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Späte Heirat zahlt sich nicht aus: Ehefrau wird keine Versorgung erhalten

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Haben im August 2015 auf dem Edersee geheiratet: Ursula Olbert und Klaus Michel haben damals noch nicht an das Witwengeld gedacht.
Haben im August 2015 auf dem Edersee geheiratet: Ursula Olbert und Klaus Michel haben damals noch nicht an das Witwengeld gedacht. © privat

Ein Lehrer-Ehepaar aus der Region Kassel kritisiert die aktuellen Regelungen zum Witwengeld als überholt. Weil das Paar erst spät geheiratet hat, wird die Frau keine entsprechende Versorgung erhalten.

Kassel – Klaus Michel (79) und Ursula Olbert (69) erinnern sich gerne an ihre Hochzeit vor neun Jahren. Auf einem Schiff auf dem Edersee steuerte das Paar, das seit 1998 zusammen ist, in den Hafen der Ehe. Bei der Hochzeit machten sich die pensionierten Lehrer keine Gedanken darüber, dass ihre späte Heirat Einfluss auf ihre Altersversorgung haben würde. Denn Witwen- beziehungsweise Witwergeld gibt es für Hinterbliebene hessischer Beamte nur, wenn die Beamten die Ehe vor dem Ruhestand und der Regelaltersgrenze (65) geschlossen haben. Weil Michel damals bereits 70 Jahre alt war, würde seine Frau nach seinem Tod kein Witwengeld erhalten. Die Versorgungsleistung ist das beamtenrechtliche Pendant zur Witwenrente.

Pendant zur Witwenrente: Witwengeld ist an Voraussetzungen geknüpft

„Ich finde dieses Gesetz völlig aus der Zeit gefallen“, sagt der heute 79-jährige Söhrewalder. Schließlich sei die klassische Versorgungsehe, auf die das Hessische Beamtenversorgungsgesetz abziele, die absolute Ausnahme. Es sei heutzutage auch wegen der steigenden Lebenserwartung nicht ungewöhnlich, dass Menschen auch noch im hohen Alter eine Ehe schließen, etwa weil sie – wie in ihrem Fall – erneut heiraten. Dabei gehe es in der Regel aber nicht ums Geld, sondern um die Liebe, finden beide.

„Hätte uns damals das Geld interessiert, hätten wir vor meinem 65. Geburtstag geheiratet. Wir waren schließlich seit 17 Jahren zusammen“, so Michel. Dem ehemaligen Schulleiter der Söhre-Schule in Lohfelden ist es wichtig, klarzustellen, dass seiner Frau und ihm durch das Gesetz keine finanzielle Notlage droht. „Wir sind bereits gut abgesichert, aber es gibt viele, die diese Regelung hart trifft. Deshalb muss sich etwas ändern.“

Michel hatte sich bei der Redaktion gemeldet, nachdem er kürzlich in der HNA vom Fall von Monika Diegler aus Kassel gelesen hatte. Die Witwe ist ebenfalls betroffen, weil ihr Mann bei der Eheschließung bereits die Altersgrenze erreicht hatte. Deshalb erhält Diegler statt eines Witwengeldes von 1420 Euro nur einen Unterhaltsbeitrag von 150 Euro, der laut Gesetz dem „Härteausgleich“ dienen soll. Auch das Paar war mehr als 25 Jahre zusammen, hatte sich aber erst zur Ehe entschieden, als der verbeamtete Mann 66 Jahre alt war.

Witwengeld: „Hätte uns damals das Geld interessiert, hätten wir vor meinem 65. Geburtstag geheiratet.“

Dass Diegler nur 150 Euro statt 1420 Euro erhält, liegt daran, dass bei der Festsetzung des Unterhaltsbeitrages viel stärker Erwerbs- und Erwerbsersatzeinkommen angerechnet werden als beim Witwengeld. Weil die Witwe hauptsächlich von einer Erwerbsminderungsrente von monatlich 1250 Euro lebt, fällt ihr Unterhaltsbeitrag so niedrig aus.

Diegler hatte deshalb bereits 2023 eine entsprechende Petition an den Hessischen Landtag geschickt. Sie hofft, dass die Gesetze entsprechend angepasst werden. Klaus Michel will Diegler bei ihren Bemühungen unterstützen. „Um die gesetzliche Regelung zu umgehen, habe ich mir vorgenommen, möglichst so lange wie meine Frau zu leben, damit der Versorgungsfall erst gar nicht eintritt“, sagt Michel und lacht.

Das Regierungspräsidium Kassel (RP), das für die Bearbeitung der Witwengeldanträge zuständig ist, verweist auf die Politik. „Eine Bewertung der einzelnen Rechtsvorschriften des Hessischen Beamtenversorgungsgesetzes kommt der Pensionsbehörde nicht zu. Ihr obliegt die Anwendung des geltenden Rechts auf konkrete Lebenssachverhalte“, so ein RP-Sprecher. (Bastian Ludwig)

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