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Auf den Spuren stillgelegter Straßenbahnstrecken

Gladbeck: Horster Straße/Wiesmannstraße

Stillgelegt: 1978
Status: Masten noch vorhanden, keine Gleisreste (Stand: September 2011)

[01] Horster Straße in Höhe Südpark
September 2011  © Tramtracks

Nach einer Hauptverkehrsachse, wie sie es einmal war, sieht die Horster Straße heute nicht mehr aus: In vier Bauabschnitten hat die Stadt Gladbeck die Straße grundlegend umgebaut. Dabei wurde der Querschnitt verändert. Man legte Grünstreifen, Parkbuchten und Radwege an. Bei den Bauarbeiten im Jahr 2011 kamen keine Gleise mehr zum Vorschein. Zwischen Roßheidestraße und Rethelstraße hatte der Bagger Ende 2008 noch eine Schiene am Haken.

Vor der Sanierung war die Horster Straße ein wahrer Flickenteppich. In der Straßenmitte fuhr zweigleisig die Straßenbahn. An sie erinnern noch die hohen, dreigliedrigen Masten, an denen früher die Oberleitung angebracht war und die nun noch für die Straßenbeleuchtung stehen. Der Lack blätterte schon an vielen Stellen ab. In dem sanierten Abschnitt der Horster Straße wurden neue Laternen aufgestellt.

 

[02] Horster Straße in Höhe Südpark
September 2011  © Tramtracks
[03] Horster Straße zwischen Südpark und Münsterlandstraße
September 2011  © Tramtracks

Zur Tram-Geschichte: Eröffnet wurde die gut vier Kilometer lange Straßenbahnstrecke vom Bahnhof Horst Nord nach Gladbeck am 2. September 1909. Auf der Hochstraße waren drei Monate zuvor schon die Gleise der Verbindung nach Bottrop in Betrieb genommen worden. Vor dem Ersten Weltkrieg fuhr die Linie B von Horst nach Gladbeck-Rentfort im 20-Minuten-Takt. Die Vestischen Kleinbahnen verlegten 1920/21 ein zweites Gleis zwischen Horst und Gladbeck – Voraussetzung für mehr Verkehr und einen stabilen Fahrplan.

Mit der Bogestra gab es von 1924 an die gemeinschaftlich betriebene Linie 17, die vom Gladbecker Rathaus zum Gelsenkirchener Hauptbahnhof führte. Die 17 sollte bis 1974 auf der Horster Straße fahren. Nach dem Zweiten Weltkrieg kam noch für einige Jahre die Linie 23 hinzu (von Gladbeck-Zweckel über Horst, Bottrop-Boy nach Oberhausen-Sterkrade). 1950 bediente die 17 die Strecke von Kirchhellen bis Horst, Essener Straße und wies wie die 23 einen Halbstundentakt auf.

[04] Wiesmannstraße zwischen Breuker- und Hügelstraße
September 2011  © Tramtracks
[05] Wiesmannstraße zwischen Breuker- und Hügelstraße
September 2011  © Tramtracks

Ursprünglich folgte die Tram der Horster Straße auf geradem Weg ins Zentrum von Gelsenkirchen-Horst. Mitte der 1950er-Jahre wurde die Strecke auf die als breite Verkehrsader neu eingerichtete Wiesmannstraße verlegt und schloss am Kärntener Ring an die Gleise der Bogestra an, die noch heute von Buer nach Horst fährt. In der Mitte der Wiesmannstraße erhielt die Straßenbahn einen eigenen Bahnkörper, der heute noch als Grünstreifen erkennbar ist.

Die Strecke von Horst nach Gladbeck war so gut ausgelastet, dass sie sich lange dem Schrumpfungsprozess des Netzes im Vest widersetzen konnte. Ende der 1960er-Jahre wurde sie in die Planung für die Stadtbahn Ruhr aufgenommen, was ursprünglich die Umspurung von Meter- auf Regelspur sowie einen kreuzungsfreien Ausbau vorsah. Doch die Vestischen Straßenbahnen beschlossen die Umstellung des Restbetriebs auf den Omnibus. Auch eine Übernahme der Strecke durch die Bogestra kam nicht zustande. Zum letzten Mal fuhr eine Bahn auf der Horster Straße fuhr am 1. Oktober 1978 (Linie 10).

[06] Wiesmannstraße zwischen Breuker- und Hügelstraße
November 1978  © Wolfgang Nyga

Gut einen Monat nach der Stilllegung sah es am Ende der Wiesmannstraße so aus: Bis zur Stadtgrenze war die Gleiszone schon ausgebaggert, der Fahrdraht entfernt. Auf Gelsenkirchener Seite war man nicht ganz so eilig bei der Sache, wie die noch intakte Oberleitung nahe legt. Auf dem Gleisstumpf (einem Schenkel des Dreiecks Kärntener Ring) kehrten noch bis 1982 die Essener Linien 11 bzw. 111 und fuhren dabei bis an das neue Gleisende vor.

Auf dem Stadtplan markiert ist die Stadtgrenze zwischen Gladbeck und Gelsenkirchen, an der das letzte Foto aufgenommen wurde. Die ehemalige Tramstrecke zwischen Kärntener Ring und der Gladbecker Innenstadt wird auf ganzer Länge von der Buslinie SB36 werktags im 20-Minuten-Takt bedient. An der Haltestelle "Kärntener Ring" macht außerdem die Straßenbahnlinie 301 Station.

Stadtplan auf Openstreetmap

 

Literatur

  • Dieter Höltge: Straßen- und Stadtbahnen in Deutschland. Band 4: Ruhrgebiet. Freiburg 1994 (S. 384-386, 388, 390, 396, 399, 404)
  • Klaus Oehlert-Schellberg: Die Vestischen Straßenbahnen. Nordhorn 1995 (S. 22, 31-37, 58, 62, 78-79, 95)