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Konflikt USA-China
Was bedeuten die neuen US-Zölle für den Welthandel?

Die USA werfen China vor, mit verbilligten Produkten die Märkte zu fluten. US-Präsident Biden erhöht nun massiv die Einfuhrzölle auf Produkte aus China - darunter E-Autos, Halbleiter und Solarzellen. Der Verlierer könnte am Ende die EU sein.

16.05.2024
    E-Autos in verschiedenen Farben, alles Neuwagen, stehen auf einem Parkplatz.
    Chinesische E-Autos frisch aus der Fabrik so weit das Auge reicht: Diese Wagen in Nanning sind bereit zum Export. Die USA erhöht die Zölle für chinesische E-Autos auf 100 Prozent. (imago / NurPhoto / CFOTO)
    Mit der Ankündigung höherer US-Zölle auf Elektroautos und andere chinesische Waren verschärft sich der Handelskonflikt zwischen den USA und China. China habe Produkte stark subventioniert und werfe diese zu unfairen Niedrigpreisen auf den Markt, um andere Hersteller weltweit aus dem Geschäft zu drängen, sagte US-Präsident Biden in Washington. Damit begründete er, warum die Zölle stark steigen werden. Für Elektroautos will er sie zum Beispiel auf 100 Prozent (von aktuell 25 Prozent) anheben.

    Übersicht

    Warum führt US-Präsident Jo Biden Strafzölle gegen China ein?

    US-Präsident Biden sagte, amerikanische Hersteller investierten massiv in die Entwicklung von E-Autos. Er werde nicht zulassen, dass China diesen Markt mit unfairen Praktiken zerstöre und mit Billigware flute.
    Allerdings kann man sich auch sicher sein, dass der Wahlkampf eine große Rolle spielt. In sechs Monaten findet die US-Präsidentschaftswahl statt. Biden kann sich mit den Strafzöllen gegen China einer großen Zustimmung in der Bevölkerung sicher sein. Protektionistische Maßnahmen gegen China sind beliebt. Auch Bidens Vorgänger Donald Trump hatte Strafzölle verhängt - die weiterhin in Kraft bleiben. Noch vor vier Jahren hatte Biden diese scharf kritisiert. Nun hieß es aus dem Weißen Haus: China habe seine unfairen Handelspraktiken nicht abgestellt.

    Welche chinesischen Produkte sind von den US-Zöllen betroffen?

    Die Entscheidung von Biden betrifft gezielt Produkte in strategischen Bereichen der US-Wirtschaft. Nicht nur Elektroautos sind von den Strafzöllen betroffen, sondern auch:
    • Solarzellen: Die Zölle steigen in diesem Jahr von 25 auf 50 Prozent.
    • Hafenkräne: Für die großen Maschinen, die Schiffe be- und entladen, werden neue Zölle von 25 Prozent verhängt. Die US-Regierung will wieder mehr Hafenkräne im eigenen Land bauen.
    • Medizinprodukte: Für Spritzen und Nadeln wird neu ein Zoll von 50 Prozent eingeführt. Für einige Schutzmasken steigen die Zölle von bislang maximal 7,5 Prozent auf 25 Prozent. Bei medizinischen Handschuhen wird die Erhöhung von 7,5 auf 25 Prozent bis zum Jahr 2026 aufgeschoben.
    • Halbleiter: Die Zölle sollen bis zum Jahr 2025 von 25 auf 50 Prozent steigen. Aus China kommen in die USA zwar nicht die modernsten Chips - aber Halbleiter-Technik aus älteren Produktionsprozessen, die etwa in Autos oder Hausgeräten zum Einsatz kommt. Biden nimmt zugleich 39 Milliarden Dollar in die Hand, um neue Chip-Fabriken in den USA zu subventionieren. Das wird auch als Frage der nationalen Sicherheit gesehen.
    • Stahl und Aluminium: Für einige Metallprodukte steigen die Zölle von 7,6 auf 25 Prozent.
    • Batterien: Bei Lithium-Ionen-Akkus für Elektroautos sollen die Zölle in diesem Jahr von 7,5 auf 25 Prozent steigen.

    Wie reagiert China auf die US-Zölle?

    Aus Peking hieß es, die Zollerhöhungen seien vor allem eine symbolische Geste, mit der die Regierung Biden versuche, im immer härter werdenden Wahlkampf gegenüber China hart aufzutreten. Das Motiv der Strafzölle sei eindeutig innenpolitischer Natur. Schon die aktuellen Zölle hätten chinesische Fahrzeuge effektiv vom US-Automarkt ferngehalten. 
    Allerdings ließ das Handelsministerium in Peking auch mitteilen, dass entschlossene Maßnahmen ergriffen würden, um eigene Rechte und Interessen zu verteidigen.

    Droht ein neuer Handelskrieg: Wie reagieren Deutschland und die EU?

    Ein Zoll- und Handelsstreit könnte auch Europas Volkswirtschaften treffen. Die Angst: Wegen der hohen US-Strafzölle sucht China nach neuen Absatzmärkte. Beispiel Elektroautos: Da die Zölle auf chinesische Importe in den USA bisher schon relativ hoch waren, gibt es in den USA kaum chinesische E-Autos. Ein Zoll von 100 Prozent wird dazu führen, dass es in den USA praktisch gar keine chinesischen E-Autos mehr geben wird. Die hochsubventionierte chinesische Autoindustrie dürfte deshalb versuchen, ihre massenhaft produzierten Fahrzeuge verstärkt in Europa zu verkaufen. Bestimmte Branchen, wie die deutsche Stahlindustrie, klagen jetzt schon über massenhaften chinesischen Stahl, der sehr viel billiger ist.
    Die EU-Kommission reagierte zunächst zurückhaltend auf die angekündigten US-Zölle für Elektroautos aus China. Man nehme die Entscheidung zur Kenntnis und prüfe, welche Auswirkungen sie auf die EU haben könnte, sagte eine Kommissionssprecherin in Brüssel. Die Entscheidung, ob auch die EU Strafzölle erhebt, steht noch aus.
    Der Ökonom Guntram Wolff von der Universität Erfurt findet eine Prüfung angemessen, genauso Anti-Dumping-Maßnahmen. Er warnt jedoch vor Zöllen, die allein politisch motiviert seien. Das Risiko bestehe, dass dann der Handelskrieg eskaliere. "Wir wissen, dass Zölle wohlfahrtsvernichtend sind und wir wissen auch, dass das letztendlich große Risiken birgt, insbesondere, wenn es um die deutsche Autoindustrie in China geht“, sagt er. Die Situation in den USA sei eine andere, auch weil die tatsächlichen Lieferungen von chinesischen E-Autos in die USA schon vor der Zollerhöhung eher gering gewesen seien.
    Auch die Bundesregierung äußert sich zurückhalten. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) blieb beim Thema Zölle vage. Er verwies auf den "wechselseitigen Austausch" zwischen der Europäischen Union und China. "Europäische Hersteller sind erfolgreich auf dem chinesischen Markt und verkaufen auch sehr viele Fahrzeuge, die in Europa produziert werden, nach China", sagte Scholz. Zudem kämen 50 Prozent der aus China importierten Elektroautos von westlichen Marken, die dort produzieren.
    Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) wurde deutlicher. Er warnte die EU in der "Augsburger Allgemeinen" sogar davor, dem Beispiel der USA zu folgen. "Einen Handelskrieg durch Strafzölle zu beginnen, ist der falsche Weg", mahnte er.

    nba