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Auf den Spuren stillgelegter Straßenbahnstrecken

Duisburg: Aakerfährbrücke

Stillgelegt: 2000
Status: Gleisreste noch vorhanden (Stand: Juni 2020)

[01] Südkopf der Aakerfährbrücke
Juni 2005  © Tramtracks

Von der alten Aakerfährbrücke sind lediglich die von ihrem Architekten Bruno Möhring entworfenen Plastiken geblieben, die einst den Ansatz der Stahlüberbauten markierten. Von der Straßenbahn, die bis zur Eröffnung des Ruhrtunnels hier entlang fuhr, zeugen noch ein Doppelgleis auf der Brücke. Lange waren sie nicht in Benutzung, aber das alles kam andere als geplant. Aber der Reihe nach.

Die Aakerfährbrücke verdankt ihren Namen der hier bereits Mitte des 14. Jahrhunderts vorhandenen Fährverbindung. Das Wort Aaker geht wohl auf die im Mittelalter auf der Ruhr üblichen Schiffe zurück, die man Aaken nannte. Im November 1904, als der Vorgänger der heutigen Brücke dem Verkehr übergeben wurde, war Meiderich noch eigenständige Stadt (die Eingemeindung zu Duisburg erfolgte 1905). Wer die Ruhr damals überqueren wollte, musste eine Gebühr entrichten: pro Person drei Pfennig. Tiere kosteten je nach Größe zwischen zwei und zehn Pfennig. Angeblich durften die arbeitslos gewordenen Fährleute das Brückengeld eintreiben.

Schon zur Eröffnung dieser ersten Aakerfährbrücke lag auf ihr ein Schienenstrang, auch wenn die Straßenbahn von Duisburg nach Meiderich erst drei Jahre nach ihrer Eröffnung, also 1907, in Gang kam. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde dieser Abschnitt zweigleisig ausgebaut.

[02] Aakerfährbrücke mit Blick auf die Ruhrdeich-Kreuzung und die A40-Brücke
Juni 2005  © Tramtracks
[03] Aakerfährbrücke in Höhe des Nordufers der Ruhr
Juni 2005  © Tramtracks
 
 

Der U-Bahn-Bau unter der Ruhr war schon im Gange, da musste die alte Aakerfährbrücke für Autos und auch für die Tram am 21. April 1995 wegen Baufälligkeit gesperrt werden. Schon zuvor hatte der Autoverkehr vor Ampeln warten müssen, bis eine Straßenbahn die Brücke passiert hatte. 

Kurios waren die Fahrten über die in nur vier Wochen errichtete Behelfsbrücke, die ausschließlich für Straßenbahnen und Fußgänger bestimmt war. Mit gut 178 Metern Weite war sie die längste jemals errichtete Behelfsbrücke weltweit. Welch wichtige Verkehrsachse die Aakerfährbrücke war, untermauert die Tatsache, dass das chronisch in Geldnot steckende Duisburg keine längerfristige Trennung des Tram-Netzes verantworten mochte.

 

[04] Nördliches Portal der Aakerfährbrücke
Juni 2005  © Tramtracks
[05] Nördliches Portal der Aakerfährbrücke
August 2016  © Tramtracks

Nördlich der Aakerfährbrücke erreichte die Straßenbahn ihren eigenen Gleiskörper neben der Emmericher Straße. Dort deutet nur noch ein ausgedehnter Grünstreifen auf die Tramtrasse hin. Eine Zeitlang hielten sich Gerüchte, dass die Schienen nicht entfernt, sondern lediglich mit Erde bedeckt worden seien. Wie von einem Mitarbeiter der für den Rückbau zuständigen Firma Ernst Becker Bahn- und Tiefbau zu erfahren war, schlummern hier aber definitiv keine Gleise mehr unter dem Gras. Stillgelegt wurde die Strecke am 24. September 2000. Mit anderen Worten: Über die am 16. März 1997 eingeweihte neue Aakerfährbrücke fuhr die Straßenbahn nur dreieinhalb Jahre.

Im Vergleich von 2016 zu 2005 hatte sich nicht viel geändert – abgesehen von einem kurzen Stück an der Brückenzufahrt, auf dem die Gleise entfernt worden sind. Die Schienen, die noch lagen, wirkten relativ frisch. Ende August 2016 sollte zwar die Fahrbahndecke auf der Aakerfährbrücke erneuert werden – auch wenn augenscheinlich kein Sanierungsbedarf erkennbar war. Aber offenbar sind die Arbeiten bis auf Weiteres aufgeschoben worden.

[06] Aakerfährbrücke in Höhe des Nordufers der Ruhr
August 2016  © Tramtracks
[07] Aakerfährbrücke in Höhe des Südufers der Ruhr
August 2016  © Tramtracks

Die von 1995 bis 1997 neu errichtete Brücke mit den vielfarbig angestrichenen Bögen erhielt noch Schienen. Den Charme der alten Stahlkonstruktion aus dem Jahr 1904 hat ihr Nachfolger vielleicht nicht. Dafür besitzt er mit vier Fahrspuren einen doppelt so breiten Straßenquerschnitt. Dass zwei Bahnen nicht gleichzeitig auf der Brücke stehen durften, wurde schnell zur historischen Anekdote – von den seit Mitte der 1980er-Jahre üblichen quälenden Langsamfahrten wegen des maroden Zustands der alten Brücke ganz zu schweigen.

Damals befuhren die Wagen der Linie 909 die Aakerfährbrücke im 10-Minuten-Takt auf ihrem Weg von Huckingen über Meiderich, Hamborn und Walsum nach Dinslaken. Nach Eröffnung des Stadtbahntunnels unter der Duisburger Innenstadt am 11. Juli 1992 war es die Linie 903, die hier von Hüttenheim nach Dinslaken fuhr.

[08] Aakerfährbrücke mit Blick auf die Ruhrdeich-Kreuzung und die A40-Brücke
August 2016  © Tramtracks

Bis zur Kreuzung Ruhrdeich/Fährstraße liegen noch Schienen. Im Sichtweite befindet sich die Brücke mit der Autobahn A40. Auch wenn es nicht erlaubt war, ohne Panne auf dem Standstreifen anzuhalten – von eben diesem günstigen Standort entstand manch interessanter Schnappschuss auf die darunter fahrende Straßenbahn, bis die Lärmschutzwand dies dann zumindest stadteinwärts unterband.

Auf dem Stadtplan markiert ist die Position der Aakerfährbrücke. Mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreicht man sie, indem man mit den Buslinien 930, 9310 oder 939 bis zur Haltestelle "Ruhrau" fährt.

Stadtplan auf Openstreetmap

 

Literatur

  • Winfried Roth: Als die Straßenbahn noch über die Königstraße fuhr. Berlin 2017 (S. 88-92)
  • Zeitzeugenbörse Duisburg e.V.: Die Duisburger Straßenbahn. Erfurt 2014 (S. 29, 94-95)
  • Dieter Höltge: Straßen- und Stadtbahnen in Deutschland. Band 4: Ruhrgebiet. Freiburg 1994 (S. 160, 202)
  • Blickpunkt Straßenbahn 3/1995 (S. 58), 4/1995 (S. 48)