Woanders ist das Gras auch nicht grüner
Nicht nur in Deutschland läuft’s nicht rund: US-Präsident Biden droht die Wut der Hausgeräte-Lobby, in Georgia wird der Strom knapp, und die Niederländer werden von Bürokratie erdrückt. Geteiltes Leid ist halbes Leid.
Wie im Kleinen so im Großen: Die Unbill der Berliner Politik wirkt gleich viel erträglicher, wenn es den Bürgern befreundeter Länder ähnlich ergeht. Derzeit hilft ein Blick nach Washington. „Joe Biden greift nach euren Haushaltsgeräten“, warnen Lobbyorganisationen und die republikanische Opposition die Amerikaner.
Der Grund: Die Regierung will für Klimaanlagen, Geschirrspüler und Waschmaschinen höhere Energiestandards festlegen. Ein angedrohtes Verbot von Gasbrennern ist bereits vorerst gestoppt, denn Hausbesitzer und Mieter sind in heller Aufruhr. Bis sich die Investition bei einer neuen Spülmaschine auszahle, sei das Gerät bereits wieder kaputt, rechnet die Hersteller-Lobby vor.
Es geht um die Verteidigung der Branche, gelten doch Hausgeräte „Made in USA“ bisher nicht gerade als Energiesparer – zur Freude von europäischen Importeuren wie Miele. Die Debatte jedenfalls erinnert stark an die aufgeregten Diskussionen um den „Heizungs-Hammer“ von Wirtschaftsminister Robert Habeck.
Auch der Blick in die Niederlande spiegelt deutsche Probleme. Der Regierungsbeirat zur Regulierungslastenermittlung – ja, den gibt es in Den Haag tatsächlich – erschreckt in seinem neusten Bericht mit hohen Zahlen: 275,4 Millionen Euro kosteten allein die im vergangenen Jahr neu erlassenen Vorschriften die Unternehmen des kleinen Nachbarlands, auf die Bürger entfielen zusätzlich 43,1 Millionen Euro.
2024 kamen durch das von der EU angestoßene Verbot von Einweg-Plastik in der Gastronomie noch einmal 850 Millionen Euro Kosten dazu – so viel auf einen Schlag wie seit Beginn der Erhebungen nicht. Entsprechend klagen so viele niederländische Unternehmer und Manager wie nie über den grassierenden „Regeldruk“, wie es auf Niederländisch so treffend heißt.
Und noch ein Bericht weckt Erinnerungen an deutsche Debatten: Aus dem US-Bundesstaat Georgia weiß das „Wall Street Journal“ in dieser Woche von einer drohenden Energieknappheit zu berichten. Der Staat braucht unter anderem deshalb mehr Strom, weil der Hamburger Kupferproduzent Aurubis dort ein neues Werk errichten will – eigentlich angelockt von den im Vergleich zu Europa exorbitant niedrigen Strompreisen.
Doch weil Georgia zugleich den Umstieg auf mehr erneuerbare Energie schaffen will, wird es langsam eng für Neuansiedlungen. Denn auch die Rechenzentren der großen IT-Konzerne ziehen immer mehr Energie aus dem Netz. Der Strompreis steigt bereits stärker als die Inflation.
Doch genug eskapistische Lektüre ausländischer Medien: Der Anspruch deutscher Politik war ja mal, den Umbruch zum nachhaltigen Wirtschaften effizienter und klüger zu managen als anderswo. Viel zu sehen ist davon nicht – weder bei der Heizungstechnik, noch bei der Bürokratie, erst recht nicht bei der Energiesicherheit.
Höchste Zeit, im Ausland auf die Suche nach den besten Beispielen fürs Gelingen zu gehen: Noch schöner als gemeinsam mit den Nachbarn über das schlechte Wetter zu jammern ist es schließlich, gemeinsam etwas hinzubekommen. Und das ist beim Thema Nachhaltigkeit bekanntlich dringend nötig.