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Monte Cassino

Wie es zur Zerstörung der uralten Abtei kam – und wie ihre Schätze überlebten

Von Johann Althaus
Veröffentlicht am 28.02.2024Lesedauer: 5 Minuten
Kloster Monte Cassino vor dem 15.2.1944 und danach
Das Kloster Monte Cassino vor dem 15. Februar 1944 und danachQuelle: Picture Alliance / Public Domain

Am 15. Februar 1944 bombten US-Flugzeuge die Keimzelle des Benediktinerordens, die Bergabtei Monte Cassino, in Trümmer. Dem lagen Missverständnisse zugrunde – und die Folgen waren das Gegenteil des angestrebten Ergebnisses.

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Entscheidend waren ein „Funkmast“ sowie „deutsche Uniformen, die an einer Wäscheleine im Innenhof der Abtei“ hingen. Jedenfalls der Oberbefehlshaber der alliierten Luftstreitkräfte im Mittelmeerraum, Generalleutnant Ira C. Eaker, und Generalleutnant Jacob L. Devers, der stellvertretende Oberbefehlshaber aller alliierten Truppen im Mittelmeerraum, waren sich sicher, diese Indizien während eines Fluges über dem weltberühmten Benediktinerkloster Monte Cassino Anfang der zweiten Februarwoche 1944 erkannt zu haben.

Sie kurvten in nur 60 bis 80 Metern Höhe über dem seit dem Jahr 529 immer wieder erweiterten Bau herum. Ein ziemlich riskantes Manöver, denn schon ein Maschinengewehr hätte ihre leichte Maschine in dieser Höhe zerstören können, erst recht eine Zwei-Zentimeter-Schnellfeuerflak – die Standardflugabwehrwaffe der Wehrmacht, die im fünften Kriegsjahr eigentlich jede einigermaßen wichtige Stellung deckte. Davor hätte auch der Geleitschutz aus drei Jagdbombern die beiden Generäle nicht schützen können, die gut 300 Meter über ihrer Maschine kreisten.

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Monte Cassino, Abtei, Gesamtansicht
Italien: Gesamtansicht der Abtei Monte Cassino vor der Zerstörung 1944, aufgenommen vor 1925Quelle: picture-alliance / akg-images

Der angebliche Funkmast und die vermeintlich zum Trocknen aufgehängten Uniformen überzeugten Eaker, dass die uralten, dicken Gemäuer von den Verteidigern der deutschen „Gustav-Linie“ bei Monte Cassino in ihre Befestigungen einbezogen worden waren und damit ein legitimes Ziel für einen Bombenangriff darstellten.

Dabei störte sie nicht, dass Major General Geoffrey Keyes, der Kommandeur des II. US-Korps zu Füßen des Monte Cassino, widersprach. Er war sogar mehrfach über das Kloster geflogen und zeigte sich überzeugt, dass es eben nicht militärisch genutzt werde.

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Der ranghöchste Offizier vor Ort, Generalleutnant Mark W. Clark, lehnte es ab, die Verantwortung für den Angriff auf das Kloster zu übernehmen. Er forderte seinen Vorgesetzten, den britischen General Harold Alexander, auf, die Entscheidung zu treffen: „Geben Sie mir einen Befehl, und wir machen es!“ Alexander, wiewohl ein gebildeter und überlegter Mann, erteilte die Weisung.

Am Morgen des 15. Februar 1944 war es so weit. Zur Verfügung standen 142 schwere „Fliegende Festungen“ vom Typ Boeing B-17, außerdem 47 zweimotorige North American B-25 „Mitchell“ und 40 ebenfalls mittelschwere Martin B-26 „Marauder“-Bomber. In mehreren Wellen warfen sie mindestens 450 Tonnen Spreng- und weitere hunderte Tonnen Brandbomben an.

Allerdings wohl nicht, wie gelegentlich zu lesen ist, insgesamt 1150 Tonnen Bomben, denn alle eingesetzten Maschinen zusammen konnten bei maximaler Beladung für Kurzstreckeneinsätze (unter 1500 Kilometer Gesamtflugstrecke) knapp 1000 Tonnen tragen. Die Einsatzentfernung betrug zwar nur gut 700 Kilometer – von den Fliegerhorsten rund um die Stadt Foggia in Apulien bis Monte Cassino, dann hinaus auf das Mittelmeer und in einem weiten Bogen zurück. Doch mehr als 5,8 Tonnen Bomben passten schlicht nicht in den Bombenschacht einer B-17.

Die in jedem Fall gewaltige Bombenlast verwüsteten den gesamten Gipfel des Monte Cassino; das stolze Kloster war nur mehr eine Masse rauchender Trümmer. Zwischen den einzelnen Wellen des Bombardements beschossen die Geschütze von Keyes’ II. Korps den Berg zusätzlich.

Um sein Missfallen auszudrücken, nahm General Clark an diesem Dienstag bewusst Termine in seinem rückwärts gelegenen Hauptquartier wahr, statt den Luftangriff an der Frontlinie zu verfolgen. Allerdings trafen einige Bomben eines verirrten Flugzeuges ausgerechnet den Stab der fünften US-Armee; mindestens zwei davon explodierten nur wenige Meter von Clarks Wohnwagen entfernt, in dem er gerade Schreibtischarbeit erledigte.

Bei den Angriffen blieben allerdings die Befestigungen der Deutschen, vor allem auf der Höhe 593 nordwestlich des Kloster (das auf 516 Meter Höhe lag) unbeschädigt. Bis dahin war das Kloster tatsächlich nicht Teil der Gustav-L inie gewesen; es hatte auch keinen Funkmast dort gegeben und erst recht keine zum Trocknen aufgehängten Uniformen. Die Offiziere der zuständigen Einheiten hatten vielmehr im Dezember 1943 gegenüber dem Vatikan zugesichert, dass deutsche Truppen die Abtei nicht besetzen würden. Erst nach der Zerstörung besetzten Fallschirmjäger die Ruinen der Abtei und verwandelten sie in eine Festung.

ABBAYE DU MONT CASSIN (Montecassino) après le bombardement du mai 1944.
Die zerstörte Abtei im Mai 1944Quelle: picture-alliance / Leemage

Der Angriff forderte mindestens 230, wahrscheinlich aber mehr Opfer – vorwiegend Mönche sowie Zivilisten aus dem bereits weitgehend zerschossenen Städtchen Cassino zu Füßen des Klosterberges, die in der Abtei Schutz gesucht hatten. Die genaue Zahl der Toten des Luftangriffs wurde nie festgestellt, denn es gab in den folgenden Wochen wirklich heftige Kämpfe um die Ruine.

Überlebt hatten nur der Abt, etwa 40 Mönche und wenige Zivilisten, die sich in die frühmittelalterliche Krypta zurückgezogen hatten. Sie war der einzige Teil des Klosters, der das Bombardement halbwegs überstand.

Ebenso wie die meisten mobilen Kunstschätze, die Monte Cassino so berühmt gemacht hatten. Im Oktober 1943 hatten zwei deutsche Offiziere, der Truppenarzt einer Sturmgeschütz-Abteilung Hauptmann Maximilian Becker und der Kommandeur der Instandsetzungsabteilung der Division „Hermann Göring“, Oberstleutnant Julius Schlegel, ihre Überführung in die Engelsburg in Rom vorgeschlagen. Sie erreichten, dass dafür Lastwagen und Treibstoff bereitgestellt wurden. Die Evakuierungsaktion legte den „Schwerpunkt auf Bibliothek und Archiv“ der Abtei.

2-G56-K1-1943 (350682) 2.Weltkrieg, Kunstgut Monte Cassino/1943 2. Weltkrieg / Kunstgut. - Die Kunstschätze und die Bibliothek der Abtei Monte Cassino, Italien, werden zur Sicherung nach Rom in die Keller der Engelsburg gebracht. - Foto, Rom, 29.12.1943. E: World War Two / Monte Cassino / 1943 World War Two / Art. - The art treasures and the library of the Monte Cassino Abbey, Italy, are taken for safety to the cellar of Castel Sant' Angelo in Rome. - Photo, Rome, 29.12.1943. F: IIe G.M./Objets d'art/Monte Cassino/1943 IIe G.M. / Objets d'art. - Les objets d'art et la bibliothèque de l'abbaye du Mont-Cassin - Monte Cassino, Italie, sont transportés à Rome pour y être déposés à l'abri au Château Saint- Ange. - Photo, Rome, 29.12.1943.
Die Kunstschätze und die Bibliothek werden zur Sicherung nach Rom in die Keller der Engelsburg gebrachtQuelle: picture alliance / akg-images

Abtransportiert wurden (es gibt allerdings sehr unterschiedliche Zahlenangaben) etwa 800 päpstliche Dokumente, zehntausende Autographen und handgeschriebene Bände, mehrere hundert Inkunabeln (also Frühdrucke) sowie rund 100.000 seit etwa 1500 gedruckte Bücher; außerdem zahlreiche Gemälde italienischer alter Meister. Mehr als 100 Lastwagenladungen umfasste die Rettung, die in den ersten Novembertagen 1943 im Wesentlichen abgeschlossen war.

Natürlich war das den Alliierten gerüchteweise bekannt geworden, und paradoxerweise unterstützte ausgerechnet diese Evakuierung die Ansicht, das Kloster werde militärisch genutzt und sei daher ein legitimes Ziel. So erreichten Becker und Schlegel mindestens zum Teil das Gegenteil ihres eigentlichen Ziels. Übrigens ließ auch Hermann Göring einige Kunstschätze „abzweigen“ – 15 Kisten insgesamt. Dafür aber konnten Becker und Schlegel nichts.

Über den Bombenangriff auf das Benediktinerkloster freute sich vor allem Propagandaminister Joseph Goebbels – er ließ die deutsche Presse breit über den sogenannten Kulturvandalismus der Alliierten schimpfen. Der deutsche Botschafter im Vatikan, Ernst von Weizsäcker, bemerkte dazu in seinem Tagebuch trocken: „Es ist beachtenswert, dass unsere Presse mit dem Kloster so viel Mitleid hat. Sonst ist bei uns die Liebe zu katholischen Klöstern ja nicht Mode.“


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