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Auf den Spuren stillgelegter Straßenbahnstrecken

Essen: Hanielstraße

Stillgelegt: 1914
Status: Keine Gleisrelikte, vier Oberleitungshalterungen als einzige Relikte

[01] Hanielstraße/Ecke Hermannstraße
März 2010  © Tramtracks

Wer mit der Straßenbahn in Essen unterwegs ist, dem ist die Hanielstraße vermutlich ein Begriff. Doch die gleichnamige Endschleife der Linie 107 liegt gut 300 Meter entfernt an der Katernberger Straße. Dass auf der Hanielstraße selbst auch einmal die Tram fuhr, ist längst in Vergessenheit geraten. Kein Wunder, denn die Strecke wurde vor mehr als hundert Jahren stillgelegt.

An der Ecke Hanielstraße/Hermannstraße hatte die Straßenbahn ihren Endpunkt erhalten, als sie am 20. Dezember 1898 den Norden Katernbergs erreichte. Die Hanielstraße hieß zu diesem Zeitpunkt noch Kirchstraße, führt sie doch zu der 1889 eingeweihten St. Joseph-Kirche am Joseph-Schüller-Platz.

[02] Oberleitungsrosette am Gebäude Hanielstraße 37
März 2010  © Tramtracks

Von 1907 an steuerte die Linie 8 (Holsterhausen – Hauptbahnhof – Katernberg) die Endstelle Hermannstraße an. Zuvor hatte es übrigens keine Liniennummern, sondern nur Linienfarben gegeben (nach Katernberg fuhr man "schwarz").

Am 25. November 1914 wurde die Strecke erneut verlängert. Diese Weiterführung entspricht im wesentlichen der heutigen Strecke über Nienhausen und Feldmark zum Gelsenkirchener Hauptbahnhof. Gleichzeitig wurde der 350 Meter lange Abzweig in die Kirch-/Hanielstraße stillgelegt. Durch die Neubaustrecke wurde zum einen die 1912 eröffnete Rennbahn an das Schienennetz angebunden, zum anderen der benachbarte Flugplatz Rotthausen, der im selben Jahr in Betrieb gegangen war. Nicht nur Propellermaschinen starteten und landeten dort, es gab auch einen Ankerplatz für Luftschiffe. Rotthausen gehörte übrigens bis zur Eingemeindung nach Gelsenkirchen 1929 zum Landkreis Essen.

[03] Hanielstraße mit Blick auf die St.-Joseph-Kirche am Joseph-Schüller-Platz
März 2010  © Tramtracks
[04] Oberleitungsrosette am Gebäude Hanielstraße 35
März 2010  © Tramtracks

Obwohl die Hanielstraße erwartungsgemäß nur Oberleitungsrosetten als Relikte bietet, ist die Fundstelle insofern interessant, als dass gleich vier der klassischen Halterungen in engem Abstand an den Häusern 31 bis 37 zu finden sind – Indiz für die Endstelle, die sich hier befand. Aufgrund der Rosetten lässt sich vermuten, dass die Endstelle entweder zweigleisig mit Gleiswechsel oder als Ausweiche angelegt worden war. Die Rosetten sind allesamt an den Häusern auf der Südseite zu finden. Auf der gegenüberliegenden Seite sind entweder die Fassaden saniert oder die Gebäude neueren Datums.

In einem Gelsenkirchener Pharus-Stadtplan aus den 1920er-Jahren ist die Stichstrecke in der Hanielstraße noch eingezeichnet. Vermutlich ein Lapsus des Kartografen?

Auf dem Stadtplan markiert ist die Fundstelle an der Hanielstraße kurz vor der Kreuzung Hermannstraße. Sie liegt ungefähr gleich weit von den Haltestellen "Katernberger Markt" und "Hanielstraße Schleife" entfernt (Linie 107).

Stadtplan auf Openstreetmap

 

Literatur

  • Dieter Höltge: Straßen- und Stadtbahnen in Deutschland. Band 4: Ruhrgebiet. Freiburg 1994 (S. 236, 238)
  • Essener Verkehrs-AG: Hundert Jahre in Essen auf Draht – Die Straßenbahn. Essen 1993 (S. 122)