Was früher als Kinderproblem galt, ist inzwischen auch eine Erwachsenendiagnose: ADHS. Doch nicht alle, die davon überzeugt sind, haben wirklich ADHS, sagt der kanadische Psychiater Anthony Yeung. Er hat erforscht, welche Rolle die sozialen Medien dabei spielen.

ze.tt: Anthony Yeung, seit ein paar Monaten scheint es, als hätten in den sozialen Medien viele Menschen ADHS. Warum ist das so?

Anthony Yeung: Das hat unterschiedliche Gründe. Die Pandemie hat verändert, wie wir arbeiten, lernen und miteinander interagieren. Wir mussten zu Hause auf Bildschirme starren und konnten so gut wie nicht rausgehen. Dabei haben sich viele Menschen gefragt, warum sie sich beispielsweise während Zoom-Konferenzen nicht konzentrieren können. Und für einige war dieses Konzentrationsproblem so groß, dass sie zum Arzt gegangen sind. Deshalb wurden mehr Menschen mit ADHS diagnostiziert als vor der Pandemie. Zumindest ist das in den USA und in Kanada so, das Bewusstsein für ADHS ist hier zurzeit enorm. Außerdem haben wir in der Pandemie gelernt, offener über unsere mentale Gesundheit zu sprechen.