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Auf den Spuren stillgelegter Straßenbahnstrecken

Remscheid: Halbach

Stillgelegt: 1959
Status: Gebäude und Mast noch vorhanden (Stand: Juni 2011)

[01] Lenhartzhammer/Ecke August-Erbschloe-Straße
Juni 2011  © Tramtracks

Kaum etwas deutet heute noch darauf hin, dass sich hier einmal ein nicht ganz unbedeutender Verkehrsknotenpunkt und Güterumschlagplatz befand: Die von der Ronsdorf-Müngstener Eisenbahn (RME) gebaute Meterspurstrecke folgte der Landstraße ins Morsbachtal, und entlang ihrer Strecke bediente sie eine Reihe kleinerer metallverarbeitender Industriebetriebe. In Halbach gab es nicht nur ein Freiladegleis, sondern auch zwei Anschlussgleise, die an der Einmündung der August-Erbschloe-Straße vom Streckengleis an der Westseite des Lenhatzhammers auf die andere Straßenseite bzw. in die August-Erbschloe-Straße hinein schwenkten.

1891 begann der Güter- und Personenverkehr der RME mit Dampfloks. Doch das Transportvolumen und damit die Einnahmen der Bahn entwickelten sich nicht wie gewünscht. Die Westdeutsche Eisenbahngesellschaft, in der die RME 1897 aufgegangen war, wollte sich von der unrentablen Strecke trennen. Da trat die Barmer Bergbahn auf den Plan, die 1902 sämtliche Anlagen übernahm und als erstes für die Elektrifizierung der Strecke sorgte. Damit und dank einiger kleinerer Ausbauten und Verbesserungen gelang es in nur fünf Jahren, die Frachtmenge um den Faktor 20 zu steigern und die Einnahmen fast zu verdoppeln.

Vom elektrischen Betrieb profitierte aber auch der Personenverkehr, denn nun war es möglich, mit der Straßenbahn eine umsteigefreie Verbindung von Barmen (Toelleturm) nach Remscheid (Schöne Aussicht) anzubieten.

[02] Ehemaliges Unterwerk der Barmer Bergbahn am Lenhartzhammer 6
Juni 2011  © Tramtracks
[03] Ehemaliges Unterwerk der Barmer Bergbahn
Juni 2011  © Tramtracks

Dieses Gebäude ist ein Überbleibsel des Bahnbetriebs und beherbergte ein Unterwerk. Es ging ca. 1932 in Betrieb. Der nicht völlig gelöschte Schriftzug an der Gebäudestirn lautete: "Barmer Bergbahn". Dort ist nun die Erbschloe BSZ GmbH ansässig. Das Kürzel steht für Bergisches Strahlzentrum. Die Firma bietet Lösungen für die Bearbeitung von Metalloberflächen, etwa durch Sandstrahlen. Sie ging aus dem 1840 gegründeten Familienunternehmen Erbschloe hervor, das (Stein-)Sägen, Feilen und andere Werkzeuge aus Metall herstellte und diese etwa auf der Weltausstellung 1851 in London stolz präsentierte. Die Eisenfabrik Friedrich Wilhelm Erbschloe Söhne gab seinen Standort seit 1894 offiziell mit "auf der Halbach an der Ronsdorf-Müngstener Eisenbahn" an. Der Fabrikant und Lüttringhauser Lokalpolitiker Carl August Erbschloe (1850-1925) war einer von 30 Gesellschaftern des Bahnunternehmens.

[04] Bushalteselle Halbach (auf dem Seitenstreifen links lag eines der beiden Erbschloe-Anschlussgleise)
Juni 2011  © Tramtracks

Nach dem Zweiten Weltkrieg wollten die Wuppertaler Stadtwerke, in denen die Barmer Bergbahn aufgegangen war, den unrentablen Güterverkehr auf der sanierungsbedürftigen Strecke aufgeben und verkürzten sie 1952 bis Gründerhammer. Doch vorerst wollten die Firmenkunden nicht auf ihren Gleisanschluss verzichten, obwohl der Verkehrsbetrieb ihnen Abfindungen in Aussicht stellte. Das änderte sich Mitte der 1950er-Jahre, als der Lkw-Verkehr immer mehr an Bedeutung gewann. Die Stadtwerke konnten sich nun von dem Zuschussgeschäft trennen: Die letzte Fracht wurde am 30. August 1959 befördert.

Somit verschwanden dann auch die Anschlussgleise, von denen eines auf dem Seitenstreifen neben der Haltestelle Halbach lag. Das Fabrikgebäude zwischen Ronsdorfer Straße und Leyerbach hat inzwischen die BRF Verpackungen GmbH & Co. KG bezogen.

[05] Lenhartzhammer mit ehemaligem Oberleitungsmast (das Gleis lag unmittelbar vor dem Mäuerchen) 
Juni 2011  © Tramtracks
[06] Betonmast vor dem Haus Lenhartzhammer 7
Juni 2011  © Tramtracks

Ein weiteres Relikt aus der Zeit der Straßenbahn ist ein Mast vor dem Haus Lenhartzhammer 7. 1951/52 tauschten die Wuppertaler Stadtwerke zwischen Ronsdorf und Clarenbach Gittermasten aus Metall gegen neue aus Beton und sanierten einen Kilometer Gleis zwischen Halbach und Stollen.

Der Personenverkehr auf der ländlichen Strecke spielte eher eine untergeordnete Rolle. Hauptachse war die Verbindung zur Schönen Aussicht in Remscheid, die in Clarenbach von der RME-Strecke abzweigte und von 1949 an als Linie 10 firmierte. Nach Müngsten war offiziell bereits Ende 1938 die letzte Straßenbahn gefahren – die Verbindung dorthin hatte allenfalls für Sonntagsausflügler eine gewisse Bedeutung besessen.

Am 17. Juni 1954 wurde die Strecke auf den Abschnitt bis Clarenbach eingekürzt. Noch knapp zwei Monate vor dem Ende des Gütertransports kam am 5.  Juni 1959 das Aus für die Tram. Die Stilllegung der Zahnradbahn, die den Verlust einer direkten Verbindung vom Toelleturm nach Barmen bedeutete, führte zur vorgezogenen Umstellung der Linie auf Busbetrieb.

Auf dem Stadtplan markiert ist die Position des ehemaligen Unterwerks (Adresse: Lenhartzhammer 6, 42899 Remscheid). Mit öffentlichen Verkehrsmitteln ist die Fundstelle mit der Buslinie 670 erreichbar (Haltestelle: Halbach).

Stadtplan auf Openstreetmap

 

Literatur

  • Gerd Wolff / Lothar Riedel: Deutsche Klein- und Privatbahnen. Band 5: Nordrhein-Westfalen. Freiburg 1998 (S. 158-163, 167)
  • Alfred Scheerer: Chronik der Remscheider Straßenbahn. Wuppertal 1954 (S. 18-22, 71, 74)
  • Bernhard Terjung: Straßenbahnen in Wuppertal. Nordhorn 1997 (S. 109-119)