Die geplante Abstimmung über eine von der EU-Kommission vorgeschlagene sogenannte Chatkontrolle zur Bekämpfung von sexueller Gewalt gegen Kinder ist kurzfristig vertagt worden. Es gebe nicht die nötige Mehrheit für eine Einigung, teilte der belgische EU-Ratsvorsitz mit.

Zuletzt hatte es so ausgesehen, als sei zumindest eine vorläufige Einigung auf die Chatkontrolle möglich. Deshalb war eine Abstimmung der Ständigen Vertreter der Mitgliedsländer angesetzt worden. Hintergrund waren Zugeständnisse an Frankreich, das den EU-Beschluss zusammen mit Deutschland und anderen Ländern bisher verhindert hatte.   

Die EU-Kommission hatte 2022 einen Vorschlag vorgelegt, wonach Anbieter wie Google oder Facebook unter bestimmten Umständen verpflichtet werden können, ihre Dienste mithilfe von Software nach Inhalten mit sexueller Gewalt an Kindern zu durchsuchen. Kritiker sprechen von einer "Chatkontrolle" und fürchten eine unkontrollierte Überwachung. An diesem Donnerstag wollten sich die EU-Staaten erneut mit dem Thema befassen.

Widerstand aus Deutschland

Deutschland hatte zuvor bereits angekündigt, gegen die Chatkontrolle zu stimmen zu wollen. "Die sogenannte Chatkontrolle lehnen wir ab", sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD). Deutschland werde im Rat deshalb mit Nein stimmen, wenn es beim aktuellen Vorschlag bleiben sollte. Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) warnte vor dem anlasslosen Ausspähen privater Onlinechats. Eine solche Chatkontrolle sei "mit einem liberalen Rechtsstaat nicht vereinbar", schrieb Buschmann bei X. 

Auch in anderen Ländern regte sich Widerstand. In einem offenen Brief appellierten 36 Politikerinnen und Politiker aus Europa an die EU-Mitgliedsstaaten, gegen die sogenannte Chatkontrolle zu stimmen. Man sei überzeugt, dass die vorgeschlagenen Maßnahmen mit den europäischen Grundrechten unvereinbar seien, hieß es in dem Papier. "Wir setzen uns für den Schutz des Rechts auf anonyme und pseudonyme Nutzung des Internets sowie für die Stärkung der Ende-zu-Ende-Verschlüsselung ein."