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Auf den Spuren stillgelegter Straßenbahnstrecken

Viersen: Betriebshof Süchteln

Stillgelegt: 1955
Status: Depotgebäude noch vorhanden (Stand: September 2019)

[01] Ehemaliges Depotgebäude an der Vockelsteinstraße
September 2019  © Tramtracks

Bei diesem Bauwerk dürfte es sich wohl um das schmalste noch erhaltene Depotgebäude im Tramtracks-Sektor handeln. Nur knapp zehn Meter breit und gut 45 Meter lang liegt es nur wenige Gehminuten von Süchtelner Ortskern entfernt. Es markierte auch den nördlichen Endpunkt des ausgedehnten Streckennetzes der VSB. Das Kürzel steht für Vereinigte Städte-Bahn und war ein Gemeinschaftsbetrieb, den München-Gladbach, Viersen, Dülken und eben Süchteln Anfang des 20. Jahrhunderts gebildet hatten. Der Ort stellte mit einem Anteil von lediglich acht Prozent bei damals 9.000 Einwohnern sozusagen den Juniorpartner dar. Am 21. März 1907 wurde die 3,7 km lange Strecke vom Alten Markt in Viersen nach Süchteln eingeweiht. Zunächst war auch eine Weiterführung bis Vorst geplant, 1910 sogar eine Verlängerung über Grefrath nach Lobberich, aber nichts davon wurde tatsächlich realisiert.

Nachdem sich die Wagen auf der Hochstraße durch den engen Süchtelner Ortskern gezwängt hatten, verzweigte sich am Süchtelner Stadtgarten die Strecke: Rechts auf der Grefrather Straße lag das Kehrgleis, links ging es in einem Bogen in den Betriebshof. Die Wagenhalle hatte zwei Gleise. Hier waren nachts Wagen untergestellt, die auf der Linie 9 ausrückten. Sie führte über Jahrzehnte hinweg im 20-Minuten-Takt über Viersen nach Mönchengladbach-Lürrip.

 

[02] Südseite des Depotgebäudes
September 2019  © Tramtracks
[03] Stirnseite des Depotgebäudes von der Johannisstraße aus gesehen
September 2019  © Tramtracks

Das größtenteils eingleisig am Straßenrand mit Ausweichen angelegte Streckennetz kam Anfang der 1950er-Jahre auf den Prüfstand. Rheydt liebäugelte mit dem Aufbau eines O-Bus-Netzes, um die Tram zu ersetzen. Unterdessen überlegten die Stadtwerke Mönchengladbach 1952 den Kauf neuer Einrichtungs-Großraumwagen, die auf die Linie 9 sollten – allerdings für den zentralen Abschnitt zwischen Mönchengladbach und Viersen. Dazu hätte man an den Endstellen allerdings noch Wendeschleifen anlegen müssen. Nach Süchteln kamen nur zweiachsige Trieb- und Beiwagen. Die Strecken nach Süchteln und Dülken waren vergleichsweise wenig ausgelastet. Die VSB schrieb rote Zahlen und entschloss sich, zum 31. Juli 1955 beide Außenäste auf Busbetrieb umzustellen. Das Depot in Süchteln wurde noch eine Weile genutzt, um Gelenkbusse dort abzustellen. Dazu erhielt die Rückfront der Wagenhalle nachträglich einen Zugang, um Rückwärtsfahrten durch den engen Bau zu vermeiden.

Das alte Gemäuer gehört inzwischen der Firma Thürlings, die Verpackungsmaschinen herstellt. Zur Johannisstraße hin ist die Einfahrt zum Betriebshof vermutlich in den 1970er-Jahren mit einem Einfamilienhaus überbaut worden (Johannisstraße 7). Das Wohnhaus wurde direkt vor das linke Depottor gesetzt, so dass der Schriftzug "Anno 1907" verdeckt ist. An der Stirnseite kann man aber noch die verblichene Inschrift "...bahn Vier-Süchteln" entziffern.

Auf dem Stadtplan markiert ist die Lage des Depotgebäudes zwischen Vockelstein- und Johannisstraße. Die nächstgelegene Bushaltestelle Johannisstraße (Linien 009, 019 und 083).

Stadtplan auf Openstreetmap

 

Literatur

  • Jürgen Lehmann: Straßenbahn in Mönchengladbach. Nordhorn 1997 (S. 29-30, 32, 34, 39, 53, 62, 68, 90, 103, 108)
  • Dieter Höltge / Michael Kochems: Straßen- und Stadtbahnen in Deutschland. Band 9: Niederrhein. Freiburg 2004 (S. 239, 243)