Bausteine einer induktiven, an Erfahrungstatsachen orientierten Theologie 5 Die folgenden Ausführungen nehmen Anmerkungen von Thomas Mann zu seinem "Joseph-Projekt" zum Anlass, einige Überlegungen zur Selbst-und Identitätsentfaltung...
moreBausteine einer induktiven, an Erfahrungstatsachen orientierten Theologie 5 Die folgenden Ausführungen nehmen Anmerkungen von Thomas Mann zu seinem "Joseph-Projekt" zum Anlass, einige Überlegungen zur Selbst-und Identitätsentfaltung menschlicher Subjekte anzustellen. Diese Überlegungen sind von dem Erkenntnisinteresse geprägt, Anknüpfungspunkte theologischen Denkens in 10 Kernbereichen menschlicher Erfahrung auszumachen, die den ideologischen Streit zu versachlichen helfen und den interkulturellen Dialog im Interesse der Wahrheitsfindung und des "Fortschritts im Geistigen"(Thomas Mann) befördern helfen. "Das Gefühl für den Weg, das Weiterschreiten, die Änderung, die Entwicklung ist 15 sehr stark in diesem Buch (Joseph und seine Brüder, hta), seine ganze Theologie ist mit dieser verbunden und daraus abgeleitet: nämlich aus seiner Auffassung des alttestamentlichen´Bundes´zwischenalttestamentlichen´Bundes´alttestamentlichen´Bundes´zwischen Gott und Mensch, aus dem Gedanken also eines Angewiesenseins Gottes auf den Menschen, das sich mit dem des Menschen auf Gott zu gemeinsamem Höherstreben verschränkt. Denn auch Gott unterliegt der 20 Entwicklung, auch er verändert sich und schreitet fort: aus dem Wüstenhaft-Dämonischen ins Geistige und Heilige; und er kann es sowenig ohne die Hilfe des Menschengeistes, wie dieser es vermag ohne Gott. Sollte ich bestimmen, was ich persönlich unter Religiösität verstehe, so würde ich sagen: sie ist Aufmerksamkeit und Gehorsam; Aufmerksamkeit auf innere Veränderungen der Welt, auf den 25 Wechsel im Bilde der Wahrheit und des Rechten; Gehorsam, der nicht säumt, Leben und Wirklichkeit diesen Veränderungen, diesem Wechsel anzupassen und so dem Geiste gerecht zu werden. In Sünde leben heißt gegen den Geist leben, aus Unaufmerksamkeit und Ungehorsam am Veralteten, Rückständigen festhalten und fortfahren, darin zu leben. Und von der gerechten Furcht vor dieser Sünde und 30 Narrheit ist jedesmal die Rede in dem Buch, wo von der "Gottessorge" die Rede ist. Überall ist sie zu Hause in meinem Roman: auf den Weiden Kanaans und auf dem ägyptischen Königsthron. Sie ist nicht allein die Sorge um das "Hervordenken", die Bestimmung und Erkenntnis Gottes, sondern namentlich die um seinen Willen, mit dem der unsere übereinstimmen muss; um das, was die Glocke geschlagen hat, die 35 Forderung des Äons, der Weltstunde. Die "Gottessorge" ist die Besorgnis, das, was einmal das Rechte war, es aber nicht mehr ist, noch immer für das Rechte zu halten und ihm anachronistischer Weise nachzuleben; sie ist das fromme Feingefühl für das Verworfene, Veraltete, innerlich Überschrittene, das unmöglich, skandalös oder, in der Sprache Israels, ein "Greuel" geworden ist. Sie ist das intelligente Lauschen auf 40 das, was der Weltgeist will, auf die neue Wahrheit und Notwendigkeit, und ein besonderer, religiöser Begriff der Dummheit ergibt sich dabei: die Gottesdummheit, die diese Sorge nicht kennt oder ihr so täppisch Rechnung trägt wie das geschwisterliche Elternpaar Potiphars, das die Mannheit des Sohnes dem Lichte opfert. Ein Gottesdummkopf ist Laban, der noch glaubt, sein Söhnchen schlachten 45 und im Fundament des Hauses beisetzen zu sollen, was einmal ganz segensreich war, aber aufgehört hat, es zu sein. Das eigentliche und ursprüngliche Opfer war Menschenopfer. Wann kam der Augenblick, wo es zum Greuel und zur Dummheit wurde. Die Genesis hält ihn fest, diesen Augenblick, im Bilde des verwehrten Isaak-Opfers, der Substituierung des Tieres. Hier löst sich ein in Gott fortgeschrittener