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Auf den Spuren stillgelegter Straßenbahnstrecken

Dortmund: Bornstraße

Stillgelegt: 1986/1998
Status: Keine Gleisreste mehr vorhanden

[01/02] Bornstraße zwischen Jägerstraße und Heroldstraße
Oktober 2003  © Tramtracks

Drei Verkehrsachsen durchziehen die Dortmunder Nordstadt in Nord-Süd-Richtung, und auf allen drei fuhr früher einmal die Straßenbahn. Während die Münster- und die Schützenstraße mit der Eröffnung des ersten Stadtbahn-Tunnels 1984 den oberirdischen Linienbetrieb verloren, fuhren auf der Bornstraße noch bis zum 26. September 1992 die 402 (Hombruch – Grevel) und 406 (Westfalenstadion – Schulte-Rödding/Grevel). Während der Hauptverkehrszeiten ergänzten sich die beiden Linien auf diesem Abschnitt zu einem Fünf-Minuten-Takt.

Ursprünglich verlief die Strecke zweigleisig auf ganzer Länge in der Mitte der Bornstraße. Mitte der 1980er erforderte aber der Bau der Tunnelbahnhöfe einige Provisorien. So wurde nicht nur die Straßenbahn aus dem südlichen Bereich (zwischen Heiligegartenstraße und Burgwall) verbannt und auf eine neugebaute Umleitungsstrecke durch Jägerstraße und Gronaustraße verlegt. Nördlich der Schleswiger Straße schwenkte die zweigleisige Trasse aus der Straßenmitte an den westlichen Rand der Bornstraße und erreichte über einen ebenfalls neu eingerichteten Bogen durch Mallinckrodtstraße und Brunnenstraße den alten Linienweg.

 

[03] Bornstraße/Ecke Schleswiger Straße
Oktober 2003  © Tramtracks
[04] Bornstraße/Ecke Missundestraße
Oktober 2003  © Tramtracks
[05/06] Bornstraße/Ecke Mallinckrodtstraße
Oktober 2003  © Tramtracks

Im Herbst 2003 war noch recht viel von dieser temporären Streckenführung erkennbar. Aber das sollte sich bald ändern, denn bis Frühjahr 2004 wurde ein Großteil der Gleise aus dem Schotterbett gehoben.

Den architektonischen Schwerpunkt an der Ecke Born-/Jägerstraße setzt die unter dem Namen Hannibal bekannte Großwohnanlage. Als sie 1974 entstand, galt sie durchaus als attraktiv: günstige Mieten, gut geschnittene Wohnungen und zentral gelegen. Die terrassenförmige Anlage des Komplexes kaschiert ein wenig seine gewaltigen Dimensionen. Dennoch wirkt er in der gründerzeitlichen Umgebung wie ein Klotz, wenn auch anders als die zwei klassischen Hochhauskuben an der benachbarten Kielstraße, von denen einer durch jahrzehntelangen Leerstand zum "Horrorhaus" avancierte.

[07] Bornstraße/Ecke Jägerstraße
Mai 2004  © Tramtracks
[08] Bornstraße zwischen Jägerstraße und Heroldstraße
Mai 2004  © Tramtracks

Nach der Eröffnung des Tunnels unter der Bornstraße am 26. September 1992 wurde die oberirdische Strecke im November 1993 zurückgebaut. Genauer gesagt: Das stadtauswärts führende Gleis blieb erst einmal erhalten. Es diente noch bis zum 24. Mai 1998 als Verbindung zwischen der oberirdischen Anschlussstrecke und dem verbliebenen Innenstadtnetz der Straßenbahn.

Die Überführungsfahrten zur U42, die des Nachts bzw. frühmorgens über dieses Gleis Richtung Innenstadt bzw. weiter zum Betriebshof Dorstfeld rollten, galten als Kuriosität. Nicht allein wegen der eigenwilligen Trasse, sondern auch weil die 2,65 Meter breiten B-Wagen erst ein- oder ausrücken durften, wenn sicher war, dass ihnen kein Schienenfahrzeug auf dem anderen Gleis entgegenkam. Die Straßenbahnen, die die Strecke dort zuvor befahren hatten, waren 30 Zentimeter schmaler, und daran orientierte sich auch das Trassenprofil.

[09] Bornstraße/Ecke Jägerstraße
Mai 2005  © Tramtracks
[10] Bornstraße zwischen Kielstraße und Heroldstraße
Mai 2005  © Tramtracks
[11] Bornstraße/Ecke Schleswiger Straße
Mai 2005  © Tramtracks
[12] Bornstraße zwischen Schleswiger Straße und Missundestraße
Mai 2005  © Tramtracks
[13] Bornstraße/Ecke Missundestraße
Mai 2005  © Tramtracks
[14] Bornstraße zwischen Missundestraße und Mallinckrodtstraße
Mai 2005  © Tramtracks
[15] Bornstraße/Ecke Mallinckrodtstraße
Mai 2005  © Tramtracks

Der ehemalige Bahnkörper zwischen Jägerstraße und Schleswiger Straße wurde nicht für zusätzliche Fahrspuren verwendet, sondern begrünt. Nördlich davon wurde die stillgelegte Trasse ebenfalls umgestaltet, teils als Parkplatz, teils als Bürgersteig, teils als Grünstreifen. Hätte man sich entschlossen, eine oberirdische Straßenbahn auf der Bornstraße zu belassen – Platz genug wäre vorhanden gewesen.

[16] Bornstraße zwischen Jägerstraße und Heroldstraße
Juni 2006  © Tramtracks
[17] Bornstraße zwischen Jägerstraße und Heroldstraße
November 2018  © Tramtracks

Straßenbahnschienen sucht man heute auf der Bornstraße vergeblich, doch es existiert noch ein weiteres Relikt, das nur das geschulte Auge entdeckt: Es befindet sich an der im Jahr 1960 neu gebauten Brücke über die Eisenbahnstrecke vom Dortmunder Hauptbahnhof Richtung Hamm bzw. Münster/Westfalen. Zwischen Burgwall und Jägerstraße endete der Straßenbahnbetrieb mit Eröffnung der Umleitungsstrecke am 16. Juni 1986. Das Tram-Überbleibsel, um das es hier geht, ist schon ein bisschen versteckt, zumindest fällt es nicht direkt ins Auge ...

[18] Bornstraße mit der Eisenbahnbrücke Jägerstraße und Burgwall
November 2018  © Tramtracks

In der Eisenbahnunterführung sind noch einige Ritzen in den Brückentrögen zu finden. Dort waren die Isolierplatten angebracht, unter denen wiederum die Fahrleitung hing. Auch die Breite der Platten lässt sich anhand der Verfärbung erahnen. Einen ähnlichen Fund gibt es übrigens in Bochum östlich des Hauptbahnhofs auf der Wittener Straße.

Auf dem Stadtplan markiert ist die Stelle in der Mitte der Bornstraße, an der heute noch der ehemalige Bahnkörper als breiter Grünstreifen erkennbar ist. Die nächstgelegenen Stadtbahn-Stationen sind "Brügmannplatz" und "Brunnenstraße" (Linien U42/U46).

Stadtplan auf Openstreetmap

 

Literatur

  • Dieter Höltge: Straßen- und Stadtbahnen in Deutschland. Band 4: Ruhrgebiet. Freiburg 1994 (S. 136, 138)
  • Bernd Zander / Fred Teppe: Die Straßenbahnen in Dortmund. Düsseldorf 1992 (S. 75, 100, 135/135)
  • Fred Teppe / Bernd Zander / Jürgen Dettlaff: Straßenbahnen in Dortmund, Dortmund 2006 (S. 28, 37)
  • Historischer Verein der Dortmunder Stadtwerke AG: Seit 1881 Straßenbahn in der Dortmunder Innenstadt. Dortmund 2007 (S. 20/21)