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Auf den Spuren stillgelegter Straßenbahnstrecken

Krefeld: Tackheide Schleife

Stillgelegt: 2016
Status: Gleisreste noch vorhanden (Stand: Juni 2020)

[01] Eingleisige Zufahrt zur Schleife in der Gladbacher Straße
Juni 2016  © Tramtracks

Wie die monumentale Verwendung von Sichtbeton verrät, stammt die Anlage aus den Siebzigern. Damals erhielt die Gladbacher Straße eine Überführung über die Eisenbahnstrecke von Krefeld nach Willich. Unter der Straßenbrücke entstand 1978 die Schleife mit Stumpfgleis. Sie ersetzte eine provisorische Schleife, die kurz vor der Rampe an der Südseite der Gladbacher Straße lag und nur zwei Jahre lang während der Bauarbeiten genutzt worden war. Bis 1976 existierte eine weitere Schleife, die sich zwischen den beiden genannten befand.

Die Endstelle Tackheide der Tramlinie 043 wurde etappenweise stillgelegt: Das Stumpfgleis in der Schleife wurde bereits in den 1990er-Jahren vom Netz abgetrennt. Richtig genutzt worden war es praktisch nie. Nur als einmal in der Schleife umfangreiche Schweißarbeiten ausgeführt wurden, setzten Wagen im Kehrgleis um. Dazu war die Signalanlage ausgeschaltet worden, denn sie sah grundsätzlich nur eine Ausfahrt aus dem Schleifenrund vor. Die Weiche wurde später zugeschweißt, so dass das Abstellgleis nicht mehr erreicht werden konnte. Dennoch steckte lange Zeit eine rote Schutzhalttafel zwischen den Schienen, die aber längst verschwunden ist.

 

[02] Stumpfgleis und Einfahrt in die Schleife
Juni 2016  © Tramtracks
[03] Südlicher Teil der Schleife
Juni 2016  © Tramtracks
[04] Südlicher Teil der Schleife
Juni 2016  © Tramtracks

Am 8. Juni 2013 ist der Streckenast zwischen Oberschlesienstraße und Tackheide offiziell stillgelegt worden. Doch abgebaut wurde zunächst nichts, denn die Strecke sollte noch einmal für eine außergewöhnliche Nutzung reaktiviert werden. Zwischen dem 9. und 18. Mai 2014 war der Betriebshof Weserweg aufgrund von Bauarbeiten auf dem Ostwall für einen Teil des Streckennetzes nicht erreichbar. Ein großflächiger Ersatzverkehr mit Bussen kam nicht in Frage. Stattdessen wurde die Strecke auf der Gladbacher Straße und die Tackheide-Schleife zu einer Art improvisiertem Depot.

Während dieses zehntägigen Ausnahmezustands nächtigte also ein größerer Teil des Krefelder Wagenparks auf der Gladbacher Straße. Das Streckengleis wurde umzäunt und bewacht, um Vandalismus vorzubeugen. In der Schleife entstand ein Werkstattbereich, wo die Bahnen für den Alltagsbetrieb gewartet werden konnten. Das Stichgleis in der Schleife wurde aber nicht nochmal in Betrieb genommen.

[05] Ehemalige Endhaltestelle Tackheide
Juni 2016  © Tramtracks
[06] Stumpfgleis unter den Straßenbrücken
Juni 2016  © Tramtracks
[07] Nördlicher Teil der Schleife
Juni 2016  © Tramtracks
[08] Nördlicher Teil der Schleife
Juni 2016  © Tramtracks
[09] Ausfahrt aus der Schleife
Juni 2016  © Tramtracks

Mitten im Industriegebiet und unter dem grauen Beton der Straßenbrücke war die Schleife schon ein sehr spezieller, nicht gerade einladender Ort ... Die Endstelle Tackheide hat dabei eine lange und wechselvolle Geschichte: 1910 war die Straßenbahn bis hierher zum Thyssen-Stahlwerk verlängert worden. Vor allem für den Berufsverkehr war die Strecke von Bedeutung. Die eher kleine Siedlung Tackheide lag weiter westlich, jenseits der Eisenbahntrasse von Krefeld über Willich nach Rheydt (bis 1982 gab es einen Personenhalt Stahlwerk). Bedeutsamer für das Fahrgastpotenzial war der Hauptfriedhof, dessen Krematorium auf halbem Weg zwischen dem Abzweig Oberschlesienstraße und der Endstation lag.

Die SWK Mobil hatte sich entschlossen, den Streckenast zu kappen, da er seit der Schließung des Krematoriums kaum noch ausgelastet gewesen sei. Von durchschnittlich nur drei Fahrgästen pro Fahrt war die Rede. Außerdem wären bei Beibehaltung der Tram Investitionen in die Erneuerung von Gleisen und Weichen fällig gewesen. Das Wohngebiet Tackheide wird nun durch einen zusätzlichen Linienbus (069) bedient. Die Bewohner dort hatten sich erfolgreich gegen Pläne gewehrt, den ÖPNV auf einen Taxibus zu beschränken.

[10] Eingleisige Zufahrt zur Schleife in der Gladbacher Straße
Juni 2020  © Thomas Risse
[11] Südlicher Teil der Schleife
Juni 2020  © Thomas Risse
[12] Ehemalige Endhaltestelle Tackheide
Juni 2020  © Thomas Risse
[13] Nördlicher Teil der Schleife
Juni 2020  © Thomas Risse
[14] Ausfahrt aus der Schleife
Juni 2020  © Thomas Risse
[15] Einfahrt in die Schleife
Juni 2020  © Thomas Risse

Nach dem Epilog als provisorisches Depot wurde die Strecke auf der Gladbacher Straße Anfang Juli 2014 noch für Tests der neuen Straßenbahnwagen vom Typ FOC (Flexity Outlook Classic) herangezogen. Das erste Fahrzeug der zweiten Lieferserie konnte dort ungestört ausprobiert werden. Die Schleife durchfuhr er dabei aber nicht.

Die Vegetation hat sich während der nachfolgenden Jahre das Terrain ein gutes Stückweit zurückerobert, zumindest dort, wo genügend Sonne hinfällt. Erst einmal sollen die Anlagen dem Vernehmen nach nicht dem Abbau anheim fallen. Die Strecke soll für eine spätere Reaktivierung erhalten bleiben. Dies hängt davon ab, wie es mit dem Edelstahlwerk-Gelände weitergeht. Im Jahr 2020 sah es so aus, als sei die Zukunft des Standortes zumindest mittelfristig gesichert. Zwischenzeitlich war auch die Ansiedlung eines Einkaufszentrums auf dem Areal im Gespräch, was tatsächlich wieder mehr Nachfrage nach einer Schienenanbindung schaffen könnte.

Auf dem Stadtplan markiert ist die Position der ehemaligen Straßenbahnhaltestelle. Die stillgelegte Strecke wird heutzutage von den Buslinien 054 und 069 bedient (Haltestelle: Tackheide).

Stadtplan auf Openstreetmap

 

Literatur

  • Dieter Höltge / Michael Kochems: Straßen- und Stadtbahnen in Deutschland. Band 9: Niederrhein. Freiburg 2004 (S. 158, 160)
  • Städtische Werke Krefeld AG (Hrsg.): Gut, dass wir sie haben. Krefeld 2000 (S. 49, 64-65, 172-174)