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Auf den Spuren stillgelegter Straßenbahnstrecken

Dortmund: Betriebshof Derne

Stillgelegt: 1968
Status: Wagenhalle noch vorhanden (Stand: November 2018)

[01] Ehemaliger Betriebshof Derne an der Ecke Altenderner Straße/Pepperstraße
März 2007  © Tramtracks

Als zweite Strecke seines Straßenbahnnetzes hatte der Landkreis Dortmund am 12. Januar 1905 die Verbindung von der Zeche Minister Stein in Eving über Dene nach Lünen eröffnet. Etwa auf halbem Weg entstand auch ein Betriebshof, kurz vor der heutigen Dortmunder Stadtgrenze an der Altenderner Straße. Die alte Wagenhalle steht nach wie vor und gehört jetzt der Bauunternehmung Bergmann. Auch ein Gittermast ist aus den Tagen der Straßenbahn erhalten geblieben und trägt nun einen Strahler.

Je nach Jahreszeit und Nutzung des Geländes sind die Schienen auf dem Hof mal mehr, mal weniger von Erde, Kies und Gras zugedeckt. Die Wagenhalle besaß sechs Gleise, die alle durch die an der nordwestlichen Ecke des Grundstücks gelegene Einfahrt erreicht wurden. Darüber hinaus gab es zumindest zeitweise noch ein separates Außengleis, das in der heutigen Firmeneinfahrt lag und vermutlich in einen Werkstattbereich im hinteren Teil des Geländes neben der Wagenhalle führte. Es war über ein Gleisdreieck aus beiden Richtungen angebunden. Aus der Wagenhalle konnte dagegen nur in Richtung Lünen ausgerückt werden.

[02] Gleisreste in der Zufahrt zur alten Wagenhalle
März 2007  © Tramtracks
[03] Gleisreste in der Zufahrt zur alten Wagenhalle
März 2007  © Tramtracks
[04] Stirnseite der alten Wagenhalle
März 2007  © Tramtracks

Dank des durch die Industrialisierung angeschobenen Wirtschaftswachstums gewann die Stadt Dortmund an Bedeutung, auf Kosten des in weiten Teilen ländlicher geprägten Landkreises Dortmund. Dieser umfasste weite Teile des heutigen nördlichen Stadtgebiets (und wurde bei der Gebietsreform 1928 schließlich aufgelöst).

Mit dem 1. Juli 1914 übernahm die aus dem städtischen und dem Landkreis-Betrieb neu gebildete Dortmunder Straßenbahnen GmbH die von der Linie 4 benutzte Strecke von der Westfalenburg nach Lünen. Das neue Verbundunternehmen wollte natürlich durchgehende Verbindungen anbieten, doch das war anfangs leichter gesagt als getan. Probleme bereiten zum einen noch fehlende Gleisverbindungen, zum anderen haperte es an der technischen Nachrüstung der Triebwagen des Landkreises mit Druckluftbremsen. Die neu eingerichtete Linie 11 fuhr zwar von Lünen bis ins Dortmunder Zentrum zur Reinoldikirche. Allerdings mussten die Fahrgäste in Schulte-Rödding erst einmal in einen anderen Wagen mit derselben Liniennummer umsteigen.

[05] Gleisreste in der Zufahrt zur alten Wagenhalle
November 2011  © Tramtracks
[06] Gleisreste in der Zufahrt zur alten Wagenhalle
November 2011  © Tramtracks

Im Sommer 1935 benötigten die durchgehenden Kurse 35 Minuten für die Strecke von der Reinoldikirche bis Derne. Gefahren wurde im Viertelstundentakt. Jeder zweite Wagen fuhr weiter nach Lünen, wo er nach weiteren 33 Minuten Fahrtzeit ankam. Auf Lüner Gebiet führte die Strecke über Gahmener Straße, Bahnstraße, Jägerstraße, Bebelstraße, Kurt-Schumacher-Straße in die Altstadt und dort über Lange Straße und Münsterstraße zum Bahnhof.

Mit der "langen 11" war es aber schon vor dem Zweiten Weltkrieg vorbei: Am 31. Dezember 1936 übernahm der Bus den Abschnitt zwischen Betriebshof Derne und Lünen. Damit war die zweite ehemalige Landkreisstrecke stillgelegt: Bereits 1916 war die Verbindung von Schute-Rödding (über Deutsche Straße und Bayrische Straße) zur Zeche Minister Stein aufgegeben worden. Bei ihr hatte es sich um die ursprüngliche Streckenführung der Landkreisbahn gehandelt. Man fuhr noch nicht über die Bornstraße auf direktem Weg nach Dortmund hinein, sondern über Eving zum Fredenbaum.

Als Außenposten der Dortmunder Straßenbahn im Nordosten blieb der Betriebshof mit der Nummer 7 trotz des etwas umständlichen Ein- bzw. Ausrückmanövers mit Wechsel der Fahrtrichtung noch lange unentbehrlich.

[07] Gleisreste in der Zufahrt zur alten Wagenhalle
November 2018  © Tramtracks
[08] Gleisreste in der Zufahrt zur alten Wagenhalle
November 2018  © Tramtracks
[09] Nordseite der Wagenhalle an der Pepperstraße
November 2018  © Tramtracks
[10] Rückfront der Wagenhalle von der Pepperstraße aus gesehen 
November 2018  © Tramtracks

Im Jahr 1950 waren 16 Trieb- und zwölf Beiwagen hier stationiert. Seit 1948 waren die Fahrzeuge für die Linie 6 in Derne beheimatet und fuhren seit 1954 bis Hauptfriedhof bzw. bis zur Rennbahn. 1959 wurde die "6" zum Westfalenpark umgelegt und im Jahr darauf bis Hacheney geführt. Zur Linienchronik gehört auch noch eine von 1964 bis 1966 betriebene "26", die lediglich in der Hauptverkehrszeit von Derne zur Rennbahn fuhr.

Vom 17. Juni 1966 waren keine Bahnen mehr in Derne beheimatet. Gut zwei Jahre lang galt das Depot nur noch als Personalstützpunkt. Das Rollmaterial für die Linie 6 – mittlerweile achtachsige Gelenktriebwagen – kamen nunmehr vom Betriebshof Westfalendamm. Am 1. September 1968 wurde der Betriebshof Derne schließlich geschlossen und das Gelände verkauft.

Ihre klassizistischen Türmchen an beiden Seiten des Portals sowie die Rundbögen über jeder Gleiseinfahrt hatte die Wagenhalle schon Mitte der 1960er-Jahre nicht mehr. Wo ein kreisrundes Fenster war, prangt jetzt das Firmenlogo des gegenwärtigen Besitzers der Halle. Das 1918 gegründete Unternehmen Bergmann hat selbst auch einen Bezug zur Bahn, allerdings zur Bundesbahn, für die sie nach dem Zweiten Weltkrieg Gleise verlegte. Seither liegt der Schwerpunkt der Tätigkeit im Rohr- und Kanalleitungsbau.

[11] Luftbild der Gegend rund um den ehemaligen Betriebshof Derne 
© RVR, 1990, Aerowest GmbH, EUROSENSE GmbH, Datenlizenz Deutschland - Namensnennung – Version 2.0

Die Aufgabe des Depots bedeutete allerdings noch nicht das Ende der Straßenbahn in Derne. Noch bis zum 15. Mai 1976 waren die GT8 auf der fast durchweg eingleisigen Strecke am Rand bzw. in der Mitte der Derner und Altenderner Straße zu sehen. Mit der Eröffnung einer Neubaustrecke nach Grevel, die zweigleisig und kreuzungsfrei in die Trabantenstadt Scharnhorst führte, wurde der Derner Ast in Höhe Franz-Zimmer-Siedlung gekappt.

Auf dem Stadtplan markiert ist die Lage der ehemaligen Wagenhalle. Die Anschrift lautet: Altenderner Straße 219a, 44329 Dortmund. In unmittelbarer Nähe befindet sich die Bushaltestelle "Im Sperrfeld", die von der VKU-Linie C5 bedient wird.

Stadtplan auf Openstreetmap

 

Literatur

  • Dieter Höltge: Straßen- und Stadtbahnen in Deutschland. Band 4: Ruhrgebiet. Freiburg 1994 (S. 107, 114-115, 126)
  • Historischer Verein der Dortmunder Stadtwerke: Aus 10 mach 1. Die Geschichte der Straßenbahnbetriebshöfe. Dortmund 2004 (S. 1-3, 14)
  • Eckehard Frenz / Wolfgang R. Reimann: Tram-Tour Ruhr. Freiburg 2008 (S. 103)
  • Michael Schenk: Straßenbahnen im östlichen Ruhrgebiet. Erfurt 2004 (S. 64)