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Auf den Spuren stillgelegter Straßenbahnstrecken

Wuppertl: Alter Markt Barmen

Stillgelegt: 1987
Status: Fußgängertunnel nicht mehr zugänglich, Trasse noch erkennbar (Stand: April 2018)

[01] Zugang zur Unterführung am Alten Markt auf der Südseite der Höhne
Juli 2005  © Tramtracks

Der Alte Markt in Barmen war einst ein zentraler Knotenpunkt für den Straßenbahnverkehr. In den 1950er-Jahren verzweigten sich dort die Strecken nach Hatzfeld, Oberbarmen und Heckinghausen. Mit der zweigleisigen Führung über die breite Straße Höhne und nach Stilllegung der Gleise durch die Barmer Altstadt entstand eine neue Haltestellenanlage im Schatten des Schwebebahngerüsts. Für Fußgänger wurde die viel befahrene Straße untertunnelt. Dieser Durchgang blieb auch noch etliche Jahre nach dem Aus für die Straßenbahn am 30. Mai 1987 offen, bis die Unterführung am 18. Juni 2004 endgültig mit Rollgittern abgesperrt wurde.

Die großstädtische Kreuzung Höhne/Steinweg/Fischertal ist ein Ergebnis der Verkehrsplanung der Sechziger: Die Bundesstraße 7 wurde zu einer Autoschneise. Von 1963 bis 1967 war das Areal eine Großbaustelle. Für die Tram bedeutete dies von 1964 an einen Umweg: Auf der Fahrt von Elberfeld nach Oberbarmen bogen die Bahnen aus der Friedrich-Engels-Allee in die Straße Fischertal ab, um über Am Clef und Rolingswerth wieder auf die angestammte Strecke zu gelangen. Am 21. August 1967 war dann der bis zur Stilllegung gültige Zustand hergestellt.

[02] Unterführung auf der Nordseite der Höhne
Juli 2005  © Tramtracks

Auf der Nordseite der Höhne, also direkt am Alten Markt, gab es einen weiteren Zugang zur Unterführung, der ebenfalls abgeriegelt wurde. Zuvor gab es im Tunnel acht kleinere Läden – unter anderem einen Friseur, einen Copyshop sowie einen Konditor, der schon seit der Eröffnung des Tunnels dort seine Backstube hatte. Als man dann für Fußgänger eine Querung der Höhne über Tage schuf, schwand die Laufkundschaft schlagartig. Zuletzt hatten nur noch drei Geschäfte geöffnet, die von ihren Stammkunden lebten. Je weniger Läden die Passage mit Leben füllten, umso mehr wurde das Tunnelsystem zu einem Angstraum mit kahlen Wänden und fahlem Neonlicht, den man abends besser mied und von dem man sich am Ende gerne trennte, schließlich schluckte der Unterhalt der Unterwelt auch Geld.

Nach der Stilllegung der Straßenbahn in Wuppertal nutzt zumindest eine ganze Reihe von Buslinien den ehemaligen Bahnkörper in der Mitte der Höhne. Als der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) 1980 an den Start ging, fuhren hier noch fünf Tram-Linien: die 602 und 606 zur Schleife Weiherstraße, die 608 und 611 nach Langerfeld zur Dieselstraße sowie die 601 zur Lenneper Straße nach Heckinghausen.

[03] Höhne/Ecke Rolingswerth
Dezember 2007  © Tramtracks
[04] Haltestelle Alter Markt auf der Höhne
April 2018  © Tramtracks

Auf dem Mittelstreifen der Höhne gab es einen bemerkenswert schmalen Zugang, der aus dem Fußgängertunnel hoch zur Tram-Haltestelle führte. Die Treppe diente später als Notausgang für die Gastronomie "Andinos" auf der Nordseite der Höhne. Der dort befindliche Zugang zur Unterführung wurde einfach überbaut. Der Stollen diente angeblich als Lagerraum für das im Juli 2007 eröffnete Bistro. Über dessen Neubau gab es geteilte Meinungen. Der weiße Quader schirmte einerseits den Alten Markt vom Verkehrslärm der Höhne etwas ab. Kritiker monierten andererseits das Zubauen und Einengen des Stadtplatzes. Das "Andinos" schloss bereits wieder nach sehr kurzer Zeit, seit 2008 verkauft in dem Gebäude ein amerikanischer Schnellimbiss Fastfood.

Die Unterführung, genauer gesagt: ein Nebenraum unter dem Geschäftshaus an der Ecke Höhne/Steinweg, beherbergt eine der zentralen Verkehrssteuerungen Wuppertals. Vor einigen Jahren kam es immer wieder vor, dass die Wupper bei Hochwasser dort eindrang und zahlreiche Ampeln in der Stadt auf Störung schalteten – was in ein Verkehrschaos mündete. Inzwischen tritt dieses Problem wohl nicht mehr auf. Das früher vom Kaufhof und später vom Elektronikhändler Saturn genutzte Gebäude besaß auch einen breiten Kundeneingang in der unterirdischen Passage. Von der Tram eine Treppe hinab und zehn Meter weiter, schon war man in der unteren Verkaufsetage.

[05] Zugang zur Unterführung am Alten Markt im Mittelstreifen der Höhne
April 2018  © Tramtracks
[06] Unterführung unter der Höhne mit dem verschlossenen Aufgang zur Haltestelle
April 2018  © Tramtracks
[07] Verschlossener Aufgang zur Haltestelle Alter Markt unter der Höhne
April 2018  © Tramtracks

Auf der Westseite der Kreuzung sind die Zugänge zur Unterführung noch offen. Die Passage nach Osten hin und damit auch zur Haltestelle sind aber mittlerweile durch eine Betonwand verschlossen worden. Die Stelle, an der sich der Durchgang befunden hatte, lässt sich immer noch leicht erkennen, da man hier darauf verzichtet hat, ihn mit passenden Fliesen zu verkleiden.

Ende der 1980er-Jahre, nachdem die Straßenbahn nicht mehr durch das Tal der Wupper fuhr, kam eine lebhafte öffentliche Diskussion zur Neugestaltung dieses zentralen Bereichs in Barmen auf. Die Idee war, eine durchgehende oberirdische Passage für Passanten vom Alten Markt bis zum Opernhaus zu schaffen – und die Autos dafür in einen Tunnel zu verbannen. Der Plan scheiterte im Stadtrat nicht unbedingt an den Kosten, sondern eher an der mangelnden Bereitschaft, sich von der Vision einer autogerechten Stadt zu lösen. Die Zeit war dafür eben noch nicht reif. Dabei war man in Barmen in Sachen moderner Stadtplanung einst ganz vorne mit dabei, als der parallel zur Höhne verlaufende Werth 1963 zur ersten Fußgängerzone in Westdeutschland umgewandelt wurde.

Auf dem Stadtplan markiert ist die Position der Haltestelle Alter Markt, die heute von nicht weniger als 15 Buslinien bedient wird. Ganz in der Nähe ist auch die gleichnamige Schwebebahn-Haltestelle, und der Bahnhof Wuppertal-Barmen befindet sich ebenfalls in fußläufiger Entfernung.

Stadtplan auf Openstreetmap

 

Literatur

  • Bernhard Terjung: Straßenbahnen in Wuppertal. Nordhorn 1997 (S. 46, 50-52, 56, 60)
  • Herbert Günther: Die Wuppertaler Straßenbahnen. Erfurt 2005 (S. 48)