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Was interessiert junge Sammler?

Ein Gespräch mit Preisträgerin Elisabeth Wittkowski

Germanistik-Studentin Elisabeth Wittkowski wurde 2022 mit dem Preis für junge Sammlerinnen & Sammler des Verbandes Deutscher Antiquare ausgezeichnet. Unser Gespräch mit der Preisträgerin bietet Inspiration und Tipps für junge Sammler und solche, die es werden wollen.

Fragen und Antworten

Was hat Sie dazu bewegt, eine Sammlung zu Elton John anzulegen?

Eigentlich habe ich als Musikhörerin angefangen. Heißt, ich habe mir seine Alben in Plattenläden zusammengesucht. Zuerst CDs, aber mit dem ersten Vinyl kam dann auch die Faszination für Materialität: Booklets, Poster, Werbezettel. Und wo das herkommt, gibt es noch so viel mehr: Zeitschriften, Notenbücher, Programmhefte. So wurde dann aus einem Stapel CDs schnell eine Elton-John-Sammlung.

Elton John-Sammlung
Sammlung Elisabeth Wittkowski

Was war das erste Objekt Ihrer Sammlung?

Das war das Album Rock of the Westies auf Vinyl. Ich besaß noch gar keinen Plattenspieler, als ich es im Laden gesehen habe, aber das 12 Zoll große Cover hat mich sofort überzeugt: Für genau dieses Format wurde das Design entworfen. Weil es mir hier zum ersten Mal nicht um den Inhalt ging, den ich zum Beispiel auch digital hätte sehen und hören können, sondern um den konkreten Gegenstand Schallplatte, würde ich dieses Album als das erste Objekt meiner Sammlung bezeichnen.

Auf welches Objekt sind Sie besonders stolz und warum?

Auf diese Frage habe ich jeden Tag eine andere Antwort, denke ich. Jetzt denke ich an das Notenbuch The Songs of Elton John and Bernie Taupin von 1971, das zu den ersten Objekten meiner Sammlung gehört, die keine Schallplatten waren. Das Buch ist wunderbar exemplarisch für den frühen Elton John: Es beinhaltet Noten der ersten drei Alben und fasst damit sein Frühwerk zusammen. Dazu hat es einen umfangreichen Bildteil voller selten abgedruckter Portraits. Das Buch hat im Grunde den Ton für meine Sammlung gesetzt: Früher Elton John, Druckerzeugnis, viele Bilder.

Muss man viel Geld in die Hand nehmen, um eine Sammlung anzulegen?

Nein, das ist nicht nötig! Natürlich wecken die teuren, seltenen und perfekt erhaltenen Sammlerstücke Begehrlichkeiten. Eine Sammlung zeichnet sich meiner Meinung aber dadurch aus, dass sie Geschichten erzählt: So etwas wie Oscar-Wilde-Ausgaben aus den 1960er und 70er Jahren mit jugendstilartigen Coverdesigns zum Beispiel kosten oft nur ein paar Euro pro Exemplar und sagen viel über die Rezeption in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhundert aus. Deshalb würde ich sagen: Statt viel Geld sollte man eher die Bereitschaft haben, sich in ein Thema reinzufuchsen.

Wo und wie suchen Sie nach Objekten?  

Ich gehe unglaublich gerne in Antiquariate und Plattenläden, auch wenn ich hierzulande selten Elton-John-Ephemera finde. Die systematische Suche findet bei mir deshalb hauptsächlich online statt: Auf den Seiten von Händler*innen, Verkaufsplattformen für Antiquarisches, und bei Online-Auktionen.

Haben Sie Ihre Sammlung schon anderen gezeigt? 

Auf Instagram habe ich einen Account, auf dem ich Stücke aus meiner Sammlung teile. Was ich an der Community auf Instagram so schätze, ist, dass nicht zwischen Fans und Sammler*innen unterschieden wird – eine Unterscheidung, die ich ohnehin etwas elitär finde. Jede*r kann mitreden und durch die Vielfalt der Perspektiven findet man so manchmal gemeinsam Informationen heraus, die ich allein nie gefunden hätte.

Fillmore East Programm (1971)
Fillmore East Programm (1971)

Was bereitet Ihnen die größte Freude beim Sammeln?

Das Recherchieren. Es tun sich ganze Welten auf, wenn man hartnäckig die Geschichte eines Objekts recherchiert. Man lernt eine Zeit, in meinem Fall meist die erste Hälfte der 1970er Jahre, über Details – im Grunde durch Alltagsgeschichte – kennen und das fühlt sich für mich sehr nah und persönlich an.

Haben Sie Tipps für angehende SammlerInnen?

Ich achte darauf, dass meine Sammlung einen oder mehrere rote Fäden hat. So kann ich einerseits besser entscheiden, was ich haben möchte, und kann andererseits einzelne Objekte zueinander in Beziehung setzen. Ansonsten: einfach draufloslegen und sich von Objekten selbst inspirieren lassen! Mal regt Verlagswerbung in einem Buch dazu an, andere Bücher aus demselben Verlag zu suchen, oder verschiedene Bilder von derselben Veranstaltung werden in einzelnen Zeitschriften abgedruckt, sodass man mit etwas Rechercheaufwand eine ganze Serie zusammensammeln kann…

Worauf freuen Sie sich besonders, wenn Sie im Sommer die Antiquariatsmesse Stuttgart in Ludwigsburg besuchen?

Auf die Menschen, die Stimmung, den Austausch. Und natürlich auch auf die Bücher: An einer Messe ist die Möglichkeit schön, einmal durch die ganze Geschichte durchstöbern zu können, ohne ein Schlagwort im Kopf zu haben. Ganz besonders freue ich mich aber darauf, mich mit Leuten zu unterhalten, die ich nur vom Namen her oder nur aus Zoom-Meetings kenne.

Elisabeth Wittkowskis Sammlung zu Elton John


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Tour-Programm (1973)
In diesem schlichten, schwarz-weiß gedruckten Programmheft für Elton Johns Tour in Großbritannien im Frühjahr 1973 werden seine Kompositionen mit dem Werk von Lennon/McCartney verglichen
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The Songs of Elton John und Bernie Taupin (1971), Cover
Besonders an diesem Notenbuch ist, dass alle Beteiligten namentlich erwähnt werden – inklusiver derer, die die Noten transkribiert haben (Joe Abbé und Dan Fox) und für Layout und Design (David Larkham und Sybil D’Orsi) zuständig waren.
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Pressfoto, Ed Caraeff (1970, dieser Abzug vermutlich 1972)
Caraeff hat dieses Portrait im August 1970 im Continental Hyatt House in Los Angeles vor dessen ersten Auftritt einer Reihe von Konzerten im Rockclub Troubadour aufgenommen. 1972 wurde es für das Cover des Albums Honky Château verwendet.
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Fillmore East Programm (1971), Cover
Nachdem Elton John im November 1970 kurz nach seinem Erfolg mit den Troubadour-Konzerten im Fillmore East zusammen mit seinem Vorbild Leon Russell auftrat, kehrte er wenige Monate später für drei Abende zurück. Neben der noch dreiköpfigen Elton-John-Band spielten an diesen Tagen Seatrain und Wishbone Ash.
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Fillmore East Programm (1971), Innenteil
Auf 14 sepiabraun bedruckten Seiten finden sich Anzeigen, die noch im typischen psychedelischen Stil der späten 1960er Jahre gehalten sind.
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The Songs of Elton John and Bernie Taupin (1971), Innenteil
Das Buch ist wunderbar exemplarisch für den frühen Elton John: Es beinhaltet Noten der ersten drei Alben und fasst damit sein Frühwerk zusammen. Dazu hat es einen umfangreichen Bildteil voller selten abgedruckter Portraits.
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Pressefoto, Fotograf*in unbekannt (1971)
Dieses Pressefoto zeigt Elton John in der Fairfield Hall in Croydon, England am 28. März 1971. Das Konzert wurde für die Dokumentation Elton John: Mr. Superfunk (1971) für die Sendung Aquarius teilweise mitgefilmt.
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Tour-Programm (1973)
In diesem schlichten, schwarz-weiß gedruckten Programmheft für Elton Johns Tour in Großbritannien im Frühjahr 1973 werden seine Kompositionen mit dem Werk von Lennon/McCartney verglichen
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