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Auf den Spuren stillgelegter Straßenbahnstrecken

Remscheid: Gerstau

Stillgelegt: 1952
Status: Gebäude noch vorhanden (Stand: Oktober 2021)

[01] Ehemaliger Güterschuppen an der Morsbachtalstraße
März 2008  © Tramtracks

Die Kreuzung von Morsbachtalstraße und Hastener Straße war einmal die Schnittstelle zweier Bahnlinien: Aus Cronenfeld kam die Tram hinunter in die Gerstau auf ihrem Weg nach Remscheid und traf auf die Strecke der Ronsdorf-Müngstener Eisenbahn (RME), die 1902 von der Barmer Bergbahn übernommen wurde. Seit November 1891 rollten hier Gütertransporte und Personenwagen, zunächst gezogen von Dampfloks. Im Laufe des Jahres 1903 war die meterspurige Kleinbahnstrecke dann elektrifiziert. Bahnkunden waren die zahlreichen Firmen aus der Kleineisenbranche, die zum Beispiel Sensen, Sägen, Industriemesser oder andere Werkzeuge herstellten und ihre Schmieden mit Kohle versorgen ließen.

Das Fachwerkhaus an der Morsbachtalstraße ist eines der wenigen noch erhaltenen Relikte der RME und beherbergte früher den Güterschuppen der Station Gerstau. In dem Gebäude gab es neben zwei Lagerräumen auch einen Warteraum (32 qm Fläche). Eine Ausweiche diente zugleich als Ladegleis, um die Fracht umzuladen. In den Anfangsjahren existierte auch die Möglichkeit, Wasser für die Dampfkessel der Loks nachzufüllen. Im Warteraum war offenbar zur Einweihung diese Inschrift angebracht worden: "Wer hätt' gedacht vor 50 Jahren, dass durch dies' Tal die Bahn würd' fahren? Drum ruft zum Feste jeder Mann: Ein donnernd Hoch der Schmalspurbahn!"

 

[02] Ehemaliger Güterschuppen an der Morsbachtalstraße
März 2008  © Tramtracks

Die Schmieden, Hammerwerke und Maschinenfabriken entlang der Morsbachtalstraße hatten durch die RME ihren Anschluss an das Netz der Eisenbahn. Güter erreichten die Betriebe mithilfe von Rollwagen, die am Bahnhof Ronsdorf umgesetzt wurden: Die DB-Güterwagen konnten auf einem Meterspur-Untersatz die Strecke nutzen. Das Stückgut wurde in Güterschuppen zwischengelagert. Insgesamt sieben von ihnen standen an den wichtigeren Haltepunkten zwischen Ronsdorf und Morsbach. Neben dem Gebäude in Gerstau existiert noch ein weiterer Schuppen weiter westlich in Aue.

Spätestens nach dem Zweiten Weltkrieg war der Trend, Güter mit dem Lkw zu verschicken, nicht mehr umzukehren. Am 26. November 1952 wurde die RME-Strecke zwischen Morsbach und Gründerhammer stillgelegt. Die Straßenbahn von Wuppertal nach Remscheid-Hasten fuhr übrigens noch bis zum 30. April 1965.

In dem zum Wohnhaus umgebauten Schuppen hatte früher ein pensionierter Schaffner der Barmer Bergbahn sein Domizil. Bis 1965 waren die Wuppertaler Stadtwerke Eigentümer der Immobilie. Das an den Schuppen angrenzende Gebäude gehörte nicht zur Bahn, es beherbergte viele Jahre die Gastwirtschaft Herberg. Heute ist dort ein Tonstudio eingerichtet.

Auf dem Stadtplan markiert ist die Position des ehemaligen Güterschuppens (Adresse: Gerstau 8, 42855 Remscheid). In der Nähe liegt die Haltestelle "Gerstau" (Buslinie 615).

Stadtplan auf Openstreetmap

 

Literatur

  • Gerd Wolff / Lothar Riedel: Deutsche Klein- und Privatbahnen. Band 5: Nordrhein-Westfalen. Freiburg 1998 (S. 158-163)
  • Alfred Scheerer: Chronik der Remscheider Straßenbahn. Wuppertal 1954 (S. 18-22)
  • Dieter Höltge: Straßen- und Stadtbahnen in Deutschland. Band 5: Bergisches und Siegerland. Freiburg 1996 (S. 29-31, 42)
  • Wolfgang R. Reimann: Eine Bergische Tour – Mit der Linie 15 von Wuppertal nach Remscheid. Berlin 2005 (S. 130)