Natürlich wäre es fantastisch, wenn man es ganz genau wüsste: was Rassismus ist. Am besten, es gäbe einen Lackmustest: Man zapft dem Verdächtigen ein Tröpfchen Blut ab, bringt es auf einen Streifen auf, und wenn dieser sich braun verfärbt, steht fest: "Sie sind leider Rassist, bitte stellen Sie sich an den Schandpfahl!"

Doch so einfach ist es nicht. Auch hier gilt die Unschärferelation: Der Akt der Beobachtung beeinflusst das Testergebnis.

Die Journalistin Mithu Sanyal, indischer Phänotyp, hat das dieser Tage in ihrer Kolumne in der taz illustriert. Dabei geht es um eine Szene in Wales auf einem Amt, auf dem ihr etwas verweigert wird, das man ihrem weizenblonden Freund zuvor umstandslos zugestanden hatte. "Ämter", schreibt Sanyal, "sind zu mir deutlich weniger zuvorkommend als zu ihm mit seiner milchweißen Haut und seinem Haar wie gesponnenem Honig. Und er beweist, dass er der Mann meines Lebens ist, indem er nicht fragt: 'Bist du sicher, dass das Rassismus war?' Denn natürlich bin ich mir nicht sicher." Die Geschichte ist so gut, weil sie die Ambivalenz offenhält.