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Wie lief der Atomausstieg? :
Habeck fehlte der Mumm

Eckart Lohse
Ein Kommentar von Eckart Lohse
Lesezeit: 2 Min.
Nach dem Ausschuss ist vor dem Plenum: Robert Habeck am 26. April 2024 im Deutschen Bundestag
Hätte der Wirtschaftsminister überhaupt Hinweise aus seinem Haus gebraucht, um noch mal über den Atomausstieg nachzudenken? Der Kanzler hatte nach Putins Überfall jedenfalls mehr Entschlusskraft.

Eine Überraschung ist es nicht: Das von Robert Habeck geführte Ministerium für Wirtschaft und Klimaschutz hat sich in einer rot-grünen Bundesregierung mit liberalem Beiboot dafür eingesetzt, den Ausstieg aus der Atomstromerzeugung unwiderruflich zu machen. Dass der grüne Minister auf der Leitungsebene seines Hauses für Personal gesorgt hat, das häufig die grüne Programmatik über Sachargumente stellt, ist klar, seitdem der später ent­lassene Staatssekretär Graichen das ­sogenannte Heizungsgesetz hatte schreiben können.

Nun ist durch die Recherchen der Zeitschrift „Cicero“ deutlich geworden, dass auch beim Atomausstieg enge Mitarbeiter Habecks dafür gesorgt haben, dass Abwägungen anderer Ministerialbeamter über den weiteren Betrieb von Atomkraftwerken nicht gleich auf den Schreibtisch des Ministers gelangten.

Fehlende Kraft für offene Debatte

Doch hätte Habeck nicht auch ohne solche Anstöße ins Grübeln kommen müssen? Bundeskanzler Olaf Scholz immerhin hatte nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine eine Zeitenwende ausgerufen. Scholz hatte den Mumm, seiner Partei und dem ganzen Land einen fundamentalen Kurswechsel zuzumuten, indem er das Prinzip aufgab, keine Waffen in Kriegsgebiete zu liefern.

Gerade weil Habeck sich nicht als ideologischer Atomkraftgegner hervorgetan hat wie etwa sein Parteifreund Jürgen Trittin, hätte er ohne Hinweise von unten die Kraft haben müssen, in der auch energiepolitischen Ausnahmesituation nach dem 24. Februar 2022 eine offene Debatte über die Atomkraft zu führen.

Zwar waren Politik und Energieunternehmen den Weg Richtung Ausstieg schon weit gegangen. Aber mit belastbaren Zusagen hätte sich schon eine Möglichkeit gefunden, die Laufzeit der verbliebenen Kraftwerke zu verlängern. Im Namen der Versorgungssicherheit und der Reduzierung von Kohleverstromung (sprich: des Klimaschutzes) noch einmal über den Ausstieg nachzudenken wäre für einen Bundesminister angemessen gewesen.

Vor allem, falls dieser sich für kanzlertauglich halten sollte.