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Wahlkampf in DetroitFür Afro­amerikaner will Trump «mehr als jeder Präsident seit Lincoln» getan haben

Donald Trump besuchte in Detroit die 180 Church. Im Publikum sassen allerdings dann mehrheitlich Weisse.
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Der ungewöhnliche Kampagnenstopp ging für Donald Trump nach hinten los. Er war ermutigt durch die mehreren Tausend Anhänger, die ihm Ende Mai in der New Yorker Bronx zugejubelt hatten, einer Hochburg der Afroamerikaner und Latinos, mehrheitlich Wähler der Demokraten, bei denen Trump in diesem Wahlkampf zu punkten hofft.

Also suchte der Republikaner am Wochenende eine afroamerikanische Kirche in Detroit auf, eine kleine Gemeindekirche in einem Stadtviertel, in dem die Menschen mit Verwahrlosung, Armut, Drogen und psychischen Krankheiten kämpfen, wie Pastor Lorenzo Sewell der «Detroit Free Press» sagte. Die Kirche betreibt eine Methadonklinik.

Dort setzte sich Trump auf die Bühne zwischen lauter Afroamerikaner und begann zu predigen. «Wir haben mehr getan für die schwarze Bevölkerung als jeder andere Präsident seit Abraham Lincoln», behauptete der Republikaner. Ein «big statement», wie er selbst einräumte, als er sich mit dem Gründer seiner Partei verglich, der wegen der Sklaverei einen blutigen Krieg führte gegen die abtrünnigen Südstaaten. «Joe Biden hat nichts für euch getan, als zu reden», schimpfte Trump.

So weit war es für den designierten Präsidentschaftskandidaten der Republikaner ganz gut gelaufen. Doch als die Kamera wegschwenkte ins Publikum, waren da fast ausschliesslich Weisse zu sehen.

«Joe Biden hat nichts für euch getan», sagte Trump zum mehrheitlich weissen Publikum.

20 Prozent der Afroamerikaner neigen zu Trump

Die Frage, wie viel Unterstützung Donald Trump bei der afroamerikanischen Wählerschaft gewinnen kann, ist eines der am heissesten diskutierten Themen in diesen Tagen. Da die Wahl vom 5. November knapp ausgehen dürfte, kommt traditionell demokratisch wählenden Minderheiten wie den Afroamerikanern, 14 Prozent der Bevölkerung, und den Latinos, 19 Prozent, überragende Bedeutung zu, besonders in Swing-States wie Georgia, Arizona und Nevada, ebenso in Städten wie Milwaukee in Wisconsin oder eben Detroit in Michigan.

Die Mehrheit der Afroamerikaner verortet sich fest im demokratischen Lager, seit John F. Kennedy in den 1960ern die Bürgerrechtsbewegung umarmte. Bei der jüngsten Präsidentschaftswahl holte Joe Biden 92 Prozent der afroamerikanischen Stimmen. Nun scheint sein Vorsprung zu schwinden. Laut einer Auswertung des Thinktanks Pew Research Center, das mehrere Hundert Afroamerikaner befragen liess, würde jeder zweite Schwarze am liebsten sowohl Trump als auch Biden gegen andere Kandidaten tauschen. Der Demokrat kann dennoch auf die Unterstützung von drei Vierteln zählen, der Republikaner aber ebenfalls auf bis zu 20 Prozent. Eine untergeordnete Rolle spielt inzwischen, dass Trumps New Yorker Firma früher keine Wohnungen an Schwarze vermieten wollte.

Trumps Hauptargument bei den Latinos

Ähnlich scheint die Meinungsbildung bei Latinos zu verlaufen. Biden holte zuletzt 59 Prozent, Trump 38 Prozent. Diesmal kann der Demokrat mit ähnlichen Anteilen rechnen, doch der Republikaner scheint diesmal deutlich stärker zu mobilisieren: Bis zu ein Drittel der Latinos wollen für Trump stimmen. Dessen Rhetorik gegen Einwanderer, Mexikaner hatte er als «bad hombres» verunglimpft, scheint ihm kaum mehr zu schaden.

Nun umgarnen beide Kandidaten die Minderheiten. Beide Kampagnen haben auf Latinos und auf Afroamerikaner zugeschnittene Ableger gebildet. Trump holt auch bei jeder Gelegenheit Tim Scott, Senator aus South Carolina, und Byron Donalds, Abgeordneter aus Florida, auf die Bühne. Er lässt Spekulationen gedeihen, er könnte einen der Afroamerikaner zum Vizepräsidentschaftskandidaten machen – oder Marco Rubio, Senator aus Florida mit kubanischen Wurzeln.

Trumps Hauptargument ist, dass es Schwarzen und Latinos wirtschaftlich nie so gut ergangen sei wie in seiner Amtszeit. In der Tat sank die Arbeitslosigkeit der Afroamerikaner auf ein Rekordtief, allerdings fiel sie unter Biden noch einmal etwas tiefer. Zudem rechnet der Republikaner damit, dass seine Hetze gegen Migranten verfängt, da sowohl Afroamerikaner als auch Latinos überdurchschnittlich oft schlecht bezahlte Arbeiten verrichten und die Konkurrenz durch Migranten besonders stark spüren.

Der Gedenktag für die letzten Sklaven im Süden

Biden wiederum umgarnt die Latinos seit Monaten. Er machte die Latina Julie Chávez Rodriguez zu seiner Wahlkampfmanagerin, eben erst beschloss er eine Lockerung der Einwanderungsgesetze, die illegal anwesenden Latinos zugutekommt. Seine Vizepräsidentin Kamala Harris schickt er seit Monaten auf Tournee zu Anlässen der Afroamerikaner. Er hat allerdings viele Schwarze enttäuscht, indem er etwa keine umfassende Reform des Wahlrechts auf Bundesebene zustande brachte, während mehrere Bundesstaaten die Vorschriften verschärften, was einige Afroamerikaner daran hindert, ihre politischen Rechte auszuüben.

Immerhin erhielt Biden am Mittwoch eine Gelegenheit, an seinen Einsatz für die Afroamerikaner zu erinnern: Das Land beging Juneteenth, den Gedenktag für die Befreiung der letzten Sklaven in den Südstaaten. Biden hatte ihn vor drei Jahren zu einem nationalen Feiertag erhoben.

Der US-Präsident bei den Feierlichkeiten des diesjährigen Juneteenth, dem Gedenktag für die Befreiung der letzten Sklaven in den Südstaaten.