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Auf den Spuren stillgelegter Straßenbahnstrecken

Dortmund: Dönnstraße/Ammerstraße

Stillgelegt: 1989
Status: Keine Relikte mehr vorhanden

[01] Ehemalige Haltestelle "Wodanstraße" an der Dönnstraße
Februar 2006  © Tramtracks

Auf der Dönnstraße war die Linie 5 eine klassische Tram. Eingleisig fuhr sie in Seitenlage am westlichen Fahrbahnrand. So war es bis zum 31. März 1989, als der Linienbetrieb hier endete. Rund 120 Meter südlich der Einmündung der Wodanstraße bog die Straßenbahn aus Richtung Mengede Markt auf eine eigene Trasse ein. Am Anfang des Bahnkörpers lag die Haltestelle, die trotz der Entfernung zu ihrem Namensgeber "Wodanstraße" hieß. Und dort begann auch ein längerer zweigleisiger Bereich, der 1953 angelegt wurde und bis kurz vor die Kreuzung mit der Haberlandstraße reichte.

Der Abschnitt zwischen Nette und Mengede war Teil einer 1923 eröffneten Schnellstraßenbahn, die die damals noch zum Landkreis Dortmund gehörenden Orte mit der expandierenden Stadt verband. Über weite Strecken verfügte sie über eine unabhängige Trasse. Das konnten anscheinend manche Kartografen nicht so recht glauben: Der Falk-Plan aus dem Jahr 1959 verlegte die Strecke in Nette seltsamerweise in die Käthe-Kollwitz-Straße – und leistete sich damit offensichtlich einen Lapsus.

 

[02] Ehemaliger Bahnkörper zwischen Dönnstraße und Eisenbahntrasse
Februar 2006  © Tramtracks
[03] Ehemaliger Bahnkörper zwischen Dönnstraße und Eisenbahntrasse
Februar 2006  © Tramtracks

Die Strecke zwischen Nette und Mengede war in Folge des Zweiten Weltkriegs relativ lange außer Betrieb und ging erst im Mai 1948 wieder ans Netz. Schon damals verliefen die Tramgleise neben der Güterzugstrecke, die vom Bahnhof Mengede her zum Bahnhof Bodelschwingh und weiter nach Dorstfeld führte, mit einem Abzweig zum Steinkohlekraftwerk Gustav Knepper an der Stadtgrenze zu Castrop-Rauxel. Die Gleise sowohl der Straßen- als auch der Eisenbahn lagen in Nette ebenerdig. Der Bahndamm, der für die am 2. Juni 1991 eingeweihte S-Bahnstrecke aufgeschüttet wurde, hat einen größeren Teil der Fläche der gut zwei Jahre zuvor stillgelegten Straßenbahnstrecke geschluckt.

Das Areal war im Laufe der Jahre reichlich zugewachsen und animierte anscheinend umweltunbewusste Zeitgenossen dazu, in dem von der Straße kaum einsehbaren Teil ihren Plunder abzuladen und sich die Fahrt zum Recyclinghof zu sparen. Den wilden Müllkippen hat man schließlich einen Riegel vorgeschoben und das viele Jahre lang offene Gelände vollständig eingezäunt.

[04] Ehemalige Haltestelle "Wodanstraße" an der Dönnstraße
April 2019  © Tramtracks
[05] Ehemalige Haltestelle "Wodanstraße" an der Dönnstraße
April 2019  © Tramtracks

Rückblende ins Frühjahr 1989 (Fotos unten): Einen Monat nach der Stilllegung hatte der Abbau der Straßenbahntrasse schon Fortschritte vorzuweisen. Die Gleise auf dem Bahnkörper waren entfernt. Lediglich dort, wo die Trasse die Ammerstraße kreuzte, lagen noch Schienen. Links im Bild erkennt man die zu dieser Zeit ebenfalls brachliegende Güterstrecke, bevor der Bahndamm dort wuchs. Genau an dieser Stelle befindet sich jetzt eine Brücke über die Ammerstraße. Die Unterführung ist nur für Fußgänger passierbar, die Straße nun eine Sackgasse.

[06] Ehemaliger Bahnübergang Ammerstraße (Blickrichtung: Mengede)
Mai 1989  © Thomas Risse
[07] Ehemaliger Bahnübergang Ammerstraße (Blickrichtung: Westerfilde)
Mai 1989  © Thomas Risse

Der Platzbedarf für die neue S-Bahnstrecke war das schwer von der Hand zu weisende Argument für die Einstellung der Straßenbahn, auch wenn sich die Trassen tatsächlich nur an zwei Punkten in die Quere kamen. Außer in Nette betraf dies den Bereich nördlich der heutigen S-Bahnstation Westerfilde, insbesondere am Bahnübergang Bodelschwinger Straße.

Wenn man gewollt hätte, wären sicher auch Lösungen denkbar gewesen, die Tramverbindung nach Mengede zu erhalten. Doch hier kam das Dogma des zu vermeidenden Parallelverkehrs ins Spiel. Straßen- und Eisenbahn sollten sich nicht gegenseitig Fahrgäste streitig machen, lautete das Gebot. Dabei wurde aber immer wieder gerne vergessen, dass eine S-Bahn vor allem als schnelle Verbindung ins Zentrum punktet, die Tram aber mit ihren kürzeren Haltestellenabständen als Feinverteiler dient und südlich von Westerfilde, wo sie heute noch fährt, auch einen ganz anderen Einzugsbereich erschließt.

Auf dem Stadtplan markiert ist die Position der Straßenbahn-Haltestelle "Wodanstraße", wo der eigene Bahnkörper auf die Dönnstraße mündet. Mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreicht man die Fundstelle nach kurzem Fußweg von der S-Bahnstation Nette/Oestrich (Linie S2) bzw. von der Bushaltestelle "Dönnstraße" (Linien 361, 472 und 477).

Stadtplan auf Openstreetmap

 

Literatur

  • Historischer Verein der Dortmunder Stadtwerke: Die Straßenbahnverbindung zwischen Mengede – Huckarde und Dortmund. Dortmund 2004 (S. 1-5)
  • Bernd Zander´/ Fred Teppe: Die Straßenbahnen in Dortmund. Düsseldorf 1992 (S. 22, 32, 77-78)
  • Historischer Verein der Dortmunder Stadtwerke: Straßenbahnen in Dortmund. Bildband 1881-2006. Dortmund 2006 (S. 53)
  • Dieter Höltge: Straßen- und Stadtbahnen in Deutschland. Band 4: Ruhrgebiet. Freiburg 1994 (S. 116, 122, 136)
  • Falk-Plan Dortmund (3. Auflage, 1959)