Die Vanderbilt University in Nashville im Bundesstaat Tennessee hat in ihrer 150-jährigen Geschichte schon einige Erfolge erzielt. Kürzlich hat ein internationaler Verband öffentlicher Gärten etwa die Grünflächen auf dem Campus ausgezeichnet. Bei der Lehre rangiert das College unter den 20 besten Universitäten des Landes. Zuletzt war die Vanderbilt, die von ihren 13.000 Studierenden nur "Vandy" genannt wird, allerdings wegen eines anderen, zweifelhaften Rekords in den Schlagzeilen.

Es ist das erste College – so werden in den USA die Hochschulen genannt, die sich an die Highschool anschließen –, an dem die jährlichen Studienkosten 100.000 Dollar übersteigen. Enthalten sind darin zwar neben den Studiengebühren auch die Miete fürs Wohnheim, das Essen in der Mensa sowie Büchergeld und Gesundheitsversorgung. Trotzdem sind insgesamt 400.000 Dollar ein stolzer Preis, um nach vier Jahren den niedrigsten akademischen Titel, den Bachelor, zu erhalten. Und die Vanderbilt ist ja nur ein Beispiel dafür, wie teuer es geworden ist, in den USA ein College zu besuchen. Studierende an privaten Colleges zahlen durchschnittlich 55.000 Dollar jährlich, an staatlichen Instituten sind es rund 29.000 Dollar. Kommunale Colleges sind günstiger, jedoch schlechter angesehen.

Die Bedeutung der Universitäten in den USA kann man kaum überschätzen. Das College-Studium gehört zum American Dream wie das eigene Haus. Die Alma Mater wird zum Teil der Identität, Absolventen zeigen ihre Verbundenheit oft durch Spenden. "Wo haben Sie studiert?" ist eine beliebte Frage beim Kennenlernen. Vor allem aber entscheidet das Studium an der Universität maßgeblich über die Berufsaussichten, also die finanzielle Zukunft.

Kein Wunder also, dass die Tatsache, dass sich viele Jugendliche das Studium am College nicht mehr leisten können, längst politische Auswirkungen hat. Donald Trump versucht gezielt Wähler ohne College-Abschluss anzusprechen. Hier zieht sein Populismus besonders gut. Die gestiegenen Bildungskosten könnten die Präsidentschaftswahl mitentscheiden.

1.602 Milliarden Dollar gesamte Summe der ausstehenden Studentenkredite

In keiner Industrienation ist die universitäre Ausbildung so teuer wie in den USA. Das zeigen Statistiken der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung: 36.000 Dollar pro Studienplatz waren es 2020, aktuellere Daten gibt es nicht. Zum Vergleich: Deutschland liegt mit 20.000 Dollar knapp über dem Durchschnitt. Viel entscheidender ist jedoch, dass amerikanische Studenten, anders als die deutschen, einen großen Teil der Kosten selbst tragen müssen.

Der Preis für das College-Studium ist zwischen 1980 und 2020 um knapp 170 Prozent gestiegen. Das mittlere Familieneinkommen wuchs im gleichen Zeitraum jedoch lediglich um 40 Prozent. Für die Kinder der Wohlhabenden stellen die immer höheren Kosten kein Problem dar, Studenten aus Haushalten mit niedrigem Einkommen bekommen – bei entsprechenden Leistungen – die Gebühren meist erlassen. So trifft die finanzielle Belastung vor allem die Mittelschicht. Familien seien bereit, nahezu alles zu tun, um einen College-Abschluss für ihren Nachwuchs zu sichern, sagt Caitlin Zaloom. Die Anthropologin hat eine Studie zur College-Kostenexplosion durchgeführt: "Viele nehmen einen zweiten Job an oder pumpen Verwandte und Freunde an." Eine Familie habe ihr erzählt, dass sie die Kirchengemeinde um Spenden gebeten habe, um dem Sohn das Studium zu ermöglichen. Viele leihen sich das Geld. Inzwischen belaufen sich die ausstehenden Studentenkredite auf 1,6 Billionen Dollar, so viel wie die jährliche Wirtschaftsleistung der Niederlande und Belgiens zusammen.

74.464 Dollar mittleres jährliches Einkommen für College-Absolventen mit einem Bachelorabschluss. 20 Jahre brauchen Studierende im Schnitt, bis sie ihre Kredite getilgt haben

Überraschend ist dieser Einsatz nicht: Wer ein Studium vorweisen kann, hat auf dem amerikanischen Arbeitsmarkt deutlich bessere Chancen. Zwar erwartet das US-Arbeitsministerium über die nächsten Jahre eine stark wachsende Nachfrage für Tätigkeiten, für die kein Diplom nötig ist. Über 800.000 zusätzliche Pflegekräfte werden bis 2032 gebraucht. Doch das mittlere Jahreseinkommen für Pfleger und Pflegerinnen beträgt nur 33.000 Dollar. Industriemechaniker und Elektriker, die ebenfalls gesucht werden, verdienen zwar immerhin 60.000 Dollar. Allerdings ist das mittlere Jahresgehalt für einen studierten Elektroingenieur mit 110.000 Dollar fast doppelt so hoch. Die amerikanische Rentenkasse Social Security kalkuliert, dass Männer mit einem Bachelorabschluss im Laufe ihres Erwerbslebens rund 900.000 Dollar mehr verdienen als Männer, die nur einen Highschool-Abschluss haben. Bei Frauen beträgt die Differenz 630.000 Dollar. Auch die Jobsicherheit der Studierten ist höher. Derzeit liegt die Arbeitslosenquote von Arbeitnehmern mit College-Abschluss bei 2,2 Prozent, für Arbeitnehmer ohne ist sie mit 4 Prozent fast doppelt so hoch. College-Absolventen sind häufiger verheiratet und lassen sich weniger scheiden. Und sie leben deutlich länger. Ihre Lebenserwartung beträgt 83 Jahre gegenüber 75 Jahren für Amerikaner ohne Abschluss.

Es scheint zwei Amerikas zu geben: eines für die Studierten und eines für die Menschen, denen die höhere Bildung verwehrt bleibt.