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Auf den Spuren stillgelegter Straßenbahnstrecken

Mülheim/Ruhr: Schloss Broich

Stillgelegt: 1999
Status: Keine Gleisrelikte der regelspurigen Strecke mehr vorhanden

[01] Am Schloss Broich zwischen Betriebshof und Ruhrufer
Februar 2007  © Tramtracks

Von der Fußgängerbrücke über die Straße Am Schloss Broich konnte schön man die Vierschienengleise erkennen, von denen nur noch die innen liegenden Schienenpaare in Benutzung sind. Bis 26. September 1999 teilten sich Fahrzeuge verschiedener Spurweite die Strecke zwischen Stadtmitte und Rosendahl. Die regelspurige Duisburger Linie 901 taucht seither wie ihre meterspurige Mülheimer Kollegin 102 in Höhe des Depots in den Ruhrtunnel ab. Die oberirdische Strecke am Schloss Broich dient nur noch als Zufahrt zum Betriebshof.

Die Brücke markiert in etwa die Stelle, wo früher die Eisenbahnstrecke von Mülheim-Styrum über Saarn und Mintard nach Essen-Kettwig entlangführte (Untere Ruhrtalbahn, Personenverkehr bis 1968).

Vor dem in der Anfangszeit niveaugleichen Bahnübergang am Schlossberg endete die aus Duisburg kommende Dampfstraßenbahn, die 1888 von Monning hierher verlängert worden war. Neun Jahre später wurde die Regelspur-Bahn der Allgemeinen Lokal- und Straßenbahngesellschaft elektrifiziert und nach Bau einer Überführung für die Eisenbahn im April 1904 bis zu der damals die Ruhr überspannende Kettenbrücke weitergeführt. Diese wiederum wurde durch eine tragfähigere Konstruktion aus Stein ersetzt, so dass die Straßenbahn am 15. Juni 1911 offiziell das rechte Ufer und die neue Endstelle in der Ruhrstraße erreichen konnte.

 

[02] Am Schloss Broich mit Blick auf Stadthalle und Ruhrbrücke
Februar 2007  © Tramtracks
[03] Am Schloss Broich mit Blick auf Stadthalle und Ruhrbrücke
Juli 2006  © Tramtracks

Die Mülheimer Meterspur-Tram rollte über die Ruhrbrücke schon vier Tage früher als die Duisburger, denn am 11. Juni 1911 wurde die Strecke nach Uhlenhorst bis zum vorläufigen Endpunkt Waldschlösschen eröffnet. Bis Ende Juli 1971 war es übrigens stets die Linie 2, die hier von Hochfeld Süd aus kommend Duisburg und Mülheim miteinander verband.

Im Sommer 2006 präsentierte sich die Mühlenbergkreuzung Am Schloss Broich/Ruhrufer als Baustelle. Bis vor das Schloss wurden die Schienen für die Meterspur-Strecke erneuert und die Regelspur-Gleise demontiert. Während des Umbaus, der im wesentlichen am Wochenende stattfand, musste zumindest ein Gleis zum Betriebshof Broich befahrbar bleiben.

[04] Am Schloss Broich mit Blick auf Stadthalle und Ruhrbrücke
Juni 2005  © Tramtracks
[05] Kreuzung Am Schloss Broich/Ruhrufer
Juni 2005  © Tramtracks

Trotz der Schienen: Nach Eröffnung des Ruhrtunnels bedienten nur noch Busse die oberirdische Haltestelle Schloss Broich. Ungefähr in Höhe des Bahn- bzw. Bussteigs zweigte bis 1968 die Straßenbahnstrecke nach Saarn ab und erklomm dabei zunächst den Mühlenberg. Die breite Straße Ruhrufer wurde dort auch erst nach Stilllegung der Tram ausgebaut.

Ein bemerkenswertes Detail: Auf dem Foto hat das regelspurige Gleis Richtung Duisburg (links im Bild) deutlich Rost angesetzt, sein Pendant Richtung Stadtmitte (rechts) anscheinend nicht. Dafür gibt es eine einleuchtende Erklärung. Rechts benutzten Busse die Gleistrasse und polierten die Schienen blank, links nicht. Stadtauswärts befand sich die Bushaltestelle am Straßenrand.

[06] Übergang Am Schloss Broich/Schlossbrücke
Juni 2005  © Tramtracks

Auf der von 1958 bis 1960 neu errichteten, im Vergleich zu ihrem Vorgänger breiteren Ruhrbrücke wurden die normalspurigen Gleise im Juni/Juli 2004 demontiert. Auf der Leineweberstraße, wo zuletzt die Endstelle der Linie 901 lag, war es dann zwischen 2004 und 2008 soweit. Mittlerweile ist das für Mülheim charakteristische Vierschienengleis auch auf der restlichen Strecke links der Ruhr entfernt worden.

Im Jahr 2020 wurde im Zuge der allgemeinen Spardebatte die Aufgabe des U-Bahnhofs Schloss Broich diskutiert und durchgerechnet. 200.000 Euro sollte das Budget pro Jahr angeblich entlastet werden, wenn die Bahnen die Station nur noch ohne Halt durchfahren würden und man die Zugänge verschlösse. Der Betrag summiert sich aus nicht mehr erforderlichen Instandhaltungsarbeiten, wie etwa dem Ausbessern von Wasserschäden, der Reparatur von Rolltreppen oder dem Entfernen von Graffiti. Schloss Broich ist tatsächlich kein stark frequentierter Halt. Nachfrage erzeugen vor allem Veranstaltungen in der benachbarten Stadthalle oder auf dem Schlossgelände. Andererseits liegt die Innenstadt nur einen Steinwurf entfernt, und mit sechs Buslinien wäre der Bereich auch sonst gut an den ÖPNV angebunden. Allerdings hat im Herbst 2020 der städtische Mobilitätsausschuss doch grünes Licht gegeben, die sanierungsbedürftige Tunnelstation wieder aufzumöbeln.

Die meterspurige Betriebsstrecke am Schloss Broich wurde in der ersten Oktober-Hälfte 2023 zwei Wochen lang wieder für den ganztägigen Linienverkehr geöffnet. Anlass dafür waren Bauarbeiten im Bereich der Konrad-Adenauer-Brücke, weswegen die Linie 112 nicht nach Styrum und Oberhausen fahren konnte. Stattdessen wurde sie vom Hauptfriedhof kommend in der Stadtmitte zum Betriebshof Rosendahl umgeleitet.

Auf dem Stadtplan markiert ist die Fußgängerbrücke über die Straße Am Schloss Broich, von der aus die ersten vier Fotos aufgenommen wurden. Nächstgelegene Stadtbahn-Haltestelle: Schloss Broich (Linien 102 und 901).

Stadtplan auf Openstreetmap

 

Literatur

  • Dieter Höltge: Straßen- und Stadtbahnen in Deutschland. Band 4: Ruhrgebiet. Freiburg 1994 (S. 158, 160, 207, 338)
  • Helmut Hoffmann / Klaus Oehlert: Bilder von der Mülheimer Straßenbahn. Aachen 1985 (S. 85)