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Auf den Spuren stillgelegter Straßenbahnstrecken

Düsseldorf: Breite Straße

Stillgelegt: 2016
Status: Gleisrelikte noch vorhanden (Stand: Oktober 2022)

[01] Breite Straße zwischen Graf-Adolf-Platz und Bastionstraße
März 2016  © Tramtracks

Ein wenig amerikanisch mutet die Breite Straße an. Dieser Broadway in Düsseldorf hat mit New York insofern etwas gemeinsam, als dass dort auch keine Straßenbahnen mehr fahren. Von der noch vorhandenen Oberleitung nördlich des Graf-Adolf-Platzes sollte man sich nicht täuschen lassen: Am 20. Februar 2016 hatte die Tram hier ihren letzten Betriebstag, weil mit der Eröffnung des Wehrhahn-Tunnels diese Nord-Süd-Achse des kommunalen Schienenverkehrs nun unter die Erde verlegt ist. Die Breite Straße ist eine Einbahnstraße, die auch von der Straßenbahn nur Richtung Altstadt (also gen Norden) befahren wurde.

Diese Einbahnstraßenregelung hatte schon lange Tradition: Sie war 1951 eingeführt worden, wobei die ursprünglich zweigleisige Strecke auf das nördliche Richtungsgleis reduziert und eine parallel verlaufende Verbindung nach Süden durch die Kasernenstraße gebaut wurde. Bereits damals ging es darum, den wachsenden Autoverkehr besser fließen zu lassen. Die Straßenbahnstrecke war ebenfalls hochfrequentiert – zwar eingleisig, aber mit zuletzt fünf Linien.

 

[02] Breite Straße/Ecke Bastionstraße
März 2016  © Tramtracks
[03] Ehemalige Haltestelle "Heinrich-Heine-Allee (Altstadt)" neben dem Wilhelm-Marx-Haus
März 2016  © Tramtracks

Nördlich der Grabenstraße geht die Breite Straße in die Heinrich-Heine-Allee über. Das Wilhelm-Marx-Haus war jahrzehntelang das Ziel diverser Linien mit doppelgleisiger Endstelle und Schleife in der Grabenstraße, die wegen der Ausschachtungsarbeiten für die U-Bahn am 9. Januar 1981 aufgegeben wurde. Damit ist nicht der Wehrhahn-Tunnel gemeint, sondern die unterirdische Stammstrecke von der Altstadt zum Düsseldorfer Hauptbahnhof. Für sie musste auch das Wilhelm-Marx-Haus mit 500 Betonpfeilern abgestützt werden.

Der schwierige Bauuntergrund mit einem Festungswall und -graben hatte schon beim Bau des Marx-Hauses von 1922 bis 1924 umfangreiche Sicherungsmaßnahmen erfordert. Bis 1957 hatte hier die Düsseldorfer Börse ihr Domizil, inzwischen hat vor allem eine Privatbank die zwölf Geschosse belegt.

[04] Ehemalige "Haltestelle Heinrich-Heine-Allee (Altstadt)"
März 2016  © Tramtracks
[05] Ehemalige Haltestelle "Heinrich-Heine-Allee (Altstadt)"
März 2016  © Tramtracks

Der Tunnelbau hat am Ende insgesamt 843,6 Millionen Euro gekostet – und damit rund 200 Millionen mehr als ursprünglich veranschlagt. Das Projekt sei schöngerechnet worden, um es den Bürgern schmackhaft zu machen und die Kosten-Nutzen-Rechnung aufzuhübschen, monierte der Bund der Steuerzahler.

Ob das Geld gut angelegt ist, müssen die Düsseldorfer beurteilen. Für den Tunnel spricht das Ende von Schleich- und Kolonnenfahrten durch die Altstadt und die höhere Betriebsstabilität. Dagegen haben sich für Fahrgäste teilweise die Wege zu den Bahnsteigen verlängert, und durch den Wegfall diverser Gleisabzweige ist das neue Netz etwas unflexibler als das alte. Eine in Zahlen nicht messbare Qualität ist das oberirdische Fahren, bei dem man etwas von der Stadt sieht – statt in die Röhre zu schauen.

Im Herbst 2022 waren die Schienen zwischen Bastionstraße und Benrather Straße verschwunden, nördlich davon noch vorhanden, aber vergossen.

Auf dem Stadtplan markiert ist die Einmündung der Bastionstraße in die Breite Straße. Durch den Wehrhahn-Tunnel verlaufen die Linien U71, U72, U73 und U83 (Bahnhöfe: "Heinrich-Heine-Allee", "Benrather Straße" und "Graf-Adolf-Platz").

Stadtplan auf Openstreetmap

 

Literatur

  • Richard Jacobi / Dieter Zeh: Die Geschichte der Düsseldorfer Straßenbahn. Freiburg 1986 (S. 154-156, 224-225)
  • Dieter Höltge / Michael Kochems: Straßen- und Stadtbahnen in Deutschland. Band 9: Niederrhein. Freiburg 2004 (S. 44-45)