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Auf den Spuren stillgelegter Straßenbahnstrecken

Düsseldorf: Rheinbahnhaus Schleife

Stillgelegt: 1993/2011
Status: Alte Schleife wurde durch Neuanlage ersetzt

[01] Schleife Rheinbahnhaus an der Hansaallee
Oktober 2005  © Tramtracks

Zum Start des Verkehrsverbundes Rhein-Ruhr am 1. Januar 1980 drehte regelmäßig die Linie 715 hier ihre Runde: Von der Schleife am Rheinbahnhaus ging die Fahrt Richtung Holthausen. Ein Vierteljahrhundert später wäre dies im Prinzip auch noch möglich gewesen, denn die Schleife war nach wie vor ans Schienennetz angebunden. Genauer gesagt: Das äußere Gleis konnte von der Hansaallee aus angefahren werden, und es stand nach wie vor ein Haltestellenschild am Bahnsteig. Das innere Gleis war dagegen an der Einfahrt abgetrennt worden.

Auch nach Eröffnung der unterirdischen Strecke zwischen Tonhalle und Hauptbahnhof fuhren noch Wagen der Linie 717 die Endstelle am Rheinbahnhaus an – allerdings nur jene Kurse, die mit Triebwagen vom Typ GT8SU bestückt waren. Diese von 1973 bis 1975 ausgelieferten Achtachser waren 1981 für den Tunnelbetrieb umgebaut worden. Für die größer dimensionierten B80-Stadtbahnwagen war der Kurvenradius in der Schleife allerdings zu eng. Kamen sie auf der Linie 717 zum Einsatz, wendeten sie in Lörick. Im September 1993, als die 717 die neue Endstelle "Am Seestern" erhielt, wurde die Anlage am Rheinbahnhaus auf ein Schleifengleis, nämlich das äußere, zurückgebaut und war fortan auch für B-Wagen nutzbar. 

 

[02] Schleife neben dem Rheinbahnhaus
Oktober 2005  © Tramtracks
[03] Gekapptes Abstellgleis und stillgelegte innere Schleife
Mai 2011  © Tramtracks

Anfang 2011 wurde die Anlage weiter dezimiert: Die beiden Abstellgleise an der Westflanke der Schleife wurden gekappt und zu größeren Teilen demontiert. Sie wurden jeweils knapp hinter den Weichen abgetrennt. Und da man keine halben Sachen machte, wurde auch das Pflaster entfernt. Die zwei hinteren Masten blieben dagegen erst einmal stehen.

Bei der angrenzenden Brachfläche handelte es sich um das ehemalige Gelände des Bahnhofs Düsseldorf-Oberkassel. 1981 zog sich die Bundesbahn vom Standort zurück, nachdem dort seit 1947 keine Personenzüge hielten, sondern nur noch Güter umgeschlagen wurden. Offiziell wurde die Strecke Oberkassel – Neuss 1996 stillgelegt. Das Bahnhofsgebäude Oberkassel ist noch erhalten, wurde restauriert und ist Domizil eines Brauhauses mit Gastronomie (Belsenplatz 2).

[04] Gekapptes Abstellgleis mit Blick auf die Schleifenausfahrt
Mai 2011  © Tramtracks
[05] Gekapptes Abstellgleis und stillgelegte innere Schleife
Mai 2011  © Tramtracks
[06] Gekappte Abstellgleise neben der Schleife
Mai 2011  © Tramtracks

Die Rheinbahn hatte ihren Verwaltungssitz an der Hansaallee 1970/71 errichtet, nachdem das alte Rheinbahnhaus am Wilhelmplatz (heute: Konrad-Adenauer-Platz) den Ansprüchen nicht mehr genügte und ein Neubau auf dem Gelände des Busbetriebshofs an der Eintrachtstraße unweit des Hauptbahnhofs mangels Platzreserven verworfen wurde. 1972 entstand die doppelgleisige Wendeschleife an der Hansaallee, die zunächst für die Linie 18 (Benrath – Oberkassel) gedacht war. Die zwei Abstellgleise sollten E-Wagen aufnehmen, wenn Verstärkung etwa während einer Kirmes auf den Rheinwiesen benötigt wurde.

Der Waschbetonbau wurde 1983 erweitert und war insgesamt mehr als 45 Jahre lang das administrative Hauptquartier des Verkehrsunternehmens mit 10.000 Quadratmetern Bürofläche für zuletzt 380 Mitarbeiter. Parallel zur Neubebauung der Oberkasseler Bahnhofsgeländes reiften bei der Rheinplan die Pläne, den Standort aufzugeben und ein neues Bürohaus auf den Gelände des Betriebshofs Lierenfeld zu errichten. Platz war dort genügend da, auch für eine Erweiterung der Nutzfläche auf 13.500 Quadratmeter. Und die Nähe von Technik und Verwaltung in einer gemeinsamen Zentrale klang zudem charmant. Die gute Lage der alten Immobilie versprach einen attraktiven Erlös. Im Frühjahr 2017 wurde dann der Umzug vollzogen. Das für Historiker interessante Rheinbahnarchiv kam im Düsseldorfer Stadtarchiv unter.

[07] Ehemalige Einfahrt in die Schleife an der Hansaallee
April 2018  © Tramtracks
[08] Vorübergehend stillgelegte Ausfahrt in die Schleife an der Hansaallee
April 2018  © Tramtracks
[09] Vorübergehend stillgelegte Ausfahrt in die Schleife an der Hansaallee
April 2018  © Tramtracks

Noch im Sommer 2017 folgte der Abriss des alten Rheinbahnhauses, auf dessen Gelände ein Neubau für die Geschäftsbank HSBC Trinkaus & Burkhardt entstand. Die benachbarte Wendeschleife wurde vorübergehend stillgelegt und zu größeren Teilen demontiert, denn im inneren Teil des Grundstücks sollte ebenfalls neu gebaut werden. Um den Rohbau herum wurde dann 2018 ein fester Fahrweg für eine neue, eingleisige Schleife angelegt und diese an die bestehenden Verbindungen zur Strecke auf der Hansaallee angeschlossen. Im täglichen Linienbetrieb wird die Wendemöglichkeit allerdings nicht genutzt.

Auch der Haltestellenname "Rheinbahnhaus" verschwand konsequenterweise aus den Fahrplänen. Damit ging eine Tradition zu Ende, die weiter in die Geschichte reichte als das Ende der 1960er-Jahre gebaute Verwaltungsgebäude. An diesem Standort befand sich von 1896 bis Ende der 1920er-Jahre die erste Zentrale der Rheinbahn, mit einem Betriebshof für die Schnellbahn nach Krefeld und anfangs auch einem eigenen Kraftwerk, das nicht nur den Fahrstrom für den elektrischen Betrieb, sondern auch Energie für das rasch wachsende Oberkassel erzeugte. Die drei hohen Kühltürme des E-Werks prägten viele Jahre die Szenerie. Die Rheinbahn machte sich zur damaligen Zeit noch auf andere Weise um die Stadtentwicklung verdient, nämlich indem sie Baugrund von Bauern erwarb und mit Gewinn weiterveräußerte, Land entwässerte, Ziegeleien betrieb und auch ein Netz mit Wasser- und Gasleitungen legte. Der Wandel bleibt das Beständige, und so bietet heute das neue Belsenpark-Quartier auf den ehemaligen Bahnflächen modernes Wohnen in verkehrsgünstiger Lage.

Auf dem Stadtplan markiert ist die heutige Wendeschleife, deren Position im Prinzip der alten entspricht. Die ehemalige Haltestelle "Rheinbahnhaus" heißt jetzt "Comenius-Gymnasium" und wird von den Stadtbahnlinien U74, U76 und U77 bedient. Auch die Haltestelle "Belsenplatz" liegt in fußläufiger Entfernung.

Stadtplan auf Openstreetmap

 

Literatur

  • Axel Schild / Dieter Waltking: Die Rheinbahn. Düsseldorf 1985 (S. 18-20, 120)
  • Richard Jacobi / Dieter Zeh: Die Geschichte der Düsseldorfer Straßenbahn. Freiburg 1986 (S. 13, 209-210)
  • Dieter Höltge / Michael Kochems: Straßen- und Stadtbahnen in Deutschland. Band 9: Niederrhein. Freiburg 2004 (S. 22, 64)