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Gleichstellung von Männern und Frauen

Die Gleichstellung von Frauen und Männern ist eines der Ziele der Europäischen Union. Mit Rechtsvorschriften, der Rechtsprechung und Änderungen der Verträge ist es nach und nach gelungen, diesen Grundsatz zu festigen und ihn in der EU anzuwenden. Das Europäische Parlament hat sich seit jeher mit Nachdruck für den Grundsatz der Gleichstellung von Männern und Frauen starkgemacht.

Rechtsgrundlage

Die Gleichheit von Frauen und Männern stellt einen der gemeinsamen Grundwerte der Europäischen Union dar, die in Artikel 2 und Artikel 3 Absatz 3 des Vertrags über die Europäische Union (EUV), in den Artikeln 8, 10, 19, 153 und 157 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) und in den Artikeln 21 und 23 der Charta der Grundrechte ausdrücklich aufgeführt sind.

Der Grundsatz, dass Männer und Frauen gleiches Entgelt für gleiche Arbeit erhalten sollten, ist seit 1957 in den Verträgen verankert (heute Artikel 157 AEUV).

Gemäß Artikel 153 AEUV kann die EU generell auf dem Gebiet der Chancengleichheit und Gleichbehandlung im Bereich der Beschäftigung tätig werden. Darüber hinaus sind innerhalb dieses Rahmens nach Artikel 157 AEUV positive Maßnahmen zur Stärkung der Rolle der Frau möglich. Ferner können gemäß Artikel 19 AEUV Rechtsvorschriften zur Bekämpfung jeglicher Form von Diskriminierung, unter anderem aus Gründen des Geschlechts, erlassen werden.

Auf der Grundlage der Artikel 79, 82 und 83 AEUV wurden Rechtsvorschriften zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt sowie zur Bekämpfung des Menschenhandels, insbesondere des Handels mit Frauen und Kindern, erlassen.

Ziele

Gemäß Artikel 23 der Charta muss die Gleichheit von Frauen und Männern in allen Bereichen, einschließlich der Beschäftigung, der Arbeit und des Arbeitsentgelts, sichergestellt werden.

Der Grundsatz der Gleichheit steht der Beibehaltung oder der Einführung spezifischer Vergünstigungen für das unterrepräsentierte Geschlecht nicht entgegen.

Darüber hinaus soll die EU nach Artikel 8 AEUV bei allen ihren Tätigkeiten darauf hinwirken, Ungleichheiten zu beseitigen und die Gleichstellung von Männern und Frauen zu fördern (auch bekannt unter der Bezeichnung „Gender Mainstreaming“).

In der 19. Erklärung, die der Schlussakte der Regierungskonferenz, auf der der Vertrag von Lissabon angenommen wurde, beigefügt ist, haben sich die EU und die Mitgliedstaaten verpflichtet, „jede Art der häuslichen Gewalt zu bekämpfen […], um solche strafbaren Handlungen zu verhindern und zu ahnden sowie die Opfer zu unterstützen und zu schützen“.

Erfolge

A. Die wichtigsten Rechtsvorschriften

In diesem Zusammenhang wurden unter anderem folgende EU-Rechtsvorschriften angenommen, die meisten davon im Rahmen des ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens:

  • Richtlinie 79/7/EWG des Rates vom 19. Dezember 1978 zur schrittweisen Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen im Bereich der sozialen Sicherheit,
  • Richtlinie 92/85/EWG des Rates vom 19. Oktober 1992 über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes von schwangeren Arbeitnehmerinnen, Wöchnerinnen und stillenden Arbeitnehmerinnen am Arbeitsplatz,
  • Richtlinie 97/81/EG des Rates vom 15. Dezember 1997 zu der von UNICE, CEEP und EGB geschlossenen Rahmenvereinigung über Teilzeitarbeit,
  • Richtlinie 2000/43/EG des Rates vom 29. Juni 2000 zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft (Rassismusbekämpfungsrichtlinie), welche die Diskriminierung aus Gründen der Rasse oder der ethnischen Herkunft in einer Vielzahl von Bereichen verbietet, darunter Beschäftigung, Sozialschutz und soziale Vergünstigungen, Bildung sowie Güter und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, wie Wohnraum,
  • Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf,
  • Richtlinie 2004/113/EG des Rates vom 13. Dezember 2004 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen,
  • Richtlinie 2006/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juli 2006 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsfragen,
  • Richtlinie 2010/18/EU des Rates vom 8. März 2010 zur Durchführung der überarbeiteten Rahmenvereinbarung über den Elternurlaub und zur Aufhebung der Richtlinie 96/34/EG,
  • Richtlinie 2010/41/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. Juli 2010 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen, die eine selbstständige Erwerbstätigkeit ausüben, und zur Aufhebung der Richtlinie 86/613/EWG des Rates,
  • Richtlinie 2011/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2011 zur Verhütung und Bekämpfung des Menschenhandels und zum Schutz seiner Opfer sowie zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2002/629/JI des Rates,
  • Richtlinie 2011/99/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über die Europäische Schutzanordnung,
  • Richtlinie 2012/29/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2012 über Mindeststandards für die Rechte, die Unterstützung und den Schutz von Opfern von Straftaten sowie zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2001/220/JI,
  • Richtlinie (EU) 2019/1158 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben für Eltern und pflegende Angehörige und zur Aufhebung der Richtlinie 2010/18/EU des Rates,
  • Richtlinie (EU) 2022/2381 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. November 2022 zur Gewährleistung einer ausgewogeneren Vertretung von Frauen und Männern unter den Direktoren börsennotierter Gesellschaften und über damit zusammenhängende Maßnahmen,
  • Richtlinie (EU) 2023/970 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. Mai 2023 zur Stärkung der Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für Männer und Frauen bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit durch Entgelttransparenz und Durchsetzungsmechanismen.

B. Fortschritte durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH)

Der EuGH hat eine wichtige Rolle bei der Förderung der Gleichstellung von Männern und Frauen gespielt. In diesem Zusammenhang gab es eine Reihe wichtiger Urteile.

  • Defrenne-II-Urteil vom 8. April 1976 (Rechtssache 43/75): Der EuGH erkannte die unmittelbare Geltung des Grundsatzes des gleichen Entgelts von Männern und Frauen an und urteilte, dass der Grundsatz nicht nur für den Bereich der öffentlichen Behörden gilt, sondern sich auch auf alle die abhängige Erwerbstätigkeit kollektiv regelnden Tarifverträge erstreckt.
  • Bilka-Urteil vom 13. Mai 1986 (Rechtssache C-170/84): Der EuGH entschied, dass eine Maßnahme, die Teilzeitbedienstete von der betrieblichen Altersversorgung ausschließt, als „mittelbare Diskriminierung“ einen Verstoß gegen den ehemaligen Artikel 119 des Vertrags über die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft darstellt, wenn sie wesentlich mehr Frauen als Männer betrifft, außer wenn nachgewiesen werden konnte, dass der Ausschluss auf Faktoren beruhte, die objektiv gerechtfertigt waren und nichts mit einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts zu tun hatten.
  • Barber-Urteil vom 17. Mai 1990 (Rechtssache C-262/88): Der EuGH entschied, dass alle Formen von betrieblicher Altersrente einem Entgelt im Sinne des ehemaligen Artikels 119 gleichzustellen sind und der Grundsatz der Gleichbehandlung daher auf sie anwendbar ist. Der EuGH urteilte, dass Arbeitnehmer männlichen Geschlechts ihre Rechte in Bezug auf Alters- und Hinterbliebenenrenten im gleichen Alter wie ihre Kolleginnen geltend machen können.
  • Marschall-Urteil vom 11. November 1997 (Rechtssache C-409/95): Der EuGH erklärte, dass das Gemeinschaftsrecht keiner nationalen Regelung entgegensteht, nach der in Tätigkeitsbereichen, in denen Frauen weniger vertreten sind als Männer, vorrangig Bewerberinnen zu befördern sind (positive Diskriminierung), sofern dieser Vorteil nicht automatisch gewährt wird, den männlichen Bewerbern eine Prüfung ihrer Bewerbung garantiert ist und sie nicht schon im Vorhinein von einer Bewerbung ausgeschlossen werden.
  • Nadine-Paquay-Urteil vom 11. Oktober 2007 (Rechtssache C-460/06): Der EuGH erklärte, dass eine Entlassung wegen Schwangerschaft und/oder Geburt eines Kindes gegen Artikel 2 Absatz 1 und Artikel 5 Absatz 1 der Richtlinie 76/207/EWG des Rates vom 9. Februar 1976 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in Bezug auf die Arbeitsbedingungen verstößt.
  • Test-Achats-Urteil vom 1. März 2011 (Rechtssache C-236/09): Der EuGH erklärte Artikel 5 Absatz 2 der Richtlinie 2004/113/EG des Rates für ungültig, weil er gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung von Frauen und Männern beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen verstößt. Bei der Festlegung von Versicherungsbeiträgen und -leistungen müssen für Männer und Frauen dieselben versicherungsmathematischen Grundsätze zugrunde gelegt werden.
  • Kuso-Urteil vom 12. September 2013 (Rechtssache C-614/11): Der EuGH urteilte, dass Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe c der Richtlinie 76/207/EWG des Rates vom 9. Februar 1976 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen dahin auszulegen ist, dass eine nationale Regelung, die in einer Dienstordnung besteht, die Bestandteil eines vor Beitritt des betreffenden Mitgliedstaats zur Union geschlossenen Arbeitsvertrags ist und vorsieht, dass das Arbeitsverhältnis durch Erreichen des Pensionsantrittsalters endet, das nach dem Geschlecht des Arbeitnehmers unterschiedlich festgesetzt ist, eine nach der Richtlinie verbotene Diskriminierung begründet, wenn der betreffende Arbeitnehmer das Pensionsantrittsalter erreicht.
  • Korwin-Mikke-Urteil vom 31. Mai 2018 (Rechtssachen T-770/16 und T-352/17): Der EuGH entschied, dass die Sanktionen gegen den rechtsextremen polnischen Abgeordneten Janusz Korwin-Mikke aufzuheben sind.
  • Violeta-Villar-Láiz-Urteil vom 8. Mai 2019 (Rechtssache C-161/18): Der EuGH stellte fest, dass die spanischen Rechtsvorschriften über die Berechnung der Altersrente von Teilzeitbeschäftigten gegen EU-Recht verstoßen, wenn weibliche Arbeitskräfte dadurch besonders benachteiligt werden.
  • Praxair-Urteil vom 8. Mai 2019 (Rechtssache C-486/18): Der EuGH erklärte, dass die Berechnung der Entlassungsentschädigung und der Zuwendung für die Wiedereingliederung von Bediensteten, die während eines Elternurlaubs auf Teilzeitbasis arbeiten, auf der Grundlage des Entgelts für in Vollzeit erbrachten Arbeitsleistungen erfolgen muss. Widersprüchliche nationale Rechtsvorschriften führen zu einer mittelbaren Diskriminierung aufgrund des Geschlechts.
  • Safeway-Urteil vom 7. Oktober 2019 (Rechtssache C-171/18): Der EuGH entschied über die Angleichung der Rentenleistungen im Rahmen eines betrieblichen Rentensystems.
  • Ortiz-Mesonero-Urteil vom 18. September 2019 (Rechtssache C-366/18): Einem Vater wurde es verweigert, in festen Schichten zu arbeiten, damit er besser für seine Kinder sorgen kann. Der EuGH entschied, dass die Richtlinien hier keine Anwendung finden und dass sie keine Bestimmung enthalten, die die Mitgliedstaaten im Rahmen eines Antrags auf Elternurlaub dazu verpflichten könnte, dem Begehren der antragstellenden Person, zu festen Arbeitszeiten zu arbeiten, zu entsprechen, wenn die Person normalerweise im Rahmen eines Wechselschichtmodells arbeitet.
  • Hakelbracht-Urteil vom 20. Juni 2019 (Rechtssache C-404/18): Der EuGH entschied, dass, wenn eine Person geltend macht, aufgrund ihres Geschlechts diskriminiert zu werden, und eine Beschwerde einreicht, andere Arbeitnehmer, bei denen es sich nicht um diese Person handelt, geschützt werden müssen, soweit sie von ihrem Arbeitgeber wegen der Unterstützung, die sie formell oder informell der Person, die auf diese Art diskriminiert wurde, entgegengebracht haben, benachteiligt werden können.
  • Tesco-Stores-Urteil vom 3. Juni 2021 (Rechtssache C-624/19): In seinem Urteil verwies der EuGH zunächst auf sein Urteil in der Rechtssache Praxair MRC (C-486/18), wonach sich das Verbot diskriminierender Ungleichbehandlung von Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen auch auf Tarifverträge und Verträge zwischen Privaten zur Regelung des Entgelts erstreckt. Ferner verwies der EuGH auf seine sonstige ständige Rechtsprechung, die es Gerichten ermöglicht, andere geschlechtsspezifische Ungleichbehandlungen in Bezug auf das Entgelt auf der Grundlage der strittigen Regelung zu bewerten. Der EuGH kam zu dem Schluss, dass Artikel 157 AEUV so auszulegen ist, dass er in Rechtsstreitigkeiten zwischen Privaten, in denen ein Verstoß gegen den Grundsatz des gleichen Entgelts für Männer und Frauen bei gleichwertiger Arbeit geltend gemacht wird, unmittelbare horizontale Wirkung entfaltet.
  • Gutachten 1/19 des Gerichtshofs vom 6. Oktober 2021 über den Beitritt der Union zum Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (Übereinkommen von Istanbul): In dem Gutachten des EuGH werden die Modalitäten des Beitritts der EU zum Übereinkommen von Istanbul und dessen Rechtsgrundlage präzisiert.
  • Tesorería-General-de-la-Seguridad-Social-Urteil vom 24. Februar 2022 (Rechtssache C-389/20): Der EuGH entschied, dass Artikel 4 Absatz 1 der Richtlinie 79/7/EWG des Rates vom 19. Dezember 1978 dahin auszulegen ist, dass er einer nationalen Bestimmung entgegensteht, mit der Leistungen bei Arbeitslosigkeit von Leistungen der sozialen Sicherheit, die Hausangestellten von einem gesetzlichen System der sozialen Sicherheit gewährt werden, ausgenommen werden. Weibliche und männliche Beschäftigte sollten dieselben Rechte haben und nicht aus Gründen des Geschlechts diskriminiert werden.
  • BVAEB-Urteil vom 5. Mai 2022 (Rechtssache C-405/20): Der EuGH erklärte, dass Artikel 157 AEUV und Artikel 5 Buchstabe c der Richtlinie 2006/54/EG dahin auszulegen sind, dass sie einer nationalen Regelung, die eine degressive jährliche Anpassung des Betrags der Pension der nationalen Beamten nach Maßgabe seiner Höhe vorsieht, wobei die Anpassung ab einem bestimmten Betrag ganz entfällt, in dem Fall, dass sich diese Regelung auf einen signifikant höheren Anteil männlicher als weiblicher Pensionsbezieher ungünstig auswirkt, nicht entgegenstehen, sofern mit ihr in kohärenter und systematischer Weise die Ziele der Gewährleistung einer nachhaltigen Finanzierung der Pensionen und einer Verringerung des Niveauunterschieds zwischen den staatlich finanzierten Pensionen verfolgt werden, ohne dass sie über das hinausgeht, was zur Erreichung dieser Ziele erforderlich ist.

C. Sonstige EU-Initiativen

  • Die europäische Säule sozialer Rechte umfasst die Gleichstellung der Geschlechter als einen der 20 Grundsätze, womit das Recht auf gleiches Entgelt für gleichwertige Arbeit und die Gleichbehandlung und Chancengleichheit von Frauen und Männern in allen Bereichen sichergestellt werden sollen, was die Erwerbsbeteiligung, die Beschäftigungsbedingungen und den beruflichen Aufstieg einschließt.
  • Die Strategie für die Gleichstellung der Geschlechter 2020-2025 ist ein umfassendes Strategiedokument der Kommission, deren Hauptziele die Beendigung der geschlechtsspezifischen Gewalt, die Bekämpfung von Geschlechterstereotypen, die Verringerung der geschlechtsbedingten Unterschiede auf dem Arbeitsmarkt, die Verwirklichung einer ausgewogenen Beteiligung von Frauen und Männern in verschiedenen Wirtschaftszweigen, die Bekämpfung des Lohn- und Rentengefälles zwischen Frauen und Männern, den Abbau des Gefälles bei Betreuungs- und Pflegeaufgaben und die Verwirklichung einer ausgewogenen Vertretung von Frauen und Männern in Entscheidungspositionen und Politik umfasst. Im Rahmen der Strategie wird ein zweigleisiger Ansatz aus Gender Mainstreaming in Kombination mit gezielten Maßnahmen verfolgt. Bei der Umsetzung der Strategie ist Intersektionalität ein bereichsübergreifendes Prinzip.
  • Mit der Europäischen Strategie für Pflege und Betreuung werden erschwingliche, zugängliche und hochwertige Betreuungs- und Pflegedienste in der gesamten EU gefördert, um die Situation sowohl für Pflegebedürftige als auch für Pflegekräfte bzw. pflegende Personen in einem professionellen oder informellen Umfeld zu verbessern. Investitionen in hochwertige Pflege und Betreuung ziehen auch die Verbesserung der Erwerbsbeteiligung von Frauen und der Gleichstellung der Geschlechter, insbesondere des geschlechtsspezifischen Lohn- und Rentengefälles, nach sich.
  • Die Empfehlung des Rates vom 22. Mai 2019 zu hochwertiger frühkindlicher Betreuung, Bildung und Erziehung entspricht einem aus der Strategie für Pflege und Betreuung abgeleiteten Vorschlag der Kommission, die Ziele im Bereich der frühkindlichen Bildung und Betreuung zu überarbeiten, um die Erwerbsbeteiligung von Frauen zu erhöhen. Diese Ziele werden auch als Barcelona-Ziele bezeichnet und wurden 2002 festgelegt.
  • Mit der Empfehlung des Rates vom 8. Dezember 2022 über den Zugang zu erschwinglicher und hochwertiger Langzeitpflege, die ebenfalls auf der EU-Strategie für Pflege und Betreuung aufbaut, wird darauf abgezielt, den Menschen ein Leben in Würde zu ermöglichen und die Gleichstellung der Geschlechter zu fördern, da Millionen von Frauen aufgrund von Betreuungs- und Pflegepflichten nicht oder nur in Teilzeit am Arbeitsmarkt teilhaben können. Betreuungs- und Pflegepflichten können sich zudem nachteilig auf das Einkommen und die Rente von Frauen auswirken.
  • Mit der Empfehlung des Rates vom 30. Januar 2023 für eine angemessene Mindestsicherung zur Gewährleistung einer aktiven Inklusion wird die Resilienz von Frauen gefördert. Im Hinblick auf die Förderung der Gleichstellung der Geschlechter, der Einkommenssicherheit und der wirtschaftlichen Unabhängigkeit von Frauen, jungen Erwachsenen und Menschen mit Behinderungen empfiehlt der Rat, die Möglichkeit vorzusehen, die Mindestsicherung auch einzelnen Haushaltsmitgliedern zu gewähren.
  • Im Paket zur Erhöhung der Arbeitsmarktchancen für Menschen mit Behinderungen sind unterstützende Maßnahmen vorgesehen, die speziell darauf abzielen, die Beschäftigungsmöglichkeiten für Frauen mit Behinderungen zu verbessern.

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E. Jüngste Entwicklungen

Im Hinblick auf die Verwirklichung der Gleichstellung von Männern und Frauen in der EU ist die Annahme der Richtlinie zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt am 24. April 2024 ein echter Meilenstein der Wahlperiode 2019-2024.

Diese Richtlinie ist das erste umfassende Rechtsinstrument auf EU-Ebene zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt. Der Kommissarin für Gleichheitspolitik, Helena Dalli, zufolge wird die Richtlinie durch eine Empfehlung zur Verhütung und Bekämpfung schädlicher Praktiken gegen Frauen und Mädchen, einschließlich Genitalverstümmelung bei Frauen, Zwangsabtreibung, Zwangssterilisierung, Früh- und Zwangsheirat usw., ergänzt. Als Forum für den Austausch über bewährte Verfahren für nationale Sachverständige hat die Kommission außerdem ein EU-Netz zur Verhütung von geschlechtsspezifischer und häuslicher Gewalt eingerichtet. Um Geschlechterstereotype zu bekämpfen, hat die Kommission die Kampagne #EndGenderStereotypes ins Leben gerufen.

Der Ausschuss für die Rechte der Frauen und die Gleichstellung der Geschlechter (FEMM) des Parlaments schloss in der neunten Wahlperiode zudem unter anderem folgende Gesetzgebungsdossiers ab:

  • Richtlinie über Frauen in Leitungsorganen: Mit der Richtlinie wird darauf abgezielt, die Präsenz von Frauen in den Leitungsorganen von Unternehmen und damit ihre Einbeziehung in Entscheidungen der Wirtschaft zu erhöhen, um positive Auswirkungen auf die Erwerbsbeteiligung der Frauen in den betreffenden Unternehmen und in der Wirtschaft insgesamt zu erzielen (siehe Erfolge bzw. Rechtsvorschriften).
  • Entgelttransparenz-Richtlinie: Mit dieser Richtlinie wird gleiches Entgelt bei gleicher Arbeit mit gleichem Wert gefördert und die Erwerbsbeteiligung von Frauen gewürdigt (siehe Erfolge bzw. Rechtsvorschriften).
  • Richtlinien für Gleichstellungsstellen – Standards für Gleichstellungsstellen im Bereich der Gleichbehandlung und Chancengleichheit von Frauen und Männern in Arbeits- und Beschäftigungsfragen: Die vorgeschlagenen Rechtsvorschriften wurden auf zwei verschiedenen Rechtsgrundlagen mit unterschiedlichen Verfahren ausgearbeitet. Daher wurden zwei Vorschläge der Kommission (Richtlinie und Richtlinie des Rates) veröffentlicht, obwohl sie inhaltlich im Wesentlichen identisch waren. Das Parlament verfügte nur beim ersten Vorschlag im Rahmen des ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens über Befugnisse als gesetzgebendes Organ, während es seine Zustimmung zum zweiten Vorschlag im Wege des Zustimmungsverfahrens erteilen konnte.

Mit der Einigung, die in den interinstitutionellen Verhandlungen über die erste Richtlinie erzielt wurde, werden neue Standards für Gleichstellungsstellen festgelegt und es wird sichergestellt, dass neue Nichtdiskriminierungsvorschriften in der EU wirksam angewandt und umgesetzt werden. Die Gleichstellungsstellen sind unabhängig, werden nicht von außen beeinflusst und erhalten keine Weisungen von Regierungen. Es wird unter anderem auch erwartet, dass die Gleichstellungsstellen über ausreichende personelle, technische und finanzielle Ressourcen verfügen, um ihre Aufgaben wahrnehmen zu können.

  • Richtlinie des Rates über Standards für Gleichstellungsstellen im Bereich der Gleichbehandlung von Personen ungeachtet ihrer ethnischen Herkunft, der Gleichbehandlung von Personen in Beschäftigung und Beruf ungeachtet ihrer Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung und ihrer sexuellen Ausrichtung sowie von Frauen und Männern im Bereich der sozialen Sicherheit und im Bereich des Zugangs zu und der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen und zur Änderung der Richtlinien 2000/43/EG und 2004/113/EG: Da die beiden Vorschläge im Wesentlichen inhaltlich identisch waren, wurde der Text des Zustimmungsdossiers nach der Einigung über die erste Richtlinie angeglichen, und der Rat ersuchte das Parlament um Zustimmung, die am 10. April erteilt wurde.
  • Beitritt der EU zum Übereinkommen von Istanbul: Am 1. Oktober 2023 trat das Übereinkommen von Istanbul für die Europäische Union in Kraft. Die EU ist somit die 38. Vertragspartei des Übereinkommens. Das Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt ist das erste internationale Instrument, das auf die Beseitigung von Gewalt gegen Frauen, einschließlich Mädchen unter 18 Jahren, ausgerichtet worden ist. Es trat im April 2014 in Kraft und wurde am 13. Juni 2017 von der EU unterzeichnet.
  • Ratifizierung des Übereinkommens der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) über Gewalt und Belästigung auf der Grundlage eines Beschlusses des Rates, die Mitgliedstaaten dazu aufzufordern: Das Parlament erteilte seine Zustimmung zu dem Beschluss des Rates in Bezug auf das ILO-Übereinkommen Nr. 190 (C190), wobei es sich um das erste internationale Übereinkommen handelt, in dem anerkannt wird, dass jede Person das Recht auf eine Arbeitswelt ohne Gewalt und Belästigung, einschließlich geschlechtsspezifischer Gewalt und Belästigung, hat. Das Übereinkommen enthält die Verpflichtung, dieses Recht zu achten, zu fördern und zu verwirklichen, und legt Mindeststandards für das Vorgehen gegen Belästigung und Gewalt fest, um ein gesundes, sicheres und gleichberechtigtes Arbeitsumfeld für alle zu fördern.
  • Änderung der Richtlinie 2012/29/EU über Mindeststandards für die Rechte, die Unterstützung und den Schutz von Opfern von Straftaten sowie zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2001/220/JI: Mit der Richtlinie sollen die Bedingungen und Standards für Opfer in der gesamten EU verbessert werden. Am 10. April 2024 kündigte das Plenum des Parlaments den Beschluss an, interinstitutionelle Verhandlungen mit dem Rat aufzunehmen. Das Gesetzgebungsverfahren wird abgeschlossen, sobald die beiden gesetzgebenden Organe eine Einigung erzielt haben.
  • Einigung in erster Lesung über die Änderung der Richtlinie 2011/36/EU zur Verhütung und Bekämpfung des Menschenhandels und zum Schutz seiner Opfer: Mit dieser Richtlinie wurde ein umfassender Rahmen für die Bekämpfung des Menschenhandels geschaffen, indem Mindestvorschriften zur Definition von Straftaten und Strafen festgelegt wurden. Des Weiteren beinhaltet die Richtlinie Bestimmungen zur Stärkung der Prävention und des Schutzes der Opfer unter Berücksichtigung der Geschlechterperspektive. Das Parlament nahm den vereinbarten Text am 23. April 2024 in erster Lesung an.

Nichtlegislative Initiativberichte:

  • Geschlechtsspezifische Aspekte der steigenden Lebenshaltungskosten und der Auswirkungen der Energiekrise: In der Entschließung wurde dargelegt, wie die COVID-19-Pandemie, die Krise aufgrund der steigenden Lebenshaltungskosten und der Krieg gegen die Ukraine eine bereits bestehende Krise und die prekären Arbeits- und Lebensbedingungen vieler Frauen verschärft haben. Das Parlament forderte die Kommission auf, die Gleichstellung der Geschlechter bei allen politischen Entscheidungen zu fördern, und hob hervor, dass mehr unternommen werden muss, da in den wichtigsten Initiativen, die in den Bereichen Klima, Energie und Umwelt vorgelegt wurden, eine Geschlechterperspektive fehlt.

Angenommene Stellungnahmen:

Entschließungen zu Anfragen der Kommission zur mündlichen Beantwortung:

F. EU-Förderung

Die Förderung der Gleichstellung der Geschlechter und des Gender Mainstreamings ist – als Kernaufgabe der EU und als treibende Kraft für Wirtschaftswachstum und soziale Entwicklung – ein Ziel, dass im Rahmen aller Tätigkeiten der EU verfolgt wird. Das Ziel wird durch das Programm „Bürgerinnen und Bürger, Gleichstellung, Rechte und Werte“ (CERV-Programm) aus dem langfristigen Haushalt der EU (MFR 2021-2027) gefördert. Das Programm wurde im Rahmen der Verordnung (EU) 2021/692 eingerichtet und ersetzt das Programm „Rechte, Gleichstellung und Unionsbürgerschaft“ und das Programm „Europa für Bürgerinnen und Bürger“. Bei zwei der vier Aktionsbereiche liegt der Fokus auf der Förderung von Rechten, dem Diskriminierungsverbot und der Gleichstellung, einschließlich der Geschlechtergleichstellung und dem Voranbringen der durchgängigen Berücksichtigung der Geschlechtergleichstellung und des Diskriminierungsverbots (Aktionsbereich Gleichstellung, Rechte und Geschlechtergleichstellung) sowie auf der Bekämpfung von Gewalt, einschließlich geschlechtsspezifischer Gewalt (Aktionsbereich Daphne).

Auch für die Umsetzung der europäischen Säule sozialer Rechte, insbesondere im Rahmen des Europäischen Sozialfonds Plus (ESF+), aus dem Projekte zur Förderung der sozialen Inklusion, zur Armutsbekämpfung und zur Investition in die Menschen finanziert werden, sowie für andere kohäsionspolitische Fonds, die Aufbau- und Resilienzfazilität (ARF) und InvestEU stehen EU-Mittel zur Verfügung.

Über die Aufbau- und Resilienzfazilität werden 723,8 Mrd. EUR an Darlehen und Zuschüssen bereitgestellt, um die Mitgliedstaaten bei der Durchführung von Reformen und bei Investitionen zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie bis Ende 2026 zu unterstützen. In der Verordnung über die Aufbau- und Resilienzfazilität werden Frauen als eine der Gruppen aufgeführt, die von der COVID-19-Krise negativ betroffen sind. Zu den Zielen der Verordnung zählt die Abmilderung der Folgen der Krise für Frauen.

Der mit der Verordnung (EU) 2023/955 eingerichtete Klima-Sozialfonds trägt den Bedürfnissen von Frauen Rechnung, wobei anerkannt wird, dass Frauen unverhältnismäßig stark von Energie- und Mobilitätsarmut betroffen sind, insbesondere alleinerziehende Mütter, alleinstehende Frauen, Frauen mit Behinderungen und allein lebende ältere Frauen. Es wird ferner anerkannt, dass Frauen darüber hinaus unterschiedliche und komplexere Mobilitätsmuster aufweisen.

G. Auswärtiges Handeln der EU

Der Aktionsplan für die Gleichstellung der Geschlechter und die Stärkung der Rolle der Frau im auswärtigen Handeln zielt darauf ab, die Lücke im Hinblick auf die Verwirklichung des Nachhaltigkeitsziels 5 und die Verringerung der Frauenarmut zu schließen. Mit dem Aktionsplan wird ein transformativer, intersektionaler und menschenrechtsbasierter Ansatz verfolgt. Zugrunde liegt das ehrgeizige Ziel, sicherzustellen, dass bis 2025 mindestens 85 % aller neuen außenpolitischen Maßnahmen der EU geschlechtergerecht sind.

 

Andreea Simona Chifan / Tania Da Silva Azevedo