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29. Oktober 2007

Folterszenen im Schweizer Fernsehen

Kontroverse um die US-Serie "24 - Twenty Four"

Judith Arnold

Die US-Serie "24 - Twenty Four" �ber eine fiktionale Anti-Terroreinheit im "Krieg gegen den Terror" inszeniert Folter zum Zweck der Unterhaltung. Doch nicht alle k�nnen diesem makaberen Treiben zusehen, zumal sog. "alternative Verh�rmethoden" zur Praxis der amerikanischen Terrorbek�mpfung geh�ren. Eine Beschwerde gegen die Serie "24", die auch im Schweizer Fernsehen ausgestrahlt wird, hat daher unl�ngst zu einer Erg�nzung der internen Fernsehrichtlinie f�r Gewaltdarstellungen in fiktionalen Programmen gef�hrt.

Die US-Serie "24 - Twenty Four" verspricht vierundzwanzig Stunden Spannung und schl�gt sein Publikum nun schon seit sieben Jahren in den Bann. Dabei ist das Muster des militanten Politthrillers immer gleich gestrickt. Eine akute terroristische Gefahr muss von der Anti-Terroreinheit CTU in letzter Sekunde abgewendet werden. Und w�hrend die Bombe tickt, pr�sentiert der Display einer elektronischen Uhr den Countdown - Dreh und Angelpunkt von "24". Denn erz�hlt wird die Serie in Echtzeit: Jede Stunde der Serie ist auch eine Stunde im Leben der CTU-Agenten; und vierundzwanzig Folgen bilden eine Staffel. Dieser dramaturgische Kunstgriff schafft nicht nur eine bisher ungekannte Verbindung mit dem Zeitempfinden der Zuschauer, sondern kann die Spannung trotz gewisser L�ngen erstaunlich gut halten. Charakteristisch f�r "24" ist die Sogwirkung, welche die Serie von der ersten Folge weg entfaltet (vgl. Lueken 2007; Grimmelikhuijsen 2007: 20, 23; Hanfeld 2004). Denn das rasante Erz�hltempo, der spannungsgeladene Plot, die Parallelf�hrung im Split Screen, der realistische Look und die schier unertr�glichen Cliffhanger am Ende jeder Folge sorgen f�r eine ausdauernde Zuwendung der Fans.

 

9/11 als Matrix

Die mehrfach preisgekr�nte Serie hat zweifellos neue Massst�be gesetzt - und das nicht nur formal, sondern auch inhaltlich. Denn der Serienheld Jack Bauer, gespielt von Kiefer Sutherland, ist kein Saubermann. Um die terroristische Gefahr abzuwenden, ist ihm jedes Mittel recht - bevorzugt die Folter. Denn nur Folter bringt die Verd�chtigen dazu, ihre Pl�ne und Hinterm�nner zu verraten. Allein in den ersten f�nf Staffeln der Serie kommen 67 Folterszenen vor (vgl. Mayer 2007: 2). Doch seit die USA im "Krieg gegen den Terror" sind, ist Folter l�ngst mehr als nur ein dramaturgisches Element.

Interessant sind sowohl die Umst�nde der Entstehung von "24" als auch die Entwicklung und die Rezeption der Serie: Zum Zeitpunkt der Terrorattentate vom 11. September 2001 auf das WTC und das Pentagon waren erst vier Folgen der ersten Staffel abgedreht (vgl. Franklin 2004). Die Produzenten hatten somit Gelegenheit, die Serie auf die aktuelle Befindlichkeit ihres Publikums abzustimmen. Bei der Erstausstrahlung im November 2001 wurde aus Piet�tsgr�nden noch auf die Darstellung eines explodierenden Flugzeugs in der ersten Staffel verzichtet. Seit der zweiten Staffel jedoch haben die �ngste und Vergeltungsw�nsche der traumatisierten amerikanischen Gesellschaft ungebremst in die Serienhandlung Eingang gefunden. Und das mit Erfolg. "Die Aufr�stung der US-Geheimdienste, die l�ckenlose B�rger�berwachung im Bush-Amerika oder die Folter von Gefangenen" in der Serie "24" sind also weniger auf die "seherische F�higkeit" (Weichert 2006) der Produzenten zur�ckzuf�hren als auf ihre politische Gesinnung (vgl. Mayer 2007) und ihr untr�gliches Erfolgskalk�l (vgl. Arnold 2007b: 5, 9).

Die Serie der "Twentieth Century Fox Film Corporation", die in den USA auf dem Murdoch-Sender FOX l�uft, hat durchschnittlich 14 Millionen Zuschauer in der Woche und erreicht weitere Millionen durch den Verkauf der Serie auf DVD (vgl. Mayer 2007: 5). Allein in Deutschland werden j�hrlich 400'000 Boxen von "24" verkauft, Tendenz steigend (vgl. Schawinski 2007: 77). Das Millionenpublikum der Serie scharte sich vor dem Hintergrund der Feldz�ge in Afghanistan und Irak, da "24" die ersehnten Erfolge liefert, welche die amerikanische Milit�rstrategie bisher schuldig geblieben ist (vgl. H�ntzschel 2007). Die Resonanz von "24" scheint dabei umso gr�sser, je mehr die Serie dem "Krieg gegen den Terror" und dem Bed�rfnis nach Vergeltung entgegenkommt. So wurde die Ausrichtung der Serie an den Erwartungen des amerikanischen Patriotismus zu einem Quoten treibenden Faktor. Allerdings kamen die Folterszenen von "24" der Realit�t wiederholt gef�hrlich nahe, als Menschenrechtsorganisationen die Zust�nde in Guant�namo kritisierten oder Bilder von Misshandelten aus dem Gef�ngnis von Abu Ghraib in die Massenmedien gelangten (vgl. Aaronovitch 2004; Russ-Mohl 2006). Zu diesem Zeitpunkt jedoch schien die amerikanische �ffentlichkeit bereits an diesen Tabubruch gew�hnt (vgl. Mayer 2007: 5). Jedenfalls kam die Kultivierung von Folter durch das fiktionale Fernsehen der Bush-Administration zustatten, der es wiederholt gelungen war, Ausnahmeregelungen f�r Terrorverd�chtige im Kongress durchzusetzen (vgl. Spiegel 2006).

So erfolgreich die Serie "24" in den USA ist, so sehr wurde sie in den letzten Monaten von regierungskritischer Seite bezichtigt, die Missst�nde von Abu Ghraib, Guant�namo und anderen Verh�rgef�ngnissen zu legitimieren. Und als Pr�sident Bush im September 2006 die geheimen CIA-Fl�ge zur Verschleppung von Terrorverd�chtigen in Foltergef�ngnisse offiziell zugeben musste (vgl. SZ 2006; BBC DOK "Mystery Flights"; Marty 2007), war es an der Zeit, den Imageschaden zu begrenzen. Im November desselben Jahres trafen sich Vertreter der US-Army und des FBI mit den Drehbuchautoren und Produzenten von "24", um die Folterszenen im fiktionalen Fernsehen einzud�mmen. Dabei gaben sich f�hrende Milit�rs besorgt dar�ber, dass DVDs von "24" rege unter den im Irak stationierten Truppen zirkulierten und zu Gewaltexzessen und Folter verleiteten (vgl. Mayer 2007: 4ff.; ISB 2006: iX; Mascolo 2007; H�ntzschel 2007; Arnold 2007b). Die Unterredung mit den Produzenten von "24" hat in der Folge nicht nur zu einer Einschr�nkung der Folterszenen nach der zweiten H�lfte der f�nften Staffel gef�hrt, sondern auch zu einem markanten Quotenr�ckgang bei FOX von 17 Millionen auf noch knapp 11 Millionen Zuschauer nach Ende der sechsten Staffel (vgl. http://www.24tv.de/24.htm).

 

Folter als vertraute Handlung

Kritik gab es aber nicht nur in den USA, sondern auch in der Schweiz, wo die Serie seit Oktober 2003 auf SF2 ausgestrahlt wird und von November 2006 bis Februar 2007 in der dritten, vierten und f�nften Staffel gezeigt wurde. Rechtsanwalt Dr. Claude Sch�nthal sieht in "24" eine geschickt konzipierte Propaganda der USA, die zum Ziel hat, Folter als notwendiges Mittel darzustellen. Denn die Abwehr der terroristischen Gefahr kann in der Serie nur erfolgreich sein, wenn wehrlose Gefangene durch die Anwendung �belster Folter zu Aussagen gezwungen w�rden: "Mit diesem simplen Prinzip macht '24' im Sinne eines primitiven Propaganda-Films Werbung f�r die Anwendung von Folter durch Vertreter des Staates. Der Umstand, dass die 'Guten' regelm�ssig foltern und die Menschenw�rde nicht achten, macht die hemmungslose Gewaltanwendung f�r den Zuschauer zur akzeptablen, ja sogar vertrauten Handlung", ist Sch�nthal �berzeugt. Dabei wolle die Serie m�glichst realit�tsnah erscheinen und mit einer nerv�sen Kameraf�hrung die Stimmung eines Dokumentarfilms erzeugen. Als besonders problematisch erachtet Sch�nthal, dass der Polizeiagent Jack Bauer bei den Verh�ren exzessive Gewalt anwendet und gleichzeitig als der gute Held erscheint, der im Kampf gegen das B�se zur eigentlichen Identifikationsfigur wird. Mit Jack Bauer bekomme die exzessive Gewaltanwendung im Dienste des Guten ein menschliches Gesicht: "Mit ihm wird die systematische Folter von Wehrlosen f�r den Zuschauer zu etwas Selbstverst�ndlichem, etwas Normalem, was zum Polizeibetrieb geh�rt."

Die realit�tsnahe, filmische Darstellung, die Gewaltverherrlichung und die simplifizierende Weltanschauung im Schwarz-Weiss-Schema habe die Wirkung beim Publikum nicht verfehlt. Sch�nthal glaubt, dass es den USA dank einer grossangelegten PR gelungen sei, die Serie zum Medienereignis zu stilisieren, dem letztlich auch das Schweizer Fernsehen erlegen sei. Nach Meinung von Sch�nthal sei es jedoch nicht die Aufgabe des �ffentlichen Fernsehens, die Anwendung der staatlichen Folter zu propagieren. Mit der Ausstrahlung von "24" w�rde namentlich dem jugendlichen Publikum ein Wertesystem vermittelt, in dem die Respektierung der Menschenw�rde keinen Platz mehr habe. Das �ffentliche Fernsehen habe jedoch einen kulturellen Auftrag und unterstehe den Programmvorschriften des Bundesgesetzes �ber Radio und Fernsehen: "Die Respektierung der Menschenw�rde und der Rechtsstaatlichkeit ist eine Rahmenbedingung, welche den gesamten gesellschaftlichen Bereich zu durchdringen hat. Der Staat hat zur Aufgabe, diese Respektierung durchzusetzen. Mit der Ausstrahlung von rechtsstaatsfeindlichen Machwerken wie '24' leistet SF DRS demgegen�ber einen Beitrag zur Aush�hlung der Rechtsstaatlichkeit." Dabei wirft Sch�nthal die Frage auf, wie �berzeugend denn ein Staat von jugendlichen Delinquenten den Verzicht auf k�rperliche Gewaltanwendung verlangen k�nne, wenn er selbst die Menschenw�rde nicht respektiere. Mit dieser Begr�ndung reichte Sch�nthal am 31.10.2006 bei der Ombudsstelle DRS gegen die Ausstrahlung von "24" auf dem zweiten Kanal des Schweizer Fernsehens Beschwerde ein.

 

Fallbeispiele der Grenz�berschreitung

Nach Meinung von Sch�nthal handelt es sich bei "24" um eine Serie, "bei der das Foltern von wehrlosen Gefangenen bzw. Festgenommenen als fester und unverzichtbarer Bestandteil der Polizeiarbeit dargestellt wird." Die Wahrung der Menschenw�rde und der Menschenrechte sei dabei kein Thema. Denn die Polizeibeamten werden laut Sch�nthal, "in dieser (von der US-Army unterst�tzten) TV-Serie faktisch von keinen rechtsstaatlichen Vorgaben mehr diszipliniert". Als Beispiel beschreibt er einige der Folterszenen in der Serie "24":

In der Staffel III (03.00-04.00), ausgestrahlt in der Nacht vom 11.10.2006, verh�rt Jack Bauer einen Festgenommenen, der beschuldigt wird, ein t�dliches Virus in Umlauf gebracht zu haben. Bauer will in Erfahrung bringen, wem er das Virus verkauft hat. Zu diesem Zweck dr�ckt ihn Bauer mit Hilfe eines Polizeibeamten auf eine Tischplatte, ergreift die Hand des Einvernommenen und schneidet die Handfl�che mit einem scharfen Messer auf. Der Gefolterte schreit und f�llt vor Schmerz in Ohnmacht, woraufhin Bauer seine Kollegen anweist, dasselbe noch einmal zu tun, sobald der Einvernommene wieder zu sich kommt.

In der Staffel IV (07.00-08.00), ausgestrahlt in der Nacht vom 24.10.2006, macht ein Angeschuldigter von seinem Recht auf Aussagenverweigerung Gebrauch. Jack Bauer st�rzt in den Einvernahmeraum, wirft den Tisch um, bedroht den Angeschuldigten mit einer Pistole und erkl�rt: "Bei mir l�uft das anders, mein Lieber!" Nachdem dieser noch immer die Aussage verweigert, schiesst ihm Bauer in ein Bein, woraufhin der Einvernommene sein Geheimnis unter Schmerzen enth�llt. In der n�chsten Folge (08.00-09.00) wird dieses Vorgehen explizit als "Folter" bezeichnet, was aber ohne Konsequenzen f�r den Serienhelden bleibt.

In zwei weiteren Folgen der Staffel IV (09.00-10.00 und 12.00-13.00), ausgestrahlt in der Nacht vom 26. bzw. 30.10.2006, wird der US-Verteidigungsminister von Terroristen entf�hrt. Daraufhin wird sein Sohn verhaftet, da er verd�chtigt wird, sensible Informationen weitergegeben zu haben, die zur Entf�hrung seines Vaters beigetragen haben. Denn der Sohn des entf�hrten US-Verteidigungsministers vertritt eine andere politische Meinung als sein Vater und hat auch an einer Demonstration gegen R�stungspl�ne der USA teilgenommen. Zur Einvernahme wird er in einen dunklen Raum gef�hrt und mit Beschallung und anderen Foltermethoden unter Druck gesetzt, damit er die Namen seiner mutmasslichen Komplizen preisgibt. In der n�chsten Folge wird der US-Verteidigungsminister aus der Gefangenschaft der Terroristen befreit. Dieser besucht daraufhin seinen Sohn im Gef�ngnis, der noch immer �ber seine Kontakte schweigt. Daraufhin erm�chtigt der Vater die Polizeibeamten, seinen Sohn weiterhin zu verh�ren und dabei jedes erdenkliche Mittel anzuwenden, um ihn zum Reden zu bringen. In einer sp�teren Szene wird gezeigt, wie der Verd�chtige mit verbundenen Augen gefoltert wird.

Am 15.11.2006 reichte Sch�nthal eine erg�nzende Beanstandung von zwei weiteren Folgen der Staffel IV ein (00.00-01.00 und 01.00-02.00), die in der Nacht vom 13. und 14.11.2006 auf SF2 ausgestrahlt wurden. In diesen Folgen werden die USA von einer terroristischen Zelle mit einem Atomwaffenanschlag bedroht. Ein Verd�chtiger wird verhaftet, woraufhin der Anf�hrer der Terroristen einen Anwalt von "Amnesty Global" bestellt, der verhindern soll, dass der Terrorverd�chtige mittels Folter zur Aussage gezwungen wird. Entgegen den Anweisungen des US-Pr�sidenten, wird er jedoch von Jack Bauer gefoltert, damit er den Aufenthaltsort seiner Hinterm�nner preisgibt. Als der Pr�sident davon erf�hrt, l�sst er Bauer verhaften und leitet eine Untersuchung ein. Durch die entsetzten Reaktionen der anderen Agenten wird dem Zuschauer suggeriert, dass der Pr�sident durch sein Bestehen auf Rechtsstaatlichkeit die Operation gef�hrdet. Tats�chlich gelingt dem Terroristenf�hrer durch die Verhaftung von Bauer die Flucht. Konfrontiert mit diesem Ergebnis bezichtigt sich der Pr�sident, falsch gehandelt zu haben und nicht �ber das n�tige staatsm�nnische Format zu verf�gen. Der Haftbefehl gegen Jack Bauer wird unverz�glich aufgehoben.

 

Rechtsgrundlagen der Kritik

Nach Ansicht des Beschwerdef�hrers machen diese Folgen der US-Serie "24" auf unverhohlene Weise Propaganda f�r Folter. Dabei w�rden Rechtsstaatlichkeit, Anwaltschaft und Organisationen wie Amnesty International als Sicherheitsrisiken dargestellt. In den erw�hnten Szenen sieht Sch�nthal die Programmvorschriften des Bundesgesetzes �ber Radio und Fernsehen, den Verfassungsartikel �ber Radio und Fernsehen sowie den "Brutaloartikel" des Strafgesetzbuches verletzt:

Gem�ss Art. 6 Abs. 1 RTVG (von 1991) sind Sendungen unzul�ssig, welche die �ffentliche Sicherheit gef�hrden und in denen Gewalt verharmlost oder verherrlicht wird (vgl. Art. 4 Abs.1 und 3 RTVG von 2006). Die Serie "24" w�rde aber laut Beschwerdef�hrer grausame Folterszenen enthalten, die an keiner Stelle kritisch hinterfragt w�rden. Das Publikum habe zudem keine M�glichkeit zur Distanzierung, da die Serie dem Prinzip der Echtzeit folge und damit zeitgleich mit dem Zeitempfinden der Zuschauer ablaufe. Durch diese zeitliche Taktgleichheit w�rden die Zuschauer massiv st�rker in die Handlung hineingezogen und gleichsam Teil der Geschehnisse. Dieser Effekt w�rde zudem durch eine mitreissende Akustik und eine Kameraf�hrung unterst�tzt, die dem Zuschauer das Gef�hl vermitteln soll, "mittendrin" zu sein. Dar�ber hinaus st�nden die folternden Akteure allesamt im Dienste des Staates und w�ren aufgefordert, sich an Verfassung und Gesetz zu halten. Stattdessen w�rden sie Verd�chtige im Rahmen von Einvernahmen aufs brutalste zu Aussagen zwingen.

Nach Art. 93 Abs. 2 BV hat das Schweizer Fernsehen ein Kulturmandat, wonach der Sender "zur Bildung und kulturellen Entfaltung, zur freien Meinungsbildung und zur Unterhaltung" beizutragen hat. Nach Ansicht des Beschwerdef�hrers geh�rt zu diesem Auftrag "eine besondere Zur�ckhaltung in gewissen sensiblen Bereichen, zu welchen eindeutig die Menschenw�rde und die Menschenrechte geh�ren". Mit der Ausstrahlung der beanstandeten Sequenzen jedoch werde dieses Mandat massiv verletzt, w�rden doch "in steter Aneinanderreihung Menschenrechte verletzt und Gewalt in einer propagandistischen Weise (und auch mit den entsprechenden Stilmitteln) verherrlicht."

Schliesslich sind nach Art. 135 StGB "Bildaufnahmen, Abbildungen, andere Gegenst�nde oder Vorf�hrungen, die, ohne schutzw�rdigen kulturellen oder wissenschaftlichen Wert zu haben, grausame Gewaltt�tigkeiten gegen Menschen oder Tiere eindringlich darstellen und dabei die elementare W�rde des Menschen in schwerer Weise verletzen", untersagt. Nach Ansicht des Beschwerdef�hrers w�rden die beanstandeten Szenen aber auf eindringliche Art zeigen, wie Menschen grausamen Gewaltt�tigkeiten ausgesetzt seien: "Meines Erachtens verstossen diese Foltersequenzen klar gegen das Brutalo-Verbot und zwar auch deshalb, da zu keinem Zeitpunkt die Folgen dieser Gewalt gezeigt werden und somit ein Bewusstsein f�r deren Verwerflichkeit geweckt oder gesch�rft wird."

Insgesamt w�rden die beanstandeten Serienteile zeigen, dass die Macher von "24" keine Gelegenheit ausgelassen haben, um die Serie mit gewaltverherrlichenden Szenen, Folter und billiger Schwarz-Weiss-Malerei zu versehen, so die Bilanz des Beschwerdef�hrers. "Die Serie teilt die Welt in Gut und B�se ein: Das B�se (das mit Vorliebe anhand von Personen aus islamischen L�ndern dargestellt wird) muss bek�mpft werden, damit das Gute obsiegen kann. Um dieses Ziel zu erreichen, ist jedes Mittel recht, auch die Bejahung einer rechtsstaatsfeindlichen Haltung in Verbindung mit Folter." Hinzu komme eine antidemokratische Haltung, zumal Demokratie immer eine Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Positionen voraussetzt, auch mit denjenigen von Andersdenkenden, so Sch�nthal weiter. "Bezeichnenderweise kennt die Serie keine Andersdenkenden, sondern nur Feinde." Schliesslich gab sich der Beschwerdef�hrer besorgt, dass Bilder von Gewalt, die in szenische Handlungszusammenh�nge eingebettet sind, zu Ver�nderungen im Verhalten von jugendlichen Zuschauern f�hren k�nnen. Wie Studien verschiedentlich zeigen, kann die wiederholte Zuwendung zu gewalthaltigen Medieninhalten aggressive Vorstellungs- und Verhaltensschemata verfestigen und die Empathief�higkeit verringern (vgl. Kunczik/Zipfel 2005: 111ff.).

 

Vorgeschichte der Fernsehfolter

In diesem Zusammenhang verwies Sch�nthal auf eine andere Beschwerde, die er gegen den Mitte August 2005 ausgestrahlten Spielfilm "The Glimmer Man" gef�hrt hatte (vgl. Arnold 2007a). Dabei gab er sich entt�uscht, dass die damals kritischen Anmerkungen von Ombudsmann Achille Casanova gegen�ber Folterszenen offensichtlich nicht in die weitere Programmgestaltung des Schweizer Fernsehens eingeflossen sind. Dies sei umso bedauerlicher, als die beanstandeten Ausschnitte der Serie "24" dem Publikum zu keinem Zeitpunkt die M�glichkeit g�ben, sich von den Handlungsstr�ngen zu distanzieren. Nach Ansicht des Beschwerdef�hrers k�nne es aber nicht die Aufgabe des Schweizer Fernsehens sein, Folterbilder zu portieren und die Lust an Gewalt und die Verachtung der Menschenrechte zu zeigen, zumal die Schweiz der Europ�ischen Menschenrechtskonvention beigetreten ist und das Schweizer Fernsehen erkl�rt, "Filme und Serien ohne k�nstlerischen Wert, die sich in eindringlichen Gewaltdarstellungen zum blossen Zweck des Nervenkitzels oder gar der Verherrlichung von Gewalt ersch�pfen", nicht in sein Programm aufzunehmen (vgl. Bodmer 2005; Bodmer 2007: 12).

In seiner Antwort vom 08.11.2006 stellt Ombudsmann Achille Casanova fest, dass die Beschwerde gegen die Ausstrahlung von "24" auf SF2 die gleichen Aspekte beanstandet wie schon eine fr�here Beschwerde von Sch�nthal gegen die Ausstrahlung von "The Glimmer Man". Denn auch in diesem Film kamen wiederholt Szenen vor, in denen Vertreter der Staatsgewalt exzessive Gewalt und Folter aus�ben. Damals befand Casanova: "Wenn zwei Polizisten als Repr�sentanten des Staates einen Beschuldigten befragen, den sie bereits �berw�ltigt haben, der also nicht mehr fl�chten oder schiessen kann, und wenn sie, um ihn gespr�chig zu machen, zuerst seinen Fuss, dann seine Hand durchschiessen, dann spielt es keine Rolle, ob es sich um Facts oder um Fiction handelt: Es ist eine massive Verletzung der W�rde des Menschen, es sind Foltermethoden, ausge�bt durch Vertreter des Staates, der das Recht sichern soll. Diese Szene spottet jeder Beschreibung." (zit. in Arnold 2007a: 5) W�hrend Casanova die Beschwerde gegen die Ausstrahlung von "The Glimmer Man" guthiess, konnte die Unabh�ngige Beschwerdeinstanz (UBI) keinen Verstoss feststellen (vgl. UBI 2006; Arnold 2007a: 6ff.; Grimmelikhuijsen 2007: 16ff.). Hauptargument der UBI war, dass im Film etliche gestalterische Elemente zu finden seien, welche den fiktionalen Unterhaltungscharakter erkennen lassen und damit eine geb�hrende Distanz zu den Gewaltszenen schaffen. Dies ist nun aber bei der Serie "24" in Frage gestellt. Deshalb hob Ombudsmann Casanova in seiner Antwort ein Zitat des Beschwerdef�hrers hervor, wonach es das Ziel der Serie sei, "m�glichst realit�tsnah zu erscheinen, weshalb filmisch ganz bewusst die N�he zum Dokumentarfilm gesucht wird." In Anbetracht des fr�heren Entscheids der UBI in einem �hnlichen Fall erachtete es Casanova f�r angebracht, die Beanstandung gem�ss Art. 61 Abs. 1 lit. b RTVG (1991) durch eine direkte Begegnung der Beteiligten zu behandeln.

 

Eine Frage der Perspektive?

Bevor es zu dieser Begegnung zwischen dem Beschwerdef�hrer, den Verantwortlichen des Schweizer Fernsehens und der Ombudsstelle kam, nahm Michel Bodmer, Redaktionsleiter Film und Fernsehen, wie folgt zur Beschwerde Stellung (vgl. Casanova 2007):

"In '24' ist tats�chlich viel Gewalt zu sehen, darunter auch Folterszenen." Dies liege zum Teil am Action- bzw. Thriller-Genre und zum anderen an der Pr�misse der Serie, "wonach zu Beginn jeder Staffel eine akute terroristische Bedrohung entdeckt wird, die in den folgenden 24 Stunden bew�ltigt werden muss." Dies w�rde f�r einen enormen Zeitdruck sorgen, der sowohl die "Guten" als auch die "B�sen" der Geschichte erfasse. Es sei allerdings keineswegs so, dass die folternden Akteure allesamt im Dienste des Staates stehen w�rden: "... auch Terroristen foltern, und Jack Bauer ist nicht nur Gewaltt�ter, sondern wird (wie andere 'Gute') auch Opfer von Gewalt." Mit anderen Worten: "Der terroristische Anschlag schafft einen Ausnahmezustand, in dem die �blichen, langsamen und sorgf�ltigen Abl�ufe von Recht und Ordnung bisweilen ausser Kraft gesetzt werden." W�hrend die Terroristen ohne Skrupel folterten, w�rden die Staatsvertreter in "24" wiederholt vor die unliebsame Frage gestellt, "ob sie das Ideal des rechtsstaatlichen Vorgehens und des Verzichts auf Folter aufrechterhalten k�nnen, wenn deswegen akut gef�hrdete unschuldige Personen ums Leben kommen." Dabei verwies Bodmer auf die Kontroverse in den USA und auf einen Fall von Kindsentf�hrung in Deutschland, bei dem ein festgenommener Tatverd�chtiger mit Folter bedroht wurde. "Was es konkret heisst, wenn Staatsvertreter zu den gleichen unseligen Mitteln greifen wie ebenjene Terroristen, vor denen sie das Land sch�tzen sollen, wird nun in '24' vor Augen gef�hrt, und das ist alles andere als herrlich, sondern erschreckend."

Bodmer widersprach der Behauptung des Beschwerdef�hrers, wonach Jack Bauer ohne Konsequenzen foltern k�nne. Denn Jack Bauer sei kein "guter Held" im klassischen Sinn. Noch mehr als durch seine Gewaltt�tigkeit w�rde sich Jack Bauer durch eine scheinbar grenzenlose Leidensf�higkeit auszeichnen: "... im Laufe der Serie wird er nicht nur unz�hlige Male k.o. geschlagen und verletzt, sondern auch wiederholt gefoltert". Dar�ber hinaus mache ihm seine Aufgabe immer mehr zu schaffen: "Als Folge seines Kampfs gegen den Terrorismus verliert Bauer nicht nur seine Frau, sondern auch seine Stelle bei der (fiktiven) Terrorabwehreinheit CTU. Er wird f�r den Staatsapparat zusehends untragbar." Selbst Bauers Kollegen im Staatsdienst w�rden sich mehr und mehr von ihm distanzieren, so Bodmer: "Selbst wenn Bauers teils illegale und grausame Mittel jeweils vor Ablauf der 24 Stunden einer Staffel den Zweck, die terroristische Bedrohung abzuwenden, erf�llen, ist er keineswegs ein bejubelter Strahlemann, sondern ein gebrochener Held und eine tragische Figur. Diesbez�glich werden seine Verletzungen der Rechtsstaatlichkeit weit ernster genommen als etwa diejenigen eines James Bond."

Auch die Kritik an der "Schwarz-Weiss-Malerei" von "24" liess Bodmer nicht gelten, wonach das Publikum der Serie einer Propaganda der US-Regierung erliegen und alle Bedenken gegen�ber Folter fahren lassen w�rde. "W�re Jack Bauer ein unumwunden positiver und gefeierter Held und w�re er der einzige, der foltert, und zwar stets die richtigen T�ter und das mit Erfolg, k�nnte man geneigt sein, Dr. Sch�nthals These zuzustimmen. Bei genauerem Hinsehen ist Bauer jedoch weder unangefochten, noch ist er die einzige Identifikationsfigur. Je nach Szene ist klar, dass das Publikum das Entsetzen anderer Figuren �ber Bauers Handlungen teilen soll: Wie seine Freunde in der Serie bangen auch die ZuschauerInnen letztlich um Bauers Seelenheil, denn mit jeder neuen Gr�ueltat man�vriert er sich als Mensch mehr ins Abseits." Dass in Staffel IV eine Menschenrechtsorganisation von Terroristen instrumentalisiert wird, um die Folter eines Festgenommenen zu verhindern, sei "innerhalb der Dramaturgie der Serie ein Kunstgriff, um die Festnahme des Oberb�sewichts hinauszuz�gern", so Bodmer. "Daraus zu schliessen, dass die Serie Anw�lte und Menschenrechtsorganisationen generell als 'Sicherheitsrisiken' verteufeln wollte, w�re unverh�ltnism�ssig."

In den beiden Folgen der IV Staffel, als der Sohn des US-Verteidigungsministers verd�chtigt und gefoltert wird, sei zudem die Sympathief�hrung anders als vom Beschwerdef�hrer dargestellt. Denn nach Ansicht von Bodmer w�rde sich das Publikum �ber das Vorgehen des selbstgerechten Politikers emp�ren und sich mit dem gepeinigten Sohn identifizieren, "dessen Figur dem Hauptzielpublikum der Serie, d.h. jungen M�nnern, nahe steht". Im Verlauf der Folge stellt sich schliesslich heraus, "dass das 'Geheimnis', das der Sohn nicht preisgeben wollte, nichts mit Terrorismus zu tun hatte, sondern nur darin bestand, dass er dem chauvinistischen Patriarchen seine Homosexualit�t nicht gestehen wollte". Gem�ss Bodmer w�rden sich �hnliche Szenen in "24" wiederholen: "Mehr als einmal kommt es in der Serie vor, dass von Staatsvertretern eine Figur gefoltert wird, um deren Unschuld das Publikum weiss. Indem sich die ZuschauerInnen mit diesen Unschuldigen identifizieren, erkennen sie, wie entsetzlich Folter f�r das Opfer ist, und damit wird ihr Bewusstsein f�r die Verwerflichkeit dieser Form von Gewaltanwendung geweckt. Umgekehrt sind manche B�sewichter in der Serie so fanatisch bzw. abgebr�ht, dass sie der Folter widerstehen oder Falschinformationen preisgeben, so dass die Anwendung dieses extremen und unmenschlichen Mittels durch Staatsvertreter sich nicht einmal durch die Erf�llung des Zwecks rechtfertigt." Daraus schliesst Bodmer: "Die Darstellung von Folter in '24' ist somit vielf�ltig und widerspr�chlich, also keineswegs einseitig und positiv, wie dies zum Zwecke der Propaganda sein m�sste. Es ist ebenso m�glich, anhand dieser Serie die Verwerflichkeit der Folter zu erkennen, wie sie als 'ultima ratio' zur Verhinderung verheerender Anschl�ge zu akzeptieren." Schliesslich habe die j�ngere Geschichte in den USA gezeigt, dass nicht einmal die reale Propaganda der Bush-Regierung verfange, h�tten doch k�rzlich die Demokraten die Mehrheit im Parlament erlangt und musste der Hardliner Rumsfeld zur�cktreten. Zudem habe in der Serie "24" bereits vor einem Jahr eine ideologische Kurskorrektur stattgefunden, da hinter der terroristischen Bedrohung in Staffel V das Weisse Haus steht, das im Interesse der �lindustrie einen internationalen Konflikt ausl�sen will.

Bodmer anerkennt zwar das Engagement des Beschwerdef�hrers gegen Folter und die Aush�hlung der Rechtsstaatlichkeit, sieht aber in der Fiktion das falsche Ziel der Bem�hungen. Der Rechtsstaat m�sse sich in der Wirklichkeit bew�hren, nicht in Filmen und Serien, denn die reale Erfahrung des B�rgers w�rde dessen Verhalten weit st�rker pr�gen als das, was er in der Fiktion erlebe. Zudem w�rden Verst�sse von Staatsvertretern unseres Landes von den Medien und der �ffentlichkeit unerbittlich angeprangert und verfolgt. Bodmer kann sich daher nicht vorstellen, "dass das m�ndige sp�tabendliche Publikum der Ausstrahlung einer klar durchschaubaren Fiktion wie '24' auf SF2 nachweislich und nachhaltig von dieser Serie dazu gebracht wird, allen menschlichen Instinkten zum Trotz Folter zu bef�rworten, und dass dadurch die �ffentliche Sicherheit der Eidgenossenschaft gef�hrdet w�re, was die Ausstrahlung ungesetzlich machen w�rde", so Bodmer. "Vielmehr wird ein m�ndiges Publikum dazu gebracht, sich mit unbequemen ethischen Fragen auseinanderzusetzen, was der freien Meinungsbildung f�rderlich ist."

Nach Ansicht von Bodmer trifft es auch nicht zu, dass in "24" Gewalt grunds�tzlich verharmlost oder verherrlicht wird; "daf�r gibt es zu viele Szenen, in welchen sich das Publikum mit den Opfern von Gewalt (auch Folter) identifiziert und diese als verwerflich empfindet", so Bodmer. "Es w�re auch falsch, die Folterszenen ganz oder teilweise herauszuschneiden, denn damit w�rde die Gewalt besch�nigt und die Folter tats�chlich verharmlost." Wie die Reaktion des Beschwerdef�hrers zeige, k�nne man als Zuschauer von "24" gerade aufgrund der ungesch�nten Darstellung von Gewalt auch eine sehr kritische Einstellung zum US-amerikanischen Kurs im "Krieg gegen den Terrorismus" entwickeln. Die Grundidee der Serie "24" besteht nach Ansicht von Bodmer darin, dass unter enormem Zeitdruck das Leben vieler Unschuldiger gerettet werden soll, wobei die Helden - und ihre Widersacher - wiederholt vor unm�gliche und unmenschliche Entscheidungen gestellt werden. "Das Publikum f�hlt mit und ist gezwungen, sich mit solchen ethischen Dilemmata auseinanderzusetzen", so Bodmer. Die Realit�tsn�he und die Suggestion von Echtzeit der Serie betrachtet er nicht als Problem. Sp�testens nach dem Ende einer Episode habe das Publikum alle Zeit, "sich von den fiktionalen Ereignissen zu distanzieren und dar�ber zu reflektieren." Und dies sei nach Meinung von Bodmer einem Grossteil der "harmlosen" Popul�rkultur vorzuziehen, die moralische Fragen ausblende.

Schliesslich erw�hnt Bodmer "den kulturellen Wert" von "24", da die Serie seit ihrem Deb�t 2001 zu den meistpr�mierten Fernsehproduktionen ihrer Zeit geh�rt: "Die einzigartige Echtzeitdramaturgie, aber auch die Unmittelbarkeit der Bildgestaltung, die immer wieder �berraschenden Wendungen der Handlung und die �berzeugenden DarstellerInnen machen '24' zu einer der unterhaltsamsten und spannendsten Fiktionen der Gegenwart, und ihre k�nstlerischen Qualit�ten sind unbestritten." Kaum eine Serie habe in den letzten Jahren so viele Emmys und Golden Globes gewonnen, betont Bodmer und sieht darin einen Nachweis f�r die Akzeptanz von "24". Denn "w�re die Serie ein blosses Propaganda-Instrument der rechten US-Regierung, h�tten die traditionell eher linksliberalen Kritiker sie kaum mit so vielen Auszeichnungen geehrt." Auch aus Kritiken der deutschen und schweizerischen Presse gehe hervor, welchen Stellenwert "24" geniesse. "Das Thema Gewalt und Folter wird in diesen Texten zwar stets angesprochen und auch hinterfragt, aber nirgendwo wird deswegen die Zul�ssigkeit oder Gesetzlichkeit der Serie in Frage gestellt." Stattdessen w�rde betont, welchen k�nstlerischen Wert "24" besitze und wie diese Serie aufgrund ihrer gestalterischen Qualit�ten des Mediums Fernsehen und die Sehgewohnheiten des Publikums im positiven Sinne ver�ndert habe.

Im Folgenden trafen sich Beschwerdef�hrer Dr. Claude Sch�nthal, lic. iur. Beny Kiser, Chef der Programmdienste, Michel Bodmer, Redaktionsleiter "Film und Serien", Ombudsmann Achille Casanova, seine Mitarbeiterin Salom� Blum und sein Stellvertreter Prof. Dr. Roger Blum, Medienprofessor an der Universit�t Bern. Diese Begegnung hat nach Einsch�tzung von Casanova den Beteiligten Gelegenheit geboten, die Problematik der filmischen Darstellung von Staatsfolter in einem konstruktiven und sehr interessanten Gespr�ch zu diskutieren (vgl. Casanova 2007). Die Meinungen gingen nach wie vor auseinander, man konnte sich aber darauf einigen, die Richtlinie "Gewaltdarstellungen im fiktionalen Programm des Schweizer Fernsehens" um folgenden Grundsatz zu erg�nzen:

"Wie der B�rger nicht das Gesetz in die eigenen H�nde nehmen darf, ist der demokratische Rechtsstaat seinerseits nicht befugt, sein Gewaltmonopol zu missbrauchen und im Rahmen der Strafverfolgung etwa zur Folter zu greifen. Verst�sse gegen die Menschenrechte durch Staatsvertreter d�rfen auch in der Fiktion nicht einfach verherrlichend oder verharmlosend dargestellt werden, sondern m�ssen im Kontext der Darstellung als Missbrauch problematisiert oder kritisch hinterfragt werden."

Auf die Serie "24" scheint dieser Grundsatz des Schweizer Fernsehens allerdings keine Auswirkung zu haben, denn auch die Ausstrahlung der sechsten Staffel ist auf SF2 bereits geplant.

 

lic. phil. Judith Arnold ist Medienwissenschaftlerin und Redaktorin des Medienhefts

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Zur Kontroverse um die Ausstrahlung von "24 - Twenty Four" auf SF2 ist im Medienheft ein Interview von Dr. Georg Gremmelspacher mit dem Beschwerdef�hrer Dr. Claude Sch�nthal erschienen: "An dieser Serie klebt Blut". Interview �ber die US-Serie "24 - Twenty Four":
http://www.medienheft.ch/kritik/bibliothek/k07_GremmelspacherSchoenthal.html 

 

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