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Auf den Spuren stillgelegter Straßenbahnstrecken

Kamp-Lintfort: Betriebshof

Stillgelegt: 1952
Status: Wagenhalle noch vorhanden (Stand: 2018)

[01] Ehemalige Wagenhalle an der Bernhardstraße
April 2013  © Tramtracks

Die Straßenbahngesellschaft Moers-Camp-Rheinberg GmbH hatte ihr Depot in Kamp (Camperbruch). Vom Betriebshof ist noch die alte Wagenhalle vorhanden, zumindest deren Grundmauern. Im Inneren hat sich ein Fitness-Center eingerichtet. Der Baukörper wurde pechschwarz gestrichen, das Dach leuchtet weiß.

Von einem Netz zu sprechen, wäre übertrieben: Es gab die Hauptstrecke von Moers über Repelen und Lintfort nach Kamp mit einen Abzweig von Lintfort nach Rheinberg (Gesamtstreckenlänge: 18,6 km). Die Bahn war weitestgehend eingleisig angelegt, mehrheitlich am Rand der Landstraßen. Der Ausbruch des Ersten Weltkriegs verzögerte die Inbetriebnahme, weil Kupfer für die Oberleitung nicht zu beschaffen war. Am 12. März 1915 kam der Verkehr schließlich doch noch in Gang, zunächst im Stundentakt, vom 1. Mai 1915 an zur Hauptzeit alle 40 Minuten.

 

[02] Ehemalige Wagenhalle an der Bernhardstraße
April 2013  © Tramtracks
[03] Östliche Hallenseite an der Bernhardstraße
April 2013  © Tramtracks
[04] Rückwand der ehemaligen Wagenhalle an der Gohrstraße
April 2013  © Tramtracks

1938 wurde der Kreis Moers alleiniger Eigentümer der Tram. Die Betriebsführung hatte schon 1926 die Straßenbahn Moers-Homberg GmbH übernommen, die ebenfalls regelspurige Strecken befuhr. Nach dem Zweiten Weltkrieg dünnte sich das recht umfangreiche linksrheinische Netz aus. Die Bahn nach Kamp spielte den Vorreiter, zumal die Strecke in Rheinberg weit vor dem Ortskern endete und die Verlängerung wegen einer Eisenbahnkreuzung unmöglich erschien. Auch waren die Schienen zwischen Moers und Kamp in sehr schlechtem Zustand, so dass ohne erhebliche Investitionen in die Infrastruktur die Zeit für den Tram-Betrieb ablief.

Von 1950 bis 1952 wurden beide Strecken stillgelegt – zunächst der Rheinberger Ast, der nur einmal stündlich bedient wurde. Von der im 20-Minuten-Takt befahrenen Strecke Moers-Kamp blieb am Ende nur noch der Abschnitt von Lintfort Post nach Repelen, der am 10. August 1952 aufgegeben wurde. Statt auf die Straßenbahn setzte der Kreis Moers auf den O-Bus, der den alten Tramlinien folgte (und eine Verlängerung nach Ossenberg erhielt). Das Depot in Kamp beherbergte nun die Busse mit Elektroantrieb. Dazu wurde die Rückwand geöffnet und eine Schleifenfahrt über die Gohr- und Bernhardstraße eingerichtet. Obwohl der Raum Moers zeitweise das größte O-Bus-Netz Deutschlands besaß, ging diese Ära bereits 1968 wieder zu Ende.

[05] Luftbild vom Bereich rund um den ehemaligen Betriebshof Kamp
© RVR, 1969, Hansa Luftbild GmbH, Aerowest GmbH, Datenlizenz Deutschland - Namensnennung – Version 2.0

Als der Betriebshof kurz vor Beginn des Ersten Weltkriegs errichtet wurde, lag er fast auf freiem Feld. Auch ein halbes Jahrhundert später war die Bebauung erst allmählich herangerückt. Auf dem Grundstück befand sich nach Norden zur Moerser Straße hin auch ein Umformerwerk, das später abgerissen wurde. An die Westflanke der Halle war ein Werkstattbereich angegliedert. Das Wohnhaus neben der Halle war vermutlich ein Verwaltungsgebäude der Straßenbahngesellschaft.

Vom Depot waren es nach Westen hin noch rund 1,2 km bis zum Gleisende am Rand des Hohen Buches, an der Nordseite der Rheinberger Straße in Höhe Sternstraße, womit auch das Kloster Kamp Anschluss an die Straßenbahn hatte. Die Endstation trug den wenig phantasievollen, aber treffenden Namen "Kamp Ende". Die dortige Wendeschleife war für die O-Busse angelegt worden, das Straßenbahngleis endete stumpf.

Auf dem Stadtplan markiert ist die Position der Wagenhalle an der Bernhardstraße. Die offizielle Anschrift lautet allerdings Moerser Straße 100-102, 47475 Kamp-Lintfort. Die nächstgelegene Bushaltestelle heißt Walkenriedstraße (Linien 32, SB30 und SB70). Von der zentralen Haltestelle Kamp-Lintfort, Neues Rathaus mit Busverbindungen nach Moers und Duisburg sind es eine knappe Viertelstunde zu Fuß.

Stadtplan auf Openstreetmap

 

Literatur

  • Dieter Höltge / Michael Kochems: Straßen- und Stadtbahnen in Deutschland. Band 9: Niederrhein. Freiburg 2004 (S. 323, 333-343)
  • Ludger Kenning / Jürgen Lehmann: Obusse in Deutschland. Band 2: Nordrhein-Westfalen/Hessen. Nordhorn 2011 (S. 68-75)