Tracey Emin sitzt im Halbdunkeln ihrer Küche leicht vorgebeugt auf einer Stuhlkante, so, als ruhe sie sich kurz von einer anstrengenden Arbeit aus. "Hi", sagt sie, als ihr Assistent mich hereinführt. Ihre Stimme ist hell und leise. Gemessen daran, wie unverblümt und roh einige ihrer berühmtesten Arbeiten sind, wie schamlos Emin auch immer über ihren Körper und ihre Sexualität gesprochen hat, wirkt sie in diesem ersten Moment überraschend scheu. "Das ist Teacup", stellt sie eine der zwei Katzen vor, die umherstreifen, die andere heißt Pancake. Emin, 60, trägt ein weites T-Shirt, bedruckt mit "Tracey" und der Zahl 69, eine schwarze Joggingschlaghose und graue Plüschpantoffeln. Seit einer schweren Blasenkrebserkrankung vor vier Jahren muss sie einen Urinbeutel benutzen, den man nicht sieht, aber manchmal unter ihrem T-Shirt knistern hört.