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Auf den Spuren stillgelegter Straßenbahnstrecken

Wuppertal: Friedrich-Engels-Allee

Stillgelegt: 1987
Status: Unterführungen noch vorhanden, Trasse als Grünstreifen erkennbar (Stand: August 2007)

[01] Friedrich-Engels-Allee/Ecke Loher Straße
Oktober 2005  © Tramtracks

Der Grünstreifen, der in der Mitte der Friedrich-Engels-Allee zwischen Loher Straße und Alter Markt Barmen den früheren Bahnkörper markiert, ist nicht das einzige Relikt der Tram auf der Talachse. An der Kreuzung Loher Straße/Oskarstraße existiert noch ein Fußgängertunnel. Durch ihn gelangte man vom Bürger- zum Bahnsteig. Im autogerechten Wuppertal der Nachkriegszeit wollte man offensichtlich den Verkehrsfluss nicht durch Ampelphasen für Fußgänger hemmen.

Seit Januar 1896 folgte die elektrische Straßenbahn dieser Verkehrsader, die die damals noch selbstständigen Städte Barmen und Elberfeld miteinander verband. Die Straße hieß zunächst einfach nur Allee und erhielt nach einer rund 13-jährigen Episode als Adolf-Hitler-Straße 1946 schließlich den Namen Friedrich-Engels-Allee, zu Ehren des 1820 in Barmen geborenen Philosophen und Mitbegründers der kommunistischen Weltanschauung.

 

[02] Friedrich-Engels-Allee/Ecke Loher Straße
Oktober 2005  © Tramtracks
[03] Unterführung unter der Friedrich-Engels-Allee
Oktober 2005  © Tramtracks

Die Unterführung blieb auch nach Einstellung des Straßenbahnbetriebs offen. Die nutzlos gewordenen Aufgänge wurden lediglich durch zwei Metallstreben abgeriegelt. Abgesehen von der heutigen Verwahrlosung – der schmale Durchgang mag schon zu Zeiten, in denen die Straßenbahn noch fuhr, nicht sehr einladend gewirkt haben.

An der Loher Straße zweigte seit August 1914 eine 1,3 km lange Strecke zum Klinikum Barmen ab, die über Loher Brücke, Rudolfstraße, Schönebecker Straße und Sanderstraße zum Krankenhaus führte. Auf der Friedrich-Engels-Allee besaßen alle Straßenbahnlinien eine Haltestelle auf der Ostseite der Kreuzung. Gleisbett und Bahnsteige sind inzwischen begrünt. Auch der Zugang auf der Nordseite wurde später beseitigt, zugunsten einer zusätzlichen Linksabbiegerspur. Mitten auf der ehemaligen Trasse in Höhe der Haltestelle Loher Straße steht inzwischen eine Messstation, mit der das Landesumweltamt die Luftbelastung insbesondere durch den Autoverkehr untersucht.

[04] Ehemalige Haltestelle Loher Straße
Oktober 2005  © Tramtracks
[05] Zugang zur Unterführung vom Bahnsteig Richtung Elberfeld/Klinikum Barmen
Oktober 2005  © Tramtracks
[06] Zugang zur Unterführung vom Bahnsteig Richtung Alter Markt Barmen
Oktober 2005  © Tramtracks

Relativ schmal präsentierten sich die Treppenabgänge und zollten damit Tribut an die beengten Verhältnisse im Kreuzungsbereich. Die beiden Bahnsteige waren auch nicht viel breiter und boten dementsprechend den wartenden Fahrgästen wenig Komfort.

Der Abschnitt zwischen Loher Straße und Opernhaus war (gemeinsam mit dem kurzen Streckenstück vom Alten Markt in Barmen zum Rolingswerth) Anfang der 1980er-Jahre der am stärksten genutzte im regelspurigen Netz der Wuppertaler Stadtwerke: Hier fuhren alle fünf Linien. Westlich der Loher Straße mussten die Bahnen in der immerhin noch vierspurigen Hauptstraße im Verkehr mitschwimmen, denn für einen zusätzlichen eigenen Bahnkörper war die Friedrich-Engels-Allee dort nicht breit genug – oder man hätte dem Autoverkehr eben zwei Fahrspuren wegnehmen müssen. Dieser Abschnitt ist der städtebaulich attraktivere mit prächtigen Villen und Schieferhäusern, insgesamt rund 80 Baudenkmälern, die man für eine Verbreiterung auch nicht opfern konnte.

Die zuletzt von den Linien 602 und 608 befahrene Zweigstrecke durch den Stadtteil Loh wurde am 15. Juni 1985 aufgegeben. Die Talbahn hatte noch knapp zwei weitere Jahre Gnadenfrist.

[07] Zugang zur Unterführung auf der Friedrich-Engels-Allee in Höhe Engelsstraße
Oktober 2005  © Tramtracks
[08] Unterführung unter der Friedrich-Engels-Allee in Höhe Engelsstraße
Oktober 2005  © Tramtracks
[09] Zugang zur Unterführung auf der Friedrich-Engels-Allee in Höhe Engelsstraße
Oktober 2005  © Tramtracks

Gut 500 Meter weiter östlich in Höhe Engelsstraße gibt es noch eine Unterführung, die sogar eine Rampe für die barrierefreie Unterquerung der Friedrich-Engels-Allee besitzt. Die Spuren der Bahnsteige sind beseitigt worden. In der Unterführung erkennt man allerdings die beiden zugemauerten Aufgänge zwischen den Glasbausteinfronten. Die Haltestelle Adlerbrücke bezieht sich im Namen auf den nahegelegenen Übergang über die Wupper, wo sich auch die Schwebebahnstation befindet.

Die angebliche wechselseitige Konkurrenz der beiden Verkehrsträger Straßen- und Schwebebahn wurde in den 1980er-Jahren gerne als ein Argument ins Feld geführt, um sich von der Wuppertaler Tram zu trennen. Zumindest auf der Talachse verkehrten sie auch parallel zueinander – mal mehr, mal weniger. An der Adlerbrücke lagen die Haltepunkte fast nebeneinander. Die Station Loher Brücke lag dagegen 300 Meter nördlich der Straßenbahnhaltestelle Loher Straße. Bei der Tram lagen die Haltepunkte näher beieinander, ihr Netz war etwas feinmaschiger als die von der Konzeption eher einer U-Bahn ähnelnden Schwebebahn.

[10] Friedrich-Engels-Allee in Höhe Adlerbrücke
Oktober 2005  © Tramtracks
[11] Friedrich-Engels-Allee in Höhe Adlerbrücke
Oktober 2005  © Tramtracks

Der östliche Teil der Friedrich-Engels-Allee zeugt noch heute von den Modernisierungsideen: Ein kurzer Abschnitt zwischen Adlerbrücke und Opernhaus wurde bereits Ende der 1950er-Jahre auf einen eigenen Bahnkörper verlegt. 1970 war die Friedrich-Engels-Allee dann zwischen Altem Markt und Loher Straße komplett ausgebaut: In der Mitte der breiten Bundesstraße 7 hatte die Straßenbahn ihre unabhängige Trasse. Auf Elberfelder Gebiet gab es mit der Bundesallee ein Pendant dazu. Allerdings hielt sich der Anteil eigener Gleiszonen im Wuppertaler Netz stark in Grenzen und hätte sich auch aufgrund der Topografie der Stadt kaum erweitern lassen – zumindest nicht ohne den Autoverkehr massiv einzugrenzen.

Die Ost-West-Hauptachse gehörte zum letzten Teil des Streckennetzes, von dem die Wuppertaler am 30. Mai 1987 Abschied nehmen mussten. Geblieben sind selbst nach so langer Zeit immer noch erstaunlich viele Relikte, so auch in luftiger Höhe: Die für Wuppertal typischen, sehr hohen Masten mit den sternförmig verteilten Leuchtkörpern zeigten noch die Befestigungen für die Abspannung der Oberleitung.

Auf dem Stadtplan markiert ist die Position der ehemaligen Straßenbahnhaltestelle Loher Straße. Die Busse der Linien 611 und 640 halten heutzutage am Fahrbahnrand. Von der Einmündung der Loher Straße aus ist der ehemalige Bahnkörper bis zum Alten Markt Barmen als Grünstreifen noch erkennbar.

Stadtplan auf Openstreetmap

 

Literatur

  • Bernhard Terjung: Straßenbahnen in Wuppertal. Nordhorn 1997 (S. 46-47, 52, 107-108)
  • Eckehard Frenz / Wolfgang R. Reimann: Tram-Revue Wuppertal 1952-1962. Wuppertal 2010 (S. 150, 154)