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Auf den Spuren stillgelegter Straßenbahnstrecken

Krefeld: Betriebshof Fischeln

Stillgelegt: 1952
Status: Gebäude noch vorhanden (Stand: September 2022)

[01] Ehemaliger Betriebshof Fischeln an der Kölner Straße
März 2023  © TramVia Mülheim

Die Wagenhalle an der Kölner Straße hat eine lange Geschichte: Als 1883 die erste (mit Dampfloks bespannte) Straßenbahn von Fischeln nach Krefeld fuhr, diente das Depot als Remise für die Züge. Die nur 4,2 km kurze Strecke endete an dem damals noch niveaugleichen Bahnübergang in Höhe Saumstraße. Die Chaussee (heute: Kölner Straße) war noch großteils unbefestigt, und neben dem Gleis verlief ein Entwässerungsgraben. Nicht selten kam es vor, dass nach einem Regen die einfach auf den matschigen Untergrund gelegten Schwellen samt Schienen im Wasser versanken. Ende 1900 nahm die "Lektrische" in Fischeln ihre Fahrt auf, womit das Bunkern von Koks und das Befüllen der Loks mit Kühlwasser im Depot der Vergangenheit angehörte.

1907 waren die Gleise der Eisenbahn dann höhergelegt und die Fischelner Strecke mit dem übrigen Krefelder Netz verbunden. Der Außenposten wurde nach dem Zweiten Weltkrieg endgültig entbehrlich. Offiziell wurde der Betriebshof zum 25. August 1952 aufgegeben. Zunächst nutzte das Fischelner Karneval Korps das Depot, um dort seine Prunkwagen zu bauen. Von 1988 an teilten sich die Narren die Halle mit der wiedergegründeten Freiwilligen Feuerwehr Fischeln, die dort ein Gerätehaus einrichtete. Am 25. Mai 1994 brannte die Halle bis auf die Grundmauern ab. Es soll sich um Brandstiftung gehandelt haben – ausgerechnet auf der Feuerwache.

[02] Ehemaliger Betriebshof Fischeln an der Kölner Straße
November 2008  © Tramtracks
[03] Wagenhalle von der Kölner Straße aus gesehen
September 2008  © Tramtracks
[04] Wagenhalle von der Eichhornstraße aus gesehen
September 2008  © Tramtracks

Die Westfront zur Kölner Straße hin zeigt noch Fragmente eines genieten, mit Ziegelsteinen ausgemauerten Eisengefachs. Wahrscheinlich handelt es sich dabei um eine historisierende Rekonstruktion. Rolltore ersetzten die alten zweiflügeligen Holzfalttore. Die Proportionen des Portals wurden sichtbar verändert.

Zwischen 1995 und 1999 wurde die Halle wiederaufgebaut, dabei jedoch um die Hälfte verkürzt. Eine Längsmauer blieb in der Originallänge von 76 Metern erhalten und friedet das Grundstück zur Südseite ein. "Es ist nicht mehr das alte Depot", meinen Zeitzeugen. Ansonsten erinnert heute nichts mehr an die Zeit, als die Straßenbahn hier ihren Stützpunkt hatte. Der Betriebshof war übrigens viergleisig mit eingleisiger Zufahrt aus Richtung Innenstadt. In der Halle befanden sich drei 18 Meter lange Gruben, um die Wagen von unten zu warten.

[05] Der Sommer-Beiwagen 49 auf der Kölner Straße an der Betriebshofeinfahrt
September 2008  © Tramtracks
[06] Der "Blaue Enzian" auf der Kölner Straße an der Betriebshofeinfahrt
September 2008  © Tramtracks

Als die Fischelner Feuerwehr 2008 einen Tag der offenen Tür feierte, gab es dann doch noch einen Bezug zur Straßenbahn. Der "Blaue Enzian" stand an der früheren Depotzufahrt auf der Kölner Straße. Bei dem Fahrzeug handelt es sich um einen der ältesten Straßenbahnwagen, der noch an Rhein und Ruhr existiert. Der Zweiachser mit der Nummer 93 wurde im Jahr 1900 gebaut, hat 20 Sitz- sowie 18 Stehplätze und fuhr bis 1955 durch Krefeld. Er gehört heute dem Verein Linie 1, der die historische Straßenbahn pflegt – so auch den sogar ein Jahr älteren, offenen Sommer-Beiwagen 49, der dem Oldtimer an jenem Tag angekoppelt war. Das himmelblaue Tram-Ensemble kann für Trauungen und Sonderfahrten gebucht werden.

Auf dem Stadtplan markiert ist die Position des Betriebshofs an der Kölner Straße 618-620. Die Straßenbahnlinie 041 führt am ehemaligen Depot vorbei. Nächstgelegene Haltestelle: Eichhornstraße.

Stadtplan auf Openstreetmap

 

Literatur

  • Heinz Josef Hütténes: Schienengeschichte(n). Krefeld. o.J. (S. 20-24, 54-56, 62, 82-83)