57. »Man soll stets in der Mitte des Bogens spielen, nie gegen die Spitze zu und auch nicht gegen das [andere] Ende [Frosch].« R. E. Seletsky, »New light on an old bow«, in: Early Music, xxxii/3 (2004), S. 415-426, S. 418. Ch. Burney, Tagebuch einer musikalischen Reise. Vollständige Ausgabe, hrsg. von Chr. Hust (Documenta Musicologica. Erste Reihe: Druckschriften-Faksimiles, XIX), 2. Auflage, Kassel u. a. 2004, S.128. C. Brown, Classical and Romantic Performing Practice, 1750-1900, Oxford 1999, S. 273-278. Chr. F. D. Schubart, Ideen zu einer Ästhetik der Tonkunst, Wien 1806, S. l39. K. Köpp, »Historische Streichbögen als Interfaces«, in: Klang (ohne) Körper: Spuren und Potenziale des Körpers in der elektronischen Musik, hrsg. von M . Harenberg und D. Weissberg (MedienAnalysen, Bd. 5), Bielefeld 2010, S. 147-171, S. 167. 454 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 Klangwelt R. E. Seletsky, »New light on an old bow«, in: Early Music xxxii/3 (2004), S. 415-426, S. 424. Seletsky weist jedoch drauf hin, dass überraschenderweise eine Federzeichnung existiert, die Viotti nach 1800 mit einem langen Schwanenhalsbogen zeigt, den er allerdings nicht spielt, sondern lediglich in der Hand hält. Siehe ebenda, S. 421. E element, Violin Concerto in D Major (1805), S. x. A. Moser, Geschichte des Violinspiels, Leipzig 1923, S. 509. Weber vergleicht Clement mit dem Pianisten Hummel und schreibt 1813 aus Prag: »Hummel's Spiel ist außerordentlich sicher, nett und geperlt, ganz das, was Clement als Violinspieler ist.« B. Romberg, Violoncell Schule, in zwei Abtheilungen. Der erste Theil enthält alles, was zum ersten Unterricht in der Musik, so wie zur Mechanik auf dem Violoncell näthig ist. Der zweite Theil handelt von der Ausbildung im Violoncellspiel, hieran schließt sich eine kurze Uebersicht der Harmonie für Liebhaber des Violoncellspiels, Berlin [1840], S. 109. Siehe K. Köpp, »Historische Streichbögen als Interfaces«, S. 166. R. E. Seletsky, »New light on an old bow«, in: Early Music xxxiil2 (2004), S. 286-301, S. 296. Im Inventar einer Pariser Geigenwerkstatt wird 1747 zum ersten Mal ein Schraubfroschbogen aufgeführt, siehe E Getreau, »Französische Bögen im 17. und 18. Jahrhundert. Dokumente und ikonografische Quellen«, in: Der Streichbogen. Entwicklung - Herstellung - Funktion. 16. Musikinstrumentenbau-Symposium in Michaelstein am 3. und 4. November 1995, (Michaelsteiner Konferenzberichte, Bd. 54), Michaelstein 1998, S. 21-36, S. 31. R. E. Seletsky, »New light on an old bow«, in: Early Music xxxii/3 (2004), S. 415-426, S. 420. K. Köpp, »Historische Streichbögen als Interfaces«, S. 151. Chr. Ahrens und B. Hentrich, »>Von einer steiner Violino daß grifbreth erhöhet ... ( Tiefgreifende Reparaturen an Cremoneser und Stainer'schen Violinen in den 1730er- und 1740er-Jahren«, in: B. Darmstädter und I. Hoheisel (Hrsg.), Unisonus: Musikinstrumente erforschen, bewahren, sammeln, Wien 2014, S. 240-255 . . Th. Drescher, Kapitel »Änderungen um 1800« in: Artikel »Streichinstrumentenbau«, in: MGG2, Sachteil, Bd. 8 (1998), Sp. 1879f. P. Walls, »Mozart and the Violin«, in: Early Music xx/1 (1992), S. 7-29, S. 8-9. Beispiele, wie im 19. Jahrhundert alte Instrumente auseinandergenommen und wieder zu neuen Instrumenten zusammengebaut wurden, gibt K. Moens, »Problems of authenticity of sixteenth century stringed instruments«, in: S. Orlando (Hrsg.), The Italian Viola da Gamba. Proceedings of the International Symposium on the Italian Viola da Gamba, Soloignac und Turin 2002, S.97-113. Eine chronologische Auflistung von Bassbalken aus dem 17.-19. Jahrhundert befindet sich in P. Walls, »Mozart and the Violin«, S. 10. Siehe R. Stowell, Violin technique and performance practice in the late eighteenth and early nineteenth centuries, Cambridge 1985, S. 30. G. Kennaway, Playing the Cello, 1780-1930, Farnham und Burlington 2014, S. 6-7. Siehe diesbezüglich die Abbildung in R. Stowell, Violin technique and performance practice, S. 25. Chr. Ahrens und B. Hentrich, >>>Von einer steiner Violino daß grifbreth erhöhet ... «(, S. 242. P. Barbieri, »Roman and Neapolitan Gut Strings 1550-1950«, in: The Galpin Society Journal LIX (2006), S. 147-181. Ders., »The Roman Gut String Makers: 1550-2005«, in: Studi Musicali XXXV (2006), S. 3-128. Zu den Wiener Verhältnissen siehe J. Focht, Der Wien er Kontrabass: Spieltechnik und Aufführungspraxis, Musik und Instrumente (Tübinger Beiträge zur Musikwissenschaft, Bd. 20), Tutzing 1999. Die aktuellste und übersichtlichste Darstellung dazu bietet M. Ronez, Die Violintechnik im Wandel der Zeit. Die Entwicklung der Violintechnik in Quellenzitaten. Von den Anfängen bis Pierre Baillot 1835,2 Bde., Wien 2012. E Geminiani, The Art ofPlaying on the Violin, London 1751, S. 1f. 1. Mozart, Versuch einer gründlichen Violinschule, S. 53. A. Dunning, Pietro Antonio Locatelli: Der Virtuose und seine Welt, Buren 1981, Bd. 1, S. 204. Die Welt der Streichinstrumente 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 455 iehe hierzu Chr. Riedo, »How Might Arcangelo Corelli Have Played the Violin ?«, in: Music in Art XXXIV (Spring-Fall 2014), S. 103-118. L. Mozart, Versuch einer gründlichen Violinschule, S. 53-54. . Monosoff, »Violin Fingering«, in: Early Music XIIIIl (1985), S. 76-79; 77: »On the other hand, [there] is a picture ofMozart playing the violin with the instrument against his ehest.« Zu den verschiedenen bis 1800 erschienenen Auflagen siehe RISM B/vF: F. Lesure, Ecrits imprimes concernant la musique, München 1971, S. 600-602. L. Mozart, Violinschule oder Anweisung die Violin zu spielen, (Neue umgearbeitete Ausgabe), Leipzig [1817], S. 13. Darüber, dass die Violinhaltung auch die Folge der Funktion eines Geigers innerhalb des Orchesters sein konnte, äußert sich Th. Drescher, )>>Die Pracht, dieß schöne Ensemble hat kein Orchester<. Johann Friedrich Reichardt als Leiter der Berliner Hofkapelle«, in: Basler Jahrbuch für historische Musikpraxis XVII (1993), S. 139-160, S. 155-157. F. Getreau, »Französische Bögen im 17. und 18. Jahrhundert. Dokumente und ikonografische Quellen«, in: Der Streich bogen. Entwicklung - Herstellung - Funktion. 16. MusikinstrumentenbauSymposium in Michaelstein am 3. und 4. November 1995, (Michaelsteiner Konferenzberichte Bd. 54), Michaelstein, 1998, S. 21-36, S. 35. Zur Heterogenität des Orchesters der Beethoven -Zeit, das sich sowohl aus Virtuosen als auch aus · Stadtmusikern und Spielleuten zusammensetzen konnte, siehe Chr.-H. Mahling, »Herkunft und Sozialstatus des höfischen Orchestermusikers im 18. und frühen 19. Jahrhundert in Deutschland«, in: W Salmen (Hrsg.), Der Sozialstatus des Berufsmusikers vom 17. bis 19. Jahrhundert, (Musikwissenschaftliche Arbeiten Bd. 24), Kassel u. a. 1971, S. 219-264. Sowie J. Spitzer und N. Zaslaw, »Irnprovised Ornamentation in Eighteenth-Century Orchestras«, in: Journal of the American Musicological Society XXXIX/3 (1986), S. 524-577. Um eine Klanggleichheit zu erreichen, sollten melodische Abschnitte oder ganze Melodien möglichst auf einer einzigen Saite gespielt werden, was automatisch Lagenwechsel erforderte. Reichardt meinte: »Die Noten, die auf Einen Bogenstrich kommen sollen, müssen auch so viel als möglich auf einer Saite gegriffen werden.« J. F. Reichardt, Über die Pflichten des Ripien- Violinisten, Berlin und Leipzig 1776, S. 29-30. Siehe hierzu ebenfalls R. Stowell, Violin technique and performance practice, S. 116-125. Allerdings wird diese Anordnung besonders die ersten Geigen betroffen haben. Zudem bedeutet dies nicht, dass die Weisung immer beachtet wurde (»so viel als möglich«), oder dass die Regel von Spieler mit der Brusttechnik nicht hätte befolgt werden können. Zu den Anforderungen, die an Ripienisten gestellt wurden, siehe J. F. Reichardt, Über die Pflichten des Ripien- Violinisten.