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Auf den Spuren stillgelegter Straßenbahnstrecken

Duisburg: Betriebshof Hamborn

Stillgelegt: 1992
Status: Keine Gebäude oder Gleise mehr vorhanden

[01] Einfahrt zum Betriebshof Hamborn an der Schlachthofstraße
1996  © Markus Schweiß

Relativ spät baute die damals noch selbstständige Stadt Hamborn einen eigenen Straßenbahnbetrieb auf, zehn Jahre nachdem die CEBBG (Continentale Eisenbahn-Bau- und Betriebsgesellschaft Berlin GmbH) schon auf dem Stadtgebiet die wichtige Nord-Süd-Verbindung von Meiderich nach Dinslaken eröffnet hatte. Am 29. Oktober 1910 ging die Städtische Straßenbahn Hamborn mit der meterspurigen Ost-West-Strecke von Alsum über Bruckhausen und Hamborn Rathaus nach Buschhausen an den Start. An der Schlachthofstraße entstand ein Betriebshof mit Verwaltung und Werkstatt, in dem zunächst 20 Trieb- und acht Beiwagen stationiert waren.

Mit neuen Strecken nach Schwelgern, Marxloh, Neumühl und Holten wuchs der Fuhrpark. Die Zahl der Triebwagen verdoppelte sich bis 1921. Das Depot erhielt eine zweite Wagenhalle.

[02] Stirn der Wagenhalle I mit Flügelrad
1996  © Markus Schweiß
 
 

Nach der Eingemeindung und Eingliederung des Betriebs in die Duisburger Verkehrs-AG blieb der Standort erhalten – und war als Besonderheit ca. 15 Jahre lang über zwei Spurweiten erreichbar. Während der Umspurung der Duisburger Hauptlinien von 1952 bis 1955 wurde die komplette Wagenhalle II auf Regelspur umgebaut, ebenso ein Schienenpaar der Wagenhalle I. Deren übrige fünf Gleise blieben meterspurig für den bis zum 30. April 1966 stillgelegten 1000-mm-Restbetrieb.

Am Ende war das gesamte Depot auf Regelspur umgestellt und beschickte zuletzt die Linien 901 und 904 nach Mülheim bzw. Hüttenheim.

 

[03] Wagenhalle II auf dem Betriebshof Hamborn
1996  © Markus Schweiß
[04] Ehemalige Lackiererei auf dem Betriebshof Hamborn
1996  © Markus Schweiß

Nach Beginn des Stadtbahnzeitalters in Duisburg und der Zentralisierung der Betriebshofkapazitäten am Grunewald wurde das Depot an der Schlachthofstraße im Juli 1992 offiziell geschlossen. Die folgenden Jahre wurde dort nur nicht mehr aktiv genutztes Wagenmaterial abgestellt, so etwa die nicht mehr für den Tunnelbetrieb umgerüsteten Einrichtungs-Gelenkfahrzeuge, die dann nach Essen und Norrköping (Schweden) verkauft wurden, sowie einige ältere Arbeitswagen.

Als im Mai 1995 ein behelsmäßiger Ersatz für die baufällige Aakerfährbrücke über die Ruhr errichtet wurde und der Norden Duisburgs nur noch via Ruhrort erreicht werden konnte, übernachteten in Hamborn noch einmal für vier Wochen einige Fahrzeuge für den Liniendienst. Zu diesem Zeitpunkt waren die Gruben in der nördlich der Wagenhallen gelegenen Werkstatt, in der Schreinerei und Lackiererei schon zubetoniert.

[05] Haltestelle Betriebshof Hamborn auf der Schlachthofstraße
Februar 2018  © Tramtracks
[06] Haltestelle Betriebshof Hamborn auf der Schlachthofstraße
Februar 2018  © Tramtracks

Ist heute ist von dem Tramdepot noch irgendetwas erhalten? Die Haltestelle der Straßenbahnlinie 901 heißt nach wie vor "Betriebshof Hamborn", auch wenn es diesen seit mehr als zwei Jahrzehnten gar nicht mehr gibt.

Ein Blick auf den Fahrplanaushang Anfang 2018 offenbarte, dass ausgerechnet da eine große Lücke klaffte, wo man das meiste Angebot erwarten dürfte. Montags bis freitags zwischen 6 und kurz vor 20 Uhr kam hier keine Straßenbahn vorbei. Stattdessen wurde die 901 zwischen Laar und Obermarxloh von Bussen im Schienenersatzverkehr bedient. Das lag an akutem Fahrzeugmangel, denn die 45 zwischen 1986 und 1993 beschafften und später zu Zehnachsern verlängerten Duewag-Gelenkwagen mussten wegen Rostschäden saniert werden. Ein Drittel der Triebwagen war seit 2016 deshalb ausgefallen. Den einsatzfähigen Wagenpark konzentrierte die Duisburger Verkehrsgesellschaft (DVG) auf die stärker frequentierte Linie 903, um dort in der Hauptverkehrszeit acht Fahrten pro Stunde und Richtung anzubieten – was aber auch nicht immer gelang.

Straßenbahnverkehr am Betriebshof Hamborn konnte man somit vor allem am Wochenende beobachten, und dann auch nur im Halbstundentakt. Jeder zweite Kurs wendete bereits in Marxloh an der extra dafür eingerichteten Zwischenendstelle Hermannstraße.

[07] Haltestelle Betriebshof Hamborn auf der Schlachthofstraße
Februar 2018  © Tramtracks

Rund drei Jahre lang war das Depot geschlossen und wartete auf eine Nachnutzung. Der Abriss sämtlicher Gebäude des Betriebshofs begann im Juni 1998. Auch die Wohnhäuser nebenan wurden dem Erdboden gleich gemacht. Stattdessen stehen dort jetzt ein mit großem Parkplatz gesegneter Aldi-Supermarkt, der im Mai 2000 eröffnet worden ist, sowie ein Getränkemarkt.

Auf dem Stadtplan markiert ist die Position der Einfahrt zum Betriebshof Hamborn an der Schlachthofstraße. Das Depot war von 1910 bis 1959 über eine rund 300 m lange Betriebsstrecke von der Markgrafenstraße her angebunden. Dann wurde die Linie 1 am Betriebshof vorbei zur neuen Schleife Obermarxloh geführt.

Stadtplan auf Openstreetmap

 

Literatur

  • Dieter Höltge: Straßen- und Stadtbahnen in Deutschland. Band 4: Ruhrgebiet. Freiburg 1994 (S. 185-186, 194, 196)
  • Winfried Roth: Als die Straßenbahn noch über die Königstraße fuhr. Berlin 2017 (S. 163-164)
  • Zeitzeugenbörse Duisburg e.V.: Die Duisburger Straßenbahn. Erfurt 2014 (S. 49)
  • Blickpunkt Straßenbahn 4/95 (S. 48)
  • Henning Wall: Bilder von der Duisburger Straßenbahn. Aachen 1981 (S. 44)
  • Wolfgang R. Reimann / Axel Ladleif / Jörg Rudat: Vor Einfahrt: Halt! Hövelhof 2020 (S. 16-17, 19, 44, 137)
  • Wolfgang R. Reimann: Straßenbahn und Güterverkehr zwischen Rhein, Ruhr und Wupper. Berlin 2004
    (S. 44-45)