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Auf den Spuren stillgelegter Straßenbahnstrecken

Mönchengladbach: Rheydter Straße

Stillgelegt: 1968
Status: Gleisreste nicht mehr sichtbar (Stand: September 2019)

[01] Eisenbahnunterführung Rheydter Straße/Ecke Viktoriastraße
Oktober 2005  © Tramtracks

Oben Eisen-, unten Straßenbahn: Zumindest sechs Jahrzehnte lang traf dieser Satz zu. Unter der Brücke, die unter anderem die Regionalzüge zwischen Mönchengladbach und Rheydt benutzen, lag das Doppelgleis für die Tram. Traditionell fuhren hier die Linien 1 und 2, laut Fahrplan von 1950 jeweils im 20-Minuten-Takt (Linie 1: Kaiser-Friedrich-Halle – Odenkirchen, Linie 2: Eicken – Rheydt Hauptbahnhof). 1959 wurden die Linien verkürzt und endeten von der Kaiser-Friedrich-Halle bzw. von der Gleissschleife Am Bour kommend nun beide am Rheydter Hauptbahnhof.

Die elektrische Straßenbahn stellte seit 1900 eine Städteverbindung her, zumindest wenn man einmal die Zeit zwischen 1929 und 1933 ausklammert. Damals war im Zuge einer kommunalen Gebietsreform die kreisfreie Stadt Gladbach-Rheydt entstanden, die nur gut vier Jahre Bestand hatte. Auf Intervention durch Reichspropagandaminister Joseph Goebbels, der aus Rheydt stammte, wurde seine Heimatstadt wieder selbstständig. Der zwischenzeitlich gemeinsame Trambetrieb wurde 1936 auch wieder getrennt, wobei Rheydt bei der Aufteilung der Fahrzeuge schlecht weg kam. Auch war nicht klar geregelt worden, wer für welche Strecke Konzessionen besaß. Das rächte sich Anfang der 1950er-Jahre, als Rheydt Anstalten machte, seinen Straßenbahnbetrieb einzustellen, während Mönchengladbach an der Schiene festhalten wollte. Von 1959 an betrieb Mönchengladbach die Verbindung zum Rheydter Hauptbahnhof nicht mehr als Gemeinschaftsverkehr, sondern auf eigene Rechnung, bis zur Stilllegung am 5. Oktober 1968.

 

[02] Gleisreste unter der Eisenbahnbrücke
September 2003  © Thomas Lensing
[03] Gleisreste unter der Eisenbahnbrücke
März 2009  © Andreas Peppel

In der Unterführung hatte die starke Belastung durch den Autoverkehr Spuren hinterlassen: Die nach der Stilllegung nur mit Asphalt bedeckten Gleise traten im Laufe der Zeit wieder ans Tageslicht, wurden dann über Jahre hinweg schnell und kostengünstig mit einer Ladung Kaltasphalt zugedeckt. Die fortgesetzte Beanspruchung und ein frostiger Winter sorgten dann dafür, dass das Spiel wieder von vorne beginnen konnte.

Zu erwähnen wäre noch, dass von 1902 bis zum 21. März 1955 auch die Rundlinie an dieser Stelle die Eisenbahnstrecke kreuzte. Ihr Kurs führte vom Mönchengladbacher Hauptbahnhof über den Markt und Geroplatz nach Hermges und Hardterbroich zurück zum Ausgangspunkt. Anfangs gab es einen ebenerdigen Bahnübergang, bis man 1908 begann, die Eisenbahn höher zu legen. Im August 1910 waren der Bau der Unterführung und die Tieferlegung der Straße abgeschlossen.

Auf dem Stadtplan markiert ist die Fundstelle unter der Eisenbahnbrücke an der Kreuzung Rheydter Straße/Viktoriastraße. Mittlerweile hat die Stadt Mönchengladbach den ramponierten Straßenbelag gründlich ausgebessert, so dass keine Gleisspuren mehr sichtbar sind. Es ist aber unklar, ob bei dieser Gelegenheit die Schienen entfernt wurden oder in einigen Jahren doch wieder aus dem Asphalt auftauchen könnten.

Stadtplan auf Openstreetmap

 

Literatur

  • Jürgen Lehmann: Straßenbahn in Mönchengladbach. Nordhorn 1997 (S. 24-25, 42, 115, 124)
  • Dieter Höltge / Michael Kochems: Straßen- und Stadtbahnen in Deutschland. Band 9: Niederrhein. Freiburg 2004 (S. 227-228, 245-246, 252, 263)