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EM-GlotzblogFrustfoul in München: Die bizarre Eröffnungsfeier

Tatort München: Seltsam bekleidete Klamaukchoreografen zünden Pyro – im Stadion.
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Nachhaltig solle sie werden, diese EM: Weniger Abfall und Flugzeug, mehr Recycling und Zug, der grüne Grossanlass, ein Widerspruch im klassischen Sinne. Aber ein Versprechen immerhin, dem die Ausrichter am Freitagabend ein erstes Mal nachkommen: Nachhaltig verstört lässt einen bereits die Eröffnungsfeier zurück.

Diese Startschüsse zu sportlichen Grossanlässen sind ja per se eine sonderbare Tradition: Niemand will, aber alle müssen gewissermassen hinschauen, wenn man sich nicht pünktlich wie die Deutsche Bahn in Turnierform zu Spielbeginn vor den Fernseher setzt.

Doch was ein paar seltsam verkleidete Klamaukchoreografen in München auf den plastiküberzogenen Rasen legen, ist an Absurdität tatsächlich kaum mehr zu überbieten. Zu keiner Zeit ist auch nur der Hauch eines Konzepts zu erkennen. Ein Frustfoul zu Turnierbeginn.

Trommeln und abgesiffte Promis: Die Konstanten der Eröffnungsfeiern

Zu den Klängen von Interepreten aus der hintersten Ecke des popmusikalischen Auftau-Regals verrenken sich Profis und Freiwillige in einer eigentümlichen Mischung aus Ausdruckstanz und alpenländlichem Holdrio und lassen das Publikum im Unklaren darüber, welchem Vorbild denn hier die Reverenz erwiesen werden könnte. Ist es «Wo ist Walter»? Den Minions? Oder vielleicht doch Super Mario und seinem Zwilling Luigi, denn bei den aktuellen Wetterverhältnissen können zwei Klempner immer mal wieder von Nutzen sein.

Dass es bei so Eröffnungsfeiern bunt und überzeichnet, ja fast ein wenig ESC-schrill zu und her gehen muss, ist ungeschriebenes Grossanlass-Gesetz. Aber es gab dabei immer ein paar Konstanten, die einem die Orientierung erleichterten. Irgendwann kamen immer die Trommler (mindestens seit der Feier zur WM 2010 in Johannesburg), irgendwo standen immer irgendwelche Kinder mit bemalten Gesichtern, irgendwie schaffte es immer irgend ein aufmerksamkeitsgeiler Noch-Promi auf eine Bühne und tat dort so, als würde er etwas darbieten (unvergessen David Guettas DJ-Playback 2016 in Paris).

Legendär schlechtes Playback: David Guetta an der EM-Eröffnungsfeier 2016 in Paris.

Und 2024 in München? Da muss man sich mit den Menschen in den seltsamen Klamotten begnügen. Ein paar tragen rote Punkte auf dem Trikot (die Tour de France beginnt doch erst Ende Juni), andere ein altbekanntes gelb (der Kenner weiss: die Brasilianer haben sich diesmal nicht qualifiziert), weitere gewanden sich in azurblau (ja, die sind dabei, aber spielen die nicht erst im Final?).

Es ist alles ungemein verwirrend. In der Mitte gemahnt ein windschiefes Podium an Nemos Kreisel aus dem ESC-Final, womit auch der Schweiz die Reverenz erwiesen wäre.

Der vermeintliche Höhepunkt: Die Flämmchen von der «Pyro-Show».

Im Vorfeld war es schon angekündigt und kontrovers diskutiert worden: Es würde Pyro gezündet werden an dieser Eröffnungsfeier. Fussballfans sind nämlich keine Verbrecher! So skandieren das zumindest jeweils die, die Pyro zünden. Und werden dann gebüsst von denen, die diesmal Pyro zünden. Was wiederum die erbost, die sonst Pyro zünden. Fussball, du kannst auch kompliziert sein.

Und dann sind kurz ein paar Flammen zu sehen, durchs Stadion weht etwas Rauch – oder sind es die E-Zigaretten aus dem Kindersektor? Das wars auch schon. Der Verdacht liegt nahe, dass die von der Uefa angeleiteten Regisseure reflexartig weggeschnitten haben – Flitzer und Pyro und alles, was nicht Fussball ist, gibt es ja schliesslich nicht in der heilen Stadionwelt, die uns der kontrollsüchtige europäische Verband in unsere Stuben bringen will.

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Nach zehn handgestoppten Minuten zeigt die Turnierleitung Erbarmen, die Bühne wird hastig abgeräumt. Die im Vorfeld noch herumgebotenen Acts – eine deutsche Sängerin namens Leony, die schon etwas angegrauten US-Popper One Republic – tauchten gar nicht erst auf, ihre Musik war nur ab Konserve zu hören. Wobei man sich gerade diesbezüglich nicht ganz schlüssig sein kann, ob das wirklich zum Nachteil gereicht.

Und so bleibt die Gesangsleistung der schottischen Anhänger kurz darauf bei der Hymne die künstlerische überzeugendste Darbietung des Abends. Wenig später geht es tatsächlich los. Kroos, Kimmich, Wirtz – Tor, das erste an dieser EM. Fussball, du kannst so einfach sein.

Der EM-Glotzblog berichtet während des gesamten Turniers über Kuriositäten aus dem TV-Erlebnis Fussball-EM.

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